Musterlösung Klausur Wechselstromtechnik WS0506 vom 23.03.2006 Bitte beachten Sie, dass in den Berechnungen zugunsten reduzierter Schreibarbeit die Dimensionen nicht mitgeführt werden und nur die Endergebnisse mit der Dimension versehen sind. Allerdings sind gegebene Werte falls nötig immer auf die Standardgrößen umzuformen, also z.B. F statt µF, H statt mH, Ω statt kΩ, V statt kV, etc. Aufgabe 1: a) Durch Anwendung der Formel für den komplexen Spannungsteiler ergibt sich die gesuchte Spannung zu: R + jωL jωRC − ω 2 LC U2 = U1 = U1 2 1 ω ω + − 1 j RC LC + R + j ωL jωC j ⋅ 314 ⋅ 10 ⋅ 100 ⋅ 10 − 314 ⋅ 0,01 ⋅ 100 ⋅ 10 ⋅ 230V 1 + j ⋅ 314 ⋅ 10 ⋅ 100 ⋅ 10 −6 − 314 2 ⋅ 0,01 ⋅ 100 ⋅ 10 −6 − 0,0493 + j ⋅ 0,314 = ⋅ 230V ⋅ e j 45° = 73,01V ⋅ e j 80 , 65° 0,951 + j ⋅ 0,314 −6 = −6 2 6 b) Um die Formel gemäß Skript Seite 31 zur Umwandlung einer Reihendarstellung in einer Parallelschaltung anwenden zu können, muss in einem ersten Schritt die gegebene Schaltung in die Reihenschaltung eines reellen und eines imaginären Anteils umgeformt werden. Dies geschieht einfach durch Berechnung der komplexen Impedanz Z der Schaltung, die zugleich, aufgeteilt in Real- und Imaginärteil, die gesuchten Komponenten in Reihendarstellung liefern. RR jXR 2 Z Es gilt daher für Z bzw. RR und XR: 1 1 ⎞ ⎛ + R + j ωL = R + j ⋅ ⎜ ω L − ⎟ j ωC ωC ⎠ ⎝ 1 ⎛ ⎞ = 10 + j ⋅ ⎜1,57 − ⎟ 314 ⋅ 100 ⋅ 10 −6 ⎠ ⎝ = (10 − j ⋅ 30,28)Ω = RR + j ⋅ X R Z= Es folgt: RR = 10Ω X R = −30,28Ω 2 Auf der Grundlage dieser Werte ist es nun möglich, die eigentlich gesuchte parallele Darstellung zu berechnen. Es gilt (s. Skript S. 32): RR + X R 100 + 30,28 2 = = 101,7Ω RP = RR 10 2 2 RR + X R 100 + 30,28 = j = − j 33,58Ω XR − 30,28 2 jX P = j 2 2 3 Die gesuchte Kapazität CP ergibt sich schließlich zu: − j 33,58Ω = − j CP = 1 ωC P 1 1 1 = = 1,054 ⋅ 10 4 F ω ⋅ 33,58 314 ⋅ 33,58 Offensichtlich stellt jXP wie gewünscht eine kapazitive Reaktanz dar. Anhand der Formel erkennt man, dass das Vorzeichen von XR direkt das Vorzeichen von XP bestimmt, denn der Zähler ist aufgrund der Quadrate immer positiv. Daher ist die Bedingung dafür, dass die originale Schaltung durch eine Parallelschatung aus RP und CP darstellbar ist die, dass die Induktivität nicht zu groß ist und damit die gesamte originale Reihenschaltung kapazitiven Charakter besitzt. 2 c) Die symbolische Methode der Wechselstromtechnik beschreibt das Verhalten einer elektrischen Schaltung für die Anregung mit sinusförmigen Wechselspannungen fester (Netz-)Frequenz ω. Für eine solche feste Frequenz ω genügt eine einzige komplexe Impedanz Z, um eine beliebig komplexe lineare Schaltung aus R, L und C zu beschreiben. 4 Das dynamische Einschwingverhalten eines solchen Systems dagegen ist von der zugrunde liegenden Differentialgleichung höherer Ordnung des Systems abhängig, so dass im gegeben Beispiel die einfache Parallelschaltung aus Widerstand und Kondensator (Dgl. 1. Ordnung) nicht das Schwingungsverhalten des Reihenschwingkreises (Dgl. 2. Ordnung) abbilden kann. Aufgabe 2: (20 Punkte) a) Solange die in der Abbildung ergänzten Kapazitäten der Leitungen gegen Erde klein sind (kleine Ausdehnung des Netzes), sind die Ströme im Vergleich zu den Nennströmen klein und die Sicherung werden nicht ansprechen. 2 Erst bei ausgedehnten Netzes könnte der Fehlerstrom über den Erdschluss möglicherweise hinreichend groß werden. Allerdings darf man sich für eine sichere Auslösung der Sicherung nicht verlassen. Im Gegenteil werden isolierte Sternpunkte oft bei kleineren Netzen eingesetzt, wenn man im einphasigen Erdschluss die Verfügbarkeit des Netzes erhalten möchte. In diesem 2 Fall darf der Fehlerstrom schon aus Sicherheitsgründen (Spannungstrichter) nicht so groß sein, dass die Sicherungen auslösen. U1 U2 N U3 S1 Z1 S2 Z2 M S3 Z3 b) Bei symmetrischen Spannungen und Lasten liegen die Sternpunkte N und M auf identischem Potential. Durch den Erdschluss kommt es zur Verschiebung des Sternpunktes N, denn die Erde erhält das Potential der Spannung U3. Damit ergibt sich für den Sternpunkt N (und damit bei Symmetrie auch M) das Potential relativ zur Erde von –U3. c) Vorteile: - Einfach und preiswert, da keine weitere Gerätetechnik nötig - Verbraucher können im Fehlerfall weiter betrieben werden Nachteile: - Je nach Netzgröße gefährliche Spannungstrichter an der Fehlerstelle - Netzschutz / Sicherungen werden i.a. nicht ausgelöst - Mögliche Beeinflussung von Fernmeldanlagen 4 4 d) Durch eine niederohmige Erdung (Widerstand R) des Sternpunktes N entsteht über den Erdschluss ein niederohmiger Kurzschluss der Spannung U3 und damit ein entsprechend hoher Fehlerstrom, der von Sicherung S3 sicher erkannt und zur allphasigen Abschaltung genutzt werden kann: U1 N R e) U2 U3 S1 Z1 S2 Z2 M S3 Z3 3 Bei gelöschtem Betrieb wird der Sternpunkt N über eine einstellbare Spule geerdet. Die Induktivität dieser Spule wird dabei auf die Leitungskapazitäten so eingestellt, dass sich in Parallelresonanz die Leitungskapazität und die Erdungsinduktivität gerade kompensieren und damit der Fehlerstrom nahezu 0 wird. Allerdings kann die Spule nur auf eine Frequenz, die Netz-Betriebsfrequenz ωN, eingestellt werden. Dies führt dazu, dass Oberwellen n⋅ωN (z.B. durch Leistungselektronik / Stromrichter / Umrichter) nahezu unkompensiert über den Erdschluss fließen können (analog dem Fall des isolierten Sternpunktes). Entsprechend große Ströme können fließen, zumal die für die den Stromfluss verantwortlichen Leitungskapazitäten mit wachsender Frequenz eine geringere Reaktanz besitzen und der Fehlerstrom deshalb ansteigt. 5 Aufgabe 3: (24 Punkte) a) Die Spanungsquelle samt Innenwiderstand ist in eine Stromquelle umzuwandeln. Hierzu ist die Spannungsquelle kurzzuschließen und hieraus der Kurzschlußstrom zu ermitteln: Ri 2 Ik U0 Es gilt daher für den Kurzschlussstrom: Ik = U 0 230V = = 230 A Ri 1Ω 2 Der Innenwiderstand der Spannungsquelle wird unverändert in die Stromquelle übernommen. Man erhält schließlich das folgende Schaltbild, bei dem die Spannungsquelle in einen Stromquelle überführt wurde: R1 jX1 R3 Ik 2 Ri R2 jX2 b) Zur Berechnung der Schaltung mit dem Knotenspannungsverfahren sind im nächsten Schritt alle Impedanzen in Admittanzen umzurechnen. Es ergibt sich das folgende Schaltbild: G1 jY1 2 G3 Gi Ik G2 jY2 mit: Gi = 1 / Ri = 1 S G1 = 1 / R1 = 1 S G2 = 1 / R2 = 2 S G3 = 1 / R3 = 4 S Y1 = 1 / X1 = 1 S Y2 = 1 / X2 = 2 S Zur Anwendung des Knotenspannungsverfahrens ist nun ein Bezugsknoten mit Potential 0 und die Bezugspfeile der anderen Spannungen festzulegen. K3 G1 jY1 G3 Ik U3 K1 Gi U1 K2 G2 U2 4 jY2 Bezugsknoten ϕ=0 (willkürliche Wahl) Damit sind die Voraussetzungen geschaffen, das zur Berechnung der Knotenspannung notwendige Gleichungssystem aufzustellen: − G3 ⎛ G2 + G3 + jY1 ⎜ G1 + G3 + jY2 − G3 ⎜ ⎜ − jY1 − G1 ⎝ − jY1 ⎞ ⎛U 1 ⎞ ⎛ 0 ⎞ ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ ⎟ − G1 ⎟ ⋅ ⎜U 2 ⎟ = ⎜ 0 ⎟ G1 + Gi + jY1 ⎟⎠ ⎜⎝ U 3 ⎟⎠ ⎜⎝ I k ⎟⎠ 4 Einsetzen der Werte liefert schließlich: −4 − j ⎞ ⎛U 1 ⎞ ⎛ 0 ⎞ ⎛6 + j ⎟ ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ ⎜ 4 5 2 1 0 j U = ⋅ − + − ⎟ ⎟ ⎜ 2⎟ ⎜ ⎜ ⎜ ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ −j 2 + j ⎠ ⎝ U 3 ⎠ ⎝ 230 ⎟⎠ −1 ⎝ 2 Ergänzung (nicht Bestandteil der Klausuraufgabe): Das Gleichungssystem kann man nur mühsam manuell lösen, deshalb hier die Lösung, die man z.B. mit MATLAB ermitteln kann: ⎞ ⎛ U 1 ⎞ ⎛ 31,39V ⋅ e ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ − j 41, 45 = U 45 , 52 V e ⋅ 2 ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ ⎜ U ⎟ ⎜ 121,3V ⋅ e − j 26 , 47 ⎟ ⎝ 3⎠ ⎝ ⎠ − j 13 , 06 c) 1. Möglichkeit: Um die Methode ohne weitere Änderung anwenden zu können führt man für jede Spannungsquelle von 0 verschiedene Innenwiderstände Ri ein, die klein sind gegenüber den Beträgen der übrigen Impedanzen und somit die Berechnung nur unwesentlich beeinflussen, aber dennoch die Lösbarkeit sicherstellen. Dies ist ein Näherungsansatz, der aber für alle praktischen Belange hinreichend genau ist. 2. Möglichkeit Spannungsquellen werden nicht in Stromquellen umgewandelt, vielmehr wird ein reduziertes Gleichungssystem betrachtet. Dieses enthält diejenigen Zeilen nicht, die zur Berechnung der Spannungen der Knoten dienen, die über die Spannungsquellen miteinander verbunden sind. 3 3 Die 2. Möglichkeit erfordert zwar keine Näherungslösung wie Möglichkeit 1, jedoch erfordert eine Vorab-Analyse der Schaltung und ist nicht so einfach in ein mathematisches Programm umzusetzen. Aus diesem Grunde verwenden viele Programme zur Schaltungsanalyse die 1. Möglichkeit. Aufgabe 4: (16 Punkte) a) Werden zwei Verbraucher an einem Trenntransformator angeschlossen, so kann es zu einem gefährlichen Zustand kommen, wenn die Gehäuse jeweils mit einem der beiden Versorgungsleitungen L1 bzw. L2 Kontakt kommen (hier durch die schwarzen Punkte gekennzeichnet). Zwischen den Gehäusen leigt dann die volle Sekundärspannung des Trafos an. Eine gleichzeitige Berührung beider Gehäuse stellt eine zweipolige Berührung dar, die Schutzwirkung des Trenntrafos ist nicht mehr vorhanden. 3 L1 3 V1 L2 b) V2 Wird die Verbindung des Gehäuses zum (vermeintlichen) PEN Leiter im Verbraucher durchgeführt, so hängt es von der Orientierung des Steckers in der Dose ab, ob das Gehäuse tatsächlich mit dem PEN und damit mit Erde verbunden wird (in der Abbildung fette durchgezogene Linien zwischen Dose und Stecker). Wird der Strecker dagegen verdreht (strichlierte Verbindung) erhält das „geerdete“ Gehäuse Kontakt mit L1, was tödlich enden kann. Dose 3 Stecker L1 3 PEN c) Wie bei der einphasigen FI-Schutzschaltung muss auch im dreiphasigen Fall der FISchutzschalter überprüfen, ob der über die drei Phasen gelieferte Strom zum Verbraucher wieder vollständig über den Neutralleiter zurückfließt oder ob ein Teil des Stroms anderweitig (z.B. über einen Erdschluss) abfließt. Die Summe aller Ströme durch den FI-Schalter muss also gleich 0 sein. Entsprechend muss der FI-Schutzschalter in alle 4 Leiter eingeschleift werden: Z1 U1 N Z2 U2 M 4 FI U3 Z3 Aufgabe 5: a) Zur Berechnung per Superposition wird die Aufgabe in mehrere Teilaufgaben zerlegt. In jeder Teilaufgabe werden alle Strom- bzw. Spannungsquellen bis auf eine einzige entfernt bzw. kurzgeschlossen. Die verbleibende Schaltung wird mit den bekannten Methoden der Schaltungsanalyse bearbeitet. Die Gesamtlösung ergibt sich schließlich aus der Summe der Teillösungen. In der vorliegenden Aufgabe existieren 2 Spannungsquellen, so dass die Berechnung des gesuchten Stroms IR in zwei Teilberechnungen zerlegt werden muss. 1. Teilschaltung (Spannungsquelle U2 entfernt und Teilstrom IR1 eingeführt): U1 IR1 C 1 R Der Maschenumlauf liefert: ⎛ 1 ⎞ U 1 = I R1 ⎜⎜ R + ⎟ jωC ⎟⎠ ⎝ U1 j ωC I R1 = = U1 1 1 + j ω RC R+ jω C 2 2. Teilschaltung (Spannungsquelle U1 entfernt und Teilstrom IR2 eingeführt): U2 IR2 C R 1 Der Maschenumlauf liefert: ⎛ 1 ⎞ U 2 + I R 2 ⎜⎜ R + ⎟⎟ = 0 j ω C ⎝ ⎠ U2 j ωC I R2 = − =− U2 1 1 + j ω RC R+ j ωC 2 Der Gesamtstrom berechnet sich damit zu: jωC jωC jω C U1 − U 2 = (U 1 − U 2 ) 1 + jωRC 1 + jωRC 1 + jωRC j ωC jω C S = 230V (1 + j ) S = 230V (e j 0 − e − j 90° ) 1 + jωRC 1 + jωRC I R = I R1 + I R 2 = = 230V ⋅ (1 + j ) ⋅ e = 230 ⋅ 2 ⋅ = 230 ⋅ 2 ⋅ j arctan (1 ) jω C ⋅ 1 + jωRC j arctan 0 ⋅ ⎛⎜ e ⋅ e − j arctan ωRC ⎞⎟ S ⎝ ⎠ ωC ωC j 45° j ( 90° − arctan 0 , 0628 ) ⋅ e ⋅ e A 2 2 1 + (ωRC ) 4 0,0314 A ⋅ e j ( 45°+90°−3, 59° ) 1,002 = 10,19 A ⋅ e j131, 4° b) IR UC - U2 U1 – U2 6 ϕ UR U1 U2 c) Die Leistung kann direkt aus dem Betrag des Stroms IR und Widerstand R berechnet werden. Es ergibt sich: P = I R ⋅ R = (10,19 A) ⋅ 2Ω = 207,7W 2 2 4