Diagnostik und Therapie von Persönlichkeitsstörungen im Jugendalter – Eine Einführung Gloria Fischer und Michael Kaess Sektion „Störungen der Persönlichkeitsentwicklung“, Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Universitätsklinikum Heidelberg HYPE Programm, Orygen Youth Health, Melbourne, Australien 2008 – 2011 und seit 2013 2011 - 2013 Definition und Klassifikation der Persönlichkeitsstörungen Definition der Persönlichkeitsstörung nach DSM-5 • deutliche Unausgeglichenheit in den Einstellungen und im Verhalten in mehreren Funktionsbereichen (Affektivität, Antrieb, Impulskontrolle, Wahrnehmen, Denken, Beziehungen zu anderen) • Das abnorme Verhaltensmuster ist andauernd und nicht auf Episoden psychischer Krankheiten begrenzt • Das abnorme Verhaltensmuster ist tief greifend und in vielen persönlichen und sozialen Situationen eindeutig unpassend • Die Störungen beginnen immer in der Kindheit oder Jugend und manifestieren sich auf Dauer im Erwachsenenalter. • Die Störung führt zu deutlichem subjektivem Leiden, manchmal erst im späteren Verlauf. Definition der Persönlichkeitsstörung nach ICD-10 • tief verwurzelte, anhaltende Verhaltensmuster, die sich in starren Reaktionen auf unterschiedliche persönliche und soziale Lebenslagen zeigen • deutliche Abweichungen im Denken, Fühlen und in Beziehungen zu anderen • Solche Verhaltensmuster sind stabil und beziehen sich auf vielfältige Bereiche von Verhalten und psychischen Funktionen. • Einhergehend mit persönlichem Leiden und gestörter sozialer Funktions- und Leistungsfähigkeit Persönlichkeitsstörungen nach DSM-IV Cluster Diagnose Charakteristika A Paranoide PS Misstrauen und Argwohn, Interpretation der Motive anderer als böswillig „sonderbar, seltsam, exzentrisch" Schizoide PS Distanziertheit, Isolation, eingeschränkter emotionaler Ausdruck Schizotypische PS Soziales Unbehagen, eigentümliches Verhalten, Verzerrungen des Denkens B Dissoziale PS Missachtung und Verletzung der Rechte anderer „dramatisch, emotional, launisch" Borderline PS Instabilität zwischenmenschlicher Beziehungen, des Selbstbildes und der Affektivität, Impulsivität, Selbstverletzungen Histrionische PS Übermäßige Emotionalität, Expressivität, Aufmerksamkeit heischendes Verhalten Narzisstische PS Gefühl der Großartigkeit, Bedürfnis nach Bewunderung, „Selbstverherrlichung", mangelnde Empathie Ängstlich-vermeidende PS Soziale Hemmung, Gefühl der Unzulänglichkeit, Überempfindlichkeit gegenüber negativer Bewertung Dependente PS Unterwürfiges und anklammerndes Verhalten, übermäßiges Bedürfnis, umsorgt zu werden, Gefühl der Hilflosigkeit/Schwäche Zwanghafte PS Ständige Beschäftigung mit Ordnung, Perfektionismus, Kontrolle, „Sollen" C „ängstlich" Persönlichkeitsstörungen nach DSM-IV (Lieb et al., 2008) Persönlichkeitsstörungen nach ICD-10 Klassifikation – ICD versus DSM Cluster ICD-10 DSM-IV A Paranoide PS Paranoide PS Schizoide PS Schizoide PS (Schizotype Störung: F21) Schizotypische PS Dissoziale PS Antisoziale PS B Emotional instabile PS: C • Impulsiver Typus - • Borderline-Typus Borderline-PS Histrionische PS Histronische PS - Narzisstische PS Ängstliche PS Selbstunsichere PS Abhängige PS Abhängige PS Anankastische PS Zwanghafte PS Persönlichkeitsstörungen in ICD-10 und DSM-IV (Lieb et al., 2008) Dimensionale Diagnostik von Persönlichkeitsstörungen im DSM-5 Dimensionale Diagnostik von Persönlichkeitsstörungen im DSM-5 • Schweregrad der Persönlichkeitsbeeinträchtigung in 4 Domänen (Level of Personality Functioning Scale; 5 Schweregrade) – – – – Identität Selbst Selbststeuerung Empathie Interpersonal Intimität } } • Erfassung von 5 pathologischen Persönlichkeitsdomänen (jeweils mit 5 Unterdomänen) – – – – – Negative Affektivität Verschlossenheit Antagonismus Hemmungsschwäche Psychotizismus BRAINSTORMING ZU PERSÖNLICHKEITSSTÖRUNGEN IM JUGENDALTER Inzwischen widerlegte Fehlannahmen im Zusammenhang mit der Diagnosestellung von Persönlichkeitsstörungen im Jugendalter • Unzureichende Validität der Persönlichkeitsstörung im Jugendalter • Unzureichende Stabilität von Persönlichkeitsstörungsmerkmalen im Jugendalter • Stigma von Jugendlichen durch Diagnose einer „unheilbaren“ Persönlichkeitsstörung VALIDITÄT Charakteristika der BorderlinePersönlichkeitsstörung (BPS) im Jugendalter SVV/BPS und negative Kindheitserlebnisse Kaess et al. (2013) SVV/BPS und negative Kindheitserlebnisse Kaess et al. (2013) SVV/BPS und negative Kindheitserlebnisse Kaess et al. (2013) Komorbidität der BPS im Jugendalter Kaess et al. (2013) Komorbidität der BPS im Jugendalter Chanen et al. (2007) Funktionsniveau bei BPS im Jugendalter Kaess et al. (2013) Die BPS im Jugendalter demarkiert eine Gruppe psychisch kranker Jugendlicher mit meist deutlich belasteter Kindheit, einer hohen Morbidität und einem besonders niedrigen psychosozialem Funktionsniveau. If it looks like a duck… swims like a duck… and quacks like a duck… …we have at least to consider the possibility that we have a small aquatic bird of the family anatidae on our hands. Douglas Adams (1987) Beendete Selbstverletzung und emotionale Dysregulation N=359 Beendete Selbstverletzung und Psychopathologie N=359 STABILITÄT Wie stabil ist das Konstrukt der Persönlichkeitsstörung? Stabilität der Persönlichkeit über die Lebensspanne Roberts et al., 2006 Stabilität der BPS im Erwachsenenalter 300 250 200 150 100 50 0 0 2 Jahre 4 Jahre 6 Jahre 8 Jahre 10 Jahre Remissionsraten der Borderline-Störung in den USA (mod. nach Zanarini et al. 2006) Stabilität der Borderline-Kriterien im Erwachsenenalter Gunderson et al., 2011 Persönlichkeitsstörungen im Jugendalter dimensional Hohe RangorderStabilität der BPS! Kindheit Adoleszenz Erwachsenenalter Kaess et al., in press Stabilität der BPS im Jugendalter • Vergleichbar mit Studien des Erwachsenenalters • BPS im Jugendalter nicht mehr oder weniger stabil als im Erwachsenenalter Chanen et al. (2006) Stabilität des psychosozialen Funktionsniveaus im Erwachsenenalter Gunderson et al., 2011 Persönlichkeitsstörungen im Jugendalter sind ähnlich stabil wie im Erwachsenenalter. Während die kategoriale Stabilität niedrig ist, ist die Rangorderstabilität hoch! Auch die Einschränkkung des psychosozialen Funktionsniveuas bleibt stabil! UNBEHANDELBARKEIT Nützt Früherkennung und intervention? Prognostische Bedeutung der BPS • Bei Erwachsenen: – Reduktion diagnostischer Kriterien über die Zeit (Zanarini et al., 2010) – Funktionseinschränkung bleibt und ist größer als bei den meisten Achse-I-Diagnosen (Gunderson et al., 2011) – Hohe Inanspruchnahme an medizinisch/ psychologischen Leistungen (Horzet et al., 2010) – Suizidrate von 8-10% (Pompili et al., 2005) • Bei Jugendlichen: – Bisher nur Kurzzeitnachverfolgungen – Borderline-Pathologie als Prädiktor für persistierendes selbstverletzendes Verhalten und repetitive Suizidversuche (Wilcox et al., 2012; Yen et al., 2012) Behandelbarkeit der BPS • Es gibt effektive psychotherapeutische Interventionen für Erwachsene mit BPS • Die Behandlung der BPS wirkt sich auch günstig auf den Verlauf komorbider Störungen (z.B. Depressionen) aus, umgekehrt gilt dieser Zusammenhang nicht (Gunderson et al., 2011) • Insgesamt ist evidenz-basierte Behandlung von BPS weltweit noch weiterstgehend selten zugänglich • Vor allem das Outcome hinsichtlich des Funktionsniveaus zeigt sich trotz Behandlung der BPS oftmals schlecht Die Spätbehandlung der BPS… …ist wie der Versuch aus einem Rührei wieder Eigelb und Eiweiß zu machen Chanen (2012) Bei welcher Erkrankung mit weitreichenden Folgen und hoher Neigung zur Chronifizierung würde man ernsthaft für eine späte Intervention argumentieren? Vorteile von Früherkennung und behandlung – Reduktion der Erkrankungsdauer – Reduktion iatrogener Schädigung, z.B. durch Hospitalisierung oder Polypharmakotherapie (Zanarini et al., 2004) – Reduktion von rezidivierenden, komorbiden Störungen – Reduktion von kummulativen traumatischen Erlebnissen (Zanarini et al., 2005) – Frühzeitige Veränderung von Persönlichkeitsstörungsassozierten soziodemographischen Faktoren Stigma Allgemeinbevölkerung Professionelle Helfer Unheilbar, “geht nicht mehr weg” Schwierig und anstrengend Meine „Persönlichkeit“ ist verkehrt, also „ICH“ bin verkehrt Macht nur Ärger und ist kaum zu behandeln Wie verbreite ich maximalen Schrecken? Der Name der NICHT genannt werden darf!! Paradoxe Double-Bind-Kommunikation in der KJP Du hast emotionale Probleme kombiniert mit ein wenig Sozialverhaltensstörung Mann, hat die ne schwere BorderlineStörung… und narzisstisch ist sie auch noch! ???? Prinzipien und Möglichkeiten der Frühintervention Grundprinzipien der Therapie von Persönlichkeitsstörungen • • • • • Tragfähige Beziehung zwischen Therapeut und Patient (Langfristig angelegte Therapie) Klarer Behandlungsfokus Aktiver und strukturierender Ansatz Veränderungen durch Psychotherapie (Tress, 2002): – Verbesserung der Beziehungsfähigkeit durch verbesserte Selbst- und Fremdwahrnehmung – Verbesserung der Selbststeuerung – Aufbau neuer Denk- und Verhaltensmuster, zunächst durch korrigierende Erfahrungen in der therapeutischen Beziehung, dann im eigenen Umfeld Moving toward prevention Mental Health Intervention Spectrum (adapted from Mrazek & Haggerty, 1994) Helping Young People Early • HYPE ist ein ambulantes, hoch spezialisiertes Programm zur Früherkennung und –behandlung junger Menschen (15-25Jahre) mit Borderline-Pathologie • Ziel von HYPE ist es den Lebensverlauf junger Menschen mit Borderline-Pathologie zu verändern und hierbei vor allem das psychosoziale Outcome (und weniger diagnostische Kriterien) günstig zu beeinflussen • HYPE behandelt jährlich 80-100 junge Menschen mit Persönlichkeitspathologie Zentrale Triage Struktur HYPE Ärztliche Leitung Therapeutische Leitung Ärzte Therapeuten Notdienst/ Akutstation Patient Gruppenprogramm Klinikschule Grundlegende Charakteristika von HYPE • Rigorose Diagnostik von PS, aber auch vorsichtig durch besonders geschultes, klinisches Personal und mit Hilfe strukturierter Interviews • Breite Einschlusskriterien und geringe Ausschlusskriterien für komorbide Psychopathologie (z.B. Substanzmissbrauch etc.) • Dimensionaler Ansatz der PS – Einschluss von subsyndromalen Patienten (z.B. 3-4 BPS-Kriterien) • Psychiatrisches Case Management und individuelle Psychotherapie (CAT) mit Behandlerkontinuität • Zeitlich limitiert • Ambulant (stationäre Interventionen nur äußerst kurz wenn unvermeidbar) • Kriseninterventionsteam und Möglichkeiten der aufsuchenden Behandlung Chanen et al., (2008) „5–10–Jahres Follow-up von stationären Patienten mit selbstverletzendem Verhalten BPD No BPD p Age 21,88 (2.21) 21.18 (2.91) n.s. Number of children 0.13 0.17 n.s. Duration of NSSI 6.5 3.5 0.001 Number of NSSI 461.50 225.57 n.s. Age at first NSSI 13.13 14.50 0.007 Age at last NSSI 19.67 18.00 0.04 BDI sum score 21.09 14.21 0.05 Suicide attempt 12 16 n.s. Number of suicide attempts 3.67 2.25 n.s. Received med. treatment 14 9 n.s. Traumatic event 16 20 n.s. Number of traumatic events 1.82 1.93 n.s. DSM-5 NSSI criteria 6 (25%) 4 (14.3%) n.s. AtR!Sk – Ambulanz für Risikoverhalten und Selbstschädigung • Regelmäßige Selbstverletzung (zum Beispiel „Ritzen“), • Selbsttötungsideen und –versuche • Koma-Trinken (oftmals in Kombination mit anderem Substanzmissbrauch) oder Drogenkonsum • Medien- und Internetabhängigkeit • Sexuelles Risikoverhalten (z.B. häufiger ungeschützter Geschlechtsverkehr) • Schulschwänzen • Impulsives und delinquentes Verhalten Überlappung der Hochrisikogruppen von Selbstverletzung, Suizidalität und Substanzmissbrauch Substanzmissbrauch Suizidalität 77.5% • n=93 Jugendliche in mind. einer Hochrisikogruppe • Starke Überlappung der Hochrisikogruppen n=88 Selbstverletzung Nakar et al. (in revision), J Affect Disord Substanzmissbrauch Suizidalität Selbstverletzung Verlauf selbstschädigender Verhaltensweisen im Jugendalter (15-17 Jahre) Nakar et al. (in revision), J Affect Disord Unterschiedliche „Risikogruppen“ und Merkmale einer BorderlinePersönlichkeitsstörung Wesentliche Merkmale der frühen Borderline-Störung: High risk Moderate risk Low risk 7.33 4.11 • Emotionale Dysregulation • Impulsivität • Instabile Beziehungen und „Selbst“ • Multiple Selbstschädigung (Kaess et al., 2014) 1.35 Post hoc Vergleiche mit Tukey HSD Tests: Unterschiede zwischen den Risikogruppen (alle mit p<.001) in der Anzahl der erfüllten BPS-Kriterien bei Selbstverletzung, Suizidalität und Substanzmissbrauch Nakar et al. (in revision), J Affect Disord Das „Staging“-Modell • AtR!Sk ist nach dem sogenannten „Staging“-Prinzip konzipiert • Dieses Prinzip kommt ursprünglich aus der Krebsbehandlung: hier werden je nach Schwere und Fortschreiten der Erkrankung unterschiedlich intensive und invasive therapeutische Maßnahmen vorgenommen • Prof Patrick McGorry (Orygen Youth Health, Melbourne) etablierte dieses Prinzip für die Frühintervention psychischer Störungen AtR!Sk – Ambulanz für Risikoverhalten und Selbstschädigung Bei niedriger Gefährdung ohne Psychopathologie: Keine weiteren Maßnahmen ODER Verweis an Erziehungsberatungsstelle / psychotherapeutische Ambulanz Bei niedriger Gefährdung ohne Psychopathologie: Keine weiteren Maßnahmen ODER Verweis an Erziehungsberatungsstelle / psychotherapeutische Ambulanz Bei Kapazitätsüberlastung: Verweis an Erziehungsberatungsstelle / psychotherapeutische Ambulanz STUFE 1 (Screening) Offene Sprechstunde Gezielte Evaluation von Gefährdung und Psychopathologie STUFE 2 (Diagnostik) 2 Termine a 90 Minuten Interviews für SRV, Psychopathologie & Persönlichkeit + Fragebögen Besprechung der Diagnostik im 2. Termin Bei SRV ohne Psychopathologie: Kurzzeittherapie (10 Sitzungen CBT) STUFE 3 (Therapie) Flexibel, je nach begleitender Achse-1- und Persönlichkeitspathologie Therapeutische Weiterbetreuung durch AtRiSk STUFE 4 (Eskalation) Bei akuter Eigen- und Fremdgefährdung Gezielte Kriseninterventionen im stationären Setting Bei SRV mit Persönlichkeitspathologie: DBT (20 Sitzungen Einzel + Gruppe) Bei primär psychiatrischer Achse1-Störung: Behandlung in anderen Settings der Klinik oder Überweisung an niedergelassene Kollegen Therapie • Dialektisch Behaviorale Therapie (DBT; M. Linehan) • Kognitiv-Analytische Therapie (KAT; Ryle & Kerr) • Mentalisierungs-basierte Therapie (MBT; A. Bateman und P. Fonagy) • Schematherapie (J. Young ) • Übertragungs-fokussierte Psychotherapie (TFP; O. Kernberg) • Strategien: Therapieverträge und Krisenpläne, Hierarchisierung • Therapeutische Beziehung: Konstant Halten von Strukturen , authentisch sein, Machtgefälle vermeiden, adäquates Verhalten verstärken • Empfehlung: Supervision für Therapeuten FAZIT • Persönlichkeitsstörungen im Jugendalter geht mit erheblicher Morbidität und einem besonders niedrigen psychosozialen Funktionsniveau einher • Es gibt gute Gründe für Früherkennung und Frühbehandlung der BPS, da die BPS auch im Langzeitverlauf mit einer schlechten psychosozialen Prognose und hoher Morbidität und Mortalität verbunden sind • Früherkennung der BPS ist zuverlässig und valide möglich • Erste Wirksamkeitsnachweise für Frühintervention sind erbracht, weitere müssen folgen • Es gibt Stigma, jedoch besteht dieses vor allem innerhalb der Helfersysteme. Dieses Stigma darf nicht Grund für eine Spätintervention sein! Dialektisch Behaviorale Therapie für Adoleszente (DBT-A) [deutsches Manual (Fleischhaker, Sixt und Schulz 2010)] • Elemente der kognitiven Verhaltenstherapie, Hypno- und Gestalttherapie sowie aus dem Zen-Buddhismus • basiert auf biopsychosozialem Störungsmodell der BPS • besteht aus wöchentlich stattfindender Einzeltherapie, regelmäßigen Familiengesprächen sowie dem Fertigkeitentraining in der Gruppe • Grundprinzip der Dialektik [vom „Schwarz-Weiß-Denken“ zum „Sowohl-als-auch“] Aufgaben der DBT-A Therapie 1. Commitment herstellen und aufrecht erhalten – – – – – – 2. 3. 4. Pro und Contra Advocatus Diaboli Fuß in der Tür/ Tür im Gesicht Erinnern an frühere Zustimmung Betonen der freien Wahlmöglichkeit (Limonade aus Limonen) Cheerleading Fertigkeiten vermitteln (Skills) Ressourcen aktivieren Generalisieren des Erlernten in den Lebensalltag Hierarchie der Therapieziele in der DBT-A 1. 2. 3. 4. Verhindern beziehungsweise Verringern suizidaler und parasuizidaler Verhaltensmuster. Reduktion von Verhaltensmustern, die die Teilnahme an einer effektiven Therapie verhindern oder zu einem Abbruch der Therapie führen können. Verringern von Verhalten, das die Lebensqualität ernsthaft beeinträchtigt (z.B. Substanzmittel-missbrauch, Schule schwänzen, etc.). Erlernen und Verbessern von Verhaltensfertigkeiten (Skills). Dialektik Akzeptanz Veränderung Validierung Veränderungsstrategien für die Klientin sorgen wohlwollendes Fordern im Moment sein Zielhierarchie folgen miteinander eigene Grenzen beachten warme, zugewandte Kommunikation provokative, freche Kommunikation DBT Grundannahmen für Jugendliche und ihre Familien (nach Miller et al., 2007) 1. Alle Beteiligten tun ihr Bestes 2. Alle Beteiligten wollen sich positiv verändern 3. Alle Beteiligten müssen sich mehr anstrengen, härter arbeiten und stärker motiviert sein, um sich zu verändern 4. Die Beteiligten haben ihre Probleme nicht unbedingt alle selbst verursacht, müssen sie aber selbst lösen 5. Das Leben aller Beteiligter ist so, wie es zur Zeit gelebt wird, schmerzhaft 6. Alle Beteiligten müssen neue Verhaltensweisen in allen wichtigen Situationen ihres Lebens erlernen DBT Grundannahmen für Jugendliche und ihre Familien (nach Miller et al., 2007) 7. Es gibt keine absolute Wahrheit 8. Es ist wirkungsvoller, Dinge als gut-gemeint zu verstehen als vom Schlimmsten auszugehen 9. Sowohl die Patienten als auch ihre Familien können in der DBT nicht versagen Ablauf des Fertigkeitentrainings Einführung in die Kognitiv-Analytische Therapie (KAT) • KOGNITIV Nutzt die Kapazitäten von Patienten sich selbst zu beobachten und über sich zu reflektieren, sowie über • Ihre Annahmen, • Ihre Gefühle • Ihr Verhalten • ANALYTISCH • Unbeachtete oder unbewußte Faktoren werden exploriert und bearbeitet; ihr Einfluss wird wahrgenommen • Nutzung der Therpeut-Patienten-Beziehung als Modell KAT ist ein „Beziehungs“-Modell • Frühe Beziehungen prägen die späteren Beziehungen im Leben – Zu sich selbst sowie zu anderen – Diese Beziehungen beeinflussen unsere Gedanken, unserer Gefühle und unser Verhalten • Diese frühen Beziehungsmuster („reziproke Rollen“) sowie die daraus resultierenden Gedanken, Gefühle und Verhaltensweisen („Prozeduren“) können erkannt und bearbeitet werden McCutcheon & Chanen (2012) Die „normale“ Entwicklung • Menschen werden mit der Fähigkeit zur „sozialen Interaktion“ geboren • Lange vor der Sprache entwickelt sich bereits Kommunikation und werden Beziehungen geformt Die meisten Kinder erleben früh “sichere” und “fürsorgliche” Beziehungen Die „normale“ Entwicklung • Die (dyadische) fürsorgliche Beziehung wird internalisiert • ‘gekümmert werden’ (Kind) • ‘sich kümmern’ (Eltern) • Die Internalisierung erfolgt zuerst durch ein Ausüben dieser Rollen mit anderen (üben) Reziproke Rollen • Unsere erlernten Beziehungsmuster werden reziproke Rollen genannt – Diese werden immer und immer wieder ausgeübt – Sowohl mit anderen als auch mit uns selbst – Sie werden irgendwann vertraut und dann automatisiert • Wir interagieren mit anderen ‚als ob‘ diese in der uns vertrauten oder erwarteten Weise reagieren • Wir interagieren auch mit anderen ‚damit‘ andere in der uns bekannten Weise reagieren In einer weniger optimalen Welt… ………..sind Kinder wesentlich weniger fördernden frühen Beziehungen ausgesetzt!! Die „weniger optimale“ Entwicklung • Kinder haben ein hohes Risiko limitierte und „problematische“ Beziehungsmuster zu entwickeln • Diese prägen ihre Beziehungen – Mit anderen – Mit sich selbst • Und fördern negative Gedanken, Gefühle und Verhaltensweisen Reziproke Rollen Accepting Caring Abusing Cared for Abused Understanding Neglecting Accepted Controlling Understood Neglected Controlled „Prozeduren“ • Gedanken, Gefühle und Handlungen scheinen ebenfalls in ‚Mustern‘ organisiert (Prozeduren) – Einige sind hilfreich, andere nicht – Einige waren früher hilfreich, sind es jetzt nicht mehr • Diese werden ebenfalls im frühen Leben etabliert • Sie sind situationsübergreifend • Sie sind schwer zu revidieren („Neurose“ als mangelnde Revision maladaptiver Muster 3 Phasen der CAT • “Reformulation” – Qualitative Anamnese und Erkennung von Beziehungsmustern (reziproken Rollen) und Denk-, Fühl- und Verhaltensmustern (Proceduren) – Entwickeln eines “gemeinsamen” und “neuen” Verständnisses des Lebenslaufes – Reformulierung durch einen Brief an den Patienten sowie ein Diagramm • “Recognition” – Entwicklung und Stärkung der Eigenreflexion – Weiterentwicklung des Diagrams (inkl. der wesentlichen reziproken Rollen und daraus resultierenden Proceduren) • “Revision – Entwicklung von “neuen” reziproken Rollen und Proceduren – Benennung von “Exits” aus problematischen Proceduren – Kontinuierliche Übung der neuen Muster (in vivo) Beispieldiagramm Wie erwirkt CAT Veränderung? • Der Therapeut hilft… • Die Vergangenheit mit aktuellen Mustern zu verbinden • Warum ist es soweit gekommen? • Kapazität zur Selbstreflexion zu entwickeln • Hilfreichere Beziehungsmuster (reziproke Rollen) zu etablieren • Zuerst Therapeut-Patienten-Beziehung • Fokus auf Beziehungen des Patienten zu anderen • Beziehung des Patienten mit sich selbst • Entwicklung von hilfreicheren Denk- und Verhaltensmustern (Prozeduren) • Vermeidung wenig hilfreicher Muster Vielen herzlichen Dank an… A/Prof. Andrew Chanen Dr. Louise McCutcheon Prof. Pat McGorry Prof. Nick Allen Prof. Romuald Brunner Dipl.-Psych. Peter Parzer Prof. Franz Resch