Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte V o t en des Sachverständigen-Ausschusses für Verschreibungspflicht nach § 53 AMG 56. Sitzung, 17.01.2006 zu Positionen, deren Änderung zugestimmt wurde. 7. Sulfasalazin Empfehlung des Sachverständigen-Ausschusses: Der Sachverständigen-Ausschuss empfiehlt, Sulfasalazin der Verschreibungspflicht nach § 48 (1) AMG zu unterstellen. Begründung: Sulfasalazin-haltige Arzneimittel sind in der Vergangenheit vom BfArM als „verschreibungspflichtig“ eingestuft und von den Herstellern auch so gekennzeichnet worden, ohne dass bisher eine Aufnahme des Stoffs Sulfasalazin in die Anlage zur Verordnung über verschreibungspflichtige Arzneimittel erfolgte. Nachfolgend wird begründet, warum dies nachgeholt werden sollte. Sulfasalazin ist Indikationen: • • • zugelassen für gastroenterologische und rheumatologische Akutbehandlung und Rezidivprophylaxe der Colitis ulcerosa Akutbehandlung des milden bis moderaten Morbus Crohn bei Befall des Colons Basistherapie der rheumatoiden Arthritis (chronische Polyarthritis) Bei den genannten Erkrankungen handelt es sich um chronische komplexe Erkrankungen, die aus verschiedenen Gründen einer ärztlichen Überwachung bedürfen: • • Schwierigkeit der differentialgnostischen Abklärung unter Anwendung auch invasiver (z.B. Endoskopie mit Biopsieentnahme), bildgebender und laborchemischer Methoden (Autoantikörper, Entzündungsparameter). Chronisch-rezidivierender Krankheitsverlauf mit unterschiedlichen Erkrankungsintensitäten, die jeweils eine Anpassung der Therapie erforderlich machen. Darüber hinaus kann eine Therapie mit Sulfasalazin schwerwiegende Wechsel- und Nebenwirkungen (z.B. Agranulocytose, Thrombocytopenie, Stevens-Johnson-Syn- drom, fibrosierende Alveolitis, etc.) hervorrufen. Dementsprechend weisen die Produktinformationen zahlreiche Gegenanzeigen und Warnhinweise auf. 8. Obidoxim Empfehlung des Sachverständigen-Ausschusses: Der Sachverständigen-Ausschuss empfiehlt, Obidoxim der Verschreibungspflicht nach § 48 (1) AMG zu unterstellen. Begründung: Obidoximchlorid, der Wirkstoff von Toxigonin, ist ein spezifisches Antidot gegen Organophosphate (Alkylphosphate, Alkylthiophosphate, Phosphorsäureester,Thiophosphorsäureester). Obidoximchlorid ist in der Lage, die blockierten Acetylcholinesterasen zu reaktivieren und damit den Vergiftungserscheinungen mit Organophosphaten (Insektiziden und bestimmten chemischen Kampfstoffen) entgegenzuwirken. Die Applikation von Toxigonin soll zusätzlich zu Atropingabe und notfallmedizinischen Maßnahmen, möglichst nicht später als 6 Stunden nach Intoxikation, erfolgen. Die spezifische Behandlung beginnt nach der ersten Gabe von Atropin mit 1 Ampulle Toxigonin langsam i.v., gefolgt von einer Dauerinfusion mit 750 mg/24 Stunden, bis die Organophosphat-Konzentration unter den kritischen Wert gesunken ist. Diese Therapie kann nur von einem Arzt verordnet und durchgeführt werden und gehört nicht zuletzt wegen der Indikationsstellung, der erforderlichen intensivmedizinischen Maßnahmen und Überwachung ausschließlich in die ärztliche Verantwortung. 9. Thymol (Apiguard) - zur Anwendung im Bienenstock - Empfehlung des Sachverständigen-Ausschusses: Der Sachverständigen-Ausschuss empfiehlt, Thymol (Apiguard) - zur Anwendung im Bienenstock von der Verschreibungspflicht freizustellen. Begründung: Bei dem Stoff Thymol handelt es sich um ein Ektoparasitikum zur Behandlung der Varroose, hervorgerufen durch Varroa destructor. Der Hauptwirkmechanismus ist noch nicht völlig geklärt. Neben einer Beeinträchtigung von Sozial- und Fortpflanzungsverhalten der Milben kommt es auch zu Proteinveränderungen in den Milben, die zu deren Absterben führen. Thymol wurde im Dezember 2002 in Deutschland im dezentralen Verfahren zugelassen. Seitdem wurden in Deutschland ca. 50 000 Völker behandelt, europaweit ca. 400 000 Völker. Es sind keine Meldungen über unerwartete oder unerwartet schwere Nebenwirkungen eingegangen. Gegenanzeigen sind nicht bekannt. Die angegebenen Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung und den Anwender sind hinreichend in der Gebrauchsinformation formuliert. 10. Protamin Empfehlung des Sachverständigen-Ausschusses: Der Sachverständigen-Ausschuss empfiehlt, Protamin der Verschreibungspflicht nach § 48 (1) AMG zu unterstellen. Begründung: Protamin, ein basisches Protein mit einem Arginin-Anteil von ca. 60%, verbindet sich mit Heparin zu Salzen und antagonisiert auf diese Weise die Heparineffekte. Entsprechend wird es bei Blutungen infolge von Heparintherapien, in der Hämodialyse oder nach hoher therapeutischer Dosierung in der kardiovaskulären Chirurgie, angewendet. Protamin kann, allein verabreicht oder im Überschuss gegeben, gerinnungshemmend wirken und somit zu Blutungen führen. Die Applikation von Protamin erfolgt i.v.. Die Wirkung von Protamin setzt ca. 5 Min. nach parenteraler Applikation ein. Durch den raschen Abbau von Protamin kann eine erneute Gabe von Protamin notwendig werden, um die wiederkehrende Heparinaktivität zu neutralisieren. Protamin darf nicht angewendet werden bei Patienten mit bekannter Überempfindlichkeit gegen den Arzneistoff. Schwere anaphylaktoide Reaktionen mit Schocksymptomatik, plötzlich einsetzender Blutdruckabfall, pulmonale Hypertonien und Lungenödeme wurden dem BfArM berichtet. Protamin wird in Indikationen angewendet, die zwingend einer ärztlichen Therapieentscheidung und –kontrolle bedürfen. Zudem können auch bei sachgerechter Anwendung schwere Nebenwirkungen auftreten, die eines sofortigen ärztlichen Handelns bedürfen. Patienten sind zudem nicht in der Lage, die im Einzelfall notwendige Dosierung des Arzneimittels festzulegen. 11. Rekombinante Blutgerinnungsfaktoren und Gerinnungsinhibitoren Empfehlung des Sachverständigen-Ausschusses: Der Sachverständigen-Ausschuss empfiehlt, Rekombinante Blutgerinnungsfaktoren und Gerinnungsinhibitoren der Verschreibungspflicht nach § 48 (1) AMG zu unterstellen. Begründung: Rekombinante Gerinnungsfaktoren und Gerinnungsinhibitoren entsprechen in ihrer Zusammensetzung und Wirkweise den aus menschlichem Blutplasma gewonnenen Faktoren- und Inhibitorenkonzentraten, die der Verschreibungspflicht nach § 48 unterstellt sind. Bei rekombinanten Gerinnungsfaktoren und -inhibitoren handelt es sich um gentechnisch hergestellte Analoga von im menschlichen Blut vorkommenden Gerinnungsproteinen wie z.B. Faktor VIII, Faktor IX, Protein C oder Antithrombin. Die rekombinant hergestellten Gerinnungsfaktoren und -inhibitoren verhalten sich wie die körpereigenen Bestandteile und werden in verschiedenen hämostaseologischen Mangelsituationen angewendet. Ihre Verabreichung erfolgt immer intravenös. Rekombinanter FVIII und FIX werden zur Behandlung und Prophylaxe von Blutungen bei Hämophilie A und B eingesetzt. Aktiviertes Protein C wird bei Behandlung von schwerer Sepsis mit multiplem Organversagen im intensivmedizinischen Bereich angewendet. Antithrombin wird bei angeborenem Antithrombinmangel zur Vorbeugung von tiefen Venenthrombosen in klinisch risikoreichen Situationen wie Operationen oder in der Geburtsphase eingesetzt. Die Dosierung der rekombinanten Gerinnungsfaktoren und -inhibitoren erfolgt individuell je nach Plasmaspiegel und Substitutionsbedarf des betreffenden Patienten. Bezeichnung und Chargennummer des verabreichten Präparates sind zu dokumentieren. Zu den häufigsten Nebenwirkungen gehören hypersensitive und allergische Reaktionen, die eine sorgfältige ärztliche Überwachung der Patienten während und nach der Infusion erforderlich machen. Darüber hinaus sind die Patienten regelmäßig auf die Bildung von Inhibitoren zu überwachen. Falls z.B. die erwarteten Faktor-VIIIPlasmaaktivitäten nicht erreicht werden oder die Blutung mit einer angemessenen Dosis des Präparates nicht beherrscht wird, muss ein Inhibitortest durchgeführt werden. Bei Patienten mit hohen Inhibitorwerten ist es möglich, dass die Faktor-VIII- Therapie nicht effektiv ist, so dass andere therapeutische Maßnahmen erwogen werden müssen. Die Therapie mit rekombinanten Gerinnungsfaktoren und –inhibitoren sollte nur von Ärzten durchgeführt werden, die über Erfahrung in der Behandlung von Patienten mit Hämophilie und hämostaseologischen Störungen verfügen. __ 12. Gentransfer-Arzneimittel Empfehlung des Sachverständigen-Ausschusses: Der Sachverständigen-Ausschuss empfiehlt, Gentransfer-Arzneimittel der Verschreibungspflicht nach § 48 (1) AMG zu unterstellen. Begründung: Bei Gentransfer-Arzneimitteln (GT-AM) handelt es sich um eine heterogene Gruppe innovativer biotechnologischer Therapeutika, die der zentralen europäischen Zulassungspflicht unterliegen. Mit Hilfe von GT-AM werden therapeutisch oder prophylaktisch wirksame Gene entweder direkt oder indirekt in den menschlichen Organismus eingebracht. In jedem Fall handelt es sich bei GT-AM um hochkomplexe Arzneimittel, über deren Wirkungsweise und Anwendung kein unfassender Wissensstand existiert. GT-AM sind generell geeignet zur Behandlung von auf genetischen Defekten beruhenden Erkrankungen. Außerdem werden derzeit Krebs-, HIV-Infektionen und Gefäßerkrankungen zu behandeln versucht. Bei bisherigen Anwendungen, etwa zur Behandlung des Severe Combined Immunodeficiency Disease (SCID) bei Kindern sind als unerwünschte Wirkung Leukämien aufgetreten. In Europa hat bis heute kein derartiges Arzneimittel die Marktzulassung erhalten. Bis auf wenige Ausnahmefälle ist bei allen derzeit in klinischen Prüfungen befindlichen GT-AM eine Anwendung nur in der Klinik, zumeist unter stationärer Behandlung, denkbar. Die Applikation setzt in der Regel einen erheblichen technischen Aufwand und ein besonders qualifiziertes Personal voraus. Wenn gentechnisch veränderte Organismen verwendet werden, tritt die Freisetzungsproblematik im Sinne des Gentechnikgesetzes hinzu. Indikationsstellung und Nebenwirkungsspektrum Anwendung durch den Arzt erforderlich. 13. Produkte aus Gewebezüchtung Empfehlung des Sachverständigen-Ausschusses: Der Sachverständigen-Ausschuss empfiehlt, machen eine Kontrolle der Produkte aus Gewebezüchtung der Verschreibungspflicht nach § 48 AMG zu unterstellen. Begründung: Die Aufnahme einer Position „Gewebezubereitungen“ erscheint nicht erforderlich, weil die Arzneimittelverschreibungsverordnung bereits die Position „allogene Gewebetransplantate“ enthält, ein Begriff, der mit dem bislang gesetzlich nicht definierten Begriff „Gewebezubereitungen“ sicher weitgehend deckungsgleich ist. Eine Ergänzung hinsichtlich der „Produkte aus Gewebezüchtung“ erscheint notwendig. Bei den Produkten aus Gewebezüchtungen handelt es sich um Arzneimittel, die aus bearbeiteten Zellen oder Geweben bestehen oder diese enthalten und die dazu bestimmt sind, zur Regeneration, Wiederherstellung oder zum Ersatz menschlichen Gewebes zu dienen. Bei Produkten aus Gewebezüchtungen können Stoffe, wie Biomoleküle, Biomaterialien und Gerüststoffe, wie Matrizes hinzukommen. Die Gruppe der Produkte aus Gewebezüchtungen umfasst beispielsweise bestimmte Chondrozytentransplantate und Hauttransplantate bis hin zu artifiziell hergestellten Herzklappen. Bei diesen Arzneimitteln sollten auch solche, die aus autologen Zellen und Geweben gezüchtet werden, der Verschreibungspflicht unterstellt sein. Generell wird für Produkte aus Gewebezüchtung ein Rückverfolgungssystem vorgesehen werden, wie aus Artikel 16 des Vorschlags der Kommission für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über Arzneimittel für neuartige Therapien und zur Änderung der Richtlinie 2001/83/EG und der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 hervorgeht, was auch die Unterstellung unter die Verschreibungspflicht nahe legt. 14. Aconitum - Arten der Gattung Aconitum, deren Pflanzenteile und Zubereitungen daraus sowie Aconitum-Alkaloide und deren Derivate - Empfehlung des Sachverständigen-Ausschusses: Der Sachverständigen-Ausschuss empfiehlt, Aconitum Arten der Gattung Aconitum, deren Pflanzenteile und Zubereitungen daraus sowie Aconitum-Alkaloide und deren Derivate - ausgenommen zum äußeren Gebrauch in Salben - ausgenommen in homöopathischen Zubereitungen zur oralen Anwendung, die nach den Herstellungsvorschriften 25 und 26 des Homöopathischen Arzneibuches hergestellt sind der Verschreibungspflicht nach § 48 (1) AMG zu unterstellen. Begründung: Bisher unterstehen Aconiti, Tubera und ihre Zubereitungen - ausgenommen zum äußeren Gebrauch in Salben - ausgenommen in homöopathischen Zubereitungen zur oralen Anwendung, die nach den Herstellungsvorschriften 25 und 26 des Homöopathischen Arzneibuchs hergestellt sind sowie „Aconitin“ und seine Derivate der Verschreibungspflicht. Das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit beantragte eine Überprüfung der Frage, ob aus Gründen der Anwendungsrisiken sämtliche Aconitum-Arten und Pflanzenteile der Verschreibungspflicht unterstellt werden sollten. Anlass sei ihre zunehmende Verwendung nicht nur in homöopathischen Zubereitungen, sondern auch in denen der traditionellen chinesischen Medizin (TCM). Aconitum-Arten enthalten toxische Diterpen – Alkaloide. Nachgewiesen wurden diese Alkaloide in allen Pflanzenteilen. Der Gehalt liegt in den unterirdischen Teilen zwischen 0,2 – 3 %, im Kraut zwischen 0,2 und 2 % und in den Samen bei maximal 1,4 %. Der Gehalt schwankt u.a. in Abhängigkeit von Herkunft und Erntezeit. Wesentliche Alkaloide der in Mitteleuropa heimischen bzw. kultivierten Arten sind Aconitin Benzoylnaponin Hypaconitin Lycaconitin Neopellin und die Aminoalkohole Aconin, Napellin, Neolin und Lycoctonin. In verschiedenen Arten werden zusätzlich Nebenalkaloide (z.B. Isochinolin-Alkaloide) oder Katecholamine gefunden. Aconitin und verwandte Alkaloide werden sehr schnell intestinal, aber auch über intakte Haut und Schleimhäute resorbiert. Ihre Elimination erfolgt renal und über den Darm. Aconitin erhöht die Membranpermeabilität für Natriumionen, verlängert damit dessen Einstrom und verzögert die Repolarisation. Es wirkt peripher wie zentral auf motorische wie sensible Nerven zunächst erregend, gefolgt von einer Lähmung. Kardiale Auswirkungen sind vor allem Arrhythmien sowie eine Bradykardie, die bei letaler Dosis zum diastolischen Herzstillstand führt. Weitere schnell einsetzende Symptome bei hoher Dosierung oder Intoxikation sind: - Parästhesien an den Extremitäten, die in eine Anaesthesia dolorosa übergehen, das Gefühl der Taubheit an der gesamten Körperoberfläche Hypothermie Nausea und schweres Erbrechen Diarrhoe Sehstörungen (Farbensehen) schwerste Schmerzen Hypotension - Atemdepression und zentrale Atemlähmung. Aufgrund der bekannten Nebenwirkungen und Anwendungsrisiken wird die Ausweitung der Verschreibungspflicht auf alle Aconitum-Arten, Pflanzenteile, deren Zubereitungen sowie alle Aconitum-Alkaloide empfohlen. 15. Ibuprofen Empfehlung des Sachverständigen-Ausschusses: Der Sachverständigen-Ausschuss empfiehlt, Ibuprofen den Antrag des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte auf Änderung der Formulierung zur Schmerzintensität in den Abschnitten - ausgenommen zur oralen Anwendung ohne Zusatz weiterer arzneilich wirksamer Bestandteile in einer Konzentration bis zu 400 mg je abgeteilter Form und in einer Tagesdosis bis zu 1200 mg bei leichten bis mäßig starken Schmerzen und Fieber - ausgenommen zur oralen Anwendung in flüssigen Zubereitungen ohne Zusatz weiterer arzneilich wirksamer Bestandteile für Erwachsene und Kinder ab 6 Monaten in Einzeldosen bis zu 10 mg/kg Körpergewicht (bis zu einer maximalen Tagesdosis von 1200 mg) bei leichten bis mäßig starken Schmerzen und Fieber anzunehmen Begründung: In den international anerkannten Schmerz Scores, wie z.B. Likert pain score, visuelle Analogskala oder McGill Pain Score wird nie der Begriff „mittelstark“ verwendet. In der Regel findet im englisch-sprachigen Raum der Begriff „moderate pain“ und im deutschen Sprachgebrauch der Ausdruck „mäßig starke Schmerzen“ Verwendung. Das bedeutet, dass weder in klinischen Studien und in den Anamnesebögen der Schmerztherapeuten noch in den europäischen Zulassungsverfahren für Analgetika der Begriff „mittelstarke Schmerzen“ verwendet wird. Die Texte der Fach- und Gebrauchsinformation sollen sich am wissenschaftlichen Erkenntnisstand orientieren und demnach auch die in wissenschaftlichen Fachkreisen verwendeten Begriffe (vor allem in der Fachinformation) beinhalten. Die Mustertexte wurden entsprechend gestaltet und sollten bezüglich der Formulierung der zu behandelnden Schmerzstärke von allen pharmazeutischen Unternehmern übereinstimmend verwendet werden. 17a. Macrogollaurylether (Polidocanol) - zur Sklerosierung von Varizen und Besenreisern - Empfehlung des Sachverständigen-Ausschusses: Der Sachverständigen-Ausschuss empfiehlt, die Position Macrogollaurylether (Polidocanol) - zur Sklerosierung von Varizen und Besenreisern ohne die momentanen Konzentrationsangaben in der Anlage zur Verordnung nach § 48 (1) AMG aufzuführen. Begründung: Macrogollaurylether (Polidocanol) ist zur i.v. Anwendung in Abhängigkeit von der Konzentration zugelassen zur Sklerosierung von Besenreisern (0,25% - 0,5%) sowie im Konzentrationsbereich zwischen 1% und 4% zur Sklerosierung von Varizen der Beine, des Ösophagus und der Hämorrhoidalvenen (Grad I und II). Das intravenös verabreichte Macrogollaurylether (Polidocanol) schädigt konzentrations- und mengenabhängig das Endothel der Blutgefäße. Nach der Sklerosierung werden diese durch einen Kompressionsverband aneinander gepresst, wodurch eine Verklebung und Fibrosierung der pathologisch veränderten Venen erzielt wird. Macrogollaurylether weist zusätzlich einen lokalanästhetischen und einen in vitro nachweisbaren schwachen antikoagulatorischen Effekt auf. Diese Therapie kann nur von einem Arzt verordnet und durchgeführt werden und gehört nicht zuletzt wegen der ernsten Risiken (Gewebenekrosen bei paravasaler bzw. intraarterieller Applikation, anaphylaktischer Schock, Thrombosen etc.) ausschließlich in die ärztliche Verantwortung. Macrogollaurylether (Polidocanol) ist mit den Konzentrationsangaben 0,25%, 0,50%, 1%, 2%, 3%, 4% bereits in der Verordnung zur Neuordnung der Verschreibungspflicht von Arzneimitteln (vom 21.Dezember 2005) aufgeführt. Der Sachverständigen-Ausschuss empfiehlt, die Konzentrationsangaben entfallen zu lassen, damit nicht andere prozentuale Zubereitungen verschreibungsfrei bleiben. 17b. Poly(O-2-hydroxyethyl)stärke (HES, Hydroxyethylstärke) - zur parenteralen Anwendung - Empfehlung des Sachverständigen-Ausschusses: Der Sachverständigen-Ausschuss empfiehlt, Poly(O-2-hydroxyethyl)stärke (HES, Hydroxyethylstärke) - zur parenteralen Anwendung - wieder in die Verordnung der verschreibungspflichtigen Arzneimittel nach § 48 (1) AMG aufzunehmen Begründung: Poly(O-2-hydroxyethyl)stärke dient als Volumenersatz und ist indiziert zur Therapie und Prophylaxe von Volumenmangel (Hypovolämie) und Schock (Volumenersatztherapie) im Zusammenhang mit Operationen, Verletzungen, Infektionen, Verbrennungen sowie zur Fremdbluteinsparung bei chirurgischen Eingriffen z.B. Akute Normovolämische Hämodilution (ANH). Poly(O-2-hydroxyethyl)stärke war bisher in der Verordnung der verschreibungspflichtigen Arzneimittel nach § 48 AMG unter der Bezeichnung O-(2-Hydroxyethyl)amylopectin-hydrolysat - zur parenteralen Anwendung aufgeführt. Bei der im Jahre 2005 vorgenommenen völligen Überarbeitung der Anlage zur Verordnung nach § 48 AMG ist diese Position versehentlich nicht aufgeführt worden. Auf der Basis dieser Empfehlung des Sachverständigen-Ausschusses für Verschreibungspflicht kann die Position „Poly(O-2-hydroxyethyl)stärke (HES, Hydroxyethylstärke) wieder in die Anlage aufgenommen werden.