Herz insuffizienz Herz insuffizienz

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Herz
insuffizienz
© contrast
Streng genommen ist die chronische Herzinsuffizienz keine eigenständige Krankheit,
sondern bezeichnet ein sehr vielfältiges klinisches Zustandsbild, dem ganz verschiedene
Ursachen zugrunde liegen können. Bereits
nach Auftreten der ersten Symptome ist die
Prognose schlecht. Von Brigitte Stanek*
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 österreichische ärztezeitung  5  10. märz 2004
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DFP - Literaturstudium
Alte und neue Paradigmen
Die Diagnose “Herzinsuffizienz”
wird in den letzten Jahren immer häufiger gestellt. Die Prognose ist bereits
nach Auftreten der ersten Symptome
schlecht. In der Framingham Studie erlebte nur jeder zweite Patient mit
“leichter Herzinsuffizienz” das fünfte
Jahr. Nimmt man diejenigen Länder als
Referenz, die in der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie erfasst werden, sind – bei einer gemeinsamen Einwohnerzahl von 900 Millionen - zumindest zehn Millionen Menschen von
dieser Krankheit betroffen.
Dabei ist die chronische Herzinsuffizienz im strengen Sinn gar keine eigenständige “Krankheit”, sondern bezeichnet vielmehr ein sehr vielfältiges
klinisches Zustandsbild, dem ganz verschiedene Ursachen zugrunde liegen
können. Man hat die Herzinsuffizienz
ursprünglich in erster Linie als ein
Nachlassen der normalen Pumpfunktion aufgefasst und sie dementsprechend
funktionell - hämodynamisch - definiert. Der venöse Rückstau vor der versagenden Herzkammer (“Rückwärtsversagen”) und der niedrige Auswurf
dahinter (“Vorwärtsversagen”) galten
als augenscheinliche klinische Korrelate
für dieses ehemalige Paradigma.
Vorwärtsversagen –
Rückwärtsversagen
Das Herz besteht aus zwei in Serie
geschalteten Pumpen am Kreuzungspunkt von zwei Kreisläufen, sodass
von einer Pumpschwäche im linken
Ventrikel immer auch die adäquate
Füllung des rechten Ventrikels (aus
dem venösen Reservoir) betroffen ist.
Dadurch kommt es gleichzeitig zum
Vorwärtsversagen und zum Rückwärtsversagen. Geht umgekehrt die
Pumpschwäche vom rechten Ventrikel
aus (zum Beispiel in Folge eines
Rechtsherzinfarkts) und wird weniger
Blut in den Pulmonalkreislauf ausge-
stoßen, kommt es schließlich auch zum
Vorwärtsversagen des linken Ventrikels,
der ja in seiner Auswurfleistung von
der Ventrikelfüllung abhängt. Ein
Grund für das Vorwärtsversagen des
linken Ventrikels kann somit auch eine
hypertrophe Cardiomyopathie sein, bei
der das Cavum des linken Ventrikels –
und somit seine Füllung - klein ist.
(siehe auch unter Kommentar: Herzinsuffizienz bei “erhaltener systolischer
Funktion” (Abb. 1 C)
Hämodynamik-Konzepte, die sich
auf das Vorwärts- und Rückwärtsversagen des linken beziehungsweise des
rechten Ventrikels stützen, beschreiben
die Phänomene der Herzinsuffizienz
somit aus einer rein “mechanistischen”
Perspektive. Therapeutische Ansätze,
in dieses pathologische Zusammenspiel
der abnormen Drucke und Volumina
korrigierend einzugreifen, haben à la
longue nicht den erwarteten Erfolg gebracht, da sie dem progredienten
Krankheitsverlauf der Herzinsuffizienz
nicht Einhalt gebieten konnten.
Klinisches Bild
“stromaufwärts” der Kapillardruck und
- dem hydrostatischen Druck entsprechend - tritt Flüssigkeit ins Lungengewebe aus. Das erfordert eine erhöhte
Atemarbeit, die aber nicht ohne Weiteres geleistet werden kann; es entsteht
“Atemnot”. Diese wird auch durch
eine Schwäche der auxiliären Atemmuskulatur mitbedingt. Der reduzierte Sauerstoffaustausch in den Alveolen
trägt zwar zu dieser Dyspnoe bei, spielt
aber nicht die Hauptrolle. Anders als
bei der “pulmonalen” Atemnot wird die
Dyspnoe bei der Herzinsuffizienz
ärger, wenn sich der Patient niederlegt
und das interstitielle Lungenödem
durch die Lageveränderung zunimmt
(“Orthopnoe”). Anfälle nächtlicher
Atemnot nach einigen Stunden Schlaf
können die Folge sein. Beim Rechtsherzversagen wiederum bilden sich
Ödeme im großen Kreislauf, besonders
in den Körperhöhlen. Renale Salz- und
Wasserretention bringt in dieser Situation eine zusätzliche Steigerung des intravaskulären Volumens und des
Venendrucks mit sich, wodurch der
venöse Rückstau noch dramatischer
ausfällt und den alten Ausdruck “Stauungsherzinsuffizienz” geprägt hat.
Durch die Wirksamkeit moderner Diuretika, die sowohl die Vorlast als auch
die Nachlast reduzieren, ist dieses Vollbild der Stauung allerdings heute selten
geworden.
Die gesamte klinische Symptomatik
der Herzinsuffizienz trifft das Hämodynamik-Konzept schon deshalb nicht,
weil es die Interaktion der zentralen
(kardialen) Störungen mit der “Peripherie” nicht ausreichend berücksichtigt.
Periphere
VasokonInitial- und Erhaltungsdosen
striktion ist jedoch ein
der ACE-Hemmer bei Herzinsuffizienz
Kardinalsymptom im
natürlichen Verlauf der
Initialdosis
Erhaltungsdosis
Herzinsuffizienz und
Benazepril
2.5 mg
5-10 mg BID
verursacht oft mehr BeCaptopril
6.25 mg TID
25 – 50 mg TID
schwerden als die einEnalapril
2.5 mg
10 mg BID
geschränkte Pumpkraft
Lisinopril
2.5 mg
5 – 20 mg
Quinapril
2.5 – 5 mg
5 – 10 mg
per se. Noch dazu stellt
Perindopril
2 mg
4 mg
der hohe periphere WiRamipril
1.25 – 2.5 mg
2.5 – 5 mg BID
derstand eine große BeCilacapril
0.5 mg
1 – 2.5 mg
lastung für den geFosinopril
10
mg
20 mg
schwächten linken VenTrandolapril
1 mg
4 mg
trikel dar. Durch sein
Tab. 1
Versagen erhöht sich
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c
b
Hypertrophes Remodeling: exzentrisch (Abb. a und b) oder konzentrisch (Abb. c)
Vielmehr führt eine effiziente
Diuretikatherapie dazu, dass das Rückwärtsversagen durch ein Vorwärtsversagen “ersetzt” wird. In der englischen
Terminologie wurde deshalb der Ausdruck “Congestive Heart Failure” verlassen und durch den mehr allgemeinen Ausdruck “Heart Failure” ersetzt.
Die Symptome des Vorwärtsversagens
“stromabwärts” sind weniger leicht zu
durchschauen. Müdigkeit beziehungsweise leichte Erschöpfbarkeit sind
nicht so sehr die unmittelbare Folge der
schlechten Durchblutung, sondern
vielmehr Ausdruck einer Myopathie
der Skelettmuskulatur. Im Rahmen
dieser Myopathie kommt es zur Muskelatrophie mit Veränderung der Myofibrillen und zum Verlust von Mitochondrien und oxidativen Enzymen.
Das äußert sich unter anderem darin,
dass es in der Herzinsuffizienz unter
Belastung rascher zu einer Azidose
kommt.
Neurohumorale Reaktionen
Der hämodynamische Einfluß der
neurohumoralen Systeme (Noradrenalin, Angiotensin II, Aldosteron, Endothelin, Vasopressin, . . .) lässt sich am
besten in Akusituationen erkennen. Sobald der Blutdruck fällt, kommt es zu
peripherer Vasokonstriktion und schon
nach einigen Stunden zu Volumenretention. Dadurch “soll” der periphere
Druck gehalten werden. Was hier le-
Abb. 1
bensrettend sein kann, wirkt sich jedoch bei Daueraktivierung deletär aus.
Die erhöhte betaadrenerge Stimulierung beispielsweise stört die Calciumhomöostase des kardialen Myozyten.
Es kommt zur Anhäufung von Calcium im Cytosol, zu Arrhythmien und
möglicherweise zu schwerer Zellschädigung. Damit Hand in Hand gehen
auch andere Störungen des Zellstoffwechsels wie zum Beispiel der Glykolyse, der eine besondere Rolle bei der diastolischen Dysfunktion zugeschrieben
wird. Die größten Gefahren der neurohumoralen Systeme liegen jedoch in
ihrem proliferativen Potenzial, was eine
pathologische Hypertrophie der Myozyten bewirkt und einen allmählichen
Umbau der Ventrikelarchitektur (“Remodeling”) nach sich zieht. Dieses hypertrophe Remodeling kann - je nach
Wandspannung - exzentrisch (Abb. 1
a, b) oder konzentrisch sein. (Abb. 1
c). Bei der exzentrischen Hypertrophie
nimmt die Muskellänge zu, in der konzentrischen die Dicke.
Paradigmenwechsel 2000
Erst durch den gezielten Einsatz der
“neurohumoralen Therapie” wurde
die beweiskräftige Verbesserung der
Prognose in der Herzinsuffizienz erzielt. Daraus ergab sich ein neues Paradigma, bei dem die morphologischen
Eigenschaften der versagenden Herzkammer(n) beziehungsweise die mole-
Betablocker – Initialdosis,
Titration und Zieldosis bei Herzinsuffizienz
Bisoprolol
Metoprolol CR
Carvedilol
Initialdosis
Titration
Zieldosis
1.25 mg
12.5 – 25 mg
3.125 mg
Steigerung auf 2.5, 3.75, 5, 7.5 mg
Steigerung auf 25, 50, 100 mg
Steigerung auf 6.25, 12.5, 25 mg
10 mg
200 mg
50 mg
Tab. 2
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kularen Mechanismen, die diese veränderte Struktur und Architektur der
Ventrikel in der Herzinsuffizienz möglich machen, in den Mittelpunkt rückten. In diesem “modernen” Paradigma
der Herzinsuffizienz spielen jetzt abnorme proliferative Reize im Myokard
eine Schlüsselrolle. Man geht von der
Hypothese aus, dass generelle Überstimulierung des Zellwachstums - mit gesteigerter Expression spezifischer Gene
– wahrscheinlich auch Stimulierung
des programmierten Zelltodes von
Myokardzellen bedeutet. Mit der Zeit
geht durch Nekrose und Apoptose
Muskelmasse unwiederbringlich verloren. Das würde aber konsequenterweise zu einem vorzeitigen Verschleiß des
Myokards führen. Gleichzeitig kommt
es zur Expression fetaler Myozyten-Isoformen, die den Anforderungen der erhöhten Wandspannung nicht gewachsen sind. Auch Fibrosierung scheitert
als weiterer “Reparaturversuch”; vielmehr versteift der Ventrikel, und seine
Arrhythmieneigung nimmt zu. Das rasche Fortschreiten der Herzinsuffizienz
könnte somit auf dem prämaturen Absterben von hochdifferenzierten Myokardzellen, die physiologisch nicht ersetzbar sind, beruhen.
Diagnose
Wenn bei einem Patienten unter “normaler” Anstrengung Atemnot auftritt
oder er rasch ermüdet, oder wenn ein
Knöchelödem besteht, können diese
Symptome durchaus die erste klinische Manifestation einer chronischen
Herzinsuffizienz sein. Wird in diesem
Stadium bereits eine auf die mögliche
Herzinsuffizienz gerichtete Therapie
verabreicht, auf die der Patient gut anspricht, erhärtet sich natürlich der Verdacht einer kardialen Genese der Beschwerden. Beweisend ist diese “ex iuvantibus” Methode in der Herzinsuffizienz allerdings nicht.
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Klinische Symptome wie bei Herzinsuffizienz können schließlich auch
mit einer normalen kardialen Funktion einhergehen. Übergewicht, Lungen- und Nierenerkrankungen, Anämie, aber auch die Schwangerschaft
können zu Atemnot führen, ohne dass
eine Herzerkrankung vorliegt. Die
Symptome der chronischen Herzinsuffizienz sind also nicht als spezifisch
zu betrachten.
 Besteht eine Störung der Pumpfunktion? Welche Ursachen hat sie?
Für die Diagnose ist unbedingt ein
objektiver und quantitativer Nachweis
einer Ventrikelfunktionsstörung unter
Ruhebedingungen erforderlich. Dazu
eignet sich unter den nichtinvasiven
Methoden vorzüglich das Echokardiogramm. Auf diese Weise lässt sich rasch
feststellen, ob die Pumpfunktion erhalten oder eingeschränkt ist. Gleichzeitig werden die Ventrikelarchitektur,
die Ventrikelwände, die Herzklappen
und vor allem die kardialen Füllungsbedingungen beurteilt. Damit lässt
sich das dilatative vom konzentrischen
Remodeling “mit einem Blick” unterscheiden. Als Korrelat für die systolische Dysfunktion des linken Ventrikels
wird dann traditionell die Auswurffraktion herangezogen. Die Isotopenventrikulographie oder die Magnetresonanz bieten weitere diagnostische
Informationen. An den objektiven
Nachweis der Ventrikelfunktionsstörung schließt sich unmittelbar die
fachspezifische Suche nach den Ursachen (ischämische oder nichtischämische Ätiologie) an. Die invasive Abklärung
(Koronarangiographie,
Rechtsherzkatheter) bleibt dabei be-
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sonderen Situationen überlassen.
Diese betreffen Patienten mit schwerer Herzinsuffizienz oder Patienten
mit plötzlichen Schüben akuter Dekompensation nach einer längeren
stabilen Phase. Diesen spezifischen
Diagnoseschritten soll eine vollständige internistische Untersuchung vorangehen beziehungsweise diese begleiten. Ein normales EKG schließt
eine systolische Dysfunktion oft, aber
nicht immer aus. Das Lungenröntgen
hat natürlich seinen Stellenwert, um
eine Herzvergrößerung oder ein Lungenödem festzustellen, weniger jedoch für die Diagnose “Herzinsuffizienz”.
Ist ein Patient, der noch keine Therapie erhält, am Ergometer normal belastbar, ist eine chronische Herzinsuffizienz zumindest unwahrscheinlich.
Die Spiroergometrie kann prognostische Hinweise liefern, die Lungenfunktion pulmonale Ursachen der
Atemnot ausschließen. Das Labor soll
ein komplettes Blutbild, Serumglukose, Elektrolyte, Nieren- und Leberparameter sowie eine Harnanalyse beinhalten. Bei akuter Verschlechterung sollen
auch Myokardenzyme bestimmt werden. Falls verfügbar, ist die Bestimmung der kardialen natriuretischen
Peptide BNP oder proBNP im Plasma
sehr zu empfehlen. Sie bieten einen
hohen negativen Aussagewert, insbesondere bei noch unbehandelten Patienten (“Screening”)
 Auslösende Faktoren?
Weiters sind mögliche “auslösende
Faktoren” zu berücksichtigen beziehungsweise Begleiterkrankungen zu
eruieren. Bestehen beispielsweise eine koronare
Herzkrankheit und eine
ischämische CardiomyoTagesdosen der Angiotensinpathie, so können trotzAntagonisten in der Herzinsuffizienz
dem die vorliegenden “typischen” Zeichen der
Losartan
50 – 100 mg
Herzinsuffizienz (LunValsartan
80 – 320 mg
genödem, Schock) AusIrbesartan
150 – 300 mg
druck der myokardialen
Candesartan
4 – 16 mg
Ischämie - also einer poTelmisartan
40 – 80 mg
tentiell
reversiblen
Eprosartan
400 – 800 mg
Störung - sein. Diese ist
Tab. 3
dann in der Therapie
40
natürlich vorrangig anzugehen. Dasselbe gilt für tachykarde und bradykarde Rhythmusstörungen im Rahmen
der chronischen Herzinsuffizienz, die
durch ein 24 Stunden-EKG ohne viel
Aufwand festgestellt werden können.
 Klinischer Schweregrad ?
Eine
Ventrikelfunktionsstörung
kann durchaus bereits fortgeschritten
sein, ohne dass die Intensität der
Symptome dies widerspiegeln würde.
Trotzdem wird der “Schweregrad” der
chronischen Herzinsuffizienz nach wie
vor nach den Symptomen (Dyspnoe,
Müdigkeit unter Belastung/Ruhe) bestimmt. Daraus ergibt sich die Klassifizierung als “leicht” (NYHA II),
“mäßig” (NYHA III) oder “schwer”
(NYHA IV).
 “First-line” Drugs:
ACE-Hemmer und Beta-Blocker
Die eigentlichen Behandlungsziele
bei der Herzinsuffizienz sind sehr weit
gefasst. Sie reichen von der Prävention
ihrer Entstehung – durch energische
Behandlung der Krankheiten, die zur
einer chronischen Herzinsuffizienz
führen können (koronare Herzkrankheit, Hypertonie) – und der Prävention
ihres Fortschreitens (Erhaltung oder
Verbesserung der Lebensqualität) bis
hin zur Lebensverlängerung. Wie bei
allen chronischen Kreislauferkrankungen steht die orale medikamentöse
Therapie - begleitet von nichtpharmakologischen Maßnahmen im Sinne der
Rehabilitation - im Mittelpunkt.
Die “first-line” drugs in der systolischen Dysfunktion (Auswurffraktion
<40-45 Prozent - gleichgültig, ob Symptome vorliegen oder nicht - sind ACEHemmer. Nur wenn Ödeme bestehen,
werden gleichzeitig Diuretika verabreicht. Die angestrebte Dosis der ACEHemmer richtet sich nicht nach den
Symptomen, sondern nach der Evidenz
in den Mortalitätsstudien (siehe Tab.
1). Als unerwünschte Begleiterscheinungen sind Hypotonie, Synkope, Niereninsuffizienz, Hyperkaliämie und Angioödem möglich, zwingen aber – mit
Ausnahme des Angioödems - nur selten dazu, auf diese Therapie ganz
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zu verzichten. Es gibt jedoch eine
Risikogruppe, bei der man den Start
der ACE-Hemmer Therapie einem
Spezialzentrum überlassen sollte. Das
sind diejenigen Patienten, bei denen
die Ätiologie der Herzinsuffizienz unbekannt ist:
• Systolischer Blutdruck < 100 mmHg
• Serum Kreatinin > 150 micromol/l
• Serm Natrium
< 135 mmol/l
• Schwere Herzinsuffizienz
• Herzinsuffizienz basierend auf einem
Vitium
Bei den anderen Patienten
geht man wie folgt vor:
Zunächst stellt man fest, ob der Patient unter Diuretika steht. Exzessive
Diuretikabehandlung vor ACE-Hemmung ist ungünstig. In diesem Fall
muss die Behandlung mit Diuretika
zuerst gedrosselt werden. Wenn möglich, sollte man 24 Stunden vor der ersten Gabe eines ACE-Hemmers keine
Diuretika mehr verabreichen. Kann
man mit dem ACE-Hemmer abends
im Liegen beginnen, scheint (empirisch) die Gefahr der Hypotension geringer zu sein. Muss man mit dem
ACE-Hemmer jedoch morgens starten,
sind einige Stunden Blutdruckkontrolle notwendig. Falls sich nach Beginn
der ACE-Hemmertherapie die Nierenfunktion deutlich verschlechtert, muss
der ACE-Hemmer abgesetzt werden.
Zu Beginn sollten jedenfalls (noch)
keine Aldosteronantagonisten (und andere kaliumsparende Diuretika) zusätzlich verabreicht werden. Interaktionen
sind auch bei gleichzeitiger Verabreichung von nichtsteroidalen Antirheumatika zu erwarten. In diesem Fall wird
die Wirkung des ACE-Hemmers abgeschwächt. Vor und ein bis zwei Wochen nach Beginn der Therapie und
nach jeder Dosissteigerung müssen
vom Arzt Blutdruck, Nierenfunktion
und Elektrolyte kontrolliert werden.
Weitere Kontrollen sind nach drei und
sechs Monaten vorgesehen; danach in
Abständen von sechs Monaten.
Betablocker werden heute bei allen
Patienten mit symptomatischer Herzinsuffizienz (NYHA II bis IV) basierend auf einer systolischen Funktions-
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störung des linken Ventrikels, zusätzlich zu ACE-Hemmern und Diuretika
empfohlen, bei denen keine eindeutige
Kontraindikation gegen eine BetaBlockade besteht (Asthma bronchiale,
schwere Bronchialerkrankung, symptomatische Bradykardie oder symptomatische Hypotonie). Der Patient sollte
dabei immer in einem relativ stabilen
Zustand sein, also keiner intravenösen
positiv inotropen Therapie bedürfen
und keine wesentlichen Ödeme haben.
Auch hier bleiben einige Patienten
dem Spezialisten vorbehalten:
 Patienten im Stadium NYHA III/IV
 Patienten mit unbekannter Ätiologie
 Patienten mit relativen Kontraindikationen : Bradykardie, Hypotonie
 Intoleranz nach niedriger
Betablockerdosis
 Frühere Anwendung von Beta-Blockern und Intoleranz (Symptome)
 Verdacht auf Asthma
Bei den anderen geht man wie folgt vor:
Die Betablockerdosis soll sorgfältig
titriert werden (“start low - go slow”);
Initialdosen, Titrationsdosen und Zieldosen siehe Tab. 2. In den entsprechenden Studien (CIBIS II, MERIT-HF,
Carvedilol Programm) wurden die
Beta-Blocker innerhalb von Wochen
bis Monaten bis zur Zieldosis beziehungsweise bis zur maximal verträglichen Dosis gesteigert. Eine Steigerung
der Dosis nach ein bis zwei Wochen
sollte - wenn die vorhergehende Dosis
gut vertragen wurde - unbedingt erfolgen.
Verschlechtern sich die Symptome,
soll zuerst die Diuretikadosis oder gegebenenfalls die ACE-Hemmerdosis
erhöht und dann erst die Dosis des Betablockers wieder reduziert werden. Bei
Hypotonie sollen zuerst die Vasodilatatoren (zum Beispiel Nitrate) reduziert
werden, nur wenn nötig auch der Betablocker. Bei Bradykardie sollen zuerst
die anderen frequenzsenkenden Medikamente abgesetzt, dann erst die Betablockerdosis reduziert werden (Absetzen nur in dringenden Fällen). Immer,
wenn sich wieder Stabilität einstellt,
soll man erneut mit der BetablockerTitration beginnen.
“Alternative” zur ACE-Hemmung
Bei allen Patienten, die ACE-Hemmer nicht vertragen, sollen heute Angiotensin-Antagonisten eingesetzt werden (Tab. 3). Sie haben ein günstigeres
Nebenwirkungsprofil. Die rezenten Ergebnisse der “CHARM- Alternative“
Studie, in der Candesartan gegenüber
Placebo doppelblind geprüft wurde,
zeigten, dass Patienten mit reduzierter
systolischer Linksventrikelfunktion (≤
40 Prozent Auswurffraktion) hinsichtlich der Progression der Herzinsuffizienz (Spitalsaufnahme wegen Herzinsuffizienz oder kardiovaskulärer Tod) signifikant und klinisch relevant profitierten. Eine Meta-Analyse aller Studien an
Patienten, die keinen ACE-Hemmer erhielten, ergab eine Mortalitätsreduktion
von 21 Prozent durch Angiotensin-Antagonisten gegenüber Placebo.
Kombinierte Hemmung
des Renin-Systems
Wenn man ACE-Hemmer mit Angiotensin-Antagonisten kombiniert,
können sich die Symptome der Herzinsuffizienz weiter verbessern. In der
“CHARM-Added” Studie wurde diese
Beobachtung aus früheren Studien bei
Patienten mit reduzierter systolischer
Linksventrikelfunktion (≤ 40 Prozent
Auswurffraktion) doppelblind und placebo-kontrolliert geprüft. Die Zugabe
von Candesartan bewirkte bei Patienten, die bereits einen ACE-Hemmer erhielten, eine signifikant geringere Progression der Herzinsuffizienz (Spitalsaufnahme wegen Herzinsuffizienz
oder kardiovaskulärer Tod).
Diuretika
Falls Ödeme bestehen, sind (Thiazid-, Schleifen-) Diuretika unverzichtbar. Sie verbessern die Atemnot und die
Leistungsfähigkeit. Mortalitätsstudien
mit diesen Diuretika gibt es allerdings
nicht. Es gilt der Grundsatz, dass bei
der Therapie der chronischen Herzinsuffizienz Diuretika nie ohne ACEHemmer verabreicht werden sollen.
Bei einer Kreatininclearance < 30
ml/min sind Thiaziddiuretika – ohne
gleichzeitige Verabreichung von Schleifendiuretika – allerdings nicht mehr
wirksam.
 österreichische ärztezeitung  18  25. september 2004
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Sonderstatus:
Aldosteronantagonisten
Es ist bekannt, dass Patienten mit
schwerer Herzinsuffizienz trotz ACEHemmertherapie hohe Aldosteronwerte haben. Aldosteran bewirkt experimentell eine Myokardfibrose, die den
Ventrikel versteift, die Wanddrucke erhöht und die Erregungsausbreitung
stört. Der Aldosteronantagonist Spironolacton hat in der RALES-Studie bei
Patienten mit schwerer Herzinsuffizienz (NYHA III-IV) zusätzlich zu ACEHemmern/Diuretika die Hospitalisierungsrate um 35%, die Mortalität (inklusive “Sudden Death” ) um 30 Prozent gesenkt. Vor einer Spironolactontherapie soll das Serumkalium unter
5.0 mmol/l und das Kreatinin < 250
micromol/l sein. Die Startdosis ist 25
mg/die. Nach vier bis sechs Tagen ist
wieder eine Laborkontrolle erforderlich. Steigt das Kalium auf > 5 mmol/l,
erreicht aber noch nicht 5.5 mmol/l,
muss die Spironolactondosis halbiert
werden. Übersteigt es 5.5 mmol/l,
muss Spironolacton abgesetzt werden.
Nach einem Monat kann bei normalem Kalium Spironolacton auf 50
mg/die (Maximaldosis) erhöht werden.
Eine Woche später soll wieder eine Laborkontrolle erfolgen. Ein neuer selektiver Aldosteronantagonist (Eplerenon)
wurde vor kurzem in der EPHESUSStudie (6.642 Patienten) mit Erfolg
geprüft und erweiterte die Indikation
auf Patienten mit linksventrikulärer
Pumpschwäche und Symptomen einer
Herzinsuffizienz nach akutem Myokardinfarkt.
Weitere Medikamente
 Digitalis ist immer indiziert, wenn
ein (symptomatisches) Vorhofflimmern die klinische Herzinsuffizienz
begleitet, um die Kammerfrequenz
zu senken. Dadurch bessern sich
auch die Symptome. Gemeinsam mit
Beta-Blockern wird eine noch bessere
Wirkung erzielt. Für Patienten mit
Sinusrhythmus wird Digitalis nur
dann empfohlen, wenn die Symptome trotz ACE-Hemmer und Diuretika persistieren. Die Dosis von Digoxin ist 0.125 bis 0.375 mg/die, eine
normale Nierenfunktion vorausgesetzt. Kontraindikationen: Bardykardie, AV-Block II. und III. Grades,
Sick Sinus Syndrome, Karotissinussyndrom, Hypokaliämie und Hyperkalziämie.
 Vasodilatatoren sind nur angebracht,
wenn bei Patienten mit Herzinsuffizienz eine Angina pectoris oder eine
Hypertonie besteht. Eine spezifische
Rolle bei der Herzinsuffizienz haben
sie nicht. Kalziumantagonisten werden generell nicht empfohlen.
 Antikoagulation hat seinen Platz
beim Vorhofflimmern.
 Antiarrhythmika der Klasse I werden
bei der Therapie der chronischen
Herzinsuffizienz nicht verwendet.
Klasse II-Antiarrhythmika (BetaBlocker) können bei ventrikulären
Tachyarrhythmien (alleine oder in
Kombination mit Amiodaron) verabreicht werden. Es ist bekannt, dass
eine Therapie mit Betablockern bei
der chronischen Herzinsuffizienz die
Sudden Death Rate senkt. Amiodaron (Klasse III) wirkt bei den meisten
supraventrikulären und ventrikulären
Arrhythmien. Es sollte aber nicht automatisch bei allen HerzinsuffizienzPatienten eingesetzt werden.
Herzinsuffizienz bei “erhaltener systolischer Funktion”
Abnorme diastolische Parameter im
Doppler-Echokardiogramm bei erhaltener systolischer Funktion sind im
klinischen Alltag keine Seltenheit.
Höheres Alter (besonders bei Frauen),
Hypertonie, koronare Herzkrankheit,
Diabetes, hypertrophe Kardiomyopathie – alle prädestinieren zur diastolischen Dysfunktion, die nicht unbedingt Symptome verursachen muss,
aber schrittweise symptomatisch werden kann. Bestehen also eine Relaxationsstörung, Füllungsstörung, erhöhte
Steifigkeit und herabgesetzte Dehnbarkeit des (meist verdickten) linken Ventrikels in der Diastole, so ist bei einem
Patienten, der auch die typischen
Symptome hat (besonders Belastungsdyspnoe und Orthopnoe), prinzipiell
eine Herzinsuffizienz anzunehmen,
auch wenn die linksventrikuläre Auswurffraktion >45 Prozent liegt. Linksventrikelhypertrophie und klinische
 österreichische ärztezeitung  18  25. september 2004
Herzinsuffizienz bei normaler Auswurffraktion findet man jedenfalls oft
bei Patienten mit langbestehender Hypertonie. Pathophysiologisch stellt
diese Linksventrikelhypertrophie die
konzentrische Form des linksventrikulären Remodelings dar (siehe Abb. 1
C). Vergleicht man die Charakteristika
des konzentrischen Remodelings mit
dem dilatativen Remodeling, unterscheiden sich eigentlich nur die Füllungsvolumina voneinander. Ansonsten findet man viele Gemeinsamkeiten, so zum Beispiel die abnorme
linksventrikuläre Muskelmasse, die
Muskelhypertrophie, die interstitielle
Fibrose, der abnorme Kalziumhaushalt, die herabgesetzte Kontraktilität,
die Relaxationsstörung, etc. Auch die
Prognose dieser Patienten unterscheidet sich nicht wesentlich. Über die
Epidemiologie der “diastolischen Herzinsuffizienz” liegen zur Zeit noch sehr
uneinheitliche Studienergebnisse vor.
Auch bezüglich der Therapie dieser
Herzinsuffizienz bei “erhaltener systolischer Funktion” gibt es noch wenig
Klarheit. In der “CHARM-Preserved”
Studie erbrachte Candesartan bei rund
3.000 Patienten nach drei Jahren Behandlung zumindest einen kleinen Benefit in Bezug auf die Spitalsaufnahmen wegen Herzinsuffizienz (402
unter Candesartan versus 566 unter
Placebo). Zwei weitere Studien mit dieser Fragestellung (PEP-CHF mit Perindopril und I-PRESERVE mit Irbesartan) sind noch nicht abgeschlossen.
Literatur bei der Verfasserin
*) Univ. Prof. Dr. Brigitte Stanek, Univ. Klinik
für Innere Medizin II/AKH Wien, Währinger Gürtel 18-20, 1090 Wien, Tel. 01/40 400/46 16,
Fax: 01/408 11 48
Lecture Board: Univ. Prof. Dr. Bernd Eber, 2. Interne Abt., Schwerpunkt Kardiologie und Intensiv
im Krankenhaus der Barmherzigen Schwestern,
Wels, Dr. Gerhard Pölzl, Univ. Klinik für Innere
Medizin Innsbruck, Klinische Abteilung für Kardiologie, Univ. Prof. Dr. Thomas Stefenelli, 1.
Medizinische Abteilung im Kaiser-Elisabeth-Spital
der Stadt Wien
Herausgeber: Univ. Klinik f. Innere Medizin II,
Abteilung Kardiologie AKH Wien
Diesen Artkel finden Sie auch im Web unter
www.arztakademie.at
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