Skriptum - bio-physics-wiki

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EXPERIMENTELLE PHYSIK IV
Statistik-Thermodynamik und
Festkörperphysik
Skriptum zur Vorlesung von Ao. Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Pfeiler,
Sommersemester 2012
Autoren: Sebastian Stefanitsch, Manuel Bahr
E-Mail: [email protected]
Als Basis wurde großteils das Skript aus dem Sommersemester 2007 (Autor: Georg
Kopsky) verwendet.
HINWEIS:
Dieses Skript wurde, mit freundlicher Erlaubnis von Georg Kopsky, großteils von seinem SS07
Skript übernommen.
Dieses Skript ist rein zur Unterstützung für die Vorlesung Einführung in die Physik IV“ ge”
dacht und hat keinen kommerziellen Zweck.
Alle Bilder die in diesem Skriptum vorkommen wurden, wenn nicht anders gekennzeichnet, aus
den Vorlesungsfolien entnommen. Diese wurden von mir mittels Photoshop digital überarbeitet.
Bilder gekennzeichnet mit [MB] wurden von Manuel Bahr erstellt.
Danksagungen:
An Nicole Martinovsky, da sie sich mit Georg Kopsky in Verbindung gesetzt hat um mir die
Quelldatein für sein Skript zu besorgen und ich auf diesem Wege indirekt seine Erlaubnis zur
Verwendung erhalten habe. Darüber hinaus bei Georg Kopsky selber da ich sein Skript als Basis
für meines verwenden durfte.
An unserem Vortragenden Professor Dr. Wolfgang Pfeiler, für die tolle und interessante Vorlesung.
An Manuel Bahr, da ich ohne ihn nie das Skript zusammenfassen hätte können, da er in der Vorlesung die Formeln und Zeichnungen mitgeschrieben und in LATEX2e übernommen hat. Ausserdem hat er mich mit Verbesserungsvorschlägen und der Suche nach Fehlern unterstützt.
An Dominik Dillhof, da er mir seine Vorlesungsmitschrift zur Verfügung gestellt hat um bestimmte Formulierungen und Formeln kontrollieren zu können.
An Alexander Müllner, der sich viel Zeit genommen hat um inhaltliche Fehler sowie Grammatikund Rechtschreibfehler zu suchen und auszubessern.
Literatur
Die Bücher empfehle ich da sie teils mit der Vorlesung bzw. dem Skript einhergehen.
Statistische Physik
Frederick Reif
Berkeley-Physik-Kurs, Band 5: Statistische Physik
3. Auflage
ISBN: 3-528-28355-6
Torsten Fließbach
Statistische Physik: Lehrbuch zur Theoretischen Physik IV
3. Auflage
ISBN: 3-827-42527-1
Festkörperphysik
Siegfied Hunklinger
Festkörperphysik
1. Auflage
ISBN: 3-486-57562-7
Charles Kittel
Einführung in die Festkörperphysik
14. Auflage
ISBN: 3-486-57723-0
Konrad Kopitzki
Einführung in die Festkörperphysik
ISBN: 3-519-03083-7
Neil W. Ashcroft & N. David Mermin
Solid State Physics
ISBN: 3-486-24834-0
Wolfgang Demtröder
Experimentalphysik 3 - Atome, Moleküle und Festkörper
4. Auflage
ISBN: 3-642-03910-3
Inhaltsverzeichnis
1
2
Statistische Physik
1.1 Elementare Statistik und Wahrscheinlichkeitsverteilung . . . . . . . . . . . . . .
1.1.1 Grundbegriffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.1.2 Die eindimensionale Zufallsbewegung (random walk → Diffusion) . . .
1.1.3 Mittelwertbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.1.4 Die Gauß’sche Wahrscheinlichkeitsverteilung . . . . . . . . . . . . . . .
1.2 Statistik von Vielteilchensystemen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.2.1 Mikroskopische Beschreibung des Systemzustandes, Zustandsraum . . .
1.2.2 Statistisches Ensemble und Makrozustände . . . . . . . . . . . . . . . .
1.2.3 Das grundlegende Postulat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.2.4 Mikrokanonische Zustandssumme und Berechnung der Wahrscheinlichkeit makroskopischer Parameter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.2.5 Teilchen im 3-dimensionalen Kasten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.3 Thermische Wechselwirkung und repräsentative Ensembles physikalischer Systeme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.3.1 Thermische Wechselwirkung zwischen makroskopischen Systemen . . .
1.3.2 Thermisches Gleichgewicht und Temperatur . . . . . . . . . . . . . . . .
1.3.3 Statistische Physik und Thermodynamik . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.3.4 Kanonische Zustandssumme - System in Kontakt mit einem Wärmereservoir . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.3.5 Großkanonisches Ensemble . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.3.6 Der Gleichverteilungssatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.4 Quantenstatistik idealer Gase . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.4.1 Die Abzählung der Zustände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.4.2 Die Maxwell-Boltzmann Statistik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.4.3 Die Fermi-Dirac-Statistik (1926) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.4.4 Die Bose-Einstein-Statistik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.4.5 Quantenstatistik im klassischen Grenzfall . . . . . . . . . . . . . . . . .
1
1
1
4
8
12
15
15
19
20
Festkörperphysik
2.1 Die chemische Bindung . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.1.1 Die Typen der chemischen Bindung . . . . . . . .
2.1.2 Kovalente Bindung mehratomiger Moleküle . . .
2.1.3 Ionenkristalle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.1.4 Kovalente und metallische Kristalle . . . . . . . .
2.2 Kristallstrukturen, reziproker Raum und Kristallbeugung
2.2.1 Kristallgitter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.2.2 Die Struktur einfacher Kristalle . . . . . . . . . .
2.2.3 Kristallographische Ebenen und Richtungen . . .
2.2.4 Das reziproke Gitter . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.2.5 Beugung am Kristall . . . . . . . . . . . . . . . .
2.2.6 Gitterfehler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
57
59
60
65
66
71
72
72
79
81
85
88
97
I
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23
25
25
29
31
34
38
40
42
45
46
47
51
55
2.3
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97
97
98
99
99
103
109
110
110
113
117
121
121
127
130
133
133
134
138
140
148
149
Materialphysik
3.1 Amorphe Metalle (Metgläser) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.1.1 Die radiale Paarverteilungsfunktion g(r) . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.2 Nanostrukturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
153
153
153
158
2.4
2.5
2.6
3
Spezifische Wärme eines Festkörpers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.3.1 Molare Größen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.3.2 Wärmekapazität und spezifische Wärme . . . . . . . . . . . . . . . .
2.3.3 Die klassische Theorie für die spezifische Wärme der Festkörper . .
2.3.4 Das Einstein-Modell (1906) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.3.5 Das Debye-Modell (1912) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.3.6 Die spezifische Wärme der Leitungselektronen . . . . . . . . . . . .
Phononen: quantisierte Gitterschwingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.4.1 Photonen und Phononen - Erhaltungssätze . . . . . . . . . . . . . . .
2.4.2 Streuung von Photonen an Phononen . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.4.3 Inelastische Neutronenstreuung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Eigenschwingungen des Kristallgitters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.5.1 Normalschwingungen eines eindimensionalen, einatomigen Kristalls
2.5.2 Eindimensionaler Kristall (Kette): 2 Atome unterschiedlicher Masse
2.5.3 Spezifische Wärme im Phononenmodell . . . . . . . . . . . . . . . .
Elektronen im Festkörper . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.6.1 Energiebändermodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.6.2 Das freie Elektronengas, Sommerfeld-Modell . . . . . . . . . . . . .
2.6.3 Die Fermi-Kugel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.6.4 Das quasifreie“ Elektron, Kronig-Penney-Modell . . . . . . . . . .
”
2.6.5 Die effektive Masse von Kristallelektronen . . . . . . . . . . . . . . .
2.6.6 Metalle, Isolatoren, Halbleiter und Löcherleitungen . . . . . . . . . .
II
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1
1
1
STATISTISCHE PHYSIK
Statistische Physik
Wir haben uns im letzten Semester mit Systemen aus wenigen Teilchen beschäftigt (Atome,
Nukleonen, Elementarteilchen).
Statistische Physik beschäftigt sich mit Systemen aus vielen Teilchen (Gase, Flüssigkeiten, Photonensysteme).
Wir unterscheiden zwischen mikroskopischen und makroskopischen Systemen:
• mikroskopisches System: Dimension ≤ 1µm (Atomare Dimension)
• makroskopisches System: sichtbar im Lichtmikroskop (≥ µm); ein System welches aus
vielen Atomen und Molekülen besteht.
– makroskopische Parameter: Volumen, Temperatur, Druck, Magnetisierung
Ereignis: Ergebnis einer Messung (des Zustands eines Systems)
Beispiel: Energie eines Gasmoleküls (Energie in gew. ∆E, Druckmessung, Wurf eines Würfels)
Ereignis ist zufällig wenn es unter gewissen Bedingungen eintritt oder nicht.
Eine Größe (Variable) ist dann zufällig, wenn sie unter bestimmten Bedingungen nur vom Zufall
abhängig ist. Zufällige Größen charakterisieren wir durch die Wahrscheinlichkeiten (W) mit der
ihre Werte auftreten. Die statistische Methode untersucht welche Regelmäßigkeiten bei solchen
Vorgängen aus vielen zufälligen Einzelereignissen auffallen.
1.1
Elementare Statistik und Wahrscheinlichkeitsverteilung
1.1.1
Grundbegriffe
Für die statistische Beschreibung werden im Allgemeinen sogenannte Ensembles verwendet:
• Ein Ensemble ist die Gesamtheit (= statistisches Kollektiv = Schar) einer großen Zahl N
von gleich präperierten (= gleichen Randbedingungen unterworfen) Systemen.
Frage: Mit welcher Wahrscheinlichkeit tritt ein bestimmtes Ereignis auf?
Entweder:
• je eine Messung an N gleichartigen Systemen → Ensemblemittel = Scharmittel
oder
• N Messungen am selben System → Zeitmittel
Wenn der Systemzustand zeitunabhängig ist, dann folgt dass beide Methoden gleichwertig sind.
Ein System ist genau dann im Gleichgewicht, wenn das zugehörige Ensemble zeitunabhängig
ist.
1.1
Elementare Statistik und Wahrscheinlichkeitsverteilung
2
M . . . Anzahl der Möglichkeiten einander ausschließender Ergebnisse
N . . . Gesamtzahl der Messungen
Nj . . . Anzahl der Messungen die das Ergebnis j liefern (j = 1, 2, . . . , M )
Definieren:
• die relative Häufigkeit (für das Ergebnis j): hj =
Nj
N
≤1
Nj
N →∞ N
• statistische Wahrscheinlichkeit (für das Ergebnis j): Wj = lim hj (N ) = lim
N →∞
M
N
j=1
j=1
≤1
Es gilt: ∑ Nj = N ⇐⇒ jede Messung muss ein Ergebnis aus M liefern ⇒ ∑ hj = 1
Addition und Multiplikation von Wahrscheinlichkeiten
Die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten irgendeines von zwei einander ausschließenden Ereignissen i und j:
Ni oder j = Ni + Nj
(1.1)
. . . Additionssatz
⇒ Wi oder j = Wi + Wj
Wahrscheinlichkeit für das gleichzeitige oder hintereinander in Serie Auftreten der zwei Ereignisse i, j die voneinander unabhängig sind:
Wi und j = Wi ⋅ Wj
. . . Multiplikationssatz
(1.2)
Wenn wir keine weiteren Annahmen machen können, können wir auch keine Vorhersagen über
das Auftreten der M Ereignisse machen. Wenn wir aber die Annahme machen, dass es gleiche
Wahrscheinlichkeit für das Auftreten der M Ereignisse gibt (gleiche a priori ..von vornherein Wahrscheinlichkeit der Elementarereignisse)
⇒ Wj wird unabhängig von j: Wj =
1
M
1
= Anzahl der möglichen
Ereignisse
3
1
STATISTISCHE PHYSIK
Beispiel 1:
Würfel: Anzahl der sich ausschließenden Ergebnisse M = 6 = 1,2,3,4,5,6
Experiment: Machen N = 100 Würfe → 17 mal 6 ⇒ W6 =
N≤3 = 48 Würfe mit Augenzahl ≤ 3; so ist also W≤3 =
48
100
17
100
= 0.17
= 0.48
Beispiel 2:
10 Kugeln in einer Schachtel: 5 Rote, 3 Grüne, 2 Blaue
Fragen uns wie groß ist die Wahrscheinlichkeit dass beim wahllosen Hineingreifen die grüne
Kugel gezogen wird?:
Annahme:
Wahrscheinlichkeit ist für jede Kugel gleich groß → Additionssatz: Wgrün =
1
10
1
1
+ 10
+ 10
= 0.3
Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit dass die Grüne oder Blaue erwischt wird?
Additionssatz: Wgrün = 0.3,
Wblau = 0.2 → Wgrün + Wblau = 0.5
Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit zuerst grün, dann blau?
Wgr
dann bl
= Wgrün ⋅ Wblau = 0.3 ⋅ 0.2 = 0.06 − wenn grün zurück gelegt wird!
Wenn grüne Kugel draußen: W →
1
9
⇒ Wgr
dann bl
= Wgrün ⋅ Wblau = 0.3 ⋅
2
9
= 0.067
1.1
Elementare Statistik und Wahrscheinlichkeitsverteilung
1.1.2
4
Die eindimensionale Zufallsbewegung (random walk → Diffusion)
Wir haben ein Teilchen welches eine Verschiebung vom Ursprung (auf x-Achse) erfährt.
Nach N Verschiebungen der Länge l befindet sich das Teilchen dann an der Stelle x = m ⋅ l
(m ganz, −N ≤ m ≤ N ; −N wenn nur Linkssprünge, N wenn nur Rechtssprünge)
Frage: Wahrscheinlichkeit PN (m), dass Teilchen nach N Verschiebungen an bestimmter Stelle
x = m ⋅ l ist?
n1 Verschiebung nach rechts
n2 Verschiebung nach links
N = n1 + n2
resultierende Verschiebung (in Einheiten von l):
m = n1 − n2
⇒ resultierende Verschiebung vom Ursprung:
m = n1 − n2 = n1 − (N − n1 ) = 2n1 − N
(1.3)
Aus (1.3) folgt natürlich sofort, dass m (un)gerade ist wenn N (un)gerade ist.
Unter der Annahme, dass aufeinanderfolgende Sprünge statistisch unabhängig sind und kein
Einfluss der Vorgeschichte besteht, definieren wir uns p als die Wahrscheinlichkeit für einen
Sprung nach rechts und q = 1 − p für dasselbe nach links. Für die Frage nach der Wahrscheinlichkeit einer bestimmten Abfolge von Sprüngen benötigen wir nach dem vorigen Abschnitt das
Produkt der Wahrscheinlichkeiten:
p ⋅ p⋯p ⋅ q ⋅ q⋯q = pn1 ⋅ q n2
´¹¹ ¹ ¹ ¸ ¹ ¹ ¹ ¹ ¶ ´¹¹ ¹ ¹ ¸¹ ¹ ¹ ¹¶
n1
n2
(1.4)
(Produktsatz kommt ins Spiel bei Abfolge von n1 Rechts- und n2 Linkssprüngen)
Jetzt kommt die Kombinatorik noch hinzu. Die Kombination von n Elementen zu je m Teile
(z.B. 6 aus 45 → n = 45 und m = 6) ohne Berücksichtigung der Anordnung ist ja bekanntlich
gegeben durch:
n!
n
(1.5)
( )=
m
m!(n − m)!
Frage: Wieviele Möglichkeiten gibt es, die Sprünge so auszuführen dass n1 nach rechts und
n2 nach links?
N!
N!
N
( )=
=
(1.6)
n1
n1 !(N − n1 )! n1 !n2 !
5
1
STATISTISCHE PHYSIK
Die Wahrscheinlichkeit, also das Objekt nach insgesamt N Sprüngen an einer bestimmten Stelle
zu finden ergibt sich durch das Produkt aus Anzahl der Möglichkeiten und Wahrscheinlichkeit
der Abfolge:
PN (m) = WN (n1 ) =
N!
n1 n2
n1 !n2 ! p q
N
= ( ) pn1 (1 − p)N −n1
n1
(1.7)
Das ist die altbekannte Binomialverteilung.
Durch n1 = 12 (N +m) und n2 = N −n1 = N − 21 N − 12 m = 12 (N −m) lässt sich (1.7) anschreiben
als:
PN (m) =
N!
( N +m
)! ( N −m
)!
2
2
p
N +m
2
(1 − p)
N −m
2
(1.8)
Ein Spezialfall, nämlich die Gleichverteilung folgt aus p = q = 12 :
PN (m) =
N!
1 N
(
)
( N +m
)! ( N −m
)! 2
2
2
Abbildung 1: Binomialverteilung WN (n1 ) für N = 30, mit der Wahrscheinlichkeit p für
einen Rechtssprung als Parameter zwischen 0 und 1. Nur für p = 0,5 ist
die Verteilung symmetrisch, sonst ist die Verteilung um den Maximalwert
asymmetrisch. Es zeigt sich jedoch, dass die Verteilung noch in einem sehr
breiten Bereich um p = 0,5 annähern symmetrisch ist. Für sehr kleine und
sehr große Werte von p (hier p = 0,05 und p = 0,95) geht die Verteilung in
eine Poissonverteilung über.
(1.9)
1.1
Elementare Statistik und Wahrscheinlichkeitsverteilung
Näherungen:
N! ≅
√
N! ≅ (
N! ≅
2πN (
N N
)
e
. . . Sterling Näherung
N N
)
e
√
2πN (
6
. . . für große N
1
N N
) ⋅ e 12N
e
Beispiel:
N=3
zunächst Möglichkeiten der Sprünge:
(1.10)
. . . für kleine N
N!
n1 !n2 !
1. alle 3 nach rechts:
3!
=1
n1 = 3 ⇒ 3!0!
2. 2 nach rechts 1 nach links:
3!
n1 = 2 ⇒ 2!1!
= 62 = 3
3. 1 nach rechts 2 nach links:
3!
n1 = 1 ⇒ 1!2!
=3
4. alle 3 nach links:
3!
n1 = 0 ⇒ 0!3!
=1
jetzt:
Wahrscheinlichkeit für das Teilchen nach 3 Sprüngen x = ml, p = q =
n1 = 0, 1, 2, 3 ⇒ m = 2n1 − N = −3, −1, 1, 3
P3 (−3) =
3!
1 3 1
⋅( ) =
6
8
0! ( 2 )! 2
´¹¹ ¹ ¹ ¸¹ ¹ ¹ ¹ ¶
1
2
(1.11)
=1
1 3 3 1
⇒ P3 (m) = W3 (n1 ) = , , ,
8 8 8 8
(1.12)
7
1
STATISTISCHE PHYSIK
Die Wahrscheinlichkeit, dass es an der Stelle 0 ist, ist nach mehreren Sprüngen höher, für die
gleiche Wahrscheinlichkeit von Rechts- und Linkssprüngen.
Abbildung 2: Veranschaulichung der acht Folgen möglicher Verschiebungen für den Fall
N = 3.
Abbildung 3: Binomiale Wahrscheinlichkeitsverteilung für p = 0.6 und q = 0.4, wenn
N = 20. Der Graph zeigt wieder die Wahrscheinlichkeit W (n1 ) für n1
Rechsverschiebungen bzw. die Wahrscheinlichkeit P (m) für die resultierende Verschiebung von√
m Einheiten nach rechts.
Die Mittelwerte m und
(∆m)2 sind ebenfalls gegeben.
1.1
Elementare Statistik und Wahrscheinlichkeitsverteilung
8
Abbildung 4: Die Binomialverteilung für p = q = 1/2 und N = 20. Das Diagramm
zeigt die Wahrscheinlichkeit WN (n1 ) für n1 Rechtsverschiebungen bzw.
die Wahrscheinlichkeit PN (m) für eine resultierende Verschiebung um m
Einheiten nach rechts.
1.1.3
Mittelwertbildung
Wir betrachten die Variable u mit M diskreten Werten: u1 , u2 , u3 , . . . , uM und die zugehörigen
Wahrscheinlichkeiten: P (u1 ), P (u2 ), P (u3 ), . . . P (uM )
Definition Mittelwert:
u=
∑M
i=1 P (ui )ui
∑M
i=1 P (ui )
(1.13)
∑M
i=1 P (ui )f (ui )
∑M
i=1 P (ui )
(1.14)
Allgemein für eine Funktion f (u):
f (u) =
9
1
STATISTISCHE PHYSIK
Im Allgemeinen ist die Wahrscheinlichkeit normiert im Intevall [0, 1], sodass:
M
∑ P (ui ) = 1
(1.15)
i=1
wodurch der Nenner bei Gleichung (1.13) und (1.14) wegfällt.
Für die Mittelwerte gilt:
• f (u) + g(u) = f (u) + g(u)
• cf (u) = cf (u), c ∈ R
Der Mittelwert u ist das Maß für den zentralen Wert von u. Die ui sind um u gestreut.
Sehen wir uns noch die Abweichung vom Mittelwert ∆u = u−u an, so ergibt sich für normierte:
M
M
M
i=1
i=1
i=1
∆u = (u − u) = ∑ P (ui )(u − u) = ∑ P (ui )ui − u ∑ P (ui ) = u − u = 0
´¹¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¸¹¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¶
u
(1.16)
´¹¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¸ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹¶
1
Daher benötigen wir eine Größe für die Abweichung.
⇒ Schwankungsquadrat (= Streuung = Varianz):
M
(∆u)2 = ∑ P (ui ) (ui − u)2 ≥ 0 ⇔ ui = u
´¹¹ ¹ ¸¹ ¹ ¹ ¶ i=1 ´¹¹ ¸¹¹ ¹ ¶ ´¹¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¸¹¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¶
≥0
≥0
∀ui
≥0
= (u − u)2 = u2 − 2uu + (u)2 = u2 − 2uu +(u)2
°
2(u)2
= u2 − (u)2 Ô⇒ u2 ≥ (u)2
(1.17)
Daraus folgt nun die Definition der Standardabweichung:
∆∗ u = ∆u =
√
(∆u)2
mittlere quadratische Abweichung
Man beachte, dass im Allgemeinen u2 ≥ (u)2 ist (siehe (1.17)).
(1.18)
1.1
Elementare Statistik und Wahrscheinlichkeitsverteilung
10
Anwendung der Mittelwertbildung auf die Zufallsbewegung:
Zuerst verifizieren wir die Normierungsbedingung der Wahrscheinlichkeitsverteilung W (n1 ):
N
N!
pn1 q N −n1 = binomischer Lehrsatz = (1 − p + p)N = 1
n
!(n
−
N
)!
1
´¹¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹¸¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¶
n1 =0 1
∑
(1.19)
p+q
Nun betrachten wir die mittlere Zahl der Sprünge nach rechts n1 :
N
N
N!
pn1 q N −n1 n1 = pN
n
!(N
−
n
)!
1
n1 =0 1
n1 = ∑ W (n1 )n1 = ∑
n1
(1.20)
Analog gilt das für n2 = N q (Vollständige Rechnung siehe Wikipedia[1] )
Schwankungsquadrat von n1 :
(∆n1 )2 = n21 − (n1 )2 Ð→ n1 = N p ⇒ (n1 )2 = N 2 p2
N
n21 = ∑ W (n1 ) n21 = (n1 )2 + N pq
n1 =0
⇒ (∆n1 )2 = N pq = N p(1 − p)
Schwankungsquadrat
(1.21)
Daraus folgt n1 + n2 = N und für die mittlere Gesamtverschiebung: m = n1 − n2 = N (p − q).
√
√
Die Standardabweichung, also ∆n1 ist hier (∆n1 )2 = N pq. Sie ist ein Maß für die Breite
der Verteilung.
Jetzt bilden wir noch die relative Breite der Verteilung WN (n1 ):
√
√
√
q
∆n1
N qp
q 1 N →∞
√
Ð→ 0
=√
=
=
n1
Np
p N
Np
(1.22)
Hier fließt das Gesetz der großen Zahlen“ ein. Man erkennt sofort, dass im Falle der Gleich”
verteilung, also p = q = 21 für die relative Breite
∆n1
1
∝√
n1
N
gilt.
(1.23)
11
1
STATISTISCHE PHYSIK
Für resultierende Gesamtverschiebung m:
(∆m)2 = 4(∆n1 )2 = 4N pq = 2N p(1 − p)
1
(∆m)2 = N
. . . für p = q =
2
Abbildung 5: Beispiele für die relative Breite mit p = q =
(1.24)
1
2
1.1
1.1.4
Elementare Statistik und Wahrscheinlichkeitsverteilung
12
Die Gauß’sche Wahrscheinlichkeitsverteilung
Die Binomialverteilung ist für große Zahlen aufgrund der Faktoriellen nur schwer handhabbar,
daher wollen wir uns nun um die Entwicklung einer neuen Verteilung kümmern, die sozusagen
große Zahlen erlaubt.
Dies wird spätestens dann notwendig sein, wenn wir Systeme betrachten, die vielleicht 1024
oder mehr Teilchen beinhalten.
Wie in Abbildung 4 zu erkennen ist, hat W (n1 ) ein ausgeprägtes Maximum bei W (nmax ).
Daraus ergeben sich zwei Dinge:
1. W (n1 ) ist unbedeutend für ein n1 , das weit weg ist von nmax , daher studieren wir in der
Folge W (n1 ) nur in der Umgebung von nmax .
2. Es ergibt sich, dass weder n1 = 0, noch n1 = N , wenn nicht p ≈ 0 und oder q ≈ 0.
D.h.: Wenn N groß ist, dann liegt n1 im Bereich von nmax . Damit dies gilt, muss
∣W (n1 + 1) − W (n1 )∣ << W (n1 )
sein.
Anders ausgedrückt, variiert W sehr langsam in einer kleinen Umgebung von nmax .
Wir betrachten aus diesen Gründen W als stetige Funktion von n1
Was uns jetzt zugute kommt, ist der Umstand, dass ln W sehr viel langsamer variiert als W
selbst, weswegen wir eine gute Näherung für ln W (n1 ) im Bereich n1 ≈ nmax suchen.
Setzen wir also den Logarithmus in die Binomialverteilung ein und setzen die Ableitung = 0
x!
und verwenden die (gute!) Näherung d ln
dx ≈ x ln x.
So ergibt sich das Maximum bei
n1 = N p = n1
(1.25)
Jetzt untersuchen wir das Verhalten von ln W in der Gegend des Maximums, also führen wir
eine Taylorreihenentwicklung um n1 durch:
ln W (n1 ) = ln W (n1 ) +
d ln W
1 d2 ln W
∣ (n1 − n1 ) +
∣ (n1 − n1 )2 + . . .
2
dn1 n1
2! dn1 n1
´¹¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹¸ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¶
=0
(1.26)
13
1
STATISTISCHE PHYSIK
Man erkennt (oder auch nicht), dass
d2 ln W
N
=−
n1 (N − n1 )
dn21
(1.27)
und an der Stelle n1 = n1 gilt n1 = N p, sodass sich schreiben lässt:
ln W (n1 ) = ln W (n1 ) −
(n1 − n1 )2
2N pq
(1.28)
Durch Entlogarithmieren ergibt sich die bekannte GAUSS- oder Normalverteilung:
̃ ⋅ e−
W (n1 ) = W
(n1 −n1 )2
2N pq
̃ = const
...W
(1.29)
Diese Verteilung geht natürlich gegen 0 für große (n1 − n1 ).
̃ zu berechnen. Wie so oft erhält man diese
Machen wir uns nun noch daran, die Konstante W
aus einer Normierungsbedingung, wie in diesem Falle
N
∑ WN (n1 ) = 1
(1.30)
ni =0
Wie wir bereits gesehen haben, ändert sich WN (n1 ) kaum, wenn n1 um 1 erhöht wird, d.h. wir
können die Summe getrost durch ein Integral ersetzen.
∞
∞
̃e−
∫ WN (n1 ) dn1 = ∫ W
−∞
−∞
(n1 −n1 )2
2N pq
∞
̃∫ e
dn1 = W
2
y
− 2N
pq
dy = 1
(1.31)
√π
ist (wobei das
−∞
Dabei handelt es sich um ein Gauss’sches Integral, dessen Lösung einfach
a = 2N1pq ist). Somit folgt für die Konstante:
̃= √ 1
W
2πN pq
a
(1.32)
Wenn Schrittlänge l klein gegen kleinste Länge L des physikalischen Problems (Beispiel: Sprunglänge
im Festkörper ≙ Gitterkonstante) beobachtbare Länge L ≈ µm ⇒ P (m) als konstante Funktion
der Variablen x. x wird konstante Variable im mikroskopischen Maßstab.
also: dx ist mikroskopisch groß, aber makroskopisch klein
m = 2n1 − N
m nimmt ganzzahlige Werte im Abstand ∆m = 2
⇒ in jeden Intervall dx liegen dx
2l Werte
1.1
Elementare Statistik und Wahrscheinlichkeitsverteilung
14
Man kann die Gaussverteilung auch über die Mittelwerte formulieren, was zur sogenannten
Standardform führt. Dabei schreibt man die Verteilung unter Verwendung der Mittelwerte an
und fragt nach PN (m), wobei m die effektive Verschiebung ist.
Danach fragt man sich nach der Wahrscheinlichkeit, das Objekt nach insgesamt N Sprüngen
im Intervall [x, x + dx] zu finden.
Das führt nach kurzer Überlegung auf P (x)dx = PN (m) dx
2l und das zur gewünschten Standardform der Gaussverteilung:
−[m−N (p−q)]2
1
8N pq
PN (m) = √
⋅e
2πN pq
⇒ P (x)dx =
(1.33)
−[m−N (p−q)]2
1
1
dx
8N pq
PN (m) = √
dx
⋅e
2l
2l 2πN pq
(x−x)2
1
=√
⋅ e− 2σ2 dx
2πσ 2
hier ist σ = ∆n1
(1.34)
√
∞
mit σ = 2l N pq und x = ∫−∞ P (x)xdx
P (x) ist Wahrscheinlichkeitsdichte = Verteilungsdichte
Die Verteilung ist Maximal bei x = x. Die Schärfe des Maximums wird durch σ bestimmt.
σ 2 = (x − x)2 . . . Schwankungsquadrat = Varianz
σ . . . Standardabweichung
xh . . . Funktionswert wenn P(x) auf die Hälfte gefallen
√
∆xh = 2(xh − x) = 2 2 ln 2 ⋅ σ = 2.3548 σ
√
√
1
2 ln 2
es gilt: P (x) ⋅ ∆xh = √ 2 2 ln 2 σ = √
= const.
π
σ 2π
⇒ kleine Halbwertsbreite ⇒ hohes Maximum und umgekehrt
Für p << 1 ⇒ q ≈ 1 ⇒ Näherung für n << N , in diesem Fall ist sie die Poisson-Verteilung:
WN (n1 ) =
λn1 −λ
e
n1 !
. . . λ = n1 = N p
(1.35)
15
1
STATISTISCHE PHYSIK
λ bestimmt allein die Form der Verteilung!
Abbildung 6: Die Wahrscheinlichkeit P (m) für eine resultierende Verschiebung nach
rechts um m Einheiten, wenn die Gesamtzahl N der Einzelverschiebungen
sehr groß und die Verschiebungslänge l sehr klein ist.
1.2
Statistik von Vielteilchensystemen
Wie schon der Titel sagt, wollen wir in diesem Kapitel Systeme beschreiben, die aus vielen
Teilchen bestehen. Wir wollen thermodynamische Gesetze aus statistischer Beschreibung gewinnen.
Insbesondere werden wir folgende Punkte eingehender behandeln:
• Eine Beschreibung des Systemzustandes
• Von statistischen Ensembles zu Wahrscheinlichkeitsaussagen
• Das grundlegende Postulat der statistischen Physik und
• Die dazu notwendige Wahrscheinlichkeitsrechnung
1.2.1
Mikroskopische Beschreibung des Systemzustandes, Zustandsraum
Die hier betrachteten Systeme sind z.B. gekoppelte Oszillatoren, Gase, Fluide, Festkörper,
u.v.m.
Daraus folgt, dass die hier zu behandelnden Teilchen z.B. Elektronen, Atome, Moleküle, usw.,
sind.
1.2
Statistik von Vielteilchensystemen
16
In der Quantenmechanik werden wir den Teilchen Wellenfunktionen zuordnen müssen, d.h. ein
System wird durch einen Satz von Quantenzahlen charakterisiert.
Ein spezieller Mikrozustand ist dann gegeben durch den Quantenzustand r = (n1 , n2 , . . . , nf )
(nf sind Quantenzahlen des Systems), wobei f die Zahl der Freiheitsgrade und Parameter des
Systems ist (= Anzahl der unabhängigen Koordinaten - einschließlich der Spin-Koordinaten).
Der Mikrozustand eines Systems ist festgelegt durch Angabe seines Quantenzustands (Quantenzahlen die seinen Zustand festlegen).
Beispiele:
1. Ein ortsfestes Teilchen mit s = 1/2.
Der Zustand ist also durch eine Quantenzahl gegeben, das entspricht einem Freiheitsgrad
mit den zwei möglichen Werten ↑ bzw. ↓.
(z.B.: im B-Feld hat es zwei Einstellmöglichkeiten)
2. N Teilchen mit festem Ort und s = 1/2. Hier wird der Systemzustand durch N Quantenzahlen festgelegt. ⇒ m1 , . . . , mN
3. Der ortsfeste dreidimensionale harmonische Oszillator:
̵
Der Zustand wird durch die Energie festgelegt: En = hω(n
+ 1/2). Das bedeutet, er hat
einen Freiheitsgrad, gegeben durch n = 0, 1, . . .
4. N (schwach) gekoppelte Oszillatoren:
Hier gibt es N Quantenzahlen, die den Systemzustand beschreiben.
Gesamtenergie E = En1 + En2 + ⋅ ⋅ ⋅ + EnN
5. Ein Teilchen ohne Spin, kräftefrei in 3 dim. Potential Topf mit eindimensionaler Breite L
̵ 2 π2 2
h
→ En = 2mL
2 n , n = 1, 2, 3, . . .
jetzt 3-Dim: 0 ≤ x, y, z ≤ Lx , Ly , Lz
E=
̵ 2 π 2 n2 n2y n2
h
( x+
+ z)
2m L2x L2y L2z
(1.36)
6. N nicht wechselwirkende Teilchen im Volumen V = L3
Gesamtenergie E = E1 + ⋅ ⋅ ⋅ + EN
⇒ Zustand festgelegt durch 3N Quantenzahlen
(n1x , n1y , n1z , . . . , nN x , nN y , nN z )
(1.37)
17
1
STATISTISCHE PHYSIK
Klassische Beschreibung des Systemzustandes
Wir betrachten ein einzelnes Teilchen in einer Dimension. Die vollständige Beschreibung gelingt durch die Ortskoordinaten q und die zugehörigen Impulse p. Wir bilden Zellen gleichen
Volumens (hier gleiche Fläche), dies ergibt einen 2-dimensionalen Phasenraum des Systems.
Der Punkt (q(t), p(t)) (p und q sind kontinuierliche Größen) ist der repräsentative Punkt, der
sich im Phasenraum bewegt.
Abbildung 7: Phasenraum in Zellen gleicher Flächen δp ⋅ δq = h0 geteilt. h0 hat die
Dimension eines Drehimpulses, also einer Wirkung (hat Einheit [Js] und
ist ein Skalar, kein Vektor)
h0 = δpδq = F δtδq = F δq δt = Eδt
±
(F =
δp
)
δt
(1.38)
E
Der Systemzustand liegt im Intervall [q, q + dq] und [p, p + dp], d.h. der repräsentative Punkt
befindet sich in einer Zelle des Phasenraums (In Abbildung 7 eine Fläche).
Klassisch kann h0 beliebig klein gewählt werden, in der Quantenmechanik gilt aber die Hei”
̵
senberg’sche Unschärferelation“ dp ⋅ dq ≥ h2 .
Jetzt betrachten wir ein Vielteilchensystem:
Dieses besteht aus N Teilchen, wo ein Teilchen f Ortskoordinaten (q1 , . . . , qf ) besitzt und dazugehörige Impulse (p1 , . . . , pf ), somit gibt es 2f Parameter, die das Teilchen beschreiben.
Daraus folgt für ein Vielteilchensystem, dass es fN = N f Freiheitsgrade und 2fN = 2N f Parameter besitzt.
1.2
Statistik von Vielteilchensystemen
18
Beispiel:
Sei ein System von N Massepunkten:
Jedes Teilchen hat 3 Ortskoordinaten, woraus folgt, dass fN = 3N ist, und somit 2fN = 6N Parameter für die Beschreibung des Systems besitzt. (z.B.: ideales Gas (keine Wechselwirkung))
Die mikroskopischen Orts- und Impulskoordinaten sind Koordinaten eines i.A. hochdimensionalen (nämlich 2f ) Phasenraums.
Dieser Phasenraum wird auch Zustandsraum“, Gibb’scher Phasenraum“ oder Γ-Raum“
”
”
”
(Γ = Gamma) genannt.
Γ = q1 , . . . , q f , p 1 , . . . , p f
Einem Mikrozustand wird also ein Punkt im Phasenraum zugeordnet. Erinnern wir uns an die
vorhin besprochene Zelle des Phasenraums, so besteht hier durchaus ein klassisches Analogon
zu Quantenzuständen, bei denen alle möglichen Zustände durch die Quantenzahlen durchnumeriert werden.
Zelleinteilung:
̵ f
δq1 ⋯δqf ⋅ δp1 ⋯δpf = hf0 ≥ (2π h)
(1.39)
r(q1 , . . . , qf , p1 , . . . , pf )
(1.40)
klassischer Mikrozustand:
Beschreibung ähnlich zur Quantenmechanik:
Eine Zelle r im Phasenraum Γ ist klassisches Analogon zum Quantenzustand r“
”
19
1.2.2
1
STATISTISCHE PHYSIK
Statistisches Ensemble und Makrozustände
Der Makrozustand“ eines Systems wird durch äußere Parameter, wie z.B. Energie, Volumen
”
usw. festgelegt. Zu jedem Makrozustand gehören sehr viele Mikrozustände, nämlich all jene,
die gleiche äußere Parameter besitzen.
Nehmen wir viele gleiche Systeme her. Diese seien im selben Makrozustand. Die Mikrozustände
sind im Allgemeinen verschieden. Jetzt bilden wir das sogenannte statistische Ensemble, durch
das genau ein Makrozustand repräsentiert wird.
Ein Ensemble beziehungsweise eine Gesamtheit bezeichnet in der statistischen Physik eine
Menge gleichartig präparierter Systeme von Teilchen.
Anders ausgedrückt: Nehmen wir an, wir haben ein ideales Gas, bestehend aus 2 Atomen. Es
gibt genau 2 Punkte auf einer Geraden, wo sie sich befinden können. In einem Fall wird das
erste links und das zweite rechts sitzen, im zweiten Fall umgekehrt.
In beiden Fällen hat das Gas denselben Druck, die selbe Temperatur, etc.. Es gibt also zwei
Mikrozustände, die zum selben Makrozustand führen.
Wir benötigen noch den Begriff der zugänglichen“ Zustände des Systems. Das sind Mikro”
zustände, die mit den äußeren Parametern verträglich sind.
D.h. Ein Makrozustand ist charakterisiert durch die Wahrscheinlichkeit Pr für das Auftreten
eines gewissen Mikrozustandes r.
Pr = (P1 , P2 , . . . )
Frage: Wie groß ist das Pr ?
Früher: Wahrscheinlichkeit für das Auftreten eines Ereignisses j aus N Messungen (Versuchen):
Nj Nj
≈
N →∞ N
N
Wj = lim
(1.41)
Jetzt: M gleichartige Systeme
In Mikrozustand r seien Mr der M Systeme
M r Mr
≈
M →∞ M
M
Pr = lim
. . . wenn M hinreichend groß
(1.42)
Makrozustand: nur durch Wahrscheinlichkeit seiner zugänglichen Mikrozuständen gegeben,
also mit den Wahrscheinlichkeiten mit denen der Systemzustand mit einem der zugänglichen
Mikrozustände übereinstimmt.
1.2
Statistik von Vielteilchensystemen
1.2.3
20
Das grundlegende Postulat
Wir betrachten ein isoliert abgeschlossenes System. Dieses tauscht ja bekanntlich keine Energie
dE
mit seiner Umgebung aus, d.h. gesamt
= 0.
dt
Man kann dieses System also durch seine Energie E, bzw. durch ein Energieintervall
[E, E + dE] charakterisieren. Daraus folgt, dass alle dem System zugänglichen Mikrozustände
diese Energie haben müssen.
Weiters findet man bei der Betrachtung eines isolierten Systems im Gleichgewicht, dass die
Wahrscheinlichkeit, das System in einem gewissen Mikrozustand zu finden, zeitunabhängig ist,
sowie auch die makroskopischen Parameter zeitunabhängig sind.
Wir wissen jetzt, dass das System in einem seiner zugänglichen Zustände, vereinbar mit Er ist.
Postulat:
Das grundlegende Postulat der statistischen Physik besagt, dass jeder der zugänglichen Mikrozustände eines abgeschlossenen und isolierten Systems im Gleichgewicht, mit gleicher Wahrscheinlichkeit auftritt. (siehe Gleichung (1.45))
Dieses grundlegende Postulat der gleichen a-priori-Wahrscheinlichkeiten1 erlaubt es uns, eine
Verbindung zwischen mikroskopischen Strukturen und makroskopischen Größen herzustellen.
1.2.4
Mikrokanonische Zustandssumme und Berechnung der Wahrscheinlichkeit makroskopischer Parameter
System ist im Gleichgewicht und die Gesamtenergie erhalten, somit sind alle zugänglich Mikrozustände mit der Gesamteenergie vereinbar.
Energie ist nur mit endlicher Genauigkeit bestimmbar.
Da die Energie nur mit endlicher Genauigkeit messbar ist, definieren wir uns die mikrokanonische Zustandssumme als die Menge aller Mikrozustände, die für ein System mit
Er = [E − δE, E] zugänglich sind.
Ω(E) =
1
∑
1
. . . mikrokanonische Zustandssumme
r∶ E−δE≤Er ≤E
lateinisch a von . . . her“ und lateinisch prior der vordere; also von vornherein“
”
”
’
(1.43)
21
1
STATISTISCHE PHYSIK
Ω(E): Zustände sind zwischen E − δE und E und abhängig von δE. Wir wählen das δE also:
• mikroskopisch groß (z.B sehr viel größer als die Energie-Differenzen der Energie-Niveaus)
• makroskopisch klein (verglichen mit Gesamt-Energie)
Da das Intervall δE sehr viele Zustände enthält, ändert sich Ω(E) von einem Energieintervall
zum nächsten nur um einen geringen Bruchteil. Wir können also Ω(E) als konstante Funktion
der Energie E ansehen.
Die Anzahl der Zustände Ω(E) hängt von der für eine bestimmte Untersuchung gewählten
Größe δE des Unterteilungsintervalls ab. Da δE makroskopisch gesehen sehr klein ist, wird
Ω(E) proportional zu δE sein, wir können also schreiben:
Ω(E) = ρ(E)δE
(1.44)
ρ(E) ist Zustandsdichte“ und unabhängig von δE.
”
Das grundlegende Postulat sagt uns ja, dass alle Mikrozustände Ω(E) gleichwahrscheinlich
sind. Das führt uns auf:
⎧
1
⎪
⎪
Pr = ⎨ Ω(E)
⎪
⎪
⎩0
. . . E − δE ≤ Er ≤ E
. . . sonst
. . . mikrokanonische Verteilung
(1.45)
Da ein Makrozustand ja gegeben ist durch Pr = (P1 , P2 , . . . ), liegt es auf der Hand, dass ein
Makrozustand umso wahrscheinlicher ist, je mehr Mikrozustände er zulässt.
Machen wir uns also jetzt daran, die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten makroskopischer Parameter im Ensemble zu berechnen.
Sei y ein beliebiger äußerer Parameter (z.B. Druck oder magnetisches Moment,. . . ). Dieser Parameter kann die Werte y ∶ y1 , y2 , . . . , yn annehmen. Insgesamt gibt es Ω Mikrozustände im
betrachteten System.
Ωi davon führt darauf, dass y den Wert yi annimmt. Wir brauchen jetzt die Wahrscheinlichkeit,
dass sich das System in einem der Zustände Ωi befindet. Nach dem grundlegenden Postulat hat
jeder Zustand Ωi die Wahrscheinlichkeit Ω1 .
D.h. wir bilden
∑
Ωi
1
1
= Ωi ⋅
Ω
Ω
(1.46)
Daraus folgt für die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten einer messbaren Größe yi :
Pr (yi ) =
Ωi Ωi (E, yi )
=
Ω
Ω(E)
(1.47)
1.2
Statistik von Vielteilchensystemen
22
Makrozustand charakterisieren ist realisierbar durch gewisse Anzahl gleicherwahrscheinlicher
Mikrozustände ⇒ jener häufiger, der durch mehr Mikrozustände realisierbar ist
Ein Makrozustand ist umso wahrscheinlicher je mehr Mikrozustände er zulässt
Aus der Definition des Mittelwertes folgt hier:
n
y = ∑ Pr (yi ) ⋅ yi =
i=1
1 n
∑ Ωi yi
Ω i=1
(1.48)
und für das Schwankungsquadrat:
n
(∆y)2 = ∑ Pr (yi )(yi − yi )2 =
i=1
1 n
2
∑ Ωi (yi − yi )
Ω i=1
(1.49)
Beispiel:
Gegeben seien 3 ortsfeste Spin 12 -Teilchen. Die Richtung des Magnetfelds sei in z-Richtung
vorgegeben. Die potentielle Energie ist durch das magnetische Dipolmoment −µB = Epot
gegeben.
Nehmen wir an, µ weise in/gegen die z-Richtung für m = ± 12
Wählen Gesamt-Energie: −µB
⇒ Das System ist mit gleicher Wahrscheinlichkeit in den Zuständen: (+ + −), (+ − +), (− + +)
• Die Wahrscheinlichkeit dafür, dass der Spin des 1. Teilchens nach oben weist?
Ωi = 2, Ω = 3
Daraus folgt für P1 (+) = 23
• µz in positive z-Richtung vom 1.Teilchen?
Ω = 3, y = µz , daher 2 Werte: y1 = +µ und y2 = −µ
Die Anzahl der Zustände mit y1 ist also Ω1 = 2 und mit y2 ist Ω2 = 1.
y = µz =
1
1
(2µ + 1(−µ)) = µ
3
3
23
1.2.5
1
STATISTISCHE PHYSIK
Teilchen im 3-dimensionalen Kasten
Teilchen im Kastenpotential: Bilden wir einen 3D Kasten mit den Kanten: Lx = Ly = Lz = L,
so ist die Energie eines Teilchens darin durch die Quantenmenchanik gegeben:
E=
̵ 2π2
h
(n2 + n2y + n2z )
2mL2 x
⇒
n2x + n2y + n2z =
L2
2
̵ 2 2mE = R
π2h
(1.50)
Wir bilden den Zustandsraum (aus den Quantenzahlen) mit Achsen: nx , ny , nz
Abbildung 8: The points indicate schematically in two dimensions the possible values
of nx , ny , nz = 1, 2, 3, 4, . . . of the quantum numbers specifying the state
of a single particle in three dimensions. (The nz axis points out of the
paper.) The values of nx , ny , and nz corresponding to the energy values
E and E + δE lie on the indicated spherical surfaces. The region in light
gray includes all values of n which the energy of the particle is less than E.
The region in dark gray includes all the values of n for which the energy
lies between E and E + δE.
Das gesuchte der Zustandssumme liegt zwischen E + δE und E (oder zwischen E − δE und E,
reine Konventionssache).
Formel (1.50) ist der Radius einer Kugel im nx − ny − nz −Raum. Für eine gegebene Energie
befinden sich die Werte nx , ny , nz auf einer Kugeloberfläche mit Radius R. Der gleich auftauchende Faktor 1/8 rührt daher, dass nur positive Werte von ni physikalisch sind und wir daher
1.2
Statistik von Vielteilchensystemen
24
nur einen Kugeloktanten betrachten.
Φ(E) ist die Gesamtzahl der Zustände deren Energie kleiner als E ist, also:
Φ(E) = Gesamtzahl der Zustände mit Energie ≤ E
Man kann Ω(E) auch aus der Größe Φ(E) berechnen.
Ω(E) = Φ(E) − Φ(E − δE)
(1.51)
Betrachten wir erst nur Mikrozustände mit Φ(E) ≤ E, so folgt für sie:
Φ(E) =
3
1 4 3
π L 3
( πR ) = ( ̵ ) (2mE) 2
8 3
6 πh
(1.52)
Abbildung 9: Zweidimensionale Darstellung einer Kugel“ im Impulsraum für ein freies
”
Teilchen der Masse m, das zwei Freiheitsgrade besitzt. Die Energie ist
E = (2m)−1 (p2x + p2y ), der Radius der Kugel R = (2mE)1/2
Wie wir vorhin gesehen haben, gilt Ω(E) = Φ(E) − Φ(E − δE) (Wählen δE mikroskopisch
groß, aber makroskopisch klein ⇒ Ω(E) stetige, kontinuierliche Funktion), und damit
dΩ Φ(E) − Φ(E − δE)
=
dE
δE
(1.53)
Daraus folgt nach der Durchführung des Limes:
Ω=
dΦ
δE
dE
(1.54)
wobei wir den Differentialquotienten definieren als ρ(E) und als Zustandsdichte bezeichnen.
Für die mikrokanonische Gesamtheit folgt dann insgesamt (mit V = L3 ):
25
1
Ω(E) =
1
3
1
3π L 3
V
( ̵ ) (2mE) 2 2mδE = 2 ̵ 3 (2m) 2 E 2 δE
2 6 πh
4π h
Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass ρ(E) ∝
1.3
STATISTISCHE PHYSIK
√
(1.55)
E ist.
Thermische Wechselwirkung und repräsentative Ensembles physikalischer
Systeme
Die Energieniveaus sind auch von x = (x1 , . . . , xn ) abhängig.
→ Er = Er (x1 , . . . , xn )
Mikrozustand: r = (n1 , . . . , nf ), für x = (x1 , . . . , xn ).
Makrozustand: Satz von Wahrscheinlichkeiten Pr = (P1 , . . . , Pn ), für x = (x1 , . . . , xn ).
⇒ Durch Änderung der äußeren Parameter ändern sich auch die Mikro- und Makrozustände.
1.3.1
Thermische Wechselwirkung zwischen makroskopischen Systemen
Wir betrachten 2 Systeme A1 und A2 mit der Energie E1 und E2 , die in Einheiten von δE
skaliert ist.
Die zugänglichen Zustände seien:
A1 → Ω(E1 ), E1 − δE ≤ E1r ≤ E1
A2 → Ω(E2 ), E2 − δE ≤ E2r ≤ E2
Es seien zwar die äußeren Parameter xi fest, aber die Systeme NICHT voneinander isoliert, d.h.
ein Energieaustausch zwischen A1 und A2 ist möglich. Aus diesem Grund betrachten wir ein
zusammengesetztes System A∗ = A1 + A2 mit E ∗ = E1 + E2 = const.
Wenn E1 also von A1 gegeben ist, folgt daraus E2 = E ∗ − E1 .
Treffen wir die Annahme, dass A1 mit A2 im Gleichgewicht ist, so ist zwingendermaßen auch
A∗ im Gleichgewicht und daher ist das grundlegende Postulat anwendbar auf A∗ .
Frage: Was ist die Wahrscheinlichkeit P (E), dass A1 den Wert E1 hat, wodurch A2 den Wert
E2 = E ∗ − E1 hätte?
Laut Voraussetzung sind alle zugänglichen Zustände von A∗ gleichwahrscheinlich, was einer
Zustandssumme Ω∗total entspricht.
Unsere Frage muss daher lauten: Wieviele Mikrozustände Ω∗ (E1 ) erlauben, dass A1 den Wert
E1 hat?
Dies können wir bereits beantworten:
Ω∗ (E1 )
1
P (E1 ) =
= c ⋅ Ω∗ (E1 )
mit c = ∗
(1.56)
∗
Ωtotal
Ωtotal
1.3
Thermische Wechselwirkung und repräsentative Ensembles physikalischer Systeme
26
Bleibt nur noch nach Ω∗ (E1 ) zu fragen.
Bei gleichzeitigem Auftreten hat
A1 . . . Energie E1 und zugängliche Zustände Ω1 (E1 )
und
A2 . . . Energie E2 = E ∗ − E1 und zugängliche Zustände Ω2 (E ∗ − E1 )
Jeder zugängliche Zustand von A1 und A2 trägt zu den zugänglichen Zuständen von A∗ bei.
Zugänglicher Zustand von A∗ bedeutet gleichzeitiges Auftreten eines Zustands von A1 und A2
⇒ Multiplikationssatz.
woraus folgt, dass Ω∗ (E1 ) = Ω1 (E1 ) ⋅ Ω2 (E ∗ − E1 ) und somit
P (E1 ) = c ⋅ Ω1 (E1 ) ⋅ Ω2 (E ∗ − E1 )
(1.57)
Frage: Wie sieht es nun aus mit P (E1 ) als Funktion f (E1 )?
A1 , A2 sind makroskopische Systeme ⇒ sehr viele Freiheitsgrade. ⇒ Ω1 (E1 ), Ω2 (E) wachsen
sehr schnell mit E1 und E2 (Kugelvolumen).
Wenn E1 wächst, steigt Ω1 (E1 ) sehr stark und Ω2 (E2 ) fällt sehr stark.
⇒ P (E1 ) steigt für große Systeme → scharfes Maximum.
(a) Enumeration of the possible numbers of states
compatible with a specified total energy E ∗ = 13 of
the systems A and A′ described in abb. Abb 11 (b).
(b) Schematic illustration showing the dependence
of the probability P (E) on the Energy E.
Abbildung 10
27
1
(a)
STATISTISCHE PHYSIK
(b)
Abbildung 11: Graphs showing, in the case of two special and very small systems A and
A′ , the number of states Ω(E) accessible to A and the number of states
Ω′ (E ′ ) accessible to A′ as function of their respective energies E and
E ′ . The energies are measured in therms of an arbitrary unit; only a few
values of Ω(E) and Ω′ (E) are shown.
Bei konstantem E ∗ steigt Ω1 (E1 ) mit E1 und Ω2 (E ∗ − E1 ) fällt.
Daraus folgt, dass P (E) ein ausgeprägtes Maximum bei, sagen wir Ê mit Breite ∆E ≪ E1 hat.
Begeben wir uns auf die Suche nach diesem Maximum.
Zugute kommt uns hierbei, dass ln P (E) viel schwächer variiert, als P (E), so kommen wir
auf:
ln P (E1 ) = ln(c) + ln Ω1 (E1 ) + ln Ω2 (E2 )
⇒
(1.58)
d ln P (E1 )
d ln Ω1 (E1 ) ln Ω1 (E ∗ − E1 ) dE1
=0+
+
=0
dE1
dE1
dE1
dE2
=
d ln Ω1 (E1 ) d ln Ω1 (E2 )
−
=0
dE1
dE2
Wobei wir uns nochmal in Erinnerung rufen, dass Ê1 , Ê2 die Energiewerte von A1 , A2 für
P (E) = max sind.
1.3
Thermische Wechselwirkung und repräsentative Ensembles physikalischer Systeme
28
Es gilt also die Bedingungsgleichung:
β1 (Ê1 ) = β2 (Ê2 )
mit
β1 (E1 ) =
(1.59)
1 ∂Ω1
∂ ln Ω1
=
∂E1
Ω1 ∂E1
(1.60)
β hat die Dimension einer reziproken Energie und veranlasst uns, einen neuen Parameter T
so einzuführen, dass β11 ≡ kT1 gilt. k hat die Dimension einer Energie und sei vorerst noch
beliebig. Später werden wir finden, dass es sich hierbei um die Boltzmannkonstante handelt.
ln Ω1
Sei also β1 = kT1 1 = ∂∂E
, dann können wir T11 anschreiben als:
1
1
k ∂ ln Ω1 ∂S1
=
=
T1
∂E1
∂E1
(1.61)
und schon haben wir eine bekannte Größe gefunden, die Entropie:
S1 = k ⋅ ln Ω1
. . . Boltzmann’sche Entropiegleichung
(1.62)
Wie man in Gleichung (1.62) sieht, ist sie das logarithmische Maß für die Anzahl der zugänglichen Zustände des Systems.
Frage: Was hat das nun für Konsequenzen für unser Pmax (E1 )?
Wir müssen logarithmieren:
ln P (E1 ) = ln c + ln Ω1 (E1 ) + ln Ω2 (E2 )
´¹¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¸¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¶ ´¹¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¸¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¶
S1
k
Daraus folgt, dass:
(1.63)
S2
k
P (E1 ) = max ⇔ S ∗ = S1 + S2 = max
Nebenbei sei bemerkt, dass ja dann wie oben bereits gezeigt auch β1 (Ê1 ) = β2 (Ê2 ) gilt und
damit kT1 1 = kT1 2 woraus folgt:
T1 = T2
Also: A1 hat genau die Energie, bei der S ∗ von A∗ maximal ist. Nur dann ist das Gesamtsystem
A∗ so gleichmäßig wie möglich über alle zugänglichen Mikrozustände verteilt.
Damit gibt es eine Größe, welche die Unordnung beschreibt. Diese Größe ist eben die Entropie.
Sie ist ein Maß für die Unordnung eines makroskopischen Systems.
Durch Gleichung (1.62) wird eine Verbindung hergestellt zwischen mikroskopischer Struktur
(Ω1 ) und den makroskopischen Messgrößen S1 und T1 . Sie ist eine der zentralen Gleichungen
der statistischen Physik und wurde 1877 von Ludwig Boltzmann aufgestellt.
29
1
STATISTISCHE PHYSIK
heißt:
⇒ System über größtmögliche Zahl von Mikrozuständen verteilt
⇒ gleichmäßigste“ Verteilung des makroskopischen Systems auf seine zugängliche Mikro”
zustände
⇒ Mikrozustand maximal unbestimmt
⇒ System im Zustand maximaler Unordnung“
”
⇒ Die Entropie ist ein Maß für die Unordnung eines Makroskopischen Systems
1.3.2
Thermisches Gleichgewicht und Temperatur
Wahrscheinlichkeit P (E1 ) soll scharfes Maximum bei E1 = Ẽ1 haben.
Systeme in Kontakt: Gleichgewicht mit großer Wahrscheinlichkeit
A1 ∶ E1 = Ẽ1
A2 ∶ E2 = E ∗ − Ẽ1
• Zeitpunkt t = 0
Systeme in Kontakt:
0
A1 , E 1
0
A2 , E 2
0
0
i.A.: E 1 , E 2 unwahrscheinliche Energien für A∗
• Wartezeit t = t∞
∞
E 1 = Ẽ1 , . . . , sodass P (E1 ) max.
∞
∞
⇒ β1∞ = β1 (E 1 ) = β2∞ = E 1
und daraus folgt:
T1∞ = T2∞
(1.64)
P (E1 ) ist max heißt: S ∗ ist max
⇒ Anstreben“ von T1 = T2 heißt:
”
Entropieaustausch erfolgt so, dass Gesamtentropie maximal wird.
∞
∞
0
0
S1 (E 1 ) + S2 (E 2 ) ≥ S1 (E 1 ) + S2 (E 2 )
∞
0
∞
0
bzw. S1 (E 1 ) − S1 (E 1 ) + S2 (E 2 ) − S2 (E 2 ) = ∆S1 + ∆S2 ≥ 0
Die Entropie eines abgeschlossenen Systems nimmt beim Anstreben des Gleichgewicht Wertes
immer zu.
2. HS der Thermodynamik aus statistischen Prinzipien abgeleitet
1.3
Thermische Wechselwirkung und repräsentative Ensembles physikalischer Systeme
30
Der Index ∞ soll die unendlichlange Wartezeit andeuten, bis sich die Systeme im Gleichgewicht
befinden. Zwei Dinge sind zum Parameter β zu sagen:
1. Wenn zwei Systeme für sich im Gleichgewicht sind, aber β für beide denselben Wert hat,
dann ist bereits ein Gleichgewicht erreicht und somit bei Kontakt auch kein Energieaustausch mehr im Gange.
2. Wenn der Wert von β aber nicht der gleiche ist, dann bleiben die Systeme solange nicht
im Gleichgewicht, bis Gleichung (1.64) ereicht ist.
Die folgende Bemerkung wird auch als 0-ter Hauptsatz der Thermodynamik“ bezeichnet:
”
Für drei Systeme A, B und C gilt:
• A ist in Kontakt und Gleichgewicht mit B ⇒ βA = βB
• B ist in Kontakt und Gleichgewicht mit C ⇒ βB = βC
Daraus folgt: A und C sind im Gleichgewicht
Wenden wir uns noch kurz dem Parameter T zu, so wissen wir
• Boyle-Mariotte: für festes T gilt: pV = const (. . . isotherm)
• Gay-Lussac:
V
T
= const (. . . isobar)
• ideale Gasgleichung: pV = cT
• Ausdehnungskoeffzient: α =
• kinetische Gastheorie: p =
1
V
( ∂V
)
∂T p =
1N
2
3 V m⟨v ⟩
1 c
V p
=
1
T
=C ⋅T
Frage: Wie können wir eine Temparaturskala entwickeln?
Aus der kinetischen Gastheorie wissen wir, dass der Druck als Impulsübertragung anzusehen
2
1
2
2
ist, also p = 13 N
V m⟨v ⟩, und damit pV = 3 N ⋅ 2 m⟨v ⟩.
´¹¹ ¹ ¹ ¹ ¸¹¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¶
Ekin
Setzen wir Ekin =
(= kalorische Zustandsgleichung), so ist die Gesamtenergie E =
3
2 N kT . Wenn wir jetzt noch verlangen, dass T = 0 für E = 0 und in die ideale Gasgleichung
pV = N kT (= thermische Zustandsgleichung), dann müssen wir uns nur noch entscheiden, ob
wir T oder k festlegen.
3
2 kT
Wir halten uns an die Geschichte und legen k fest. Zwei Punkte der T -Skala liegen bereits fest,
nämlich T = 0 und der Tripelpunkt von H2 O bei 273, 16K.
Sehen wir nochmal die ideale Gasgleichung an, nur diesmal mit Mol: p = νRT , wobei ν die
J
Molzahl ist und R = 8, 31451 mol⋅K
.
J
Damit ist R ≡ NA k und damit k = (1, 38066±0, 00006)×10−23 K
wenn wir NA = (6, 0221367±
23 Moleküle
0, 0000036) × 10
mol als Loschmidt-Zahl identifizieren.
31
1
1.3.3
STATISTISCHE PHYSIK
Statistische Physik und Thermodynamik
Gehen von der mikroskopischen Struktur aus - den Mikrozuständen.
Frage: Wie kommen wir zu thermodynamischen Größen?
Entscheidende Verbindung zwischen mikroskopischen Struktur eines Systems und der Thermodynamik, also makroskopischen Größen und ihren Beziehungen, stellt die Boltzmann’sche
Entropiegleichung S = k ⋅ ln Ω dar.
1
2
3
4
Ĥ(x) → Er (x) → Ω(E, x) → S(E, x) → T, X(E, x)
(1.65)
1. Die äußeren Parameter seien x = (x1 , . . . , xn ), diese können z.B. Teilchenzahl, das Volumen oder ein äußeres magnetisches Feld sein.
Quantenmechanisch: Wir bestimmen die Energieeigenwerte Er des Hamilton-Operators
Ĥ(x). Das legt die Mikrozustände fest.
klassisch: Funktion der Orts und Impulskoordinaten → Hamilton-Funktion
2. Berechnung der Zustandsumme aller Zustände r, die mit E −δE ≤ Er (x) ≤ E verträglich
sind.
Ω(E, x) = ∑ 1
r
Man halte sich hier vor Augen, dass die Summe über r aus f Summen über die Quantenzahlen ni in r = (n1 , . . . , nf ) besteht. Für f ≈ 1024 Freiheitsgrade sind diese Summen
nur in besonders einfachen Fällen ausführbar.
klassisch: Summe → Integral über Volumen im Phasenraum
3. Annahme: System isoliert und im Gleichgewicht:
→ das Grundlegendes Postulat gilt.
⎧
1
⎪
⎪
Pr = ⎨ Ω(E,x)
⎪
⎪
⎩0
E − δE ≤ Er (x) ≤ E
sonst
⇒ S = k ⋅ ln Ω
Die Mikrozustände sind durch die Parameter E und x festgelegt, daher können alle anderen makroskopischen Größen durch E und x ausgedrückt werden.
4. Wir benötigen den Begriff der Verallgemeinerten Kraft“. Wenn
”
1 ∂S(E, x)
=
T
∂E
1.3
Thermische Wechselwirkung und repräsentative Ensembles physikalischer Systeme
32
die treibende Kraft für den Wärmeaustausch ist, dann ist
Xi = T
∂Ω(E, x)
∂S(E, x)
= kT
∂xi
∂xi
(1.66)
Xi . . . verallgemeinerte Kraft zum äußeren Parameter
Die verallgemeinerte Kraft für einen xi -Austausch. z.B. hat Xi die Dimension einer Kraft, wenn
xi die Dimnension einer Länge hat.
Wenn Gleichgewicht herrscht, dann gilt also für den
• Wärmeaustausch: verallgemeinerte Kraft = Temperatur T
• Volumenaustausch: verallgemeinerte Kraft = Druck P
• Teilchenaustausch: verallgemeinerte Kraft = µ (chemisches Potential)
• xi -Austausch: verallgemeinerte Kraft = Xi
33
1
STATISTISCHE PHYSIK
Beispiel:
ideales, einatomiges Gas
äußere Parameter: V = L3 , N
1. Mikrozustände r mit Energie Er :
QM: r = (n1 , . . . , n3N )
Er (N, V ) =
̵ 2 π 2 3N
h
2
∑ ni
2
2mL i=1
(1.67)
→ ni : QZ des i-ten Freiheitsgrad gleiche QZ für mehrere Teilchen zugelassen
⇒ klassische Näherung
klassisch:
E = Ekin =
m N
∑
2 i=1
3
2
∑ vij
(1.68)
i=1
²
3 Raumrichtungen
2. Auswertung der Zustandssumme:
E
V
3N
ln ( ) + N ln ( ) + N ln c
2
N
N
2π
5 3
ln c = ln ĉ + + ln ( )
2 2
3
ln Ω(E, V, N ) =
(1.69)
(1.70)
3. ⇒ Entropie:
E
V
3
S(E, V, N ) = k ln Ω = N k ln ( ) + N k ln ( ) + N k ln c
2
N
N
bilden
1 ∂S 3
1
=
= Nk
T ∂E 2
E
3
→ E = N kT
2
Xi ∂S
=
T
∂xi
→ P V = N kT
. . . klassische Zustandsgleichung“
”
und
(1.71)
P ∂S
1
=
= Nk
T ∂V
V
. . . thermische Zustandsgleichung“
”
(1.72)
1.3
1.3.4
Thermische Wechselwirkung und repräsentative Ensembles physikalischer Systeme
34
Kanonische Zustandssumme - System in Kontakt mit einem Wärmereservoir
Abbildung 12: Großes Wärmebad A′ in Kontakt mit dem kleinen Wärmereservoir A. E ∗
ist konstant und die Temperatur T ist vorgegeben von A′ . [MB]
Die Temperatur des Gesamtsystems A∗ ist von A′ vorgegeben. Das heißt wenn das System A
in Kontakt mit A′ tritt, sich die Temperatur nicht verändert und das System A die Temperatur
von A′ annehmen wird. Dies kann deshalb angenähert werden, da A ≪ A′ ist.
Frage: Wie groß ist Wahrscheinlichkeit Pr , dass das kleine System A in Kontakt mit dem
großen System A′ in einem bestimmten Mikrozustand r (mit Energie Er und Teilchenzahl Nr
(Die Teilchenzahl Nr wird derzeit vernachlässigt.)) zu finden ist?
So teilen wir die Energieskalen in passend kleine Intervalle δE.
Ω′ (E ′ ) ist die Anzahl der zugänglichen Mikrozustände für A′ , wenn seine Energie zwischen
E ′ − δE und E ′ liegt.
Zusammengesetztes System A∗ = A + A′ ist isoliert ⇒ E ∗ = const
E liegt zwischen E ∗ − δE, E ∗
Annahme: A sei in einem seiner zugänglichen Mikrozustände r mit Er
⇒ E ∗ = E ′ + Er , E ′ = E ∗ − Er
35
1
STATISTISCHE PHYSIK
Wenn A in einem seiner Mikrozustände ist, dann ist die Anzahl der für A∗ zugänglichen
Zustände nur mehr durch zugängliche Zustände von A′ bestimmt, wenn seine Energie
im Intervall E ′ − δE = E ∗ − Er − δE und E ′ = E ∗ − Er liegt!
Die zugänglichen Zustände von A∗ sind: Ω∗ = Ω′ (E ∗ − Er )
Grundlegendes Postulat:
A∗ gleichwahrscheinlich in jedem seiner zugänglichen Mikrozustände
⇒ Wahrscheinlichkeit: A im Zustand r zu finden ist proportional zur Anzahl der Zustände von
A∗ wenn A in Zustand r:
Pr = C ′ Ω∗ = C ′ Ω′ (E ∗ − Er )
(1.73)
′
C → aus Normierungsbedingung: ∑r Pr = 1
Wir brauchen Ω′ !
Annahme: A′ ist Wärmebad = Energie Reservoir
⇒ sehr, sehr viele Freiheitsgrade
Er ≪ E ′ ⇒ Er ≪ E ∗
Also: E ′ = E ∗ − Er ≅ E ∗
Rechnen aus: vorzügliche Näherung für Ω′ (E ′ ) durch Entwicklung der schwach variierenden
Funktion ln Ω′ (E ′ ) an der Stelle E ′ = E ∗ .
Taylorentwicklung (∑∞
n=0
f (n) (x0 )
(x − x0 )n
n!
→ x0 = E ∗ , x = E ′ ):
ln Ω′ (E ′ ) = ln Ω′ (E ∗ − Er ) = ln Ω′ (E ∗ ) +
∂ ln Ω′ (E ∗ )
∣
⋅(−Er )
∂E ′
E ′ ≅E ∗
´¹¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¸¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¶
(1.74)
∂ ln Ω′ ∂ ln Ω′ ∂E ′
= ∂E ′ ⋅ ∂E ∗
∂E ∗
∂ ln Ω′ (E ∗ )
1
∣
= β′ =
∂E ′
kT
E ′ ≅E ∗
(1.75)
⇒ β von Er unabhängige Konstante.
sagen β ′ = β (lassen ′ weg): konstanter Temperaturparameter des Wärmebades A′
Bedeutet physikalisch:
T des Wärmebades A′ ändert sich nicht beim Austausch kleiner Energieportionen mit A.
⇒ ln Ω′ (E ∗ − Er ) = ln Ω′ (E ∗ ) − βEr
1.3
Thermische Wechselwirkung und repräsentative Ensembles physikalischer Systeme
36
Ω′ (E ∗ − Er ) = Ω′ (E ∗ ) exp(−βEr )
Ω′ (E ∗ ) → const., hängt nicht von r ab
⇒ Pr = C ′ Ω′ (E ∗ − Er ) = Ce−βEr = Ce− kT
Er
1
1
=
−βE
r
Z(T )
∑r e
−βEr
=1 ⇒ C=
∑ Pr = C ∑ e
r
r
e−βEr
e− kT
Pr =
=
E
∑r e−βEr ∑r e− kTr
. . . Boltzmann-Verteilung
(1.76)
(1.77)
Er
exp(−βEr ) = exp (−
Z(T ) = ∑ exp (−
r
Er
)
kT
Er
)
kT
. . . kanonische Verteilung (canonical distribution)
(1.78)
. . . Boltzmann-Faktor
(1.79)
. . . kanonische Zustandssumme
(1.80)
Zugehöriges Ensemble: kanonisches Ensemble = Gibbs Ensemble
Kanonisches System A: ist in genau einem seiner zugänglichen Mikrozustände
Kanonisches System A′ = Wärmebad: ist in irgendeinem seiner sehr vielen zugänglichen
Zustände Ω′ (E ∗ − Er )
Ω′ (E ′ ) wächst sehr stark mit E ′ : β =
∂ ln Ω
∂E
>0
⇒ Je größer Er desto kleiner E ′ .
⇒ Damit sinkt stark die Zahl der zugänglichen Zustände für Ω′ .
⇒ Wahrscheinlichkeit im Ensemble für Systeme mit hoher Energie Er sinkt entsprechend.
Berechnung vom Mittelwerten
y sei eine messbare Größe, im Mikrozustand r von A: yr
∑r e− kT ⋅ yr
Er
y = ∑ P r yr =
r
r
−E
kT
∑r e
=
∑r e− kT ⋅ Er
Er
1
∑ yr e kT
Z(T ) r
Er
E = ∑ Pr Er =
r
=
∑r e−βEr ⋅ Er
∑r e−βEr
∑r e− kT
∂
∑ e−βEr ⋅ Er
= r
=−
ln Z(T )
Z(T )
∂β
Er
(1.81)
37
1
STATISTISCHE PHYSIK
Abbildung 13: Die Rechte Zeichnung verdeutlicht die Gleichung (1.51). [MB]
Abbildung 14: Schematic illustration showing the states accessible to a particular system
A and to a special (rather small) heat reservoir A′ . The top diagram shows
the energy levels coresponding to a few distinct states of A. The bottom
diagram shows, for a few values of E ′ , the number of states Ω′ (E ′ ) accessible to A′ as function of its energy E ′ . The energy is measured in
terms of an arbitrary unit.
1.3
1.3.5
Thermische Wechselwirkung und repräsentative Ensembles physikalischer Systeme
38
Großkanonisches Ensemble
Wie im kanonischen Fall ist hier die Temperatur T vorgegeben. Zusätzlich zu T kommt nun
auch das chemisches Potential µ ins Spiel. Das chemische Potential µ charakterisiert die Möglichkeiten eines Stoffes, mit anderen Stoffen zu reagieren, in eine andere Zustandsform überzugehen oder sich im Raum zu verteilen.
Gegeben ist ein System A (Wärmereservoir) mit festem Volumen V , das sich in thermischen
Kontakt mit einem Reservoir A′ (Teilchenreservoir) befindet. Es besteht ein Energie- und Teilchenaustausch zwischen dem System und dem Reservoir. Wiederum betrachten wir das aus
System und Reservoir zusammengesetzte System A∗ = A + A′ , (siehe Abbildung 12)
Also:
∂S
)E,V
Das große System A′ gibt die Temperatur T und das chemische Potential µ vor → µ = −T ( ∂N
′
Bei festen Volumen V tauschen A und A (Wärme- und Teilchenreservoir) E und N aus (Energie und Teilchen).
Es liegt auf der Hand, dass die Gesamtteilchenzahl N ∗ = N + N ′ = const. ist und ebenso die
Gesamtenergie E ∗ = E + E ′ = const.
Jetzt fragen wir uns, wie groß die Wahrscheinlichkeit Pr ist, dass sich das System A in einem speziellen Zustand r mit Er und Nr befindet: Wenn A in einem speziellen Zustand r ist,
dann sind die zugänglichen Zustände Ω durch die zugänglichen Zustände Ω′ gegeben, d.h. die
Wahrscheinlichkeit A in r zu finden ist
Pr (Er , Nr ) ∝ Ω′ (E − Er , N − Nr )
(1.82)
E ∗ = E + E ′ = const
N ∗ = N + N ′ = const
mit der Voraussetzung, dass A sehr klein ist gegen A′ , woraus folgt
dass Er << E und Nr << N ⇒ E ′ = E ∗ − Er ≈ E ∗ ; N ′ = N ∗ − Nr ≈ N ∗ .
Das bedeutet, wir können ln Ω′ um E und N entwickeln:[2]
ln Ω′ (E − Er , N − Nr ) = ln Ω′ (E, N ) +
∂ ln Ω′
∂ ln Ω′
∣
⋅(−E
)
+
∣
⋅(−Nr ) − O(ε2 )
r
∂E ′ E ′ =E
∂N ′ N ′ =N
´¹¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¸¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹¶
´¹¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹¸ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¶
1
β= kT
−βµ
(1.83)
Frage: Wie groß ist Wahrscheinlichkeit, dass wir das System A mit Er und Nr im speziellen
Mikrozustand r finden?
A sei im speziellen Zustand r mit Er und Nr . Die Anzahl der für A∗ zugänglichen Mikrozuständen gegeben durch die Anzahl der den Reservoir A′ zugänglichen Zustände:
Ω∗ = Ω′ (E ∗ − Er , N ∗ − Nr )
(1.84)
39
1
STATISTISCHE PHYSIK
in A∗ → Fundamental postuliert
Pr (Er , Nr ) ∝ Ω′ (E ∗ − Er , N ∗ − Nr )
(1.85)
Die Ableitungen an der Stelle E ∗ und N ∗ bei V = const. sind Konstanten, die das Reservoir
A′ kennzeichnen.
∂ ln Ω′
∣
= −βµ
∂N ′ V,N ′ =N ∗
1
∂ ln Ω′
∣
=β=
,
∂E ′ V,E ′ =E ∗
kT
Pr (Er , Nr ) = C ′ Ω′ (E ∗ − Er , N ∗ − Nr )
(1.86)
(1.87)
= C ′ Ω′ (E ∗ , N ∗ )e−β(Er −µNr ) = C e−β(Er −µNr )
®
(1.88)
1
Y
Womit wir schon bei der großkanonischen Verteilung“ wären:
”
1 −β(Er −µNr )
e
Y
(1.89)
∑ Pr = 1
(1.90)
Y (T, V, µ) = ∑ e−β(Er −µNr )
(1.91)
Pr =
Mit Y aus der Normierungsbedingung:
r
r
Diese Gleichung ist schon die großkanonische Zustandssumme“.
”
Sprechen wir noch kurz über das chemische Potential µ: Es ist die verallgemeinerte Kraft zum
äußeren Parameter Teilchenzahl N .
Xi ∂S k∂ ln Ω
=
=
T
∂xi
∂xi
hier:
µ
∂ ln Ω
= −βµ = −
∂N
kT
µ = −T
∂S
∂E
∂F
∂G
∣
=
∣
=
∣
=
∣
∂N E,V ∂N S,V ∂N T,V ∂N T,P
. . . F ist freie Energie
. . . G ist freie Enthalpie
Es hat die Dimension einer Energie und ist auch eine, nämlich die, die nötig ist um einem
isolierten System 1 Teilchen hinzuzufügen.
1.3
Thermische Wechselwirkung und repräsentative Ensembles physikalischer Systeme
40
Bevor wir den Gleichverteilungssatz studieren werden, fassen wir kurz zusammen: Die jeweiligen Verteilungen haben folgende Abhängigkeiten:
• Pr = Pr (E, V, N ) mikrokanonisch
• Pr = Pr (T, V, N ) kanonisch
• Pr = P r(T, V, µ) großkanonisch
Für makroskopische Systeme ist die Fluktuation von Pr um E und N vernachlässigbar, daher
macht es makroskopisch keinen Unterschied, welches Ensemble verwendet wird.
1.3.6
Der Gleichverteilungssatz
Der Gleichverteilungssatz besagt, dass im thermischen Gleichgewicht bei der Temperatur T im
Mittel jeder Freiheitsgrad die gleiche Energie ⟨E⟩ hat.
Klassisch:
Die Energie ist ja eine Funktion von f Koordinaten und f zugehörigen Impulsen, also
E = E(q1 , . . . , qf , p1 , . . . , pf )
Wobei qi , pi einen Phasenraum aufspannen.
Häufig ist es so, dass
1. E = εi (pi ) + E ′ (q1 , . . . , pf ), wobei εi (pi ) nur von einer einzigen Impuls- oder Ortskoordinate (Beispiel: E = Ekin + Epot ) und E ′ von allen Koordinaten und Impulsen ausser
pi abhängen kann.
2. εi quadratisch in pi , also εi = b ⋅ p2i (b = const.)
Beispiel harmonischer Oszillator: E =
p2x
2m
+ 12 kx2
Frage: Wie groß ist der Mittelwert εi im thermischen Gleichgewicht?
1
ist im thermischen Gleichgewicht vorgegeben. Das führt uns auf die kanonische VerteiT = kβ
lung und die wiederum auf
εi =
1
⋅ kT
2
. . . Gleichverteilungssatz
(1.92)
Jede unabhängige Variable die quadratisch in die Gesamtenergie (Hamilton-Funktion) eingeht,
liefert den Beitrag 1/2kT zur mittleren Energie, wenn das System mit der Temperatur T im
Gleichgewicht ist (= 1/2kT pro Freiheitsgrad).
41
1
STATISTISCHE PHYSIK
Beispiel:
• mittlere Ekin eines einatomigen idealen Gases:
ε=
1 2
(p + p2y + p2z )
2m x
mit
p2y
p2x
p2
=
= z
2m 2m 2m
° ° °
1
kT
2
1
kT
2
1
kT
2
3
⇒ ε = kT
2
3
3
1 Mol des Gases E = NA ( kT ) = RT
(R = NA ⋅ k)
2
2
3
∂U
∣ = R → Dulong Petit
cV =
∂T V 2
Quantenmechanisch:
E
∆E
Abbildung 15: Mit zunehmender Energie verringert der Abstand zu den Energieniveaus
immer mehr. [MB]
Bei diskreten Energieniveaus mit höherer Energien nimmt der Abstand der Niveaus ab.
Wenn T groß ist wird ∆E zwischen Niveaus klein: ∆E << kT
Aber: Wenn kT ≤ ∆E wird die klassische Beschreibung ungültig!
Gleichung (1.92) gilt ausschließlich klassisch und führt bei quantenmechanischer Betrachtung
zu falschen Ergebnissen! Man denke nur an das Strahlungsgesetz von Rayleigh und Jeans, das
jeder Schwingungsmode im Hohlraum die Energie (1.92) zuordnet. Wir wissen aus Einführung
in die Physik III, dass Planck mit seiner gequantelten Energie-Interpretation richtig lag.
1.4
Quantenstatistik idealer Gase
1.4
Quantenstatistik idealer Gase
42
Klassisch:
Wir betrachten zunächst 2 gleichartige Teilchen ohne Wechselwirkung. Klassisch gesehen sind
sie durch ihre Teilchenbahn unterscheidbar und es können sich beliebig viele Teilchen im selben Einteilchenzustand befinden.
⇒ Keine Bedingung an Wellenfunktion geknüpft.
⇒ es gilt die Maxwell-Boltzmann Statistik
Quantenmechanisch:
Um die Sache zu vereinfachen, schauen wir uns die beiden Teilchen im Kasten an. Die zugehörige zeitunabhängige Schrödinger-Gleichung kennen wir:
(
̵2
h
(∆x1 + ∆x2 ) + (E − V (x))) ψ(x1 , x2 ) = 0
2m
(1.93)
Mit x1 , x2 als Teilchenkoordinaten. Der Kasten hat ja 0 < x < L als Geometrie“ und das Po”
tential innerhalb ist V = 0.
Die mögliche Lösung von Gleichung (1.93) ist das Produkt der Einteilchenwellenfunktionen:
ψn,m (x1 , x2 ) = ψn (x1 )ψm (x2 )
(1.94)
Beispiel:
• n = 1, m = 2
1
2
) ⋅ sin ( πx
) (A ist Produkt aus den An )
ψ1,2 = A sin ( πx
L
L
)
Allgemein: ψn = An sin ( nπx
L
Wobei ψn , ψm die Wellenfunktion jeweils eines Teilchens ist mit der Energiequantenzahl n
bzw. m.
). Das An folgt aus der Normierung.
Aufgrund des Kastens ist ψn = An sin ( nπx
L
Jetzt wollen wir folgendes wissen:
Was ist die Wahrscheinlichkeit, Teilchen 1 in einer Umgebung dx1 um x1 und Teilchen 2 in
einer Umgebung dx2 um x2 zu finden?
Wir wissen, dass wir in diesem Fall das Produkt der Einzelwahrscheinlichkeiten brauchen. Dies
führt uns auf
∣ψn,m (x1 , x2 )∣2 dx1 dx2 = ∣ψn (x1 )∣2 dx1 ⋅ ∣ψm (x2 )∣2 dx2
(1.95)
Wenn wir eine geeignete Normierung voraussetzen, dann entspricht ja ∣ψ∣2 einer Wahrscheinlichkeitsdichte.
43
1
STATISTISCHE PHYSIK
Das Problem ist, dass unsere Teilchen in Wirklichkeit aber ununterscheidbar sind (Unbestimmtheitsrelation), also identisch sind. Das Quadrat der Wellenfunktion ∣ψ(x1 , x2 )∣2 muss unter Vertauschung von x1 und x2 invariant bleiben. Also muss
∣ψ(x1 , x2 )∣2 = ∣ψ(x2 , x1 )∣2
(1.96)
gelten.
Abbildung 16: The scattering of two identical particles in two possible collisions, a and
b, shown as classical tracjectories. Initially particles enter from opposite
directions, collide, and move apart. Both collision processes have exactly
the same initial and final trajectories, the difference being that the particles have exchanged places in b as compared to a. If we now treat the
particles as quantum objects, they have an uncertainty in their postition.
If the uncertainty is comparable to the minimum separation of the trajectories, then the exchange of particles during the collision is possible, and
we cannot tell which process has occurred.
Die Lösung muss also entweder symmetrisch ψ(x1 , x2 ) = ψ(x2 , x1 ) oder antisymmetrisch
−ψ(x1 , x2 ) = ψ(x2 , x1 ) sein, was Gleichung (1.94) sicher nicht erfüllt, denn die Vertauschung
ergäbe eine neue Funktion, wodurch die Teilchen unterscheidbar wären.
Wir bilden daher:
Symmetrisch (für Teilchen mit ganzzahligem Spin → Bosonen):
ψn,m + ψm,n = A′ [ψn (x1 )ψm (x2 ) + ψn (x2 )ψm (x1 )] = ψ+
(1.97)
und
Antisymmetrisch (für Teilchen mit halbzahligem Spin → Fermionen):
ψn,m − ψm,n = A′ [ψn (x1 )ψm (x2 ) − ψn (x2 )ψm (x1 )] = ψ−
(1.98)
1.4
Quantenstatistik idealer Gase
44
Beide Wellenfunktionen erfüllen die Symmetriebedingung.
Die Symmetrieforderung gilt für eine beliebige Teilchenanzahl. Es sind daher nur zugelassen:
ψ± (1, . . . , µ, . . . , ν, . . . , N ) = ±ψ± (1, . . . , ν, . . . , µ, . . . , N )
ν, µ . . . Orts- und Spinkoordinaten
ψ± nennt man somit total symmetrische, bzw. total antisymmetrische Wellenfunktion.
Spektroskopie: Für Teilchen mit halbzahliger Spinquantenzahl s ist die Wellenfunktion antisymmetrisch beim Austausch zweier Teilchen - es sind Fermionen.
1 3 5
s = , , , ⋅ ⋅ ⋅ → ψ−
2 2 2
s = 0, 1, 2, ⋅ ⋅ ⋅ → ψ+
Fermion
Boson
Wir betrachten nun eine antisymmetrische 2-Teilchen Wellenfunktion: ψ− = ψn,m − ψm,n
Annahme: beide Teilchen sind im selben Einteilchenzustand.
So ist n = m ⇒ ψ− ≡ 0
Für viele Teilchen:
Wir sagen Teilchen ν und Teilchen µ seien im selben Quantenzustand.
ψ− (. . . , ν, . . . , µ, . . . ) = ψ− (. . . , µ, . . . , ν, . . . )
(1.99)
andererseits muss gelten:
ψ− (. . . , ν, . . . , µ, . . . ) = −ψ− (. . . , µ, . . . , ν, . . . )
(1.100)
nur möglich für ψ− ≡ 0
Zwei Fermionen dürfen in einem System nicht gleichzeitig in einem Zustand mit denselben
Quantenzahlen sein.
Das Pauli-Verbot sagt uns, dass die Wellenfunktion von Fermionen, also Teilchen mit halbzahligem Spin, antisymmetrisch ist. Wie man in diesem Fall für m = n leicht erkennt, muss die
Wellenfunktion die Nullfunktion sein, was bedeutet, dass sich zwei Fermionen in einem System nicht im selben Quantenzustand befinden dürfen.
Bei ganzzahligem Spin ist die Wellenfunktion symmetrisch, d.h. für Bosonen gilt das Pauliverbot nicht!
45
1
1.4.1
STATISTISCHE PHYSIK
Die Abzählung der Zustände
Die Quantenmechanik bestimmt die Statistik (Verteilung der Teilchen auf Einteilchenzustände)
von Vielteilchensystemen.
Wir betrachten Quanten-Einteilchenzustände mit Index r, sz , wobei r die Teilchenzahl und sz
den Spin in die z-Richtung angibt (↑ oder ↓). Die Energie des Teilchens im Zustand (r, sz ) sei
εr,sz und die Besetzungszahlen der Teilchen in diesem Zustand (r, sz ) sei nsrz (also wie viele
Teilchen sich im selben Zustand befinden dürfen). Die Möglichkeiten für nsrz sind 0 oder 1 für
Fermionen und 0, 1, 2, . . . für Bosonen.
s
s
s
Der Mikrozustand des Gesamtsystems ist somit R = (n1z,1 , n2z,2 , n3z,3 , . . . ) = {nsrz }
s
n1z,1 = n1 Teilchen sind im Zustand r = 1, sz = sz,1
s
n2z,2 = n2 Teilchen sind im Zustand r = 2, sz = sz,2
und die Energie des Mikrozustandes R:
ER = ∑ nsrz ⋅ εr
(1.101)
sz ,r
Wir nehmen εsrz = εr an. Die Energie ist also nicht vom Spin abhängig.
(Gleichung (1.101) heißt: Gesamtenergie der Gase im Zustand R).
Die Gesamtteilchenanzahl des Mikrozustandes R ist
NR = ∑ nsrz
(1.102)
sz ,r
Die Gesamtteilchenanzahl des Systems N ist entweder vorgegeben (durch N , also mikrokanonisch oder kanonisch - durch µ bei großkanonisch), dann handelt es sich um ein gewöhnliches
normales“ Gas, oder es gibt keine feste Teilchenanzahl wie z.B. bei einem Photonengas“ im
”
”
Hohlraum.
Zur Illustration betrachten wir z.B. 2 Teilchen mit den Einteilchenzuständen ε0 = 0 und ε1 = ε.
Bei Fermi sei der Spin +1/2. Die Zustandssummen für die einzelnen Statistiken sind einfach
(siehe Abbildung 17):
• Fermi-Dirac: Z = e−β(1⋅0+1⋅ε) = e−βε
• Bose-Einstein: Z = e−β(2⋅0) + e−β(1⋅0+1⋅ε) + e−β(0⋅0+2⋅ε) = 1 + e−βε + e−2βε
• Maxwell-Boltzmann: Z = ⋅ ⋅ ⋅ = 1 + 2e−βε + e−2βε
Diese Statistik ist für identische Teilchen offensichtlich falsch, deshalb soll die Gibb’sche
”
Korrektur“ ( N1 ! ) zu einer für identische Teilchen richtigen Statistik führen:
Z 1 + 2 exp(−βε) + exp(−2βε)
Z
= =
N! 2
2
1.4
Quantenstatistik idealer Gase
46
Diese Korrektur bringt aber nichts, da sie wieder nicht verträglich mit der Quantenmechanik ist.
Abbildung 17: Zur Illustration der Quantenstatistik werden zwei Teilchen in zwei Energieniveaus betrachtet. Im Fall der Fermistatistik sollen die Spins der beiden Teilchen parallel stehen, in den anderen Fällen seien die Teilchen
Spinlos.
Bevor wir die einzelnen Statistiken im Detail studieren, seien noch einige Beispiele für ideale
Gase mit E = εr angegeben:
• Elektron im Metall
• Phononen im Kristall (dazu mehr in der Festkörperphysik)
• Photonen
• flüssiges Helium 4 He
• Magnonen im Festkörper (Das sind Spin-Wellen)
1.4.2
Die Maxwell-Boltzmann Statistik
Wir betrachten N Teilchen in Kontakt mit Wärmebad der Temperatur T .
Bemerkung: Bei der Maxwell-Boltzmann Statistik gibt es keinen Spin!
Die kanonische Zustandssumme ist ja (R = {nr })
Z = ∑ e−βER = ∑ e
R
R
−β ∑ nr ⋅εr
r
= ∑ e−β(n1 ε1 +n2 ε2 +⋯)
R
47
1
STATISTISCHE PHYSIK
mit
ER = ∑ nr ⋅ εr
r
Da die Teilchen unterscheidbar sind, müssen wir N Teilchen verteilen: R = {nr } = (n1 , n2 , . . . ),
!
also bei N Teilchen gibt es n1 !⋅nN2 !⋯n
Möglichkeiten die N Teilchen auf Einteilchenzustände
r!
so zu verteilen, dass n1 im Zustand 1, n2 im Zustand 2, . . . , sind.
Also bei unterscheidbaren Teilchen gibt jede dieser Anordnungen einen bestimmten Zustand R.
N!
e−β(n1 ε1 +n2 ε2 +⋯)
n
!
⋅
n
!⋯n
!
1
2
r
n1 ,n2 ,...
∑
Die Summe im Exponenten ist in ein Produkt verwandelbar, und mit der Polynomialentwicklung;
N!
(p + q + r + . . . )N = ∑
pn1 q n2 rn3 ⋯
n1 ,n2 ,... n1 ! ⋅ n2 !⋯nr !
kann man dann obiges Z schreiben als:
Z = (e
−βε1
−βε2
+e
N
+ . . . ) = (∑ e
−βεr
N
) = Z1N
(1.103)
r
Wir greifen bestimmten Zustand s heraus und fragen:
Frage: Wie groß ist die mittlere Teilchenzahl ns im Zustand s (= Besetzungszahl)?
Rechnung ergibt:
ns = N
e−βεs
N −βεs
=
⋅e
−βεr
Z
e
∑
1
r
Dies ist die klassische Maxwell-Boltzmann’sche“ Statistik.
”
Je kleiner die Energie der Teilchen, umso größer ist ihre mittlere Anzahl.
1.4.3
Die Fermi-Dirac-Statistik (1926)
Für diese Statistik betrachten wir die große Zustandssumme:
Y (T, V, µ) = ∑ e−β(Er −µNr )
r
Hier ist ER = ∑ nsrz ⋅ εr und NR = ∑ nsrz .
sz ,r
sz ,r
Im Speziellen betrachten wir hier ein System von Fermionen mit Spin = 1/2 (Elektronen, Positronen, Neutronen, Protonen, . . . ). Der Mikrozustand des Gesamtsystems ist daher:
R = {nsrz } = (n↑1 , n↓1 , n↑2 , n↓2 , . . . )
1.4
Quantenstatistik idealer Gase
48
Unsere große Zustandssumme wird so zu
↑
↑
↓
Y = ∑ e−β[(n1 ε1 −µn1 )+(n1 (ε1 −µ)+... ]
nsrz
1
1
1
↑
↓
↑
= ∑ ∑ ∑ . . . e−β[n1 (ε1 −µ)] e−β[n1 (ε1 −µ)] e−β[n2 (ε2 −µ)] . . .
n↑1 =0 n↓1 =0 n↑2 =0
2
2
erste Summe = (e0 + e−β(ε1 −µ) ) (e0 + e−β(ε1 −µ) ) ⋅ ⋅ ⋅ = (1 + e−β(ε1 −µ) ) (1 + e−β(ε2 −µ) ) . . .
´¹¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¸ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹¶ ´¹¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¸ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹¶
´¹¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¸¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¶ ´¹¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¸¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¶
ε↑1
ε↓1
⇒
ε↑1 ,ε↓1
2
Y = ∏ (1 + e−β(εr −µ) )
ε↑2 ,ε↓2
(1.104)
r
Wie bei Maxwell-Boltzmann fragen wir uns auch hier nach der mittleren Teilchenanzahl nssz in
einem speziellen Zustand. Und wieder greifen wir einen bestimmten Zustand r = s heraus mit
sz = ↑
49
1
STATISTISCHE PHYSIK
Frage: Wie groß ist die mittlere Teilchenzahl n↑s ?
∑ nr εr
r
n↑s = ∑ PR ⋅ n↑s =
R
=
1
1
1 1 −βn↑1 (ε1 −µ) 1 −βn↓1 (ε1 −µ) 1
−βn↑ (ε −µ)
−βn↓ (ε −µ)
∑ e
∑ e
∑ ⋯ ∑ e s s
∑ e s s
Y n↑ =0
n↓ =0
n↑ =0 n↑ =0
n↓ =0
1
=
1
Y
∑ nr
r
¬
«
↑ −β( ER − µNr )
∑ ns e
R
1
s
2
s
2
1
(1 + e−β(ε1 −µ) ) ⋯ e−β(εs −µ) ⋅ (1 + e−β(ε2 −µ) )(. . . )2 . . .
Y
´¹¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¸ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹¶
´¹¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¸¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¶
#
n↓s
# n↑s = 0 → Summand = 0, n↑s = 1 bleibt, Alle anderen Summanden ändern sich nicht
2
=
n↑s =
2
⋯ (1 + e−β(εs−1 −µ) ) e−β(εs −µ) (1 + e−β(εs −µ) ) (1 + e−β(εs+1 −µ) ) ⋯
2
2
2
⋯ (1 + e−β(εs−1 −µ) ) (1 + e−β(εs −µ) ) (1 + e−β(εs+1 −µ) ) ⋯
e−β(εs −µ)
eβ(εs −µ)
1
⋅
= β(ε −µ)
−β(ε
−µ)
β(ε
−µ)
s
s
s
1+e
e
e
+1
εs nicht von sz (↑, ↓) abhängig
⇒
ns = n(εs ) =
1
eβ(εs −µ) + 1
Fermi-Dirac Statistik
(1.105)
Fermion: Jeder Zustand nur einmal besetzbar!
⇒ n(ε) ≤ 1, gewichtet durch eβ(ε−µ) ≥ 0
Chemisches Potential: µ = µ(T ), schwach T -abhängig. Somit ist das chemische Potential µ
gleich dem Ferminiveau!
für εs = µ folgt:
1
1
=
∀T
1+1 2
Wenn feste Teilchenzahl in Volumen V ⇒ ∑ n = N , damit ist µ = µ(T ) festgelegt.
n(ε) =
(1.106)
s
n(ε) =
oder
1
eβ(ε−µ)
+1
⎧
⎪
⎪0 für ε > µ(T = 0) = εF
=⎨
⎪
⎪
⎩1 für ε < µ(T = 0) = εT
(1.107)
(1.108)
1.4
Quantenstatistik idealer Gase
⎧
⎪
1
β(ε−µ) ⎪∞ für (ε − µ(T = 0)) > 0
für T → 0 ⇒ β =
→∞⇒e
=⎨
⎪
kT
⎪
⎩0 für (ε − µ(T = 0)) < 0
50
(1.109)
Abbildung 18: Fermiverteilung für εF = µ(T = 0) = 7eV (entspricht der Fermienergie
für Cu); Die Temeperatur nähert sich für T → 0 immer weiter der Fermienergie an. Die Fermienergie ist nur definiert für T = 0. Die vertikale
Strichlierung gibt die Verschiebung des Ferminiveaus an, dass sich für
höhere Temperaturen in Richtung kleinerer Energien bewegt.
Wenn die Partikeldichte wächst, werden die zusätzlichen Fermionen gezwungen höhere Energieniveaus einzunehmen, da die kleineren Energieniveaus schon gefüllt sind. Dieser Prozess
des auffüllens erhöht den Druck des Fermigases und wird als Entartungsdruck bezeichnet. Bei
einem Fermigas wo alle Energiezustände unterhalb der Fermienergie εF geflüllt sind, nennt
man entartet.[3]
Ausgehend von T = 0 werden bei Erwärmung Zustände oberhalb der Fermi-Energie εF (T =
0K) mit Fermionen besetzt. Dafür bleiben gleich viele Zustände unterhalb der Fermi-Energie
leer und werden als Löcher bezeichnet. Die Fermi-Verteilung gibt die Besetzungswahrscheinlichkeit im Gleichgewichtszustand zur Temperatur T > 0K an.[4]
Wenn T ≪ TF (TF = Fermitemperatur): εF = kTF Fermigas ist entartet“!
”
Bei T = 0 sind alle Zustände besetzt, es kann also keine Energie mehr zugeführt werden. Ausserdem ist jedes Fermigas bei T = 0 entartet.
(m)
⇒ Wärmekapazität für T → 0, CV → 0
Gas der Leitungselektronen im Metall ist hochentartet: TF ∼ 50.000K ≙ εF ≅ 4,3eV
51
1.4.4
1
STATISTISCHE PHYSIK
Die Bose-Einstein-Statistik
Wir nehmen jetzt, Bosonen mit ganzzahligem Spin (0, 1, 2,. . . ), hier speziell s = 0.
Der Mikrozustand des Gesamtsystems ist R = nr = (n1 , n2 , . . . ). Jetzt schauen wir uns die
große Zustandssumme an:
∑ nr εr
r
Y = ∑e
∑ nr
r
«
«
−β( ER −µ NR )
∞
∞
n1 =0
n2 =0
= ∑ e−βn1 (ε1 −µ) ⋅ ∑ e−βn2 (ε2 −µ) ⋯
R
Jede einzelne der Summen stellt eine unendliche geometrische Reihe dar, also:
∞
1
n1 =0
1 − e−β(ε1 −µ)
−βn (ε −µ)
= 1 + e−β(ε1 −µ) + e−2β(ε1 −µ) + ⋅ ⋅ ⋅ =
∑ e 1 1
⇒Y =
1
1
⋅
...
1 − e−β(ε1 −µ) 1 − e−β(ε2 −µ)
und somit:
Y =∏
r
1
(1.110)
1 − e−β(εr −µ)
Wie gewohnt, greifen wir uns einen Zustand s heraus und suchen ns :
ns = ∑ PR ns =
R
∞
1
1 ∞
−βn (ε −µ)
−β(ER −µNR )
⋅ ... ⋅ ∑ ns e−βns (εs −µ) ⋅ ...
=
∑ n1 e 1 1
∑ ns e
Y R
Y n1 =0
ns =0
Mit dem Trick
∞
∂ ∞ −βns (εs −µ) ∞ −βns εs ∂ ∞ βns µ ∞ −βns εs ∞
β ∑ ns eβns µ = β ∑ ns e−βns (εs −µ)
= ∑e
= ∑e
∑e
∑e
∂µ ns
∂µ ns
ns
ns
ns
ns
kann man ns auch schreiben als
ns =
1 ∞ −βn1 (ε1 −µ)
1 ∂ ∞ −βns (εs −µ)
⋅ ... ⋅
=
∑ e
∑ e
Y n1 =0
β ∂µ ns =0
´¹¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¸¹¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¶
1
1−e−β(εs −µ)
Mit Ableitung nach µ
=
1
1
1 ∂
1
⋯
⋯=
Y 1 − e−β(ε1 −µ) β ∂µ 1 − e−β(εs −µ)
=
1
1
⋯1 ∂
⋯
1−e−β(ε1 −µ) β ∂µ 1−e−β(εs −µ)
1
1
⋯
⋯
1−e−β(ε1 −µ) 1−e−β(εs −µ)
1.4
Quantenstatistik idealer Gase
52
∂
(1 − e−β(εs −µ) )−1 = −(1 − e−β(εs −µ) )−2 ⋅ (−β)e−β(εs −µ)
∂µ
folgt daraus die Bose-Einstein-Verteilung“:
”
ns =
e−β(εs −µ)
1
e−β(εs −µ)
⋅
= β(ε −µ)
−β(ε
−µ)
−β(ε
−µ)
s
s
s
1−e
e
e
−1
(1.111)
Es gilt dabei:
ns
(εs −µ)→0
Ð→
∞
Also wenn µ > 0 dann wird ns (→ ∞) singulär, wenn εs = µ. Aber mit fester Teilchenzahl
N R = N ist µ ≤ 0 und damit εs − µ > 0 (Die Energie kann ja nicht negativ werden).
Wir fordern daher µ ≤ 0 ⇔ εs − µ ≥ 0 für alle Energieniveaus εs ≥ ε0 = 0
Andererseits strebt der Exponentialfaktor eβ(εs −µ) → ∞ für T → 0 und (εs − µ) > 0
So folgt, dass die Besetzungszahl gegen Null strebt.
Wir fordern somit insgesamt:
Chemisches Potential µ des Bosegases strebt für T → 0 gegen den Grundzustand ε0 , sodass die
Zahl N0 der Teilchen im Grundzustand gegen Gesamtzahl N strebt (siehe Abbildung 20(b)).
Sobald µ = 0 (Maximalwert von µ erreicht ist (bei T = TC . . . kritische Temperatur“).
”
→ Phasenübergang“:
”
für T → +TC ⇒ µ → −0
Das heißt, dass für T → 0 N0 = ns → N Gesamtzahl der Teilchen.
T < TC :
Großer, makroskopischer Teil des Teilchens im Zustand niedrigster Energie ε0 . Besetzung
höherer Zustände vernachlässigbar klein.
Bose-Einstein-Kondensat:
E.A. Cornwell, W. Ketterle & C.A. Wieman:
2001: Nobelpreis
1995: Bose-Einstein-Kondensat an 87 Rb in magnetoptische Falle bei T = 1,7 × 10−7 K
87
Rb hat 1 ungepaartes Elektron.
Photonen-Statistik:
Photonenzahl nicht fest → µ = 0
Daraus folgt die mittlere Besetzungszahl:
ns =
1
eβεs
−1
. . . Planck’sche Verteilung
53
1
1
ε = hνn = hν ehν/kT
−1
STATISTISCHE PHYSIK
statt ε = kT = 2 ⋅ 12 kT
• spektrale Modendichte: nν =
8πν 2
c3
• spektrale Energiedichte: wν,ρ (ν, T ) =
• spektrale Strahldichte: Lν,S (ν, T ) =
8hπν 3
c3
c
4π wν,S
⋅
1
ehν/kT −1
=
2hν 3
c2
⋅
1
ehν/kT −1
Abbildung 19: Chemisches Potential µ als Funktion der Temperatur (V/N = const.)
(a) Mittlere Besetzungszahlen ns der Energieniveaus
εs für 0 < T < Tc
(b) Zahl der kondensierten Boseteilchen gegen den Grundzustand N0 als Funktion von der
Temperatur
Abbildung 20
Unterhalb von Tc befindet sich ein wesentlicher Anteil der Teilchen im niedrigsten Energiezustand, sodass höhere Zustände vernachlässigbar sind. Diese Anmerkungen führen geradewegs
1.4
Quantenstatistik idealer Gase
54
zur Bose-Einstein-Kondensation“, auf welche hier nicht näher eingegangen werden kann.
”
In Zusammenhang mit der Bose-Einstein-Verteilung schauen wir uns noch kurz die Photonen”
Statistik“ an, denn wie wir wissen, sind Photonen eben Bosonen.
Die Teilchenanzahl ist nicht fixiert, woraus folgt, dass die Energiewerte nicht von der Teilchenanzahl abhängen.
Dadurch ist µ = 0 und somit gilt für die mittlere Besetzungszahl des Zustandes s:
ns =
1
eβεs
−1
=
1
eβhν
−1
(1.112)
Es handelt sich um die bekannte Planck-Verteilung“, die auch in seinem“ Strahlungsgesetz
”
”
auftritt.
55
1.4.5
1
STATISTISCHE PHYSIK
Quantenstatistik im klassischen Grenzfall
Wir sehen uns die Quantenstatistiken von Fermi-Dirac und Bose-Einstein an (Diese unterscheiden sich ja nur um ein Vorzeichen). Legen wir die vorgegebene Teilchenzahl (N ≅ N ) fest, so
ist auch das chemische Potential µ festgelegt durch
∑ nr = ∑
r
r
1
eβ(εr −µ)
(1.113)
±1
Wir betrachten den Fall e−βµ ≫ 1 wobei e+βµ ≪ 1
±
Fugazität
ns =
1
e
e−βµ ±1
±±
βεs
≥e0 =1 ≫1
⇒ ns ≅ e−β(εs −µ) ≪ 1
Bei sehr kleinen Besetzungszahlen geht die Bedingung, dass der Spin Einfluss auf die Statistik
hat (also das ±1 im Nenner), verloren - geht somit in die Maxwell-Boltzmann Verteilung über
und ist somit klassisch.
⇒ klassisch: ns = e−βεs eβµ
mit Randbedingung:
N = ∑ ns = ∑ e−β(εr −µ) = eβµ ∑ e−βεr =
r
⇒ ns = N
r
r
ns
−βε
∑e r
e−βεs r
−βεs
e
N −βεs
=
e
→ geht in MB über
−βε
r
Z1
∑e
r
Fugazität: Die Fugazität ist eine intensive thermodynamische Größe. Je nach Fachgebiet wird
diese unterschiedlich definiert. Die Fugazität stellt eine begriffliche Hilfe bei der Bestimmung
des chemischen Potentials realer Gase dar. Sie kann als effektiver (oder korrigierter) Druck des
realen Gases aufgefasst werden, welches im Zusammenhang einer Druckänderung betrachtet
wird. Speziell von Vorteil ist die Verwendung der Fugazität bei der Bestimmung der GibbsEnergie für den Zustand des realen Gases nach der Druckänderung.[5]
Frage: Wann wird e−βµ ≫ 1?
≙ Bedingung für klassischen Grenzfall ist erfüllt wenn ns ≪ 1, das heißt bei genügend verdünntem Quantengas.
1/3
V
) zwischen benachbarten Teilchen groß
Rechnung zeigt: e−βµ ≫ 1 ⇔ mittlerer Abstand ( N
gegen de Broglie Teilchenwellenlänge λT bei der Temperatur T : λT = thermische Teilchen”
wellenlänge“.
Teilchenwellenlänge (λT )3 = thermisches Teilchenvolumen“
”
1.4
⇒
Quantenstatistik idealer Gase
V
N
≫ (λT )3 ⇒
V
N (λT )3
≫1
56
1
λT
∝
√
T
ist vorgegeben. ⇒ Teilchenwellenlänge λT muss klein sein
⇒ 1. wenn Teilchenzahldichte
⇒ hohe Temperatur. 2. Wenn niedrige Temperatur vorgegeben → Teilchendichte N
V muss klein
sein.
N
V
insgesamt:
Im Fall e−βµ ≫ 1 ≙ klassischer Grenzfall reduzieren sich die quantenmechanischen Verteilungen FD und BE auf die klassische MB-Verteilungen.
Wir stellen die Bedingung für hinreichende Verdünnung
V
N (λT )3
≪ 1 und damit ns ≪ 1
Abbildung 21: Vergleich der Bose-Einstein und der Fermi-Dirac-Verteilungsfunktion.
Den klassischen Geltungsbereich erhält man für (ε − µ) ≫ τs , wo die
beiden Verteilungen fast identisch werden.
Abbildung 22: Vergleich der Energiezustandbesetzungen im klassischen und im Quantenbereich
57
2
2
FESTKÖRPERPHYSIK
Festkörperphysik
Festkörperphysik ist die Physik der Kristalle. In der Materialphysik betrachten wir Kristalle,
Gläser (= unterkühlte Flüssigkeiten), Quasikristalle (diese haben quasiperiodische Anordnung),
Polymere und Flüssigkristalle, Cluster und dünne Schichten (damit meint man einige Atomlagen dicke Schichten).
Frage: Was hält den Festkörper zusammen?
Die Wechselwirkung zwischen den Atomen.
Abbildung 23: Gleichphasige und gegenphasige Normalschwingung der gekoppelten
Pendel.
Abbildung 24
58
Aufspaltung der Energieniveaus entsprechend dem Überlapp der Wellenfunktionen. In der Festkörperphysik haben wir eine große Teilchenzahl und daher quasikontinuierliche Energieniveaus welche als Bänder“ bezeichnet werden.
”
Abbildung 25: Aufspaltung der Energieniveaus bei Annäherung einer großen Zahl gleicher Atome der ersten Reihe des Periodensystems aneinander (schematisch). Der Abstand r0 soll etwa den Gleichgewichtsabstand in einer chemischen Bindung charakterisiern. Durch die Überlappung der 2s und 2p
Bänder wird auch das Element Be (Beryllium) mit zwei s-Elektronen
zum Metall. Tiefliegende Atomniveaus spalten wenig auf und behalten
deshalb weitgehend ihren atomaren Charakter.
Aufspaltung der Energiebänder in einem Be-Kristall
1s, . . .
Rumpfelektron, kleine Aufspaltung
2s, 2p,. . . Valenzelektronen, große Aufspaltung → Energiebänder
59
2
2.1
FESTKÖRPERPHYSIK
Die chemische Bindung
Das Grundprinzip ist die Absenkung der Energie durch Umverteilung der Valenzelektronen“
”
entsprechend der Aufspaltung der Niveaus.
Abbildung 26: Schematic representation of the energy (a) and force (b) between two
atoms as function of their seperation r. The dashed curves are the sums
of the attractive and repulsive curves.
Eine Bindung kommt durch den Energiegewinn (Bindungsenergie) bei einer Umverteilung der
Valenzelektronen zustande. Wir können diese Energie einmal ganz zwanglos ansetzen durch
Epot (r) = −
α
β
+ m
n
r
r
(2.1)
Die Bindung wird wie erwartet stabil, wenn (2.1) minimal wird für r = r0 .
Das ist der Gleichgewichtsabstand mit der Bedingung m > n.
Definieren wir uns noch die Dissoziationsenergie D ∶= −E(r0 ).
Das ist die Energie, die nötig ist, um die Atome wieder auseinanderzubringen, also die Bindung
aufzubrechen.
Die verschiedenen Bindungstypen werden charakterisiert durch die Ausdehnung und Überlappung der besetzten Elektronenzustände. Wir unterscheiden:
1. Die Elektronen seien an den Ionen lokalisiert und es herrscht nur eine geringe Überlappung der Wellenfunktionen. Dann sprechen wir entweder von Ionenbindungen“ (Salze)
”
oder von einer Wasserstoffbrücken Bindung“.
”
2. Bei der Überlappung der Wellenfunktionen zwischen den Nachbarn besteht eine Winkelabhängigkeit. Das ist dann eine kovalente“ Bindung (halbleitende Elemente und de”
ren Verbindungen, Moleküle).
2.1
Die chemische Bindung
60
3. Bei der metallischen Bindung sind die Wellenfunktionen der Elektronen gegenüber dem
Nachbarabstand weit ausgedehnt. Die Elektronen sind dann gegenüber dem Atom nicht
mehr lokalisierbar.
2.1.1
Die Typen der chemischen Bindung
1. Die Ionenbindung (heteropolar):
(heteropolar deswegen, weil zur Ionenbindung verschiedene Atome benötigt werden.)
Am Beispiel von N aCl. Natrium hat eine geringe Ionisierungsenergie (5,14eV ,
Alkalimetalle“: kleine Ionisationsenergie (Li, N a, Ka, Rb, Cs) - N a: 1s2 2s2 2p6 3s3 leicht“
”
”
entfernbar), d.h. es ist elektropositiv, da es leicht Elektronen abgibt.
Chlor weist eine Elektronenaffinität“ von 3,61eV auf, d.h. es gewinnt bei der Ionisierung
”
durch zusätzliches Elektron diese Energie.
Für N a+ Cl− sind daher nur 1,53eV notwendig. Diese Energie gilt aber nur für unendlich
ferne Atome, im Nahbereich (≈ nm) kommt es zu einem Elektronentransfer, aber auch
zu einer Abstoßung durch das Pauli-Verbot.
2. Die kovalente Bindung (homöopolar):
Kovalente Bindungen beruhen normalerweise auf einem Elektronenpaar, das aus dem
Überlapp der Valenzelektronenwellenfunktionen von den beteiligten Atome gebildet wird.
Beispiel: Bei H2 sind 2 Teilchenwellenfunktionen beteiligt. Entscheidend sind die Symmetrieeigenschaften der Wellenfunktionen, denn die gesuchte Wellenfunktion muss wegen des Pauliverbotes antisymmetrisch bezüglich einer Vertauschung sein (siehe Seite
43).
Wir müssen die Gesamtwellenfunktionen in einen Spinanteil und einen räumlichen Anteil
zerlegen. Betrachten wir den Spinanteil der Elektronen:
(a) parallele Spins der zwei Elektronen:
Der Gesamtspin: S = 21 + 12 = 1; ms = −S, −S + 1, . . . , S − 1, S.
Hier sind alle Möglichkeiten symmetrisch bezüglich des Austausches von e−1 und
e−2 .
QM-Rechnung[6] für
S = 1, ms = 1
S = 1, ms = −1
S = 1, ms = 0
→
→
→
↑1 ↑2
↓1 ↓2
↑1 ↓2 + ↓1 ↑2
Diese sind alle symmetrische Wellenfunktionen, daher der Raumanteil antisymmetrisch.
61
2
FESTKÖRPERPHYSIK
(b) Antiparallel: S = 0; ms = 0 → ↑1 ↓2 − ↓1 ↑2 ist antisymmetrisch und somit der
Raumanteil symmetrisch.
Da die Gesamtwellenfunktion ja antisymmetrisch sein muss ist durch den Spin der räumliche Anteil festgelegt (Pauliverbot).
Für S = 1 (Spinparallel) ist der Raumanteil antisymmetrisch und damit nicht bindend.
Im Falle von S = 0 (antiparallel) ist der Raumanteil symmetrisch und damit ist hier die
Gesamtwellenfunktion antisymmetrisch, also bindend (und somit günstig).
Was wir hier noch zu bedenken haben ist folgendes: Unbewusst ist es uns gelungen, eine
Aufspaltung der Atomniveaus in bindende und antibindende Zustände zu erklären.
H2 , O2 , N2 sind zum Beispiel rein kovalente Bindungen, wohingegen bei unterschiedlichen Atomen die Bindung meist aus einem kovalenten und ionischen Anteil besteht
( fraktionierter“ Charakter der Bindung).
”
2 Elektronen Bindungsorbital ⇒ stark gerichtete Bindungsorbital
Abbildung 27: Für zwei Wasserstoffatome sind hier (eindimensional) die räumlichen
Anteile der Wellenfunktionen dargestellt. ψS ist die symmetrische und
ψA ist die antisymmetrische Wellenfunktion:
a) bei großem Abstand, b) bei geringem Abstand der Protonen.
c) Die Wahrscheinlichkeitsdichte ∣ψ∣2 der Elektronen bei geringem Abstand. Sie ist zwischen den Kernen groß bei der symmetrischen Wellenfunktion ψS . Dadurch kommt die Bindung der Wasserstoffatome im H2 Molekül zustande. Bei der antisymmetrischen Wellenfunktion ψA ist die
Ladungsdichte zwischen den Protonen gering, und die Atome bilden kein
Molekül.
2.1
Die chemische Bindung
62
Abbildung 28: Die potentielle Energie des Ionenpaares N a+ Cl− als Funktion des KernKern-Abstands r.
Sie hat ihre Minimum beim Gleichgewichtsabstand r0 = 0,236nm.
Die Energie der beiden getrennten Ionen beträgt bei unendlich großem
Kern-Kern-Abstand (r = ∞) 1,53eV . Diese Energie ist erforderlich, um
die beiden Ionen aus den neutralen Atomen zu erzeugen.
Abbildung 29: Bindungsenergien für eine einzelne kovalente Bindung zwischen gleichen Atomen. (Nach Pauli)
3. Van der Waals-Bindung:
Zwischen induzierten oder permanenten Dipolen → schwache elektrostatische Anziehung.
Wir betrachten ein Atom als fluktuierenden elektrischen Dipol, der in einem zweiten
Atom ein Dipolmoment induziert, was zu einer leicht attraktiven Wechselwirkung führt;
es wirken sogenannte Londonsche Dispersionskräfte“. Die Energie ist gegeben durch:
”
⃗D = { 2p cos θ , p sin θ , 0}
E
4πε0 R3 4πε0 R3
(2.2)
63
2
FESTKÖRPERPHYSIK
Bei uns sei θ = 0. Daraus folgt:
ED =
1 p
p
∝ 3
3
2πε0 R
R
(2.3)
p⃗1 erzeugt ein Feld am Ort vom Dipol p⃗2 . ED ∝ Rp3 woraus folgt, dass p⃗2 = αE ∝
wobei α die Polarisierbarkeit ist.
Somit ist
p⃗2
α⃗
p1
c
p⃗1
Epot (R) = −⃗
p2 E ∝ − 3
⋅ 3 ∝ − 16 = − 6
R
R
R
R
°
²
α⃗
p1
,
R3
Dipolmoment F eld
Durch einen Ansatz für die Pauli-Abstoßung
Potential:
B
R12
folgt das sogenannte Lennard-Jones“”
σ 12
σ 6
Epot (R) = 4ε [( ) − ( ) ]
R
R
(2.4)
c = 4εσ 6 , B = 4εσ 12
ε entspricht der Potentialtiefe und σ dem Kontaktabstand. Zu erwähnen ist hier noch
die harmonische Näherung des Atompotentials: Um die Gleichgewichtslage kann man
Gleichung (2.4) durch einen harmonischen Oszillator annähern.
Epot
R=σ
-ε
R = R0 = Gleichgewichts-Abstand
ε
Abbildung 30: Lennard-Jones Potential [MB]
R
2.1
Die chemische Bindung
64
4. Die Wasserstoffbrückenbindung:
Wenn wir uns ein Ion des Wasserstoffatoms ansehen, so wissen wir, dass es lediglich ein
nacktes“ Proton ist, d.h. es ist um ca. 5 Größenordnungen kleiner (r ≈ 10−15 ), also 105
”
kleiner als alle anderen Ionen.
Außerdem hat der Wasserstoff mit 13,6eV eine hohe Ionisierungsenergie.
Aus diesen Fakten, folgt ein besonderes Bindungsverhalten:
Es geht Bindungen mit stark elektronegativen Atomen ein, also solche, die viel Energie
gewinnen wenn sie ein Elektron aufnehmen (Das stärkste ist Fluor).
Beispiele für solche Bindungen sind:
HF Flusssäure; H2 O Eiskristalle und in der Molekulargenetik vorprogrammierte Bruch”
stellen“. In der DNA werden Bindungen zwischen Cytosin und Guanin durch WasserstoffBrücken hergestellt.
Abbildung 31: Das Wasserstoffdifluoridion HF2− wird durch eine Wasserstoffbrücke gebildet. Die Zeichnung gibt ein extremes Modell wieder, extrem deshalb,
weil das Proton ganz ohne Elektron dargestellt ist.
Abbildung 32: The crystal structure of one of the many phases of ice. The large circles
are oxygen ions; the small circles are protons. Ice is an example in which
hydrogen bonding plays a crucial role.
65
2
2.1.2
FESTKÖRPERPHYSIK
Kovalente Bindung mehratomiger Moleküle
H2 O mit 18g/mol oder Riesenmoleküle (z.B. Proteine mit 106 g/mol) gehen meistens kovalente Bindungen ein, eventuell versehen mit Wasserstoffbrückenbindung.
Bei kovalenten Bindungen gehören die bindenden Elektronen zu den beteiligten Atomen, woraus folgt, dass die Wellenfunktionen der Valenzelektronen, welche die Orbitale bilden, überlappen müssen.
1. Sehen wir uns erst die Bindung des H2 O-Moleküls an:
Für O gilt ja ein Grundzustand: 1s2 2s2 2p4 .
Beim isolierten O sind 6 Elektronen in 2p möglich, wegen m = −1, 0, 1.
4 Elektronen seien z.B. in pz (2⋅ ↑↓), d.h je eines aus px und py kann mit dem 1s Elektron
des H-Atoms eine Bindung eingehen. Der Winkel zwischen den Bindungen ist aufgrund
der Abstoßung größer als 90○ . Speziell beim H2 O sind es 104,5○
Abbildung 33: Schematische Darstellung der Elektronendichteverteilung im H2 OMolekül.
2. Die Bindungen des C-Atoms:
C ist im Grundzustand 1s2 2s2 2p2 . C geht fast ausschließlich 4 Bindungen ein. Um jedoch 4 Bindungen eingehen zu können passiert eine sogenannte Hybridisierung“ (=
”
Kreuzung). Dabei wird ein Elektron aus dem 2s-Orbital in das 2p-Orbital angehoben,
also in den ersten angeregten Zustand.
Diese Promotion“ macht etwa 4eV aus. Es gibt jetzt 4 ungepaarte Elektronen: 2s, 2px , 2py , 2pz .
”
Das ist die sogenannte sp3 -Hybridisierung welche aus 2s und 3 2p Zuständen besteht.
”
2.1
Die chemische Bindung
66
Hat also 4 gleichwertige Bindungsorbitale ( Hybridorbitale“). Hier ist die Elektronenab”
stoßung in einer Tetraeder-Ausrichtung. Als Beispiele dafür wären Methan (CH4 ) und
Ethan (C2 H6 ) zu nennen.
Es gibt aber auch sp2 -Hybridisierung, wo 3 Hybridorbitale in einer Ebene sind (∼ 120○ ),
was zu einer Doppelbindung wie beim Ethen (H2 C −CH2 ) führt; und es gibt auch noch
die sp-Hybridisierung, bei der es zu einer linearen Dreifachbindung wie beim Acethylen
(HC −
−CH) kommt.
Wie bei Atomen emittieren und absorbieren auch Moleküle elektromagnetische Strahlung, sodass es zu Spektren kommt. Diese zeigen die Energieniveaus der Moleküle. Bei
einem 2-atomigen Molekül liegt die Energie bei der Absorption durch elektromagnetische Strahlung bei etwa 1eV , bei Schwingungen um den gemeinsam Massenmittelpunkt
bei etwa 0,1eV und durch die Rotation um die Schwerpunktachse zwischen 10−2 eV und
10−6 eV .
2.1.3
Ionenkristalle
Ein Ion habe die Ladung ±q. Die Wechselwirkung mit anderen Ionen ist durch eine langreich2
weitige Coulombwechselwirkung ∝ ± qr gegeben. Die elektrostatische Bindungsenergie bezeichnen wir als Madelung-Energie“. Jetzt betrachten wir zwei Ionen i und j des Kristalls
”
und setzen für deren Wechselwirkungsenergie
ij
Epot
= ae−
rij
b
±
1 q2
4πε0 rij
(2.5)
an, wobei der erste Term das abstoßende, sogenannte Born-Mayer Potential“ beschreibt. Oh”
ne dieses Born-Mayer Potential, welches nur für die nächsten Nachbarn gilt und auf Pauli bzw.
die wechselseitige Abstoßung der Kerne zurückzuführen ist, würde der Kristall kollabieren.
Diese liefert nur einen Beitrag zwischen nächsten Nachbarn im Kristall. a ist die Stärke“, b die
”
Reichweite des Born-Mayer Potentials. Eine Abstossung soll nur zwischen nächsten Nachbarn
stattfinden können.
⎧
1 q2
−R
⎪
⎪ae b − 4πε0 R (nächsten Nachbarn)
ij
Epot = ⎨ 1 1 q2
(2.6)
⎪
(alle anderen)
⎪
⎩± 4πε0 pij R
Wenn R der Abstand zwischen nächsten Nachbarn ist und rij = pij R, dann ist die gesamte
Wechselwirkung des Ions i (gesamte Gitterenergie) mit allen anderen des Kristalls gegeben
durch:
R
1 αq 2
i
Epot
(R) = N ∑ E ij = N (Z ⋅ a ⋅ e− b −
)
(2.7)
4πε0 R
i≠j
N ist hier die Anzahl der Ionenpaare und Z die Koordinationszahl, d.h. die Anzahl der nächsten
Nachbarn. α ist Madelung-Konstante +“ für positive Ion, −“ für negative Ion, (Aufion ist ne”
”
gativ).
67
2
FESTKÖRPERPHYSIK
Bevor wir uns dem α zuwenden, schauen wir uns den Gleichgewichtsabstand an:
i
dEpot
dR
=0=
R0
1 αq 2
d
[N (Zae− b −
)] =
dR
4πε0 R
R0
N q2α
1
= − N Zae− b +
=0
b
4πε0 R02
⇒ R02 e−
R0
b
=
bαq 2
1 bαq 2 R0
⇒a=
e b
4πε0 Za
4πε0 ZR02
Eingesetzt in das Potential kürzen sich ein paar Dinge raus und übrig bleibt:
i
(R0 ) = −
Epot
1 N q2α
b
(1 −
)
4πε0 R0
R0
(2.8)
als Gitterenergie im Gleichgewichtsabstand.
1 N αq 2
Der Faktor − 4πε
wird als Madelungenergie“ bezeichnet. Da in der Realität der Para0 R0
”
R0
i
hauptsächlich bestimmt durch die Madelungenergie!
meter b ∝ 10 ist, wird Epot
Nun kommen wir zurück zu α. Wie oben schon angesprochen ist α die Madelung-Konstante“
”
und ist definiert durch:
1
α ∶= ∑ ±
(2.9)
p
ij
j
α ist stets > 0 und das Vorzeichen in der Summe ist abhängig vom Bezugsion (also, ob es positiv
oder negativ geladen ist).
Abbildung 34: Schematische Darstellung des linearen Gitters (Kette).
2.1
Die chemische Bindung
68
Wenn wir uns Abbildung 34 ansehen, können wir die Madelung-Konstante sofort berechnen.
Es ist rij = pij R und somit
1
1
1
1
α
=2⋅( −
= ∑(±)
+
± ⋯)
R
rij
R 2R 3R
j
(2.10)
(Der Faktor 2 in Gleichung 2.10 kommt von 2 Ionen im gleichen Abstand vom Bezugsion, siehe
Abbildung 34).
α = 2 [1 −
1
2
+
1
3
−
1
3
± . . . ] - Wenn wir uns die Reihe genau ansehen, erinnert sie uns an die
Reihe von ln(1 + x) = x −
x2
2
+
x3
3
± . . . , also folgt
⇒ α = 2 ⋅ ln 2
Das ist unser Wert für α, die im Allgemeinen strukturabhängig ist. Hier ein paar Werte für α:
Struktur
NaCl
CsCl
ZnS
α[RN N ]
1,7476
1,7627
1,6381
Tabelle 1: Verschiedene Werte für α
(a) Modell des Natriumchlorids. Die
Natriumionen sind kleiner als die Chlorionen. (aus A.N. Holden und P. Singer,
Crystals and crystal growing“)
”
(b) Die Kristallstruktur von Natriumchlorid. Das
Raumgitter ist kubischflächenzentriert. Die Basis
besteht aus einem N a+ -Ion bei [000] und einem
Cl− -Ion bei [ 21 21 12 ].
Abbildung 35: Modell und Kristallstruktur des Natriumchlorids.
69
2
FESTKÖRPERPHYSIK
Röntgenbeugung hat den Gleichgewichtsabstand: R0
Kompressionsmodul: Stärke a des Born-Mayer Potentials
Man bekommt 2 Gleichungen für a und b des Born-Meyer Potentials.
1. Gleichgewichtsabstand: a =
2. Kompressionsmodul: K =
αq 2 b
eR0 /b
4πε0 ZR02
1 αq 2
4πε0 18R04 (R0 b − 2)
Das ist der Kompressionsmodul eines Ionenkristalls.
Die Reichweite b ist berechenbar. R0 und K kann man messen (z.B. R mit Röntgenbeugung
und K mit etwaigen Kompressionsversuchen) und damit Utotal (R0 ) angeben.
1. Beispiel:
NaCl:
Aus der Berechnung: 0,8eV.
Hier führt die Bestimmung der Bindungsenergie pro Ionenpaar über die experimentell gemessene Energiebilanz bei der Bildung von NaCl aus einzelnen Na-Atomen und einzelnen Cl-Atomen
Die Messung ergibt 7,9eV
2.1
Die chemische Bindung
70
2. Beispiel:
KCl (Na-Cl-Struktur):
Aus dem Experiment ist gefunden worden:
K = 1,97 × 1010 N m−2 ; R0 = 3,147 × 10−10 m
Die Madelung-Konstante ist ungefähr 1,75. Somit ist die Reichweite b = 0,3 × 10−10 m
Die Gesamtenergie pro Ionenpaar ist ja
Epot
N
2
1 αq
= − 4πε
(1 −
0 R0
b
R0 )
= −7,25eV .
Das Experiment bringt einen Wert von −7,4eV .
Abbildung 36: Potential der Moleküle im KCl-Kristall. Die Beiträge des CoulombPotentials und des abstoßenden Potentials sind getrennt eingezeichnet.
Abbildung 37: Parameter des Born-Mayer-Potentials a und b berechnet aus R0 und K
sowie theoretische und experimentelle Bindungsenergien.
71
2
2.1.4
FESTKÖRPERPHYSIK
Kovalente und metallische Kristalle
1. Kovalente Bindung:
Kohlenstoff hat ein Diamantgitter, C ∶ 1s2 2s2 2p2 ; ist sp3 -Hybrid.
Die Promotion“ ergibt 4 equivalente Bindungen.
”
Analog ist es bei Silizium, Si ∶ 1s2 2s2 2p6 3s2 3p2
Germanium, Ge ∶ 1s2 2s2 2p6 3s2 3p6 4s2 4p2
Jedes Atom umgibt sich mit 4 Nachbarn (4 gleichwertige Hybridbindungen) woraus sich
die Diamantstruktur ergibt.
Kohlenstoff C: Graphit ist ein sp2 -Hybrid, hat also eine hexagonale Struktur (6-er Ringe
in Ebene) (siehe Abb. 48). Diese 6-er Ebenen werden durch die van der Waals-Bindung
zusammengehalten welche 0,07eV hat.
2. Metallische Bindung: Die typischen Metalle haben eine dichteste Packung.
Abbildung 38: Die Energieaufspaltung des 1s- und des 2s-Energieniveaus für sechs Atome, als Funktion des Abstands der Atome.
Als einen kurzen Einschub betrachten wir kurz das Sommerfeld’sche Modell der freien Elektronen:
Die Valenzelektronen von Metallionen sind von diesen völlig getrennt, d.h. sie gehören“ dem
”
ganzen Kristall, weshalb man vom freien Elektronengas“ spricht.
”
In einem anderen Bild schwimmen die positiven Metallionen in einem See von Leitungselektronen. Die metallische Bindung ist sozusagen superkovalent“. Ohne Überlappung der Wel”
lenfunktionen gäbe es keine Leitfähigkeit.
2.2
Kristallstrukturen, reziproker Raum und Kristallbeugung
72
Abbildung 39: Die Bandstruktur des Natriums.
Das leere 3p-Band überlappt mit dem halbvollen 3s-Band. Unmittelbar
oberhalb der gefüllten Zustände existieren viele leere Zustände, in die
Elektronen durch ein elektrisches Feld angeregt werden können; daher ist
Natrium ein Leiter.
2.2
2.2.1
Kristallstrukturen, reziproker Raum und Kristallbeugung
Kristallgitter
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts machten, unter anderem, Friedrich, Kripping und von Laue Experimente mit Interferenzerscheinungen von Röntgenstrahlen und fanden, dass Röntgenstrahlen
elektromagnetische Wellen sind sowie die periodische Anordnung von Atomen in Kristallen.
⃗, ⃗b, c⃗:
Wir definieren 3 fundamentale Translationsvektoren (= Basisvektoren) a
⃗ + n2⃗b + n3 c⃗
r⃗′ = r⃗ + n1 a
´¹¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¸ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¶
(2.11)
⃗
R
⃗ heißt Gittervektor und wird uns noch öfters begegnen. Die Kristallstruktur ergibt sich aus der
R
Basis und dem Translationsgitter.
73
2
FESTKÖRPERPHYSIK
Abbildung 40: Grafische Darstellung der des Gittervektors r⃗′ .
Die Anordnung der Atome in dem Kristall sieht für einen Beobachter in
⃗ der
r⃗ genauso aus, wie für einen in r⃗′ , vorausgesetzt, dass der Vektor R
⃗ und ⃗b ausgedrückt
r⃗ und r⃗′ verbindet, als ganzzahliges Vielfaches von a
⃗ = −⃗
⃗ und ⃗b
werden kann. In unserem Beispiel ist R
a + 3⃗b. Die Vektoren a
sind primitive Translationsvektoren des zweidimensionalen Gitters.
Abbildung 41: Die Kristallstruktur ensteht, indem zu jedem Gitterpunkt des Gitters (a)
eine Basis (b) hinzugefügt wird. Wenn man (c) betrachtet, kann man die
Basis erkennen und danach das Raumgitter finden. Ohne Bedeutung ist
die Lage der Basis in bezug auf ihren Gitterpunkt.
2.2
Kristallstrukturen, reziproker Raum und Kristallbeugung
74
⃗ ist ein definierters Translationsgitter, welche eine periodische Anordnung
Der Gittervektor R
von Punkten im Raum ist.
Vom Gitter ausgehend bekommen wir eine Kristallstruktur die entsteht indem wir zu jedem
Gitterpunkt des Gitters eine Basis hinzufügen (siehe Abbildung 41).
Kristallstruktur = Gitter + Basis
Der Begriff Einheitszelle“ ist in der Folge gleichzusetzen mit Strukturzelle“ und mit Ele”
”
”
mentarzelle“.
Die primitive Elementarzelle“ ist die mit dem kleinsten Volumen und der Dichte“ von 1 Git”
”
terpunkt pro Zelle. Die Anzahl der Atome in der primitiven Zelle ist gleich der Anzahl der
Atome in der Basis.
Das Volumen der primitiven Elementarzelle ist gegeben durch
V = ∣(⃗
a × ⃗b) ⋅ c⃗ ∣
(2.12)
wobei die Anordnung der Basisvektoren beliebig ist.
Eine andere Methode die primitive Elementarzelle zu konstruieren ist die sogenannte Wigner”
Seitz-Zelle“.
(a) The Wigner-Seitz cell for the bodycentered cubic Bravais lattice (a truncated
”
otahedron“). The surrounding cube is a conventional body-centered cubic cell with a lattice point at its center and on each vertex.
The hexagonal faces bisect the lines joining
the central point to the points on the vertices
(drawn as solid lines). The square faces bisect
the lines joining the central point to the central points in each of the six neighboring cubic
cells (not drawn). The hexagons are regular.
(b) Wigner-Seitz cell for the face-centered cubic Bravais lattice (a rhobic dodecahedron“).
”
The surrounding cube is not a conventional cubic cell, but one in which lattice points are at
the center of the cube and at the center of the
12 edges. Each of the 12 (congruent) faces is
perpendicular to a line joining the central point
to a point on the center of an edge.
Abbildung 42: Wigner-Seitz Zelle für (a) body-centred cubic Bravais Gitter, und (b)
face-centered cubic Bravais Gitter.
75
2
(a)
FESTKÖRPERPHYSIK
(b)
Abbildung 43: The true (fully drawn) and compound (dashed) unit cells of (a) facecentered cubic and (b) body-centered cubic lattices
Sie wird durch folgendes Verfahren gefunden (Abbildung 44):
Man zeichnet die Verbindungsstrecken von einem beliebigen Gitterpunkt zu all seinen Nachbarpunkten. Dann halbiert man diese Strecken und zeichnet dort die senkrechte Gerade (im
3-dimensionalen sind es dann Mittelflächen) ein.
Diese Geraden schneiden einander natürlich. Die kleinste, so gefundene Fläche (im 3D das
Volumen) bildet eine primitive Elementarzelle. Mit diesen Zellen kann der gesamte Raum ausgefüllt werden.
Abbildung 44: Konstruktion einer Wigner-Seitz Zelle[7]
Nun kommen wir noch zu den fundamentalen Gitterarten in 3 Dimensionen:
2.2
Kristallstrukturen, reziproker Raum und Kristallbeugung
76
In 3 Dimensionen ergeben sich aus den Symmetrien der Punktgruppen 14 verschiedene Gitter. Unter einer Gitterpunktgruppe versteht man die Gesamtheit der Symmetrieoperationen um
einen Gitterpunkt als Zentrum, die das Gitter invariant lassen, also z.B.:
Hier werden nur normale“ Kristalle betrachtet, keine Quasikristalle“
”
”
1. Drehung um Achse durch Gitterpunkte:
2π 2π 2π 2π
, , ,
+ ganzzahlige Vielfache
2 3 4 6
Zähligkeit“: 1, 2, 3, 4, 6
”
Drehwinkel: 2π,
2. Spiegelung an Ebene durch einen Gitterpunkt:
3. Inversion“: Drehung um π und anschließend eine Spiegelung an einer Ebene normal
”
⃗ → −R
⃗
zur Drehachse. Dadurch geht der Gittervektor R
Die Symmetrieoperationen in 3-Dimensionen ergeben die 14 verschiedenen Punktegitter oder
auch Bravaisgitter, welche in 7 Gittersystemen klassifiziert werden (siehe Abbildung 45 bis
51). Wenn wir uns die Symmetrien dieser Kristallsysteme anschauen, so sehen wir, dass das
kubische System die höchste Symmetrie hat, während6 das trikline Gitter die geringste Symmetrie hat.
(a) kubisch-primitiv (sc)
(b) kubisch-raumzent. (bcc)
(c) kubisch-flächenz. (fcc)
Abbildung 45: Kubisches Kristallsystem[8]
77
2
(a) tetragonal-primitiv
FESTKÖRPERPHYSIK
(b) tetragonal-raumz.
Abbildung 46: Tetragonales Kristallsystem[8]
(a) rhomb.-primitiv
(b) rhomb.-basiszent.
(c) rhomb.-raumzent.
Abbildung 47: Rhombisches Kristallsystem[8]
(a) hexagonal-primitiv
Abbildung 48: Hexagonales Kristallsystem[8]
(d) rhomb.-flächenz.
2.2
Kristallstrukturen, reziproker Raum und Kristallbeugung
(a) rhomboedrisch
Abbildung 49: Trigonales Kristallsystem[8]
(a) monoklin-primitiv
(b)
monoklinbasiszentriert
Abbildung 50: Monoklines Kristallsystem[8]
(a) triklin
Abbildung 51: Triklines Kristallsystem[8]
78
79
2
2.2.2
FESTKÖRPERPHYSIK
Die Struktur einfacher Kristalle
In der Physik ist es oft besser, für ein bestimmtes Gebiet Theorien zu verwenden, welche nicht
ein Großteil von der Physik beschreiben - sondern einfachere Modelle, die etwas bestimmtes
genauer beschreiben, welche im Falle der Festkörperphysik das Modell der harten Kugeln“ ist.
”
Viele Metalle + Legierungen: 3 Kristallsysteme
• Kubisch-Raumzentriert (krz-bcc) (bcc = base centred cubic)
• Kubisch-Flächenzentriert (kfz-fcc) (fcc = face centred cubic)
• hexagonal-dichtest-gepackt (hdp-hcp) (hcp = hexagonal close packed)
Als einfaches Modell nähern wir die Gitterpunkte (also die Basis) durch harte Kugeln an.
Zunächst brauchen wir zwei Begriffe:
• Packungsdichte:
Diese gibt den maximalen Anteil des zur Verfügung stehenden Volumens für jeden Gitterpunkt an, der von harten Kugeln ausgefüllt werden kann.
• Stapelfolge:
Wir haben drei verschiedene Atome a, b, c.
Die Grundfläche sei mit den Atomen a ausgelegt und dazwischen jeweils ein b und ein c.
Jetzt gehen wir einen Stock“ höher. Dann gibt es zwei Möglichkeiten:
”
Entweder b liegt auf einem darunterliegenden a und dann wieder ein a im 3.Stock“ dann
”
ist die Stapelfolge ababab . . . , oder auf dem b im 2.Stock“ liegt ein c, dann wieder ein
”
a, usw.,
Dann lautet die Stapelfolge abcabcabca . . .
Speziell betrachten wir 3 Systeme:
1. Die kubisch-raumzentrierte Struktur:
Es ist eine offene“ Struktur, α-Fe (Ferrit)
”
Es befinden sich genau 2 Atome in der Elementarzelle, nämlich eines im Zentrum
und acht Kugeloktanten, also 1 + 18 8 = 2, KZ1 = 8, KZ2 = 6
Die Dichte ist gegeben durch die Masse der Atome in der Elementarzelle dividiert
durch das Volumen in der Einheitszelle.
Am Beispiel von Ferrit ist die Dichte etwa 7,93g/cm3
2.2
Kristallstrukturen, reziproker Raum und Kristallbeugung
80
Abbildung 52: In der linken Zeichnung befindet sich das mittlere Atom im Zentrum des
Würfels.
Stapelt man mehrere Würfel deckungsgleich übereinander, folgt daraus
die rechte Zeichnung.
2. Die hexagonale Struktur (dichtest gepackt):
Sie ist in der 1. Ebene dicht gelegt; In der 3. Ebene gibt es 2 Möglichkeiten:
(a) über 1. Lage → hcp
(b) neue Lücken → fcc
Bei dieser Struktur lautet die Stapelfolge abababa . . . . Sie ist hexagonal dichtest
”
gepackt“. Vertreter davon sind u.a. Mg, Zn, Cd,. . .
Strukturzelle:
⎧
12 Eckatome für 6 Zellen
⎪
⎪
⎪
⎪
6 Atome/Elementarzelle ⇐ ⎨2 Flächenzentrierte für 2 Zellen
⎪
⎪
⎪
⎪
⎩3 innenzentrierte
Wir haben 2 Gitterkonstanten a für den Abstand in der Ebene (vgl. Abbildung 40)
und b für√die Zwischenebene. Die dichteste Packung gelingt bei einem Verhältnis
von
c
a
=
8
3
= 1,633
Die Zahlen in der Wurzel kommen von der Zahl der Eckatome und den innenzentrierten Atomen.
Abbildung 53: Die hexagonale Struktur
81
2
FESTKÖRPERPHYSIK
3. Die kubisch-flächenzentrierte Struktur:
Hier ist die Stapelfolge abcabc . . .
Acht Eckatome liefern je ein Achtel und sechs Flächenatome je eine Hälfte, sodass
insgesamt 4 Atome pro Einheitszelle vorhanden sind.
Vertreter dafür sind z.B.: Cu, Ag, Au, Ni, γ-Fe.
Abbildung 54: Die kubisch-flächenzentrierte Struktur
2.2.3
Kristallographische Ebenen und Richtungen
Eine nützliche Vorstellung davon ist ein Aufbau aus sogenannten Netzebenen“:
”
Abbildung 55: Sätze von Ebenen in einem kubisch-raumzentrieren Gitter.
Die schräg durchlaufenden sind jeweils verschiedene Ebenen, also (a) von
rechts oben nach links unten und (b) von links oben nach rechts unten.
2.2
Kristallstrukturen, reziproker Raum und Kristallbeugung
82
In der Abbildung 55 ist der Abstand der horizontalen Ebenen a2 . Diese bilden die (200)-Ebenen.
√
√
Die Linien mit dem Abstand a2 2 bilden die (110)-Ebenen und die mit dem Abstand a2 25 die
(130)-Ebenen.
Wir werden gleich sehen wieso die so heißen.
Miller-Indizes
Abbildung 56: Showing (a) a (321) set of planes; (b) that (111) direction lies in the (321)
planes
Die Lage einer Kristallebene ist durch 3 beliebige Punkte in der Ebene festgelegt.
Wenn die Punkte auf jeweils unterschiedlichen Kristallachsen liegen, könnte man die Ebene
durch die Achsenabschnitte in Einheiten der Gittervektoren (siehe Abbildung 55) charakterisieren. Es hat sich aber als nützlich erwiesen, die Lage der Ebene durch die Millerschen Indizes“
”
anzugeben.
Diese werden wie folgt bestimmt:
1. Man bestimme die Schnittpunkte der Ebene mit den Achsen a, b, c. Die Achsen können
primitiv sein oder auch nicht.
In Abbildung 56 ist es z.B.: a3 ,
b
2,
c
1
2. Man bildet nun die Kehrwerte der gefundenen Zahlen und bringt diese auf den gleichen
Nenner. Nun sucht man 3 ganze Zahlen die im selben Verhältnis wie die Kehrwerte stehen - normalerweise die kleinsten.
83
2
FESTKÖRPERPHYSIK
Die sich daraus ergebenden Zahlen werden in Runde-Klammern () gesetzt und nennt man
Millersche Indizes.
Somit ist Abbildung 56 eine (321)-Ebene.
Die Miller-Indizes werden mit (h k l) bezeichnet.
Viele Ebenen sind zueinander äquivalent (d.h. sie sind parallel und decken die selben Atome
ab). Wir können also die Anzahl s der Sätze äquivalenter Ebenen betrachten:
Miller-Indizes
h≠k≠l≠0
h=k≠l≠0
h = k; l = 0
h=k=l≠0
h=k=0
s
24
12
6
4
3
Beispiel
(321)
(112)
(110)
(111)
(001)
Tabelle 2: Beispiele für Miller-Indizes
Negative Indizes werden nicht wie z.B.: (−1 − 2 − 3) angegeben, sondern mit (1̄2̄3̄).
Bevor wir zum reziproken Gitter kommen, sehen wir uns noch kurz die Abstände einzelner
häufiger Ebenen an.
Beispiele für verschiedene Flächen: Würfelflächen: (100)-Ebenen
Hier haben wir den Abstand zwischen den (100)-Ebenen. Dieser ist gleich der Gitterkonstante
a. Bei den (110)-Ebenen haben wir √a als Abstand.
2
Beim Oktaeder haben die (111)-Ebenen den Abstand √a .
3
⎧
⎪
⎪0 heißt parallel zur angegebenen Achse
(100) = ⎨
⎪
⎪
⎩1 heißt orthogonal zur angegebenen Achse
Abbildung 57: Bei den Würfelflächen ist z.B.: die (100)-Fläche ⊥ zur a-Achse;
die (010)-Fläche ist ⊥ zur b-Achse, usw.
2.2
Kristallstrukturen, reziproker Raum und Kristallbeugung
84
Sind anstatt einer spezifischen Netzebene alle symmetrisch äquivalenten Ebenen gemeint, so
wird die Notation {hkl} verwendet. Beispielsweise bezeichnet man mit {100} alle Würfelflächen, da diese permutatorisch durchgewechselt werden können.
Die eckigen Klammern [] geben die Richtung der Flächen an. Diese Vektoren stehen ⊥ auf den
Flächen:
Abbildung 58: Showing (a) notations of various sets of planes; (b) Distance between sets
of planes.
Abbildung 59: Models illustrating face-centered cubic atomic arangement.
85
2
FESTKÖRPERPHYSIK
Ganz allgemein ist der Abstand der Ebenen (h k l) in einem kubischen Gitter gegeben durch:
d= √
a
h2
(2.13)
+ k 2 + l2
Dieser Abstand wird uns noch bei der Bragg-Gleichung nλ = 2d sin θ begegnen.
2.2.4
Das reziproke Gitter
Wir wissen dass Ebenen durch Normalvektoren charakterisiert werden können und aus der
Röntgenbeugung wissen wir dass eine gleiche Schar von parallelen Netzebenen zu einem Beugungspunkt führen.
Aus Bragg: nλ = 2d sin θ
für λ = const. ⇒ sin θ ∝
1
d
Konstruktion des reziproken Gitters:
Die Konstruktion beginnt bei einem beliebigen Nullpunkt.
d100
d100
d200
2π/d200
2π/d100
(000)
(100)
(200)
(100)
(200)
(100)
(200)
(100)
Abbildung 60: Hier legen wir eine Normale durch die Gitterebene und machen einen
Ursprung (000) [MB]
Von dort aus trägt man d2π
auf normaler Netzebene von (000) auf. So kommen wir über die
hkl
2π
Abbildung auf d100 . Den Faktor 2π verwenden Kristallographen nicht, aber für die Festkörperphysik ist er zweckmäßig.
2.2
Kristallstrukturen, reziproker Raum und Kristallbeugung
86
Abbildung 61: Die Konstruktion des reziproken Gitters eines primitiven monoklinen Gitters. ⃗b zeigt normal zur Ebene. Die verschiedenen Punkte im reziproken
Gitter erhält man durch das übertragen mehrer Netzebenen vom realen
ins reziproke Gitter. [MB]
Dem direkten Kristallgitter im realen Raum entspricht das reziproke Gitter (=Beugungsgitter)
im reziproken Raum (Fourier-Raum).
So müssen wir uns jetzt eine Primitive Zelle anschaun. Das Volumen ist uns schon bekannt
sowie a, b, c - Gittervektoren.
V = a ⋅ h ⋅ d001 = a ⋅ b sin γ ⋅ d001 = ∣⃗
a × ⃗b∣ ⋅ d001
Abbildung 62: Basisvektoren mit eingezeichnetem Abstand zu den Netzebenen und wie
daraus das Volumen resultiert.
(2.14)
87
2
FESTKÖRPERPHYSIK
Wir wissen, dass Ebenen durch Normalvektoren charakterisiert werden. In Abbildung 62 ist
⃗
c⃗∗ = n
⃗ × ⃗b
a
2π
= 2π
d001
V
Daher sind die fundamentalen Translationsvektoren des reziproken Gitters:
⃗∗ = 2π
a
⃗b × c⃗
;
V
⃗
⃗b∗ = 2π c⃗ × a
;
V
c⃗∗ = 2π
⃗ × ⃗b
a
V
(2.15)
mit
⃗[⃗b × c⃗] = ⃗b[⃗
⃗] = c⃗[⃗
V =a
c×a
a × ⃗b]
(2.16)
Das Theorem des reziproken Gitters:
Für alle Sorten von Netzebenen im Abstand d gibt es reziproke Gittervektoren mit der kürzesten
Länge 2π
d normal zur Ebene.
Daraus folgt die Definition des reziproken Gittervektors:
⃗ = h⃗
G
a∗ + k⃗b∗ + l⃗
c∗
(2.17)
⃗ im Realraum.
Dieser entspricht im reziproken Raum dem Vektor R
Definition: Die Miller-Indizes (hkl) einer Gitterebene sind Koordinaten des kürzesten reziproken Gittervektors, der auf dieser Ebene normal steht.
Beispiel:
⃗ 120 = 1⃗
(120) Ebene: G
a∗ + 2⃗b∗ + 0⃗
c∗
⃗
Anders Ausgedrückt (h k l) ⊥ G
Wir merken noch an (Gegenüberstellung):
Direktes Gitter (Realraum)
⃗, ⃗b, c⃗
a
⃗
⃗ + n2⃗b + n3 c⃗
R = n1 a
Reziprokes Gitter (Fourier-Raum)
⃗∗ , ⃗b∗ , c⃗∗
a
⃗ = h⃗
G
a∗ + k⃗b∗ + l⃗
c∗
Tabelle 3: Vergleich zwischen direktem Gitter und reziprokem Gitter.
⃗i ⋅ a
⃗∗j = 2πδij
a
(2.18)
2.2
Kristallstrukturen, reziproker Raum und Kristallbeugung
88
Abbildung 63: All shaded planes in the cubic lattice shown are planes of the zone [001].
Um später fortfahren zu können benötigen wir noch die Ebenen einer Zone“. Diese sind alle
”
parallel zu einer Geraden = Zonenachse [uvw] (also die Richtung der Geraden) dargestellt,
sodass für alle (hkl) (= Ebenen der Zone) gilt:
hu + kv + lw = 0
(2.19)
⃗
c und den reziproken Gittervektoren G:
Damit ergibt sich für die Achse A⃗ = u⃗
a + v⃗b + w⃗
⃗=0
A⃗ ⋅ G
2.2.5
(2.20)
Beugung am Kristall
1. Röntgenstrahlen:
Um Beugungserscheinungen zu untersuchen, muss die Wellenlänge der elektromagnetischen Strahlung größenordnungsmäßig im Bereich des Abstandes der zu untersuchenden
Objekte sein. Für ein Kristallgitter mit einem Atomabstand von etwa 10−10 m muss daher
die Energie der Welle E = hc
λ ≈ 12,3keV sein.
89
2
FESTKÖRPERPHYSIK
Abbildung 64: The electromagnetic spectrum. The boundaries between regions are arbitrary, since no sharp upper or lower limits can be assigned. (H.A. Enge, M.R. Wehr, J.A. Richards, Introduction to Atomic Physics, AddisonWesley Publishing Company, Inc. Reading, Mass., 1972)
Diese Energie entspricht der charakteristischen Röntgenstrahlung. Was diese charakteristische Röntgenstrahlung ist, soll die Abbildung 65 erklären.
2.2
Kristallstrukturen, reziproker Raum und Kristallbeugung
90
Abbildung 65: Die continous radiation“ ist die Strahlung die das Elektron bei den ge”
gebenen Beschleunigungsspannungen von sich gibt. Ab einer gewissen
Wellenlänge und daraus resultierenden Strahlung kommt noch die charakteristische Strahlung von dem Target Atom hinzu. SWL = shortest
wavelength.
Röntgenstrahlung kann man mit folgenden Mitteln erzeugen:
(a) Mit einer Röntgenröhre. Dabei sind Beschleunigungsspannungen zwischen 10kV
und 50kV notwendig. Nur weniger als 1% (99% der kinetischen Energie wird
in Wärme umgewandelt) der aufgewendeten Energie gehen in die Erzeugung von
Röntgenstrahlen (= Bremsstrahlung + charakteristische Strahlung).
(b) Mit einem Synchrotron. Hier ist zwar der Wirkungsgrad wesentlich höher, aber
auch die Kosten.
91
2
FESTKÖRPERPHYSIK
2. Röntgenbeugung/Bragg-Bedingung:
Abbildung 66: Elastische Streuung von Röntgenstrahlung an Gitterpunkten die auf den
Netzebenen liegen. Um konstruktive Interferenz zu erhalten, muss der
Gangunterschied ein vielfaches von λ sein.
Betrachten wir eine Schar paralleler Netzebenen, deren gegenseitiger Abstand gleich d
ist. Die Richtung der einfallenden Strahlen liegt in der Ebene. Der Wegunterschied zwischen Strahlen die von aufeinander folgenden Ebenen reflektiert werden, ist 2d ⋅ sin(θ)
mit θ als Winkel zwischen Einfallsrichtung und Netzebene.
Es kann nur konstruktive Interferenz der von benachbarten Netzebenen reflektierten Strahlen geben, wenn der Wegunterschied ein ganzzahliges Vielfaches der Wellenlänge ist.
2d ⋅ sin(θ) = nλ
. . . Bragg-Bedingung
(2.21)
Bragg-Reflexion kann nur auftreten bei λ ≤ 2d. Man merke sich, dass es sich bei θ um
den Glanzwinkel handelt.
2.2
Kristallstrukturen, reziproker Raum und Kristallbeugung
92
3. Die Laue-Gleichung:
Es ist keine spezielle Einteilung in den Netzebenen nötig!
Abbildung 67: Eine Konstruktion zur Herleitung der Laue-Gleichung. Die Punkte stellen
Atome dar.
In Abbildung 67 sieht man, dass cos(α) = ∣⃗xδ ∣ ist und somit
⃗ (Projektion von x
⃗ auf n
⃗ ).
δ = ∣⃗
x∣ ⋅ cos(α) = ∣⃗
x∣ ⋅ ∣⃗
n∣ ⋅ cos(α) = −⃗
xn
⃗′.
Dasselbe gilt für die gestrichenen Größen, also δ ′ = −⃗
xn
⃗(⃗
⃗ ) ein ganzzahliges
Für konstruktive Interferenz muss die Phasendifferenz δ − δ ′ = x
n′ − n
Vielfaches der Wellenlänge λ sein.
Die Beugungsbedingung für konstruktive Interferenz elastischer Streuung (λ′ = λ, k ′ = k)
⃗
⃗(⃗
⃗ ) = mλ. Es geht ja bei der Multiplikation von n
⃗ mit 2π
ist somit x
n′ − n
λ eben dieses n
′
⃗ sodass bei konstruktiver Interferenz x
⃗ = 2πm gelten
⃗(k⃗ − k)
über in den Wellenvektor k,
muss.
⃗ unse⃗ durch R
Dehnen wir unsere Überlegung auf das ganze Gitter aus, so müssen wir x
′ ⃗
⃗
⃗
rem Gittervektor ersetzen (also: R(k − k) = 2πm).
⃗ = n1 a
⃗ + n2⃗b + n3 c⃗ ist, folgen daraus unmittelbar die drei Laue-Gleichungen:
Da R
⃗ = 2πh
⃗(∆k)
a
⃗b(∆k)
⃗ = 2πk
⃗ = 2πl
c⃗(∆k)
(2.22)
93
2
FESTKÖRPERPHYSIK
Wobei wir k⃗′ − k⃗ = ∆k⃗ als Streuvektor bezeichnen. Die reziproken Gitterpunkte sind
identisch mit den Laue-Beugungspunkten. Für den Streuvektor ist es wichtig, sich vor
⃗ gilt, d.h. es handelt sich nur um
Augen zu halten, dass bei elastischer Streuung ∣k⃗′ ∣ = ∣k∣
eine Richtungsänderung.
4. Röntgenbeugung im reziproken Raum:
⃗∗ , ⃗b∗ , c⃗∗ und addieren diese
Zuerst multiplizieren wir die Lauegleichungen (2.22) mit a
anschließend, sodass
⃗ a∗ + (⃗b∆k)
⃗ ⃗b∗ + (⃗
⃗ c∗ = 2π(h⃗
(⃗
a∆k)⃗
c∆k)⃗
a∗ + k⃗b∗ + l⃗
c∗ )
(2.23)
herauskommt.
Allgemein (aus Vektoranalysis): Sei v⃗ ein beliebiger Vektor mit kovarianten Koordinaten
bezüglich des reziproken Gitters, dann gilt:
(⃗
av⃗)⃗
a∗ + (⃗b⃗
v )⃗b∗ + (⃗
cv⃗)⃗
c∗ = 2π⃗
v
(2.24)
in Klammern (): kovarianten Komponenten bezüglich der reziproken Vektoren.
⃗a∗ eine Projektion von ∆k⃗ auf a
⃗∆k⃗
⃗, also 2π mal die Komponenten des Vektors
Hier ist a
∆k⃗ auf das reziproke Gitter. Daraus folgt:
2π∆k⃗ = 2π(h⃗
a∗ + k⃗b∗ + l⃗
c∗ )
und damit
⃗
∆k⃗ = G
(2.25)
Dann und nur dann kommt es zu positiver Interferenz.
Diese Überlegung führt uns zu einer neuen Definition des reziproken Gitters:
⃗
⃗ k
⃗⃗
⃗ = 2πm ⇔ eiR∆
⃗ k⃗′ − k)
R(
= 1 = eiRG
(2.26)
⃗ die als Wellenvektoren ebene Wellen mit der
Es ist der Satz aller Vektoren ∆k⃗ = G,
⃗
Periodizität der Gittervektoren R das gegebene Gitter liefern, für die gilt
⃗
⃗ k
⃗⃗
⃗ = 2πm ⇔ eiR∆
⃗ k⃗′ − k)
R(
= 1 = eiRG
2.2
Kristallstrukturen, reziproker Raum und Kristallbeugung
94
5. Äquivalenz von Bragg und Laue - die Ewald-Konstruktion“:
”
⃗
⃗ = ∆k.
Es ist ja G
⃗ und G
⃗ ist ⊥ zu den Ebenen (hkl). ∣G∣
⃗ ist ja ein Vielfaches von 2π
damit ist ∆k⃗ ∥ G
d
also:
⃗ ⇒ n = d ∣G∣
⃗ = 2πn = ∣k⃗′ − k∣
⃗
∣G∣
(2.27)
d
2π
Da wir nur elastische Streuung betrachten, ist
⃗ = ∣k⃗′ ∣
∣k∣
sin(θ) =
⃗
∣k⃗′ − k∣
2πn
⇒ 2k sin(θ) =
2k
d
Bringen wir die Wellenlänge statt dem Wellenvektor ins Spiel, so ist
damit
nλ = 2d sin(θ)
(2.28)
2
λ
sin(θ) =
n
d
und
(2.29)
Abbildung 68: Die Skizze soll die hier verwendeten Größen illustrieren.
Wichtig:
⃗ ∶ eiR⃗ G⃗ = 1
Definition reziprokes Gitter: G
⃗
⃗ k
⃗ k⃗ = 2πm ⇔ eiR∆
⃗ (Laue-condition)
Laue: R∆
⇒ ∆k⃗ = G
⃗ entspricht der Bragg-Reflexion an den direkDas bedeutet, ein Laue-Beugungspunkt (G)
d ⃗
⃗
⃗
ten Ebenen die normal zu G stehen. Er ist von der Ordnung n = 2π
∣G∣ ( 2π
d = ∣G0 ∣).
⃗ die Bedingung:
Kommen wir zur Beugungsbedingung so folgt ∣k⃗′ ∣ = ∣k∣
⃗ ⇒ k⃗′2 = k⃗2 + 2k⃗G
⃗ +G
⃗ 2 ⇒ 2k⃗G
⃗ +G
⃗2 = 0
k⃗′ = k⃗ + G
(2.30)
⃗ genau ein −G,
⃗ sodass γ: G
⃗ → −G
⃗ keine Änderung der Aussage
Jetzt existiert für alle G
2
⃗
⃗
⃗
bewirkt. Daraus folgt 2k G = G .
95
2
FESTKÖRPERPHYSIK
Nach einer Division durch 4 erhalten wir
⃗ 2
⃗
⃗
G
G
G
⃗n0 = 1 ∣G∣
⃗
= k⃗
k⃗ ⋅ = ( ) ⇒ k⃗
⃗
2
2
2
∣G∣
(2.31)
Alle Ebenen die nun normal auf den reziproken Gittervektor stehen und die durch 12 G gehen bilden Zonengrenzen der sog. Brillouin-Zonen“. Wichtig ist sich zu verdeutlichen,
”
dass die 1. Brillouin-Zone die Wigner-Seitz-Zelle des reziproken Gitters ist!
Wenn wir die Beugungsbedingung betrachten, sehen wir, dass die Brillouin-Zonengrenzen
alle Wellenvektoren vorgeben, für die konstruktive Interferenz möglich ist.
Eine Konstruktion von großer Einfachheit ist die Ewald-Konstruktion“.
”
6. Ewald-Konstruktion:
Gegeben ist k⃗ der einfallenden Strahlung.
Abbildung 69: Ewald-Konstruktion.[9] Hier ist der einfallende Strahl als k⃗ gekennzeichnet und die Spitze des Vektors an einem Gitterpunkt (hier (00)) vom Ur⃗ eine Kugel (hier
sprung parallel verschoben. Nun wird mit Radius ∣k∣
im 2-dimensionalen als Kreis) gezeichnet. Alle Gitterpunkte die auf der
Oberfläche der Kugel liegen, können als Richtung für die Streuung (hier
z.B. als k⃗1′ oder k⃗2′ ) vom Kugelursprung gezeichnet werden. Zu beachten
ist, dass von dem anfänglichen Gitterpunkt (hier (00)) weggestreut wird.
⃗ folgt. Auf der Kugel müssen alWir wissen das aus der elastischen Streuung ∣k⃗′ ∣ = ∣k∣
⃗
le ausfallenden Wellenvektoren liegen. Der Vektor k weist in Richtung der einfallenden
Röntgenstrahlen und endet an einem beliebigen Punkt des reziproken Gitters.
⃗
Nun zeichnet man eine Kugel mit Radius k = 2π
λ um den Ursprung von k. Schneidet die
Kugel einen beliebigen Punkt des reziproken Gitters, so entsteht ein gebeugter Strahl.
2.2
Kristallstrukturen, reziproker Raum und Kristallbeugung
96
Wie die Kugel hier gezeichnet ist, schneidet sie einen Punkt, der mit dem Ende von k⃗
⃗ verbunden ist. Der gebeugte Röntgenstrahl weist in
durch den reziproken Gittervektor G
′
⃗
die Richtung k⃗ = k⃗ + G.
Der Winkel ist der Bragg-Winkel.
Hier noch ein paar experimentelle Verfahren für die Röntgenbeugung:[10]
(a) Laue-Verfahren
Im Laue-Verfahren wird ein Einkristall polychromatischer Röntgenstrahlung ausgesetzt. Die Idee war, die Bragg-Gleichung durch Variation der Wellenlängen zu
erfüllen.
Die im Beugungsbild erhaltenen Reflexe sind jedoch nicht eindeutig einzelnen Netzebenenabständen zuzuordnen. Es wird heute noch zur Untersuchung dynamischer
Prozesse, beispielsweise in Proteinkristallen verwendet.
(b) Drehkristall-Verfahren
Eine Auswertung des Laue-Verfahrens zur Bestimmung von d nach der BraggGleichung ist kaum möglich. Ebenso können die Gitterkonstanten nicht bestimmt
werden. Beim Drehkristallverfahren wird der zu untersuchende Einkristall um eine
Zonenachse senkrecht zum Primärstrahl gedreht. Die Auswertung der Drehkristallaufnahme ermöglicht es, d und die Gitterkonstanten zu ermitteln.
(c) Debye-Scherrer-Verfahren
Das Verfahren arbeitet nicht mit Einkristallen, sondern mit pulverförmigen Proben.
Das Pulver besteht aus einer Reihe zufällig angeordneter Kristallite, so dass auch die
Netzebenen zufällig im Raum angeordnet sind und so einige immer die Bragg’sche
Reflexionsbedingung erfüllen.
Zusätzlich rotiert die Probe um eine Achse senkrecht zum einfallenden Strahl. Um
die Probe bilden sich Kegelmäntel aus Röntgenstrahlen, welche aus der konstruktiven Interferenz stammen. Um die Probe liegt ein fotografischer Film, auf dem sich
die Kegelmäntel als Reflexe abzeichnen aus denen sich dann das Diffraktogramm
generieren lässt.
Abbildung 70: Debye-Scherrer-Verfahren[10]
97
2
FESTKÖRPERPHYSIK
(d) Zählrohrverfahren:
Anders als bei den vorigen Verfahren wird zur Registrierung der gebeugten Röntgenstrahlen statt eines Films ein Szintillationszähler benutzt, der die Funktion eines
Zählrohrs besitzt. Mit diesem Verfahren kann die Interferenzintensität mit hoher Genauigkeit direkt bestimmt werden. Ein weiterer Vorteil ist die digitale Auswertung,
sodass viele Arbeitsschritte automatisiert werden können.
2.2.6
Gitterfehler
Das Kapitel über Gitterfehler beschränkt sich auf eine Bemerkung:
Gitterfehler sind entweder Leerstellen, Fremdatome oder Abweichungen der Periodizität. Diese
wurden in der Vorlesung nicht behandelt.
2.3
Spezifische Wärme eines Festkörpers
Im folgenden Kapitel finden wir des öfteren skurrile Umformungen und listige Substitutionen.
Bei einem etwaigen Hänger“ sollte man auf unseren Abschnitt über Thermodynamik und die
”
damit verbundenen Prozesse zurückgreifen.
2.3.1
Molare Größen
Ein kurzes Unterkapitel für die verschiedenen Definitionen.
• Stoffmenge ν: (statt Masse) mit der Einheit [mol]
• molare Masse M : M =
m
ν
mit der Einheit [kg mol−1 ]
• molares Volumen Vm : Vm =
V
ν
mit der Einheit [m3 mol−1 ]
• molare Wärmekapazität = spezifische Molwärme C (m) : C (m) =
[J mol−1 K −1 ]. C ist die Wärmekapazität.
• spezifische Wärmekapazität = spezifische Wärme c: c =
1
mC
mit der Einheit
mit der Einheit [J kg −1 K −1 ].
Für die beiden letzten Punkte gilt der Zusammenhang: C (m) = M ⋅ c
• ideale Gasgleichung: für 1 mol gilt: pV = NA kT = RT .
Für ein allgemeines Volumen gilt: pV = νRT = νNA kt = N kT
• Q ist die Wärmemenge.
1
νC
2.3
Spezifische Wärme eines Festkörpers
2.3.2
98
Wärmekapazität und spezifische Wärme
Wir erinnern uns an den 1. Hauptsatz der Thermodynamik:
dQ = dU + p ⋅ dV
(2.32)
dQ = C ⋅ dT = cm ⋅ dT
(2.33)
Definition Wärmekapazität:
Da dQ kein exaktes Differential der Zustandsgleichungn ist, muss das Messverfahren angegeben werden, d.h. C bei konstanter Temperatur oder bei konstantem Volumen, etc.
• Spezifische Wärme cV bei konstantem Volumen (isochor):
cV =
1 ∂U
1 ∂Q
(
) = (
)
m ∂T V m ∂T V
Das führt auf die spezifische Molwärme:
(m)
CV
=
1 ∂U
(
) = M ⋅ cV
ν ∂T V
(2.34)
• Spezifische Wärme cp bei konstantem Druck (isobar):
Wir hatten im Kapitel Thermodynamik“ die Enthalpie H = U + P V eingeführt. Bilden
”
wir das totale Differential, so folgt (bei konstantem Druck) fast unmittelbar
dH =
∂H
∂H
∂H
dU +
dV +
dP = dU + P dV +V dP
°
∂U
∂V
∂P
´¹¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¸¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹¶
0
±
±
±
dQ
1
P
(2.35)
V
daraus folgt: dH = dQ; und damit für die spezifische Wärme:
cp =
1 ∂Q
1 ∂H
(
) = (
)
m ∂T p m ∂T p
Allgemein gilt: cp > cV . Bei (hier nicht so ©) genauerer Betrachtung stellt sich sogar
heraus:
N ⋅ k νR R
cp − cV =
=
=
(2.36)
m
m M
Also die ideale Gaskonstante/Molekulargewicht.
Zusammengefasst führt eine Wärmezufuhr bei konstantem Volumen nur zu einer Erhöhung
der inneren Energie, wohingegen es bei konstantem Druck sowohl zu einer Erhöhung der
inneren Energie, als auch zu einer zusätzlichen mechanischen Arbeit (man denke an einen
Kolben in einem Zylinder) kommt.
99
2
2.3.3
FESTKÖRPERPHYSIK
Die klassische Theorie für die spezifische Wärme der Festkörper
Wir gehen von der Annahme aus, dass die Atome um ihre Ruhelage schwingen (alle anderen
Beiträge seien vernachlässigbar, auch die der Leitungselektronen), also betrachten wir voneinander unabhängige klassische harmonische Oszillatoren mit der Energie:
E=
p2
1
1
+ f x2 = mω02 A2
2m 2
2
° ²
Ekin
(2.37)
Epot
In der klassischen Physik hat der Gleichverteilungssatz (wir haben ihn schon gesehen) seine
Gültigkeit, sodass
1
(2.38)
⟨Ekin ⟩ = ⟨Epot ⟩ = kT ⇒ ⟨E⟩ = kT
2
unabhängig von der Frequenz der Oszillatoren gilt.
N Atome schwingen in 3 Richtungen, daraus folgt U = 3N kT und somit für unsere spezifische
Wärmekapazität:
1 ∂U
(m)
) = 3NA k = 3R = 24,9JK −1
(2.39)
CV = (
ν ∂T V
Das ist das Gesetz von Dulong-Petit.
1. Experiment: cV für kleine T ist kleiner
2. 3. Hauptsatz:
lim S(T, V, N ) = S(T = 0) = S0 = k ln Ω0
T →0
Ω0 . . . Mikrozustände im Grundzustand
(m)
CV
=
!
1
∂S
1 ∂U
(
) ∣
= T(
) ∣
=0
ν ∂T V T =0 ν
∂T V T =0
cV (T = 0) = 0
auch klassisch klar → Modell falsch!
Es weißt ein gravierenden Fehler auf, nämlich keine quantisierte Energieaufnahme. Das führt
uns gleich zum nächsten (aber - wie sich zeigen wird - ebenso falschen) Modell.
2.3.4
Das Einstein-Modell (1906)
̵ 0 , n = 1, 2, 3 . . . ) (Planck nahm
Einstein nahm die Planck’sche Quantenhypothese (En = nhω
an, dass die Energie Null sein konnte) und bildete mit der kanonischen Verteilung den Mittelwert:
∞
̵ 0
hω
⟨E⟩ = ∑ Pn ⋅ En = hω
(2.40)
̵ 0 /kT
e
−1
n=0
Wir nehmen N Atome des Festkörpers und setzen diese als 3N quantenmechanische harmonische Oszillatoren mit der Näherung
2.3
Spezifische Wärme eines Festkörpers
100
1. alle haben die gleiche Frequenz
2. sie sind nicht gekoppelt.
an.
Die Energie eines Oszillators ist
̵ 0
En = nhω
1 ̵
En = (n + ) hω
0
2
später
n∈N
(2.41)
Das System der Oszillatoren sei in einem Wärmebad der Temperatur T . Jetzt fragen wir nach
der Wahrscheinlichkeit, dass En aufgenommen wird. Das führt uns auf die kanonische Verteilung:
̵
̵
nhω
hω
0
0
1 En
Pn = e− kT
⇒ Pn = e− kT (1 − e− kT )
(2.42)
Z
Der Mittelwert der Energie ist ja nach unserer Überlegung aus Kapitel 1.3 (Seite 36):
∞
∞
̵
hω
0
̵ 0 (1 − e− kT ) ∑ ne−
⟨E⟩ = ∑ En Pn = hω
n=0
̵
nhω
0
kT
(2.43)
n=0
Die Summe ausgerechnet ergibt
̵
hω
0
e− kT
̵
hω
̵ 0 (1 − e− kT0 )
⟨E⟩ = hω
(1 − e
−
̵
hω
0
kT
2
(2.44)
)
ist. Multipliziert man obige Gleichung aus, so kürzt sich einiges weg und es bleibt:
̵ 0
⟨E⟩ = hω
̵
hω
0
̵
hω
0
e− kT ⋅ e kT
̵
hω
0
̵
hω
0
(1 − e− kT ) ⋅ e kT
(2.45)
Somit ist der Mittelwert der Energie schlussendlich:
̵ 0
hω
⟨E⟩ =
e
̵
hω
0
kT
−1
Das ist die Planck-Verteilung“.
”
Die Gesamtenergie des Systems ist im Einsteinmodell gegeben durch:
U = 3N ⟨E⟩ =
̵ E
3N hω
für 1 Mol Substanz
̵
hω
E
e kT − 1
Wichtig ist, sich zu merken, dass dies nur für eine einzige Frequenz gültig ist!
Jetzt kommen wir zur Wärmekapazität bei konstantem Volumen im Einsteinmodell:
Zur Erinnerung:
β=
∂β
1
1
;
=− 2
kT ∂T
kT
(2.46)
101
2
FESTKÖRPERPHYSIK
Nun wird die spezifische Wärmekapazität berechnet wobei nun ω0 als Einsteinfrequenz ωE
bezeichnet wird:
(m)
CV
=
1 ∂U ∂β 1 ∂U ∂
1
1 1 ∂U
1 ∂U
(
) =
=
( )=−
ν ∂T V ν ∂β ∂T ν ∂β ∂T kT
ν kT 2 ∂β
̵ E
̵ E
∂U
∂
3N hω
3N hω
̵ E
̵ E eβ hω
(hω
)
=
[3N ⟨E⟩ = hω
]
=
−
̵
2
̵
E
β
hω
∂β ∂β
(e E − 1)
e kT − 1
(m)
CV
=
̵
̵ 2ω2
3NA h
ehωE /kT
E
̵ E /kT
kT 2
− 1)2
(ehω
̵
Wir definieren nun ΘE ∶= hωkE als charakteristische Einsteintemperatur“. Schlussendlich
”
folgt die spezifische Wärme im Einsteinmodell:
(m)
CV
= 3NA k (
ΘE 2
ΘE
eΘE /T
= 3NA k ⋅ f (
)
)
Θ
/T
2
T
T
(e E − 1)
Molwärme im Einstein-Modell
Die Einsteinfunktion f ( ΘTE ) beschreibt eine Abweichung von 3NA k = 3R.
Wir sehen, dass das klassische Ergebnis zum Vorschein kommt, allerdings mit einer Korrekturfunktion in Abhängigkeit der charakteristischen Einsteintemperatur dividiert durch die absolute
Temperatur. Diese Funktion beschreibt die Abweichung vom klassischen Ergebnis.
Zum Schluss sehen wir uns noch die Grenzfälle an:
• hohes T:
̵ E
kT ≫ hω
T≫
̵ E
hω
= ΘE
k
Damit können wir exp ( ΘTE ) schreiben als 1 +
(m)
Also folgt für T ≫ ΘE ⇒ CV
→
ΘE
≪ 1.
T
ΘE
T .
= 3NA k → Dulong-Petit
• tiefes T:
̵ E
kT ≪ hω
Damit ist
(m)
CV
=
T ≪ ΘE →
2
3NA k ( ΘTE )
⋅e
−
ΘE
T
ΘE
≫1
T
⇒ eΘE /T − 1 ≈ eΘE /T
T →0
«
Ð→ 0
aber exponentiell
2.3
Spezifische Wärme eines Festkörpers
(a) The temperature variation of Cp and
CV for copper.
102
(b) The average energy in units of kT of a harmonic oscillator of frequency ν as a function of hν/kT , according
to Planck.
Abbildung 71
(m)
Das Experiment zeigte aber, dass CV ∝ T 3 für T → 0.
Der Fehler liegt darin, dass das Einsteinmodell ungekoppelte Oszillatoren mit einer einzigen
Frequenz hernimmt.
zω(ω)
δ-Funktion
ωE
Abbildung 72: Zahl der Eigenfrequenzen [MB]
zω (ω)dω = Zahl der Eigenfrequenz in [ω, ω + dω]
ω
103
2
FESTKÖRPERPHYSIK
zω (ω)dω = 3N ⋅ δ(ω − ωE )dω
⎧
⎪
⎪
⎪0 für ω ≠ ωE
δ(ω − ωE ) = ⎨
⎪
⎪
⎪
⎩∞ für ω = ωE
∞
mit ∫ δ(ω − ωE )dω = 1
0
Beispiel zu ΘE :
̵ = kΘE
Energieänderung von Quantenmechanischen Oszillatoren in Einheiten von hω
harten“ Festkörper: Wir nehmen eine kleine Masse der Oszillatoren aber eine große Feder”
konstante f (die die Strenge der Feder beschreibt).
√
̵
f
, f groß → ωE groß ⇒ ΘE = hωkE groß
ω0 = ωE = m
⇒ klassisch erst bei hohen Temperaturen
(m)
C Diamant CV ≅ 6Jmol−1 K −1 ≪ 3NA k ≅ 25Jmol−1 K −1
Klassisch erst ab T = 1320K gut beschreibbar.
6
Bei vielen Festkörpern:
νE =
2.3.5
ωE kΘE
12 −1
=
̵ ≅ 6 × 10 s ⇒ infrarot
2π
2π h
Das Debye-Modell (1912)
Wir wissen, dass es eine Koppelschwingung (Abbildung 23) der Atome gibt, also gibt es auch
hierfür ein Frequenzspektrum.
Wir betrachten jetzt den Festkörper als kontinuierliches elastisches Medium (atomare kristalline Struktur wird vernachlässigt).
Beispiel: Kupfer Cu:
λlong(20kHz) = 23,3cm, λtrans(20kHz) = 11,3cm
λlong(10M Hz) = 4,7 × 10−2 cm, λtrans(10M Hz) = 2,3 × 10−2 cm
(long = longitudinal; trans = transversal)
Ist alles ≫ a = 0, 361nm (Gitterkonstante)
2.3
Spezifische Wärme eines Festkörpers
104
Daraus folgt das Frequenzspektrum aus Rayleigh-Jeans-Verfahren:
Abbildung 73: Harmonisches, elastisches Kontinuum. [MB]
Rayleigh-Jeans:
Modendichte:
n=
N 8πν 3
=
V
3c3
(2.47)
Im Debye-Modell sieht man den Kristall als ein Quasi-Kontinuum an und betrachtet darin
Schwingungen mit λ ≫ a. Mit dieser Voraussetzung sind Nachbaratome gleich weit ausgelenkt und der Atomabstand spielt keine Rolle.
Wir erinnern uns, was Rayleigh und Jeans bei ihrem Strahlungsgesetz gemacht haben. Sie haben die Modendichte im Hohlraum berechnet und dann nach dem Gleichverteilungssatz jeder
Mode (= Schwingungsform) fälschlicherweise kT zugeordnet.
Bis zum entscheidenden falschen Schritt von Rayleigh und Jeans machen wir jetzt dasselbe.
Wir rechnen uns die Modendichte in unserem Kristall aus und verwenden diese.
Bei Rayleigh-Jeans war die Modendichte:
N 8πν 3
=
V
3c3
(2.48)
Da es hier um elektromagnetische Wellen handelt und wir aber Kristallschwingungen behandeln, müssen wir die Licht- durch die Schallgeschwindigkeit vs ersetzen. Die Anzahl der Moden pro Volumen bis zu einer Grenzfrequenz ωD suchen wir:
z(ω) =
1 ω3
N 1 8πν 3
=
=
V
2 3vs3
2π 2 3vs3
(2.49)
105
2
FESTKÖRPERPHYSIK
Der Faktor 1/2 wird hinzumultipliziert, da es nicht wie bei elektromagnetischen Wellen nur
eine longitudinale Ausbreitung gibt, sondern eine longitudinale und transversale - also es wird
die Polarisation berücksichtigt.
Spektrale Modendichte:
zω (ω) =
d
1 ω3
ω2
d
z(ω) =
( 2 2) = 2 3
dω
dω 2π 3vs
2π vs
(2.50)
Das führt uns auf die Anzahl der Modendichte im Intervall dω = [ω, ω + dω]:
dz = zω (ω)dω =
1 ω2
dω
2π 2 vs3
(2.51)
Elastische mechanische Wellen sind longitudinal und transversal und daher in 2 Normalschwingungen zerlegbar. Also ist die Gesamtzahl der Schwingungen im Volumen und in dω ist dann
dZ = V dz = V ⋅ zω (ω)dω =
V
1
2
( 3 + 3 ) ω 2 dω
2
2π vl vt
(2.52)
Der Klammerausdruck kommt von der mittleren Schallgeschwindigkeit die durch
2 ⎞
1 1⎛ 1
+ 3
=
3
3
v̄s 3 ⎝ vlong vtrans ⎠
(2.53)
gegeben ist.
⇒ dZ = V ⋅ zω (ω)dω =
3V ω 2
dω
2π 2 v̄s3
Wir erkennen darin, dass die Anzahl der Schwingungen mit ω 2 steigt!
Im Debye-Modell kommen wir zur oberen Grenzfrequenz ωD , in dem wir das Spektrum ab”
schneiden“ wenn 3N Schwingungen erreicht sind.
ωD
∫
0
3
3V ω 2
3V 1 ωD
6π 2 v̄s3 N
!
3
dω
=
⋅
⋅
=
3N
⇒
ω
=
D
2π 2 v̄s3
2π 2 3 v̄s3
V
⇒ v̄s3 =
3
V ωD
6N π 2
(2.54)
(2.55)
2.3
Spezifische Wärme eines Festkörpers
zω (ω) =
106
Zω(ω)
V
∝ ω2
3N
ωD
ω
Abbildung 74: Debye-Modell mit der Grenzfrequenz ωD [MB]
Durch einsetzten von (2.55) gelangt man dann auf
Zω (ω)dω =
3V 6π 2 N 2
3ω 2
ω
dω
=
3N
dω
3
3
2π 2 V ωD
ωD
(2.56)
√
2
Eine Abschätzung für ωD = v̄s 3 6πV N ergibt für einen Atomabstand von etwa 10−10 einen Wert
von etwa 8 × 1013 s−1 → Infrarot.
Gehen wir nun daran, die innere Energie zu berechnen.
ωD
ωD
0
0
1
3ω 2
̵ (1 +
U = ∫ ⟨E⟩ Zω (ω)dω = 3N ∫ hω
dω
)
̵
3
2 ehω/kT − 1 ωD
(2.57)
Sehen wir uns die spezifische Molwärme an, so ist diese (N → NA ):
̵
(m)
CV
ωD
hω
̵ 2 3ω 2
∂U
e kT
(hω)
dω
=
∣ = 3NA ∫
̵
2 kT 2 ω 3
hω
∂T V
D
0 (e kT − 1)
̵
hω
ωD
= 3NA k ∫
0
Jetzt substituieren wir
(m)
CV
̵
hω
kT
e kT
(e
̵
hω
kT
2
− 1)
(
̵ 2 3ω 2
hω
) 3 dω
kT
ωD
dη
∶= η dω
ein:
= 9NA k (
3
ΘD
T
T
eη
ΘD
) ∫
η 4 dη = 3NA kfD (
)
η
2
ΘD
(e − 1)
T
0
(2.58)
107
2
FESTKÖRPERPHYSIK
Man sieht wie im Einsteinmodell das klassische Ergebnis versehen mit einer Korrekturfunktion
ist - Der Debye-Funktion“:
”
fD (
3
ΘD
T
eη
ΘD
T
) = 3(
) ∫
η 4 dη
T
ΘD
(eη − 1)2
(2.59)
0
Grenzfälle:
1. Hohe T:
T ≫ ΘD ⇒
ΘD
ΘD
≪ 1, setzen
≡y
T
T
ΘD
= lim y = 0
T →∞ T
T →∞
lim
y
3
eη
lim fD (y) = lim 3 ∫
η 4 dη
η
2
y→0
y→0 y
(e − 1)
0
y
y
3
1+η 4
3
3 y3
ex ≈ 1 + x
2
= 3∫
η
dη
=
η
dη
=
=1
∫
für∣∣x∣∣ ≪ 1
y
η2
y3
y3 3
(η ≪ 1)
0
0
(m)
also: für T ≫ ΘD → CV
= 3NA k = 3R
klassisches Resultat
2. Tiefe T:
T ≪ ΘD →
̵
hω
≫ 2 → ω ≪ ωD
kT
(m)
Nur Oszillatoren mit niederen Frequenzen sind angeregt und tragen zu CV
Temperaturen ist die Debye eine sehr gute Näherung.
∞
∞
eη
η4
4π 4
4
η
dη
=
4
dη
=
∫
∫
(eη − 1)2
eη
15
(η ≫ 1)
0
⇒ fD (
bei. Für tiefe
0
ΘD
4π 4 T 3
T 3
12π 4
(m)
)=
(
) ⇒ CV =
NA k (
) ∝ T3
T
5 ΘD
5
ΘD
Dadurch können wir die obere Grenze beim Integral gegen unendlich gehen lassen, woraus dann
4π 4 T 3
ΘD
)=
(
)
fD (
T
5 ΘT
folgt und damit
(m)
CV
(m)
=
12π 4
T 3
NA k (
)
5
ΘD
ist. CV ist also proportional zu T 3 für T → 0, wie es auch das Experiment zeigt.
⇒ Gitterschwingungen sind gequantelt!
2.3
Spezifische Wärme eines Festkörpers
(a) The Debye and Einstein functions as function of T /Θ.
108
(b) Darstellung der spezifischen Wärme cV
einiger fester Körper als Funktion des Parameters T /Θ nach Debye (ausgezogene Kurve);
im Vergleich dazu Funktion von Einstein (gestrichelte Kurve)
Abbildung 75: Abweichung bei T → 0 durch Kopplung der Schwingungen.
Abbildung 76: Zustandsdichte und Debyesche Grenzfrequenz im Debye-Modell für
NaCl, verglichen mit dem aus gemessenen Kraftkonstanten berechneten
Verlauf von Z(ω).
109
2.3.6
2
FESTKÖRPERPHYSIK
Die spezifische Wärme der Leitungselektronen
Klassisch gesehen, ist nach dem Gleichverteilungssatz die spezifische Wärme der Leitungselek(m)
tronen CV = 32 k pro Elektron. Für ein Elektron pro Atom ergibt sich daher CVel = 32 NA k.
Das Experiment zeigte aber, dass der Beitrag der Leitungselektronen lediglich 1% des vorhergesagten Wertes beträgt.
Schauen wir einmal nach, was eine nichtklassische Behandlung bringt:
Die besetzten Elektronenzustände sind gegeben durch
N (E) = Z(E) ⋅ F (E),
wobei Z(E) ∝
√
E
die Zustandsdichte ist. Die Abschätzung des Beitrages der Leitungselektronen führt uns auf folgende Überlegungen:
Insgesamt seien N Leitungselektronen vorhanden, von denen der Bruchteil
angeregt wird.
TF =
kT
EF
=
T
TF
thermisch
EF
k
(2.60)
ist die sogenannte Fermi-Temperatur“.
”
Beispielsweise für Cu ist TF = 8 × 104 K. Das ist bereits ein hoch entartetes Gas.
293K
3
) = 0,005R (statt 3R) = 0,045J/molK = 0,2%
CVel = NA (
2
81000K
Also NA TTF Elektronen sind angeregt mit der Energie kT . Damit ist die innere Energie
U ≈ NA
T
kT
TF
Wir wissen, dass
(m)
CV
=
∂U
∣
∂T V
ist und damit
CVel ≈ NA k
T
∝T
TF
(2.61)
Das ist der elektronische Anteil der spezifischen Wärme im Leiter.
Das Experiment zeigt uns folgenden Zusammenhang:
(m)
CV
= γT + AT
3
(m)
also
CV
T
= γ + AT 2
2.4
Phononen: quantisierte Gitterschwingungen
(m)
Wenn wir
CV
T
110
gegen T 2 auftragen, muss sich eine Gerade ergeben.
Abbildung 77: Experiment bestimmte Werte der Molwärme von Kalium, aufgetragen in
der Form: C/T in Abhängigkeit von T 2 . Die Punkte wurden mit einem
nach der adiabatischen Entmagnetisierung abgekühlten Kristall gemessen.
2.4
2.4.1
Phononen: quantisierte Gitterschwingungen
Photonen und Phononen - Erhaltungssätze
Nach Planck/Einstein ist das elektromagnetische Feld quantisiert, d.h. Die Energie kann nur
̵ = nε. n ist die Anzahl der Photonen“
ganzzahlige Vielfache von hν annehmen, also E = nhω
”
in den Eigenschwingungen des elektromagnetischen Feldes.
Die paar folgenden Zusammenhänge werden noch hilfreich werden und weiter unten besser
verständlich:
Photon
elektronmagnetische Welle
̵ k)
⃗
Eγ = hω(
̵
⃗
p⃗γ = hk
ω = ck
ω = nc k
Vakuum
Medium
Phonon
elastische (mechanische) Welle
̵ q)
Es = hΩ(⃗
̵
p⃗s = h⃗
q
Ω = vs q
in Wechselwirkung mit Teilchen“ mit
”
̵ q = Kristallimpuls“
Quasiimpuls“ h⃗
”
”
Nun zum Kristall:
Der Befund, dass die spezifische Wärme gegen 0 geht für T → 0 fordert, dass die Übertragung
von Energie an den Kristall in Quanten vonstatten gehen muss.
Als Quasiimpuls bezeichnet man den Betrag, mit dem Quasiteilchen wie Phononen oder Magnonen in die Impulserhaltungssätze eingehen. Dieser Impuls hat darüber hinaus jedoch nichts
mit dem klassischen Impuls einer bewegten Masse zu tun, da es sich bei Quasiteilchen um wellenartige Anregungen handelt.[13]
111
2
FESTKÖRPERPHYSIK
Übertragung der Energie an Kristallgitter (= Gitterschwingungen) erfolgt in endlichen Portionen = Energiequanten.
Die Energie der Schwingung ähneln der des harmonischen Oszillators:
1
̵ q)
E = ( + n) hΩ(⃗
(2.62)
2
Das legt die folgende Definition nahe (siehe Abbildung 23):
Ein Phonon (= Eigenschwingung = Normalschwingung) ist eine quantisierte Schallwelle des
Gitters mit der Frequenz Ω(⃗
q ).
Frage: Wie sind wir beim Photon vorgegangen?
̵
Eγ = hω
ν=
c
λ
ω = 2πν =
2πc
= ck
λ
Im Medium: ω nc k → Dispersion
̵ k⃗
Impuls: p⃗γ = h
Dies übertragen wir nun auf unsere Phononen:
̵ und der Frequenz Ω = vs ⋅q,
Phononen sind also elastische Schallwellen mit der Energie Es = hΩ
also Schallgeschwindigkeit mal Wellenzahl. Man darf nicht vergessen, dass Phononen Quasi”
Teilchen“ mit einem Quasiimpuls“ (= Kristallimpuls) sind:
”
̵q
p⃗s = h⃗
(2.63)
Hier ist zu beachten, dass man das Phonon mit der Wellenzahl q = 0 nicht als Phonon bezeichnet, da sich in diesem Fall der gesamte Kristall mit einem gewissen Impuls fortbewegt und
somit nicht schwingt.
Bei der Wärmeleitung wird die Energie durch Phononen übertragen. Die mittlere Weglänge der
Phononen wird bestimmt durch 2 Arten von Streuprozessen:
1. Streuung an Gitterfehlern
2. Streuung an anderen Phononen
Stöße zwischen Phononen sind eine Folge der Anharmonizität der Gitterschwingungen, bedingt
durch das asymmetrische Kristallpotential.
Wir lassen jetzt Stöße zwischen den Phononen zu, nähern aber der Einfachheit halber harmonisch an.
Energiesatz der Phonon-Phonon Wechselwirkung:
̵ ⇌ hΩ
̵ 1 + hΩ
̵ 2+⋯
Es = hΩ
(2.64)
2.4
Phononen: quantisierte Gitterschwingungen
112
Der nacht rechts gerichtete Pfeil bedeutet einen Phononenzerfall, wohingegen der nach links
gerichtete Pfeil eine Vereinigung darstellt.
Im Kristall herrscht im Falle konstanter Temperatur ein dynamisches Gleichgewicht durch
Phonon-Phonon-Wechselwirkung. Ein einzelnes Phonon mit fester Frequenz Ω kann nicht dauernd existieren!
Kommen wir zum Impulssatz:
Für ein Photon (z.B. Röntgenquant) gilt die Beugungsbedingung (siehe Abbildung 69)
⃗
k⃗′ = k⃗ + G
(2.65)
̵ multipliDies ist nichts anderes als der Impulssatz der Photonen im Kristall, wenn wir es mit h
zieren.
So kommen wir nun zm Impulssatz der Phononen bei Wechselwirkung.
̵ q ⇌ h⃗
̵ q1 + h⃗
̵ q2 + . . . n h
̵G
⃗ hkl
h⃗
(n ∈ Z)
(2.66)
Der reziproke Gittervektor kommt hier wie bei Photonenstreuung zum Einsatz. Beim Kristal⃗ = 0 (z.B.
limpuls unterscheidet man zwischen dem sogenannten Normal-Prozess“, bei dem G
”
⃗ ≠ 0 ist.
q⃗3 = q⃗1 + q⃗2 ) und der Impuls strikt erhalten ist, und dem Umklapp-Prozess“, bei G
”
Abbildung 78: Das q3 aus dem rechten Bild darf nicht aus der Brillouin-Zone herausste⃗ Vektor hinzuaddiert um alle 3 Vektoren innerhalb
hen, daher wird der G
der Brillouin-Zone zu behalten.
113
2
FESTKÖRPERPHYSIK
⃗ hkl ) ansehen (Abbildung 78):
Wir werden uns die beiden Prozesse am Beispiel q⃗3 = q⃗1 + q⃗2 (±G
⃗ = 0):
• (a) Der Normal-Prozess“ (G
”
Es existiert eine untere Grenze der Wellenlänge der elastischen Schwingung im Gitter
λmin = 2a (a ist die Gitterkonstante).
π
⃗3 innerhalb der Brillouin-Zone.
Damit ist qmax = 2π
λ = a . Also liegt q
⃗ ≠ 0):
• (b) Der Umklapp-Prozess“ (G
”
⃗ zu
Hier ist λ3 > λmin , also würde q⃗3 außerhalb der Brillouin-Zone liegen, weshalb G
q⃗1 + q⃗2 addiert wird. Dieser neue Vektor ist dann unser gesuchtes q⃗3
2.4.2
Streuung von Photonen an Phononen
1. Null-Phonon Streuung:
̵ k⃗′ = h
̵ k⃗ + h
̵G
⃗ oder bzw. h
⃗
Es muss gelten: k⃗′ = k⃗ + G
⃗ Somit haben wir eine elaDer Endzustand ist gleich dem Anfangszustand mit ∣k⃗′ ∣ = ∣k∣.
stische Streuung.
2. Ein-Phonon Streuung:
Ein Photon trifft auf einen Kristall, wechselwirkt mit dem Kristall und wird inelastisch
gestreut:
• Phonon wird emittiert:
Die Energie des Photons wird verkleinert
• Phonon wird absorbiert:
Die Energie des Photons wird vergrößert
Wir sprechen von Brillouin-Streuung“ wenn eine Wechselwirkung mit einem akusti”
schen Phonon stattfindet und wir sprechen von Raman-Streuung“ wenn eine Wech”
selwirkung mit einem optischen Phonon stattfinden.
2.4
Phononen: quantisierte Gitterschwingungen
114
Abbildung 79: Streuspektrum für Licht von 6328Å bei Streuung an Wasser bei Zimmertemperatur. Das dargestellte Streuspektrum wurde unter einem Winkel
von 90○ gegen die Einfallsrichtung aufgenommen. Die unverschobene
Mittellinie bei der Laserfrequenz rührt hauptsächlich von der Tyndallstreuung an kleinen Teilchen im Wasser her. Die Linenbreite ergibt sich
aus der Schlitzbreite des Spektrographen. Die Ablenkzeit des Schreibers
betrug 5 Minuten. Die Phononenfrequenz wurde aus diesem Spektrum
bestimmt, sie beträgt (4,33 ± 0,02) × 109 Hz. Die Geschwindigkeit beträgt (1,457 ± 0,010) × 103 ms−1 .
Bei der Wechselwirkung moduliert die Schallwelle die optischen Eigenschaften und somit lokal(!) den Brechungsindex. Bei Wechselwirkung moduliert das elektrische Feld einen mechanischen (elastischen) Schwingungszustand.
Optische Streuung:
7 −1
Sichtbares Licht z.B. Laser: λ = 5 × 10−7 m ⇒ k = 2π
λ = 1 × 10 m
2π
−10
Abmessung der 1. Brillouin-Zone: a ≈ 1 × 10 m → a = 6 × 1010 m−1
Photonen Wellenvektor k⃗ → klein gegen 1. Brillouin-Zone
Im Allgemeinen führt der Wellenvektor der Phononen q⃗ nicht aus der 1. Brillouin-Zone heraus,
⃗ = 0).
daraus folgt, dass der Kristallimpuls strikt erhalten ist (G
Impulssatz:
̵ k⃗′ ± h⃗
̵q = h
̵ k⃗
h
(2.67)
̵ ′ ± hΩ
̵ = hω
̵
hω
(2.68)
Energiesatz:
+ Emission
} eines Phonons
− Absoprtion
115
2
FESTKÖRPERPHYSIK
Frage: Wie groß ist der Energieverlust der Photonen, wenn ein Phonon erzeugt werden soll?
- Photonen in Materie : ω = nc k
- Phononen: Ω = vs ⋅ q
Eγ′
Es
³¹¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹· ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ µ
³¹¹ ¹ ¹·¹ ¹ ¹ ¹µ
c
c
̵ ′ ⋅ ) + (hqv
̵ s ) ⇒ c k = c k ′ + q ⋅ vs
̵ = hk
̵ ⋅ = (hk
Eγ = hω
n
n
n
n
Annahme: k ≈ q ⇒ λphon ≈ λphot
c
(k − k ′ ) ≈ k ⋅ vs
n
c
k′
(1 − ) ≈ vs
n
k
1−
⇒
k′
n ⋅ vs
≈
k
c
(c = 3 × 108 m/s, vs = 5 × 103 m/s)
n ⋅ vs
k′
≈ 1−
≈ 1 ⇒ k′ = k
k
c
c
c
ω = k ≈ k ′ − ω ′ ≫ vs ⋅ k = Ω
n
n
Energieverlust der Photonen für k ≈ q:
(k =
ω⋅n
Ω
vs ⋅ n
,q =
⇒ Ω=ω
)
c
vs
c
̵ = hω
̵ vs ⋅ n ≪ Eγ
Eγ − Eγ′ = Es = hΩ
c
Ist also praktisch eine elastische Streuung.
Es werden nur Phononen im Zentrum der 1. Brillouin-Zone erzeugt.
Entsprechend klein ist die Information, die wir über das Schwingungsspektrum erhalten.
(2.69)
2.4
Phononen: quantisierte Gitterschwingungen
116
Beispiel:
λvac = 400nm = 4 × 10−7 m; vs = 5 × 103 ms−1 ; n = 1,5; c = 3 × 108 ms−1
̵ k⃗′ = h
̵ k⃗ + h
̵G
⃗ oder k⃗′ = k⃗ + G
⃗
Impulssatz: h
′
⃗
Wir wissen dass ∣k⃗ ∣ = ∣k∣
| k | = |k’ |
k’
q
ϕ
k
⃗
Abbildung 80: Grafische Darstellung der Vektoren ∣k⃗′ ∣ = ∣k∣;
′
⃗
⃗
⇒ q⃗ = k − k; [MB]
1
q
1
ω⋅n
sin ( ϕ) =
⇒ q = 2k sin ( ϕ) ∣ ⋅ vs (und k =
)
2
2k
2
c
⇒ Ω = vs ⋅ q = 2vsc⋅ω⋅n sin ( 21 ϕ)
ϕ = π = 180○ ⇒ max Energieübertrag ⇒ sin ( 12 ϕ) = 1
2.5 × 103 ⋅ 2π ⋅ 1.5 10 × 104
=
= 2.5 × 1011 s−1 ≈ 200 GHz
4 × 10−7
4 × 10−7
2πc 2π ⋅ 3 × 108
ω=
=
= 5 × 1015 = 5 PHz (Peta Hz)
−7
λ
4 × 10
Ω=
- Relative Frequenzverschiebung
∆ω ω − ω ′ Ω 2.5 × 1011
=
= =
= 5 × 10−5
ω
ω
ω
5 × 1015
- Vergleich der Wellenzahlen
(messbar mit Interferometrie)
⎫
Ω 2.5 × 1011
7 −1 ⎪
⎪
⎪
=
=
5
×
10
m
⎪
⎪ Schluss: sichtbares Licht ⇒ nur Info
vs
5 × 103
⎬
über Zentrum der ersten Brillouin-Zone
⎪
2π
⎪
7 −1
⎪
⎪
k=n
= 2.5 × 10 m
⎪
⎭
λ
Frage: Wie sieht es bei der Röntgenstreuung aus?
Wir haben eine Frequenz ν ≈ 1018 Hz und für die Energie Eγ = einige keV und Die Frequenz
der Schallwelle Ω ≈ 100GHz und die Energie Es = meV
q=
∆ω Ω
= = 5 × 10−8
ω
ω
117
2
FESTKÖRPERPHYSIK
Lösung: Eine inelastische Neutronenstreuung muss gut in den Kristall (Kern!) eindringen.
Röntgen
sichtbares Licht
thermische Neutronen
k ≈ 5 × 1010 m−1
k ≈ 1.3 × 107 m−1
k ≈ 2.2 × 1010 m−1
Eγ ≈ 104 eV
Eγ ≈ 2.5 eV
1
eV
En ≈ 100
sp
Reaktor ⇒ Spaltneutronen: E n ≈ 1.5 MeV
3
En293 = kT = 6.07 × 10−21 J = 0.038 eV
2
1 × 1011
∆ω Ω
= ≈
≈ 7 × 10−2
gut messbar
ω
ω 1.5 × 1013
Stöße mit Moderator: Enth < 100 meV;
̵
Frequenzveränderung: En = hω;
2.4.3
Inelastische Neutronenstreuung
2
̵2
2
p
Wir nehmen statt Photonen Neutronen mit En = 2m
= h2mkn . Die Masse eines Neutrons beläuft
n
1
sich auf mn = 1,6 × 10−27 kg. Bei thermischen Neutronen ist k ≈ 10−10 m und En ≈ 100
eV , also
kann man mit thermischen Neutronen Phononen höherer Energie sichtbar“ machen.
”
Impulssatz für Ein-Phonon Streuung.
̵ q = p⃗n + h
̵G
⃗
p⃗′n ± h⃗
(+ Emission, − Absorption)
(2.70)
Energiesatz:
̵ = En
En′ ± hΩ
(+ Emission, − Absorption)
(2.71)
2.4
Phononen: quantisierte Gitterschwingungen
118
Abbildung 81: Darstellung der inelastischen Neutronenstreuung im Raum eines zweidimensionalen reziproken Gitters. k⃗0,N ist der Wellenzahlvektor eines einfallenden Neutrons. k⃗1,N , k⃗2,N , k⃗3,N und k⃗4,N sind die Wellenzahlvektoren inelastisch gestreuter Neutronen. q⃗1 und q⃗2 sind die Wellenzahlvektoren zweier bei der Streuung erzeugter, q⃗3 und q⃗4 die zweier vernichteter
⃗1, G
⃗2, G
⃗ 3 und G
⃗ 4 sind Vektoren des reziproken Gitters.
Phononen. G
Wir drücken nun q⃗ durch ∆⃗
pn = p⃗′n − p⃗n aus und setzten das q⃗ wieder in den Energiesatz (2.71)
⃗ weglassen (Ω(⃗
⃗ = Ω(⃗
ein. Wir können die Addition bzw. die Subtraktion von G
q + G)
q )).
Somit folgt aus Gleichung (2.71):
(⃗
p′n )2 (⃗
pn ) 2 ̵
=
− hΩ(q) mit
2mn
2mn
q⃗ =
p⃗n − p⃗′n
̵
h
Emission
(2.72a)
(⃗
p′n )2 (⃗
pn ) 2 ̵
=
+ hΩ(q) mit
2mn
2mn
q⃗ =
p⃗′n − p⃗n
̵
h
Absorption
(2.72b)
Die Vertauschungen von p⃗′n mit p⃗n in den Gleichungen (2.72a) & (2.72b) folgt aus dem (±) des
Impulssatzes (2.70).
̵ des gestreuten Neutrons als Funktion der StreurichWir messen nun die Energieänderung hω
′
tung p⃗n − p⃗n bei bekannter Orientierung des Kristalls gegen die Einfallsrichtung. So kann Ω(⃗
q)
′
(= En − En ) für verschiedene Schallausbreitungsrichtungen bestimmt werden.
119
2
FESTKÖRPERPHYSIK
Detektor
En’ , pn’
En , pn
Kristallgitter
Abbildung 82: Die Energie Ω(⃗
q ) wird für bestimmte Streurichtungen gemessen. [MB]
Abbildung 83: Schnittbild des dreiachsigen Brockhouse-Kristallspektrometers.
2.4
Phononen: quantisierte Gitterschwingungen
120
Was man daraus erhält ist nun das Ω(⃗
q ) (auf dem Bild als ω(⃗
q )) dargestellt.
(a)
(b)
(c)
Abbildung 84: Phononen dispersion realtions in aluminium, measured along the k-space
lines ΓX and ΓKX by neutron scattering. The estimated error in frequency is 1 to 2 percent. Each point represents an observed neutron group. Note that the two transverse branches are degenerate along ΓX (4-fold axis),
but not along ΓK (2-fold axis). Γ, X and K are well defined points.
121
2
FESTKÖRPERPHYSIK
Beispiel:
Gitterkonstante: a = 0,2nm = 2 × 10−10 m
Wir betrachten eine große Wellenzahl q der Phonenen.
π
≈ 1,57 × 1010 m−1
a
qmax =
̵ = hq
̵ ⋅ vs = 1 × 10−34 ⋅ 1,6 × 1010 ⋅ 2 × 103 = 3 × 10−21 J = 0,02ev = 20meV
hΩ
´¹¹ ¹ ¹ ¸ ¹ ¹ ¹ ¹ ¶
vs
Enth
−20
= 80meV = 1,28 × 10
J ⇒ λ=
h
p
=
h
√
emn ⋅Ekin
= 1 × 10−10 m
- relative Energieänderung:
̵
∆En En − En′ hΩ
20 meV
= 0,25
=
=
=
En
En
En 80 meV
2.5
2.5.1
daher sehr gut messbar
Eigenschwingungen des Kristallgitters
Normalschwingungen eines eindimensionalen, einatomigen Kristalls
( lineare Kette“)
”
(n-3)a
(n-2)a
(n-1)a
na
(n+1)a
u(na) = jeweilige Auslekung aus der
Gleichgewichtislage
Abbildung 85: Normalschwingungen einer linearen Kette“. Der Abstand zwischen den
”
Atomen ist a. [MB]
Wir betrachten die Normalschwingungen einer linearen Kette von gleichartigen Atomen/Ionen.
Wir kennen die Gitterkonstante a (Abstand der Atome zueinander) und der Translationsvektor
ist gegeben mit r⃗ = n ⋅ a ⋅ e⃗ wobei n ∈ Z ist.
Wir nähern jetzt mit einem harmonischen Atompotential und idealen Hookeschen Federn (l = a)
an.
Potentielle Energie der harmonischen Schwingung (Epot =
1
2
f x2 ):
®
=k
1
harm
Epot
= f ∑[u(na) − u((n + 1)a)]2
2 n
(2.73)
2.5
Eigenschwingungen des Kristallgitters
122
Das Potential ist rein quadratisch in den Verschiebungen der Ionen aus der Gleichgewichtslage
und daher folgt für die Bewegungsgleichung (= Newton 2) der schwingenden Ionen:
F =m⋅
harm
∂Epot
d2 u
1
∂
2
(na)
=
−
=− f
∑[u(na) − u((n + 1)a)]
2
dt
∂u(na)
2 ∂u(na) n
(2.74)
Betrachten wir das Atom n mit seinen beiden Nachbarn n − 1 und n + 1, dann gilt
2
2
∑ ⋯ = ⋯ + [u((n − 1)a) − u(na)] + [u(na) − u((n + 1)a)]
n
Wieder mit einem Trick damit Terme wegfallen:
∂
∑ ⋯ = −2[u((n − 1)a) − u(na)] + 2[u(na) − u((n + 1)a)]
∂u(na) n
F = −f [−u((n − 1)a) + u(na) + u(na) − u((n + 1)a)]
Ô⇒ F = m ⋅ ü(na) = −f [2u(na) − u((n − 1)a) − u((n + 1)a)]
(2.75)
Bei den Normalschwingungen schwingen alle Ionen mit gleicher Frequenz um die Gleichgewichtslage (siehe Abbildung 23). Daher muss die Lösung die Form einer Welle haben, daher
machen wir einen Wellenansatz:
u(na, t) = u0 ei(Ωt−qna)
(2.76)
Dies wird nun in die Bewegungsgleichung eingesetzt:
u̇ =
d2 u
du
= iu0 ⋅ Ω ⋅ eiΩt ⋅ e−iqna ; ü = 2 = i2 u0 ⋅ Ω2 ⋅ eiΩt ⋅ e−iqna
®
dt
dt
−1
Durch einsetzten der obigen Ableitungen in Gleichung (2.75) und kürzen erhalten wir:
mΩ2 = f (2 − eiqa − e−iqa )
´¹¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹¸ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¶
(2.77)
⇒ mΩ2 = 2f (1 − cos(qa))
(2.78)
=−2 cos(qa)
Da
1 − cos(qa) = 2 sin2 (
qa
2f (1 − cos(qa))
) und Ω2 =
2
m
ist, erhalten wir letztendlich die Dispersionsrelation von Phononen:
√
Ω(q) =
2f ⋅ (1 − cos(qa))
=2⋅
m
√
f
qa
⋅ ∣sin ( )∣
m
2
(2.79)
Ω ist ja eine Frequenz und kann daher nur positiv sein, daher kann man die negativen Terme der
Gleichung ausschließen.
123
2
FESTKÖRPERPHYSIK
Ergebnis:
1. Normalschwingungen sind darstellbar als Wellen der Auslenkung aus der Ruhelage durch
das Gitter.
2. Wertebereich von q ist beschränkt:
ei(Ωt−qna) bleibt unverändert wenn q → q + 2π
a ⋅ l, wobei l ganz ist.
Also q muss auf Intervall der Länge 2π
beschränkt
sein, damit ihre Werte eindeutig ist.
a
3. Man wählt nun − πa < q < πa → 1. Brillouin Zone.
Die Kette ist also nicht unendlich lang (N Atome bzw. Ionen), das heißt entweder kommt
es zur Reflexion an den Enden (vgl. unendlich tiefer Potentialtopf oder eingespanntes
Seil), oder die Kette ist zu einem Kreis geformt (mit gleicher Feder“), wobei hier für
”
große N die Eigenfrequenzen gleich denen sind, wenn man die Enden festhält.
u((n + N )a) = u(na)
´¹¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¸¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¶
(2.80)
u(0) = u(N a)
(2.81)
period. Randbed.
Es gilt noch:
Also die Vorgänge in der Kette sind periodisch. Diese Randbedingungen heißen Born”
von Karman-Randbedingungen“. Sie sind periodisch mit Periode N a, weshalb die
Randbedingungen von Gleichung (2.80), periodische Randbedingungen“ sind.
”
Also:
e−iq(n+N )a = e−iqna ⇒ e−iqN a = 1 ⇒ qN a = 2πl
l ist ganz
Es gibt somit nur eine bestimmte Auswahl für die q-Werte:
q=
qmax = ±
2π
⋅l
Na
π
N N
⇒ l ∈ [− , ]
a
2 2
(2.82)
(2.83)
Wobei l = 0 ausgenommen ist, da es die Fundamentalschwingung des ganzen Kristalls
ist.
So folgt also, dass es genau N Werte von q im Abstand von ∆q = N2πa für ∆l = 1.
2.5
Eigenschwingungen des Kristallgitters
124
Abbildung 86: The Born-von Karman or periodic boundary condition for the linear
chain.
Abbildung 87: An alternative representation of the Born-von Karman boundary condition. The object connecting the ion on the extreme left with the spring on
the extrem right is a massless rigid rod of length L = N a.
4. Es gibt eine Dispersionsrelation Ω = Ω(q) die nicht linear ist.
Wir erinnern uns an das Licht im Medium: ω = k nc ; n = n(λ) → Dispersion.
Wir kennen die Dispersionsrelation von Phononen im Kristall:
√
f
qa
Ω(q) = 2 ⋅
⋅ ∣sin ( )∣
m
2
(2.84)
X
4f
m
N q-Werte
2
& q-Werte liegen
(für große N)
sehr dicht!
dX
Abstand: 2r
Na
X max =
-r
a
dq
r
a
4f
m
q
Abbildung 88: Zwischen − πa und πa liegen insgesamt N q-werte. Je größer die Zahl N
der Atome ist, desto feiner wird die Einteilung von q. Die√höchste Frequenz kommt bei sin ( π2 ) zustande, denn dann ist Ωmax =
4f
.
m
[MB]
125
2
FESTKÖRPERPHYSIK
Zahl der q-Werte in dq müssen im Intervall [q, q + dq] liegen.
dq
2π
Na
⇒ Zq (q)dq =
dq
2π
Na
=
Na
dq
2π
(2.85)
Wobei Zq (q)dq die Zahl der q-Werte im Einheitsintervall von q [m−1 ] ist.
So kommen wir auf die Zahl der Eigenfrequenzen im Intervall dΩ. Wie man in Abbildung
88 erkennen kann, gibt es zu 2 Werten von q jeweils die gleiche Frequenz, d.h. die Anzahl
der Eigenfrequenzen in dΩ ist gegeben durch:
ZΩ (Ω)dΩ = 2Zq (q)dq
⇒ ZΩ (Ω) =
2Zq (q)
. . . spektrale Modendichte
dΩ
dq
(2.86)
Jetzt berechnen wir den Differentialquotienten aus Gleichung (2.84):
√
√
dΩ
f
qa
f a
qa 1/2
=a
⋅ cos ( ) = 2
(1 − sin2 ( ))
dq
m
2
m2
2
(2.87)
Eingesetzt wieder in die Spektrale Modendichte ZΩ (Ω) folgt:
ZΩ (Ω) = √
a
2
Na
π
4f
m
(1 − sin2 ( qa
))
2
(2.88)
Die beiden Ausdrücke unter der Wurzel kennen wir. Der erste Term ist Ω2max und der
zweite ist Ω2 , also vereinfacht sich die Zahl der Frequenzen, bzw. die spektrale Modendichte auf
ZΩ (Ω) =
1
2N
√
π
Ω2max − Ω2
Für Ω = Ωmax geht die Modendichte ZΩ (Ω) über alle Grenzen.
(2.89)
2.5
Eigenschwingungen des Kristallgitters
Abbildung 89: Schwingungsformen der Kette für spezielle k-Werte
Abbildung 90: Gitterspektrum und elastisches Spektrum der Kette. Die elastische spektrale Verteilung stimmt mit dem Gitterspektrum bei kleinen Frequenzen
überein. Soll das elastische Spektrum ebenso viele Frequenzen enthalten
wie das Gitterspektrum, so muss es bei der Frequenz ωD abgeschnitten
werden.
126
127
2
FESTKÖRPERPHYSIK
Debye-Näherung:
qa
)→0⇒Ω→0
2
2N
⇒ ZΩ (Ω) =
= const. ∀Ω
πΩmax
q → 0 ⇒ sin (
Schwingungsformen der Kette für spezielle q-Werte:
√
(a) q = πa = Ω = Ωmax = 4f
m
⇒ u(na, t) = uo eiΩmax t ⋅ e−inπ
Daraus folgt, dass die benachbarten Ionen entgegengesetzte Amplituden haben, und
somit gegeneinander schwingen (Federmitten in Ruhe.)
√
π
⇒ Ω = 2f
(b) q = 2a
m
⇒ u(na, t) = uo eiΩt ⋅ e−inπ/2 für (n = 1, 2, 3, . . . )
Jedes 2. Ion schwingt also zwischen den festgehaltenen Nachbarn.
2.5.2
Eindimensionaler Kristall (Kette): 2 Atome unterschiedlicher Masse
Wir sehen uns noch ein Mal die Abbildung 85 an.
Wir haben also die Massen M und m, wobei M > m ist. Die Federkonstanten seien gleich. So
erhalten wir über die Bewegungsgleichung (2.75) 2 Differentialgleichungen:
mü(2na) = −f [2u(2na) − u([2n − 1]a) − u([2n + 1]a)]
M ü([2n + 1]a) = −f [2u([2n + 1]a) − u(2na) − u([2n + 2]a)]
Wieder machen wir einen Wellenansatz:
uM (2na, t) = Aei(Ωt−q2na)
um ([2n + 1]a, t) = Bei(Ωt−q[2n+1]a)
π
π
Wobei A ≠ B ist. Der Wertebereich von q sei beschränkt auf − 2a
< q < 2a
und die Periode des
Gitters ist 2a. Die periodischen Randbedingungen liefern eine Periode mit 2aN , womit q = Nπa l
ist mit l ∈ Z und l ∈ [− N2 , N2 ].
Nun wird der Ansatz wieder in die Bewegungsgleichung eingesetzt und liefert:
M Ω2 A = 2f (A − B cos(qa))
mΩ2 B = 2f (B − A cos(qa))
Wir haben hier ein Gleichungssystem, das uns dann nur eine Bestimmungsgleichung für Ω2
liefert, wenn die Determinante von A und B verschwindet.
2.5
Eigenschwingungen des Kristallgitters
128
Also:
M Ω2 − 2f 2f cos(qa)
Det ∣
∣ = (M Ω2 − 2f )(mΩ2 − 2f ) − 4f 2 cos2 (qa) = 0
2f cos(qa) mΩ2 − 2f
√
1
1
1
1 2
4
⇒ Ω2± = f ( + ) ± f ( + ) +
sin2 qa
M m
M m
mM
(2.90)
(2.91)
Das führt uns auf 2 verschiedene Dispersionsrelationen Ω:
1. Diese werden als akustische“ Phononen bezeichnet.
”
√
f
[M + m − M 2 + m2 + 2M m cos(qa)]
Ω2− =
Mm
2. Diese werden als optische“ Phononen bezeichnet.
”
√
f
Ω2+ =
[M + m + M 2 + m2 + 2M m cos(qa)]
Mm
(2.92)
(2.93)
Für N Ionen gibt es also N q-Werte und 2N Eigenfrequenzen. Das entspricht der Gesamtzahl der Ionen im Intervall 2aN . Der Vollständigkeit halber sei noch das Amplitudenverhältnis
gegeben:
Ω2 − 2f
A
m
= − 2f
(2.94)
B
cos(qa)
m
Abbildung 91: Spektrum und Schwingungsformen der zweiatomigen linearen Kette mit
einem Massenverhältnis M ∶ m = 4 ∶ 1. Im optischen Zweig (ω+ ) ist
ω+2 > 2f
, dann ist A/B < 0. Im akustischen Zweig ω− ist ω−2 < 2f
, dann
m
M
ist A/B > 0. (Anmerkung: ω± = Ω± )
129
2
FESTKÖRPERPHYSIK
Unsere Dispersionsrelation ist nun in 2 Zweige aufgeteilt: Ω+ und Ω− .
1. Akustischer Zweig Ω− : Hier sind die Frequenzen kleiner und die Ionen schwingen
gleichphasig, d.h die durch die Ionen Mi und mi gedachte Linie ist die Form der gesamten Welle. (A/B > 0)
Abbildung 92: Abwechselnd leichte und schwere Ionen die miteinander schwingen.
[MB]
2. Optischer Zweig Ω+ : Die Frequenzen sind weit höher und die benachbarten Ionen schwingen mit entgegengesetzter Amplitude. (A/B < 0)
Abbildung 93: Jetzt liegen die leichten auf einem Gitter und die schweren auf einem
anderen, wie hier angedeutet schwingen sie gegeneinander. [MB]
Spezielle Schwingungsformen:
+m
m
1. q = 0 → cos(2qa) = 1, Ω2+ = 2f M
M m und A/B = − M somit optisch. Beide Teilgitter
schwingen starr gegeneinander.
π
2. q = 2a
→ cos(2qa) = −1, Ω2+ = 2f
m , wobei A = 0 ist. Daher ist es optisch. Das Teilgitter
der schweren Massen ist in Ruhe während das der leichten Massen schwingt.
π
3. q = 2a
→ cos(2qa) = −1, Ω2− = 2f
M , wobei B = 0 ist. Das Teilgitter der leichten Ionen ist
in Ruhe und das schwere schwingt.
2.5
Eigenschwingungen des Kristallgitters
2.5.3
130
Spezifische Wärme im Phononenmodell
Es sind sowohl longitudinale als auch transversale Schwingungen des Gitters möglich.
Es gibt:
1. longitudinal akustisch (LA)
2. transversal akustisch (TA)
3. longitudinal optisch (LO)
4. transversal optisch (TO)
Wenn in der primitiven Elementarzelle p Atome sind, gibt es insgesamt 3p-Äste: 3 akustische
(1LA + 2TA) und 3p − 3 optische.
Allgemein betrachten wir ein schwingendes Raumgitter mit 3N Eigenfrequenzen.
Wir kennen noch:
̵ E + (1 +
• Einstein: E = ⟨E⟩ = hω
2
1
̵
hω
E
e kT
−1
)
Dies kann wieder auf unser Gitter angewendet werden:
̵ q )s ( 1 + ̵ 1
)
⟨E⟩ = ∑ hΩ(⃗
s
2 e hΩ
kT − 1
q⃗,s
(2.95)
Wobei hier s die Äste sind. Und daraus folgt:
CV = ∑
q⃗,s
̵ s (⃗
∂
hΩ
q)
( hΩ
)
̵ s
∂T e kT − 1
Abbildung 94: a) Elementarzelle und Atomlagen im kubisch primitiven Gitter der Gitterkonstante a.
b) Die Atome des Gitters sind durch Federn f zwischen den nächsten
Nachbarn und Federn f ′ zwischen übernächsten Nachbarn verbunden.
c) zur Definition der verschiedenen q.
(2.96)
131
2
FESTKÖRPERPHYSIK
Abbildung 95: Gitterspektrum und Debyesches Spektrum des kubisch primitiven Gitters
bei gleichen Federbindungen zwischen nächsten und übernächsten Nachbarn (f = f ′ ).
Abbildung 96: Experimentelle Dispersionskurven ν gegen K für Diamant in (100) und
(111) Richtung; K ist der reduzierte Wellenvektor in Einheiten von π/a.
Man beachte die optischen und akustischen Äste, die eigentlich in einem
Kristall mit zwei Atomen (obwohl sie identisch sind) pro Elementarzelle auftreten. Die rechte Bildhälfte gilt für Phononen in (100) Richung,
die linke für Phononen in (111) Richtung. In den Ausbreitungsrichtungen
sind die transversalen Eigenschwingungen zweifach entwartet: es gibt
zwei unabhängige Polarisationsrichtungen für jeden Punkt auf der TAund TO-Kurve.
2.5
Eigenschwingungen des Kristallgitters
132
Abbildung 97: Die Diamantstruktur besteht aus einem kubisch-flächenzentrierten Gitter und der Basis {(0, 0, 0), ( 41 , 14 , 14 )}. Anschaulich kann man die Diamantstruktur auch als Kombination zweier ineinander gestellter kubischflächenzentrierter Gitter beschreiben, die um 1/4 der Raumdiagonale gegeneinander verschoben sind.[11], [12]
(a) Phononendispersionsrelation für Germanium in der
[111]-Richtung bei 80K. Die beiden TA-Phononenäste
( 21 21 21 ) waagrecht. Die
sind im Zonenrand Kmax = 2π
a
LO-und TO-Äste verschmelzen bei K = 0; auch das ist
eine Folge er Kristallsymmetrie von Ge. Diese Ergebnisse wurden mit inelastischer Neutronenstreuung nach G.
Nilsson und G. Nelin erhalten. Da es zwei Atome pro Elementarzelle hat, gibt es auch optische Phononen.
(b) Dispersionsrelation für KBr in der [111]Richtung bei 90K. Die für K = 0 extrapolierten Werte der TO-und LO-Äste werden mit ωT
und ωL bezeichnet.
Abbildung 98
133
2.6
2.6.1
2
FESTKÖRPERPHYSIK
Elektronen im Festkörper
Energiebändermodell
Das Bändermodell oder Energiebändermodell ist ein quantenmechanisches Modell zur Beschreibung von elektronischen Energiezuständen in einem idealen Einkristall. Dabei liegen die
Atomrümpfe in einem streng periodischen Gitter vor. Es gibt mehrere Energiebereiche, in denen
viele quantenphysikalisch mögliche Zustände existieren, die energetisch so dicht liegen, dass
sie als Kontinuum – als Energieband – angesehen werden können. Die zugehörige Darstellung
wird als Banddiagramm bezeichnet.[14]
Leiter haben ein teilweise mit Elektronen besetztes Band, wohingegen Isolatoren oder Halbleiter vollständig besetztes oberstes Band aufweisen.
(a) Energiebandschema der Elektronen in einem
Kristall.
(b) Energiebänderanordnung für die Fälle a) eines Einelektronenmetalls wie Natrium, b) eines Zweielektronenmetalls wie
Beryllium, c) eines Eigenhalbleiters und d) eines Isolators.
Kreuzschraffierte Energiebänder bzw. Bandteile sind mit Elektronen voll besetzt.
Abbildung 99
Abbildung 100: Periodisches Potentialfeld eines Kristalls mit Elektronenzuständen, Anregungsbändern und Ionisations- bzw. Leitfähigkeitsband (schematisch).
2.6
2.6.2
Elektronen im Festkörper
134
Das freie Elektronengas, Sommerfeld-Modell
1. Rückblick:
Elektronen werden mit einer Wellenfunktion ψ(⃗
r, t) beschrieben.
Zeitabhängige Schrödingergleichung:
−
̵2
h
r, t)
̵ ∂ψ(⃗
∆ψ(⃗
r, t) + Epot (⃗
r, t)ψ(⃗
r, t) = ih
2m
∂t
(2.97)
Zeitunabhängige Schrödingergleichung:
Ĥψ = Eψ; Ĥ = −
̵2
h
∆ + Epot
2m
(2.98)
Eindimensional:
−
̵ 2 d2 ψ
h
d2 ψ 2m
−
Eψ
=
0
⇔
+ ̵ 2 Eψ = 0
h
2m dx2
dx2
Daraus folgt E =
̵ 2 k2
h
2m
=
p2
2m
mit Ansatz: ψ(x) = Aeikx + Be−ikx
(2.99)
und somit ist die Energie kontinuierlich!
2. Das Sommerfeldmodell sind Elektronen im Potentialfeld des ganzen Metallkristalls und
können sich im gesamten Festkörper frei bewegen.
Die Bewegungsgleichung durch Lösen der Schrödingergleichung:
ψl = A sin (
nπx
)
l
A ist Normierungsbedingung
Das heißt also, dass wir gequantelte Energien mit En =
entspricht das (wie wir weiter unten sehen werden):
En =
̵ 2 π 2 n2
h
2ml2
haben. Im 3-dimensionalen
̵ 2π2
̵ 2π2
h
h
2
(n2 + n2y + n2z )
n
=
2ml2
2ml2 x
(2.100)
3-dimensionaler Potentialtopf:
2m
ψ(x, y, z) → ∆ψ + ̵ 2 Eψ = 0
h
Produktansatz:
ψ(x, y, z) = ψ1 (x) ⋅ ψ2 (y) ⋅ ψ3 (z)
→
d2 ψ1 2m
+ ̵ 2 Ex ψ1 = 0
dx2
h
dψ2
+⋯=0
dy 2
(2.101)
dψ3
+⋯=0
dz 2
135
2
FESTKÖRPERPHYSIK
Mit Ex + Ey + Ez = E und l ist der Rand des Festkörpers (= Potentialbarriere).
√
ny π
8
nx π
nz π
sin (
x) sin (
y) sin (
z)
3
l
l
l
l
̵ 2π2
̵2
h
h
p2
2
2
2
2
2
2
(n
)
(k
)
E(nx , ny , nz ) =
+
n
+
n
=
+
k
+
k
=
x
y
z
x
y
z
2ml2
2m
2m
ny π
nx π
nz π
nx , ny , nz = 1, 2, 3, . . .
kx =
, ky =
, kz =
>0
l
l
l
ψ(x, y, z) =
Energiewerte können entartet sein:
nx , ny , nz : 1, 1, 2; 1, 2, 1; 2, 1, 1
̵ 2π2
h
⋅ 3!
→E =
2ml2
Born-von Karman - Randbedingungen (siehe Abbildung 87):
ψ(x + l, y, z) = ψ(x, y, z)⎫
⎪
⎪
⎪
der Schrödingergleichung sind laufende Wellen
⎪ Lösung √
ψ(x, y + l, z) = ψ(x, y, z)⎬
⃗r)
⎪
ψ(⃗
r) = l13 ⋅ exp(ik⃗
⎪
⎪
⎪
ψ(x, y, z + l) = ψ(x, y, z)⎭
3. Die Zustandsdichte:
Frage: Wie groß ist die Zahl der möglichen Wellenfunktionen = Zustände, die im Intervall [E, E + dE] liegen?
2m
1√
E ⋅ ̵ 2 = kx2 + ky2 + kz2 = k 2 → k = ̵ 2mE
h
h
(m = me Elektronenmasse) (2.102)
2.6
Elektronen im Festkörper
136
Flächen konstanter Energie sind Kugelflächen E =
̵2
̵ 2 k2
h
2m
⃗
im k-Raum.
2
Abbildung 101: Kugeln konstanter Energie E = h2mke und erlaubte Zustände eines
Elektrons im Potentialtopf im k-Raum. Jeder Punkt entspricht wegen
der zwei Spineinstellungen zwei Zuständen (Wellenfunktionen). Links:
Für verschwindende Randwerte (stehende Wellen) liegen die Zustände
nur in einem Oktanten und haben einen linearen Achsabstand von π/l
3
(Volumen pro Punkt: ( πl ) ). Rechts: Schnitt durch den k-Raum normal zur ky -Achse. Bei periodischen Randbedingungen (laufende Wellen) sind Zustände im ganzen k-Raum möglich; ihr linearer Achsabstand
3
) ).
(Volumen pro Punkt: ( 2π
ist dafür 2π
l
l
Gesucht sind die möglichen Zustände im Intervall [E, E + dE]. Wir betrachten dazu die
⃗
k-Vektoren
im Intervall [k, k + dk] und Enden in einer Kugelschale mit der Dicke dk und
mit folgenden Volumen:
dV = 4πk 2 dk
Wir wissen das kx , ky , kz > 0 ist, und brauchen daher nur den Oktant der Kugel: dV =
1
2
8 4πk dk.
√
2m 1
dk
1 2m
= ̵√
= ̵ √
dE 2h 2mE
2h
E
√
(2m)3/2 √
2mE 2m 1
√
dE
=
EdE
k 2 dk = ̵ 2
̵2 E
̵3
h
2h
2h
1
π(2m)3/2 1/2
→ dV = 4πk 2 dk =
̵ 3 E dE
8
4h
137
2
FESTKÖRPERPHYSIK
3
⃗
( πl )
Volumen eines Punktes im k-Raum:
Das Elektron hat zwei Spineinstellungen: ↑, ↓
Daraus folgt die Zahl der Wellenfunktionen = Zustände in dE:
Z(E)dE =
V
π(2m)3/2 l3 1/2
E dE = 2 ̵ 3 (2m)3/2 E 1/2 dE
3
3
̵
2h
π
2π h
(2.103)
Zustandsdichte = density of states:
Z(E)
(2m)3/2 1/2
1/2
= z(E)dE =
̵ 3 E dE = CE dE
V
2π 2 h
mit C =
1
3/2
̵ 3 (2m)
2π 2 h
(2.104)
und Einheit [z(E)] = [m−3 (eV )−1 ]
⃗
Mit periodischen Randbedingungen: Wir verwenden die ganze Kugel in k-Raum
und
nicht wie vorher nur einen Oktanten. Daraus folgt, dass die Punkte weniger dicht aneinander liegen.
3
) → führt zu gleichem z(E)
Volumen/Punkte: ( 2π
l
Aus Formel (2.104) sehen wir, dass z(E) ∝ E 1/2 ist. Wenn wir uns an die Fermi-Statistik
erinnern wo (mit εF = µ)
1
(2.105)
F (E) = E−εF
e kT + 1
war, dann ergibt sich die Zahl der besetzten Zustände zu:
N (E) = Z(E) ⋅ F (E)
(2.106)
4. Die Berechnung der Fermienergie geht folgendermaßen vonstatten:
Die Zahl der besetzten Zustände ist gleich der Gesamtzahl der Elektronen im Volumen.
∞
∞
∫ N (E) dE = ∫ Z(E)F (E) dE = Ne
0
(2.107)
0
Für T = 0: F (E) = 1 für E ≤ εF und F (E) = 0 für E > εF . Damit vereinfacht sich das
obige Integral zu:
RRR 23 RRRεF
R E RRR = CV ⋅ 2 ε 32 = N
e
∫ N (E) dE = ∫ Z(E) dE = ∫ C ⋅ V E dE = C ⋅ V RRRR
R
3 F
RRR 3/2 RRRR0
0
0
0
∞
εF
εF
1
2
2
⇒ εF = (
3 Ne 3
)
2C ⋅V
(2.108)
2.6
Elektronen im Festkörper
138
2
̵ 2 3π 2 Ne 3 p2
̵2
h
h
εF =
(
) = F =
k2
2m
V
2m 2m F
∣k⃗F ∣ = kF =
εF ∝ n e =
2.6.3
√
3
Ne
V
3π 2 NVe
(2.109)
Betrag des Fermi-Wellenvektors
ist hierbei die Elektronenkonzentration
Die Fermi-Kugel
Wir betrachten Elektronen im freien Elektronengas bei T = 0, also sie befinden sich im Grundzustand. Es herrsche keine Wechselwirkung untereinander, also wie im idealen Gas. Es seien
N Elektronen im Grundzustand, d.h. die Elektronenzustände sind bis zur Fermienergie εF aufgefüllt.
Wenn Ne groß ist haben die besetzten Zustände periodische Randbedingungen. Dies führt zu
einer Kugel mit Radius kF im k-Raum!
Abbildung 102: Fermi Energy Calculetetd and Work Function φ (Exp.) for Some Metals.
Abbildung 103: Im Grundzustand eines Systems aus N freien Elektronen erfüllen die
besetzten Quantenzustände des Systems eine Kugel mit Radius kF , wo̵ 2 k2
h
bei εF = 2mF die Energie eines Elektrons mit der Wellenzahl kF auf
der Oberfläche der Kugel ist.
139
2
√
∣k⃗F ∣ = kF =
3
3π 2
FESTKÖRPERPHYSIK
2π
2π 2
Ne
V 1/3
)
← λF =
=
(
V
kF (3π 2 )1/3 Ne
diesem kann man auch eine Fermigeschwindigkeit zuordnen
vF =
̵ F
̵
hk
h
Ne 1/3
= (3π 2 )
m
m
V
(2.110)
Die Niveaus werden charakterisiert durch den Wellenvektor k⃗ und den Spin, daraus folgt für
jedes k⃗ gibt es 2 Elektronen-Energieniveaus.
̵ 2 k2 h
̵2
h
(k 2 + ky2 + kz2 )
=
(2.111)
2m
2m x
Für sehr große N liegen die besetzten Zustände im k-Raum innerhalb der Kugel (Fermikugel,
siehe Abbildung 103) mit Radius kF .
En =
2
̵ 2 3π 2 Ne 3
h
(
)
εF =
2m
V
1
3π 2 Ne Z 3
)
Ð→ kF = (
V
Wir definieren die Fermiwellenlänge
λF =
2π
kF
(2.112)
Abbildung 104: (a) Energie ε in Abhängigkeit der Wellenzahl k für ein freies Elektron.
(b) Energie in Abhängigkeit von der Wellenzahl für ein Elektron in einem linearen Gitter der Gitterkonstante a aus identischen Atomen. Die
eingezeichnete Energielücke Eg hängt mit der ersten Bragg-Refelexion
bei k = ± πa zusammen, weitere Lücken treten bei ± nπ
auf (n ∈ Z)
a
2.6
Elektronen im Festkörper
2.6.4
140
Das quasifreie“ Elektron, Kronig-Penney-Modell
”
In der Festkörperphysik haben wir es mit sehr vielen untereinander wechselwirkenden Elektronen zu tun. Wir machen eine mögliche Näherung - die Einelektronen-Näherung. Das heißt wir
suchen die Wellenfunktion des Systems mit den Koordinaten eines einzigen Elektrons. Dieses
Elektron sieht“ das Feld der Ionen und das mittlere Feld der Elektronen.
”
• Reflexion von Elektronenwellen an Brillouin-Zonengrenzen
Elektron hat eine laufende Matriewelle und die Beugungsbedingung lautet:
⃗ ⇔ 2k⃗G
⃗ +G
⃗2 = 0
∆k⃗ = k⃗′ − k⃗ = G
⃗
elastische Streuung: ∣k⃗′ ∣ = ∣k∣
Das lineare Gitter hat eine Gitterkonstante von a und das reziproke eine von
Daher:
2π
a .
2k = ±G = ±n 2π
a
π
(
)
⇒ k = ± nπ
a
a ist BZ-Grenze
Also: Bragg-Reflexion für k = ± nπ
a
Elektronenwelle wird von einem beliebigen Atom des linearen Gitters reflektiert und ist
daher eine stehende Welle.
vT = vG =
dω
dk
=
1 dE
̵ dk
h
=
d
dk
̵
2
( hk
2m ) =
̵
hk
2m
⃗ = ± nπ ist.
= 0 wenn k = ∣k∣
a
• Elektron im periodischen Potential Kronig-Penny-Modell:
Wir haben ein Potential, für das V (x) = V (x + a) gilt.
Wir kennen die Schrödingergleichung (für zeitunabhängiges ψ(x)):
∂ 2 ψ 2m
+ ̵ 2 (E − V (x))ψ = 0
∂x2
h
(2.113)
Jetzt kommt das Bloch-Theorem noch hinzu. Es besagt, dass die Schrödingergleichung
durch die sogenannten Blochfunktionen
ψ(x) = e±ikx uk (x)
gelöst werden kann. Mit uk (x) = uk (x + a).
(2.114)
141
2
FESTKÖRPERPHYSIK
Abbildung 105: Konstruktion einer Bloch-Funktion ψk (x) = uk (x)eikx für ein eindimensionales Gitter aus einer Wellenfunktion eikx , die mit einer gitterperiodeischen Funktion uk (x) moduliert ist.
Die Elektronenwellen sind also Blochfunktionen, also ebene Wellen mit einer Gitterperiodizität. Zurück zum Potential: Wir nehmen ein einfaches (eindimensionales) Kristallmodell mit:
V (x) = 0 ⇔ 0 < x < a
V (x) = V0 ⇔ − b < x < a
V (x)
V0
V(x) = 0 für 0 < x < a
V(x) = V0 für - b < x < 0
-b
0
a
x
Abbildung 106: Periodisches Potential aus rechteckigen Potentialtöpfen, einfgeführt
durch Kronig und Penney. [MB]
2.6
Elektronen im Festkörper
142
Es sei a =/ b. Wir wissen wie man das macht: In 2 Bereiche trennen und Schrödinger
2m(V0 −E)
2
und nehmen die Blochfunktion
seperat lösen. Setzen wir α2 = 2mE
̵ 2 und β =
̵2
h
h
her, dann finden wir in den 2 Bereichen gewöhnliche homogene Differentialgleichungen
2. Ordnung in u:
1. x ∈ (0, a):
d2 ψ 2m
+ ̵ 2 Eψ = 0
dx2
h
2
d u
du
+ 2ik
+ (α2 − k 2 )u = 0
dx2
dx
2. x ∈ (−b, 0):
d2 ψ 2m
+ ̵ 2 (E − V0 )ψ = 0
dx2
h
2
d u
du
+ 2ik
+ (β 2 + k 2 )u = 0
2
dx
dx
Die Lösungsansätze in den 2 Bereichen lauten dann:
1. u1 = Aei(α−k)x + Be−i(α+k)x
2. u2 = Cei(β−k)x + De−i(β+k)x
Aus den Stetigkeitsbedingungen (Die Wellenfunktionen müssen ja an den Bereichsgrenzen stetig ineinander übergehen) finden wir 4 Gleichungen für A, B, C & D aus denen
die Wellengelichungen berechnet werden kann.
Für die Konstanten gelten die Bedingungen:
u1 (0) = u2 (0)
du1
du2
∣
=
∣
dx x=0
dx x=0
u1 (a) = u2 (−b)
du1
du2
∣
=
∣
dx x=a
dx x=−b
Daraus folgen vier homogene Gleichungen für A, B, C, D:
1. A + B = C + D
2. Aeia(α−k) + Be−ia(α+k) = Ce−b(β−ik) + Deb(β+ik)
3. i(α − k)A − i(α + k)B = (β − ik)C − (β + ik)D
4. i(α − k)Aeia(α−k) − i(α + k)Be−ia(α+k) = (β − ik)Cei(β−ik) − (β + ik)Deβ+ik
Wir interessieren uns aber für Bedingungen mit brauchbaren E-Werten. Dazu muss aber
erst die Determinante des Gleichungssystemes verschwinden. Dies führt uns zur Bedingungsgleichung (folgt aus den Additionstheoremen):
β 2 − α2
sinh(bβ) sin(aα) + cosh(bβ) cos(aα) = cos(k(a + b))
2αβ
(2.115)
143
2
FESTKÖRPERPHYSIK
Wenn wir nun die Potentialwälle in δ-Distributionen übergehen lassen, geht V0 → ∞.
Damit also V0 ⋅ b endlich bleibt, muss b → 0. Außerdem ist V0 ⋅ b = endlich und konstant.
V0 ⋅ b ist die Stärke“ der Bindung. Führen wir die Grenzübergänge durch kommen wir
”
zu einer neuen Bestimmungsgleichung:
Wir betrachten vorerst den 1. Term aus der oberen Gleichung:
Bedingungen: sinh(βb) = βb, cosh(βb) = 1
V0 → ∞
̵2
̵2
β2h
α2 h
³¹¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ · ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹ ¹µ ­
⇒ V0 ≫ E mV0 b
β 2 − α2
2mV0 − 2mE − 2mE
βb sin(αa) =
b
sin(αa)
=
̵2
̵ 2 sin(αa)
2βα
2αh
αh
mV0 b
̵ 2 α sin(αa) + cos(αa) = cos(ka)
h
mV0 ba
P = ̵ 2 ∝ V0 b → Potentialstärke
h
⇒
f (α ⋅ a) ≡ P
sin(aα)
+ cos(aα) = cos(ka)
aα
(2.116)
Abbildung 107: Darstellung der Funktion P sin(aα)
+ cos(aα) für P = 3π/2. Die eraα
laubten Werte der Energie ε sind durch jene Bereiche von aα gegeben,
innerhalb derer die Funktion zwischen +1 und −1 liegt. Für andere Energiewerte gibt es keine laufenden Wellen oder Blochsche Lösungen der
Wellengleichung, so dass im Energiespektrum Lücken auftreten.
2.6
Elektronen im Festkörper
Wobei P =
alstärke“.
V0 mba
̵2
h
144
in Gleichung (2.116) ist. Dieses P bezeichnet man als Potenti”
Schlussfolgerungen:
1. Es existieren erlaubte Energiebänder, getrennt durch verbotene“ Zonen (energy
”
gaps).
2. Die Bandbreite der erlaubten Bänder steigt mit der Energie, also mit aα.
3. Die Breite eines bestimmten Bandes sinkt mit steigender Potentialstärke P , also mit
steigender Bindung an das Ion. Geht P → ∞, dann kommt es zu einem diskreten
̵ 2 π 2 n2
Atomlinienspektrum mit E = h2me
2 . Geht allerdings P gegen 0, haben wir nur
noch das freie Elektron mit quasikontinuierlichem Spektrum.
Abbildung 108: Allowed and forbidden energy ranges (shaded and open respectivly) as
function of P . The extreme left corresponds to P = 0 (free electrons),
the extreme right to P = ∞.
4. Es kommt zu Sprüngen in E(k) für ∣ cos(ka)∣ = 1. Da k = nπ
a ist, mit n ∈ N und sind
die Grenzen der BZ’s. k definiert die 1., 2., . . . Brillouin Zone. Das freie Elektron
hat eine Energie von
E=
Im Kristall: Zonengrenzen:
dE
dk
̵ 2 k2
h
2m
mit kn =
nπ
l
= 0 + Energiesprung
(2.117)
145
2
FESTKÖRPERPHYSIK
Abbildung 109: In (a) the energy is represented as function of k for P = 3π
; the Brillouin
2
zones are indicated (note that this is only half the picture). In (b), E is
plotted versus the reduced wave vector.
5. Innerhalb der erlaubten Energie-Zustände (= Energie-Band = Band) ist E(k) peri) a) =
odisch, daraus folgt, dass k nicht vollständig bestimmt ist, denn cos(ka) = cos ((k + 2nπ
a
cos(ka+2nπ). Dies ist eine Folge der Periode der Blochfunktion. In der 1. BrillouinZone ist der reduzierte Wellenvektor“ beschränkt auf − πa ≤ k ≤ πa . Daher kommen
”
wir auf die reduzierte Darstellung.
(a) The free electron E vs. k parabola in one dimension.
(b) Step 1 in the construction to determine the distortion in the free electron parabola in the neigborhood of a Bragg“plane“, due to a weak periodic potential. If the Bragg“plane“ is that determined by K,
a second electron parabola is drawn, centered on K.
2.6
Elektronen im Festkörper
(c) Step 2 in the construction to determine the distortion in the free electron parabola in the neigborhood of a
Bragg“plane“. The degeneracy of the
two parabolas at K/2 is split.
146
(d) Those portions of part (c) corresponding to the
original free electron parabola given in (a).
(e) Effect of all additional Bragg“planes“ on the free
electron parabola. This particular way of displaying
the electronic levels in a periodic potential is known
as the extended-zone scheme.
(f) The levels of (e), displayed in a reduced-zone
scheme
147
2
FESTKÖRPERPHYSIK
(g) Free electron levels of (e) or (f) in a
repeated-zone scheme.
Abbildung 110
6. Wenn wir einen unendlich ausgedehnten Kristall betrachten (l → ∞), so kann k
in jedem Band jeden Wert annehmen. So ist es im Allgemeinen nicht, also wenn l
endlich ist, dann wird k abzählbar.
Frage: Wie groß ist die Zahl der möglichen Zustände = Wellenfunktionen pro
Band?
Wir nehmen wieder periodische Randbedingungen zur Vermeidung von Randeffekten:
ψ(x + l) = eik(x+l) uk (x + l) = eikx uk (x) = ψ(x)
⇒ ψ(x + l) = ψ(x) periodisch in l
eik(x+l) = eikx ⇒ eikl = 1 ⇒ kl = 2πn; k =
Die Zahl der k-Werte in dk ∶
dn =
2πn
l ,
n∈Z
l
dk
2π
Frage: Wie viele Werte gibt es insgesamt für n und k?
kmax für n-tes Band:
nπ
π
⇒ kmax,1 =
a
a
l π
l
N
l
kmax =
⋅ =
=
nmax,1 =
2π
2π a 2a 2
kmax,n =
Elektronen im Festkörper
N=
l
a
148
ist die Zahl der Elementarzellen
Für alle +k gibt es ein −k → also N
Spin: ↑, ↓
So ist die Zahl der Wellenfunktionen = Zustände pro Band klarerweise 2N . Das
heißt wenn pro Band 2N Elektronen sind, dann ist es gefüllt und wir haben einen
Isolator!.
Wenn es nicht gleichmäßig verteilt ist:
dn(E)
dE
dn dk N a 1
⇒ Bandkante:
=
=
= 0,
dE
dE
dk dE 2π dk
dk
°
Bandmitte:
dE
= max
dk
l
= Na
2π 2π
E
Band
2.6
Abbildung 111: [MB]
2.6.5
Zustandsdichte
Die effektive Masse von Kristallelektronen
⃗ in der Quantenmechanik ist die TeilchenWir betrachten Elektronen mit Wellenvektor k.
dv
1 dE
geschwindigkeit gegeben durch vT = vG = vph − λ dλph = dω
̵ dk . Jetzt fragen wir uns
dk = h
warum vT = 0 sein soll an der Brillouin- Zonengrenze. Das Elektron stellt eine laufen⃗ Wenn wir nur elastische
de Welle dar, für die Bragg-Reflektion gilt: ∆k⃗ = k⃗′ − k⃗ = G.
Streuung ansehen, dann gilt nach der Quadratur der Gleichung: 2k⃗ = ±G = ± 2nπ
a und
somit
nπ
k=±
(2.118)
a
149
2
FESTKÖRPERPHYSIK
Das heißt aus den laufenden Wellen werden stehende Wellen. Wir können daher ein Feld
anlegen und die Elektronen bewegen sich trotzdem nicht. Wie soeben gesehen, ist die
1 dE
Geschwindigkeit vT gegeben durch vT = dω
̵ dk .
dk = h
̵2
̵
2
p
k
Ohne äußeres Feld gilt für das freie Elektron: E = h2m
und vT = hk
m = m.
Mit Feld (Feldstärke F e ): Es sei ein Elektron in der 1. Brillouin-Zone mit Zustand k. Das
Elektron gewinnt im Zeitraum dt die Energie dE.
eF e dE
dE = eF e vT dt = ̵
dt
h dk
e
̵ ⇒ dk = eF
eF e dt = hdk
̵
h
dt
eF e dE
dk eF e
dE
dk = ̵
dt →
= ̵
→ dE =
dk
dt
h dk
h
(2.119)
Für eine Beschleunigung im Feld gilt dann:
a=
dv 1 d2 E dk eF e d2 E
=̵
= ̵2
dt h
dk 2 dt
h dk 2
Für das freie Elektron ist die Beschleunigung einfach a =
nigung im Kristall
eF e
a= ∗
m
mit
m∗ =
eF e
m ,
(2.120)
wohingegen die Beschleu-
̵2
h
d2 E
dk2
(2.121)
(2.122)
m∗ bezeichnen wir als die effektive Masse der Leitungselektronen und ist ein Maß für
die Krümmung der E(k)-Beziehung. Für die untere Bandhälfte gilt m∗ > 0 und für die
obere Bandhälfte m∗ < 0.
2.6.6
Metalle, Isolatoren, Halbleiter und Löcherleitungen
Wir können jetzt ein Maß für die Freiheit“ des elektrons im Zustand k einführen:
”
fk =
m
m d2 E
=
̵ 2 dk 2
m∗ h
(2.123)
Wenn m∗ groß ist, wird fk klein, und wir könnten von einem schweren“ (besser: trägen) Teil”
chen sprechen. Für fk = 1 wird das Elektron frei.
2.6
Elektronen im Festkörper
150
Es gilt:
• fk > 0 in unterer Bandhälfte
• fk < 0 obere Bandhälfte
Abbildung 112: Energy band filled up to states k1 at T = 0.
2
Drude-Modell: σ = nem τ ; in Kristall σ ∝
σ ist die elektrische Leitfähigkeit.
1
m∗
Frage: N Elektronen im Band entsprechen wievielen freien“ Elektronen = Nef f ?
”
Die effektive Zahl der freien Elektronen im Band ist gegeben durch
Nef f =
∑
(2.124)
alle besetzten Zustände im Band
Sehen wir uns einen linearen Kristall mit Länge l an: ψ(x + l) = ψ(x).
Mit der Blochfunktion ergibt sich: eik(x+l) uk (x + l) = eikx uk (x), wodurch uk (x + l) = uk (x)
gilt. Das heißt eik(x+l) = eikx .
Daraus folgt: kl = 2nπ und somit k = 2nπ
l , wo n = ±1, ±2, . . . ist.
Die Zahl der möglichen Wellenfunktionen (= k-Werte) in dk ist also:
dn = l
dk
2π
π
Für k gilt: k = nπ
a mit n ∈ N beschränkt auf ± a .
l
l
Daraus folgt: nmax = πa 2π
= 2a
und das ist:
1
⋅ (Zahl der Elementarzellen)
2
Wir folgern daraus, dass die Gesamtzahl der Wellenfunktionen im Band exakt der Zahl der Elementarzellen entspricht! Wenn wir den kontinuierlichen Verlauf der effektiven Zahl der freien
151
2
FESTKÖRPERPHYSIK
Elektronen ansehen so finden wir:
k2
Nef f
k1
2lm
l
d2 E
2lm dE
= ∫ fk dk = ̵ 2 ∫
dk = ̵ 2 (
)
2
π
πh
dk
π h dk k=k1
−k1
0
Die Berechnung lässt 2 Schlüsse zu:
• Die effektive Zahl der Elektronen verschwindet in einem vollständig gefüllten Band und
• Die effektive Zahl der Elektronen erreicht ein Maximum beim Wendepunkt. Dieser entspricht der Bandmitte, wie man der Abbildung 112 entnehmen kann.
Abbildung 113: Allowed energies in a one-dimensional lattice of periodicity a, as a function of the wave number k. The dashed curve gives the free electron model result, for comparison. The allowed and forbidden energy bands that
result are shown on the right.
Abbildung 114: Illustrating how the potential for an electron moving in a periodic lattice can be approximated by the Kronig-Penney model of an array of
rectangular potential wells and barriers.
2.6
Elektronen im Festkörper
152
Eindimensionaler Kristall: Bänder durch Energie-Lücken getrennt
3-dimensionaler Kristall: Die Bänder überlappen
(a) Calculated energy bands in copper. The E vs. k curves are shown
along several lines in the interior and on the surface of the first zone.
(The piont Γ is at the center of the zone.) THe d-Bands occupy the
darkest region of the figure, whose width is abaout 3,5eV .
(b) The lowest-lying free electron energies along the same lines as in
(a). (The energy scales in (a) and (b) are not the same.)
Abbildung 115
Beiträge zur Leitfähigkeit werden kompensiert. Wenn die effektive Masse m∗ < 0 ist, verhält
sich das Band wie eine positive Ladung. Man sagt, das Band verhält sich kollektiv, wie ein
positives Loch“ mit effektiver Masse m∗ .
”
153
3
3
MATERIALPHYSIK
Materialphysik
Dieses Kapitel gibt nur eine kurze Einführung in den Bereich der Materialphysik.
Die Materialphysik ist ein Teilgebiet der Physik. Sie beschäftigt sich mit den physikalischen
Grundlagen der Struktur und des Gefüges realer Festkörper auf atomarer Ebene.
Der Übergang von der Materialphysik zur Festkörperphysik ist fließend. Die Materialphysik
untersucht die realen Strukturen mit ihren Defekten, die für sehr viele Eigenschaften von zentraler Bedeutung sind, während die Festkörperphysik im Wesentlichen perfekte und idealisierte
Strukturen untersucht.[15]
3.1
Amorphe Metalle (Metgläser)
Amorpher Festkörper hat eine Struktur wie eine Flüssigkeit. Es herrscht eine topologische Nahordnung.
3.1.1
Die radiale Paarverteilungsfunktion g(r)
g(r) ist die Abweichung der lokalen Dichte von ihren Mittelwert als Funktion des Abstandes r
vom Ursprung.
Paarkorrelationsfunktion:
h(r) = g(r) − 1
(3.1)
Abbildung 116: Radiale Paarverteilungsfunktion für einfache Flüssigkeiten aus kugelförmigen Teilchen (σ = Teilchendurchmesser)
Experimenteller Zugang:
Elastische Röntgen- oder Neutronenstreuung.
⃗ und gibt an wie die einfalI(θ) wird gemessen und aus diesem folgt der Strukturfaktor S(∆k)
lenden Wellen miteinander interferieren.
3.1
Amorphe Metalle (Metgläser)
154
Abbildung 117: a) Schema eines Streuexperiments zur Untersuchung von Flüssigkeiten mit Röntgenstrahlen beziehungsweise Neutronen, b) Definition des
Streuvektors K, c) Phasendifferenz der Streuwellen, die von zwei
Flüssigkeitsteilchen an den Orten r1 und r2 ausgehen.
⃗ mittels Fourierrücktransformation erhalten wir h(r) und g(r).
Aus dem Strukturfaktor S(∆k)
Abbildung 118: Intensität von in einem metallischen Glas gestreuten Neutron als Funktion der Wellenzahländerung ∆k = k0 − ks
155
3
MATERIALPHYSIK
Abbildung 119: Streufunktion von flüssigem Argon bei einer Dichte ρm = 0,982gcm−3
(links) und hieraus errechnete Paarverteilungsfunktion (rechts).
Abbildung 120: Vergleich der Änderung des spezifischen Volumens beim Erstarren eines
Glases und eines kristallinen Festkörpers.
3.1
Amorphe Metalle (Metgläser)
Abbildung 121: Strukturmerkmale von Gasen, Flüssigkeiten und Festkörpern und ihre
Beschreibung über die radiale Paarverteilungsfunktion.
156
157
3
MATERIALPHYSIK
Erzeugung von Metgläsern:
• normal: (106 − 108 )K/s
• splat quenching: 1012 K/s
• melt spinning: (104 − 107 )K/s
Abbildung 122: (a) Four methods of forming amorphous solids: (1) slow cooling by shutting off furnace; (2) moderate quenching; (3) rapid splat quenching“;
”
and (4) condensation from the gas phase. (b) Melt spinning of metallic
glass. The solid ribbon of amorphous metal is spun off at speeds that can
exceed 1km/min.
3.2
Nanostrukturen
158
Eigenschaften:
• Hohe Zugfestigkeit: F e80 B20 ist die Fließgrenze σ = 3,7 × 109 N m−2 ;
Stahl σ = 3 × 108 N m−2
• Magnetische:
Es gibt alle Arten von Magnetismus.
Vorteile bei Ferromagneten: keine Anisotropie, was heißt, dass es keine Abhängigkeit
von der Orientierung des Metalls gibt.
Es hat auch geringe Magnetisierungsverluste (Hysterese Verluste) und ist daher magnetisch sehr weich und ist daher z.B. sehr gut für Transformatorkerne verwendbar.
Es hat auch einen hohen spezifischen Widerstand und daher keine Wirbelstromverluste.
3.2
Nanostrukturen
Kohlenstroff-Cluster und Kohlenstoff-Nanoröhrchen.
Atom-Cluster: besteht aus 3 − 1000 Atomen und hat keine Bandstruktur und hat daher vom
Festkörper unterschiedliche elektrische, optische und magnetische Eigenschaften.
Monoatomares Graphit heißt Graphen.
Metallisch: 109 Acm−2 wobei Kupfer bei 106 Acm−2 versagt.
159
VERWEISE
Verweise
Statistik
[1] Wikipediaartikel Binomialverteilung - Erwartungswert
[2] Wikipediaartikel Taylorreihe - zur Berechnung der Taylorreihe für zwei Variablen.
[3] Encyclopaedia Britannica Fermi-Dirac statistics
[4] Wikipediaartikel Fermi-Dirac Statistik - bei endlichen Temperaturen
[5] Wikipediaartikel Fugazität
Festkörper
[6] Wikipediaartikel Spin - Zwei Teilchen mit Spin 1/2
[7] Wikipediaartikel Wigner-Seitz-Zelle
[8] Wikipediaartikel Bravais-Gitter
[9] Commons Wikipedia Crystallography
[10] Wikipediaartikel Röntgenbeugung
[11] Commons Wikipedia Diamond cubic
[12] Wikipediaartikel Diamantstruktur
[13] Wikipediaartikel Quasiimpuls
[14] Wikipediaartikel Bändermodell
Materialphysik
[15] Wikipediaartikel Materialphysik
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