Philosophie der Quantenphysik

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Philosophie der Quantenphysik
Tanja Traxler
4. Dezember 2012, Universität Wien
Interpretieren oder Rechnen?
„Shut up, and calculate.“ (David Mermin/Richard Feynman)
Only calculations


Interpretationen der
Quantenmechanik meist
können experimentell nicht
entschieden werden
das könnte
unwissenschaftlich werden
Also interpretations
Grundlegende Elemente der
Theorie können ohne
Interpretation nicht
definiert werden: Messung,
Beobachter, Realität

Beantwortung verlässt
methodischen Rahmen der
Physik

Ontologie der Wellenfunktion
only quantum formalism

Wellenfunktion Ψ
beschreibt nur physikalische
Phänomene
„real“ quantum world

Wellenfunktion Ψ lässt
Rückschlüsse auf Realität zu
(die vielleicht hinter den
Phänomenen verborgen
liegt)
Ontologie
Interpretationen der Quantenmechanik
Kopenhagen Interpretation
 Viele-Welten Interpretation
 De Broglie-Bohm Interpretation
 Dekohärenz

Kopenhagen Interpretation





Vorreiterin unter den Interpretationen
Ursprung: Diskussionen am Institut für theoretische Physik in
Kopenhagen zwischen 1925 und 1927
Intellektuelle Väter: Niels Bohr, Werner Heisenberg,
Wolfgang Pauli
Postuliert: Kollaps der Wellenfunktion durch Messung, d. h.
quantenmechanischer Superpositionszustand wird zerstört, ein
bestimmter Messwert manifestiert sich
Wellenfunktion ψ keine reale physikalische Messgröße,
sondern mathematisches Werkzeug und Maß für
Wahrscheinlichkeit eines bestimmten Messwertes
Kopenhagen Interpretation
Credit: Reinhold A. Bertlmann und Tanja Traxler
Kopenhagen Interpretation

Interessant: obwohl meist gebräuchliche Interpretation
bis heute keine schriftliche Definition;
Claus Kiefer (2002): „There has never been complete
agreement about the actual meaning, or even definition, of this
interpretation even among ist main contributors. In fact, the
Copenhagen interpretation has remained until today an
amalgamation of different views.“

Offene Frage: Warum kommt es zum Kollaps?
Many worlds theory




Postuliert: Kollaps ist nur eine Illusion
Mathematischer Formalismus der Quantenmechanik bekommt
reale Bedeutung
An jedem Messpunkt: Universum spaltet sich, d.h. es
existieren unendlich viele parallele Welten
Nachteile:
- Theorie „unökonomisch“
- Auswahl des Universums nicht erklärbar
Viele Welten Interpretation
Credit: Max Tegmark
De Broglie – Bohm Interpretation




Entwickelt unabhängig voneinander durch Louis de Broglie
(1920er Jahre) und David Bohm (1950er Jahre)
Wellenfunktion ψ ist reale physikalische Größe
Deterministische Theorie, Messprozess spielt keine
ausgezeichnete Rolle
Grundidee: Quantenphysikalisches System wird nicht nur durch
Wellenfunktion beschrieben, sondern auch durch Teilchenorte
(Trajektorien). Die Trajektorien sind allerdings verborgene
Parameter, weil Position nicht beliebig genau bestimmbar,
solange nicht gemessen worden ist
De Broglie – Bohm Interpretation
Simulation einiger bohmscher Trajektorien beim Doppelspalt. Die
Teilchen werden durch die Wellenfunktion geleitet, die am
Doppelspalt interferiert. Auf diese Weise kommt es zu dem bekannten
Interferenzmuster, obwohl eine Bewegung von Teilchen beschrieben
wird.
Quelle: Wikipedia
De Broglie – Bohm Interpretation

Nachteile:
- physikalisch kein Mehrwert
(„nur“ Anschauungs-mäßig)
- mathematisch sehr komplizierte Rechnungen
Dekohärenz




Grundgedanke: kein Quantensystem ist vollkommen isoliert, es
gibt immer Wechselwirkung mit der Umgebung.
Wechselwirkung zerstört Quanteneigenschaften, wie
Superposition oder Entanglement
Kollaps der Wellenfunktion muss nicht mehr postuliert werden,
da der Dekohärenzprozess die Quanteneigenschaften
zerstört
Offene Frage: Warum kommt es zu Dekohärenz?
Nachfolgende Abbildung - Credit: W. Zurek

(c) Zurek
Tanja Traxler
Interpretationen der Quantenmechanik
Quantenphysik und Philosophie
Philosophische Fragen in der Physik
Realität
 Lokalität
 Determinismus/Kausalität
 Subjekt/Objekt – idealer Beobachter

„Oft und gewiss nicht ohne Berechtigung ist gesagt worden,
dass der Naturwissenschaftler ein schlechter Philosoph sei.
Warum sollte es also nicht auch für den Physiker das Richtige
sein, das Philosophieren dem Philosophen zu überlassen? In
einer Zeit, in welcher die Physiker über ein festes, nicht
angezweifeltes System von Fundamentalbegriffen und
Fundamentalgesetzen zu verfügen glauben, mag dies wohl so
gewesen sein, nicht aber in einer Zeit, in welcher das ganze
Fundament der Physik problematisch geworden ist, wie
gegenwärtig. In solcher Zeit des durch die Erfahrung
erzwungenen Suchens nach einer neuen solideren Basis kann der
Physiker die kritische Betrachtung der Grundlagen nicht einfach
der Philosophie überlassen, weil nur er selber am besten weiß
und fühlt, wo ihn der Schuh drückt.“
Albert Einstein
Quantenphysik und östliche Mystik
Tanja Traxler
Quantenphysik in Philosophie und
Literatur
Die Einheit der Materie:
Quantenphysik: Grundbestandteile der Materie und die daran beteiligten
Grundphänomene hängen alle zusammen, stehen in Beziehung, sind
keine isolierten Einheiten, sondern können nur als Teil eines
integrierten Ganzen verstanden werden.
Die Welt erscheint in dieser Weise als ein kompliziertes Gewebe von Vorgängen,
in dem sehr verschiedenartige Verknüpfungen sich abwechseln, sich überschneiden
und zusammenwirken und in dieser Weise schließlich die Struktur des ganzen
Gewebes bestimmen.
(Werner Heisenberg)
Fritjof Capra: Das Tao der Physik (1975)
Im Hinduismus:
Brahman, die letzte Wirklichkeit, wird als „Wesenskern“
aller Dinge verstanden. Brahmans Manifestation in der
menschlichen Seele heißt „Atman“.
Das, was der feinste Stoff ist, ist die Seele der ganzen Welt. Das ist
das Wahre. Das ist Atman, das bist du.
(Upanischaden)
Für Hindus ist Brahman der bindende Faden im
kosmischen Gewebe, die letzte Ursache allen Seins:
Ihr kennt diesen, in den Himmel, Erde und Luftraum zusammen
mit allen Hauchen verwebt sind, als den einen Atman.
(Upanischaden)
Unauflösbare Widersprüche:
Quantenphysik: Welle-Teilchen-Dualismus, Unschärfe
Relation, Komplementarität, Superposition etc.
Wenn wir zum Beispiel fragen, ob die Position des Elektrons
die gleiche bleibt, müssen wir „nein“ sagen; wenn wir fragen, ob
die Position des Elektrons sich mit der Zeit ändert, müssen wir
„nein“ sagen; wenn wir fragen, ob es in Bewegung ist, müssen wir
„nein“ sagen.
(J. P. Oppenheimer)
Östliche Philosophie:
Zen: „Koan“-System zur Wissensvermittlung:
scheinbar unsinnige Rätsel, unmöglich sie durch
Denken zu lösen
Hinduismus:
Es bewegt sich. Es bewegt sich nicht.
Es ist weit, und es ist nahe.
Es ist in all diesem,
und es ist außerhalb von all diesem.
(Upanischaden)
Taoisten: Wandlungen der Natur als Manifestationen des
Zusammenspiels zwischen den Gegenpolen Yin und
Yang.
„Hat Yang seinen Gipfel erreicht, zieht es sich zugunsten des
Yin zurück; hat Yin seinen Gipfel erreicht, zieht es sich
zugunsten des Yang zurück.“
(Lao-tzu)
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