Fall 08 Lösung - Juristische Fakultät

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PROPÄDEUTIS CHE Ü BUN GEN ZUM GRU N DKURS ZIVILRECHT I
WINTERSEMESTER 2014/ 15
JURISTISCHE FAKULTÄT
LEHRSTUHL FÜR BÜR GERLICH ES RECHT, INTERNATIONALES
PRIVATRECHT UND RECH TSVE RGLEICHUNG
PROF. DR . STEPHAN LO RENZ
F ALL 8 – L ÖSUNG
S CHÖNFELDER -S ARTORIUS -S CHWÄCHE
A.
Anspruch entstanden ..................................................................... 1
I.
Einigung ....................................................................................... 1
1.
Angebot ..................................................................................... 1
2.
Annahme.................................................................................... 2
3.
Zwischenergebnis ....................................................................... 3
II.
Rechtshindernde Einwendungen – Wirksamkeitshindernisse ......... 3
III.
Zwischenergebnis ....................................................................... 3
B.
Anspruch erloschen (Rechtsvernichtende Einwendungen) ................ 3
C.
Anspruch
durchsetzbar
(Rechtshemmende
Einwendungen
–
Einreden) ............................................................................................... 3
D.
Ergebnis – Schlussfolgerung .......................................................... 3
E.
Antwort auf die Fallfrage ............................................................... 4
K könnte gegen V einen Anspruch auf Übereignung und Übergabe des
„Schönfelders“ Zug-um-Zug gegen Bezahlung von € 50,– haben. Ein solcher könnte sich aus Kaufvertrag gem. § 433 Abs. 1 S. 1 BGB ergeben.
Voraussetzung hierfür ist, dass zwischen K und V ein wirksamer Kauf vertrag gem. § 433 BGB über den „Schönfelder“ zustande gekommen ist,
diesem keine Wirksamkeitshindernisse entgegenstehen, sowie der Anspruch nicht erloschen und durchsetzbar ist.
A. Anspruch entstanden
Dies erfordert zunächst, dass zwischen K und V ein wirksamer Kau fvertrag (§ 433 BGB) über den „Schönfelder“ entstanden ist.
I. Einigung
Ein Kaufvertrag kommt durch eine Einigung zustande, die hier in
Form zweier auf Abschluss eines Kaufvertrages gerichteter, überei nstimmender und gültiger Willenserklärungen vorliegen könnte, nä mlich in Form eines Angebots und einer Annahme (vgl. §§ 145, 147
BGB).
1. Angebot
Erforderlich ist zunächst ein hinreichend bestimmtes Angebot
(§ 145 BGB), welches alle wesentlichen Bestandteile des zu
schließenden Vertrages (die sog. essentialia negotii) enthält, von
VERONIKA EICHHORN
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FALL 8 – LÖ SUNG
einem Rechtsbindungswillen getragen ist und dem V zugegangen
ist.
Wesentliche Vertragsbestandteile sind Vertragsparteien, Kaufgegenstand und Kaufpreis.
Ein auf den Abschluss eines Kaufvertrags gerichteter Antrag
könnte in der Erklärung des K zu sehen sein, V ihren „Sartorius“
für € 50,– abkaufen zu wollen. Bei einem „Sartorius“ handelt es
sich jedoch um die Sammlung der Verfassungs- und Verwaltungsgesetze des Bundes. K wollte hingegen ein Angebot auf A bschluss eines Kaufvertrages über einen „Schönfelder“, die Gese tzessammlung im Zivilrecht, abgeben. Somit ist zunächst der Inhalt der von K abgegebenen Erklärung durch Auslegung zu ermitteln.
Grundsätzlich sind empfangsbedürftige Willenserklärungen nach
dem objektiven Empfängerhorizont §§ 133, 157 BGB auszulegen. Die Erklärung gilt so, wie sie der Empfänger nach Treu und
Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen
durfte.
Von dieser Warte aus liegt ein Angebot über die Sammlung der
Verfassungs- und Verwaltungsgesetze des Bundes vor.
Haben die Parteien eine Erklärung jedoch übereinsti mmend in einem bestimmten Sinn verstanden, ist dieser Sinn maßgebend und
es kommt nicht darauf an, welchen objektiven Erklärungswert die
Erklärung besaß. Denn bei Übereinstimmung des Parteiwillens
geht die von § 133 BGB forcierte Willenserklärung der in § 157
BGB kodifizierten Erklärungstheorie vor. Dies soll der Privataut onomie Rechnung tragen. Maßgebend ist dann gem. § 133 BGB
das von den Parteien tatsächlich Gewollte.
Hier sind K und V übereinstimmend subjektiv davon ausgega ngen, dass es sich bei einem „Sartorius“ um die Gesetzessammlung im Zivilrecht namens „Schönfelder“ handele. K wollte auch
eine rechtlich bindende Erklärung abgeben. Somit hat K ein Angebot über den Kauf eines „Schönfelders“ zum Preis von € 50,–
abgegeben.
Dieses von K abgegebene Angebot ist V auch zugegangen, so
dass ein wirksames Angebot des K vorliegt.
2. Annahme
V müsste das Angebot angenommen haben. Annahme ist die E rklärung des vorbehaltlosen Einverständnisses mit dem Angebot.
Da beide Parteien übereinstimmend einen Vertrag über de n gut
kommentierten „Schönfelder“ abschließen wollten, besteht ein
tatsächlicher Konsens, der zu beachten ist. Die übereinstimmende
Falschbezeichnung der Parteien ist unschädlich (falsa demonstratio non nocet). V wollte auch eine rechtlich bindende Erklärung abgeben. V hat dieses Angebot angenommen.
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FALL 8 – LÖ SUNG
Diese von V abgegebene Annahmeerklärung ist dem K auch
rechtzeitig i.S.v. § 147 Abs. 1 S. 1 BGB zugegangen, so dass eine
wirksame Annahme der V vorliegt.
3. Zwischenergebnis
V und K haben daher einen Kaufvertrag üb er den „Schönfelder“
zum Preis von € 50,– geschlossen.
II. Rechtshindernde Einwendungen – Wirksamkeitshindernisse
Der Sachverhalt enthält keinerlei Anhaltspunkte, die der Wirksamkeit
dieses Vertrags entgegenstehen könnten. Dem geschlossenen Kau fvertrag stehen damit keine sog. rechtshindernden Einwendungen
entgegen.
III. Zwischenergebnis
Folglich ist ein wirksamer Kaufvertrag zwischen V und K über den
„Schönfelder“ zum Preis von € 50,– zustande gekommen. Der Anspruch auf Übergabe und Übereignung des „Schönfelder s“ ist entstanden.
B. Anspruch erloschen (Rechtsvernichtende Einwendungen)
Für sog. rechtsvernichtende Einwendungen der V gibt der Sachverhalt
nichts her. Der aus dem Kaufvertrag resultierende Anspruch des K auf
Übergabe und Übereignung des „Schönfelder s“ ist noch nicht erloschen.
C. Anspruch durchsetzbar (Rechtshemmende Einwendungen – Einreden)
Diesen Anspruch müsste K jedoch durchsetzen können. Das ist dann
nicht der Fall, wenn V eine sog. rechtshemmende Einwendung (Einrede) geltend machen kann. Hier kommt die dilatorische (= aufschiebende) Einrede des nichterfüllten Vertrags gem. § 320 Abs. 1 S. 1 BGB in
Betracht.
Da V und K nichts weiter vereinbart haben, ist keine der Parteien zur
Vorleistung verpflichtet.
Diese entspricht dem Inhalt von § 322 Abs. 1 BGB, der diese Leistungsmodalität als „Zug um Zug-Leistung“ definiert und regelt, dass bei
Vereinbarung von Zug um Zug-Leistung jede Vertragspartei erst dann
leisten muss, wenn sie auch die Gegenleistung der anderen Partei e rhält. Somit wurde Leistung Zug um Zug vereinbart, so dass keine Vorleistungspflicht des V besteht.
Folglich kann V die von ihr geschuldete Leistung so lange verweigern
wie K ihr den Kaufpreis nicht anbietet. Auch K kann nur Zug-um-ZugLeistung verlangen.
D. Ergebnis – Schlussfolgerung
K hat gegen V einen Anspruch aus Kaufvertrag auf Übergabe und Übe reignung des „Schönfelders“ Zug-um-Zug gegen Bezahlung von € 50,–.
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FALL 8 – LÖ SUNG
E. Antwort auf die Fallfrage
K kann von V den „Schönfelder“ verlangen und muss sich nicht mit dem
unkommentierten „Sartorius“ zufrieden geben.
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