Fall 04 Lösung - Juristische Fakultät

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PROPÄDEUTISCHE Ü BUN GEN ZUM GRU NDKURS ZIVILRECHT I
WINTERSEMESTER 2015/16
JURISTISCHE FAKULTÄT
LEHRSTUHL FÜR BÜR GERLICH ES RECHT, INTERNATIONALES
PRIVATRECHT UND RECHTSVE RGLEICHUNG
PROF. DR . STEPHAN LORENZ
F ALL 4 – L ÖSUNG
I MMER
NOCH ZU SPÄT ?
A USGANGSFALL
A. Anspruch zum Preis von € 81.500,– .................................................................................. 2
I.
Anspruch entstanden ................................................................................................. 2
1.
Einigung .............................................................................................................. 2
a)
Angebot ......................................................................................................... 2
aa) Tatbestand einer Willenserklärung ............................................................. 2
bb) Wirksamwerden ........................................................................................ 3
(1) Abgabe ............................................................................................... 3
(2) Zugang ............................................................................................... 3
(3) Kein Widerruf ..................................................................................... 3
cc) Zwischenergebnis ..................................................................................... 3
b) Annahme ....................................................................................................... 3
2.
Zwischenergebnis ................................................................................................ 4
II. Ergebnis .................................................................................................................... 4
B. Anspruch zum Preis von € 81.000,– .................................................................................. 4
I.
Anspruch entstanden ................................................................................................. 4
1.
Einigung .............................................................................................................. 4
a)
Angebot ......................................................................................................... 4
aa) Tatbestand einer Willenserklärung ............................................................. 4
bb) Wirksamwerden ........................................................................................ 5
(1) Abgabe ............................................................................................... 5
(2) Zugang ............................................................................................... 5
cc) Zwischenergebnis ..................................................................................... 5
b) Annahme ....................................................................................................... 5
aa) Tatbestand und Wirksamwerden ................................................................ 5
bb) Annahmefähigkeit des Angebots ................................................................ 6
c)
Zwischenergebnis........................................................................................... 6
2.
Rechtshindernde Einwendungen – Wirksamkeitshindernisse ................................... 6
3.
Zwischenergebnis ................................................................................................ 6
II. Anspruch erloschen (Rechtsvernichtende Einwendungen) ............................................ 6
VERONIKA EICHHORN
AG ZUM GRUN DKU RS ZIVILRE CHT I (PROF. DR. STEPHAN LO RENZ) · WINTERSEMESTER 2015/16
FALL 4 –LÖS UNG
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III. Anspruch durchsetzbar (Rechtshemmende Einwendungen – Einreden).......................... 6
1.
Gegenseitiger Vertrag .......................................................................................... 7
2.
Keine Vorleistungspflicht...................................................................................... 7
3.
Nicht-Bewirken der Gegenleistungspflicht ............................................................. 7
4.
Geltendmachung der Einrede ................................................................................ 7
5.
Zwischenergebnis ................................................................................................ 7
IV. Ergebnis – Schlussfolgerung ...................................................................................... 7
A. Anspruch zum Preis von € 81.500,–
M könnte von G Lieferung der 10 Luxusuhren der Marke Jaeger-LeCoultre
Reverso verlangen, wenn sie einen Anspruch auf Übergabe und Übereignung
der Uhren Zug-um-Zug gegen Bezahlung von € 81.500,– hat. Ein solcher
könnte sich aus § 433 Abs. 1 S. 1 BGB ergeben.
Voraussetzung hierfür ist, dass ein Anspruch der M gegen G auf Übergabe und
Übereignung der 10 Luxusuhren zunächst entstanden, nicht wieder erloschen
und auch durchsetzbar ist.
I.
Anspruch entstanden
Der Anspruch aus § 433 Abs. 1 S. 1 BGB müsste zunächst entstanden sein. Ein
Anspruch auf Übergabe und Übereignung aus § 433 Abs. 1 S. 1 BGB entsteht
mit Abschluss eines wirksamen Kaufvertrags.
1.
Einigung
G und M müssten eine Kaufvertrag über 10 Luxusuhren der Marke JaegerLeCoultre Reverso zum Stückpreis von € 8.150,– geschlossen haben.
Ein Kaufvertrag kommt durch eine Einigung zustande, die in Form zweier auf
Abschluss eines Kaufvertrags gerichteter, übereinstimmender und gültiger
Willenserklärungen vorliegen könnte, nämlich in Form eines Angebots und
einer Annahme (vgl. §§ 145, 147 BGB).
a)
Angebot 1
Es müsste ein Angebot vorliegen. Ein auf den Abschluss eines Kaufvertrags
gerichtetes Angebot muss als notwendigen Inhalt (sog. essentialia negotii) die
Parteien des Kaufvertrags, den Kaufgegenstand und den Kaufpreis enthalten,
vom Erklärenden willentlich abgegeben wurde und dem Vertragspartner
zugegangen sein.
aa) Tatbestand einer Willenserklärung
G könnte mit dem Schreiben vom 21.10. ein Angebot zum Abschluss eines
Kaufvertrags über 10 Luxusuhren zum Preis von je € 8.150,– gemacht haben.
Das Schreiben vom 21.10. enthält alle vertragswesentlichen Bestandteile
(essentialia negotii) eines Kaufvertrags – Vertragsparteien, Kaufgegenstand,
Preis. Das Schreiben erfüllt somit alle Voraussetzungen eines Angebots.
1
Nachdem dieser Prüfungspunkt unproblematisch ist, könnte dieser auch kürzer ausfallen. Zur Einübung
des Gutachtenstils bleibt die Lösung hier ausführlich.
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FALL 4 –LÖS UNG
bb) Wirksamwerden
Ein Angebot ist eine empfangsbedürftige Willenserklärung. Es wird daher nur
wirksam, wenn es von dem Erklärenden in Geltung gesetzt (d.h. abgegeben)
wurde, dem Erklärungsempfänger zugegangen ist und nicht rechtzeitig
widerrufen wurde.
(1) Abgabe
Die Abgabe liegt vor, wenn der Erklärende alles seinerseits Erforderliche
getan hat, damit die Willenserklärung wirksam werden kann. Bei
empfangsbedürftigen
Willenserklärungen
ist
dafür
die
willentliche
Entäußerung in Richtung auf den Erklärungsempfänger nötig, sodass unter
Zugrundelegung gewöhnlicher Umstände mit Zugang gerechnet werden kann.
Mit dem Einwurf des Briefes in den Postkasten der M hat G sich seiner
Erklärung willentlich in Richtung auf den Erklärungsempfänger entäußert,
sodass bei Zugrundelegung gewöhnlicher Verhältnisse mit Zugang zu rechnen
war. Damit hat er alles seinerseits Erforderliche getan, damit das Angebot
wirksam werden kann. Er hat es mithin abgegeben.
(2) Zugang
Bei dem brieflichen Angebot des G handelt es sich um eine Willenserklärung
unter Abwesenden, sodass die Zugangsvoraussetzungen nach § 130 Abs. 1 S. 1
BGB zu beurteilen sind. Der Zugang i.S.v. § 130 Abs. 1 S. 1 BGB erfordert
nach überwiegender Auffassung, dass die Willenserklärung entweder vom
Adressaten tatsächlich zur Kenntnis genommen wurde oder zumindest so in
den Machtbereich des Adressaten gelangt ist, dass dieser die Möglichkeit zur
Kenntnisnahme hat und mit Kenntnisnahme bei Annahme gewöhnlicher
Verhältnisse zu rechnen ist.
Mit Einwurf des Schreibens in den Briefkasten der M am Vormittag des 21.10.
ist die Willenserklärung in den Machtbereich der M gelangt und diese hätte
bei Annahme gewöhnlicher Verhältnisse zu diesem Zeitpunkt von dem
Schreiben Kenntnis nehmen können.
Damit ist die Willenserklärung des G der M zugegangen.
(3) Kein Widerruf 2
Eine Widerrufserklärung des G ist nicht ersichtlich. Daher ist das Angebot des
G nicht unwirksam gem. § 130 Abs. 1 S. 2 BGB.
cc) Zwischenergebnis
Somit liegt ein wirksames Angebot des G zum Abschluss eines Kaufvertrags
über 10 Luxusuhren der Marke Jaeger-LeCoultre Reverso zum Preis von
€ 81.500,– vor.
b)
Annahme
M müsste das Angebot des G auch rechtzeitig angenommen haben. Annahme
ist die Erklärung des vorbehaltlosen Einverständnisses mit dem Angebot.
2
Dieser Prüfungspunkt wird der Vollständigkeit halber genannt, um die Prüfung der Wirksamkeit einer
empfangsbedürftigen Willenserklärung einzuüben. Nachdem der Sachverhalt hierzu jedoch keinen Anlass
bietet, ist dieser ein einem „normalen“ Gutachten nicht zu nennen.
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FALL 4 –LÖS UNG
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In der telefonischen Erklärung der M, dass ihr der Preis zu teuer sei und sie
einen Stückpreis von € 8.100,– vorschlage bringt sie zum Ausdruck, dass sie
nur zu einem Stückpreis von € 8.100,– kaufen wolle. Ihre Erklärung ist
allenfalls als abändernde Annahme zu verstehen und damit nicht
deckungsgleich mit dem Angebot, sodass keine Annahme, sondern gem. § 150
Abs. 2 BGB allenfalls ein neues Angebot vorliegen könnte. 3
Damit hat M das Angebot abgelehnt.
2.
Zwischenergebnis
Eine Einigung ist nicht zustande gekommen. Ein Anspruch der M gegen G auf
Übereignung und Übergabe der 10 Luxusuhren zum Stückpreis von € 8.150,–
ist nicht entstanden.
II. Ergebnis
M hat keinen Anspruch gegen G auf Übereignung und Übergabe von 10
Luxusuhren der Marke Jaeger-LeCoultre Reverso Zug-um-Zug gegen
Bezahlung von € 81.500,–.
B. Anspruch zum Preis von € 81.000,–
M könnte gegen G einen Anspruch auf Übergabe und Übereignung der 10
Luxusuhren der Marke Jaeger-LeCoultre Reverso Zug-um-Zug gegen
Bezahlung von € 81.000,– hat. Ein solcher könnte sich aus § 433 Abs. 1 S. 1
BGB ergeben.
Voraussetzung hierfür ist, dass ein Anspruch der M gegen G auf Übergabe und
Übereignung der 10 Luxusuhren zunächst entstanden, nicht wieder erloschen
und auch durchsetzbar ist.
I.
Anspruch entstanden
Der Anspruch aus § 433 Abs. 1 S. 1 BGB müsste zunächst entstanden sein. Ein
Anspruch auf Übergabe und Übereignung aus § 433 Abs. 1 S. 1 BGB entsteht
mit Abschluss eines wirksamen Kaufvertrags.
1.
Einigung
G und M müssten eine Kaufvertrag über 10 Luxusuhren der Marke JaegerLeCoultre Reverso zum Stückpreis von € 8.100,– geschlossen haben.
Ein Kaufvertrag kommt durch eine Einigung in Form von Angebot und
Annahme zustande (vgl. §§ 145, 147 BGB).
a)
Angebot
Es müsste ein wirksames Angebot mit allen essentialia
Vertragsparteien, Kaufgegenstand und Kaufpreis – vorliegen.
negotii
–
aa) Tatbestand einer Willenserklärung
Hier könnt eine Ablehnung verbunden mit einem neuen Antrag vorliegen. Dies
setzt gem. § 150 Abs. 2 BGB voraus, dass M eine Annahme unter
Erweiterungen, Einschränkungen oder sonstigen Änderungen erklärt hat.
3
S. sogleich unten Ausgangsfall A.I.1.a).
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FALL 4 –LÖS UNG
In der telefonischen Erklärung der M, dass ihr der Preis zu teuer sei und sie
einen Stückpreis von € 8.100,– vorschlage bringt sie zum Ausdruck, dass sie
zu einem Stückpreis von € 8.100,– kaufen wolle. Damit hat sie eine Annahme
unter Änderung des Kaufpreises erklärt. Im Übrigen stimmt ihre
Willenserklärung inhaltlich mit dem schriftlichen Angebot des G vom 21.10.
überein.
Die telefonische Erklärung der M gilt somit als neuer Antrag.
bb) Wirksamwerden
Ein Angebot ist eine empfangsbedürftige Willenserklärung. Es wird daher nur
wirksam, wenn es von dem Erklärenden in Geltung gesetzt (d.h. abgegeben)
wurde, dem Erklärungsempfänger zugegangen ist. 4
(1) Abgabe
M hat die Erklärung am Telefon willentlich in Richtung des G entäußert. Bei
Zugrundelegung gewöhnlicher Umstände war mit Zugang zu rechnen. Damit
hat sie alles ihrerseits Erforderliche getan, damit das Angebot wirksam werden
kann. Sie hat es mithin abgegeben.
(2) Zugang
Eine telefonische Willenserklärung gilt gem. § 147 Abs. 1 S. 2 i.V.m. S. 1 BGB
als Willenserklärung unter Anwesenden.
Damit ist § 130 Abs. 1 S. 1 BGB nicht direkt anwendbar. Entsprechend dem in
§ 130 Abs. 1 S. 1 BGB zum Ausdruck kommenden Grundgedanken ist eine
nicht verkörperte Willenserklärung unter Anwesenden dann zugegangen, wenn
sie so geäußert wird, dass der Erklärende nach den für ihn erkennbaren
Umständen davon ausgehen kann, dass der Empfänger sie richtig und
vollständige verstanden hat (sog. eingeschränkte Vernehmungstheorie)
Für M bestanden vernünftigerweise keine Zweifel, dass G ihre Erklärung
richtig und vollständig vernommen hat. Die Erklärung der M wurde daher mit
ihrer Vernehmung durch G wirksam.
cc) Zwischenergebnis
Somit liegt ein wirksames Angebot der M zum Abschluss eines Kaufvertrags
über 10 Luxusuhren zum Preis von € 81.000,– vor.
b)
Annahme
G müsste das Angebot der M auch rechtzeitig angenommen haben (§ 147
BGB). Annahme ist die Erklärung des vorbehaltlosen Einverständnisses mit
dem Angebot.
aa) Tatbestand und Wirksamwerden
G war einverstanden. Seine Annahmeerklärung hat er am Telefon in Richtung
auf M entäußert. Weiter bestanden für ihn auch keine vernünftigen Zweifel,
dass M seine Erklärung richtig und vollständig vernommen hat. Mithin hat G
4
Nachdem der Sachverhalt keine Hinweise auf eine vor- oder gleichzeitige Widerrufserklärung enthält, wird
dieser Prüfungspunkt – insbesondere weil es sich um eine telefonische Willenserklärung handelt – weggelassen.
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FALL 4 –LÖS UNG
die Annahmeerklärung abgegeben und sie ist der M zugegangen (§ 130 Abs. 1
S. 1 BGB entspr.)
bb) Annahmefähigkeit des Angebots
Das
Angebot
müsste
zum
Zeitpunkt
des
Wirksamwerdens
Annahmeerklärung noch annahmefähig gewesen sein.
der
Die Annahme der M könnte jedoch verspätet und somit das Angebot des G
bereits gem. § 146 Alt. 2 BGB erloschen sein. Dies ist dann der Fall, wenn M
den Antrag gegenüber G nicht nach den §§ 147 bis 149 BGB rechtzeitig
angenommen hat.
Gem. § 147 Abs. 1 S. 1 BGB kann der einem Anwesenden gemachte Antrag nur
sofort angenommen werden. Dies gilt gem. § 147 Abs. 1 S. 2 BGB auch von
einem mittels Fernsprechers von Person zu Person gemachten Antrag.
G hat das Angebot der M noch während des Telefongesprächs angenommen.
Die Annahme erfolgte folglich rechtzeitig i.S.d. § 147 Abs. 1 S. 2 i.V.m. S. 1
BGB. Das Angebot war somit zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der
Annahmeerklärung noch annahmefähig und damit nicht gem. § 146 Alt. 2 BGB
erloschen.
c)
Zwischenergebnis
G und M haben daher einen wirksamen Kaufvertrag über die 10 Luxusuhren
zum Stückpreis von € 8.100,– geschlossen.
2.
Rechtshindernde Einwendungen – Wirksamkeitshindernisse 5
Der Sachverhalt enthält keinerlei Anhaltspunkte, die der Wirksamkeit dieses
Vertrags entgegenstehen könnten. Dem geschlossenen Kaufvertrag stehen
damit keine sog. rechtshindernden Einwendungen entgegen.
3.
Zwischenergebnis
Der Anspruch auf Übergabe und Übereignung der 10 Luxusuhren der Marke
Jaeger-LeCoultre Reverso zum Stückpreis von € 8.100,– ist entstanden.
II. Anspruch erloschen (Rechtsvernichtende Einwendungen) 6
Für sog. rechtsvernichtende Einwendungen des G enthält der Sachverhalt
keine Anhaltspunkte. Der aus dem Kaufvertrag resultierende Anspruch der M
auf Übergabe und Übereignung der 10 Uhren ist noch nicht erloschen.
III. Anspruch durchsetzbar (Rechtshemmende Einwendungen – Einreden)
Diesen Anspruch müsste M jedoch durchsetzen können. Das ist dann der Fall,
wenn G keine rechtshemmende Einwendung (Einrede) geltend machen kann.
Hier könnte G dazu berechtigt sein, seine Leistung nach § 320 Abs. 1 S. 1 BGB
zu verweigern.
Die dilatorische (= aufschiebende) Einrede des nichterfüllten Vertrags gem.
§ 320 Abs. 1 S. 1 BGB setzt voraus, dass der Kaufvertrag ein gegenseitiger
Vertrag, G nicht vorleistungspflichtig und die Gegenleistung noch nicht
bewirkt worden ist. Zudem muss die Einrede geltend gemacht werden.
5
6
Bei fehlenden Hinweisen im Sachverhalt wird dieser Prüfungspunkt i.d.R. weggelassen.
Bei fehlenden Hinweisen im Sachverhalt wird dieser Prüfungspunkt i.d.R. weggelassen.
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FALL 4 –LÖS UNG
1.
Gegenseitiger Vertrag
Nachdem bei einem Kaufvertrag sich der Käufer nur deshalb zu einer Preiszahlung verspricht, damit der Verkäufer die Übergabe und Übereignung der Kaufsache verspricht, stehen Leistung und Gegenleistung in einem Austauschverhältnis. Mithin handelt es sich bei einem Kaufvertrag um einen gegenseitigen
Vertrag i.S.d. § 320 Abs. 1 S. 1 BGB dar. 7
2.
Keine Vorleistungspflicht
G könnte sich nicht auf die Einrede aus § 320 Abs. 1 S. 1 BGB berufen, wenn
er vorleistungspflichtig ist. Da G und M weder eine ausdrückliche noch eine
konkludente Abrede getroffen haben, ist G nicht vorleistungspflichtig gem.
§ 320 Abs. 1 S. 1 BGB.
3.
Nicht-Bewirken der Gegenleistungspflicht
Weiter könnte sich G nicht auf die Einrede aus § 320 Abs. 1 S. 1 BGB berufen,
wenn die Gegenleistung bereits bewirkt worden ist. Weder M noch ein Dritter
haben bisher den Kaufpreis bezahlt. Somit ist die Gegenleistung i.S.d. § 433
Abs. 2 BGB noch nicht bewirkt.
4.
Geltendmachung der Einrede
G müsste die Einrede ferner noch geltend machen.
5.
Zwischenergebnis
G kann folglich noch die Einrede des nichterfüllten Vertrags gem. § 320 Abs. 1
S. 1 BGB erheben. Diese hat dann jedoch nur die Wirkung, dass M die Leistung nur Zug-um-Zug gegen Zahlung des Kaufpreises i.H.v. € 81.000,– verlangen kann (vgl. § 322 Abs. 1 BGB entspr.).
IV. Ergebnis – Schlussfolgerung
M kann von G Übergabe und Übereignung von 10 Luxusuhren der Marke
Jaeger-LeCoultre Reverso aus § 433 Abs. 1 S. 1 BGB Zug-um-Zug gegen
Bezahlung des Kaufpreises i.H.v. € 81.000,– verlangen.
7
Dies ist völlig unproblematisch und sollte daher in einem Gutachten möglichst kurz abgehandelt werden.
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A BWANDLUNG
A. Anspruch entstanden ....................................................................................................... 8
I.
Einigung ................................................................................................................... 9
1.
Angebot ............................................................................................................... 9
2.
Annahme ............................................................................................................. 9
a)
Tatbestand einer Willenserklärung .................................................................. 9
b) Wirksamwerden .............................................................................................. 9
aa) Abgabe .................................................................................................... 9
bb) Zugang .................................................................................................... 9
cc) Zwischenergebnis ................................................................................... 10
c)
Annahmefähigkeit des Angebots .................................................................... 10
aa) Fristversäumnis ...................................................................................... 10
bb) Fiktion der Rechtzeitigkeit ...................................................................... 10
(1) Erforderlichkeit der Verspätungsanzeige ............................................ 10
(2) Verspätung der Anzeige .................................................................... 10
(3) Zwischenergebnis ............................................................................. 10
cc) Zwischenergebnis ................................................................................... 11
d) Zwischenergebnis......................................................................................... 11
3.
Zwischenergebnis .............................................................................................. 11
II. Rechtshindernde Einwendungen – Wirksamkeitshindernisse ...................................... 11
III. Zwischenergebnis .................................................................................................... 11
B. Anspruch erloschen (Rechtsvernichtende Einwendungen) ................................................ 11
C. Anspruch durchsetzbar (Rechtshemmende Einwendungen – Einreden) ............................. 11
D. Ergebnis – Schlussfolgerung .......................................................................................... 11
M könnte gegen G einen Anspruch auf Übergabe und Übereignung der 10
Luxusuhren der Marke Jaeger-LeCoultre Reverso Zug-um-Zug gegen
Bezahlung von € 81.500,– hat. Ein solcher könnte sich aus § 433 Abs. 1 S. 1
BGB ergeben.
Voraussetzung hierfür ist, dass ein Anspruch der M gegen G auf Übergabe und
Übereignung der 10 Luxusuhren zunächst entstanden, nicht wieder erloschen
und auch durchsetzbar ist.
A. Anspruch entstanden
Der Anspruch aus § 433 Abs. 1 S. 1 BGB müsste zunächst entstanden sein. Ein
Anspruch auf Übergabe und Übereignung aus § 433 Abs. 1 S. 1 BGB entsteht
mit Abschluss eines wirksamen Kaufvertrags.
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FALL 4 –LÖS UNG
I.
Einigung
G und M müssten eine Kaufvertrag über 10 Luxusuhren der Marke JaegerLeCoultre Reverso zum Stückpreis von € 8.150,– geschlossen haben.
Ein Kaufvertrag kommt durch eine Einigung in Form von Angebot und
Annahme zustande (vgl. §§ 145, 147 BGB).
1.
Angebot
Ein wirksames Angebot des G zum Abschluss eines Kaufvertrags mit M über 10
Luxusuhren der Marke Jaeger-LeCoultre Reverso zu einem Gesamtpreis von
€ 81.500,– liegt vor (s.o.). 8
2.
Annahme
M müsste dieses Angebot des G auch rechtzeitig angenommen haben.
Annahme ist die Erklärung des vorbehaltlosen Einverständnisses mit dem
Angebot.
a)
Tatbestand einer Willenserklärung
Im Schreiben vom 21.10. erklärt M die vorbehaltlose Annahme des von G
abgegebenen schriftlichen Angebots vom 21.10. Das Schreiben erfüllt somit
alle Voraussetzungen einer Annahme.
b)
Wirksamwerden
Eine Annahme ist eine empfangsbedürftige Willenserklärung. Sie wird daher
nur wirksam, wenn sie von dem Erklärenden in Geltung gesetzt (d.h.
abgegeben) wurde, dem Erklärungsempfänger zugegangen ist. 9
aa) Abgabe
Mit der Aufgabe zur Post hat sich M ihrer Erklärung willentlich in Richtung auf
den Erklärungsempfänger entäußert, sodass bei Zugrundelegung gewöhnlicher
Verhältnisse mit Zugang zu rechnen war. Damit hat sie alles ihrerseits
Erforderliche getan, damit die Annahme wirksam werden kann. Sie hat sie
mithin abgegeben.
bb) Zugang
Bei dem Antwortschreiben der M handelt es sich um eine Willenserklärung
unter Abwesenden, sodass die Zugangsvoraussetzungen nach § 130 Abs. 1 S. 1
BGB zu beurteilen sind.
Mit Einwurf des Schreibens in den Briefkasten des G am 29.10. ist die
Willenserklärung in den Machtbereich des G gelangt und dieser hätte bei
Annahme gewöhnlicher Verhältnisse zu diesem Zeitpunkt von dem Schreiben
Kenntnis nehmen können. Wann er genau Kenntnis davon genommen hat ist
nicht ersichtlich.
Damit ist die Willenserklärung der M dem G gem. § 130 Abs. 1 S. 1 BGB
zugegangen.
8
Ausgangsfall A.I.1.a).
Nachdem der Sachverhalt keine Hinweise auf eine vor- oder gleichzeitige Widerrufserklärung enthält, wird
dieser Prüfungspunkt nun weggelassen.
9
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FALL 4 –LÖS UNG
cc) Zwischenergebnis
Die Annahmeerklärung der M wurde am 29.10. wirksam.
c)
Annahmefähigkeit des Angebots
Das
Angebot
müsste
zum
Zeitpunkt
des
Wirksamwerdens
Annahmeerklärung noch annahmefähig, hier also nicht erloschen sein.
der
Die Annahme der M könnte jedoch verspätet und somit das Angebot des G
bereits gem. § 146 Alt. 2 BGB erloschen sein. Dies ist dann der Fall, wenn M
den Antrag gegenüber G nicht nach den §§ 147 bis 149 BGB rechtzeitig
angenommen hat.
aa) Fristversäumnis
M könnte eine von G gesetzte Frist für die Annahme versäumt haben.
Wenn der Antragende für die Annahme des Antrags eine Frist bestimmt hat,
dann kann die Annahme gem. § 148 BGB nur innerhalb der Frist erfolgen. G
hat in seinem Angebot vom 21.10. eine Frist zu Annahme bis zum 28.10.
gesetzt. Die Annahmeerklärung der M ist dem G jedoch erst am 29.10.
zugegangen und damit wirksam geworden.
Folglich war die Annahmefrist zum Zeitpunkt der Annahme bereits verstrichen.
bb) Fiktion der Rechtzeitigkeit
Die Annahme der M könnte jedoch gem. § 149 S. 2 BGB als nicht verspätet
gelten, wenn G die Absendung der nach § 149 S. 1 BGB erforderlichen
Verspätungsanzeige verzögert hat.
(1) Erforderlichkeit der Verspätungsanzeige
Wenn die dem G verspätet zugegangene Annahmeerklärung dergestalt
abgesendet worden ist, dass sie bei regelmäßiger Beförderung ihm rechtzeitig
zugegangen sein würde, und der G dies erkennen musste, dann hat er gem.
§ 149 S. 1 BGB die Verspätung der M unverzüglich nach dem Empfang der
Erklärung anzuzeigen, sofern es nicht schon vorher geschehen ist.
Die dem G erst am 29.10. zugegangene Annahmeerklärung hat M bereits am
21.10. zur Post gegeben. Bei einer regelmäßigen Postlaufzeit im Inland von
einem Tag 10 wäre die Annahmeerklärung bereits am 22.10. zugegangen. G
musste dies auch erkennen, da der Poststempel vom 21.10. datierte und gut
lesbar war.
Damit war eine Verspätungsanzeige erforderlich.
(2) Verspätung der Anzeige
G hielt die Sache jedoch für erledigt und kümmerte sich nicht mehr darum.
Daher unterließ er es, die Verspätung der Annahmeerklärung der M überhaupt
anzuzeigen.
(3) Zwischenergebnis
Folglich gilt die Annahme der M als nicht verspätet.
10
Laut Angaben der Deutschen Post AG beträgt die Laufzeit für normale Briefpost innerhalb Deutschlands
„E+1“ (= Einlieferungstag + 1 Werktag).
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FALL 4 –LÖS UNG
cc) Zwischenergebnis
Das Angebot des G wurde gem. § 149 S. 2 i.V.m. S. 1 rechtzeitig angenommen
und ist daher nicht gem. § 146 Alt. 2 BGB erloschen.
d)
Zwischenergebnis
Die M hat das Angebot des G schließlich wirksam angenommen.
3.
Zwischenergebnis
G und M haben daher einen wirksamen Kaufvertrag über die 10 Luxusuhren
zum Stückpreis von € 8.150,– geschlossen.
II. Rechtshindernde Einwendungen – Wirksamkeitshindernisse 11
Der Sachverhalt enthält keinerlei Anhaltspunkte, die der Wirksamkeit dieses
Vertrags entgegenstehen könnten. Dem geschlossenen Kaufvertrag stehen
damit keine sog. rechtshindernden Einwendungen entgegen.
III. Zwischenergebnis
Der Anspruch auf Übergabe und Übereignung der 10 Luxusuhren der Marke
Jaeger-LeCoultre Reverso zum Stückpreis von € 8.150,– ist entstanden.
B. Anspruch erloschen (Rechtsvernichtende Einwendungen) 12
Für sog. rechtsvernichtende Einwendungen des G enthält der Sachverhalt
keine Anhaltspunkte. Der aus dem Kaufvertrag resultierende Anspruch der M
auf Übergabe und Übereignung der 10 Uhren ist noch nicht erloschen.
C. Anspruch durchsetzbar (Rechtshemmende Einwendungen – Einreden)
Diesen Anspruch müsste M jedoch durchsetzen können. Das ist dann der Fall,
wenn G keine rechtshemmende Einwendung (Einrede) geltend machen kann.
Vorliegend kann G jedoch die dilatorische Einrede des nichterfüllten Vertrags
gem. § 320 Abs. 1 S. 1 BGB erheben. 13 Diese hat dann jedoch nur die Wirkung,
dass M die Leistung nur Zug-um-Zug gegen Zahlung des Kaufpreises i.H.v.
€ 81.500,– verlangen kann (vgl. § 322 Abs. 1 BGB entspr.).
D. Ergebnis – Schlussfolgerung
M kann von G Übergabe und Übereignung von 10 Luxusuhren der Marke
Jaeger-LeCoultre Reverso aus § 433 Abs. 1 S. 1 BGB Zug-um-Zug gegen
Bezahlung des Kaufpreises i.H.v. € 81.500,– verlangen.
11
Bei fehlenden Hinweisen im Sachverhalt wird dieser Prüfungspunkt i.d.R. weggelassen.
Bei fehlenden Hinweisen im Sachverhalt wird dieser Prüfungspunkt i.d.R. weggelassen.
13
S. Ausgangsfall oben.
12
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