EXPERIMENTELLE PHYSIK IV Statistik-Thermodynamik und Festkörperphysik Skriptum zur Vorlesung von Ao. Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Pfeiler, Sommersemester 2012 Autoren: Sebastian Stefanitsch, Manuel Bahr E-Mail: [email protected] Als Basis wurde großteils das Skript aus dem Sommersemester 2007 (Autor: Georg Kopsky) verwendet. HINWEIS: Dieses Skript wurde, mit freundlicher Erlaubnis von Georg Kopsky, großteils von seinem SS07 Skript übernommen. Dieses Skript ist rein zur Unterstützung für die Vorlesung Einführung in die Physik IV“ ge” dacht und hat keinen kommerziellen Zweck. Alle Bilder die in diesem Skriptum vorkommen wurden, wenn nicht anders gekennzeichnet, aus den Vorlesungsfolien entnommen. Diese wurden von mir mittels Photoshop digital überarbeitet. Bilder gekennzeichnet mit [MB] wurden von Manuel Bahr erstellt. Danksagungen: An Nicole Martinovsky, da sie sich mit Georg Kopsky in Verbindung gesetzt hat um mir die Quelldatein für sein Skript zu besorgen und ich auf diesem Wege indirekt seine Erlaubnis zur Verwendung erhalten habe. Darüber hinaus bei Georg Kopsky selber da ich sein Skript als Basis für meines verwenden durfte. An unserem Vortragenden Professor Dr. Wolfgang Pfeiler, für die tolle und interessante Vorlesung. An Manuel Bahr, da ich ohne ihn nie das Skript zusammenfassen hätte können, da er in der Vorlesung die Formeln und Zeichnungen mitgeschrieben und in LATEX2e übernommen hat. Ausserdem hat er mich mit Verbesserungsvorschlägen und der Suche nach Fehlern unterstützt. An Dominik Dillhof, da er mir seine Vorlesungsmitschrift zur Verfügung gestellt hat um bestimmte Formulierungen und Formeln kontrollieren zu können. An Alexander Müllner, der sich viel Zeit genommen hat um inhaltliche Fehler sowie Grammatikund Rechtschreibfehler zu suchen und auszubessern. Literatur Die Bücher empfehle ich da sie teils mit der Vorlesung bzw. dem Skript einhergehen. Statistische Physik Frederick Reif Berkeley-Physik-Kurs, Band 5: Statistische Physik 3. Auflage ISBN: 3-528-28355-6 Torsten Fließbach Statistische Physik: Lehrbuch zur Theoretischen Physik IV 3. Auflage ISBN: 3-827-42527-1 Festkörperphysik Siegfied Hunklinger Festkörperphysik 1. Auflage ISBN: 3-486-57562-7 Charles Kittel Einführung in die Festkörperphysik 14. Auflage ISBN: 3-486-57723-0 Konrad Kopitzki Einführung in die Festkörperphysik ISBN: 3-519-03083-7 Neil W. Ashcroft & N. David Mermin Solid State Physics ISBN: 3-486-24834-0 Wolfgang Demtröder Experimentalphysik 3 - Atome, Moleküle und Festkörper 4. Auflage ISBN: 3-642-03910-3 Inhaltsverzeichnis 1 2 Statistische Physik 1.1 Elementare Statistik und Wahrscheinlichkeitsverteilung . . . . . . . . . . . . . . 1.1.1 Grundbegriffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1.2 Die eindimensionale Zufallsbewegung (random walk → Diffusion) . . . 1.1.3 Mittelwertbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1.4 Die Gauß’sche Wahrscheinlichkeitsverteilung . . . . . . . . . . . . . . . 1.2 Statistik von Vielteilchensystemen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2.1 Mikroskopische Beschreibung des Systemzustandes, Zustandsraum . . . 1.2.2 Statistisches Ensemble und Makrozustände . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2.3 Das grundlegende Postulat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2.4 Mikrokanonische Zustandssumme und Berechnung der Wahrscheinlichkeit makroskopischer Parameter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2.5 Teilchen im 3-dimensionalen Kasten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3 Thermische Wechselwirkung und repräsentative Ensembles physikalischer Systeme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3.1 Thermische Wechselwirkung zwischen makroskopischen Systemen . . . 1.3.2 Thermisches Gleichgewicht und Temperatur . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3.3 Statistische Physik und Thermodynamik . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3.4 Kanonische Zustandssumme - System in Kontakt mit einem Wärmereservoir . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3.5 Großkanonisches Ensemble . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3.6 Der Gleichverteilungssatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.4 Quantenstatistik idealer Gase . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.4.1 Die Abzählung der Zustände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.4.2 Die Maxwell-Boltzmann Statistik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.4.3 Die Fermi-Dirac-Statistik (1926) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.4.4 Die Bose-Einstein-Statistik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.4.5 Quantenstatistik im klassischen Grenzfall . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 1 1 4 8 12 15 15 19 20 Festkörperphysik 2.1 Die chemische Bindung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.1 Die Typen der chemischen Bindung . . . . . . . . 2.1.2 Kovalente Bindung mehratomiger Moleküle . . . 2.1.3 Ionenkristalle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.4 Kovalente und metallische Kristalle . . . . . . . . 2.2 Kristallstrukturen, reziproker Raum und Kristallbeugung 2.2.1 Kristallgitter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.2 Die Struktur einfacher Kristalle . . . . . . . . . . 2.2.3 Kristallographische Ebenen und Richtungen . . . 2.2.4 Das reziproke Gitter . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.5 Beugung am Kristall . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.6 Gitterfehler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 59 60 65 66 71 72 72 79 81 85 88 97 I . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 23 25 25 29 31 34 38 40 42 45 46 47 51 55 2.3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 97 98 99 99 103 109 110 110 113 117 121 121 127 130 133 133 134 138 140 148 149 Materialphysik 3.1 Amorphe Metalle (Metgläser) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1.1 Die radiale Paarverteilungsfunktion g(r) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2 Nanostrukturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 153 153 158 2.4 2.5 2.6 3 Spezifische Wärme eines Festkörpers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.1 Molare Größen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.2 Wärmekapazität und spezifische Wärme . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.3 Die klassische Theorie für die spezifische Wärme der Festkörper . . 2.3.4 Das Einstein-Modell (1906) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.5 Das Debye-Modell (1912) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.6 Die spezifische Wärme der Leitungselektronen . . . . . . . . . . . . Phononen: quantisierte Gitterschwingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4.1 Photonen und Phononen - Erhaltungssätze . . . . . . . . . . . . . . . 2.4.2 Streuung von Photonen an Phononen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4.3 Inelastische Neutronenstreuung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Eigenschwingungen des Kristallgitters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.5.1 Normalschwingungen eines eindimensionalen, einatomigen Kristalls 2.5.2 Eindimensionaler Kristall (Kette): 2 Atome unterschiedlicher Masse 2.5.3 Spezifische Wärme im Phononenmodell . . . . . . . . . . . . . . . . Elektronen im Festkörper . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.6.1 Energiebändermodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.6.2 Das freie Elektronengas, Sommerfeld-Modell . . . . . . . . . . . . . 2.6.3 Die Fermi-Kugel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.6.4 Das quasifreie“ Elektron, Kronig-Penney-Modell . . . . . . . . . . ” 2.6.5 Die effektive Masse von Kristallelektronen . . . . . . . . . . . . . . . 2.6.6 Metalle, Isolatoren, Halbleiter und Löcherleitungen . . . . . . . . . . II . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 1 1 STATISTISCHE PHYSIK Statistische Physik Wir haben uns im letzten Semester mit Systemen aus wenigen Teilchen beschäftigt (Atome, Nukleonen, Elementarteilchen). Statistische Physik beschäftigt sich mit Systemen aus vielen Teilchen (Gase, Flüssigkeiten, Photonensysteme). Wir unterscheiden zwischen mikroskopischen und makroskopischen Systemen: • mikroskopisches System: Dimension ≤ 1µm (Atomare Dimension) • makroskopisches System: sichtbar im Lichtmikroskop (≥ µm); ein System welches aus vielen Atomen und Molekülen besteht. – makroskopische Parameter: Volumen, Temperatur, Druck, Magnetisierung Ereignis: Ergebnis einer Messung (des Zustands eines Systems) Beispiel: Energie eines Gasmoleküls (Energie in gew. ∆E, Druckmessung, Wurf eines Würfels) Ereignis ist zufällig wenn es unter gewissen Bedingungen eintritt oder nicht. Eine Größe (Variable) ist dann zufällig, wenn sie unter bestimmten Bedingungen nur vom Zufall abhängig ist. Zufällige Größen charakterisieren wir durch die Wahrscheinlichkeiten (W) mit der ihre Werte auftreten. Die statistische Methode untersucht welche Regelmäßigkeiten bei solchen Vorgängen aus vielen zufälligen Einzelereignissen auffallen. 1.1 Elementare Statistik und Wahrscheinlichkeitsverteilung 1.1.1 Grundbegriffe Für die statistische Beschreibung werden im Allgemeinen sogenannte Ensembles verwendet: • Ein Ensemble ist die Gesamtheit (= statistisches Kollektiv = Schar) einer großen Zahl N von gleich präperierten (= gleichen Randbedingungen unterworfen) Systemen. Frage: Mit welcher Wahrscheinlichkeit tritt ein bestimmtes Ereignis auf? Entweder: • je eine Messung an N gleichartigen Systemen → Ensemblemittel = Scharmittel oder • N Messungen am selben System → Zeitmittel Wenn der Systemzustand zeitunabhängig ist, dann folgt dass beide Methoden gleichwertig sind. Ein System ist genau dann im Gleichgewicht, wenn das zugehörige Ensemble zeitunabhängig ist. 1.1 Elementare Statistik und Wahrscheinlichkeitsverteilung 2 M . . . Anzahl der Möglichkeiten einander ausschließender Ergebnisse N . . . Gesamtzahl der Messungen Nj . . . Anzahl der Messungen die das Ergebnis j liefern (j = 1, 2, . . . , M ) Definieren: • die relative Häufigkeit (für das Ergebnis j): hj = Nj N ≤1 Nj N →∞ N • statistische Wahrscheinlichkeit (für das Ergebnis j): Wj = lim hj (N ) = lim N →∞ M N j=1 j=1 ≤1 Es gilt: ∑ Nj = N ⇐⇒ jede Messung muss ein Ergebnis aus M liefern ⇒ ∑ hj = 1 Addition und Multiplikation von Wahrscheinlichkeiten Die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten irgendeines von zwei einander ausschließenden Ereignissen i und j: Ni oder j = Ni + Nj (1.1) . . . Additionssatz ⇒ Wi oder j = Wi + Wj Wahrscheinlichkeit für das gleichzeitige oder hintereinander in Serie Auftreten der zwei Ereignisse i, j die voneinander unabhängig sind: Wi und j = Wi ⋅ Wj . . . Multiplikationssatz (1.2) Wenn wir keine weiteren Annahmen machen können, können wir auch keine Vorhersagen über das Auftreten der M Ereignisse machen. Wenn wir aber die Annahme machen, dass es gleiche Wahrscheinlichkeit für das Auftreten der M Ereignisse gibt (gleiche a priori ..von vornherein Wahrscheinlichkeit der Elementarereignisse) ⇒ Wj wird unabhängig von j: Wj = 1 M 1 = Anzahl der möglichen Ereignisse 3 1 STATISTISCHE PHYSIK Beispiel 1: Würfel: Anzahl der sich ausschließenden Ergebnisse M = 6 = 1,2,3,4,5,6 Experiment: Machen N = 100 Würfe → 17 mal 6 ⇒ W6 = N≤3 = 48 Würfe mit Augenzahl ≤ 3; so ist also W≤3 = 48 100 17 100 = 0.17 = 0.48 Beispiel 2: 10 Kugeln in einer Schachtel: 5 Rote, 3 Grüne, 2 Blaue Fragen uns wie groß ist die Wahrscheinlichkeit dass beim wahllosen Hineingreifen die grüne Kugel gezogen wird?: Annahme: Wahrscheinlichkeit ist für jede Kugel gleich groß → Additionssatz: Wgrün = 1 10 1 1 + 10 + 10 = 0.3 Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit dass die Grüne oder Blaue erwischt wird? Additionssatz: Wgrün = 0.3, Wblau = 0.2 → Wgrün + Wblau = 0.5 Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit zuerst grün, dann blau? Wgr dann bl = Wgrün ⋅ Wblau = 0.3 ⋅ 0.2 = 0.06 − wenn grün zurück gelegt wird! Wenn grüne Kugel draußen: W → 1 9 ⇒ Wgr dann bl = Wgrün ⋅ Wblau = 0.3 ⋅ 2 9 = 0.067 1.1 Elementare Statistik und Wahrscheinlichkeitsverteilung 1.1.2 4 Die eindimensionale Zufallsbewegung (random walk → Diffusion) Wir haben ein Teilchen welches eine Verschiebung vom Ursprung (auf x-Achse) erfährt. Nach N Verschiebungen der Länge l befindet sich das Teilchen dann an der Stelle x = m ⋅ l (m ganz, −N ≤ m ≤ N ; −N wenn nur Linkssprünge, N wenn nur Rechtssprünge) Frage: Wahrscheinlichkeit PN (m), dass Teilchen nach N Verschiebungen an bestimmter Stelle x = m ⋅ l ist? n1 Verschiebung nach rechts n2 Verschiebung nach links N = n1 + n2 resultierende Verschiebung (in Einheiten von l): m = n1 − n2 ⇒ resultierende Verschiebung vom Ursprung: m = n1 − n2 = n1 − (N − n1 ) = 2n1 − N (1.3) Aus (1.3) folgt natürlich sofort, dass m (un)gerade ist wenn N (un)gerade ist. Unter der Annahme, dass aufeinanderfolgende Sprünge statistisch unabhängig sind und kein Einfluss der Vorgeschichte besteht, definieren wir uns p als die Wahrscheinlichkeit für einen Sprung nach rechts und q = 1 − p für dasselbe nach links. Für die Frage nach der Wahrscheinlichkeit einer bestimmten Abfolge von Sprüngen benötigen wir nach dem vorigen Abschnitt das Produkt der Wahrscheinlichkeiten: p ⋅ p⋯p ⋅ q ⋅ q⋯q = pn1 ⋅ q n2 ´¹¹ ¹ ¹ ¸ ¹ ¹ ¹ ¹ ¶ ´¹¹ ¹ ¹ ¸¹ ¹ ¹ ¹¶ n1 n2 (1.4) (Produktsatz kommt ins Spiel bei Abfolge von n1 Rechts- und n2 Linkssprüngen) Jetzt kommt die Kombinatorik noch hinzu. Die Kombination von n Elementen zu je m Teile (z.B. 6 aus 45 → n = 45 und m = 6) ohne Berücksichtigung der Anordnung ist ja bekanntlich gegeben durch: n! n (1.5) ( )= m m!(n − m)! Frage: Wieviele Möglichkeiten gibt es, die Sprünge so auszuführen dass n1 nach rechts und n2 nach links? N! N! N ( )= = (1.6) n1 n1 !(N − n1 )! n1 !n2 ! 5 1 STATISTISCHE PHYSIK Die Wahrscheinlichkeit, also das Objekt nach insgesamt N Sprüngen an einer bestimmten Stelle zu finden ergibt sich durch das Produkt aus Anzahl der Möglichkeiten und Wahrscheinlichkeit der Abfolge: PN (m) = WN (n1 ) = N! n1 n2 n1 !n2 ! p q N = ( ) pn1 (1 − p)N −n1 n1 (1.7) Das ist die altbekannte Binomialverteilung. Durch n1 = 12 (N +m) und n2 = N −n1 = N − 21 N − 12 m = 12 (N −m) lässt sich (1.7) anschreiben als: PN (m) = N! ( N +m )! ( N −m )! 2 2 p N +m 2 (1 − p) N −m 2 (1.8) Ein Spezialfall, nämlich die Gleichverteilung folgt aus p = q = 12 : PN (m) = N! 1 N ( ) ( N +m )! ( N −m )! 2 2 2 Abbildung 1: Binomialverteilung WN (n1 ) für N = 30, mit der Wahrscheinlichkeit p für einen Rechtssprung als Parameter zwischen 0 und 1. Nur für p = 0,5 ist die Verteilung symmetrisch, sonst ist die Verteilung um den Maximalwert asymmetrisch. Es zeigt sich jedoch, dass die Verteilung noch in einem sehr breiten Bereich um p = 0,5 annähern symmetrisch ist. Für sehr kleine und sehr große Werte von p (hier p = 0,05 und p = 0,95) geht die Verteilung in eine Poissonverteilung über. (1.9) 1.1 Elementare Statistik und Wahrscheinlichkeitsverteilung Näherungen: N! ≅ √ N! ≅ ( N! ≅ 2πN ( N N ) e . . . Sterling Näherung N N ) e √ 2πN ( 6 . . . für große N 1 N N ) ⋅ e 12N e Beispiel: N=3 zunächst Möglichkeiten der Sprünge: (1.10) . . . für kleine N N! n1 !n2 ! 1. alle 3 nach rechts: 3! =1 n1 = 3 ⇒ 3!0! 2. 2 nach rechts 1 nach links: 3! n1 = 2 ⇒ 2!1! = 62 = 3 3. 1 nach rechts 2 nach links: 3! n1 = 1 ⇒ 1!2! =3 4. alle 3 nach links: 3! n1 = 0 ⇒ 0!3! =1 jetzt: Wahrscheinlichkeit für das Teilchen nach 3 Sprüngen x = ml, p = q = n1 = 0, 1, 2, 3 ⇒ m = 2n1 − N = −3, −1, 1, 3 P3 (−3) = 3! 1 3 1 ⋅( ) = 6 8 0! ( 2 )! 2 ´¹¹ ¹ ¹ ¸¹ ¹ ¹ ¹ ¶ 1 2 (1.11) =1 1 3 3 1 ⇒ P3 (m) = W3 (n1 ) = , , , 8 8 8 8 (1.12) 7 1 STATISTISCHE PHYSIK Die Wahrscheinlichkeit, dass es an der Stelle 0 ist, ist nach mehreren Sprüngen höher, für die gleiche Wahrscheinlichkeit von Rechts- und Linkssprüngen. Abbildung 2: Veranschaulichung der acht Folgen möglicher Verschiebungen für den Fall N = 3. Abbildung 3: Binomiale Wahrscheinlichkeitsverteilung für p = 0.6 und q = 0.4, wenn N = 20. Der Graph zeigt wieder die Wahrscheinlichkeit W (n1 ) für n1 Rechsverschiebungen bzw. die Wahrscheinlichkeit P (m) für die resultierende Verschiebung von√ m Einheiten nach rechts. Die Mittelwerte m und (∆m)2 sind ebenfalls gegeben. 1.1 Elementare Statistik und Wahrscheinlichkeitsverteilung 8 Abbildung 4: Die Binomialverteilung für p = q = 1/2 und N = 20. Das Diagramm zeigt die Wahrscheinlichkeit WN (n1 ) für n1 Rechtsverschiebungen bzw. die Wahrscheinlichkeit PN (m) für eine resultierende Verschiebung um m Einheiten nach rechts. 1.1.3 Mittelwertbildung Wir betrachten die Variable u mit M diskreten Werten: u1 , u2 , u3 , . . . , uM und die zugehörigen Wahrscheinlichkeiten: P (u1 ), P (u2 ), P (u3 ), . . . P (uM ) Definition Mittelwert: u= ∑M i=1 P (ui )ui ∑M i=1 P (ui ) (1.13) ∑M i=1 P (ui )f (ui ) ∑M i=1 P (ui ) (1.14) Allgemein für eine Funktion f (u): f (u) = 9 1 STATISTISCHE PHYSIK Im Allgemeinen ist die Wahrscheinlichkeit normiert im Intevall [0, 1], sodass: M ∑ P (ui ) = 1 (1.15) i=1 wodurch der Nenner bei Gleichung (1.13) und (1.14) wegfällt. Für die Mittelwerte gilt: • f (u) + g(u) = f (u) + g(u) • cf (u) = cf (u), c ∈ R Der Mittelwert u ist das Maß für den zentralen Wert von u. Die ui sind um u gestreut. Sehen wir uns noch die Abweichung vom Mittelwert ∆u = u−u an, so ergibt sich für normierte: M M M i=1 i=1 i=1 ∆u = (u − u) = ∑ P (ui )(u − u) = ∑ P (ui )ui − u ∑ P (ui ) = u − u = 0 ´¹¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¸¹¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¶ u (1.16) ´¹¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¸ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹¶ 1 Daher benötigen wir eine Größe für die Abweichung. ⇒ Schwankungsquadrat (= Streuung = Varianz): M (∆u)2 = ∑ P (ui ) (ui − u)2 ≥ 0 ⇔ ui = u ´¹¹ ¹ ¸¹ ¹ ¹ ¶ i=1 ´¹¹ ¸¹¹ ¹ ¶ ´¹¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¸¹¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¶ ≥0 ≥0 ∀ui ≥0 = (u − u)2 = u2 − 2uu + (u)2 = u2 − 2uu +(u)2 ° 2(u)2 = u2 − (u)2 Ô⇒ u2 ≥ (u)2 (1.17) Daraus folgt nun die Definition der Standardabweichung: ∆∗ u = ∆u = √ (∆u)2 mittlere quadratische Abweichung Man beachte, dass im Allgemeinen u2 ≥ (u)2 ist (siehe (1.17)). (1.18) 1.1 Elementare Statistik und Wahrscheinlichkeitsverteilung 10 Anwendung der Mittelwertbildung auf die Zufallsbewegung: Zuerst verifizieren wir die Normierungsbedingung der Wahrscheinlichkeitsverteilung W (n1 ): N N! pn1 q N −n1 = binomischer Lehrsatz = (1 − p + p)N = 1 n !(n − N )! 1 ´¹¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹¸¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¶ n1 =0 1 ∑ (1.19) p+q Nun betrachten wir die mittlere Zahl der Sprünge nach rechts n1 : N N N! pn1 q N −n1 n1 = pN n !(N − n )! 1 n1 =0 1 n1 = ∑ W (n1 )n1 = ∑ n1 (1.20) Analog gilt das für n2 = N q (Vollständige Rechnung siehe Wikipedia[1] ) Schwankungsquadrat von n1 : (∆n1 )2 = n21 − (n1 )2 Ð→ n1 = N p ⇒ (n1 )2 = N 2 p2 N n21 = ∑ W (n1 ) n21 = (n1 )2 + N pq n1 =0 ⇒ (∆n1 )2 = N pq = N p(1 − p) Schwankungsquadrat (1.21) Daraus folgt n1 + n2 = N und für die mittlere Gesamtverschiebung: m = n1 − n2 = N (p − q). √ √ Die Standardabweichung, also ∆n1 ist hier (∆n1 )2 = N pq. Sie ist ein Maß für die Breite der Verteilung. Jetzt bilden wir noch die relative Breite der Verteilung WN (n1 ): √ √ √ q ∆n1 N qp q 1 N →∞ √ Ð→ 0 =√ = = n1 Np p N Np (1.22) Hier fließt das Gesetz der großen Zahlen“ ein. Man erkennt sofort, dass im Falle der Gleich” verteilung, also p = q = 21 für die relative Breite ∆n1 1 ∝√ n1 N gilt. (1.23) 11 1 STATISTISCHE PHYSIK Für resultierende Gesamtverschiebung m: (∆m)2 = 4(∆n1 )2 = 4N pq = 2N p(1 − p) 1 (∆m)2 = N . . . für p = q = 2 Abbildung 5: Beispiele für die relative Breite mit p = q = (1.24) 1 2 1.1 1.1.4 Elementare Statistik und Wahrscheinlichkeitsverteilung 12 Die Gauß’sche Wahrscheinlichkeitsverteilung Die Binomialverteilung ist für große Zahlen aufgrund der Faktoriellen nur schwer handhabbar, daher wollen wir uns nun um die Entwicklung einer neuen Verteilung kümmern, die sozusagen große Zahlen erlaubt. Dies wird spätestens dann notwendig sein, wenn wir Systeme betrachten, die vielleicht 1024 oder mehr Teilchen beinhalten. Wie in Abbildung 4 zu erkennen ist, hat W (n1 ) ein ausgeprägtes Maximum bei W (nmax ). Daraus ergeben sich zwei Dinge: 1. W (n1 ) ist unbedeutend für ein n1 , das weit weg ist von nmax , daher studieren wir in der Folge W (n1 ) nur in der Umgebung von nmax . 2. Es ergibt sich, dass weder n1 = 0, noch n1 = N , wenn nicht p ≈ 0 und oder q ≈ 0. D.h.: Wenn N groß ist, dann liegt n1 im Bereich von nmax . Damit dies gilt, muss ∣W (n1 + 1) − W (n1 )∣ << W (n1 ) sein. Anders ausgedrückt, variiert W sehr langsam in einer kleinen Umgebung von nmax . Wir betrachten aus diesen Gründen W als stetige Funktion von n1 Was uns jetzt zugute kommt, ist der Umstand, dass ln W sehr viel langsamer variiert als W selbst, weswegen wir eine gute Näherung für ln W (n1 ) im Bereich n1 ≈ nmax suchen. Setzen wir also den Logarithmus in die Binomialverteilung ein und setzen die Ableitung = 0 x! und verwenden die (gute!) Näherung d ln dx ≈ x ln x. So ergibt sich das Maximum bei n1 = N p = n1 (1.25) Jetzt untersuchen wir das Verhalten von ln W in der Gegend des Maximums, also führen wir eine Taylorreihenentwicklung um n1 durch: ln W (n1 ) = ln W (n1 ) + d ln W 1 d2 ln W ∣ (n1 − n1 ) + ∣ (n1 − n1 )2 + . . . 2 dn1 n1 2! dn1 n1 ´¹¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹¸ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¶ =0 (1.26) 13 1 STATISTISCHE PHYSIK Man erkennt (oder auch nicht), dass d2 ln W N =− n1 (N − n1 ) dn21 (1.27) und an der Stelle n1 = n1 gilt n1 = N p, sodass sich schreiben lässt: ln W (n1 ) = ln W (n1 ) − (n1 − n1 )2 2N pq (1.28) Durch Entlogarithmieren ergibt sich die bekannte GAUSS- oder Normalverteilung: ̃ ⋅ e− W (n1 ) = W (n1 −n1 )2 2N pq ̃ = const ...W (1.29) Diese Verteilung geht natürlich gegen 0 für große (n1 − n1 ). ̃ zu berechnen. Wie so oft erhält man diese Machen wir uns nun noch daran, die Konstante W aus einer Normierungsbedingung, wie in diesem Falle N ∑ WN (n1 ) = 1 (1.30) ni =0 Wie wir bereits gesehen haben, ändert sich WN (n1 ) kaum, wenn n1 um 1 erhöht wird, d.h. wir können die Summe getrost durch ein Integral ersetzen. ∞ ∞ ̃e− ∫ WN (n1 ) dn1 = ∫ W −∞ −∞ (n1 −n1 )2 2N pq ∞ ̃∫ e dn1 = W 2 y − 2N pq dy = 1 (1.31) √π ist (wobei das −∞ Dabei handelt es sich um ein Gauss’sches Integral, dessen Lösung einfach a = 2N1pq ist). Somit folgt für die Konstante: ̃= √ 1 W 2πN pq a (1.32) Wenn Schrittlänge l klein gegen kleinste Länge L des physikalischen Problems (Beispiel: Sprunglänge im Festkörper ≙ Gitterkonstante) beobachtbare Länge L ≈ µm ⇒ P (m) als konstante Funktion der Variablen x. x wird konstante Variable im mikroskopischen Maßstab. also: dx ist mikroskopisch groß, aber makroskopisch klein m = 2n1 − N m nimmt ganzzahlige Werte im Abstand ∆m = 2 ⇒ in jeden Intervall dx liegen dx 2l Werte 1.1 Elementare Statistik und Wahrscheinlichkeitsverteilung 14 Man kann die Gaussverteilung auch über die Mittelwerte formulieren, was zur sogenannten Standardform führt. Dabei schreibt man die Verteilung unter Verwendung der Mittelwerte an und fragt nach PN (m), wobei m die effektive Verschiebung ist. Danach fragt man sich nach der Wahrscheinlichkeit, das Objekt nach insgesamt N Sprüngen im Intervall [x, x + dx] zu finden. Das führt nach kurzer Überlegung auf P (x)dx = PN (m) dx 2l und das zur gewünschten Standardform der Gaussverteilung: −[m−N (p−q)]2 1 8N pq PN (m) = √ ⋅e 2πN pq ⇒ P (x)dx = (1.33) −[m−N (p−q)]2 1 1 dx 8N pq PN (m) = √ dx ⋅e 2l 2l 2πN pq (x−x)2 1 =√ ⋅ e− 2σ2 dx 2πσ 2 hier ist σ = ∆n1 (1.34) √ ∞ mit σ = 2l N pq und x = ∫−∞ P (x)xdx P (x) ist Wahrscheinlichkeitsdichte = Verteilungsdichte Die Verteilung ist Maximal bei x = x. Die Schärfe des Maximums wird durch σ bestimmt. σ 2 = (x − x)2 . . . Schwankungsquadrat = Varianz σ . . . Standardabweichung xh . . . Funktionswert wenn P(x) auf die Hälfte gefallen √ ∆xh = 2(xh − x) = 2 2 ln 2 ⋅ σ = 2.3548 σ √ √ 1 2 ln 2 es gilt: P (x) ⋅ ∆xh = √ 2 2 ln 2 σ = √ = const. π σ 2π ⇒ kleine Halbwertsbreite ⇒ hohes Maximum und umgekehrt Für p << 1 ⇒ q ≈ 1 ⇒ Näherung für n << N , in diesem Fall ist sie die Poisson-Verteilung: WN (n1 ) = λn1 −λ e n1 ! . . . λ = n1 = N p (1.35) 15 1 STATISTISCHE PHYSIK λ bestimmt allein die Form der Verteilung! Abbildung 6: Die Wahrscheinlichkeit P (m) für eine resultierende Verschiebung nach rechts um m Einheiten, wenn die Gesamtzahl N der Einzelverschiebungen sehr groß und die Verschiebungslänge l sehr klein ist. 1.2 Statistik von Vielteilchensystemen Wie schon der Titel sagt, wollen wir in diesem Kapitel Systeme beschreiben, die aus vielen Teilchen bestehen. Wir wollen thermodynamische Gesetze aus statistischer Beschreibung gewinnen. Insbesondere werden wir folgende Punkte eingehender behandeln: • Eine Beschreibung des Systemzustandes • Von statistischen Ensembles zu Wahrscheinlichkeitsaussagen • Das grundlegende Postulat der statistischen Physik und • Die dazu notwendige Wahrscheinlichkeitsrechnung 1.2.1 Mikroskopische Beschreibung des Systemzustandes, Zustandsraum Die hier betrachteten Systeme sind z.B. gekoppelte Oszillatoren, Gase, Fluide, Festkörper, u.v.m. Daraus folgt, dass die hier zu behandelnden Teilchen z.B. Elektronen, Atome, Moleküle, usw., sind. 1.2 Statistik von Vielteilchensystemen 16 In der Quantenmechanik werden wir den Teilchen Wellenfunktionen zuordnen müssen, d.h. ein System wird durch einen Satz von Quantenzahlen charakterisiert. Ein spezieller Mikrozustand ist dann gegeben durch den Quantenzustand r = (n1 , n2 , . . . , nf ) (nf sind Quantenzahlen des Systems), wobei f die Zahl der Freiheitsgrade und Parameter des Systems ist (= Anzahl der unabhängigen Koordinaten - einschließlich der Spin-Koordinaten). Der Mikrozustand eines Systems ist festgelegt durch Angabe seines Quantenzustands (Quantenzahlen die seinen Zustand festlegen). Beispiele: 1. Ein ortsfestes Teilchen mit s = 1/2. Der Zustand ist also durch eine Quantenzahl gegeben, das entspricht einem Freiheitsgrad mit den zwei möglichen Werten ↑ bzw. ↓. (z.B.: im B-Feld hat es zwei Einstellmöglichkeiten) 2. N Teilchen mit festem Ort und s = 1/2. Hier wird der Systemzustand durch N Quantenzahlen festgelegt. ⇒ m1 , . . . , mN 3. Der ortsfeste dreidimensionale harmonische Oszillator: ̵ Der Zustand wird durch die Energie festgelegt: En = hω(n + 1/2). Das bedeutet, er hat einen Freiheitsgrad, gegeben durch n = 0, 1, . . . 4. N (schwach) gekoppelte Oszillatoren: Hier gibt es N Quantenzahlen, die den Systemzustand beschreiben. Gesamtenergie E = En1 + En2 + ⋅ ⋅ ⋅ + EnN 5. Ein Teilchen ohne Spin, kräftefrei in 3 dim. Potential Topf mit eindimensionaler Breite L ̵ 2 π2 2 h → En = 2mL 2 n , n = 1, 2, 3, . . . jetzt 3-Dim: 0 ≤ x, y, z ≤ Lx , Ly , Lz E= ̵ 2 π 2 n2 n2y n2 h ( x+ + z) 2m L2x L2y L2z (1.36) 6. N nicht wechselwirkende Teilchen im Volumen V = L3 Gesamtenergie E = E1 + ⋅ ⋅ ⋅ + EN ⇒ Zustand festgelegt durch 3N Quantenzahlen (n1x , n1y , n1z , . . . , nN x , nN y , nN z ) (1.37) 17 1 STATISTISCHE PHYSIK Klassische Beschreibung des Systemzustandes Wir betrachten ein einzelnes Teilchen in einer Dimension. Die vollständige Beschreibung gelingt durch die Ortskoordinaten q und die zugehörigen Impulse p. Wir bilden Zellen gleichen Volumens (hier gleiche Fläche), dies ergibt einen 2-dimensionalen Phasenraum des Systems. Der Punkt (q(t), p(t)) (p und q sind kontinuierliche Größen) ist der repräsentative Punkt, der sich im Phasenraum bewegt. Abbildung 7: Phasenraum in Zellen gleicher Flächen δp ⋅ δq = h0 geteilt. h0 hat die Dimension eines Drehimpulses, also einer Wirkung (hat Einheit [Js] und ist ein Skalar, kein Vektor) h0 = δpδq = F δtδq = F δq δt = Eδt ± (F = δp ) δt (1.38) E Der Systemzustand liegt im Intervall [q, q + dq] und [p, p + dp], d.h. der repräsentative Punkt befindet sich in einer Zelle des Phasenraums (In Abbildung 7 eine Fläche). Klassisch kann h0 beliebig klein gewählt werden, in der Quantenmechanik gilt aber die Hei” ̵ senberg’sche Unschärferelation“ dp ⋅ dq ≥ h2 . Jetzt betrachten wir ein Vielteilchensystem: Dieses besteht aus N Teilchen, wo ein Teilchen f Ortskoordinaten (q1 , . . . , qf ) besitzt und dazugehörige Impulse (p1 , . . . , pf ), somit gibt es 2f Parameter, die das Teilchen beschreiben. Daraus folgt für ein Vielteilchensystem, dass es fN = N f Freiheitsgrade und 2fN = 2N f Parameter besitzt. 1.2 Statistik von Vielteilchensystemen 18 Beispiel: Sei ein System von N Massepunkten: Jedes Teilchen hat 3 Ortskoordinaten, woraus folgt, dass fN = 3N ist, und somit 2fN = 6N Parameter für die Beschreibung des Systems besitzt. (z.B.: ideales Gas (keine Wechselwirkung)) Die mikroskopischen Orts- und Impulskoordinaten sind Koordinaten eines i.A. hochdimensionalen (nämlich 2f ) Phasenraums. Dieser Phasenraum wird auch Zustandsraum“, Gibb’scher Phasenraum“ oder Γ-Raum“ ” ” ” (Γ = Gamma) genannt. Γ = q1 , . . . , q f , p 1 , . . . , p f Einem Mikrozustand wird also ein Punkt im Phasenraum zugeordnet. Erinnern wir uns an die vorhin besprochene Zelle des Phasenraums, so besteht hier durchaus ein klassisches Analogon zu Quantenzuständen, bei denen alle möglichen Zustände durch die Quantenzahlen durchnumeriert werden. Zelleinteilung: ̵ f δq1 ⋯δqf ⋅ δp1 ⋯δpf = hf0 ≥ (2π h) (1.39) r(q1 , . . . , qf , p1 , . . . , pf ) (1.40) klassischer Mikrozustand: Beschreibung ähnlich zur Quantenmechanik: Eine Zelle r im Phasenraum Γ ist klassisches Analogon zum Quantenzustand r“ ” 19 1.2.2 1 STATISTISCHE PHYSIK Statistisches Ensemble und Makrozustände Der Makrozustand“ eines Systems wird durch äußere Parameter, wie z.B. Energie, Volumen ” usw. festgelegt. Zu jedem Makrozustand gehören sehr viele Mikrozustände, nämlich all jene, die gleiche äußere Parameter besitzen. Nehmen wir viele gleiche Systeme her. Diese seien im selben Makrozustand. Die Mikrozustände sind im Allgemeinen verschieden. Jetzt bilden wir das sogenannte statistische Ensemble, durch das genau ein Makrozustand repräsentiert wird. Ein Ensemble beziehungsweise eine Gesamtheit bezeichnet in der statistischen Physik eine Menge gleichartig präparierter Systeme von Teilchen. Anders ausgedrückt: Nehmen wir an, wir haben ein ideales Gas, bestehend aus 2 Atomen. Es gibt genau 2 Punkte auf einer Geraden, wo sie sich befinden können. In einem Fall wird das erste links und das zweite rechts sitzen, im zweiten Fall umgekehrt. In beiden Fällen hat das Gas denselben Druck, die selbe Temperatur, etc.. Es gibt also zwei Mikrozustände, die zum selben Makrozustand führen. Wir benötigen noch den Begriff der zugänglichen“ Zustände des Systems. Das sind Mikro” zustände, die mit den äußeren Parametern verträglich sind. D.h. Ein Makrozustand ist charakterisiert durch die Wahrscheinlichkeit Pr für das Auftreten eines gewissen Mikrozustandes r. Pr = (P1 , P2 , . . . ) Frage: Wie groß ist das Pr ? Früher: Wahrscheinlichkeit für das Auftreten eines Ereignisses j aus N Messungen (Versuchen): Nj Nj ≈ N →∞ N N Wj = lim (1.41) Jetzt: M gleichartige Systeme In Mikrozustand r seien Mr der M Systeme M r Mr ≈ M →∞ M M Pr = lim . . . wenn M hinreichend groß (1.42) Makrozustand: nur durch Wahrscheinlichkeit seiner zugänglichen Mikrozuständen gegeben, also mit den Wahrscheinlichkeiten mit denen der Systemzustand mit einem der zugänglichen Mikrozustände übereinstimmt. 1.2 Statistik von Vielteilchensystemen 1.2.3 20 Das grundlegende Postulat Wir betrachten ein isoliert abgeschlossenes System. Dieses tauscht ja bekanntlich keine Energie dE mit seiner Umgebung aus, d.h. gesamt = 0. dt Man kann dieses System also durch seine Energie E, bzw. durch ein Energieintervall [E, E + dE] charakterisieren. Daraus folgt, dass alle dem System zugänglichen Mikrozustände diese Energie haben müssen. Weiters findet man bei der Betrachtung eines isolierten Systems im Gleichgewicht, dass die Wahrscheinlichkeit, das System in einem gewissen Mikrozustand zu finden, zeitunabhängig ist, sowie auch die makroskopischen Parameter zeitunabhängig sind. Wir wissen jetzt, dass das System in einem seiner zugänglichen Zustände, vereinbar mit Er ist. Postulat: Das grundlegende Postulat der statistischen Physik besagt, dass jeder der zugänglichen Mikrozustände eines abgeschlossenen und isolierten Systems im Gleichgewicht, mit gleicher Wahrscheinlichkeit auftritt. (siehe Gleichung (1.45)) Dieses grundlegende Postulat der gleichen a-priori-Wahrscheinlichkeiten1 erlaubt es uns, eine Verbindung zwischen mikroskopischen Strukturen und makroskopischen Größen herzustellen. 1.2.4 Mikrokanonische Zustandssumme und Berechnung der Wahrscheinlichkeit makroskopischer Parameter System ist im Gleichgewicht und die Gesamtenergie erhalten, somit sind alle zugänglich Mikrozustände mit der Gesamteenergie vereinbar. Energie ist nur mit endlicher Genauigkeit bestimmbar. Da die Energie nur mit endlicher Genauigkeit messbar ist, definieren wir uns die mikrokanonische Zustandssumme als die Menge aller Mikrozustände, die für ein System mit Er = [E − δE, E] zugänglich sind. Ω(E) = 1 ∑ 1 . . . mikrokanonische Zustandssumme r∶ E−δE≤Er ≤E lateinisch a von . . . her“ und lateinisch prior der vordere; also von vornherein“ ” ” ’ (1.43) 21 1 STATISTISCHE PHYSIK Ω(E): Zustände sind zwischen E − δE und E und abhängig von δE. Wir wählen das δE also: • mikroskopisch groß (z.B sehr viel größer als die Energie-Differenzen der Energie-Niveaus) • makroskopisch klein (verglichen mit Gesamt-Energie) Da das Intervall δE sehr viele Zustände enthält, ändert sich Ω(E) von einem Energieintervall zum nächsten nur um einen geringen Bruchteil. Wir können also Ω(E) als konstante Funktion der Energie E ansehen. Die Anzahl der Zustände Ω(E) hängt von der für eine bestimmte Untersuchung gewählten Größe δE des Unterteilungsintervalls ab. Da δE makroskopisch gesehen sehr klein ist, wird Ω(E) proportional zu δE sein, wir können also schreiben: Ω(E) = ρ(E)δE (1.44) ρ(E) ist Zustandsdichte“ und unabhängig von δE. ” Das grundlegende Postulat sagt uns ja, dass alle Mikrozustände Ω(E) gleichwahrscheinlich sind. Das führt uns auf: ⎧ 1 ⎪ ⎪ Pr = ⎨ Ω(E) ⎪ ⎪ ⎩0 . . . E − δE ≤ Er ≤ E . . . sonst . . . mikrokanonische Verteilung (1.45) Da ein Makrozustand ja gegeben ist durch Pr = (P1 , P2 , . . . ), liegt es auf der Hand, dass ein Makrozustand umso wahrscheinlicher ist, je mehr Mikrozustände er zulässt. Machen wir uns also jetzt daran, die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten makroskopischer Parameter im Ensemble zu berechnen. Sei y ein beliebiger äußerer Parameter (z.B. Druck oder magnetisches Moment,. . . ). Dieser Parameter kann die Werte y ∶ y1 , y2 , . . . , yn annehmen. Insgesamt gibt es Ω Mikrozustände im betrachteten System. Ωi davon führt darauf, dass y den Wert yi annimmt. Wir brauchen jetzt die Wahrscheinlichkeit, dass sich das System in einem der Zustände Ωi befindet. Nach dem grundlegenden Postulat hat jeder Zustand Ωi die Wahrscheinlichkeit Ω1 . D.h. wir bilden ∑ Ωi 1 1 = Ωi ⋅ Ω Ω (1.46) Daraus folgt für die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten einer messbaren Größe yi : Pr (yi ) = Ωi Ωi (E, yi ) = Ω Ω(E) (1.47) 1.2 Statistik von Vielteilchensystemen 22 Makrozustand charakterisieren ist realisierbar durch gewisse Anzahl gleicherwahrscheinlicher Mikrozustände ⇒ jener häufiger, der durch mehr Mikrozustände realisierbar ist Ein Makrozustand ist umso wahrscheinlicher je mehr Mikrozustände er zulässt Aus der Definition des Mittelwertes folgt hier: n y = ∑ Pr (yi ) ⋅ yi = i=1 1 n ∑ Ωi yi Ω i=1 (1.48) und für das Schwankungsquadrat: n (∆y)2 = ∑ Pr (yi )(yi − yi )2 = i=1 1 n 2 ∑ Ωi (yi − yi ) Ω i=1 (1.49) Beispiel: Gegeben seien 3 ortsfeste Spin 12 -Teilchen. Die Richtung des Magnetfelds sei in z-Richtung vorgegeben. Die potentielle Energie ist durch das magnetische Dipolmoment −µB = Epot gegeben. Nehmen wir an, µ weise in/gegen die z-Richtung für m = ± 12 Wählen Gesamt-Energie: −µB ⇒ Das System ist mit gleicher Wahrscheinlichkeit in den Zuständen: (+ + −), (+ − +), (− + +) • Die Wahrscheinlichkeit dafür, dass der Spin des 1. Teilchens nach oben weist? Ωi = 2, Ω = 3 Daraus folgt für P1 (+) = 23 • µz in positive z-Richtung vom 1.Teilchen? Ω = 3, y = µz , daher 2 Werte: y1 = +µ und y2 = −µ Die Anzahl der Zustände mit y1 ist also Ω1 = 2 und mit y2 ist Ω2 = 1. y = µz = 1 1 (2µ + 1(−µ)) = µ 3 3 23 1.2.5 1 STATISTISCHE PHYSIK Teilchen im 3-dimensionalen Kasten Teilchen im Kastenpotential: Bilden wir einen 3D Kasten mit den Kanten: Lx = Ly = Lz = L, so ist die Energie eines Teilchens darin durch die Quantenmenchanik gegeben: E= ̵ 2π2 h (n2 + n2y + n2z ) 2mL2 x ⇒ n2x + n2y + n2z = L2 2 ̵ 2 2mE = R π2h (1.50) Wir bilden den Zustandsraum (aus den Quantenzahlen) mit Achsen: nx , ny , nz Abbildung 8: The points indicate schematically in two dimensions the possible values of nx , ny , nz = 1, 2, 3, 4, . . . of the quantum numbers specifying the state of a single particle in three dimensions. (The nz axis points out of the paper.) The values of nx , ny , and nz corresponding to the energy values E and E + δE lie on the indicated spherical surfaces. The region in light gray includes all values of n which the energy of the particle is less than E. The region in dark gray includes all the values of n for which the energy lies between E and E + δE. Das gesuchte der Zustandssumme liegt zwischen E + δE und E (oder zwischen E − δE und E, reine Konventionssache). Formel (1.50) ist der Radius einer Kugel im nx − ny − nz −Raum. Für eine gegebene Energie befinden sich die Werte nx , ny , nz auf einer Kugeloberfläche mit Radius R. Der gleich auftauchende Faktor 1/8 rührt daher, dass nur positive Werte von ni physikalisch sind und wir daher 1.2 Statistik von Vielteilchensystemen 24 nur einen Kugeloktanten betrachten. Φ(E) ist die Gesamtzahl der Zustände deren Energie kleiner als E ist, also: Φ(E) = Gesamtzahl der Zustände mit Energie ≤ E Man kann Ω(E) auch aus der Größe Φ(E) berechnen. Ω(E) = Φ(E) − Φ(E − δE) (1.51) Betrachten wir erst nur Mikrozustände mit Φ(E) ≤ E, so folgt für sie: Φ(E) = 3 1 4 3 π L 3 ( πR ) = ( ̵ ) (2mE) 2 8 3 6 πh (1.52) Abbildung 9: Zweidimensionale Darstellung einer Kugel“ im Impulsraum für ein freies ” Teilchen der Masse m, das zwei Freiheitsgrade besitzt. Die Energie ist E = (2m)−1 (p2x + p2y ), der Radius der Kugel R = (2mE)1/2 Wie wir vorhin gesehen haben, gilt Ω(E) = Φ(E) − Φ(E − δE) (Wählen δE mikroskopisch groß, aber makroskopisch klein ⇒ Ω(E) stetige, kontinuierliche Funktion), und damit dΩ Φ(E) − Φ(E − δE) = dE δE (1.53) Daraus folgt nach der Durchführung des Limes: Ω= dΦ δE dE (1.54) wobei wir den Differentialquotienten definieren als ρ(E) und als Zustandsdichte bezeichnen. Für die mikrokanonische Gesamtheit folgt dann insgesamt (mit V = L3 ): 25 1 Ω(E) = 1 3 1 3π L 3 V ( ̵ ) (2mE) 2 2mδE = 2 ̵ 3 (2m) 2 E 2 δE 2 6 πh 4π h Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass ρ(E) ∝ 1.3 STATISTISCHE PHYSIK √ (1.55) E ist. Thermische Wechselwirkung und repräsentative Ensembles physikalischer Systeme Die Energieniveaus sind auch von x = (x1 , . . . , xn ) abhängig. → Er = Er (x1 , . . . , xn ) Mikrozustand: r = (n1 , . . . , nf ), für x = (x1 , . . . , xn ). Makrozustand: Satz von Wahrscheinlichkeiten Pr = (P1 , . . . , Pn ), für x = (x1 , . . . , xn ). ⇒ Durch Änderung der äußeren Parameter ändern sich auch die Mikro- und Makrozustände. 1.3.1 Thermische Wechselwirkung zwischen makroskopischen Systemen Wir betrachten 2 Systeme A1 und A2 mit der Energie E1 und E2 , die in Einheiten von δE skaliert ist. Die zugänglichen Zustände seien: A1 → Ω(E1 ), E1 − δE ≤ E1r ≤ E1 A2 → Ω(E2 ), E2 − δE ≤ E2r ≤ E2 Es seien zwar die äußeren Parameter xi fest, aber die Systeme NICHT voneinander isoliert, d.h. ein Energieaustausch zwischen A1 und A2 ist möglich. Aus diesem Grund betrachten wir ein zusammengesetztes System A∗ = A1 + A2 mit E ∗ = E1 + E2 = const. Wenn E1 also von A1 gegeben ist, folgt daraus E2 = E ∗ − E1 . Treffen wir die Annahme, dass A1 mit A2 im Gleichgewicht ist, so ist zwingendermaßen auch A∗ im Gleichgewicht und daher ist das grundlegende Postulat anwendbar auf A∗ . Frage: Was ist die Wahrscheinlichkeit P (E), dass A1 den Wert E1 hat, wodurch A2 den Wert E2 = E ∗ − E1 hätte? Laut Voraussetzung sind alle zugänglichen Zustände von A∗ gleichwahrscheinlich, was einer Zustandssumme Ω∗total entspricht. Unsere Frage muss daher lauten: Wieviele Mikrozustände Ω∗ (E1 ) erlauben, dass A1 den Wert E1 hat? Dies können wir bereits beantworten: Ω∗ (E1 ) 1 P (E1 ) = = c ⋅ Ω∗ (E1 ) mit c = ∗ (1.56) ∗ Ωtotal Ωtotal 1.3 Thermische Wechselwirkung und repräsentative Ensembles physikalischer Systeme 26 Bleibt nur noch nach Ω∗ (E1 ) zu fragen. Bei gleichzeitigem Auftreten hat A1 . . . Energie E1 und zugängliche Zustände Ω1 (E1 ) und A2 . . . Energie E2 = E ∗ − E1 und zugängliche Zustände Ω2 (E ∗ − E1 ) Jeder zugängliche Zustand von A1 und A2 trägt zu den zugänglichen Zuständen von A∗ bei. Zugänglicher Zustand von A∗ bedeutet gleichzeitiges Auftreten eines Zustands von A1 und A2 ⇒ Multiplikationssatz. woraus folgt, dass Ω∗ (E1 ) = Ω1 (E1 ) ⋅ Ω2 (E ∗ − E1 ) und somit P (E1 ) = c ⋅ Ω1 (E1 ) ⋅ Ω2 (E ∗ − E1 ) (1.57) Frage: Wie sieht es nun aus mit P (E1 ) als Funktion f (E1 )? A1 , A2 sind makroskopische Systeme ⇒ sehr viele Freiheitsgrade. ⇒ Ω1 (E1 ), Ω2 (E) wachsen sehr schnell mit E1 und E2 (Kugelvolumen). Wenn E1 wächst, steigt Ω1 (E1 ) sehr stark und Ω2 (E2 ) fällt sehr stark. ⇒ P (E1 ) steigt für große Systeme → scharfes Maximum. (a) Enumeration of the possible numbers of states compatible with a specified total energy E ∗ = 13 of the systems A and A′ described in abb. Abb 11 (b). (b) Schematic illustration showing the dependence of the probability P (E) on the Energy E. Abbildung 10 27 1 (a) STATISTISCHE PHYSIK (b) Abbildung 11: Graphs showing, in the case of two special and very small systems A and A′ , the number of states Ω(E) accessible to A and the number of states Ω′ (E ′ ) accessible to A′ as function of their respective energies E and E ′ . The energies are measured in therms of an arbitrary unit; only a few values of Ω(E) and Ω′ (E) are shown. Bei konstantem E ∗ steigt Ω1 (E1 ) mit E1 und Ω2 (E ∗ − E1 ) fällt. Daraus folgt, dass P (E) ein ausgeprägtes Maximum bei, sagen wir Ê mit Breite ∆E ≪ E1 hat. Begeben wir uns auf die Suche nach diesem Maximum. Zugute kommt uns hierbei, dass ln P (E) viel schwächer variiert, als P (E), so kommen wir auf: ln P (E1 ) = ln(c) + ln Ω1 (E1 ) + ln Ω2 (E2 ) ⇒ (1.58) d ln P (E1 ) d ln Ω1 (E1 ) ln Ω1 (E ∗ − E1 ) dE1 =0+ + =0 dE1 dE1 dE1 dE2 = d ln Ω1 (E1 ) d ln Ω1 (E2 ) − =0 dE1 dE2 Wobei wir uns nochmal in Erinnerung rufen, dass Ê1 , Ê2 die Energiewerte von A1 , A2 für P (E) = max sind. 1.3 Thermische Wechselwirkung und repräsentative Ensembles physikalischer Systeme 28 Es gilt also die Bedingungsgleichung: β1 (Ê1 ) = β2 (Ê2 ) mit β1 (E1 ) = (1.59) 1 ∂Ω1 ∂ ln Ω1 = ∂E1 Ω1 ∂E1 (1.60) β hat die Dimension einer reziproken Energie und veranlasst uns, einen neuen Parameter T so einzuführen, dass β11 ≡ kT1 gilt. k hat die Dimension einer Energie und sei vorerst noch beliebig. Später werden wir finden, dass es sich hierbei um die Boltzmannkonstante handelt. ln Ω1 Sei also β1 = kT1 1 = ∂∂E , dann können wir T11 anschreiben als: 1 1 k ∂ ln Ω1 ∂S1 = = T1 ∂E1 ∂E1 (1.61) und schon haben wir eine bekannte Größe gefunden, die Entropie: S1 = k ⋅ ln Ω1 . . . Boltzmann’sche Entropiegleichung (1.62) Wie man in Gleichung (1.62) sieht, ist sie das logarithmische Maß für die Anzahl der zugänglichen Zustände des Systems. Frage: Was hat das nun für Konsequenzen für unser Pmax (E1 )? Wir müssen logarithmieren: ln P (E1 ) = ln c + ln Ω1 (E1 ) + ln Ω2 (E2 ) ´¹¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¸¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¶ ´¹¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¸¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¶ S1 k Daraus folgt, dass: (1.63) S2 k P (E1 ) = max ⇔ S ∗ = S1 + S2 = max Nebenbei sei bemerkt, dass ja dann wie oben bereits gezeigt auch β1 (Ê1 ) = β2 (Ê2 ) gilt und damit kT1 1 = kT1 2 woraus folgt: T1 = T2 Also: A1 hat genau die Energie, bei der S ∗ von A∗ maximal ist. Nur dann ist das Gesamtsystem A∗ so gleichmäßig wie möglich über alle zugänglichen Mikrozustände verteilt. Damit gibt es eine Größe, welche die Unordnung beschreibt. Diese Größe ist eben die Entropie. Sie ist ein Maß für die Unordnung eines makroskopischen Systems. Durch Gleichung (1.62) wird eine Verbindung hergestellt zwischen mikroskopischer Struktur (Ω1 ) und den makroskopischen Messgrößen S1 und T1 . Sie ist eine der zentralen Gleichungen der statistischen Physik und wurde 1877 von Ludwig Boltzmann aufgestellt. 29 1 STATISTISCHE PHYSIK heißt: ⇒ System über größtmögliche Zahl von Mikrozuständen verteilt ⇒ gleichmäßigste“ Verteilung des makroskopischen Systems auf seine zugängliche Mikro” zustände ⇒ Mikrozustand maximal unbestimmt ⇒ System im Zustand maximaler Unordnung“ ” ⇒ Die Entropie ist ein Maß für die Unordnung eines Makroskopischen Systems 1.3.2 Thermisches Gleichgewicht und Temperatur Wahrscheinlichkeit P (E1 ) soll scharfes Maximum bei E1 = Ẽ1 haben. Systeme in Kontakt: Gleichgewicht mit großer Wahrscheinlichkeit A1 ∶ E1 = Ẽ1 A2 ∶ E2 = E ∗ − Ẽ1 • Zeitpunkt t = 0 Systeme in Kontakt: 0 A1 , E 1 0 A2 , E 2 0 0 i.A.: E 1 , E 2 unwahrscheinliche Energien für A∗ • Wartezeit t = t∞ ∞ E 1 = Ẽ1 , . . . , sodass P (E1 ) max. ∞ ∞ ⇒ β1∞ = β1 (E 1 ) = β2∞ = E 1 und daraus folgt: T1∞ = T2∞ (1.64) P (E1 ) ist max heißt: S ∗ ist max ⇒ Anstreben“ von T1 = T2 heißt: ” Entropieaustausch erfolgt so, dass Gesamtentropie maximal wird. ∞ ∞ 0 0 S1 (E 1 ) + S2 (E 2 ) ≥ S1 (E 1 ) + S2 (E 2 ) ∞ 0 ∞ 0 bzw. S1 (E 1 ) − S1 (E 1 ) + S2 (E 2 ) − S2 (E 2 ) = ∆S1 + ∆S2 ≥ 0 Die Entropie eines abgeschlossenen Systems nimmt beim Anstreben des Gleichgewicht Wertes immer zu. 2. HS der Thermodynamik aus statistischen Prinzipien abgeleitet 1.3 Thermische Wechselwirkung und repräsentative Ensembles physikalischer Systeme 30 Der Index ∞ soll die unendlichlange Wartezeit andeuten, bis sich die Systeme im Gleichgewicht befinden. Zwei Dinge sind zum Parameter β zu sagen: 1. Wenn zwei Systeme für sich im Gleichgewicht sind, aber β für beide denselben Wert hat, dann ist bereits ein Gleichgewicht erreicht und somit bei Kontakt auch kein Energieaustausch mehr im Gange. 2. Wenn der Wert von β aber nicht der gleiche ist, dann bleiben die Systeme solange nicht im Gleichgewicht, bis Gleichung (1.64) ereicht ist. Die folgende Bemerkung wird auch als 0-ter Hauptsatz der Thermodynamik“ bezeichnet: ” Für drei Systeme A, B und C gilt: • A ist in Kontakt und Gleichgewicht mit B ⇒ βA = βB • B ist in Kontakt und Gleichgewicht mit C ⇒ βB = βC Daraus folgt: A und C sind im Gleichgewicht Wenden wir uns noch kurz dem Parameter T zu, so wissen wir • Boyle-Mariotte: für festes T gilt: pV = const (. . . isotherm) • Gay-Lussac: V T = const (. . . isobar) • ideale Gasgleichung: pV = cT • Ausdehnungskoeffzient: α = • kinetische Gastheorie: p = 1 V ( ∂V ) ∂T p = 1N 2 3 V m⟨v ⟩ 1 c V p = 1 T =C ⋅T Frage: Wie können wir eine Temparaturskala entwickeln? Aus der kinetischen Gastheorie wissen wir, dass der Druck als Impulsübertragung anzusehen 2 1 2 2 ist, also p = 13 N V m⟨v ⟩, und damit pV = 3 N ⋅ 2 m⟨v ⟩. ´¹¹ ¹ ¹ ¹ ¸¹¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¶ Ekin Setzen wir Ekin = (= kalorische Zustandsgleichung), so ist die Gesamtenergie E = 3 2 N kT . Wenn wir jetzt noch verlangen, dass T = 0 für E = 0 und in die ideale Gasgleichung pV = N kT (= thermische Zustandsgleichung), dann müssen wir uns nur noch entscheiden, ob wir T oder k festlegen. 3 2 kT Wir halten uns an die Geschichte und legen k fest. Zwei Punkte der T -Skala liegen bereits fest, nämlich T = 0 und der Tripelpunkt von H2 O bei 273, 16K. Sehen wir nochmal die ideale Gasgleichung an, nur diesmal mit Mol: p = νRT , wobei ν die J Molzahl ist und R = 8, 31451 mol⋅K . J Damit ist R ≡ NA k und damit k = (1, 38066±0, 00006)×10−23 K wenn wir NA = (6, 0221367± 23 Moleküle 0, 0000036) × 10 mol als Loschmidt-Zahl identifizieren. 31 1 1.3.3 STATISTISCHE PHYSIK Statistische Physik und Thermodynamik Gehen von der mikroskopischen Struktur aus - den Mikrozuständen. Frage: Wie kommen wir zu thermodynamischen Größen? Entscheidende Verbindung zwischen mikroskopischen Struktur eines Systems und der Thermodynamik, also makroskopischen Größen und ihren Beziehungen, stellt die Boltzmann’sche Entropiegleichung S = k ⋅ ln Ω dar. 1 2 3 4 Ĥ(x) → Er (x) → Ω(E, x) → S(E, x) → T, X(E, x) (1.65) 1. Die äußeren Parameter seien x = (x1 , . . . , xn ), diese können z.B. Teilchenzahl, das Volumen oder ein äußeres magnetisches Feld sein. Quantenmechanisch: Wir bestimmen die Energieeigenwerte Er des Hamilton-Operators Ĥ(x). Das legt die Mikrozustände fest. klassisch: Funktion der Orts und Impulskoordinaten → Hamilton-Funktion 2. Berechnung der Zustandsumme aller Zustände r, die mit E −δE ≤ Er (x) ≤ E verträglich sind. Ω(E, x) = ∑ 1 r Man halte sich hier vor Augen, dass die Summe über r aus f Summen über die Quantenzahlen ni in r = (n1 , . . . , nf ) besteht. Für f ≈ 1024 Freiheitsgrade sind diese Summen nur in besonders einfachen Fällen ausführbar. klassisch: Summe → Integral über Volumen im Phasenraum 3. Annahme: System isoliert und im Gleichgewicht: → das Grundlegendes Postulat gilt. ⎧ 1 ⎪ ⎪ Pr = ⎨ Ω(E,x) ⎪ ⎪ ⎩0 E − δE ≤ Er (x) ≤ E sonst ⇒ S = k ⋅ ln Ω Die Mikrozustände sind durch die Parameter E und x festgelegt, daher können alle anderen makroskopischen Größen durch E und x ausgedrückt werden. 4. Wir benötigen den Begriff der Verallgemeinerten Kraft“. Wenn ” 1 ∂S(E, x) = T ∂E 1.3 Thermische Wechselwirkung und repräsentative Ensembles physikalischer Systeme 32 die treibende Kraft für den Wärmeaustausch ist, dann ist Xi = T ∂Ω(E, x) ∂S(E, x) = kT ∂xi ∂xi (1.66) Xi . . . verallgemeinerte Kraft zum äußeren Parameter Die verallgemeinerte Kraft für einen xi -Austausch. z.B. hat Xi die Dimension einer Kraft, wenn xi die Dimnension einer Länge hat. Wenn Gleichgewicht herrscht, dann gilt also für den • Wärmeaustausch: verallgemeinerte Kraft = Temperatur T • Volumenaustausch: verallgemeinerte Kraft = Druck P • Teilchenaustausch: verallgemeinerte Kraft = µ (chemisches Potential) • xi -Austausch: verallgemeinerte Kraft = Xi 33 1 STATISTISCHE PHYSIK Beispiel: ideales, einatomiges Gas äußere Parameter: V = L3 , N 1. Mikrozustände r mit Energie Er : QM: r = (n1 , . . . , n3N ) Er (N, V ) = ̵ 2 π 2 3N h 2 ∑ ni 2 2mL i=1 (1.67) → ni : QZ des i-ten Freiheitsgrad gleiche QZ für mehrere Teilchen zugelassen ⇒ klassische Näherung klassisch: E = Ekin = m N ∑ 2 i=1 3 2 ∑ vij (1.68) i=1 ² 3 Raumrichtungen 2. Auswertung der Zustandssumme: E V 3N ln ( ) + N ln ( ) + N ln c 2 N N 2π 5 3 ln c = ln ĉ + + ln ( ) 2 2 3 ln Ω(E, V, N ) = (1.69) (1.70) 3. ⇒ Entropie: E V 3 S(E, V, N ) = k ln Ω = N k ln ( ) + N k ln ( ) + N k ln c 2 N N bilden 1 ∂S 3 1 = = Nk T ∂E 2 E 3 → E = N kT 2 Xi ∂S = T ∂xi → P V = N kT . . . klassische Zustandsgleichung“ ” und (1.71) P ∂S 1 = = Nk T ∂V V . . . thermische Zustandsgleichung“ ” (1.72) 1.3 1.3.4 Thermische Wechselwirkung und repräsentative Ensembles physikalischer Systeme 34 Kanonische Zustandssumme - System in Kontakt mit einem Wärmereservoir Abbildung 12: Großes Wärmebad A′ in Kontakt mit dem kleinen Wärmereservoir A. E ∗ ist konstant und die Temperatur T ist vorgegeben von A′ . [MB] Die Temperatur des Gesamtsystems A∗ ist von A′ vorgegeben. Das heißt wenn das System A in Kontakt mit A′ tritt, sich die Temperatur nicht verändert und das System A die Temperatur von A′ annehmen wird. Dies kann deshalb angenähert werden, da A ≪ A′ ist. Frage: Wie groß ist Wahrscheinlichkeit Pr , dass das kleine System A in Kontakt mit dem großen System A′ in einem bestimmten Mikrozustand r (mit Energie Er und Teilchenzahl Nr (Die Teilchenzahl Nr wird derzeit vernachlässigt.)) zu finden ist? So teilen wir die Energieskalen in passend kleine Intervalle δE. Ω′ (E ′ ) ist die Anzahl der zugänglichen Mikrozustände für A′ , wenn seine Energie zwischen E ′ − δE und E ′ liegt. Zusammengesetztes System A∗ = A + A′ ist isoliert ⇒ E ∗ = const E liegt zwischen E ∗ − δE, E ∗ Annahme: A sei in einem seiner zugänglichen Mikrozustände r mit Er ⇒ E ∗ = E ′ + Er , E ′ = E ∗ − Er 35 1 STATISTISCHE PHYSIK Wenn A in einem seiner Mikrozustände ist, dann ist die Anzahl der für A∗ zugänglichen Zustände nur mehr durch zugängliche Zustände von A′ bestimmt, wenn seine Energie im Intervall E ′ − δE = E ∗ − Er − δE und E ′ = E ∗ − Er liegt! Die zugänglichen Zustände von A∗ sind: Ω∗ = Ω′ (E ∗ − Er ) Grundlegendes Postulat: A∗ gleichwahrscheinlich in jedem seiner zugänglichen Mikrozustände ⇒ Wahrscheinlichkeit: A im Zustand r zu finden ist proportional zur Anzahl der Zustände von A∗ wenn A in Zustand r: Pr = C ′ Ω∗ = C ′ Ω′ (E ∗ − Er ) (1.73) ′ C → aus Normierungsbedingung: ∑r Pr = 1 Wir brauchen Ω′ ! Annahme: A′ ist Wärmebad = Energie Reservoir ⇒ sehr, sehr viele Freiheitsgrade Er ≪ E ′ ⇒ Er ≪ E ∗ Also: E ′ = E ∗ − Er ≅ E ∗ Rechnen aus: vorzügliche Näherung für Ω′ (E ′ ) durch Entwicklung der schwach variierenden Funktion ln Ω′ (E ′ ) an der Stelle E ′ = E ∗ . Taylorentwicklung (∑∞ n=0 f (n) (x0 ) (x − x0 )n n! → x0 = E ∗ , x = E ′ ): ln Ω′ (E ′ ) = ln Ω′ (E ∗ − Er ) = ln Ω′ (E ∗ ) + ∂ ln Ω′ (E ∗ ) ∣ ⋅(−Er ) ∂E ′ E ′ ≅E ∗ ´¹¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¸¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¶ (1.74) ∂ ln Ω′ ∂ ln Ω′ ∂E ′ = ∂E ′ ⋅ ∂E ∗ ∂E ∗ ∂ ln Ω′ (E ∗ ) 1 ∣ = β′ = ∂E ′ kT E ′ ≅E ∗ (1.75) ⇒ β von Er unabhängige Konstante. sagen β ′ = β (lassen ′ weg): konstanter Temperaturparameter des Wärmebades A′ Bedeutet physikalisch: T des Wärmebades A′ ändert sich nicht beim Austausch kleiner Energieportionen mit A. ⇒ ln Ω′ (E ∗ − Er ) = ln Ω′ (E ∗ ) − βEr 1.3 Thermische Wechselwirkung und repräsentative Ensembles physikalischer Systeme 36 Ω′ (E ∗ − Er ) = Ω′ (E ∗ ) exp(−βEr ) Ω′ (E ∗ ) → const., hängt nicht von r ab ⇒ Pr = C ′ Ω′ (E ∗ − Er ) = Ce−βEr = Ce− kT Er 1 1 = −βE r Z(T ) ∑r e −βEr =1 ⇒ C= ∑ Pr = C ∑ e r r e−βEr e− kT Pr = = E ∑r e−βEr ∑r e− kTr . . . Boltzmann-Verteilung (1.76) (1.77) Er exp(−βEr ) = exp (− Z(T ) = ∑ exp (− r Er ) kT Er ) kT . . . kanonische Verteilung (canonical distribution) (1.78) . . . Boltzmann-Faktor (1.79) . . . kanonische Zustandssumme (1.80) Zugehöriges Ensemble: kanonisches Ensemble = Gibbs Ensemble Kanonisches System A: ist in genau einem seiner zugänglichen Mikrozustände Kanonisches System A′ = Wärmebad: ist in irgendeinem seiner sehr vielen zugänglichen Zustände Ω′ (E ∗ − Er ) Ω′ (E ′ ) wächst sehr stark mit E ′ : β = ∂ ln Ω ∂E >0 ⇒ Je größer Er desto kleiner E ′ . ⇒ Damit sinkt stark die Zahl der zugänglichen Zustände für Ω′ . ⇒ Wahrscheinlichkeit im Ensemble für Systeme mit hoher Energie Er sinkt entsprechend. Berechnung vom Mittelwerten y sei eine messbare Größe, im Mikrozustand r von A: yr ∑r e− kT ⋅ yr Er y = ∑ P r yr = r r −E kT ∑r e = ∑r e− kT ⋅ Er Er 1 ∑ yr e kT Z(T ) r Er E = ∑ Pr Er = r = ∑r e−βEr ⋅ Er ∑r e−βEr ∑r e− kT ∂ ∑ e−βEr ⋅ Er = r =− ln Z(T ) Z(T ) ∂β Er (1.81) 37 1 STATISTISCHE PHYSIK Abbildung 13: Die Rechte Zeichnung verdeutlicht die Gleichung (1.51). [MB] Abbildung 14: Schematic illustration showing the states accessible to a particular system A and to a special (rather small) heat reservoir A′ . The top diagram shows the energy levels coresponding to a few distinct states of A. The bottom diagram shows, for a few values of E ′ , the number of states Ω′ (E ′ ) accessible to A′ as function of its energy E ′ . The energy is measured in terms of an arbitrary unit. 1.3 1.3.5 Thermische Wechselwirkung und repräsentative Ensembles physikalischer Systeme 38 Großkanonisches Ensemble Wie im kanonischen Fall ist hier die Temperatur T vorgegeben. Zusätzlich zu T kommt nun auch das chemisches Potential µ ins Spiel. Das chemische Potential µ charakterisiert die Möglichkeiten eines Stoffes, mit anderen Stoffen zu reagieren, in eine andere Zustandsform überzugehen oder sich im Raum zu verteilen. Gegeben ist ein System A (Wärmereservoir) mit festem Volumen V , das sich in thermischen Kontakt mit einem Reservoir A′ (Teilchenreservoir) befindet. Es besteht ein Energie- und Teilchenaustausch zwischen dem System und dem Reservoir. Wiederum betrachten wir das aus System und Reservoir zusammengesetzte System A∗ = A + A′ , (siehe Abbildung 12) Also: ∂S )E,V Das große System A′ gibt die Temperatur T und das chemische Potential µ vor → µ = −T ( ∂N ′ Bei festen Volumen V tauschen A und A (Wärme- und Teilchenreservoir) E und N aus (Energie und Teilchen). Es liegt auf der Hand, dass die Gesamtteilchenzahl N ∗ = N + N ′ = const. ist und ebenso die Gesamtenergie E ∗ = E + E ′ = const. Jetzt fragen wir uns, wie groß die Wahrscheinlichkeit Pr ist, dass sich das System A in einem speziellen Zustand r mit Er und Nr befindet: Wenn A in einem speziellen Zustand r ist, dann sind die zugänglichen Zustände Ω durch die zugänglichen Zustände Ω′ gegeben, d.h. die Wahrscheinlichkeit A in r zu finden ist Pr (Er , Nr ) ∝ Ω′ (E − Er , N − Nr ) (1.82) E ∗ = E + E ′ = const N ∗ = N + N ′ = const mit der Voraussetzung, dass A sehr klein ist gegen A′ , woraus folgt dass Er << E und Nr << N ⇒ E ′ = E ∗ − Er ≈ E ∗ ; N ′ = N ∗ − Nr ≈ N ∗ . Das bedeutet, wir können ln Ω′ um E und N entwickeln:[2] ln Ω′ (E − Er , N − Nr ) = ln Ω′ (E, N ) + ∂ ln Ω′ ∂ ln Ω′ ∣ ⋅(−E ) + ∣ ⋅(−Nr ) − O(ε2 ) r ∂E ′ E ′ =E ∂N ′ N ′ =N ´¹¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¸¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹¶ ´¹¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹¸ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¶ 1 β= kT −βµ (1.83) Frage: Wie groß ist Wahrscheinlichkeit, dass wir das System A mit Er und Nr im speziellen Mikrozustand r finden? A sei im speziellen Zustand r mit Er und Nr . Die Anzahl der für A∗ zugänglichen Mikrozuständen gegeben durch die Anzahl der den Reservoir A′ zugänglichen Zustände: Ω∗ = Ω′ (E ∗ − Er , N ∗ − Nr ) (1.84) 39 1 STATISTISCHE PHYSIK in A∗ → Fundamental postuliert Pr (Er , Nr ) ∝ Ω′ (E ∗ − Er , N ∗ − Nr ) (1.85) Die Ableitungen an der Stelle E ∗ und N ∗ bei V = const. sind Konstanten, die das Reservoir A′ kennzeichnen. ∂ ln Ω′ ∣ = −βµ ∂N ′ V,N ′ =N ∗ 1 ∂ ln Ω′ ∣ =β= , ∂E ′ V,E ′ =E ∗ kT Pr (Er , Nr ) = C ′ Ω′ (E ∗ − Er , N ∗ − Nr ) (1.86) (1.87) = C ′ Ω′ (E ∗ , N ∗ )e−β(Er −µNr ) = C e−β(Er −µNr ) ® (1.88) 1 Y Womit wir schon bei der großkanonischen Verteilung“ wären: ” 1 −β(Er −µNr ) e Y (1.89) ∑ Pr = 1 (1.90) Y (T, V, µ) = ∑ e−β(Er −µNr ) (1.91) Pr = Mit Y aus der Normierungsbedingung: r r Diese Gleichung ist schon die großkanonische Zustandssumme“. ” Sprechen wir noch kurz über das chemische Potential µ: Es ist die verallgemeinerte Kraft zum äußeren Parameter Teilchenzahl N . Xi ∂S k∂ ln Ω = = T ∂xi ∂xi hier: µ ∂ ln Ω = −βµ = − ∂N kT µ = −T ∂S ∂E ∂F ∂G ∣ = ∣ = ∣ = ∣ ∂N E,V ∂N S,V ∂N T,V ∂N T,P . . . F ist freie Energie . . . G ist freie Enthalpie Es hat die Dimension einer Energie und ist auch eine, nämlich die, die nötig ist um einem isolierten System 1 Teilchen hinzuzufügen. 1.3 Thermische Wechselwirkung und repräsentative Ensembles physikalischer Systeme 40 Bevor wir den Gleichverteilungssatz studieren werden, fassen wir kurz zusammen: Die jeweiligen Verteilungen haben folgende Abhängigkeiten: • Pr = Pr (E, V, N ) mikrokanonisch • Pr = Pr (T, V, N ) kanonisch • Pr = P r(T, V, µ) großkanonisch Für makroskopische Systeme ist die Fluktuation von Pr um E und N vernachlässigbar, daher macht es makroskopisch keinen Unterschied, welches Ensemble verwendet wird. 1.3.6 Der Gleichverteilungssatz Der Gleichverteilungssatz besagt, dass im thermischen Gleichgewicht bei der Temperatur T im Mittel jeder Freiheitsgrad die gleiche Energie ⟨E⟩ hat. Klassisch: Die Energie ist ja eine Funktion von f Koordinaten und f zugehörigen Impulsen, also E = E(q1 , . . . , qf , p1 , . . . , pf ) Wobei qi , pi einen Phasenraum aufspannen. Häufig ist es so, dass 1. E = εi (pi ) + E ′ (q1 , . . . , pf ), wobei εi (pi ) nur von einer einzigen Impuls- oder Ortskoordinate (Beispiel: E = Ekin + Epot ) und E ′ von allen Koordinaten und Impulsen ausser pi abhängen kann. 2. εi quadratisch in pi , also εi = b ⋅ p2i (b = const.) Beispiel harmonischer Oszillator: E = p2x 2m + 12 kx2 Frage: Wie groß ist der Mittelwert εi im thermischen Gleichgewicht? 1 ist im thermischen Gleichgewicht vorgegeben. Das führt uns auf die kanonische VerteiT = kβ lung und die wiederum auf εi = 1 ⋅ kT 2 . . . Gleichverteilungssatz (1.92) Jede unabhängige Variable die quadratisch in die Gesamtenergie (Hamilton-Funktion) eingeht, liefert den Beitrag 1/2kT zur mittleren Energie, wenn das System mit der Temperatur T im Gleichgewicht ist (= 1/2kT pro Freiheitsgrad). 41 1 STATISTISCHE PHYSIK Beispiel: • mittlere Ekin eines einatomigen idealen Gases: ε= 1 2 (p + p2y + p2z ) 2m x mit p2y p2x p2 = = z 2m 2m 2m ° ° ° 1 kT 2 1 kT 2 1 kT 2 3 ⇒ ε = kT 2 3 3 1 Mol des Gases E = NA ( kT ) = RT (R = NA ⋅ k) 2 2 3 ∂U ∣ = R → Dulong Petit cV = ∂T V 2 Quantenmechanisch: E ∆E Abbildung 15: Mit zunehmender Energie verringert der Abstand zu den Energieniveaus immer mehr. [MB] Bei diskreten Energieniveaus mit höherer Energien nimmt der Abstand der Niveaus ab. Wenn T groß ist wird ∆E zwischen Niveaus klein: ∆E << kT Aber: Wenn kT ≤ ∆E wird die klassische Beschreibung ungültig! Gleichung (1.92) gilt ausschließlich klassisch und führt bei quantenmechanischer Betrachtung zu falschen Ergebnissen! Man denke nur an das Strahlungsgesetz von Rayleigh und Jeans, das jeder Schwingungsmode im Hohlraum die Energie (1.92) zuordnet. Wir wissen aus Einführung in die Physik III, dass Planck mit seiner gequantelten Energie-Interpretation richtig lag. 1.4 Quantenstatistik idealer Gase 1.4 Quantenstatistik idealer Gase 42 Klassisch: Wir betrachten zunächst 2 gleichartige Teilchen ohne Wechselwirkung. Klassisch gesehen sind sie durch ihre Teilchenbahn unterscheidbar und es können sich beliebig viele Teilchen im selben Einteilchenzustand befinden. ⇒ Keine Bedingung an Wellenfunktion geknüpft. ⇒ es gilt die Maxwell-Boltzmann Statistik Quantenmechanisch: Um die Sache zu vereinfachen, schauen wir uns die beiden Teilchen im Kasten an. Die zugehörige zeitunabhängige Schrödinger-Gleichung kennen wir: ( ̵2 h (∆x1 + ∆x2 ) + (E − V (x))) ψ(x1 , x2 ) = 0 2m (1.93) Mit x1 , x2 als Teilchenkoordinaten. Der Kasten hat ja 0 < x < L als Geometrie“ und das Po” tential innerhalb ist V = 0. Die mögliche Lösung von Gleichung (1.93) ist das Produkt der Einteilchenwellenfunktionen: ψn,m (x1 , x2 ) = ψn (x1 )ψm (x2 ) (1.94) Beispiel: • n = 1, m = 2 1 2 ) ⋅ sin ( πx ) (A ist Produkt aus den An ) ψ1,2 = A sin ( πx L L ) Allgemein: ψn = An sin ( nπx L Wobei ψn , ψm die Wellenfunktion jeweils eines Teilchens ist mit der Energiequantenzahl n bzw. m. ). Das An folgt aus der Normierung. Aufgrund des Kastens ist ψn = An sin ( nπx L Jetzt wollen wir folgendes wissen: Was ist die Wahrscheinlichkeit, Teilchen 1 in einer Umgebung dx1 um x1 und Teilchen 2 in einer Umgebung dx2 um x2 zu finden? Wir wissen, dass wir in diesem Fall das Produkt der Einzelwahrscheinlichkeiten brauchen. Dies führt uns auf ∣ψn,m (x1 , x2 )∣2 dx1 dx2 = ∣ψn (x1 )∣2 dx1 ⋅ ∣ψm (x2 )∣2 dx2 (1.95) Wenn wir eine geeignete Normierung voraussetzen, dann entspricht ja ∣ψ∣2 einer Wahrscheinlichkeitsdichte. 43 1 STATISTISCHE PHYSIK Das Problem ist, dass unsere Teilchen in Wirklichkeit aber ununterscheidbar sind (Unbestimmtheitsrelation), also identisch sind. Das Quadrat der Wellenfunktion ∣ψ(x1 , x2 )∣2 muss unter Vertauschung von x1 und x2 invariant bleiben. Also muss ∣ψ(x1 , x2 )∣2 = ∣ψ(x2 , x1 )∣2 (1.96) gelten. Abbildung 16: The scattering of two identical particles in two possible collisions, a and b, shown as classical tracjectories. Initially particles enter from opposite directions, collide, and move apart. Both collision processes have exactly the same initial and final trajectories, the difference being that the particles have exchanged places in b as compared to a. If we now treat the particles as quantum objects, they have an uncertainty in their postition. If the uncertainty is comparable to the minimum separation of the trajectories, then the exchange of particles during the collision is possible, and we cannot tell which process has occurred. Die Lösung muss also entweder symmetrisch ψ(x1 , x2 ) = ψ(x2 , x1 ) oder antisymmetrisch −ψ(x1 , x2 ) = ψ(x2 , x1 ) sein, was Gleichung (1.94) sicher nicht erfüllt, denn die Vertauschung ergäbe eine neue Funktion, wodurch die Teilchen unterscheidbar wären. Wir bilden daher: Symmetrisch (für Teilchen mit ganzzahligem Spin → Bosonen): ψn,m + ψm,n = A′ [ψn (x1 )ψm (x2 ) + ψn (x2 )ψm (x1 )] = ψ+ (1.97) und Antisymmetrisch (für Teilchen mit halbzahligem Spin → Fermionen): ψn,m − ψm,n = A′ [ψn (x1 )ψm (x2 ) − ψn (x2 )ψm (x1 )] = ψ− (1.98) 1.4 Quantenstatistik idealer Gase 44 Beide Wellenfunktionen erfüllen die Symmetriebedingung. Die Symmetrieforderung gilt für eine beliebige Teilchenanzahl. Es sind daher nur zugelassen: ψ± (1, . . . , µ, . . . , ν, . . . , N ) = ±ψ± (1, . . . , ν, . . . , µ, . . . , N ) ν, µ . . . Orts- und Spinkoordinaten ψ± nennt man somit total symmetrische, bzw. total antisymmetrische Wellenfunktion. Spektroskopie: Für Teilchen mit halbzahliger Spinquantenzahl s ist die Wellenfunktion antisymmetrisch beim Austausch zweier Teilchen - es sind Fermionen. 1 3 5 s = , , , ⋅ ⋅ ⋅ → ψ− 2 2 2 s = 0, 1, 2, ⋅ ⋅ ⋅ → ψ+ Fermion Boson Wir betrachten nun eine antisymmetrische 2-Teilchen Wellenfunktion: ψ− = ψn,m − ψm,n Annahme: beide Teilchen sind im selben Einteilchenzustand. So ist n = m ⇒ ψ− ≡ 0 Für viele Teilchen: Wir sagen Teilchen ν und Teilchen µ seien im selben Quantenzustand. ψ− (. . . , ν, . . . , µ, . . . ) = ψ− (. . . , µ, . . . , ν, . . . ) (1.99) andererseits muss gelten: ψ− (. . . , ν, . . . , µ, . . . ) = −ψ− (. . . , µ, . . . , ν, . . . ) (1.100) nur möglich für ψ− ≡ 0 Zwei Fermionen dürfen in einem System nicht gleichzeitig in einem Zustand mit denselben Quantenzahlen sein. Das Pauli-Verbot sagt uns, dass die Wellenfunktion von Fermionen, also Teilchen mit halbzahligem Spin, antisymmetrisch ist. Wie man in diesem Fall für m = n leicht erkennt, muss die Wellenfunktion die Nullfunktion sein, was bedeutet, dass sich zwei Fermionen in einem System nicht im selben Quantenzustand befinden dürfen. Bei ganzzahligem Spin ist die Wellenfunktion symmetrisch, d.h. für Bosonen gilt das Pauliverbot nicht! 45 1 1.4.1 STATISTISCHE PHYSIK Die Abzählung der Zustände Die Quantenmechanik bestimmt die Statistik (Verteilung der Teilchen auf Einteilchenzustände) von Vielteilchensystemen. Wir betrachten Quanten-Einteilchenzustände mit Index r, sz , wobei r die Teilchenzahl und sz den Spin in die z-Richtung angibt (↑ oder ↓). Die Energie des Teilchens im Zustand (r, sz ) sei εr,sz und die Besetzungszahlen der Teilchen in diesem Zustand (r, sz ) sei nsrz (also wie viele Teilchen sich im selben Zustand befinden dürfen). Die Möglichkeiten für nsrz sind 0 oder 1 für Fermionen und 0, 1, 2, . . . für Bosonen. s s s Der Mikrozustand des Gesamtsystems ist somit R = (n1z,1 , n2z,2 , n3z,3 , . . . ) = {nsrz } s n1z,1 = n1 Teilchen sind im Zustand r = 1, sz = sz,1 s n2z,2 = n2 Teilchen sind im Zustand r = 2, sz = sz,2 und die Energie des Mikrozustandes R: ER = ∑ nsrz ⋅ εr (1.101) sz ,r Wir nehmen εsrz = εr an. Die Energie ist also nicht vom Spin abhängig. (Gleichung (1.101) heißt: Gesamtenergie der Gase im Zustand R). Die Gesamtteilchenanzahl des Mikrozustandes R ist NR = ∑ nsrz (1.102) sz ,r Die Gesamtteilchenanzahl des Systems N ist entweder vorgegeben (durch N , also mikrokanonisch oder kanonisch - durch µ bei großkanonisch), dann handelt es sich um ein gewöhnliches normales“ Gas, oder es gibt keine feste Teilchenanzahl wie z.B. bei einem Photonengas“ im ” ” Hohlraum. Zur Illustration betrachten wir z.B. 2 Teilchen mit den Einteilchenzuständen ε0 = 0 und ε1 = ε. Bei Fermi sei der Spin +1/2. Die Zustandssummen für die einzelnen Statistiken sind einfach (siehe Abbildung 17): • Fermi-Dirac: Z = e−β(1⋅0+1⋅ε) = e−βε • Bose-Einstein: Z = e−β(2⋅0) + e−β(1⋅0+1⋅ε) + e−β(0⋅0+2⋅ε) = 1 + e−βε + e−2βε • Maxwell-Boltzmann: Z = ⋅ ⋅ ⋅ = 1 + 2e−βε + e−2βε Diese Statistik ist für identische Teilchen offensichtlich falsch, deshalb soll die Gibb’sche ” Korrektur“ ( N1 ! ) zu einer für identische Teilchen richtigen Statistik führen: Z 1 + 2 exp(−βε) + exp(−2βε) Z = = N! 2 2 1.4 Quantenstatistik idealer Gase 46 Diese Korrektur bringt aber nichts, da sie wieder nicht verträglich mit der Quantenmechanik ist. Abbildung 17: Zur Illustration der Quantenstatistik werden zwei Teilchen in zwei Energieniveaus betrachtet. Im Fall der Fermistatistik sollen die Spins der beiden Teilchen parallel stehen, in den anderen Fällen seien die Teilchen Spinlos. Bevor wir die einzelnen Statistiken im Detail studieren, seien noch einige Beispiele für ideale Gase mit E = εr angegeben: • Elektron im Metall • Phononen im Kristall (dazu mehr in der Festkörperphysik) • Photonen • flüssiges Helium 4 He • Magnonen im Festkörper (Das sind Spin-Wellen) 1.4.2 Die Maxwell-Boltzmann Statistik Wir betrachten N Teilchen in Kontakt mit Wärmebad der Temperatur T . Bemerkung: Bei der Maxwell-Boltzmann Statistik gibt es keinen Spin! Die kanonische Zustandssumme ist ja (R = {nr }) Z = ∑ e−βER = ∑ e R R −β ∑ nr ⋅εr r = ∑ e−β(n1 ε1 +n2 ε2 +⋯) R 47 1 STATISTISCHE PHYSIK mit ER = ∑ nr ⋅ εr r Da die Teilchen unterscheidbar sind, müssen wir N Teilchen verteilen: R = {nr } = (n1 , n2 , . . . ), ! also bei N Teilchen gibt es n1 !⋅nN2 !⋯n Möglichkeiten die N Teilchen auf Einteilchenzustände r! so zu verteilen, dass n1 im Zustand 1, n2 im Zustand 2, . . . , sind. Also bei unterscheidbaren Teilchen gibt jede dieser Anordnungen einen bestimmten Zustand R. N! e−β(n1 ε1 +n2 ε2 +⋯) n ! ⋅ n !⋯n ! 1 2 r n1 ,n2 ,... ∑ Die Summe im Exponenten ist in ein Produkt verwandelbar, und mit der Polynomialentwicklung; N! (p + q + r + . . . )N = ∑ pn1 q n2 rn3 ⋯ n1 ,n2 ,... n1 ! ⋅ n2 !⋯nr ! kann man dann obiges Z schreiben als: Z = (e −βε1 −βε2 +e N + . . . ) = (∑ e −βεr N ) = Z1N (1.103) r Wir greifen bestimmten Zustand s heraus und fragen: Frage: Wie groß ist die mittlere Teilchenzahl ns im Zustand s (= Besetzungszahl)? Rechnung ergibt: ns = N e−βεs N −βεs = ⋅e −βεr Z e ∑ 1 r Dies ist die klassische Maxwell-Boltzmann’sche“ Statistik. ” Je kleiner die Energie der Teilchen, umso größer ist ihre mittlere Anzahl. 1.4.3 Die Fermi-Dirac-Statistik (1926) Für diese Statistik betrachten wir die große Zustandssumme: Y (T, V, µ) = ∑ e−β(Er −µNr ) r Hier ist ER = ∑ nsrz ⋅ εr und NR = ∑ nsrz . sz ,r sz ,r Im Speziellen betrachten wir hier ein System von Fermionen mit Spin = 1/2 (Elektronen, Positronen, Neutronen, Protonen, . . . ). Der Mikrozustand des Gesamtsystems ist daher: R = {nsrz } = (n↑1 , n↓1 , n↑2 , n↓2 , . . . ) 1.4 Quantenstatistik idealer Gase 48 Unsere große Zustandssumme wird so zu ↑ ↑ ↓ Y = ∑ e−β[(n1 ε1 −µn1 )+(n1 (ε1 −µ)+... ] nsrz 1 1 1 ↑ ↓ ↑ = ∑ ∑ ∑ . . . e−β[n1 (ε1 −µ)] e−β[n1 (ε1 −µ)] e−β[n2 (ε2 −µ)] . . . n↑1 =0 n↓1 =0 n↑2 =0 2 2 erste Summe = (e0 + e−β(ε1 −µ) ) (e0 + e−β(ε1 −µ) ) ⋅ ⋅ ⋅ = (1 + e−β(ε1 −µ) ) (1 + e−β(ε2 −µ) ) . . . ´¹¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¸ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹¶ ´¹¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¸ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹¶ ´¹¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¸¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¶ ´¹¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¸¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¶ ε↑1 ε↓1 ⇒ ε↑1 ,ε↓1 2 Y = ∏ (1 + e−β(εr −µ) ) ε↑2 ,ε↓2 (1.104) r Wie bei Maxwell-Boltzmann fragen wir uns auch hier nach der mittleren Teilchenanzahl nssz in einem speziellen Zustand. Und wieder greifen wir einen bestimmten Zustand r = s heraus mit sz = ↑ 49 1 STATISTISCHE PHYSIK Frage: Wie groß ist die mittlere Teilchenzahl n↑s ? ∑ nr εr r n↑s = ∑ PR ⋅ n↑s = R = 1 1 1 1 −βn↑1 (ε1 −µ) 1 −βn↓1 (ε1 −µ) 1 −βn↑ (ε −µ) −βn↓ (ε −µ) ∑ e ∑ e ∑ ⋯ ∑ e s s ∑ e s s Y n↑ =0 n↓ =0 n↑ =0 n↑ =0 n↓ =0 1 = 1 Y ∑ nr r ¬ « ↑ −β( ER − µNr ) ∑ ns e R 1 s 2 s 2 1 (1 + e−β(ε1 −µ) ) ⋯ e−β(εs −µ) ⋅ (1 + e−β(ε2 −µ) )(. . . )2 . . . Y ´¹¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¸ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹¶ ´¹¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¸¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¶ # n↓s # n↑s = 0 → Summand = 0, n↑s = 1 bleibt, Alle anderen Summanden ändern sich nicht 2 = n↑s = 2 ⋯ (1 + e−β(εs−1 −µ) ) e−β(εs −µ) (1 + e−β(εs −µ) ) (1 + e−β(εs+1 −µ) ) ⋯ 2 2 2 ⋯ (1 + e−β(εs−1 −µ) ) (1 + e−β(εs −µ) ) (1 + e−β(εs+1 −µ) ) ⋯ e−β(εs −µ) eβ(εs −µ) 1 ⋅ = β(ε −µ) −β(ε −µ) β(ε −µ) s s s 1+e e e +1 εs nicht von sz (↑, ↓) abhängig ⇒ ns = n(εs ) = 1 eβ(εs −µ) + 1 Fermi-Dirac Statistik (1.105) Fermion: Jeder Zustand nur einmal besetzbar! ⇒ n(ε) ≤ 1, gewichtet durch eβ(ε−µ) ≥ 0 Chemisches Potential: µ = µ(T ), schwach T -abhängig. Somit ist das chemische Potential µ gleich dem Ferminiveau! für εs = µ folgt: 1 1 = ∀T 1+1 2 Wenn feste Teilchenzahl in Volumen V ⇒ ∑ n = N , damit ist µ = µ(T ) festgelegt. n(ε) = (1.106) s n(ε) = oder 1 eβ(ε−µ) +1 ⎧ ⎪ ⎪0 für ε > µ(T = 0) = εF =⎨ ⎪ ⎪ ⎩1 für ε < µ(T = 0) = εT (1.107) (1.108) 1.4 Quantenstatistik idealer Gase ⎧ ⎪ 1 β(ε−µ) ⎪∞ für (ε − µ(T = 0)) > 0 für T → 0 ⇒ β = →∞⇒e =⎨ ⎪ kT ⎪ ⎩0 für (ε − µ(T = 0)) < 0 50 (1.109) Abbildung 18: Fermiverteilung für εF = µ(T = 0) = 7eV (entspricht der Fermienergie für Cu); Die Temeperatur nähert sich für T → 0 immer weiter der Fermienergie an. Die Fermienergie ist nur definiert für T = 0. Die vertikale Strichlierung gibt die Verschiebung des Ferminiveaus an, dass sich für höhere Temperaturen in Richtung kleinerer Energien bewegt. Wenn die Partikeldichte wächst, werden die zusätzlichen Fermionen gezwungen höhere Energieniveaus einzunehmen, da die kleineren Energieniveaus schon gefüllt sind. Dieser Prozess des auffüllens erhöht den Druck des Fermigases und wird als Entartungsdruck bezeichnet. Bei einem Fermigas wo alle Energiezustände unterhalb der Fermienergie εF geflüllt sind, nennt man entartet.[3] Ausgehend von T = 0 werden bei Erwärmung Zustände oberhalb der Fermi-Energie εF (T = 0K) mit Fermionen besetzt. Dafür bleiben gleich viele Zustände unterhalb der Fermi-Energie leer und werden als Löcher bezeichnet. Die Fermi-Verteilung gibt die Besetzungswahrscheinlichkeit im Gleichgewichtszustand zur Temperatur T > 0K an.[4] Wenn T ≪ TF (TF = Fermitemperatur): εF = kTF Fermigas ist entartet“! ” Bei T = 0 sind alle Zustände besetzt, es kann also keine Energie mehr zugeführt werden. Ausserdem ist jedes Fermigas bei T = 0 entartet. (m) ⇒ Wärmekapazität für T → 0, CV → 0 Gas der Leitungselektronen im Metall ist hochentartet: TF ∼ 50.000K ≙ εF ≅ 4,3eV 51 1.4.4 1 STATISTISCHE PHYSIK Die Bose-Einstein-Statistik Wir nehmen jetzt, Bosonen mit ganzzahligem Spin (0, 1, 2,. . . ), hier speziell s = 0. Der Mikrozustand des Gesamtsystems ist R = nr = (n1 , n2 , . . . ). Jetzt schauen wir uns die große Zustandssumme an: ∑ nr εr r Y = ∑e ∑ nr r « « −β( ER −µ NR ) ∞ ∞ n1 =0 n2 =0 = ∑ e−βn1 (ε1 −µ) ⋅ ∑ e−βn2 (ε2 −µ) ⋯ R Jede einzelne der Summen stellt eine unendliche geometrische Reihe dar, also: ∞ 1 n1 =0 1 − e−β(ε1 −µ) −βn (ε −µ) = 1 + e−β(ε1 −µ) + e−2β(ε1 −µ) + ⋅ ⋅ ⋅ = ∑ e 1 1 ⇒Y = 1 1 ⋅ ... 1 − e−β(ε1 −µ) 1 − e−β(ε2 −µ) und somit: Y =∏ r 1 (1.110) 1 − e−β(εr −µ) Wie gewohnt, greifen wir uns einen Zustand s heraus und suchen ns : ns = ∑ PR ns = R ∞ 1 1 ∞ −βn (ε −µ) −β(ER −µNR ) ⋅ ... ⋅ ∑ ns e−βns (εs −µ) ⋅ ... = ∑ n1 e 1 1 ∑ ns e Y R Y n1 =0 ns =0 Mit dem Trick ∞ ∂ ∞ −βns (εs −µ) ∞ −βns εs ∂ ∞ βns µ ∞ −βns εs ∞ β ∑ ns eβns µ = β ∑ ns e−βns (εs −µ) = ∑e = ∑e ∑e ∑e ∂µ ns ∂µ ns ns ns ns ns kann man ns auch schreiben als ns = 1 ∞ −βn1 (ε1 −µ) 1 ∂ ∞ −βns (εs −µ) ⋅ ... ⋅ = ∑ e ∑ e Y n1 =0 β ∂µ ns =0 ´¹¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¸¹¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¶ 1 1−e−β(εs −µ) Mit Ableitung nach µ = 1 1 1 ∂ 1 ⋯ ⋯= Y 1 − e−β(ε1 −µ) β ∂µ 1 − e−β(εs −µ) = 1 1 ⋯1 ∂ ⋯ 1−e−β(ε1 −µ) β ∂µ 1−e−β(εs −µ) 1 1 ⋯ ⋯ 1−e−β(ε1 −µ) 1−e−β(εs −µ) 1.4 Quantenstatistik idealer Gase 52 ∂ (1 − e−β(εs −µ) )−1 = −(1 − e−β(εs −µ) )−2 ⋅ (−β)e−β(εs −µ) ∂µ folgt daraus die Bose-Einstein-Verteilung“: ” ns = e−β(εs −µ) 1 e−β(εs −µ) ⋅ = β(ε −µ) −β(ε −µ) −β(ε −µ) s s s 1−e e e −1 (1.111) Es gilt dabei: ns (εs −µ)→0 Ð→ ∞ Also wenn µ > 0 dann wird ns (→ ∞) singulär, wenn εs = µ. Aber mit fester Teilchenzahl N R = N ist µ ≤ 0 und damit εs − µ > 0 (Die Energie kann ja nicht negativ werden). Wir fordern daher µ ≤ 0 ⇔ εs − µ ≥ 0 für alle Energieniveaus εs ≥ ε0 = 0 Andererseits strebt der Exponentialfaktor eβ(εs −µ) → ∞ für T → 0 und (εs − µ) > 0 So folgt, dass die Besetzungszahl gegen Null strebt. Wir fordern somit insgesamt: Chemisches Potential µ des Bosegases strebt für T → 0 gegen den Grundzustand ε0 , sodass die Zahl N0 der Teilchen im Grundzustand gegen Gesamtzahl N strebt (siehe Abbildung 20(b)). Sobald µ = 0 (Maximalwert von µ erreicht ist (bei T = TC . . . kritische Temperatur“). ” → Phasenübergang“: ” für T → +TC ⇒ µ → −0 Das heißt, dass für T → 0 N0 = ns → N Gesamtzahl der Teilchen. T < TC : Großer, makroskopischer Teil des Teilchens im Zustand niedrigster Energie ε0 . Besetzung höherer Zustände vernachlässigbar klein. Bose-Einstein-Kondensat: E.A. Cornwell, W. Ketterle & C.A. Wieman: 2001: Nobelpreis 1995: Bose-Einstein-Kondensat an 87 Rb in magnetoptische Falle bei T = 1,7 × 10−7 K 87 Rb hat 1 ungepaartes Elektron. Photonen-Statistik: Photonenzahl nicht fest → µ = 0 Daraus folgt die mittlere Besetzungszahl: ns = 1 eβεs −1 . . . Planck’sche Verteilung 53 1 1 ε = hνn = hν ehν/kT −1 STATISTISCHE PHYSIK statt ε = kT = 2 ⋅ 12 kT • spektrale Modendichte: nν = 8πν 2 c3 • spektrale Energiedichte: wν,ρ (ν, T ) = • spektrale Strahldichte: Lν,S (ν, T ) = 8hπν 3 c3 c 4π wν,S ⋅ 1 ehν/kT −1 = 2hν 3 c2 ⋅ 1 ehν/kT −1 Abbildung 19: Chemisches Potential µ als Funktion der Temperatur (V/N = const.) (a) Mittlere Besetzungszahlen ns der Energieniveaus εs für 0 < T < Tc (b) Zahl der kondensierten Boseteilchen gegen den Grundzustand N0 als Funktion von der Temperatur Abbildung 20 Unterhalb von Tc befindet sich ein wesentlicher Anteil der Teilchen im niedrigsten Energiezustand, sodass höhere Zustände vernachlässigbar sind. Diese Anmerkungen führen geradewegs 1.4 Quantenstatistik idealer Gase 54 zur Bose-Einstein-Kondensation“, auf welche hier nicht näher eingegangen werden kann. ” In Zusammenhang mit der Bose-Einstein-Verteilung schauen wir uns noch kurz die Photonen” Statistik“ an, denn wie wir wissen, sind Photonen eben Bosonen. Die Teilchenanzahl ist nicht fixiert, woraus folgt, dass die Energiewerte nicht von der Teilchenanzahl abhängen. Dadurch ist µ = 0 und somit gilt für die mittlere Besetzungszahl des Zustandes s: ns = 1 eβεs −1 = 1 eβhν −1 (1.112) Es handelt sich um die bekannte Planck-Verteilung“, die auch in seinem“ Strahlungsgesetz ” ” auftritt. 55 1.4.5 1 STATISTISCHE PHYSIK Quantenstatistik im klassischen Grenzfall Wir sehen uns die Quantenstatistiken von Fermi-Dirac und Bose-Einstein an (Diese unterscheiden sich ja nur um ein Vorzeichen). Legen wir die vorgegebene Teilchenzahl (N ≅ N ) fest, so ist auch das chemische Potential µ festgelegt durch ∑ nr = ∑ r r 1 eβ(εr −µ) (1.113) ±1 Wir betrachten den Fall e−βµ ≫ 1 wobei e+βµ ≪ 1 ± Fugazität ns = 1 e e−βµ ±1 ±± βεs ≥e0 =1 ≫1 ⇒ ns ≅ e−β(εs −µ) ≪ 1 Bei sehr kleinen Besetzungszahlen geht die Bedingung, dass der Spin Einfluss auf die Statistik hat (also das ±1 im Nenner), verloren - geht somit in die Maxwell-Boltzmann Verteilung über und ist somit klassisch. ⇒ klassisch: ns = e−βεs eβµ mit Randbedingung: N = ∑ ns = ∑ e−β(εr −µ) = eβµ ∑ e−βεr = r ⇒ ns = N r r ns −βε ∑e r e−βεs r −βεs e N −βεs = e → geht in MB über −βε r Z1 ∑e r Fugazität: Die Fugazität ist eine intensive thermodynamische Größe. Je nach Fachgebiet wird diese unterschiedlich definiert. Die Fugazität stellt eine begriffliche Hilfe bei der Bestimmung des chemischen Potentials realer Gase dar. Sie kann als effektiver (oder korrigierter) Druck des realen Gases aufgefasst werden, welches im Zusammenhang einer Druckänderung betrachtet wird. Speziell von Vorteil ist die Verwendung der Fugazität bei der Bestimmung der GibbsEnergie für den Zustand des realen Gases nach der Druckänderung.[5] Frage: Wann wird e−βµ ≫ 1? ≙ Bedingung für klassischen Grenzfall ist erfüllt wenn ns ≪ 1, das heißt bei genügend verdünntem Quantengas. 1/3 V ) zwischen benachbarten Teilchen groß Rechnung zeigt: e−βµ ≫ 1 ⇔ mittlerer Abstand ( N gegen de Broglie Teilchenwellenlänge λT bei der Temperatur T : λT = thermische Teilchen” wellenlänge“. Teilchenwellenlänge (λT )3 = thermisches Teilchenvolumen“ ” 1.4 ⇒ Quantenstatistik idealer Gase V N ≫ (λT )3 ⇒ V N (λT )3 ≫1 56 1 λT ∝ √ T ist vorgegeben. ⇒ Teilchenwellenlänge λT muss klein sein ⇒ 1. wenn Teilchenzahldichte ⇒ hohe Temperatur. 2. Wenn niedrige Temperatur vorgegeben → Teilchendichte N V muss klein sein. N V insgesamt: Im Fall e−βµ ≫ 1 ≙ klassischer Grenzfall reduzieren sich die quantenmechanischen Verteilungen FD und BE auf die klassische MB-Verteilungen. Wir stellen die Bedingung für hinreichende Verdünnung V N (λT )3 ≪ 1 und damit ns ≪ 1 Abbildung 21: Vergleich der Bose-Einstein und der Fermi-Dirac-Verteilungsfunktion. Den klassischen Geltungsbereich erhält man für (ε − µ) ≫ τs , wo die beiden Verteilungen fast identisch werden. Abbildung 22: Vergleich der Energiezustandbesetzungen im klassischen und im Quantenbereich 57 2 2 FESTKÖRPERPHYSIK Festkörperphysik Festkörperphysik ist die Physik der Kristalle. In der Materialphysik betrachten wir Kristalle, Gläser (= unterkühlte Flüssigkeiten), Quasikristalle (diese haben quasiperiodische Anordnung), Polymere und Flüssigkristalle, Cluster und dünne Schichten (damit meint man einige Atomlagen dicke Schichten). Frage: Was hält den Festkörper zusammen? Die Wechselwirkung zwischen den Atomen. Abbildung 23: Gleichphasige und gegenphasige Normalschwingung der gekoppelten Pendel. Abbildung 24 58 Aufspaltung der Energieniveaus entsprechend dem Überlapp der Wellenfunktionen. In der Festkörperphysik haben wir eine große Teilchenzahl und daher quasikontinuierliche Energieniveaus welche als Bänder“ bezeichnet werden. ” Abbildung 25: Aufspaltung der Energieniveaus bei Annäherung einer großen Zahl gleicher Atome der ersten Reihe des Periodensystems aneinander (schematisch). Der Abstand r0 soll etwa den Gleichgewichtsabstand in einer chemischen Bindung charakterisiern. Durch die Überlappung der 2s und 2p Bänder wird auch das Element Be (Beryllium) mit zwei s-Elektronen zum Metall. Tiefliegende Atomniveaus spalten wenig auf und behalten deshalb weitgehend ihren atomaren Charakter. Aufspaltung der Energiebänder in einem Be-Kristall 1s, . . . Rumpfelektron, kleine Aufspaltung 2s, 2p,. . . Valenzelektronen, große Aufspaltung → Energiebänder 59 2 2.1 FESTKÖRPERPHYSIK Die chemische Bindung Das Grundprinzip ist die Absenkung der Energie durch Umverteilung der Valenzelektronen“ ” entsprechend der Aufspaltung der Niveaus. Abbildung 26: Schematic representation of the energy (a) and force (b) between two atoms as function of their seperation r. The dashed curves are the sums of the attractive and repulsive curves. Eine Bindung kommt durch den Energiegewinn (Bindungsenergie) bei einer Umverteilung der Valenzelektronen zustande. Wir können diese Energie einmal ganz zwanglos ansetzen durch Epot (r) = − α β + m n r r (2.1) Die Bindung wird wie erwartet stabil, wenn (2.1) minimal wird für r = r0 . Das ist der Gleichgewichtsabstand mit der Bedingung m > n. Definieren wir uns noch die Dissoziationsenergie D ∶= −E(r0 ). Das ist die Energie, die nötig ist, um die Atome wieder auseinanderzubringen, also die Bindung aufzubrechen. Die verschiedenen Bindungstypen werden charakterisiert durch die Ausdehnung und Überlappung der besetzten Elektronenzustände. Wir unterscheiden: 1. Die Elektronen seien an den Ionen lokalisiert und es herrscht nur eine geringe Überlappung der Wellenfunktionen. Dann sprechen wir entweder von Ionenbindungen“ (Salze) ” oder von einer Wasserstoffbrücken Bindung“. ” 2. Bei der Überlappung der Wellenfunktionen zwischen den Nachbarn besteht eine Winkelabhängigkeit. Das ist dann eine kovalente“ Bindung (halbleitende Elemente und de” ren Verbindungen, Moleküle). 2.1 Die chemische Bindung 60 3. Bei der metallischen Bindung sind die Wellenfunktionen der Elektronen gegenüber dem Nachbarabstand weit ausgedehnt. Die Elektronen sind dann gegenüber dem Atom nicht mehr lokalisierbar. 2.1.1 Die Typen der chemischen Bindung 1. Die Ionenbindung (heteropolar): (heteropolar deswegen, weil zur Ionenbindung verschiedene Atome benötigt werden.) Am Beispiel von N aCl. Natrium hat eine geringe Ionisierungsenergie (5,14eV , Alkalimetalle“: kleine Ionisationsenergie (Li, N a, Ka, Rb, Cs) - N a: 1s2 2s2 2p6 3s3 leicht“ ” ” entfernbar), d.h. es ist elektropositiv, da es leicht Elektronen abgibt. Chlor weist eine Elektronenaffinität“ von 3,61eV auf, d.h. es gewinnt bei der Ionisierung ” durch zusätzliches Elektron diese Energie. Für N a+ Cl− sind daher nur 1,53eV notwendig. Diese Energie gilt aber nur für unendlich ferne Atome, im Nahbereich (≈ nm) kommt es zu einem Elektronentransfer, aber auch zu einer Abstoßung durch das Pauli-Verbot. 2. Die kovalente Bindung (homöopolar): Kovalente Bindungen beruhen normalerweise auf einem Elektronenpaar, das aus dem Überlapp der Valenzelektronenwellenfunktionen von den beteiligten Atome gebildet wird. Beispiel: Bei H2 sind 2 Teilchenwellenfunktionen beteiligt. Entscheidend sind die Symmetrieeigenschaften der Wellenfunktionen, denn die gesuchte Wellenfunktion muss wegen des Pauliverbotes antisymmetrisch bezüglich einer Vertauschung sein (siehe Seite 43). Wir müssen die Gesamtwellenfunktionen in einen Spinanteil und einen räumlichen Anteil zerlegen. Betrachten wir den Spinanteil der Elektronen: (a) parallele Spins der zwei Elektronen: Der Gesamtspin: S = 21 + 12 = 1; ms = −S, −S + 1, . . . , S − 1, S. Hier sind alle Möglichkeiten symmetrisch bezüglich des Austausches von e−1 und e−2 . QM-Rechnung[6] für S = 1, ms = 1 S = 1, ms = −1 S = 1, ms = 0 → → → ↑1 ↑2 ↓1 ↓2 ↑1 ↓2 + ↓1 ↑2 Diese sind alle symmetrische Wellenfunktionen, daher der Raumanteil antisymmetrisch. 61 2 FESTKÖRPERPHYSIK (b) Antiparallel: S = 0; ms = 0 → ↑1 ↓2 − ↓1 ↑2 ist antisymmetrisch und somit der Raumanteil symmetrisch. Da die Gesamtwellenfunktion ja antisymmetrisch sein muss ist durch den Spin der räumliche Anteil festgelegt (Pauliverbot). Für S = 1 (Spinparallel) ist der Raumanteil antisymmetrisch und damit nicht bindend. Im Falle von S = 0 (antiparallel) ist der Raumanteil symmetrisch und damit ist hier die Gesamtwellenfunktion antisymmetrisch, also bindend (und somit günstig). Was wir hier noch zu bedenken haben ist folgendes: Unbewusst ist es uns gelungen, eine Aufspaltung der Atomniveaus in bindende und antibindende Zustände zu erklären. H2 , O2 , N2 sind zum Beispiel rein kovalente Bindungen, wohingegen bei unterschiedlichen Atomen die Bindung meist aus einem kovalenten und ionischen Anteil besteht ( fraktionierter“ Charakter der Bindung). ” 2 Elektronen Bindungsorbital ⇒ stark gerichtete Bindungsorbital Abbildung 27: Für zwei Wasserstoffatome sind hier (eindimensional) die räumlichen Anteile der Wellenfunktionen dargestellt. ψS ist die symmetrische und ψA ist die antisymmetrische Wellenfunktion: a) bei großem Abstand, b) bei geringem Abstand der Protonen. c) Die Wahrscheinlichkeitsdichte ∣ψ∣2 der Elektronen bei geringem Abstand. Sie ist zwischen den Kernen groß bei der symmetrischen Wellenfunktion ψS . Dadurch kommt die Bindung der Wasserstoffatome im H2 Molekül zustande. Bei der antisymmetrischen Wellenfunktion ψA ist die Ladungsdichte zwischen den Protonen gering, und die Atome bilden kein Molekül. 2.1 Die chemische Bindung 62 Abbildung 28: Die potentielle Energie des Ionenpaares N a+ Cl− als Funktion des KernKern-Abstands r. Sie hat ihre Minimum beim Gleichgewichtsabstand r0 = 0,236nm. Die Energie der beiden getrennten Ionen beträgt bei unendlich großem Kern-Kern-Abstand (r = ∞) 1,53eV . Diese Energie ist erforderlich, um die beiden Ionen aus den neutralen Atomen zu erzeugen. Abbildung 29: Bindungsenergien für eine einzelne kovalente Bindung zwischen gleichen Atomen. (Nach Pauli) 3. Van der Waals-Bindung: Zwischen induzierten oder permanenten Dipolen → schwache elektrostatische Anziehung. Wir betrachten ein Atom als fluktuierenden elektrischen Dipol, der in einem zweiten Atom ein Dipolmoment induziert, was zu einer leicht attraktiven Wechselwirkung führt; es wirken sogenannte Londonsche Dispersionskräfte“. Die Energie ist gegeben durch: ” ⃗D = { 2p cos θ , p sin θ , 0} E 4πε0 R3 4πε0 R3 (2.2) 63 2 FESTKÖRPERPHYSIK Bei uns sei θ = 0. Daraus folgt: ED = 1 p p ∝ 3 3 2πε0 R R (2.3) p⃗1 erzeugt ein Feld am Ort vom Dipol p⃗2 . ED ∝ Rp3 woraus folgt, dass p⃗2 = αE ∝ wobei α die Polarisierbarkeit ist. Somit ist p⃗2 α⃗ p1 c p⃗1 Epot (R) = −⃗ p2 E ∝ − 3 ⋅ 3 ∝ − 16 = − 6 R R R R ° ² α⃗ p1 , R3 Dipolmoment F eld Durch einen Ansatz für die Pauli-Abstoßung Potential: B R12 folgt das sogenannte Lennard-Jones“” σ 12 σ 6 Epot (R) = 4ε [( ) − ( ) ] R R (2.4) c = 4εσ 6 , B = 4εσ 12 ε entspricht der Potentialtiefe und σ dem Kontaktabstand. Zu erwähnen ist hier noch die harmonische Näherung des Atompotentials: Um die Gleichgewichtslage kann man Gleichung (2.4) durch einen harmonischen Oszillator annähern. Epot R=σ -ε R = R0 = Gleichgewichts-Abstand ε Abbildung 30: Lennard-Jones Potential [MB] R 2.1 Die chemische Bindung 64 4. Die Wasserstoffbrückenbindung: Wenn wir uns ein Ion des Wasserstoffatoms ansehen, so wissen wir, dass es lediglich ein nacktes“ Proton ist, d.h. es ist um ca. 5 Größenordnungen kleiner (r ≈ 10−15 ), also 105 ” kleiner als alle anderen Ionen. Außerdem hat der Wasserstoff mit 13,6eV eine hohe Ionisierungsenergie. Aus diesen Fakten, folgt ein besonderes Bindungsverhalten: Es geht Bindungen mit stark elektronegativen Atomen ein, also solche, die viel Energie gewinnen wenn sie ein Elektron aufnehmen (Das stärkste ist Fluor). Beispiele für solche Bindungen sind: HF Flusssäure; H2 O Eiskristalle und in der Molekulargenetik vorprogrammierte Bruch” stellen“. In der DNA werden Bindungen zwischen Cytosin und Guanin durch WasserstoffBrücken hergestellt. Abbildung 31: Das Wasserstoffdifluoridion HF2− wird durch eine Wasserstoffbrücke gebildet. Die Zeichnung gibt ein extremes Modell wieder, extrem deshalb, weil das Proton ganz ohne Elektron dargestellt ist. Abbildung 32: The crystal structure of one of the many phases of ice. The large circles are oxygen ions; the small circles are protons. Ice is an example in which hydrogen bonding plays a crucial role. 65 2 2.1.2 FESTKÖRPERPHYSIK Kovalente Bindung mehratomiger Moleküle H2 O mit 18g/mol oder Riesenmoleküle (z.B. Proteine mit 106 g/mol) gehen meistens kovalente Bindungen ein, eventuell versehen mit Wasserstoffbrückenbindung. Bei kovalenten Bindungen gehören die bindenden Elektronen zu den beteiligten Atomen, woraus folgt, dass die Wellenfunktionen der Valenzelektronen, welche die Orbitale bilden, überlappen müssen. 1. Sehen wir uns erst die Bindung des H2 O-Moleküls an: Für O gilt ja ein Grundzustand: 1s2 2s2 2p4 . Beim isolierten O sind 6 Elektronen in 2p möglich, wegen m = −1, 0, 1. 4 Elektronen seien z.B. in pz (2⋅ ↑↓), d.h je eines aus px und py kann mit dem 1s Elektron des H-Atoms eine Bindung eingehen. Der Winkel zwischen den Bindungen ist aufgrund der Abstoßung größer als 90○ . Speziell beim H2 O sind es 104,5○ Abbildung 33: Schematische Darstellung der Elektronendichteverteilung im H2 OMolekül. 2. Die Bindungen des C-Atoms: C ist im Grundzustand 1s2 2s2 2p2 . C geht fast ausschließlich 4 Bindungen ein. Um jedoch 4 Bindungen eingehen zu können passiert eine sogenannte Hybridisierung“ (= ” Kreuzung). Dabei wird ein Elektron aus dem 2s-Orbital in das 2p-Orbital angehoben, also in den ersten angeregten Zustand. Diese Promotion“ macht etwa 4eV aus. Es gibt jetzt 4 ungepaarte Elektronen: 2s, 2px , 2py , 2pz . ” Das ist die sogenannte sp3 -Hybridisierung welche aus 2s und 3 2p Zuständen besteht. ” 2.1 Die chemische Bindung 66 Hat also 4 gleichwertige Bindungsorbitale ( Hybridorbitale“). Hier ist die Elektronenab” stoßung in einer Tetraeder-Ausrichtung. Als Beispiele dafür wären Methan (CH4 ) und Ethan (C2 H6 ) zu nennen. Es gibt aber auch sp2 -Hybridisierung, wo 3 Hybridorbitale in einer Ebene sind (∼ 120○ ), was zu einer Doppelbindung wie beim Ethen (H2 C −CH2 ) führt; und es gibt auch noch die sp-Hybridisierung, bei der es zu einer linearen Dreifachbindung wie beim Acethylen (HC − −CH) kommt. Wie bei Atomen emittieren und absorbieren auch Moleküle elektromagnetische Strahlung, sodass es zu Spektren kommt. Diese zeigen die Energieniveaus der Moleküle. Bei einem 2-atomigen Molekül liegt die Energie bei der Absorption durch elektromagnetische Strahlung bei etwa 1eV , bei Schwingungen um den gemeinsam Massenmittelpunkt bei etwa 0,1eV und durch die Rotation um die Schwerpunktachse zwischen 10−2 eV und 10−6 eV . 2.1.3 Ionenkristalle Ein Ion habe die Ladung ±q. Die Wechselwirkung mit anderen Ionen ist durch eine langreich2 weitige Coulombwechselwirkung ∝ ± qr gegeben. Die elektrostatische Bindungsenergie bezeichnen wir als Madelung-Energie“. Jetzt betrachten wir zwei Ionen i und j des Kristalls ” und setzen für deren Wechselwirkungsenergie ij Epot = ae− rij b ± 1 q2 4πε0 rij (2.5) an, wobei der erste Term das abstoßende, sogenannte Born-Mayer Potential“ beschreibt. Oh” ne dieses Born-Mayer Potential, welches nur für die nächsten Nachbarn gilt und auf Pauli bzw. die wechselseitige Abstoßung der Kerne zurückzuführen ist, würde der Kristall kollabieren. Diese liefert nur einen Beitrag zwischen nächsten Nachbarn im Kristall. a ist die Stärke“, b die ” Reichweite des Born-Mayer Potentials. Eine Abstossung soll nur zwischen nächsten Nachbarn stattfinden können. ⎧ 1 q2 −R ⎪ ⎪ae b − 4πε0 R (nächsten Nachbarn) ij Epot = ⎨ 1 1 q2 (2.6) ⎪ (alle anderen) ⎪ ⎩± 4πε0 pij R Wenn R der Abstand zwischen nächsten Nachbarn ist und rij = pij R, dann ist die gesamte Wechselwirkung des Ions i (gesamte Gitterenergie) mit allen anderen des Kristalls gegeben durch: R 1 αq 2 i Epot (R) = N ∑ E ij = N (Z ⋅ a ⋅ e− b − ) (2.7) 4πε0 R i≠j N ist hier die Anzahl der Ionenpaare und Z die Koordinationszahl, d.h. die Anzahl der nächsten Nachbarn. α ist Madelung-Konstante +“ für positive Ion, −“ für negative Ion, (Aufion ist ne” ” gativ). 67 2 FESTKÖRPERPHYSIK Bevor wir uns dem α zuwenden, schauen wir uns den Gleichgewichtsabstand an: i dEpot dR =0= R0 1 αq 2 d [N (Zae− b − )] = dR 4πε0 R R0 N q2α 1 = − N Zae− b + =0 b 4πε0 R02 ⇒ R02 e− R0 b = bαq 2 1 bαq 2 R0 ⇒a= e b 4πε0 Za 4πε0 ZR02 Eingesetzt in das Potential kürzen sich ein paar Dinge raus und übrig bleibt: i (R0 ) = − Epot 1 N q2α b (1 − ) 4πε0 R0 R0 (2.8) als Gitterenergie im Gleichgewichtsabstand. 1 N αq 2 Der Faktor − 4πε wird als Madelungenergie“ bezeichnet. Da in der Realität der Para0 R0 ” R0 i hauptsächlich bestimmt durch die Madelungenergie! meter b ∝ 10 ist, wird Epot Nun kommen wir zurück zu α. Wie oben schon angesprochen ist α die Madelung-Konstante“ ” und ist definiert durch: 1 α ∶= ∑ ± (2.9) p ij j α ist stets > 0 und das Vorzeichen in der Summe ist abhängig vom Bezugsion (also, ob es positiv oder negativ geladen ist). Abbildung 34: Schematische Darstellung des linearen Gitters (Kette). 2.1 Die chemische Bindung 68 Wenn wir uns Abbildung 34 ansehen, können wir die Madelung-Konstante sofort berechnen. Es ist rij = pij R und somit 1 1 1 1 α =2⋅( − = ∑(±) + ± ⋯) R rij R 2R 3R j (2.10) (Der Faktor 2 in Gleichung 2.10 kommt von 2 Ionen im gleichen Abstand vom Bezugsion, siehe Abbildung 34). α = 2 [1 − 1 2 + 1 3 − 1 3 ± . . . ] - Wenn wir uns die Reihe genau ansehen, erinnert sie uns an die Reihe von ln(1 + x) = x − x2 2 + x3 3 ± . . . , also folgt ⇒ α = 2 ⋅ ln 2 Das ist unser Wert für α, die im Allgemeinen strukturabhängig ist. Hier ein paar Werte für α: Struktur NaCl CsCl ZnS α[RN N ] 1,7476 1,7627 1,6381 Tabelle 1: Verschiedene Werte für α (a) Modell des Natriumchlorids. Die Natriumionen sind kleiner als die Chlorionen. (aus A.N. Holden und P. Singer, Crystals and crystal growing“) ” (b) Die Kristallstruktur von Natriumchlorid. Das Raumgitter ist kubischflächenzentriert. Die Basis besteht aus einem N a+ -Ion bei [000] und einem Cl− -Ion bei [ 21 21 12 ]. Abbildung 35: Modell und Kristallstruktur des Natriumchlorids. 69 2 FESTKÖRPERPHYSIK Röntgenbeugung hat den Gleichgewichtsabstand: R0 Kompressionsmodul: Stärke a des Born-Mayer Potentials Man bekommt 2 Gleichungen für a und b des Born-Meyer Potentials. 1. Gleichgewichtsabstand: a = 2. Kompressionsmodul: K = αq 2 b eR0 /b 4πε0 ZR02 1 αq 2 4πε0 18R04 (R0 b − 2) Das ist der Kompressionsmodul eines Ionenkristalls. Die Reichweite b ist berechenbar. R0 und K kann man messen (z.B. R mit Röntgenbeugung und K mit etwaigen Kompressionsversuchen) und damit Utotal (R0 ) angeben. 1. Beispiel: NaCl: Aus der Berechnung: 0,8eV. Hier führt die Bestimmung der Bindungsenergie pro Ionenpaar über die experimentell gemessene Energiebilanz bei der Bildung von NaCl aus einzelnen Na-Atomen und einzelnen Cl-Atomen Die Messung ergibt 7,9eV 2.1 Die chemische Bindung 70 2. Beispiel: KCl (Na-Cl-Struktur): Aus dem Experiment ist gefunden worden: K = 1,97 × 1010 N m−2 ; R0 = 3,147 × 10−10 m Die Madelung-Konstante ist ungefähr 1,75. Somit ist die Reichweite b = 0,3 × 10−10 m Die Gesamtenergie pro Ionenpaar ist ja Epot N 2 1 αq = − 4πε (1 − 0 R0 b R0 ) = −7,25eV . Das Experiment bringt einen Wert von −7,4eV . Abbildung 36: Potential der Moleküle im KCl-Kristall. Die Beiträge des CoulombPotentials und des abstoßenden Potentials sind getrennt eingezeichnet. Abbildung 37: Parameter des Born-Mayer-Potentials a und b berechnet aus R0 und K sowie theoretische und experimentelle Bindungsenergien. 71 2 2.1.4 FESTKÖRPERPHYSIK Kovalente und metallische Kristalle 1. Kovalente Bindung: Kohlenstoff hat ein Diamantgitter, C ∶ 1s2 2s2 2p2 ; ist sp3 -Hybrid. Die Promotion“ ergibt 4 equivalente Bindungen. ” Analog ist es bei Silizium, Si ∶ 1s2 2s2 2p6 3s2 3p2 Germanium, Ge ∶ 1s2 2s2 2p6 3s2 3p6 4s2 4p2 Jedes Atom umgibt sich mit 4 Nachbarn (4 gleichwertige Hybridbindungen) woraus sich die Diamantstruktur ergibt. Kohlenstoff C: Graphit ist ein sp2 -Hybrid, hat also eine hexagonale Struktur (6-er Ringe in Ebene) (siehe Abb. 48). Diese 6-er Ebenen werden durch die van der Waals-Bindung zusammengehalten welche 0,07eV hat. 2. Metallische Bindung: Die typischen Metalle haben eine dichteste Packung. Abbildung 38: Die Energieaufspaltung des 1s- und des 2s-Energieniveaus für sechs Atome, als Funktion des Abstands der Atome. Als einen kurzen Einschub betrachten wir kurz das Sommerfeld’sche Modell der freien Elektronen: Die Valenzelektronen von Metallionen sind von diesen völlig getrennt, d.h. sie gehören“ dem ” ganzen Kristall, weshalb man vom freien Elektronengas“ spricht. ” In einem anderen Bild schwimmen die positiven Metallionen in einem See von Leitungselektronen. Die metallische Bindung ist sozusagen superkovalent“. Ohne Überlappung der Wel” lenfunktionen gäbe es keine Leitfähigkeit. 2.2 Kristallstrukturen, reziproker Raum und Kristallbeugung 72 Abbildung 39: Die Bandstruktur des Natriums. Das leere 3p-Band überlappt mit dem halbvollen 3s-Band. Unmittelbar oberhalb der gefüllten Zustände existieren viele leere Zustände, in die Elektronen durch ein elektrisches Feld angeregt werden können; daher ist Natrium ein Leiter. 2.2 2.2.1 Kristallstrukturen, reziproker Raum und Kristallbeugung Kristallgitter Zu Beginn des 20. Jahrhunderts machten, unter anderem, Friedrich, Kripping und von Laue Experimente mit Interferenzerscheinungen von Röntgenstrahlen und fanden, dass Röntgenstrahlen elektromagnetische Wellen sind sowie die periodische Anordnung von Atomen in Kristallen. ⃗, ⃗b, c⃗: Wir definieren 3 fundamentale Translationsvektoren (= Basisvektoren) a ⃗ + n2⃗b + n3 c⃗ r⃗′ = r⃗ + n1 a ´¹¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¸ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¶ (2.11) ⃗ R ⃗ heißt Gittervektor und wird uns noch öfters begegnen. Die Kristallstruktur ergibt sich aus der R Basis und dem Translationsgitter. 73 2 FESTKÖRPERPHYSIK Abbildung 40: Grafische Darstellung der des Gittervektors r⃗′ . Die Anordnung der Atome in dem Kristall sieht für einen Beobachter in ⃗ der r⃗ genauso aus, wie für einen in r⃗′ , vorausgesetzt, dass der Vektor R ⃗ und ⃗b ausgedrückt r⃗ und r⃗′ verbindet, als ganzzahliges Vielfaches von a ⃗ = −⃗ ⃗ und ⃗b werden kann. In unserem Beispiel ist R a + 3⃗b. Die Vektoren a sind primitive Translationsvektoren des zweidimensionalen Gitters. Abbildung 41: Die Kristallstruktur ensteht, indem zu jedem Gitterpunkt des Gitters (a) eine Basis (b) hinzugefügt wird. Wenn man (c) betrachtet, kann man die Basis erkennen und danach das Raumgitter finden. Ohne Bedeutung ist die Lage der Basis in bezug auf ihren Gitterpunkt. 2.2 Kristallstrukturen, reziproker Raum und Kristallbeugung 74 ⃗ ist ein definierters Translationsgitter, welche eine periodische Anordnung Der Gittervektor R von Punkten im Raum ist. Vom Gitter ausgehend bekommen wir eine Kristallstruktur die entsteht indem wir zu jedem Gitterpunkt des Gitters eine Basis hinzufügen (siehe Abbildung 41). Kristallstruktur = Gitter + Basis Der Begriff Einheitszelle“ ist in der Folge gleichzusetzen mit Strukturzelle“ und mit Ele” ” ” mentarzelle“. Die primitive Elementarzelle“ ist die mit dem kleinsten Volumen und der Dichte“ von 1 Git” ” terpunkt pro Zelle. Die Anzahl der Atome in der primitiven Zelle ist gleich der Anzahl der Atome in der Basis. Das Volumen der primitiven Elementarzelle ist gegeben durch V = ∣(⃗ a × ⃗b) ⋅ c⃗ ∣ (2.12) wobei die Anordnung der Basisvektoren beliebig ist. Eine andere Methode die primitive Elementarzelle zu konstruieren ist die sogenannte Wigner” Seitz-Zelle“. (a) The Wigner-Seitz cell for the bodycentered cubic Bravais lattice (a truncated ” otahedron“). The surrounding cube is a conventional body-centered cubic cell with a lattice point at its center and on each vertex. The hexagonal faces bisect the lines joining the central point to the points on the vertices (drawn as solid lines). The square faces bisect the lines joining the central point to the central points in each of the six neighboring cubic cells (not drawn). The hexagons are regular. (b) Wigner-Seitz cell for the face-centered cubic Bravais lattice (a rhobic dodecahedron“). ” The surrounding cube is not a conventional cubic cell, but one in which lattice points are at the center of the cube and at the center of the 12 edges. Each of the 12 (congruent) faces is perpendicular to a line joining the central point to a point on the center of an edge. Abbildung 42: Wigner-Seitz Zelle für (a) body-centred cubic Bravais Gitter, und (b) face-centered cubic Bravais Gitter. 75 2 (a) FESTKÖRPERPHYSIK (b) Abbildung 43: The true (fully drawn) and compound (dashed) unit cells of (a) facecentered cubic and (b) body-centered cubic lattices Sie wird durch folgendes Verfahren gefunden (Abbildung 44): Man zeichnet die Verbindungsstrecken von einem beliebigen Gitterpunkt zu all seinen Nachbarpunkten. Dann halbiert man diese Strecken und zeichnet dort die senkrechte Gerade (im 3-dimensionalen sind es dann Mittelflächen) ein. Diese Geraden schneiden einander natürlich. Die kleinste, so gefundene Fläche (im 3D das Volumen) bildet eine primitive Elementarzelle. Mit diesen Zellen kann der gesamte Raum ausgefüllt werden. Abbildung 44: Konstruktion einer Wigner-Seitz Zelle[7] Nun kommen wir noch zu den fundamentalen Gitterarten in 3 Dimensionen: 2.2 Kristallstrukturen, reziproker Raum und Kristallbeugung 76 In 3 Dimensionen ergeben sich aus den Symmetrien der Punktgruppen 14 verschiedene Gitter. Unter einer Gitterpunktgruppe versteht man die Gesamtheit der Symmetrieoperationen um einen Gitterpunkt als Zentrum, die das Gitter invariant lassen, also z.B.: Hier werden nur normale“ Kristalle betrachtet, keine Quasikristalle“ ” ” 1. Drehung um Achse durch Gitterpunkte: 2π 2π 2π 2π , , , + ganzzahlige Vielfache 2 3 4 6 Zähligkeit“: 1, 2, 3, 4, 6 ” Drehwinkel: 2π, 2. Spiegelung an Ebene durch einen Gitterpunkt: 3. Inversion“: Drehung um π und anschließend eine Spiegelung an einer Ebene normal ” ⃗ → −R ⃗ zur Drehachse. Dadurch geht der Gittervektor R Die Symmetrieoperationen in 3-Dimensionen ergeben die 14 verschiedenen Punktegitter oder auch Bravaisgitter, welche in 7 Gittersystemen klassifiziert werden (siehe Abbildung 45 bis 51). Wenn wir uns die Symmetrien dieser Kristallsysteme anschauen, so sehen wir, dass das kubische System die höchste Symmetrie hat, während6 das trikline Gitter die geringste Symmetrie hat. (a) kubisch-primitiv (sc) (b) kubisch-raumzent. (bcc) (c) kubisch-flächenz. (fcc) Abbildung 45: Kubisches Kristallsystem[8] 77 2 (a) tetragonal-primitiv FESTKÖRPERPHYSIK (b) tetragonal-raumz. Abbildung 46: Tetragonales Kristallsystem[8] (a) rhomb.-primitiv (b) rhomb.-basiszent. (c) rhomb.-raumzent. Abbildung 47: Rhombisches Kristallsystem[8] (a) hexagonal-primitiv Abbildung 48: Hexagonales Kristallsystem[8] (d) rhomb.-flächenz. 2.2 Kristallstrukturen, reziproker Raum und Kristallbeugung (a) rhomboedrisch Abbildung 49: Trigonales Kristallsystem[8] (a) monoklin-primitiv (b) monoklinbasiszentriert Abbildung 50: Monoklines Kristallsystem[8] (a) triklin Abbildung 51: Triklines Kristallsystem[8] 78 79 2 2.2.2 FESTKÖRPERPHYSIK Die Struktur einfacher Kristalle In der Physik ist es oft besser, für ein bestimmtes Gebiet Theorien zu verwenden, welche nicht ein Großteil von der Physik beschreiben - sondern einfachere Modelle, die etwas bestimmtes genauer beschreiben, welche im Falle der Festkörperphysik das Modell der harten Kugeln“ ist. ” Viele Metalle + Legierungen: 3 Kristallsysteme • Kubisch-Raumzentriert (krz-bcc) (bcc = base centred cubic) • Kubisch-Flächenzentriert (kfz-fcc) (fcc = face centred cubic) • hexagonal-dichtest-gepackt (hdp-hcp) (hcp = hexagonal close packed) Als einfaches Modell nähern wir die Gitterpunkte (also die Basis) durch harte Kugeln an. Zunächst brauchen wir zwei Begriffe: • Packungsdichte: Diese gibt den maximalen Anteil des zur Verfügung stehenden Volumens für jeden Gitterpunkt an, der von harten Kugeln ausgefüllt werden kann. • Stapelfolge: Wir haben drei verschiedene Atome a, b, c. Die Grundfläche sei mit den Atomen a ausgelegt und dazwischen jeweils ein b und ein c. Jetzt gehen wir einen Stock“ höher. Dann gibt es zwei Möglichkeiten: ” Entweder b liegt auf einem darunterliegenden a und dann wieder ein a im 3.Stock“ dann ” ist die Stapelfolge ababab . . . , oder auf dem b im 2.Stock“ liegt ein c, dann wieder ein ” a, usw., Dann lautet die Stapelfolge abcabcabca . . . Speziell betrachten wir 3 Systeme: 1. Die kubisch-raumzentrierte Struktur: Es ist eine offene“ Struktur, α-Fe (Ferrit) ” Es befinden sich genau 2 Atome in der Elementarzelle, nämlich eines im Zentrum und acht Kugeloktanten, also 1 + 18 8 = 2, KZ1 = 8, KZ2 = 6 Die Dichte ist gegeben durch die Masse der Atome in der Elementarzelle dividiert durch das Volumen in der Einheitszelle. Am Beispiel von Ferrit ist die Dichte etwa 7,93g/cm3 2.2 Kristallstrukturen, reziproker Raum und Kristallbeugung 80 Abbildung 52: In der linken Zeichnung befindet sich das mittlere Atom im Zentrum des Würfels. Stapelt man mehrere Würfel deckungsgleich übereinander, folgt daraus die rechte Zeichnung. 2. Die hexagonale Struktur (dichtest gepackt): Sie ist in der 1. Ebene dicht gelegt; In der 3. Ebene gibt es 2 Möglichkeiten: (a) über 1. Lage → hcp (b) neue Lücken → fcc Bei dieser Struktur lautet die Stapelfolge abababa . . . . Sie ist hexagonal dichtest ” gepackt“. Vertreter davon sind u.a. Mg, Zn, Cd,. . . Strukturzelle: ⎧ 12 Eckatome für 6 Zellen ⎪ ⎪ ⎪ ⎪ 6 Atome/Elementarzelle ⇐ ⎨2 Flächenzentrierte für 2 Zellen ⎪ ⎪ ⎪ ⎪ ⎩3 innenzentrierte Wir haben 2 Gitterkonstanten a für den Abstand in der Ebene (vgl. Abbildung 40) und b für√die Zwischenebene. Die dichteste Packung gelingt bei einem Verhältnis von c a = 8 3 = 1,633 Die Zahlen in der Wurzel kommen von der Zahl der Eckatome und den innenzentrierten Atomen. Abbildung 53: Die hexagonale Struktur 81 2 FESTKÖRPERPHYSIK 3. Die kubisch-flächenzentrierte Struktur: Hier ist die Stapelfolge abcabc . . . Acht Eckatome liefern je ein Achtel und sechs Flächenatome je eine Hälfte, sodass insgesamt 4 Atome pro Einheitszelle vorhanden sind. Vertreter dafür sind z.B.: Cu, Ag, Au, Ni, γ-Fe. Abbildung 54: Die kubisch-flächenzentrierte Struktur 2.2.3 Kristallographische Ebenen und Richtungen Eine nützliche Vorstellung davon ist ein Aufbau aus sogenannten Netzebenen“: ” Abbildung 55: Sätze von Ebenen in einem kubisch-raumzentrieren Gitter. Die schräg durchlaufenden sind jeweils verschiedene Ebenen, also (a) von rechts oben nach links unten und (b) von links oben nach rechts unten. 2.2 Kristallstrukturen, reziproker Raum und Kristallbeugung 82 In der Abbildung 55 ist der Abstand der horizontalen Ebenen a2 . Diese bilden die (200)-Ebenen. √ √ Die Linien mit dem Abstand a2 2 bilden die (110)-Ebenen und die mit dem Abstand a2 25 die (130)-Ebenen. Wir werden gleich sehen wieso die so heißen. Miller-Indizes Abbildung 56: Showing (a) a (321) set of planes; (b) that (111) direction lies in the (321) planes Die Lage einer Kristallebene ist durch 3 beliebige Punkte in der Ebene festgelegt. Wenn die Punkte auf jeweils unterschiedlichen Kristallachsen liegen, könnte man die Ebene durch die Achsenabschnitte in Einheiten der Gittervektoren (siehe Abbildung 55) charakterisieren. Es hat sich aber als nützlich erwiesen, die Lage der Ebene durch die Millerschen Indizes“ ” anzugeben. Diese werden wie folgt bestimmt: 1. Man bestimme die Schnittpunkte der Ebene mit den Achsen a, b, c. Die Achsen können primitiv sein oder auch nicht. In Abbildung 56 ist es z.B.: a3 , b 2, c 1 2. Man bildet nun die Kehrwerte der gefundenen Zahlen und bringt diese auf den gleichen Nenner. Nun sucht man 3 ganze Zahlen die im selben Verhältnis wie die Kehrwerte stehen - normalerweise die kleinsten. 83 2 FESTKÖRPERPHYSIK Die sich daraus ergebenden Zahlen werden in Runde-Klammern () gesetzt und nennt man Millersche Indizes. Somit ist Abbildung 56 eine (321)-Ebene. Die Miller-Indizes werden mit (h k l) bezeichnet. Viele Ebenen sind zueinander äquivalent (d.h. sie sind parallel und decken die selben Atome ab). Wir können also die Anzahl s der Sätze äquivalenter Ebenen betrachten: Miller-Indizes h≠k≠l≠0 h=k≠l≠0 h = k; l = 0 h=k=l≠0 h=k=0 s 24 12 6 4 3 Beispiel (321) (112) (110) (111) (001) Tabelle 2: Beispiele für Miller-Indizes Negative Indizes werden nicht wie z.B.: (−1 − 2 − 3) angegeben, sondern mit (1̄2̄3̄). Bevor wir zum reziproken Gitter kommen, sehen wir uns noch kurz die Abstände einzelner häufiger Ebenen an. Beispiele für verschiedene Flächen: Würfelflächen: (100)-Ebenen Hier haben wir den Abstand zwischen den (100)-Ebenen. Dieser ist gleich der Gitterkonstante a. Bei den (110)-Ebenen haben wir √a als Abstand. 2 Beim Oktaeder haben die (111)-Ebenen den Abstand √a . 3 ⎧ ⎪ ⎪0 heißt parallel zur angegebenen Achse (100) = ⎨ ⎪ ⎪ ⎩1 heißt orthogonal zur angegebenen Achse Abbildung 57: Bei den Würfelflächen ist z.B.: die (100)-Fläche ⊥ zur a-Achse; die (010)-Fläche ist ⊥ zur b-Achse, usw. 2.2 Kristallstrukturen, reziproker Raum und Kristallbeugung 84 Sind anstatt einer spezifischen Netzebene alle symmetrisch äquivalenten Ebenen gemeint, so wird die Notation {hkl} verwendet. Beispielsweise bezeichnet man mit {100} alle Würfelflächen, da diese permutatorisch durchgewechselt werden können. Die eckigen Klammern [] geben die Richtung der Flächen an. Diese Vektoren stehen ⊥ auf den Flächen: Abbildung 58: Showing (a) notations of various sets of planes; (b) Distance between sets of planes. Abbildung 59: Models illustrating face-centered cubic atomic arangement. 85 2 FESTKÖRPERPHYSIK Ganz allgemein ist der Abstand der Ebenen (h k l) in einem kubischen Gitter gegeben durch: d= √ a h2 (2.13) + k 2 + l2 Dieser Abstand wird uns noch bei der Bragg-Gleichung nλ = 2d sin θ begegnen. 2.2.4 Das reziproke Gitter Wir wissen dass Ebenen durch Normalvektoren charakterisiert werden können und aus der Röntgenbeugung wissen wir dass eine gleiche Schar von parallelen Netzebenen zu einem Beugungspunkt führen. Aus Bragg: nλ = 2d sin θ für λ = const. ⇒ sin θ ∝ 1 d Konstruktion des reziproken Gitters: Die Konstruktion beginnt bei einem beliebigen Nullpunkt. d100 d100 d200 2π/d200 2π/d100 (000) (100) (200) (100) (200) (100) (200) (100) Abbildung 60: Hier legen wir eine Normale durch die Gitterebene und machen einen Ursprung (000) [MB] Von dort aus trägt man d2π auf normaler Netzebene von (000) auf. So kommen wir über die hkl 2π Abbildung auf d100 . Den Faktor 2π verwenden Kristallographen nicht, aber für die Festkörperphysik ist er zweckmäßig. 2.2 Kristallstrukturen, reziproker Raum und Kristallbeugung 86 Abbildung 61: Die Konstruktion des reziproken Gitters eines primitiven monoklinen Gitters. ⃗b zeigt normal zur Ebene. Die verschiedenen Punkte im reziproken Gitter erhält man durch das übertragen mehrer Netzebenen vom realen ins reziproke Gitter. [MB] Dem direkten Kristallgitter im realen Raum entspricht das reziproke Gitter (=Beugungsgitter) im reziproken Raum (Fourier-Raum). So müssen wir uns jetzt eine Primitive Zelle anschaun. Das Volumen ist uns schon bekannt sowie a, b, c - Gittervektoren. V = a ⋅ h ⋅ d001 = a ⋅ b sin γ ⋅ d001 = ∣⃗ a × ⃗b∣ ⋅ d001 Abbildung 62: Basisvektoren mit eingezeichnetem Abstand zu den Netzebenen und wie daraus das Volumen resultiert. (2.14) 87 2 FESTKÖRPERPHYSIK Wir wissen, dass Ebenen durch Normalvektoren charakterisiert werden. In Abbildung 62 ist ⃗ c⃗∗ = n ⃗ × ⃗b a 2π = 2π d001 V Daher sind die fundamentalen Translationsvektoren des reziproken Gitters: ⃗∗ = 2π a ⃗b × c⃗ ; V ⃗ ⃗b∗ = 2π c⃗ × a ; V c⃗∗ = 2π ⃗ × ⃗b a V (2.15) mit ⃗[⃗b × c⃗] = ⃗b[⃗ ⃗] = c⃗[⃗ V =a c×a a × ⃗b] (2.16) Das Theorem des reziproken Gitters: Für alle Sorten von Netzebenen im Abstand d gibt es reziproke Gittervektoren mit der kürzesten Länge 2π d normal zur Ebene. Daraus folgt die Definition des reziproken Gittervektors: ⃗ = h⃗ G a∗ + k⃗b∗ + l⃗ c∗ (2.17) ⃗ im Realraum. Dieser entspricht im reziproken Raum dem Vektor R Definition: Die Miller-Indizes (hkl) einer Gitterebene sind Koordinaten des kürzesten reziproken Gittervektors, der auf dieser Ebene normal steht. Beispiel: ⃗ 120 = 1⃗ (120) Ebene: G a∗ + 2⃗b∗ + 0⃗ c∗ ⃗ Anders Ausgedrückt (h k l) ⊥ G Wir merken noch an (Gegenüberstellung): Direktes Gitter (Realraum) ⃗, ⃗b, c⃗ a ⃗ ⃗ + n2⃗b + n3 c⃗ R = n1 a Reziprokes Gitter (Fourier-Raum) ⃗∗ , ⃗b∗ , c⃗∗ a ⃗ = h⃗ G a∗ + k⃗b∗ + l⃗ c∗ Tabelle 3: Vergleich zwischen direktem Gitter und reziprokem Gitter. ⃗i ⋅ a ⃗∗j = 2πδij a (2.18) 2.2 Kristallstrukturen, reziproker Raum und Kristallbeugung 88 Abbildung 63: All shaded planes in the cubic lattice shown are planes of the zone [001]. Um später fortfahren zu können benötigen wir noch die Ebenen einer Zone“. Diese sind alle ” parallel zu einer Geraden = Zonenachse [uvw] (also die Richtung der Geraden) dargestellt, sodass für alle (hkl) (= Ebenen der Zone) gilt: hu + kv + lw = 0 (2.19) ⃗ c und den reziproken Gittervektoren G: Damit ergibt sich für die Achse A⃗ = u⃗ a + v⃗b + w⃗ ⃗=0 A⃗ ⋅ G 2.2.5 (2.20) Beugung am Kristall 1. Röntgenstrahlen: Um Beugungserscheinungen zu untersuchen, muss die Wellenlänge der elektromagnetischen Strahlung größenordnungsmäßig im Bereich des Abstandes der zu untersuchenden Objekte sein. Für ein Kristallgitter mit einem Atomabstand von etwa 10−10 m muss daher die Energie der Welle E = hc λ ≈ 12,3keV sein. 89 2 FESTKÖRPERPHYSIK Abbildung 64: The electromagnetic spectrum. The boundaries between regions are arbitrary, since no sharp upper or lower limits can be assigned. (H.A. Enge, M.R. Wehr, J.A. Richards, Introduction to Atomic Physics, AddisonWesley Publishing Company, Inc. Reading, Mass., 1972) Diese Energie entspricht der charakteristischen Röntgenstrahlung. Was diese charakteristische Röntgenstrahlung ist, soll die Abbildung 65 erklären. 2.2 Kristallstrukturen, reziproker Raum und Kristallbeugung 90 Abbildung 65: Die continous radiation“ ist die Strahlung die das Elektron bei den ge” gebenen Beschleunigungsspannungen von sich gibt. Ab einer gewissen Wellenlänge und daraus resultierenden Strahlung kommt noch die charakteristische Strahlung von dem Target Atom hinzu. SWL = shortest wavelength. Röntgenstrahlung kann man mit folgenden Mitteln erzeugen: (a) Mit einer Röntgenröhre. Dabei sind Beschleunigungsspannungen zwischen 10kV und 50kV notwendig. Nur weniger als 1% (99% der kinetischen Energie wird in Wärme umgewandelt) der aufgewendeten Energie gehen in die Erzeugung von Röntgenstrahlen (= Bremsstrahlung + charakteristische Strahlung). (b) Mit einem Synchrotron. Hier ist zwar der Wirkungsgrad wesentlich höher, aber auch die Kosten. 91 2 FESTKÖRPERPHYSIK 2. Röntgenbeugung/Bragg-Bedingung: Abbildung 66: Elastische Streuung von Röntgenstrahlung an Gitterpunkten die auf den Netzebenen liegen. Um konstruktive Interferenz zu erhalten, muss der Gangunterschied ein vielfaches von λ sein. Betrachten wir eine Schar paralleler Netzebenen, deren gegenseitiger Abstand gleich d ist. Die Richtung der einfallenden Strahlen liegt in der Ebene. Der Wegunterschied zwischen Strahlen die von aufeinander folgenden Ebenen reflektiert werden, ist 2d ⋅ sin(θ) mit θ als Winkel zwischen Einfallsrichtung und Netzebene. Es kann nur konstruktive Interferenz der von benachbarten Netzebenen reflektierten Strahlen geben, wenn der Wegunterschied ein ganzzahliges Vielfaches der Wellenlänge ist. 2d ⋅ sin(θ) = nλ . . . Bragg-Bedingung (2.21) Bragg-Reflexion kann nur auftreten bei λ ≤ 2d. Man merke sich, dass es sich bei θ um den Glanzwinkel handelt. 2.2 Kristallstrukturen, reziproker Raum und Kristallbeugung 92 3. Die Laue-Gleichung: Es ist keine spezielle Einteilung in den Netzebenen nötig! Abbildung 67: Eine Konstruktion zur Herleitung der Laue-Gleichung. Die Punkte stellen Atome dar. In Abbildung 67 sieht man, dass cos(α) = ∣⃗xδ ∣ ist und somit ⃗ (Projektion von x ⃗ auf n ⃗ ). δ = ∣⃗ x∣ ⋅ cos(α) = ∣⃗ x∣ ⋅ ∣⃗ n∣ ⋅ cos(α) = −⃗ xn ⃗′. Dasselbe gilt für die gestrichenen Größen, also δ ′ = −⃗ xn ⃗(⃗ ⃗ ) ein ganzzahliges Für konstruktive Interferenz muss die Phasendifferenz δ − δ ′ = x n′ − n Vielfaches der Wellenlänge λ sein. Die Beugungsbedingung für konstruktive Interferenz elastischer Streuung (λ′ = λ, k ′ = k) ⃗ ⃗(⃗ ⃗ ) = mλ. Es geht ja bei der Multiplikation von n ⃗ mit 2π ist somit x n′ − n λ eben dieses n ′ ⃗ sodass bei konstruktiver Interferenz x ⃗ = 2πm gelten ⃗(k⃗ − k) über in den Wellenvektor k, muss. ⃗ unse⃗ durch R Dehnen wir unsere Überlegung auf das ganze Gitter aus, so müssen wir x ′ ⃗ ⃗ ⃗ rem Gittervektor ersetzen (also: R(k − k) = 2πm). ⃗ = n1 a ⃗ + n2⃗b + n3 c⃗ ist, folgen daraus unmittelbar die drei Laue-Gleichungen: Da R ⃗ = 2πh ⃗(∆k) a ⃗b(∆k) ⃗ = 2πk ⃗ = 2πl c⃗(∆k) (2.22) 93 2 FESTKÖRPERPHYSIK Wobei wir k⃗′ − k⃗ = ∆k⃗ als Streuvektor bezeichnen. Die reziproken Gitterpunkte sind identisch mit den Laue-Beugungspunkten. Für den Streuvektor ist es wichtig, sich vor ⃗ gilt, d.h. es handelt sich nur um Augen zu halten, dass bei elastischer Streuung ∣k⃗′ ∣ = ∣k∣ eine Richtungsänderung. 4. Röntgenbeugung im reziproken Raum: ⃗∗ , ⃗b∗ , c⃗∗ und addieren diese Zuerst multiplizieren wir die Lauegleichungen (2.22) mit a anschließend, sodass ⃗ a∗ + (⃗b∆k) ⃗ ⃗b∗ + (⃗ ⃗ c∗ = 2π(h⃗ (⃗ a∆k)⃗ c∆k)⃗ a∗ + k⃗b∗ + l⃗ c∗ ) (2.23) herauskommt. Allgemein (aus Vektoranalysis): Sei v⃗ ein beliebiger Vektor mit kovarianten Koordinaten bezüglich des reziproken Gitters, dann gilt: (⃗ av⃗)⃗ a∗ + (⃗b⃗ v )⃗b∗ + (⃗ cv⃗)⃗ c∗ = 2π⃗ v (2.24) in Klammern (): kovarianten Komponenten bezüglich der reziproken Vektoren. ⃗a∗ eine Projektion von ∆k⃗ auf a ⃗∆k⃗ ⃗, also 2π mal die Komponenten des Vektors Hier ist a ∆k⃗ auf das reziproke Gitter. Daraus folgt: 2π∆k⃗ = 2π(h⃗ a∗ + k⃗b∗ + l⃗ c∗ ) und damit ⃗ ∆k⃗ = G (2.25) Dann und nur dann kommt es zu positiver Interferenz. Diese Überlegung führt uns zu einer neuen Definition des reziproken Gitters: ⃗ ⃗ k ⃗⃗ ⃗ = 2πm ⇔ eiR∆ ⃗ k⃗′ − k) R( = 1 = eiRG (2.26) ⃗ die als Wellenvektoren ebene Wellen mit der Es ist der Satz aller Vektoren ∆k⃗ = G, ⃗ Periodizität der Gittervektoren R das gegebene Gitter liefern, für die gilt ⃗ ⃗ k ⃗⃗ ⃗ = 2πm ⇔ eiR∆ ⃗ k⃗′ − k) R( = 1 = eiRG 2.2 Kristallstrukturen, reziproker Raum und Kristallbeugung 94 5. Äquivalenz von Bragg und Laue - die Ewald-Konstruktion“: ” ⃗ ⃗ = ∆k. Es ist ja G ⃗ und G ⃗ ist ⊥ zu den Ebenen (hkl). ∣G∣ ⃗ ist ja ein Vielfaches von 2π damit ist ∆k⃗ ∥ G d also: ⃗ ⇒ n = d ∣G∣ ⃗ = 2πn = ∣k⃗′ − k∣ ⃗ ∣G∣ (2.27) d 2π Da wir nur elastische Streuung betrachten, ist ⃗ = ∣k⃗′ ∣ ∣k∣ sin(θ) = ⃗ ∣k⃗′ − k∣ 2πn ⇒ 2k sin(θ) = 2k d Bringen wir die Wellenlänge statt dem Wellenvektor ins Spiel, so ist damit nλ = 2d sin(θ) (2.28) 2 λ sin(θ) = n d und (2.29) Abbildung 68: Die Skizze soll die hier verwendeten Größen illustrieren. Wichtig: ⃗ ∶ eiR⃗ G⃗ = 1 Definition reziprokes Gitter: G ⃗ ⃗ k ⃗ k⃗ = 2πm ⇔ eiR∆ ⃗ (Laue-condition) Laue: R∆ ⇒ ∆k⃗ = G ⃗ entspricht der Bragg-Reflexion an den direkDas bedeutet, ein Laue-Beugungspunkt (G) d ⃗ ⃗ ⃗ ten Ebenen die normal zu G stehen. Er ist von der Ordnung n = 2π ∣G∣ ( 2π d = ∣G0 ∣). ⃗ die Bedingung: Kommen wir zur Beugungsbedingung so folgt ∣k⃗′ ∣ = ∣k∣ ⃗ ⇒ k⃗′2 = k⃗2 + 2k⃗G ⃗ +G ⃗ 2 ⇒ 2k⃗G ⃗ +G ⃗2 = 0 k⃗′ = k⃗ + G (2.30) ⃗ genau ein −G, ⃗ sodass γ: G ⃗ → −G ⃗ keine Änderung der Aussage Jetzt existiert für alle G 2 ⃗ ⃗ ⃗ bewirkt. Daraus folgt 2k G = G . 95 2 FESTKÖRPERPHYSIK Nach einer Division durch 4 erhalten wir ⃗ 2 ⃗ ⃗ G G G ⃗n0 = 1 ∣G∣ ⃗ = k⃗ k⃗ ⋅ = ( ) ⇒ k⃗ ⃗ 2 2 2 ∣G∣ (2.31) Alle Ebenen die nun normal auf den reziproken Gittervektor stehen und die durch 12 G gehen bilden Zonengrenzen der sog. Brillouin-Zonen“. Wichtig ist sich zu verdeutlichen, ” dass die 1. Brillouin-Zone die Wigner-Seitz-Zelle des reziproken Gitters ist! Wenn wir die Beugungsbedingung betrachten, sehen wir, dass die Brillouin-Zonengrenzen alle Wellenvektoren vorgeben, für die konstruktive Interferenz möglich ist. Eine Konstruktion von großer Einfachheit ist die Ewald-Konstruktion“. ” 6. Ewald-Konstruktion: Gegeben ist k⃗ der einfallenden Strahlung. Abbildung 69: Ewald-Konstruktion.[9] Hier ist der einfallende Strahl als k⃗ gekennzeichnet und die Spitze des Vektors an einem Gitterpunkt (hier (00)) vom Ur⃗ eine Kugel (hier sprung parallel verschoben. Nun wird mit Radius ∣k∣ im 2-dimensionalen als Kreis) gezeichnet. Alle Gitterpunkte die auf der Oberfläche der Kugel liegen, können als Richtung für die Streuung (hier z.B. als k⃗1′ oder k⃗2′ ) vom Kugelursprung gezeichnet werden. Zu beachten ist, dass von dem anfänglichen Gitterpunkt (hier (00)) weggestreut wird. ⃗ folgt. Auf der Kugel müssen alWir wissen das aus der elastischen Streuung ∣k⃗′ ∣ = ∣k∣ ⃗ le ausfallenden Wellenvektoren liegen. Der Vektor k weist in Richtung der einfallenden Röntgenstrahlen und endet an einem beliebigen Punkt des reziproken Gitters. ⃗ Nun zeichnet man eine Kugel mit Radius k = 2π λ um den Ursprung von k. Schneidet die Kugel einen beliebigen Punkt des reziproken Gitters, so entsteht ein gebeugter Strahl. 2.2 Kristallstrukturen, reziproker Raum und Kristallbeugung 96 Wie die Kugel hier gezeichnet ist, schneidet sie einen Punkt, der mit dem Ende von k⃗ ⃗ verbunden ist. Der gebeugte Röntgenstrahl weist in durch den reziproken Gittervektor G ′ ⃗ die Richtung k⃗ = k⃗ + G. Der Winkel ist der Bragg-Winkel. Hier noch ein paar experimentelle Verfahren für die Röntgenbeugung:[10] (a) Laue-Verfahren Im Laue-Verfahren wird ein Einkristall polychromatischer Röntgenstrahlung ausgesetzt. Die Idee war, die Bragg-Gleichung durch Variation der Wellenlängen zu erfüllen. Die im Beugungsbild erhaltenen Reflexe sind jedoch nicht eindeutig einzelnen Netzebenenabständen zuzuordnen. Es wird heute noch zur Untersuchung dynamischer Prozesse, beispielsweise in Proteinkristallen verwendet. (b) Drehkristall-Verfahren Eine Auswertung des Laue-Verfahrens zur Bestimmung von d nach der BraggGleichung ist kaum möglich. Ebenso können die Gitterkonstanten nicht bestimmt werden. Beim Drehkristallverfahren wird der zu untersuchende Einkristall um eine Zonenachse senkrecht zum Primärstrahl gedreht. Die Auswertung der Drehkristallaufnahme ermöglicht es, d und die Gitterkonstanten zu ermitteln. (c) Debye-Scherrer-Verfahren Das Verfahren arbeitet nicht mit Einkristallen, sondern mit pulverförmigen Proben. Das Pulver besteht aus einer Reihe zufällig angeordneter Kristallite, so dass auch die Netzebenen zufällig im Raum angeordnet sind und so einige immer die Bragg’sche Reflexionsbedingung erfüllen. Zusätzlich rotiert die Probe um eine Achse senkrecht zum einfallenden Strahl. Um die Probe bilden sich Kegelmäntel aus Röntgenstrahlen, welche aus der konstruktiven Interferenz stammen. Um die Probe liegt ein fotografischer Film, auf dem sich die Kegelmäntel als Reflexe abzeichnen aus denen sich dann das Diffraktogramm generieren lässt. Abbildung 70: Debye-Scherrer-Verfahren[10] 97 2 FESTKÖRPERPHYSIK (d) Zählrohrverfahren: Anders als bei den vorigen Verfahren wird zur Registrierung der gebeugten Röntgenstrahlen statt eines Films ein Szintillationszähler benutzt, der die Funktion eines Zählrohrs besitzt. Mit diesem Verfahren kann die Interferenzintensität mit hoher Genauigkeit direkt bestimmt werden. Ein weiterer Vorteil ist die digitale Auswertung, sodass viele Arbeitsschritte automatisiert werden können. 2.2.6 Gitterfehler Das Kapitel über Gitterfehler beschränkt sich auf eine Bemerkung: Gitterfehler sind entweder Leerstellen, Fremdatome oder Abweichungen der Periodizität. Diese wurden in der Vorlesung nicht behandelt. 2.3 Spezifische Wärme eines Festkörpers Im folgenden Kapitel finden wir des öfteren skurrile Umformungen und listige Substitutionen. Bei einem etwaigen Hänger“ sollte man auf unseren Abschnitt über Thermodynamik und die ” damit verbundenen Prozesse zurückgreifen. 2.3.1 Molare Größen Ein kurzes Unterkapitel für die verschiedenen Definitionen. • Stoffmenge ν: (statt Masse) mit der Einheit [mol] • molare Masse M : M = m ν mit der Einheit [kg mol−1 ] • molares Volumen Vm : Vm = V ν mit der Einheit [m3 mol−1 ] • molare Wärmekapazität = spezifische Molwärme C (m) : C (m) = [J mol−1 K −1 ]. C ist die Wärmekapazität. • spezifische Wärmekapazität = spezifische Wärme c: c = 1 mC mit der Einheit mit der Einheit [J kg −1 K −1 ]. Für die beiden letzten Punkte gilt der Zusammenhang: C (m) = M ⋅ c • ideale Gasgleichung: für 1 mol gilt: pV = NA kT = RT . Für ein allgemeines Volumen gilt: pV = νRT = νNA kt = N kT • Q ist die Wärmemenge. 1 νC 2.3 Spezifische Wärme eines Festkörpers 2.3.2 98 Wärmekapazität und spezifische Wärme Wir erinnern uns an den 1. Hauptsatz der Thermodynamik: dQ = dU + p ⋅ dV (2.32) dQ = C ⋅ dT = cm ⋅ dT (2.33) Definition Wärmekapazität: Da dQ kein exaktes Differential der Zustandsgleichungn ist, muss das Messverfahren angegeben werden, d.h. C bei konstanter Temperatur oder bei konstantem Volumen, etc. • Spezifische Wärme cV bei konstantem Volumen (isochor): cV = 1 ∂U 1 ∂Q ( ) = ( ) m ∂T V m ∂T V Das führt auf die spezifische Molwärme: (m) CV = 1 ∂U ( ) = M ⋅ cV ν ∂T V (2.34) • Spezifische Wärme cp bei konstantem Druck (isobar): Wir hatten im Kapitel Thermodynamik“ die Enthalpie H = U + P V eingeführt. Bilden ” wir das totale Differential, so folgt (bei konstantem Druck) fast unmittelbar dH = ∂H ∂H ∂H dU + dV + dP = dU + P dV +V dP ° ∂U ∂V ∂P ´¹¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¸¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹¶ 0 ± ± ± dQ 1 P (2.35) V daraus folgt: dH = dQ; und damit für die spezifische Wärme: cp = 1 ∂Q 1 ∂H ( ) = ( ) m ∂T p m ∂T p Allgemein gilt: cp > cV . Bei (hier nicht so ©) genauerer Betrachtung stellt sich sogar heraus: N ⋅ k νR R cp − cV = = = (2.36) m m M Also die ideale Gaskonstante/Molekulargewicht. Zusammengefasst führt eine Wärmezufuhr bei konstantem Volumen nur zu einer Erhöhung der inneren Energie, wohingegen es bei konstantem Druck sowohl zu einer Erhöhung der inneren Energie, als auch zu einer zusätzlichen mechanischen Arbeit (man denke an einen Kolben in einem Zylinder) kommt. 99 2 2.3.3 FESTKÖRPERPHYSIK Die klassische Theorie für die spezifische Wärme der Festkörper Wir gehen von der Annahme aus, dass die Atome um ihre Ruhelage schwingen (alle anderen Beiträge seien vernachlässigbar, auch die der Leitungselektronen), also betrachten wir voneinander unabhängige klassische harmonische Oszillatoren mit der Energie: E= p2 1 1 + f x2 = mω02 A2 2m 2 2 ° ² Ekin (2.37) Epot In der klassischen Physik hat der Gleichverteilungssatz (wir haben ihn schon gesehen) seine Gültigkeit, sodass 1 (2.38) ⟨Ekin ⟩ = ⟨Epot ⟩ = kT ⇒ ⟨E⟩ = kT 2 unabhängig von der Frequenz der Oszillatoren gilt. N Atome schwingen in 3 Richtungen, daraus folgt U = 3N kT und somit für unsere spezifische Wärmekapazität: 1 ∂U (m) ) = 3NA k = 3R = 24,9JK −1 (2.39) CV = ( ν ∂T V Das ist das Gesetz von Dulong-Petit. 1. Experiment: cV für kleine T ist kleiner 2. 3. Hauptsatz: lim S(T, V, N ) = S(T = 0) = S0 = k ln Ω0 T →0 Ω0 . . . Mikrozustände im Grundzustand (m) CV = ! 1 ∂S 1 ∂U ( ) ∣ = T( ) ∣ =0 ν ∂T V T =0 ν ∂T V T =0 cV (T = 0) = 0 auch klassisch klar → Modell falsch! Es weißt ein gravierenden Fehler auf, nämlich keine quantisierte Energieaufnahme. Das führt uns gleich zum nächsten (aber - wie sich zeigen wird - ebenso falschen) Modell. 2.3.4 Das Einstein-Modell (1906) ̵ 0 , n = 1, 2, 3 . . . ) (Planck nahm Einstein nahm die Planck’sche Quantenhypothese (En = nhω an, dass die Energie Null sein konnte) und bildete mit der kanonischen Verteilung den Mittelwert: ∞ ̵ 0 hω ⟨E⟩ = ∑ Pn ⋅ En = hω (2.40) ̵ 0 /kT e −1 n=0 Wir nehmen N Atome des Festkörpers und setzen diese als 3N quantenmechanische harmonische Oszillatoren mit der Näherung 2.3 Spezifische Wärme eines Festkörpers 100 1. alle haben die gleiche Frequenz 2. sie sind nicht gekoppelt. an. Die Energie eines Oszillators ist ̵ 0 En = nhω 1 ̵ En = (n + ) hω 0 2 später n∈N (2.41) Das System der Oszillatoren sei in einem Wärmebad der Temperatur T . Jetzt fragen wir nach der Wahrscheinlichkeit, dass En aufgenommen wird. Das führt uns auf die kanonische Verteilung: ̵ ̵ nhω hω 0 0 1 En Pn = e− kT ⇒ Pn = e− kT (1 − e− kT ) (2.42) Z Der Mittelwert der Energie ist ja nach unserer Überlegung aus Kapitel 1.3 (Seite 36): ∞ ∞ ̵ hω 0 ̵ 0 (1 − e− kT ) ∑ ne− ⟨E⟩ = ∑ En Pn = hω n=0 ̵ nhω 0 kT (2.43) n=0 Die Summe ausgerechnet ergibt ̵ hω 0 e− kT ̵ hω ̵ 0 (1 − e− kT0 ) ⟨E⟩ = hω (1 − e − ̵ hω 0 kT 2 (2.44) ) ist. Multipliziert man obige Gleichung aus, so kürzt sich einiges weg und es bleibt: ̵ 0 ⟨E⟩ = hω ̵ hω 0 ̵ hω 0 e− kT ⋅ e kT ̵ hω 0 ̵ hω 0 (1 − e− kT ) ⋅ e kT (2.45) Somit ist der Mittelwert der Energie schlussendlich: ̵ 0 hω ⟨E⟩ = e ̵ hω 0 kT −1 Das ist die Planck-Verteilung“. ” Die Gesamtenergie des Systems ist im Einsteinmodell gegeben durch: U = 3N ⟨E⟩ = ̵ E 3N hω für 1 Mol Substanz ̵ hω E e kT − 1 Wichtig ist, sich zu merken, dass dies nur für eine einzige Frequenz gültig ist! Jetzt kommen wir zur Wärmekapazität bei konstantem Volumen im Einsteinmodell: Zur Erinnerung: β= ∂β 1 1 ; =− 2 kT ∂T kT (2.46) 101 2 FESTKÖRPERPHYSIK Nun wird die spezifische Wärmekapazität berechnet wobei nun ω0 als Einsteinfrequenz ωE bezeichnet wird: (m) CV = 1 ∂U ∂β 1 ∂U ∂ 1 1 1 ∂U 1 ∂U ( ) = = ( )=− ν ∂T V ν ∂β ∂T ν ∂β ∂T kT ν kT 2 ∂β ̵ E ̵ E ∂U ∂ 3N hω 3N hω ̵ E ̵ E eβ hω (hω ) = [3N ⟨E⟩ = hω ] = − ̵ 2 ̵ E β hω ∂β ∂β (e E − 1) e kT − 1 (m) CV = ̵ ̵ 2ω2 3NA h ehωE /kT E ̵ E /kT kT 2 − 1)2 (ehω ̵ Wir definieren nun ΘE ∶= hωkE als charakteristische Einsteintemperatur“. Schlussendlich ” folgt die spezifische Wärme im Einsteinmodell: (m) CV = 3NA k ( ΘE 2 ΘE eΘE /T = 3NA k ⋅ f ( ) ) Θ /T 2 T T (e E − 1) Molwärme im Einstein-Modell Die Einsteinfunktion f ( ΘTE ) beschreibt eine Abweichung von 3NA k = 3R. Wir sehen, dass das klassische Ergebnis zum Vorschein kommt, allerdings mit einer Korrekturfunktion in Abhängigkeit der charakteristischen Einsteintemperatur dividiert durch die absolute Temperatur. Diese Funktion beschreibt die Abweichung vom klassischen Ergebnis. Zum Schluss sehen wir uns noch die Grenzfälle an: • hohes T: ̵ E kT ≫ hω T≫ ̵ E hω = ΘE k Damit können wir exp ( ΘTE ) schreiben als 1 + (m) Also folgt für T ≫ ΘE ⇒ CV → ΘE ≪ 1. T ΘE T . = 3NA k → Dulong-Petit • tiefes T: ̵ E kT ≪ hω Damit ist (m) CV = T ≪ ΘE → 2 3NA k ( ΘTE ) ⋅e − ΘE T ΘE ≫1 T ⇒ eΘE /T − 1 ≈ eΘE /T T →0 « Ð→ 0 aber exponentiell 2.3 Spezifische Wärme eines Festkörpers (a) The temperature variation of Cp and CV for copper. 102 (b) The average energy in units of kT of a harmonic oscillator of frequency ν as a function of hν/kT , according to Planck. Abbildung 71 (m) Das Experiment zeigte aber, dass CV ∝ T 3 für T → 0. Der Fehler liegt darin, dass das Einsteinmodell ungekoppelte Oszillatoren mit einer einzigen Frequenz hernimmt. zω(ω) δ-Funktion ωE Abbildung 72: Zahl der Eigenfrequenzen [MB] zω (ω)dω = Zahl der Eigenfrequenz in [ω, ω + dω] ω 103 2 FESTKÖRPERPHYSIK zω (ω)dω = 3N ⋅ δ(ω − ωE )dω ⎧ ⎪ ⎪ ⎪0 für ω ≠ ωE δ(ω − ωE ) = ⎨ ⎪ ⎪ ⎪ ⎩∞ für ω = ωE ∞ mit ∫ δ(ω − ωE )dω = 1 0 Beispiel zu ΘE : ̵ = kΘE Energieänderung von Quantenmechanischen Oszillatoren in Einheiten von hω harten“ Festkörper: Wir nehmen eine kleine Masse der Oszillatoren aber eine große Feder” konstante f (die die Strenge der Feder beschreibt). √ ̵ f , f groß → ωE groß ⇒ ΘE = hωkE groß ω0 = ωE = m ⇒ klassisch erst bei hohen Temperaturen (m) C Diamant CV ≅ 6Jmol−1 K −1 ≪ 3NA k ≅ 25Jmol−1 K −1 Klassisch erst ab T = 1320K gut beschreibbar. 6 Bei vielen Festkörpern: νE = 2.3.5 ωE kΘE 12 −1 = ̵ ≅ 6 × 10 s ⇒ infrarot 2π 2π h Das Debye-Modell (1912) Wir wissen, dass es eine Koppelschwingung (Abbildung 23) der Atome gibt, also gibt es auch hierfür ein Frequenzspektrum. Wir betrachten jetzt den Festkörper als kontinuierliches elastisches Medium (atomare kristalline Struktur wird vernachlässigt). Beispiel: Kupfer Cu: λlong(20kHz) = 23,3cm, λtrans(20kHz) = 11,3cm λlong(10M Hz) = 4,7 × 10−2 cm, λtrans(10M Hz) = 2,3 × 10−2 cm (long = longitudinal; trans = transversal) Ist alles ≫ a = 0, 361nm (Gitterkonstante) 2.3 Spezifische Wärme eines Festkörpers 104 Daraus folgt das Frequenzspektrum aus Rayleigh-Jeans-Verfahren: Abbildung 73: Harmonisches, elastisches Kontinuum. [MB] Rayleigh-Jeans: Modendichte: n= N 8πν 3 = V 3c3 (2.47) Im Debye-Modell sieht man den Kristall als ein Quasi-Kontinuum an und betrachtet darin Schwingungen mit λ ≫ a. Mit dieser Voraussetzung sind Nachbaratome gleich weit ausgelenkt und der Atomabstand spielt keine Rolle. Wir erinnern uns, was Rayleigh und Jeans bei ihrem Strahlungsgesetz gemacht haben. Sie haben die Modendichte im Hohlraum berechnet und dann nach dem Gleichverteilungssatz jeder Mode (= Schwingungsform) fälschlicherweise kT zugeordnet. Bis zum entscheidenden falschen Schritt von Rayleigh und Jeans machen wir jetzt dasselbe. Wir rechnen uns die Modendichte in unserem Kristall aus und verwenden diese. Bei Rayleigh-Jeans war die Modendichte: N 8πν 3 = V 3c3 (2.48) Da es hier um elektromagnetische Wellen handelt und wir aber Kristallschwingungen behandeln, müssen wir die Licht- durch die Schallgeschwindigkeit vs ersetzen. Die Anzahl der Moden pro Volumen bis zu einer Grenzfrequenz ωD suchen wir: z(ω) = 1 ω3 N 1 8πν 3 = = V 2 3vs3 2π 2 3vs3 (2.49) 105 2 FESTKÖRPERPHYSIK Der Faktor 1/2 wird hinzumultipliziert, da es nicht wie bei elektromagnetischen Wellen nur eine longitudinale Ausbreitung gibt, sondern eine longitudinale und transversale - also es wird die Polarisation berücksichtigt. Spektrale Modendichte: zω (ω) = d 1 ω3 ω2 d z(ω) = ( 2 2) = 2 3 dω dω 2π 3vs 2π vs (2.50) Das führt uns auf die Anzahl der Modendichte im Intervall dω = [ω, ω + dω]: dz = zω (ω)dω = 1 ω2 dω 2π 2 vs3 (2.51) Elastische mechanische Wellen sind longitudinal und transversal und daher in 2 Normalschwingungen zerlegbar. Also ist die Gesamtzahl der Schwingungen im Volumen und in dω ist dann dZ = V dz = V ⋅ zω (ω)dω = V 1 2 ( 3 + 3 ) ω 2 dω 2 2π vl vt (2.52) Der Klammerausdruck kommt von der mittleren Schallgeschwindigkeit die durch 2 ⎞ 1 1⎛ 1 + 3 = 3 3 v̄s 3 ⎝ vlong vtrans ⎠ (2.53) gegeben ist. ⇒ dZ = V ⋅ zω (ω)dω = 3V ω 2 dω 2π 2 v̄s3 Wir erkennen darin, dass die Anzahl der Schwingungen mit ω 2 steigt! Im Debye-Modell kommen wir zur oberen Grenzfrequenz ωD , in dem wir das Spektrum ab” schneiden“ wenn 3N Schwingungen erreicht sind. ωD ∫ 0 3 3V ω 2 3V 1 ωD 6π 2 v̄s3 N ! 3 dω = ⋅ ⋅ = 3N ⇒ ω = D 2π 2 v̄s3 2π 2 3 v̄s3 V ⇒ v̄s3 = 3 V ωD 6N π 2 (2.54) (2.55) 2.3 Spezifische Wärme eines Festkörpers zω (ω) = 106 Zω(ω) V ∝ ω2 3N ωD ω Abbildung 74: Debye-Modell mit der Grenzfrequenz ωD [MB] Durch einsetzten von (2.55) gelangt man dann auf Zω (ω)dω = 3V 6π 2 N 2 3ω 2 ω dω = 3N dω 3 3 2π 2 V ωD ωD (2.56) √ 2 Eine Abschätzung für ωD = v̄s 3 6πV N ergibt für einen Atomabstand von etwa 10−10 einen Wert von etwa 8 × 1013 s−1 → Infrarot. Gehen wir nun daran, die innere Energie zu berechnen. ωD ωD 0 0 1 3ω 2 ̵ (1 + U = ∫ ⟨E⟩ Zω (ω)dω = 3N ∫ hω dω ) ̵ 3 2 ehω/kT − 1 ωD (2.57) Sehen wir uns die spezifische Molwärme an, so ist diese (N → NA ): ̵ (m) CV ωD hω ̵ 2 3ω 2 ∂U e kT (hω) dω = ∣ = 3NA ∫ ̵ 2 kT 2 ω 3 hω ∂T V D 0 (e kT − 1) ̵ hω ωD = 3NA k ∫ 0 Jetzt substituieren wir (m) CV ̵ hω kT e kT (e ̵ hω kT 2 − 1) ( ̵ 2 3ω 2 hω ) 3 dω kT ωD dη ∶= η dω ein: = 9NA k ( 3 ΘD T T eη ΘD ) ∫ η 4 dη = 3NA kfD ( ) η 2 ΘD (e − 1) T 0 (2.58) 107 2 FESTKÖRPERPHYSIK Man sieht wie im Einsteinmodell das klassische Ergebnis versehen mit einer Korrekturfunktion ist - Der Debye-Funktion“: ” fD ( 3 ΘD T eη ΘD T ) = 3( ) ∫ η 4 dη T ΘD (eη − 1)2 (2.59) 0 Grenzfälle: 1. Hohe T: T ≫ ΘD ⇒ ΘD ΘD ≪ 1, setzen ≡y T T ΘD = lim y = 0 T →∞ T T →∞ lim y 3 eη lim fD (y) = lim 3 ∫ η 4 dη η 2 y→0 y→0 y (e − 1) 0 y y 3 1+η 4 3 3 y3 ex ≈ 1 + x 2 = 3∫ η dη = η dη = =1 ∫ für∣∣x∣∣ ≪ 1 y η2 y3 y3 3 (η ≪ 1) 0 0 (m) also: für T ≫ ΘD → CV = 3NA k = 3R klassisches Resultat 2. Tiefe T: T ≪ ΘD → ̵ hω ≫ 2 → ω ≪ ωD kT (m) Nur Oszillatoren mit niederen Frequenzen sind angeregt und tragen zu CV Temperaturen ist die Debye eine sehr gute Näherung. ∞ ∞ eη η4 4π 4 4 η dη = 4 dη = ∫ ∫ (eη − 1)2 eη 15 (η ≫ 1) 0 ⇒ fD ( bei. Für tiefe 0 ΘD 4π 4 T 3 T 3 12π 4 (m) )= ( ) ⇒ CV = NA k ( ) ∝ T3 T 5 ΘD 5 ΘD Dadurch können wir die obere Grenze beim Integral gegen unendlich gehen lassen, woraus dann 4π 4 T 3 ΘD )= ( ) fD ( T 5 ΘT folgt und damit (m) CV (m) = 12π 4 T 3 NA k ( ) 5 ΘD ist. CV ist also proportional zu T 3 für T → 0, wie es auch das Experiment zeigt. ⇒ Gitterschwingungen sind gequantelt! 2.3 Spezifische Wärme eines Festkörpers (a) The Debye and Einstein functions as function of T /Θ. 108 (b) Darstellung der spezifischen Wärme cV einiger fester Körper als Funktion des Parameters T /Θ nach Debye (ausgezogene Kurve); im Vergleich dazu Funktion von Einstein (gestrichelte Kurve) Abbildung 75: Abweichung bei T → 0 durch Kopplung der Schwingungen. Abbildung 76: Zustandsdichte und Debyesche Grenzfrequenz im Debye-Modell für NaCl, verglichen mit dem aus gemessenen Kraftkonstanten berechneten Verlauf von Z(ω). 109 2.3.6 2 FESTKÖRPERPHYSIK Die spezifische Wärme der Leitungselektronen Klassisch gesehen, ist nach dem Gleichverteilungssatz die spezifische Wärme der Leitungselek(m) tronen CV = 32 k pro Elektron. Für ein Elektron pro Atom ergibt sich daher CVel = 32 NA k. Das Experiment zeigte aber, dass der Beitrag der Leitungselektronen lediglich 1% des vorhergesagten Wertes beträgt. Schauen wir einmal nach, was eine nichtklassische Behandlung bringt: Die besetzten Elektronenzustände sind gegeben durch N (E) = Z(E) ⋅ F (E), wobei Z(E) ∝ √ E die Zustandsdichte ist. Die Abschätzung des Beitrages der Leitungselektronen führt uns auf folgende Überlegungen: Insgesamt seien N Leitungselektronen vorhanden, von denen der Bruchteil angeregt wird. TF = kT EF = T TF thermisch EF k (2.60) ist die sogenannte Fermi-Temperatur“. ” Beispielsweise für Cu ist TF = 8 × 104 K. Das ist bereits ein hoch entartetes Gas. 293K 3 ) = 0,005R (statt 3R) = 0,045J/molK = 0,2% CVel = NA ( 2 81000K Also NA TTF Elektronen sind angeregt mit der Energie kT . Damit ist die innere Energie U ≈ NA T kT TF Wir wissen, dass (m) CV = ∂U ∣ ∂T V ist und damit CVel ≈ NA k T ∝T TF (2.61) Das ist der elektronische Anteil der spezifischen Wärme im Leiter. Das Experiment zeigt uns folgenden Zusammenhang: (m) CV = γT + AT 3 (m) also CV T = γ + AT 2 2.4 Phononen: quantisierte Gitterschwingungen (m) Wenn wir CV T 110 gegen T 2 auftragen, muss sich eine Gerade ergeben. Abbildung 77: Experiment bestimmte Werte der Molwärme von Kalium, aufgetragen in der Form: C/T in Abhängigkeit von T 2 . Die Punkte wurden mit einem nach der adiabatischen Entmagnetisierung abgekühlten Kristall gemessen. 2.4 2.4.1 Phononen: quantisierte Gitterschwingungen Photonen und Phononen - Erhaltungssätze Nach Planck/Einstein ist das elektromagnetische Feld quantisiert, d.h. Die Energie kann nur ̵ = nε. n ist die Anzahl der Photonen“ ganzzahlige Vielfache von hν annehmen, also E = nhω ” in den Eigenschwingungen des elektromagnetischen Feldes. Die paar folgenden Zusammenhänge werden noch hilfreich werden und weiter unten besser verständlich: Photon elektronmagnetische Welle ̵ k) ⃗ Eγ = hω( ̵ ⃗ p⃗γ = hk ω = ck ω = nc k Vakuum Medium Phonon elastische (mechanische) Welle ̵ q) Es = hΩ(⃗ ̵ p⃗s = h⃗ q Ω = vs q in Wechselwirkung mit Teilchen“ mit ” ̵ q = Kristallimpuls“ Quasiimpuls“ h⃗ ” ” Nun zum Kristall: Der Befund, dass die spezifische Wärme gegen 0 geht für T → 0 fordert, dass die Übertragung von Energie an den Kristall in Quanten vonstatten gehen muss. Als Quasiimpuls bezeichnet man den Betrag, mit dem Quasiteilchen wie Phononen oder Magnonen in die Impulserhaltungssätze eingehen. Dieser Impuls hat darüber hinaus jedoch nichts mit dem klassischen Impuls einer bewegten Masse zu tun, da es sich bei Quasiteilchen um wellenartige Anregungen handelt.[13] 111 2 FESTKÖRPERPHYSIK Übertragung der Energie an Kristallgitter (= Gitterschwingungen) erfolgt in endlichen Portionen = Energiequanten. Die Energie der Schwingung ähneln der des harmonischen Oszillators: 1 ̵ q) E = ( + n) hΩ(⃗ (2.62) 2 Das legt die folgende Definition nahe (siehe Abbildung 23): Ein Phonon (= Eigenschwingung = Normalschwingung) ist eine quantisierte Schallwelle des Gitters mit der Frequenz Ω(⃗ q ). Frage: Wie sind wir beim Photon vorgegangen? ̵ Eγ = hω ν= c λ ω = 2πν = 2πc = ck λ Im Medium: ω nc k → Dispersion ̵ k⃗ Impuls: p⃗γ = h Dies übertragen wir nun auf unsere Phononen: ̵ und der Frequenz Ω = vs ⋅q, Phononen sind also elastische Schallwellen mit der Energie Es = hΩ also Schallgeschwindigkeit mal Wellenzahl. Man darf nicht vergessen, dass Phononen Quasi” Teilchen“ mit einem Quasiimpuls“ (= Kristallimpuls) sind: ” ̵q p⃗s = h⃗ (2.63) Hier ist zu beachten, dass man das Phonon mit der Wellenzahl q = 0 nicht als Phonon bezeichnet, da sich in diesem Fall der gesamte Kristall mit einem gewissen Impuls fortbewegt und somit nicht schwingt. Bei der Wärmeleitung wird die Energie durch Phononen übertragen. Die mittlere Weglänge der Phononen wird bestimmt durch 2 Arten von Streuprozessen: 1. Streuung an Gitterfehlern 2. Streuung an anderen Phononen Stöße zwischen Phononen sind eine Folge der Anharmonizität der Gitterschwingungen, bedingt durch das asymmetrische Kristallpotential. Wir lassen jetzt Stöße zwischen den Phononen zu, nähern aber der Einfachheit halber harmonisch an. Energiesatz der Phonon-Phonon Wechselwirkung: ̵ ⇌ hΩ ̵ 1 + hΩ ̵ 2+⋯ Es = hΩ (2.64) 2.4 Phononen: quantisierte Gitterschwingungen 112 Der nacht rechts gerichtete Pfeil bedeutet einen Phononenzerfall, wohingegen der nach links gerichtete Pfeil eine Vereinigung darstellt. Im Kristall herrscht im Falle konstanter Temperatur ein dynamisches Gleichgewicht durch Phonon-Phonon-Wechselwirkung. Ein einzelnes Phonon mit fester Frequenz Ω kann nicht dauernd existieren! Kommen wir zum Impulssatz: Für ein Photon (z.B. Röntgenquant) gilt die Beugungsbedingung (siehe Abbildung 69) ⃗ k⃗′ = k⃗ + G (2.65) ̵ multipliDies ist nichts anderes als der Impulssatz der Photonen im Kristall, wenn wir es mit h zieren. So kommen wir nun zm Impulssatz der Phononen bei Wechselwirkung. ̵ q ⇌ h⃗ ̵ q1 + h⃗ ̵ q2 + . . . n h ̵G ⃗ hkl h⃗ (n ∈ Z) (2.66) Der reziproke Gittervektor kommt hier wie bei Photonenstreuung zum Einsatz. Beim Kristal⃗ = 0 (z.B. limpuls unterscheidet man zwischen dem sogenannten Normal-Prozess“, bei dem G ” ⃗ ≠ 0 ist. q⃗3 = q⃗1 + q⃗2 ) und der Impuls strikt erhalten ist, und dem Umklapp-Prozess“, bei G ” Abbildung 78: Das q3 aus dem rechten Bild darf nicht aus der Brillouin-Zone herausste⃗ Vektor hinzuaddiert um alle 3 Vektoren innerhalb hen, daher wird der G der Brillouin-Zone zu behalten. 113 2 FESTKÖRPERPHYSIK ⃗ hkl ) ansehen (Abbildung 78): Wir werden uns die beiden Prozesse am Beispiel q⃗3 = q⃗1 + q⃗2 (±G ⃗ = 0): • (a) Der Normal-Prozess“ (G ” Es existiert eine untere Grenze der Wellenlänge der elastischen Schwingung im Gitter λmin = 2a (a ist die Gitterkonstante). π ⃗3 innerhalb der Brillouin-Zone. Damit ist qmax = 2π λ = a . Also liegt q ⃗ ≠ 0): • (b) Der Umklapp-Prozess“ (G ” ⃗ zu Hier ist λ3 > λmin , also würde q⃗3 außerhalb der Brillouin-Zone liegen, weshalb G q⃗1 + q⃗2 addiert wird. Dieser neue Vektor ist dann unser gesuchtes q⃗3 2.4.2 Streuung von Photonen an Phononen 1. Null-Phonon Streuung: ̵ k⃗′ = h ̵ k⃗ + h ̵G ⃗ oder bzw. h ⃗ Es muss gelten: k⃗′ = k⃗ + G ⃗ Somit haben wir eine elaDer Endzustand ist gleich dem Anfangszustand mit ∣k⃗′ ∣ = ∣k∣. stische Streuung. 2. Ein-Phonon Streuung: Ein Photon trifft auf einen Kristall, wechselwirkt mit dem Kristall und wird inelastisch gestreut: • Phonon wird emittiert: Die Energie des Photons wird verkleinert • Phonon wird absorbiert: Die Energie des Photons wird vergrößert Wir sprechen von Brillouin-Streuung“ wenn eine Wechselwirkung mit einem akusti” schen Phonon stattfindet und wir sprechen von Raman-Streuung“ wenn eine Wech” selwirkung mit einem optischen Phonon stattfinden. 2.4 Phononen: quantisierte Gitterschwingungen 114 Abbildung 79: Streuspektrum für Licht von 6328Å bei Streuung an Wasser bei Zimmertemperatur. Das dargestellte Streuspektrum wurde unter einem Winkel von 90○ gegen die Einfallsrichtung aufgenommen. Die unverschobene Mittellinie bei der Laserfrequenz rührt hauptsächlich von der Tyndallstreuung an kleinen Teilchen im Wasser her. Die Linenbreite ergibt sich aus der Schlitzbreite des Spektrographen. Die Ablenkzeit des Schreibers betrug 5 Minuten. Die Phononenfrequenz wurde aus diesem Spektrum bestimmt, sie beträgt (4,33 ± 0,02) × 109 Hz. Die Geschwindigkeit beträgt (1,457 ± 0,010) × 103 ms−1 . Bei der Wechselwirkung moduliert die Schallwelle die optischen Eigenschaften und somit lokal(!) den Brechungsindex. Bei Wechselwirkung moduliert das elektrische Feld einen mechanischen (elastischen) Schwingungszustand. Optische Streuung: 7 −1 Sichtbares Licht z.B. Laser: λ = 5 × 10−7 m ⇒ k = 2π λ = 1 × 10 m 2π −10 Abmessung der 1. Brillouin-Zone: a ≈ 1 × 10 m → a = 6 × 1010 m−1 Photonen Wellenvektor k⃗ → klein gegen 1. Brillouin-Zone Im Allgemeinen führt der Wellenvektor der Phononen q⃗ nicht aus der 1. Brillouin-Zone heraus, ⃗ = 0). daraus folgt, dass der Kristallimpuls strikt erhalten ist (G Impulssatz: ̵ k⃗′ ± h⃗ ̵q = h ̵ k⃗ h (2.67) ̵ ′ ± hΩ ̵ = hω ̵ hω (2.68) Energiesatz: + Emission } eines Phonons − Absoprtion 115 2 FESTKÖRPERPHYSIK Frage: Wie groß ist der Energieverlust der Photonen, wenn ein Phonon erzeugt werden soll? - Photonen in Materie : ω = nc k - Phononen: Ω = vs ⋅ q Eγ′ Es ³¹¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹· ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ µ ³¹¹ ¹ ¹·¹ ¹ ¹ ¹µ c c ̵ ′ ⋅ ) + (hqv ̵ s ) ⇒ c k = c k ′ + q ⋅ vs ̵ = hk ̵ ⋅ = (hk Eγ = hω n n n n Annahme: k ≈ q ⇒ λphon ≈ λphot c (k − k ′ ) ≈ k ⋅ vs n c k′ (1 − ) ≈ vs n k 1− ⇒ k′ n ⋅ vs ≈ k c (c = 3 × 108 m/s, vs = 5 × 103 m/s) n ⋅ vs k′ ≈ 1− ≈ 1 ⇒ k′ = k k c c c ω = k ≈ k ′ − ω ′ ≫ vs ⋅ k = Ω n n Energieverlust der Photonen für k ≈ q: (k = ω⋅n Ω vs ⋅ n ,q = ⇒ Ω=ω ) c vs c ̵ = hω ̵ vs ⋅ n ≪ Eγ Eγ − Eγ′ = Es = hΩ c Ist also praktisch eine elastische Streuung. Es werden nur Phononen im Zentrum der 1. Brillouin-Zone erzeugt. Entsprechend klein ist die Information, die wir über das Schwingungsspektrum erhalten. (2.69) 2.4 Phononen: quantisierte Gitterschwingungen 116 Beispiel: λvac = 400nm = 4 × 10−7 m; vs = 5 × 103 ms−1 ; n = 1,5; c = 3 × 108 ms−1 ̵ k⃗′ = h ̵ k⃗ + h ̵G ⃗ oder k⃗′ = k⃗ + G ⃗ Impulssatz: h ′ ⃗ Wir wissen dass ∣k⃗ ∣ = ∣k∣ | k | = |k’ | k’ q ϕ k ⃗ Abbildung 80: Grafische Darstellung der Vektoren ∣k⃗′ ∣ = ∣k∣; ′ ⃗ ⃗ ⇒ q⃗ = k − k; [MB] 1 q 1 ω⋅n sin ( ϕ) = ⇒ q = 2k sin ( ϕ) ∣ ⋅ vs (und k = ) 2 2k 2 c ⇒ Ω = vs ⋅ q = 2vsc⋅ω⋅n sin ( 21 ϕ) ϕ = π = 180○ ⇒ max Energieübertrag ⇒ sin ( 12 ϕ) = 1 2.5 × 103 ⋅ 2π ⋅ 1.5 10 × 104 = = 2.5 × 1011 s−1 ≈ 200 GHz 4 × 10−7 4 × 10−7 2πc 2π ⋅ 3 × 108 ω= = = 5 × 1015 = 5 PHz (Peta Hz) −7 λ 4 × 10 Ω= - Relative Frequenzverschiebung ∆ω ω − ω ′ Ω 2.5 × 1011 = = = = 5 × 10−5 ω ω ω 5 × 1015 - Vergleich der Wellenzahlen (messbar mit Interferometrie) ⎫ Ω 2.5 × 1011 7 −1 ⎪ ⎪ ⎪ = = 5 × 10 m ⎪ ⎪ Schluss: sichtbares Licht ⇒ nur Info vs 5 × 103 ⎬ über Zentrum der ersten Brillouin-Zone ⎪ 2π ⎪ 7 −1 ⎪ ⎪ k=n = 2.5 × 10 m ⎪ ⎭ λ Frage: Wie sieht es bei der Röntgenstreuung aus? Wir haben eine Frequenz ν ≈ 1018 Hz und für die Energie Eγ = einige keV und Die Frequenz der Schallwelle Ω ≈ 100GHz und die Energie Es = meV q= ∆ω Ω = = 5 × 10−8 ω ω 117 2 FESTKÖRPERPHYSIK Lösung: Eine inelastische Neutronenstreuung muss gut in den Kristall (Kern!) eindringen. Röntgen sichtbares Licht thermische Neutronen k ≈ 5 × 1010 m−1 k ≈ 1.3 × 107 m−1 k ≈ 2.2 × 1010 m−1 Eγ ≈ 104 eV Eγ ≈ 2.5 eV 1 eV En ≈ 100 sp Reaktor ⇒ Spaltneutronen: E n ≈ 1.5 MeV 3 En293 = kT = 6.07 × 10−21 J = 0.038 eV 2 1 × 1011 ∆ω Ω = ≈ ≈ 7 × 10−2 gut messbar ω ω 1.5 × 1013 Stöße mit Moderator: Enth < 100 meV; ̵ Frequenzveränderung: En = hω; 2.4.3 Inelastische Neutronenstreuung 2 ̵2 2 p Wir nehmen statt Photonen Neutronen mit En = 2m = h2mkn . Die Masse eines Neutrons beläuft n 1 sich auf mn = 1,6 × 10−27 kg. Bei thermischen Neutronen ist k ≈ 10−10 m und En ≈ 100 eV , also kann man mit thermischen Neutronen Phononen höherer Energie sichtbar“ machen. ” Impulssatz für Ein-Phonon Streuung. ̵ q = p⃗n + h ̵G ⃗ p⃗′n ± h⃗ (+ Emission, − Absorption) (2.70) Energiesatz: ̵ = En En′ ± hΩ (+ Emission, − Absorption) (2.71) 2.4 Phononen: quantisierte Gitterschwingungen 118 Abbildung 81: Darstellung der inelastischen Neutronenstreuung im Raum eines zweidimensionalen reziproken Gitters. k⃗0,N ist der Wellenzahlvektor eines einfallenden Neutrons. k⃗1,N , k⃗2,N , k⃗3,N und k⃗4,N sind die Wellenzahlvektoren inelastisch gestreuter Neutronen. q⃗1 und q⃗2 sind die Wellenzahlvektoren zweier bei der Streuung erzeugter, q⃗3 und q⃗4 die zweier vernichteter ⃗1, G ⃗2, G ⃗ 3 und G ⃗ 4 sind Vektoren des reziproken Gitters. Phononen. G Wir drücken nun q⃗ durch ∆⃗ pn = p⃗′n − p⃗n aus und setzten das q⃗ wieder in den Energiesatz (2.71) ⃗ weglassen (Ω(⃗ ⃗ = Ω(⃗ ein. Wir können die Addition bzw. die Subtraktion von G q + G) q )). Somit folgt aus Gleichung (2.71): (⃗ p′n )2 (⃗ pn ) 2 ̵ = − hΩ(q) mit 2mn 2mn q⃗ = p⃗n − p⃗′n ̵ h Emission (2.72a) (⃗ p′n )2 (⃗ pn ) 2 ̵ = + hΩ(q) mit 2mn 2mn q⃗ = p⃗′n − p⃗n ̵ h Absorption (2.72b) Die Vertauschungen von p⃗′n mit p⃗n in den Gleichungen (2.72a) & (2.72b) folgt aus dem (±) des Impulssatzes (2.70). ̵ des gestreuten Neutrons als Funktion der StreurichWir messen nun die Energieänderung hω ′ tung p⃗n − p⃗n bei bekannter Orientierung des Kristalls gegen die Einfallsrichtung. So kann Ω(⃗ q) ′ (= En − En ) für verschiedene Schallausbreitungsrichtungen bestimmt werden. 119 2 FESTKÖRPERPHYSIK Detektor En’ , pn’ En , pn Kristallgitter Abbildung 82: Die Energie Ω(⃗ q ) wird für bestimmte Streurichtungen gemessen. [MB] Abbildung 83: Schnittbild des dreiachsigen Brockhouse-Kristallspektrometers. 2.4 Phononen: quantisierte Gitterschwingungen 120 Was man daraus erhält ist nun das Ω(⃗ q ) (auf dem Bild als ω(⃗ q )) dargestellt. (a) (b) (c) Abbildung 84: Phononen dispersion realtions in aluminium, measured along the k-space lines ΓX and ΓKX by neutron scattering. The estimated error in frequency is 1 to 2 percent. Each point represents an observed neutron group. Note that the two transverse branches are degenerate along ΓX (4-fold axis), but not along ΓK (2-fold axis). Γ, X and K are well defined points. 121 2 FESTKÖRPERPHYSIK Beispiel: Gitterkonstante: a = 0,2nm = 2 × 10−10 m Wir betrachten eine große Wellenzahl q der Phonenen. π ≈ 1,57 × 1010 m−1 a qmax = ̵ = hq ̵ ⋅ vs = 1 × 10−34 ⋅ 1,6 × 1010 ⋅ 2 × 103 = 3 × 10−21 J = 0,02ev = 20meV hΩ ´¹¹ ¹ ¹ ¸ ¹ ¹ ¹ ¹ ¶ vs Enth −20 = 80meV = 1,28 × 10 J ⇒ λ= h p = h √ emn ⋅Ekin = 1 × 10−10 m - relative Energieänderung: ̵ ∆En En − En′ hΩ 20 meV = 0,25 = = = En En En 80 meV 2.5 2.5.1 daher sehr gut messbar Eigenschwingungen des Kristallgitters Normalschwingungen eines eindimensionalen, einatomigen Kristalls ( lineare Kette“) ” (n-3)a (n-2)a (n-1)a na (n+1)a u(na) = jeweilige Auslekung aus der Gleichgewichtislage Abbildung 85: Normalschwingungen einer linearen Kette“. Der Abstand zwischen den ” Atomen ist a. [MB] Wir betrachten die Normalschwingungen einer linearen Kette von gleichartigen Atomen/Ionen. Wir kennen die Gitterkonstante a (Abstand der Atome zueinander) und der Translationsvektor ist gegeben mit r⃗ = n ⋅ a ⋅ e⃗ wobei n ∈ Z ist. Wir nähern jetzt mit einem harmonischen Atompotential und idealen Hookeschen Federn (l = a) an. Potentielle Energie der harmonischen Schwingung (Epot = 1 2 f x2 ): ® =k 1 harm Epot = f ∑[u(na) − u((n + 1)a)]2 2 n (2.73) 2.5 Eigenschwingungen des Kristallgitters 122 Das Potential ist rein quadratisch in den Verschiebungen der Ionen aus der Gleichgewichtslage und daher folgt für die Bewegungsgleichung (= Newton 2) der schwingenden Ionen: F =m⋅ harm ∂Epot d2 u 1 ∂ 2 (na) = − =− f ∑[u(na) − u((n + 1)a)] 2 dt ∂u(na) 2 ∂u(na) n (2.74) Betrachten wir das Atom n mit seinen beiden Nachbarn n − 1 und n + 1, dann gilt 2 2 ∑ ⋯ = ⋯ + [u((n − 1)a) − u(na)] + [u(na) − u((n + 1)a)] n Wieder mit einem Trick damit Terme wegfallen: ∂ ∑ ⋯ = −2[u((n − 1)a) − u(na)] + 2[u(na) − u((n + 1)a)] ∂u(na) n F = −f [−u((n − 1)a) + u(na) + u(na) − u((n + 1)a)] Ô⇒ F = m ⋅ ü(na) = −f [2u(na) − u((n − 1)a) − u((n + 1)a)] (2.75) Bei den Normalschwingungen schwingen alle Ionen mit gleicher Frequenz um die Gleichgewichtslage (siehe Abbildung 23). Daher muss die Lösung die Form einer Welle haben, daher machen wir einen Wellenansatz: u(na, t) = u0 ei(Ωt−qna) (2.76) Dies wird nun in die Bewegungsgleichung eingesetzt: u̇ = d2 u du = iu0 ⋅ Ω ⋅ eiΩt ⋅ e−iqna ; ü = 2 = i2 u0 ⋅ Ω2 ⋅ eiΩt ⋅ e−iqna ® dt dt −1 Durch einsetzten der obigen Ableitungen in Gleichung (2.75) und kürzen erhalten wir: mΩ2 = f (2 − eiqa − e−iqa ) ´¹¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹¸ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¶ (2.77) ⇒ mΩ2 = 2f (1 − cos(qa)) (2.78) =−2 cos(qa) Da 1 − cos(qa) = 2 sin2 ( qa 2f (1 − cos(qa)) ) und Ω2 = 2 m ist, erhalten wir letztendlich die Dispersionsrelation von Phononen: √ Ω(q) = 2f ⋅ (1 − cos(qa)) =2⋅ m √ f qa ⋅ ∣sin ( )∣ m 2 (2.79) Ω ist ja eine Frequenz und kann daher nur positiv sein, daher kann man die negativen Terme der Gleichung ausschließen. 123 2 FESTKÖRPERPHYSIK Ergebnis: 1. Normalschwingungen sind darstellbar als Wellen der Auslenkung aus der Ruhelage durch das Gitter. 2. Wertebereich von q ist beschränkt: ei(Ωt−qna) bleibt unverändert wenn q → q + 2π a ⋅ l, wobei l ganz ist. Also q muss auf Intervall der Länge 2π beschränkt sein, damit ihre Werte eindeutig ist. a 3. Man wählt nun − πa < q < πa → 1. Brillouin Zone. Die Kette ist also nicht unendlich lang (N Atome bzw. Ionen), das heißt entweder kommt es zur Reflexion an den Enden (vgl. unendlich tiefer Potentialtopf oder eingespanntes Seil), oder die Kette ist zu einem Kreis geformt (mit gleicher Feder“), wobei hier für ” große N die Eigenfrequenzen gleich denen sind, wenn man die Enden festhält. u((n + N )a) = u(na) ´¹¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¸¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¶ (2.80) u(0) = u(N a) (2.81) period. Randbed. Es gilt noch: Also die Vorgänge in der Kette sind periodisch. Diese Randbedingungen heißen Born” von Karman-Randbedingungen“. Sie sind periodisch mit Periode N a, weshalb die Randbedingungen von Gleichung (2.80), periodische Randbedingungen“ sind. ” Also: e−iq(n+N )a = e−iqna ⇒ e−iqN a = 1 ⇒ qN a = 2πl l ist ganz Es gibt somit nur eine bestimmte Auswahl für die q-Werte: q= qmax = ± 2π ⋅l Na π N N ⇒ l ∈ [− , ] a 2 2 (2.82) (2.83) Wobei l = 0 ausgenommen ist, da es die Fundamentalschwingung des ganzen Kristalls ist. So folgt also, dass es genau N Werte von q im Abstand von ∆q = N2πa für ∆l = 1. 2.5 Eigenschwingungen des Kristallgitters 124 Abbildung 86: The Born-von Karman or periodic boundary condition for the linear chain. Abbildung 87: An alternative representation of the Born-von Karman boundary condition. The object connecting the ion on the extreme left with the spring on the extrem right is a massless rigid rod of length L = N a. 4. Es gibt eine Dispersionsrelation Ω = Ω(q) die nicht linear ist. Wir erinnern uns an das Licht im Medium: ω = k nc ; n = n(λ) → Dispersion. Wir kennen die Dispersionsrelation von Phononen im Kristall: √ f qa Ω(q) = 2 ⋅ ⋅ ∣sin ( )∣ m 2 (2.84) X 4f m N q-Werte 2 & q-Werte liegen (für große N) sehr dicht! dX Abstand: 2r Na X max = -r a dq r a 4f m q Abbildung 88: Zwischen − πa und πa liegen insgesamt N q-werte. Je größer die Zahl N der Atome ist, desto feiner wird die Einteilung von q. Die√höchste Frequenz kommt bei sin ( π2 ) zustande, denn dann ist Ωmax = 4f . m [MB] 125 2 FESTKÖRPERPHYSIK Zahl der q-Werte in dq müssen im Intervall [q, q + dq] liegen. dq 2π Na ⇒ Zq (q)dq = dq 2π Na = Na dq 2π (2.85) Wobei Zq (q)dq die Zahl der q-Werte im Einheitsintervall von q [m−1 ] ist. So kommen wir auf die Zahl der Eigenfrequenzen im Intervall dΩ. Wie man in Abbildung 88 erkennen kann, gibt es zu 2 Werten von q jeweils die gleiche Frequenz, d.h. die Anzahl der Eigenfrequenzen in dΩ ist gegeben durch: ZΩ (Ω)dΩ = 2Zq (q)dq ⇒ ZΩ (Ω) = 2Zq (q) . . . spektrale Modendichte dΩ dq (2.86) Jetzt berechnen wir den Differentialquotienten aus Gleichung (2.84): √ √ dΩ f qa f a qa 1/2 =a ⋅ cos ( ) = 2 (1 − sin2 ( )) dq m 2 m2 2 (2.87) Eingesetzt wieder in die Spektrale Modendichte ZΩ (Ω) folgt: ZΩ (Ω) = √ a 2 Na π 4f m (1 − sin2 ( qa )) 2 (2.88) Die beiden Ausdrücke unter der Wurzel kennen wir. Der erste Term ist Ω2max und der zweite ist Ω2 , also vereinfacht sich die Zahl der Frequenzen, bzw. die spektrale Modendichte auf ZΩ (Ω) = 1 2N √ π Ω2max − Ω2 Für Ω = Ωmax geht die Modendichte ZΩ (Ω) über alle Grenzen. (2.89) 2.5 Eigenschwingungen des Kristallgitters Abbildung 89: Schwingungsformen der Kette für spezielle k-Werte Abbildung 90: Gitterspektrum und elastisches Spektrum der Kette. Die elastische spektrale Verteilung stimmt mit dem Gitterspektrum bei kleinen Frequenzen überein. Soll das elastische Spektrum ebenso viele Frequenzen enthalten wie das Gitterspektrum, so muss es bei der Frequenz ωD abgeschnitten werden. 126 127 2 FESTKÖRPERPHYSIK Debye-Näherung: qa )→0⇒Ω→0 2 2N ⇒ ZΩ (Ω) = = const. ∀Ω πΩmax q → 0 ⇒ sin ( Schwingungsformen der Kette für spezielle q-Werte: √ (a) q = πa = Ω = Ωmax = 4f m ⇒ u(na, t) = uo eiΩmax t ⋅ e−inπ Daraus folgt, dass die benachbarten Ionen entgegengesetzte Amplituden haben, und somit gegeneinander schwingen (Federmitten in Ruhe.) √ π ⇒ Ω = 2f (b) q = 2a m ⇒ u(na, t) = uo eiΩt ⋅ e−inπ/2 für (n = 1, 2, 3, . . . ) Jedes 2. Ion schwingt also zwischen den festgehaltenen Nachbarn. 2.5.2 Eindimensionaler Kristall (Kette): 2 Atome unterschiedlicher Masse Wir sehen uns noch ein Mal die Abbildung 85 an. Wir haben also die Massen M und m, wobei M > m ist. Die Federkonstanten seien gleich. So erhalten wir über die Bewegungsgleichung (2.75) 2 Differentialgleichungen: mü(2na) = −f [2u(2na) − u([2n − 1]a) − u([2n + 1]a)] M ü([2n + 1]a) = −f [2u([2n + 1]a) − u(2na) − u([2n + 2]a)] Wieder machen wir einen Wellenansatz: uM (2na, t) = Aei(Ωt−q2na) um ([2n + 1]a, t) = Bei(Ωt−q[2n+1]a) π π Wobei A ≠ B ist. Der Wertebereich von q sei beschränkt auf − 2a < q < 2a und die Periode des Gitters ist 2a. Die periodischen Randbedingungen liefern eine Periode mit 2aN , womit q = Nπa l ist mit l ∈ Z und l ∈ [− N2 , N2 ]. Nun wird der Ansatz wieder in die Bewegungsgleichung eingesetzt und liefert: M Ω2 A = 2f (A − B cos(qa)) mΩ2 B = 2f (B − A cos(qa)) Wir haben hier ein Gleichungssystem, das uns dann nur eine Bestimmungsgleichung für Ω2 liefert, wenn die Determinante von A und B verschwindet. 2.5 Eigenschwingungen des Kristallgitters 128 Also: M Ω2 − 2f 2f cos(qa) Det ∣ ∣ = (M Ω2 − 2f )(mΩ2 − 2f ) − 4f 2 cos2 (qa) = 0 2f cos(qa) mΩ2 − 2f √ 1 1 1 1 2 4 ⇒ Ω2± = f ( + ) ± f ( + ) + sin2 qa M m M m mM (2.90) (2.91) Das führt uns auf 2 verschiedene Dispersionsrelationen Ω: 1. Diese werden als akustische“ Phononen bezeichnet. ” √ f [M + m − M 2 + m2 + 2M m cos(qa)] Ω2− = Mm 2. Diese werden als optische“ Phononen bezeichnet. ” √ f Ω2+ = [M + m + M 2 + m2 + 2M m cos(qa)] Mm (2.92) (2.93) Für N Ionen gibt es also N q-Werte und 2N Eigenfrequenzen. Das entspricht der Gesamtzahl der Ionen im Intervall 2aN . Der Vollständigkeit halber sei noch das Amplitudenverhältnis gegeben: Ω2 − 2f A m = − 2f (2.94) B cos(qa) m Abbildung 91: Spektrum und Schwingungsformen der zweiatomigen linearen Kette mit einem Massenverhältnis M ∶ m = 4 ∶ 1. Im optischen Zweig (ω+ ) ist ω+2 > 2f , dann ist A/B < 0. Im akustischen Zweig ω− ist ω−2 < 2f , dann m M ist A/B > 0. (Anmerkung: ω± = Ω± ) 129 2 FESTKÖRPERPHYSIK Unsere Dispersionsrelation ist nun in 2 Zweige aufgeteilt: Ω+ und Ω− . 1. Akustischer Zweig Ω− : Hier sind die Frequenzen kleiner und die Ionen schwingen gleichphasig, d.h die durch die Ionen Mi und mi gedachte Linie ist die Form der gesamten Welle. (A/B > 0) Abbildung 92: Abwechselnd leichte und schwere Ionen die miteinander schwingen. [MB] 2. Optischer Zweig Ω+ : Die Frequenzen sind weit höher und die benachbarten Ionen schwingen mit entgegengesetzter Amplitude. (A/B < 0) Abbildung 93: Jetzt liegen die leichten auf einem Gitter und die schweren auf einem anderen, wie hier angedeutet schwingen sie gegeneinander. [MB] Spezielle Schwingungsformen: +m m 1. q = 0 → cos(2qa) = 1, Ω2+ = 2f M M m und A/B = − M somit optisch. Beide Teilgitter schwingen starr gegeneinander. π 2. q = 2a → cos(2qa) = −1, Ω2+ = 2f m , wobei A = 0 ist. Daher ist es optisch. Das Teilgitter der schweren Massen ist in Ruhe während das der leichten Massen schwingt. π 3. q = 2a → cos(2qa) = −1, Ω2− = 2f M , wobei B = 0 ist. Das Teilgitter der leichten Ionen ist in Ruhe und das schwere schwingt. 2.5 Eigenschwingungen des Kristallgitters 2.5.3 130 Spezifische Wärme im Phononenmodell Es sind sowohl longitudinale als auch transversale Schwingungen des Gitters möglich. Es gibt: 1. longitudinal akustisch (LA) 2. transversal akustisch (TA) 3. longitudinal optisch (LO) 4. transversal optisch (TO) Wenn in der primitiven Elementarzelle p Atome sind, gibt es insgesamt 3p-Äste: 3 akustische (1LA + 2TA) und 3p − 3 optische. Allgemein betrachten wir ein schwingendes Raumgitter mit 3N Eigenfrequenzen. Wir kennen noch: ̵ E + (1 + • Einstein: E = ⟨E⟩ = hω 2 1 ̵ hω E e kT −1 ) Dies kann wieder auf unser Gitter angewendet werden: ̵ q )s ( 1 + ̵ 1 ) ⟨E⟩ = ∑ hΩ(⃗ s 2 e hΩ kT − 1 q⃗,s (2.95) Wobei hier s die Äste sind. Und daraus folgt: CV = ∑ q⃗,s ̵ s (⃗ ∂ hΩ q) ( hΩ ) ̵ s ∂T e kT − 1 Abbildung 94: a) Elementarzelle und Atomlagen im kubisch primitiven Gitter der Gitterkonstante a. b) Die Atome des Gitters sind durch Federn f zwischen den nächsten Nachbarn und Federn f ′ zwischen übernächsten Nachbarn verbunden. c) zur Definition der verschiedenen q. (2.96) 131 2 FESTKÖRPERPHYSIK Abbildung 95: Gitterspektrum und Debyesches Spektrum des kubisch primitiven Gitters bei gleichen Federbindungen zwischen nächsten und übernächsten Nachbarn (f = f ′ ). Abbildung 96: Experimentelle Dispersionskurven ν gegen K für Diamant in (100) und (111) Richtung; K ist der reduzierte Wellenvektor in Einheiten von π/a. Man beachte die optischen und akustischen Äste, die eigentlich in einem Kristall mit zwei Atomen (obwohl sie identisch sind) pro Elementarzelle auftreten. Die rechte Bildhälfte gilt für Phononen in (100) Richung, die linke für Phononen in (111) Richtung. In den Ausbreitungsrichtungen sind die transversalen Eigenschwingungen zweifach entwartet: es gibt zwei unabhängige Polarisationsrichtungen für jeden Punkt auf der TAund TO-Kurve. 2.5 Eigenschwingungen des Kristallgitters 132 Abbildung 97: Die Diamantstruktur besteht aus einem kubisch-flächenzentrierten Gitter und der Basis {(0, 0, 0), ( 41 , 14 , 14 )}. Anschaulich kann man die Diamantstruktur auch als Kombination zweier ineinander gestellter kubischflächenzentrierter Gitter beschreiben, die um 1/4 der Raumdiagonale gegeneinander verschoben sind.[11], [12] (a) Phononendispersionsrelation für Germanium in der [111]-Richtung bei 80K. Die beiden TA-Phononenäste ( 21 21 21 ) waagrecht. Die sind im Zonenrand Kmax = 2π a LO-und TO-Äste verschmelzen bei K = 0; auch das ist eine Folge er Kristallsymmetrie von Ge. Diese Ergebnisse wurden mit inelastischer Neutronenstreuung nach G. Nilsson und G. Nelin erhalten. Da es zwei Atome pro Elementarzelle hat, gibt es auch optische Phononen. (b) Dispersionsrelation für KBr in der [111]Richtung bei 90K. Die für K = 0 extrapolierten Werte der TO-und LO-Äste werden mit ωT und ωL bezeichnet. Abbildung 98 133 2.6 2.6.1 2 FESTKÖRPERPHYSIK Elektronen im Festkörper Energiebändermodell Das Bändermodell oder Energiebändermodell ist ein quantenmechanisches Modell zur Beschreibung von elektronischen Energiezuständen in einem idealen Einkristall. Dabei liegen die Atomrümpfe in einem streng periodischen Gitter vor. Es gibt mehrere Energiebereiche, in denen viele quantenphysikalisch mögliche Zustände existieren, die energetisch so dicht liegen, dass sie als Kontinuum – als Energieband – angesehen werden können. Die zugehörige Darstellung wird als Banddiagramm bezeichnet.[14] Leiter haben ein teilweise mit Elektronen besetztes Band, wohingegen Isolatoren oder Halbleiter vollständig besetztes oberstes Band aufweisen. (a) Energiebandschema der Elektronen in einem Kristall. (b) Energiebänderanordnung für die Fälle a) eines Einelektronenmetalls wie Natrium, b) eines Zweielektronenmetalls wie Beryllium, c) eines Eigenhalbleiters und d) eines Isolators. Kreuzschraffierte Energiebänder bzw. Bandteile sind mit Elektronen voll besetzt. Abbildung 99 Abbildung 100: Periodisches Potentialfeld eines Kristalls mit Elektronenzuständen, Anregungsbändern und Ionisations- bzw. Leitfähigkeitsband (schematisch). 2.6 2.6.2 Elektronen im Festkörper 134 Das freie Elektronengas, Sommerfeld-Modell 1. Rückblick: Elektronen werden mit einer Wellenfunktion ψ(⃗ r, t) beschrieben. Zeitabhängige Schrödingergleichung: − ̵2 h r, t) ̵ ∂ψ(⃗ ∆ψ(⃗ r, t) + Epot (⃗ r, t)ψ(⃗ r, t) = ih 2m ∂t (2.97) Zeitunabhängige Schrödingergleichung: Ĥψ = Eψ; Ĥ = − ̵2 h ∆ + Epot 2m (2.98) Eindimensional: − ̵ 2 d2 ψ h d2 ψ 2m − Eψ = 0 ⇔ + ̵ 2 Eψ = 0 h 2m dx2 dx2 Daraus folgt E = ̵ 2 k2 h 2m = p2 2m mit Ansatz: ψ(x) = Aeikx + Be−ikx (2.99) und somit ist die Energie kontinuierlich! 2. Das Sommerfeldmodell sind Elektronen im Potentialfeld des ganzen Metallkristalls und können sich im gesamten Festkörper frei bewegen. Die Bewegungsgleichung durch Lösen der Schrödingergleichung: ψl = A sin ( nπx ) l A ist Normierungsbedingung Das heißt also, dass wir gequantelte Energien mit En = entspricht das (wie wir weiter unten sehen werden): En = ̵ 2 π 2 n2 h 2ml2 haben. Im 3-dimensionalen ̵ 2π2 ̵ 2π2 h h 2 (n2 + n2y + n2z ) n = 2ml2 2ml2 x (2.100) 3-dimensionaler Potentialtopf: 2m ψ(x, y, z) → ∆ψ + ̵ 2 Eψ = 0 h Produktansatz: ψ(x, y, z) = ψ1 (x) ⋅ ψ2 (y) ⋅ ψ3 (z) → d2 ψ1 2m + ̵ 2 Ex ψ1 = 0 dx2 h dψ2 +⋯=0 dy 2 (2.101) dψ3 +⋯=0 dz 2 135 2 FESTKÖRPERPHYSIK Mit Ex + Ey + Ez = E und l ist der Rand des Festkörpers (= Potentialbarriere). √ ny π 8 nx π nz π sin ( x) sin ( y) sin ( z) 3 l l l l ̵ 2π2 ̵2 h h p2 2 2 2 2 2 2 (n ) (k ) E(nx , ny , nz ) = + n + n = + k + k = x y z x y z 2ml2 2m 2m ny π nx π nz π nx , ny , nz = 1, 2, 3, . . . kx = , ky = , kz = >0 l l l ψ(x, y, z) = Energiewerte können entartet sein: nx , ny , nz : 1, 1, 2; 1, 2, 1; 2, 1, 1 ̵ 2π2 h ⋅ 3! →E = 2ml2 Born-von Karman - Randbedingungen (siehe Abbildung 87): ψ(x + l, y, z) = ψ(x, y, z)⎫ ⎪ ⎪ ⎪ der Schrödingergleichung sind laufende Wellen ⎪ Lösung √ ψ(x, y + l, z) = ψ(x, y, z)⎬ ⃗r) ⎪ ψ(⃗ r) = l13 ⋅ exp(ik⃗ ⎪ ⎪ ⎪ ψ(x, y, z + l) = ψ(x, y, z)⎭ 3. Die Zustandsdichte: Frage: Wie groß ist die Zahl der möglichen Wellenfunktionen = Zustände, die im Intervall [E, E + dE] liegen? 2m 1√ E ⋅ ̵ 2 = kx2 + ky2 + kz2 = k 2 → k = ̵ 2mE h h (m = me Elektronenmasse) (2.102) 2.6 Elektronen im Festkörper 136 Flächen konstanter Energie sind Kugelflächen E = ̵2 ̵ 2 k2 h 2m ⃗ im k-Raum. 2 Abbildung 101: Kugeln konstanter Energie E = h2mke und erlaubte Zustände eines Elektrons im Potentialtopf im k-Raum. Jeder Punkt entspricht wegen der zwei Spineinstellungen zwei Zuständen (Wellenfunktionen). Links: Für verschwindende Randwerte (stehende Wellen) liegen die Zustände nur in einem Oktanten und haben einen linearen Achsabstand von π/l 3 (Volumen pro Punkt: ( πl ) ). Rechts: Schnitt durch den k-Raum normal zur ky -Achse. Bei periodischen Randbedingungen (laufende Wellen) sind Zustände im ganzen k-Raum möglich; ihr linearer Achsabstand 3 ) ). (Volumen pro Punkt: ( 2π ist dafür 2π l l Gesucht sind die möglichen Zustände im Intervall [E, E + dE]. Wir betrachten dazu die ⃗ k-Vektoren im Intervall [k, k + dk] und Enden in einer Kugelschale mit der Dicke dk und mit folgenden Volumen: dV = 4πk 2 dk Wir wissen das kx , ky , kz > 0 ist, und brauchen daher nur den Oktant der Kugel: dV = 1 2 8 4πk dk. √ 2m 1 dk 1 2m = ̵√ = ̵ √ dE 2h 2mE 2h E √ (2m)3/2 √ 2mE 2m 1 √ dE = EdE k 2 dk = ̵ 2 ̵2 E ̵3 h 2h 2h 1 π(2m)3/2 1/2 → dV = 4πk 2 dk = ̵ 3 E dE 8 4h 137 2 FESTKÖRPERPHYSIK 3 ⃗ ( πl ) Volumen eines Punktes im k-Raum: Das Elektron hat zwei Spineinstellungen: ↑, ↓ Daraus folgt die Zahl der Wellenfunktionen = Zustände in dE: Z(E)dE = V π(2m)3/2 l3 1/2 E dE = 2 ̵ 3 (2m)3/2 E 1/2 dE 3 3 ̵ 2h π 2π h (2.103) Zustandsdichte = density of states: Z(E) (2m)3/2 1/2 1/2 = z(E)dE = ̵ 3 E dE = CE dE V 2π 2 h mit C = 1 3/2 ̵ 3 (2m) 2π 2 h (2.104) und Einheit [z(E)] = [m−3 (eV )−1 ] ⃗ Mit periodischen Randbedingungen: Wir verwenden die ganze Kugel in k-Raum und nicht wie vorher nur einen Oktanten. Daraus folgt, dass die Punkte weniger dicht aneinander liegen. 3 ) → führt zu gleichem z(E) Volumen/Punkte: ( 2π l Aus Formel (2.104) sehen wir, dass z(E) ∝ E 1/2 ist. Wenn wir uns an die Fermi-Statistik erinnern wo (mit εF = µ) 1 (2.105) F (E) = E−εF e kT + 1 war, dann ergibt sich die Zahl der besetzten Zustände zu: N (E) = Z(E) ⋅ F (E) (2.106) 4. Die Berechnung der Fermienergie geht folgendermaßen vonstatten: Die Zahl der besetzten Zustände ist gleich der Gesamtzahl der Elektronen im Volumen. ∞ ∞ ∫ N (E) dE = ∫ Z(E)F (E) dE = Ne 0 (2.107) 0 Für T = 0: F (E) = 1 für E ≤ εF und F (E) = 0 für E > εF . Damit vereinfacht sich das obige Integral zu: RRR 23 RRRεF R E RRR = CV ⋅ 2 ε 32 = N e ∫ N (E) dE = ∫ Z(E) dE = ∫ C ⋅ V E dE = C ⋅ V RRRR R 3 F RRR 3/2 RRRR0 0 0 0 ∞ εF εF 1 2 2 ⇒ εF = ( 3 Ne 3 ) 2C ⋅V (2.108) 2.6 Elektronen im Festkörper 138 2 ̵ 2 3π 2 Ne 3 p2 ̵2 h h εF = ( ) = F = k2 2m V 2m 2m F ∣k⃗F ∣ = kF = εF ∝ n e = 2.6.3 √ 3 Ne V 3π 2 NVe (2.109) Betrag des Fermi-Wellenvektors ist hierbei die Elektronenkonzentration Die Fermi-Kugel Wir betrachten Elektronen im freien Elektronengas bei T = 0, also sie befinden sich im Grundzustand. Es herrsche keine Wechselwirkung untereinander, also wie im idealen Gas. Es seien N Elektronen im Grundzustand, d.h. die Elektronenzustände sind bis zur Fermienergie εF aufgefüllt. Wenn Ne groß ist haben die besetzten Zustände periodische Randbedingungen. Dies führt zu einer Kugel mit Radius kF im k-Raum! Abbildung 102: Fermi Energy Calculetetd and Work Function φ (Exp.) for Some Metals. Abbildung 103: Im Grundzustand eines Systems aus N freien Elektronen erfüllen die besetzten Quantenzustände des Systems eine Kugel mit Radius kF , wo̵ 2 k2 h bei εF = 2mF die Energie eines Elektrons mit der Wellenzahl kF auf der Oberfläche der Kugel ist. 139 2 √ ∣k⃗F ∣ = kF = 3 3π 2 FESTKÖRPERPHYSIK 2π 2π 2 Ne V 1/3 ) ← λF = = ( V kF (3π 2 )1/3 Ne diesem kann man auch eine Fermigeschwindigkeit zuordnen vF = ̵ F ̵ hk h Ne 1/3 = (3π 2 ) m m V (2.110) Die Niveaus werden charakterisiert durch den Wellenvektor k⃗ und den Spin, daraus folgt für jedes k⃗ gibt es 2 Elektronen-Energieniveaus. ̵ 2 k2 h ̵2 h (k 2 + ky2 + kz2 ) = (2.111) 2m 2m x Für sehr große N liegen die besetzten Zustände im k-Raum innerhalb der Kugel (Fermikugel, siehe Abbildung 103) mit Radius kF . En = 2 ̵ 2 3π 2 Ne 3 h ( ) εF = 2m V 1 3π 2 Ne Z 3 ) Ð→ kF = ( V Wir definieren die Fermiwellenlänge λF = 2π kF (2.112) Abbildung 104: (a) Energie ε in Abhängigkeit der Wellenzahl k für ein freies Elektron. (b) Energie in Abhängigkeit von der Wellenzahl für ein Elektron in einem linearen Gitter der Gitterkonstante a aus identischen Atomen. Die eingezeichnete Energielücke Eg hängt mit der ersten Bragg-Refelexion bei k = ± πa zusammen, weitere Lücken treten bei ± nπ auf (n ∈ Z) a 2.6 Elektronen im Festkörper 2.6.4 140 Das quasifreie“ Elektron, Kronig-Penney-Modell ” In der Festkörperphysik haben wir es mit sehr vielen untereinander wechselwirkenden Elektronen zu tun. Wir machen eine mögliche Näherung - die Einelektronen-Näherung. Das heißt wir suchen die Wellenfunktion des Systems mit den Koordinaten eines einzigen Elektrons. Dieses Elektron sieht“ das Feld der Ionen und das mittlere Feld der Elektronen. ” • Reflexion von Elektronenwellen an Brillouin-Zonengrenzen Elektron hat eine laufende Matriewelle und die Beugungsbedingung lautet: ⃗ ⇔ 2k⃗G ⃗ +G ⃗2 = 0 ∆k⃗ = k⃗′ − k⃗ = G ⃗ elastische Streuung: ∣k⃗′ ∣ = ∣k∣ Das lineare Gitter hat eine Gitterkonstante von a und das reziproke eine von Daher: 2π a . 2k = ±G = ±n 2π a π ( ) ⇒ k = ± nπ a a ist BZ-Grenze Also: Bragg-Reflexion für k = ± nπ a Elektronenwelle wird von einem beliebigen Atom des linearen Gitters reflektiert und ist daher eine stehende Welle. vT = vG = dω dk = 1 dE ̵ dk h = d dk ̵ 2 ( hk 2m ) = ̵ hk 2m ⃗ = ± nπ ist. = 0 wenn k = ∣k∣ a • Elektron im periodischen Potential Kronig-Penny-Modell: Wir haben ein Potential, für das V (x) = V (x + a) gilt. Wir kennen die Schrödingergleichung (für zeitunabhängiges ψ(x)): ∂ 2 ψ 2m + ̵ 2 (E − V (x))ψ = 0 ∂x2 h (2.113) Jetzt kommt das Bloch-Theorem noch hinzu. Es besagt, dass die Schrödingergleichung durch die sogenannten Blochfunktionen ψ(x) = e±ikx uk (x) gelöst werden kann. Mit uk (x) = uk (x + a). (2.114) 141 2 FESTKÖRPERPHYSIK Abbildung 105: Konstruktion einer Bloch-Funktion ψk (x) = uk (x)eikx für ein eindimensionales Gitter aus einer Wellenfunktion eikx , die mit einer gitterperiodeischen Funktion uk (x) moduliert ist. Die Elektronenwellen sind also Blochfunktionen, also ebene Wellen mit einer Gitterperiodizität. Zurück zum Potential: Wir nehmen ein einfaches (eindimensionales) Kristallmodell mit: V (x) = 0 ⇔ 0 < x < a V (x) = V0 ⇔ − b < x < a V (x) V0 V(x) = 0 für 0 < x < a V(x) = V0 für - b < x < 0 -b 0 a x Abbildung 106: Periodisches Potential aus rechteckigen Potentialtöpfen, einfgeführt durch Kronig und Penney. [MB] 2.6 Elektronen im Festkörper 142 Es sei a =/ b. Wir wissen wie man das macht: In 2 Bereiche trennen und Schrödinger 2m(V0 −E) 2 und nehmen die Blochfunktion seperat lösen. Setzen wir α2 = 2mE ̵ 2 und β = ̵2 h h her, dann finden wir in den 2 Bereichen gewöhnliche homogene Differentialgleichungen 2. Ordnung in u: 1. x ∈ (0, a): d2 ψ 2m + ̵ 2 Eψ = 0 dx2 h 2 d u du + 2ik + (α2 − k 2 )u = 0 dx2 dx 2. x ∈ (−b, 0): d2 ψ 2m + ̵ 2 (E − V0 )ψ = 0 dx2 h 2 d u du + 2ik + (β 2 + k 2 )u = 0 2 dx dx Die Lösungsansätze in den 2 Bereichen lauten dann: 1. u1 = Aei(α−k)x + Be−i(α+k)x 2. u2 = Cei(β−k)x + De−i(β+k)x Aus den Stetigkeitsbedingungen (Die Wellenfunktionen müssen ja an den Bereichsgrenzen stetig ineinander übergehen) finden wir 4 Gleichungen für A, B, C & D aus denen die Wellengelichungen berechnet werden kann. Für die Konstanten gelten die Bedingungen: u1 (0) = u2 (0) du1 du2 ∣ = ∣ dx x=0 dx x=0 u1 (a) = u2 (−b) du1 du2 ∣ = ∣ dx x=a dx x=−b Daraus folgen vier homogene Gleichungen für A, B, C, D: 1. A + B = C + D 2. Aeia(α−k) + Be−ia(α+k) = Ce−b(β−ik) + Deb(β+ik) 3. i(α − k)A − i(α + k)B = (β − ik)C − (β + ik)D 4. i(α − k)Aeia(α−k) − i(α + k)Be−ia(α+k) = (β − ik)Cei(β−ik) − (β + ik)Deβ+ik Wir interessieren uns aber für Bedingungen mit brauchbaren E-Werten. Dazu muss aber erst die Determinante des Gleichungssystemes verschwinden. Dies führt uns zur Bedingungsgleichung (folgt aus den Additionstheoremen): β 2 − α2 sinh(bβ) sin(aα) + cosh(bβ) cos(aα) = cos(k(a + b)) 2αβ (2.115) 143 2 FESTKÖRPERPHYSIK Wenn wir nun die Potentialwälle in δ-Distributionen übergehen lassen, geht V0 → ∞. Damit also V0 ⋅ b endlich bleibt, muss b → 0. Außerdem ist V0 ⋅ b = endlich und konstant. V0 ⋅ b ist die Stärke“ der Bindung. Führen wir die Grenzübergänge durch kommen wir ” zu einer neuen Bestimmungsgleichung: Wir betrachten vorerst den 1. Term aus der oberen Gleichung: Bedingungen: sinh(βb) = βb, cosh(βb) = 1 V0 → ∞ ̵2 ̵2 β2h α2 h ³¹¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ · ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹µ ­ ⇒ V0 ≫ E mV0 b β 2 − α2 2mV0 − 2mE − 2mE βb sin(αa) = b sin(αa) = ̵2 ̵ 2 sin(αa) 2βα 2αh αh mV0 b ̵ 2 α sin(αa) + cos(αa) = cos(ka) h mV0 ba P = ̵ 2 ∝ V0 b → Potentialstärke h ⇒ f (α ⋅ a) ≡ P sin(aα) + cos(aα) = cos(ka) aα (2.116) Abbildung 107: Darstellung der Funktion P sin(aα) + cos(aα) für P = 3π/2. Die eraα laubten Werte der Energie ε sind durch jene Bereiche von aα gegeben, innerhalb derer die Funktion zwischen +1 und −1 liegt. Für andere Energiewerte gibt es keine laufenden Wellen oder Blochsche Lösungen der Wellengleichung, so dass im Energiespektrum Lücken auftreten. 2.6 Elektronen im Festkörper Wobei P = alstärke“. V0 mba ̵2 h 144 in Gleichung (2.116) ist. Dieses P bezeichnet man als Potenti” Schlussfolgerungen: 1. Es existieren erlaubte Energiebänder, getrennt durch verbotene“ Zonen (energy ” gaps). 2. Die Bandbreite der erlaubten Bänder steigt mit der Energie, also mit aα. 3. Die Breite eines bestimmten Bandes sinkt mit steigender Potentialstärke P , also mit steigender Bindung an das Ion. Geht P → ∞, dann kommt es zu einem diskreten ̵ 2 π 2 n2 Atomlinienspektrum mit E = h2me 2 . Geht allerdings P gegen 0, haben wir nur noch das freie Elektron mit quasikontinuierlichem Spektrum. Abbildung 108: Allowed and forbidden energy ranges (shaded and open respectivly) as function of P . The extreme left corresponds to P = 0 (free electrons), the extreme right to P = ∞. 4. Es kommt zu Sprüngen in E(k) für ∣ cos(ka)∣ = 1. Da k = nπ a ist, mit n ∈ N und sind die Grenzen der BZ’s. k definiert die 1., 2., . . . Brillouin Zone. Das freie Elektron hat eine Energie von E= Im Kristall: Zonengrenzen: dE dk ̵ 2 k2 h 2m mit kn = nπ l = 0 + Energiesprung (2.117) 145 2 FESTKÖRPERPHYSIK Abbildung 109: In (a) the energy is represented as function of k for P = 3π ; the Brillouin 2 zones are indicated (note that this is only half the picture). In (b), E is plotted versus the reduced wave vector. 5. Innerhalb der erlaubten Energie-Zustände (= Energie-Band = Band) ist E(k) peri) a) = odisch, daraus folgt, dass k nicht vollständig bestimmt ist, denn cos(ka) = cos ((k + 2nπ a cos(ka+2nπ). Dies ist eine Folge der Periode der Blochfunktion. In der 1. BrillouinZone ist der reduzierte Wellenvektor“ beschränkt auf − πa ≤ k ≤ πa . Daher kommen ” wir auf die reduzierte Darstellung. (a) The free electron E vs. k parabola in one dimension. (b) Step 1 in the construction to determine the distortion in the free electron parabola in the neigborhood of a Bragg“plane“, due to a weak periodic potential. If the Bragg“plane“ is that determined by K, a second electron parabola is drawn, centered on K. 2.6 Elektronen im Festkörper (c) Step 2 in the construction to determine the distortion in the free electron parabola in the neigborhood of a Bragg“plane“. The degeneracy of the two parabolas at K/2 is split. 146 (d) Those portions of part (c) corresponding to the original free electron parabola given in (a). (e) Effect of all additional Bragg“planes“ on the free electron parabola. This particular way of displaying the electronic levels in a periodic potential is known as the extended-zone scheme. (f) The levels of (e), displayed in a reduced-zone scheme 147 2 FESTKÖRPERPHYSIK (g) Free electron levels of (e) or (f) in a repeated-zone scheme. Abbildung 110 6. Wenn wir einen unendlich ausgedehnten Kristall betrachten (l → ∞), so kann k in jedem Band jeden Wert annehmen. So ist es im Allgemeinen nicht, also wenn l endlich ist, dann wird k abzählbar. Frage: Wie groß ist die Zahl der möglichen Zustände = Wellenfunktionen pro Band? Wir nehmen wieder periodische Randbedingungen zur Vermeidung von Randeffekten: ψ(x + l) = eik(x+l) uk (x + l) = eikx uk (x) = ψ(x) ⇒ ψ(x + l) = ψ(x) periodisch in l eik(x+l) = eikx ⇒ eikl = 1 ⇒ kl = 2πn; k = Die Zahl der k-Werte in dk ∶ dn = 2πn l , n∈Z l dk 2π Frage: Wie viele Werte gibt es insgesamt für n und k? kmax für n-tes Band: nπ π ⇒ kmax,1 = a a l π l N l kmax = ⋅ = = nmax,1 = 2π 2π a 2a 2 kmax,n = Elektronen im Festkörper N= l a 148 ist die Zahl der Elementarzellen Für alle +k gibt es ein −k → also N Spin: ↑, ↓ So ist die Zahl der Wellenfunktionen = Zustände pro Band klarerweise 2N . Das heißt wenn pro Band 2N Elektronen sind, dann ist es gefüllt und wir haben einen Isolator!. Wenn es nicht gleichmäßig verteilt ist: dn(E) dE dn dk N a 1 ⇒ Bandkante: = = = 0, dE dE dk dE 2π dk dk ° Bandmitte: dE = max dk l = Na 2π 2π E Band 2.6 Abbildung 111: [MB] 2.6.5 Zustandsdichte Die effektive Masse von Kristallelektronen ⃗ in der Quantenmechanik ist die TeilchenWir betrachten Elektronen mit Wellenvektor k. dv 1 dE geschwindigkeit gegeben durch vT = vG = vph − λ dλph = dω ̵ dk . Jetzt fragen wir uns dk = h warum vT = 0 sein soll an der Brillouin- Zonengrenze. Das Elektron stellt eine laufen⃗ Wenn wir nur elastische de Welle dar, für die Bragg-Reflektion gilt: ∆k⃗ = k⃗′ − k⃗ = G. Streuung ansehen, dann gilt nach der Quadratur der Gleichung: 2k⃗ = ±G = ± 2nπ a und somit nπ k=± (2.118) a 149 2 FESTKÖRPERPHYSIK Das heißt aus den laufenden Wellen werden stehende Wellen. Wir können daher ein Feld anlegen und die Elektronen bewegen sich trotzdem nicht. Wie soeben gesehen, ist die 1 dE Geschwindigkeit vT gegeben durch vT = dω ̵ dk . dk = h ̵2 ̵ 2 p k Ohne äußeres Feld gilt für das freie Elektron: E = h2m und vT = hk m = m. Mit Feld (Feldstärke F e ): Es sei ein Elektron in der 1. Brillouin-Zone mit Zustand k. Das Elektron gewinnt im Zeitraum dt die Energie dE. eF e dE dE = eF e vT dt = ̵ dt h dk e ̵ ⇒ dk = eF eF e dt = hdk ̵ h dt eF e dE dk eF e dE dk = ̵ dt → = ̵ → dE = dk dt h dk h (2.119) Für eine Beschleunigung im Feld gilt dann: a= dv 1 d2 E dk eF e d2 E =̵ = ̵2 dt h dk 2 dt h dk 2 Für das freie Elektron ist die Beschleunigung einfach a = nigung im Kristall eF e a= ∗ m mit m∗ = eF e m , (2.120) wohingegen die Beschleu- ̵2 h d2 E dk2 (2.121) (2.122) m∗ bezeichnen wir als die effektive Masse der Leitungselektronen und ist ein Maß für die Krümmung der E(k)-Beziehung. Für die untere Bandhälfte gilt m∗ > 0 und für die obere Bandhälfte m∗ < 0. 2.6.6 Metalle, Isolatoren, Halbleiter und Löcherleitungen Wir können jetzt ein Maß für die Freiheit“ des elektrons im Zustand k einführen: ” fk = m m d2 E = ̵ 2 dk 2 m∗ h (2.123) Wenn m∗ groß ist, wird fk klein, und wir könnten von einem schweren“ (besser: trägen) Teil” chen sprechen. Für fk = 1 wird das Elektron frei. 2.6 Elektronen im Festkörper 150 Es gilt: • fk > 0 in unterer Bandhälfte • fk < 0 obere Bandhälfte Abbildung 112: Energy band filled up to states k1 at T = 0. 2 Drude-Modell: σ = nem τ ; in Kristall σ ∝ σ ist die elektrische Leitfähigkeit. 1 m∗ Frage: N Elektronen im Band entsprechen wievielen freien“ Elektronen = Nef f ? ” Die effektive Zahl der freien Elektronen im Band ist gegeben durch Nef f = ∑ (2.124) alle besetzten Zustände im Band Sehen wir uns einen linearen Kristall mit Länge l an: ψ(x + l) = ψ(x). Mit der Blochfunktion ergibt sich: eik(x+l) uk (x + l) = eikx uk (x), wodurch uk (x + l) = uk (x) gilt. Das heißt eik(x+l) = eikx . Daraus folgt: kl = 2nπ und somit k = 2nπ l , wo n = ±1, ±2, . . . ist. Die Zahl der möglichen Wellenfunktionen (= k-Werte) in dk ist also: dn = l dk 2π π Für k gilt: k = nπ a mit n ∈ N beschränkt auf ± a . l l Daraus folgt: nmax = πa 2π = 2a und das ist: 1 ⋅ (Zahl der Elementarzellen) 2 Wir folgern daraus, dass die Gesamtzahl der Wellenfunktionen im Band exakt der Zahl der Elementarzellen entspricht! Wenn wir den kontinuierlichen Verlauf der effektiven Zahl der freien 151 2 FESTKÖRPERPHYSIK Elektronen ansehen so finden wir: k2 Nef f k1 2lm l d2 E 2lm dE = ∫ fk dk = ̵ 2 ∫ dk = ̵ 2 ( ) 2 π πh dk π h dk k=k1 −k1 0 Die Berechnung lässt 2 Schlüsse zu: • Die effektive Zahl der Elektronen verschwindet in einem vollständig gefüllten Band und • Die effektive Zahl der Elektronen erreicht ein Maximum beim Wendepunkt. Dieser entspricht der Bandmitte, wie man der Abbildung 112 entnehmen kann. Abbildung 113: Allowed energies in a one-dimensional lattice of periodicity a, as a function of the wave number k. The dashed curve gives the free electron model result, for comparison. The allowed and forbidden energy bands that result are shown on the right. Abbildung 114: Illustrating how the potential for an electron moving in a periodic lattice can be approximated by the Kronig-Penney model of an array of rectangular potential wells and barriers. 2.6 Elektronen im Festkörper 152 Eindimensionaler Kristall: Bänder durch Energie-Lücken getrennt 3-dimensionaler Kristall: Die Bänder überlappen (a) Calculated energy bands in copper. The E vs. k curves are shown along several lines in the interior and on the surface of the first zone. (The piont Γ is at the center of the zone.) THe d-Bands occupy the darkest region of the figure, whose width is abaout 3,5eV . (b) The lowest-lying free electron energies along the same lines as in (a). (The energy scales in (a) and (b) are not the same.) Abbildung 115 Beiträge zur Leitfähigkeit werden kompensiert. Wenn die effektive Masse m∗ < 0 ist, verhält sich das Band wie eine positive Ladung. Man sagt, das Band verhält sich kollektiv, wie ein positives Loch“ mit effektiver Masse m∗ . ” 153 3 3 MATERIALPHYSIK Materialphysik Dieses Kapitel gibt nur eine kurze Einführung in den Bereich der Materialphysik. Die Materialphysik ist ein Teilgebiet der Physik. Sie beschäftigt sich mit den physikalischen Grundlagen der Struktur und des Gefüges realer Festkörper auf atomarer Ebene. Der Übergang von der Materialphysik zur Festkörperphysik ist fließend. Die Materialphysik untersucht die realen Strukturen mit ihren Defekten, die für sehr viele Eigenschaften von zentraler Bedeutung sind, während die Festkörperphysik im Wesentlichen perfekte und idealisierte Strukturen untersucht.[15] 3.1 Amorphe Metalle (Metgläser) Amorpher Festkörper hat eine Struktur wie eine Flüssigkeit. Es herrscht eine topologische Nahordnung. 3.1.1 Die radiale Paarverteilungsfunktion g(r) g(r) ist die Abweichung der lokalen Dichte von ihren Mittelwert als Funktion des Abstandes r vom Ursprung. Paarkorrelationsfunktion: h(r) = g(r) − 1 (3.1) Abbildung 116: Radiale Paarverteilungsfunktion für einfache Flüssigkeiten aus kugelförmigen Teilchen (σ = Teilchendurchmesser) Experimenteller Zugang: Elastische Röntgen- oder Neutronenstreuung. ⃗ und gibt an wie die einfalI(θ) wird gemessen und aus diesem folgt der Strukturfaktor S(∆k) lenden Wellen miteinander interferieren. 3.1 Amorphe Metalle (Metgläser) 154 Abbildung 117: a) Schema eines Streuexperiments zur Untersuchung von Flüssigkeiten mit Röntgenstrahlen beziehungsweise Neutronen, b) Definition des Streuvektors K, c) Phasendifferenz der Streuwellen, die von zwei Flüssigkeitsteilchen an den Orten r1 und r2 ausgehen. ⃗ mittels Fourierrücktransformation erhalten wir h(r) und g(r). Aus dem Strukturfaktor S(∆k) Abbildung 118: Intensität von in einem metallischen Glas gestreuten Neutron als Funktion der Wellenzahländerung ∆k = k0 − ks 155 3 MATERIALPHYSIK Abbildung 119: Streufunktion von flüssigem Argon bei einer Dichte ρm = 0,982gcm−3 (links) und hieraus errechnete Paarverteilungsfunktion (rechts). Abbildung 120: Vergleich der Änderung des spezifischen Volumens beim Erstarren eines Glases und eines kristallinen Festkörpers. 3.1 Amorphe Metalle (Metgläser) Abbildung 121: Strukturmerkmale von Gasen, Flüssigkeiten und Festkörpern und ihre Beschreibung über die radiale Paarverteilungsfunktion. 156 157 3 MATERIALPHYSIK Erzeugung von Metgläsern: • normal: (106 − 108 )K/s • splat quenching: 1012 K/s • melt spinning: (104 − 107 )K/s Abbildung 122: (a) Four methods of forming amorphous solids: (1) slow cooling by shutting off furnace; (2) moderate quenching; (3) rapid splat quenching“; ” and (4) condensation from the gas phase. (b) Melt spinning of metallic glass. The solid ribbon of amorphous metal is spun off at speeds that can exceed 1km/min. 3.2 Nanostrukturen 158 Eigenschaften: • Hohe Zugfestigkeit: F e80 B20 ist die Fließgrenze σ = 3,7 × 109 N m−2 ; Stahl σ = 3 × 108 N m−2 • Magnetische: Es gibt alle Arten von Magnetismus. Vorteile bei Ferromagneten: keine Anisotropie, was heißt, dass es keine Abhängigkeit von der Orientierung des Metalls gibt. Es hat auch geringe Magnetisierungsverluste (Hysterese Verluste) und ist daher magnetisch sehr weich und ist daher z.B. sehr gut für Transformatorkerne verwendbar. Es hat auch einen hohen spezifischen Widerstand und daher keine Wirbelstromverluste. 3.2 Nanostrukturen Kohlenstroff-Cluster und Kohlenstoff-Nanoröhrchen. Atom-Cluster: besteht aus 3 − 1000 Atomen und hat keine Bandstruktur und hat daher vom Festkörper unterschiedliche elektrische, optische und magnetische Eigenschaften. Monoatomares Graphit heißt Graphen. Metallisch: 109 Acm−2 wobei Kupfer bei 106 Acm−2 versagt. 159 VERWEISE Verweise Statistik [1] Wikipediaartikel Binomialverteilung - Erwartungswert [2] Wikipediaartikel Taylorreihe - zur Berechnung der Taylorreihe für zwei Variablen. [3] Encyclopaedia Britannica Fermi-Dirac statistics [4] Wikipediaartikel Fermi-Dirac Statistik - bei endlichen Temperaturen [5] Wikipediaartikel Fugazität Festkörper [6] Wikipediaartikel Spin - Zwei Teilchen mit Spin 1/2 [7] Wikipediaartikel Wigner-Seitz-Zelle [8] Wikipediaartikel Bravais-Gitter [9] Commons Wikipedia Crystallography [10] Wikipediaartikel Röntgenbeugung [11] Commons Wikipedia Diamond cubic [12] Wikipediaartikel Diamantstruktur [13] Wikipediaartikel Quasiimpuls [14] Wikipediaartikel Bändermodell Materialphysik [15] Wikipediaartikel Materialphysik