TECHNISCHE UNIVERSITÄT MÜNCHEN Zentrum Mathematik P ROF. D R .D R . J ÜRGEN R ICHTER -G EBERT, VANESSA K RUMMECK Projektive Geometrie (Sommersemester 2005) — Lösungen zu Aufgabenblatt 3 (11. Mai 2005) — Aufgabe 10. Spiegelungen. Gegeben sei das Dreieck △P QR durch die drei Punkte P = (5, 1), Q = (10, 2) und R = (9, 7). a) Bestimmen Sie die Matrix S1 , die eine Spiegelung an der Geraden g1 durch den Ursprung und den Punkt G1 = (2, 3) beschreibt. Berechnen Sie anschliessend das Bild von △P QR unter dieser Abbildung. b) Bestimmen Sie die Matrix S2 , die eine Spiegelung an der Geraden g2 durch die beiden Punkte G2 = (15, 5) und G3 = (9, 11) beschreibt. Berechnen Sie anschliessend das Bild von △P QR unter dieser Abbildung. c) Zeichnen Sie das Dreieck △P QR, die Geraden g1 und g2 sowie die gespiegelten Dreiecke in ein Koordinatensystem. L ÖSUNG : a) Sei ϕ der Winkel zwischen der Geraden g1 und der x-Achse. Dann gilt sin ϕ = √ 3 32 +22 = √3 13 cos ϕ = und √ 2 32 +22 = √2 . 13 Wir können die gesuchte Spiegelung als Komposition folgender drei Abbildung beschreiben: 1. Drehung der Geraden um den Winkel −ϕ um den Ursprung. 2. Spiegelung an der x-Achse. 3. Drehung um den Winkel ϕ um den Ursprung. Diese drei Abbildungen lassen sich jeweils wie folgt als Matrix darstellen: A1 = cos(−ϕ) sin(−ϕ) A2 = 1 0 A3 = cos ϕ − sin ϕ sin ϕ cos ϕ 0 −1 − sin(−ϕ) cos(−ϕ) = cos ϕ sin ϕ − sin ϕ cos ϕ · sin ϕ cos ϕ Nun gilt für die gesuchte Matrix S1 : S1 = A3 · A2 · A1 cos ϕ − sin ϕ 1 = · sin ϕ cos ϕ 0 = = cos ϕ sin ϕ − sin ϕ cos ϕ 0 −1 cos ϕ · sin ϕ cos ϕ − sin ϕ sin ϕ − cos ϕ cos2 ϕ − sin2 ϕ sin ϕ · cos ϕ + sin ϕ · cos ϕ sin ϕ · cos ϕ + sin ϕ · cos ϕ sin2 ϕ − cos2 ϕ 1 ! cos2 ϕ − sin2 ϕ = 2 sin ϕ · cos ϕ sin2 ϕ − cos2 ϕ = = ! 2 sin ϕ · cos ϕ ( √213 )2 − ( √313 )2 2· √3 13 5 − 13 12 13 12 13 5 13 · √3 13 2· √2 13 · √2 13 ( √313 )2 − ( √213 )2 ! Wenden wir diese Matrix auf die drei Punkte P = (5, 1) , Q = (10, 2) , R = (9, 7) an, so erhalten wir: ! ! ! 12 5 − 13 −1 5 ′ 13 = P = · 12 5 5 1 13 13 ′ Q = ′ R = 5 − 13 12 13 12 13 5 13 5 − 13 12 13 12 13 5 13 ! ! · · 10 2 9 7 ! ! = = ! −2 10 3 11 ! b) Die Spiegelung an der Gerade g2 durch die Punkte G2 = (15, 5) und G3 = (9, 11) läßt sich aus den folgenden Abbildungen zusammensetzen: 1. Translation von G2 in den Ursprung, 2. Spiegelung an der Gerade durch die Punkte (0, 0) und (9, 11) − (15, 5) = (−6, 6), 3. Translation des Ursprungs nach G2 . Die Spiegelung läßt sich schreiben als 0 −1 −1 0 vektoren (1, 0), (0, 1)). (in den Spalten stehen die Bilder der Einheitsbasis- x x Um die Translationen als Matrizen zu schreiben, erweitern wir die Punkte der Ebene zu y . Nun ist y 1 1 0 −15 die Translation von G2 in den Ursprung durch die Matrix 0 1 −5 gegeben, denn es gilt 0 0 1 1 0 −15 x x − 15 0 1 −5 y = y − 5 0 0 1 1 1 1 0 15 Die Translation des Ursprungs in G2 ist durch 0 1 5 gegeben. Das Ergebnis ist dann 0 0 1 1 0 15 0 −1 0 1 0 −15 0 −1 20 0 1 5 −1 0 0 0 1 −5 = −1 0 20 . 0 0 1 0 0 1 0 0 1 0 0 1 Das Bild des Dreiecks ist 0 −1 P ′′ = −1 0 0 0 20 5 19 20 1 = 15 , 1 1 1 2 18 Q′′ = 10 , 1 13 R′′ = 11 . 1 c) Die Zeichnung ist natürlich mit Cinderella erstellt: P2 g1 R2 G3 Q1 R1 Q2 R G2 P1 G1 g2 Q P Aufgabe 11. Weinflaschenproblem. In einem Weinregal, in dem die beiden Seitenwände parallel sind, seien Weinflaschen derart gestapelt, dass auf dem Boden drei Flaschen liegen, in der nächsten Reihe vier, dann wieder drei, vier, drei, vier, drei. Dabei sollen die “inneren” Flaschen genau die beiden darunterliegenden Flaschen berühren, und die “äusseren” die Wand und die darunterliegende Flasche (siehe Abbildung). Die drei Flaschen in der untersten Reihe sollen lediglich den Regalboden berühren. Zeigen Sie, dass in der siebten Reihe die drei Weinflachen koplanar sind, d.h. dass man einen Deckel auf das Regal legen kann, der alle drei Flaschen berührt. 0110 0110 0011 L ÖSUNG : Die Mittelpunkte zweier sich berührender Flaschen sind genau 2 Längeneinheiten entfernt. Demnach sind die Mittelpunkte der Flaschen in folgendem Rhombenschema angeordnet: G k H l i D f j g d C m a A π -x h e b x F E c B 3 x x π -x Dabei bedeuten die Buchstaben in den Rhomben die Winkel, wie sie in der obenstehenden Skizze dargestellt sind. (Der Winkel x ist oben und unten; also sind rechts und links jeweils die Winkel π − x.) Für die Winkel gelten dann beispielsweise folgende Relationen: (π−A) + (π−B) 2 2 C D + + π − 2 2 + b = π, f = π, also 2b − A − B = 0, also C + D − 2f = 0, B + π − b + e + π − c = 2π, also B + e − b − c = 0. Man erhält insgesamt die folgenden Gleichungen: A+d−a−b = 0 a+f −C −d = 0 f +k−D−i = 0 i+G−k−l j+H −l−m = 0 = 0 h+m−F −j c+h−e−E = 0 = 0 B+e−b−c 2b − A − B = 0 = 0 C + D − 2f E + F − 2h = 0 = 0 Durch Addition dieser Gleichungen erhält man G + H − 2l = 0. Dies bedeutet analog zu oben, dass die Mittelpunkte der obersten Flaschen kollinear sind. Aufgabe 12. Drehungen. a) Bestimmen Sie die Matrix D1 ∈ R3×3 , die eine Drehung um den Punkt P = (2, 1) mit dem Winkel beschreibt. π 3 b) Bestimmen Sie die Matrix Dx (die Matrix Dy , die Matrix Dz ) in R3×3 , die eine Drehung in R3 mit dem Winkel ϕ um die x-Achse (um die y-Achse, um die z-Achse) beschreibt. c) Bestimmen Sie die Matrix D2 , die eine Drehung in R3 um die Winkelhalbierende der xy-Ebene mit dem Winkel ϕ beschreibt. L ÖSUNG : a) Die Drehung um den Punkt P = (2, 1) mit Winkel setzen: 1. Translation des Drehzentrums P zum Ursprung, 2. Drehung um den Ursprung, 3. Translation des Ursprungs zum Drehzentrum P . π 3 läßt sich aus folgenden drei Abbildungen zusammen- Diese drei Abbildung lassen sich jeweils wie folgt als Matrix darstellen: cos( π3 ) − sin( π3 ) 0 1 1 0 −2 cos( π3 ) 0 , A3 = 0 A1 = 0 1 −1 , A2 = sin( π3 ) 0 0 0 1 0 0 1 Nun gilt für die gesuchte Matrix D1 D1 = A3 · A2 · A1 cos( π ) 3 1 0 2 = 0 1 1 · sin( π3 ) 0 0 1 0 − sin( π3 ) 0 1 0 cos( π3 ) 0 · 0 1 0 0 0 1 4 −2 −1 1 0 2 1 1 . 0 1 cos( π3 ) − sin( π3 ) −2 cos( π3 ) + sin( π3 ) + 2 cos( π3 ) −2 sin( π3 ) − cos( π3 ) + 1 = sin( π3 ) 0 0 1 b) Eine Drehung um den Winkel ϕ (gegen den Uhrzeigersinn) in der xy-Ebene läßt sich durch folgende 2 × 2Matrix beschreiben: y Dϕ = cos ϕ − sin ϕ sin ϕ cos ϕ x Gegeben seien nun Punkte im R3 . Lassen wir jeweils ihre z-Koordinate fest und wenden die Drehung nur auf die x- und y-Koordinaten an, dann erhalten wir eine Drehung aller Punkte um die z-Achse (in Richtung der z-Achse gegen den Uhrzeigersinn; siehe Skizze). z y x cos ϕ Dz = sin ϕ 0 − sin ϕ cos ϕ 0 0 0 1 Wir können dieses Koordinatensystem problemlos so drehen, dass die y-Achse auf die ursprüngliche xAchse, die z-Achse auf die ursprüngliche y-Achse und die x-Achse auf die ursprüngliche z-Achse fällt, ohne dabei den Drehsinn des Koordinatensystems verändern zu müssen. Darum können wir die Matrix Dx ebenso einfach angeben wie die Matrix Dz . Wir müssen in diesem Fall nur die x-Koordinate festlassen und die Drehung auf den y- und z- Koordinaten ausführen (siehe Skizze). x 1 Dx = 0 0 z y 0 cos ϕ sin ϕ 0 − sin ϕ cos ϕ Etwas anders verhält es sich bei der Drehung um die y-Achse. Drehen wir unser Koordinatensystem so, dass die xz-Ebene unsere Drehebene ist, so zeigt die y-Achse in die entgegengesetzte Richtung (siehe Skizze). Um nun auch um die y-Achse in derselben Richtung wie vorher um die x- und z-Achse zu drehen, müssen wir in der xz-Ebene in die entgegengesetzte Richtung (also um den Winkel −ϕ) drehen. z x cos(−ϕ) 0 0 1 Dy = sin(−ϕ) 0 − sin(−ϕ) cos ϕ 0 = 0 0 1 cos(−ϕ) − sin ϕ 0 sin ϕ 0 cos ϕ y c) Die Drehung um die Winkelhalbierende der xy-Ebene mit dem Winkel ϕ läßt sich wieder in drei Abbildungen zerlegen: 1. Drehung der Winkelhalbierenden um den Winkel − π4 auf die x-Achse. 2. Drehung um die x-Achse. 3. Drehung der x-Achse um den Winkel π4 auf die Winkelhalbierende. Es ist 5 cos(− π4 ) − sin(− π4 ) 0 cos( π4 ) cos(− π4 ) 0 = − sin( π4 ) B1 = sin(− π4 ) 0 0 1 0 sin( π4 ) 0 cos( π4 ) 0 0 1 B2 = Dx cos( π4 ) − sin( π4 ) 0 cos( π4 ) 0 B3 = sin( π4 ) 0 0 1 Somit gilt für die gesuchte Matrix D2 : D2 = B3 · Dx · B1 cos( π4 ) − sin( π4 ) 1 0 cos( π4 ) 0 · 0 cos ϕ 0 sin ϕ 0 1 = sin( π4 ) 0 cos( π4 ) − sin( π4 ) = sin( π4 ) = = 0 cos( π ) 4 0 − sin ϕ · − sin( π4 ) cos ϕ 0 sin( π4 ) cos( π4 ) cos( π4 ) 0 · − cos ϕ · sin( π4 ) 0 0 0 − sin ϕ · sin( π4 ) 1 cos ϕ · cos( π4 ) sin ϕ · cos( π4 ) sin( π4 ) 0 cos( π4 ) 0 0 0 1 − sin ϕ cos ϕ cos2 ( π4 ) + cos ϕ · sin2 ( π4 ) sin( π4 ) · cos( π4 ) − cos ϕ · sin( π4 ) · cos( π4 ) sin ϕ · sin( π4 ) sin( π4 ) · cos( π4 ) − cos ϕ · sin( π4 ) · cos( π4 ) sin2 ( π4 ) + cos ϕ · cos2 ( π4 ) − sin ϕ · cos( π4 ) sin ϕ · cos( π4 ) − sin ϕ · sin( π4 ) 1 2 1 −2 cos ϕ + cos ϕ + 1 2 1 2 − √12 · sin ϕ − 21 cos ϕ + 1 2 cos ϕ + √1 2 1 2 1 2 · sin ϕ √1 · sin ϕ 2 − √12 · sin ϕ cos ϕ mit sin( π4 ) = cos( π4 ) = cos ϕ √1 2 Bemerkung: Im vorliegenden Fall hätten wir auch erst um den Winkel π4 (Winkelhalbierende −→ yAchse), dann an der y-Achse und schließlich wieder um den Winkel − π4 (y-Achse −→ Winkelhalbierende) zurückdrehen können. Die Verknüpfung der drei entsprechenden Matrizen liefert dasselbe Ergebnis wie die oben durchgeführte Komposition. Aufgabe 13. Sechs Punkte auf einem Kegelschnitt. Es seien fünf Punkte 1, . . . , 5 im RP 2 gegeben. Sie bestimmen im allgemeinen einen Kegelschnitt C = {(x, y, z) ∈ R3 : a · x2 + b · y 2 + c · z 2 + d · xy + e · yz + f · xz = 0}. Zeigen Sie dass ein Punkt 6 genau dann auf C liegt, wenn 2 x1 y12 z12 x1 y1 x22 y22 z22 x2 y2 2 x3 y32 z32 x3 y3 det x24 y42 z42 x4 y4 2 x5 y52 z52 x5 y5 x26 y62 z62 x6 y6 y1 z1 y2 z2 y3 z3 y4 z4 y5 z5 y6 z6 x1 z1 x2 z2 x3 z3 x4 z4 x5 z5 x6 z6 = 0. Hinweis: Im Rd wird durch d−1 Punkte a1 , . . . , ad−1 ein d−1-dimensionaler Unterraum mit der Formel hh, ai = 0 aufgespannt. Ein Punkt a liegt also genau dann in diesem Unterraum, wenn hh, ai = 0, aber auch genau dann, wenn det(a1 , . . . , ad−1 , a) = 0. 6 L ÖSUNG : Wenn die fünf Punkte 1, . . . , 5 einen eindeutigen Kegelschnitt C = {(x, y, z) ∈ RP 2 : a · x2 + b · y 2 + c · z 2 + d · xy + e · yz + f · xz = 0} definieren, so kann es nur einen Vektor (a, b, c, d, e, f ) geben (modulo skalare Vielfache), sodass (a, b, c, d, e, f ) · (x2i , yi2 , zi2 , xi yi , yi zi , xi zi )T = 0 (1) für i = 1, . . . 5. Dies bedeutet, dass die Vektoren vi = (x2i , yi2 , zi2 , xi yi , yi zi , xi zi ) (i = 1, . . . , 5) linear unabhängig sein müssen (sie spannen eine linearen Unterraum des R6 mit Kodimension 1, also Dimension 5 auf). Für einen sechsten Punkt muss (1) ebenfalls gelten. Also muss v6 im linearen Spann der v1 , . . . , v5 liegen, was gleichbedeutend mit det(v1 , . . . , v6 ) = 0 ist. Aufgabe 14. Anwendung des Satzes von Bezout. Eine Kurve dritten Grades k in der Ebene ist die Lösungsmenge eines Polynoms dritten Grades in zwei Variablen. Sie hat die Eigenschaft, dass die Verbindungsgerade durch zwei Punkte A und B auf der Kurve diese in einem dritten Punkt R schneidet (dieser dritte Schnittpunkt kann auch im Unendlichen liegen). Es sei ein beliebiger, aber fester Punkt T auf k gegeben. Der dritte Schnittpunkt der Gerade durch R und T mit k sei mit A + B bezeichnet. A B R A+B T a) Zeigen Sie die Assoziativität der Operation “+”. Beschränken Sie sich dabei auf den Fall, dass keiner der konstruierten Punkte im Unendlichen liegt, d.h. wie in der Abbildung. b) Was hat dies mit dem Satz von Pappos zu tun? k ∗ c ) Beweisen Sie, dass wenn k keine singulären Punkte hat, die Operation “+” eine Gruppe definiert (unter Hinzunahme des Punktes im Unendlichen). Was ist das neutrale, was das inverse Element? L ÖSUNG : a) Um nachzuweisen, dass die Assoziativität (A + B) + C = A + (B + C) erfüllt ist, ist zu zeigen, dass die beiden Punkte R(A+B)+C und RA+(B+C) identisch sind (siehe Bild): Der Satz von Bézout besagt das folgende: Haben zwei Kurven t und t′ der Ordnungen n und m keine Komponenten (Kurven der Ordnung 1 oder grösser) gemeinsam, so haben sie genau n · m Punkte (mit richtigem Zählen der Multiplizitäten) gemeinsam. 7 Wir definieren nun aus den einzelnen Elementen unserer Konstruktion weitere Kurven: Die Kurve k ist eine Kurve dritten Grades. Sie ist durch eine homogene Gleichung f (x, y, z) = 0 bestimmt. Durch die Vereinigung der in obigem Bild blau gezeichneten Geraden wird eine weitere Kurve l definiert. Diese ist auch eine Kurve dritten Grades, die wiederum durch eine homogene Gleichung g(x, y, z) = 0 bestimmt ist. Sei nun L die Menge aller Kurven dritten Grades, die durch die Gleichungen λf + µg = 0 (λ, µ reelle Zahlen) bestimmt werden. Dann enthält jede Kurve t der Menge L die neun Schnittpunkte A, B, C, RA+B , RB+C , R(A+B)+C , A + B, B + C und T . Die in obigem Bild rot gezeichnete Gerade durch die Punkte A + B, RA+B und T werde mit h bezeichnet. Sei Q ∈ h ein Punkt auf der Geraden h, der ungleich der Punkte A + B, RA+B , T ist. Dann ist mit λ0 = g(Q) und µ0 = −f (Q) eine Kurve t0 = λ0 f + µ0 g ∈ L bestimmt, die den Punkt Q enthält (und die Punkte A + B, RA+B und T ). Nach dem Satz von Bézout dürfen die Kurven t0 und h aber nur drei Punkte gemeinsam haben (n = 3, m = 1). Also müssen die beiden Kurven t0 und h gemeinsame Komponenten besitzen. Das ist nur möglich, ′ wenn t0 die Gerade h enthält. Damit ist t0 = h · t0 die Vereinigung von h und einer Kurve zweiten Grades ′ t0 . ′ Die Kurve t0 enthält die sechs Punkte A, B, C, RB+C , R(A+B)+C und B + C. Durch die Vereinigung der in obigem Bild grün gezeichneten Geraden wird eine Kurve s definiert. Diese ist ′ eine Kurve zweiten Grades und enthält fünf der sechs Punkte der Kurve t0 (nach Konstruktion alle Punkte ausser R(A+B)+C , stattdessen aber RA+(B+C) ). ′ Nach dem Satz von Bézout dürfen die beiden Kurven zweiten Grades t0 und s aber nur vier Punkte ge′ meinsam haben. Sie müssen sogar gleich sein (Wiederholung dieses Arguments). Wenn also t0 und s gleich ′ sind, hat die Kurve zweiten Grades t0 = s aber sieben Punkte mit der ursprünglichen Kurve k gemeinsam, nämlich die Punkte A, B, C, RB+C , B + C sowie R(A+B)+C und RA+(B+C) . ′ Da aber k und t0 keine gemeinsamen Komponenten haben können, folgt mit dem Satz von Bézout, dass R(A+B)+C = RA+(B+C) (n = 3, m = 2). b) Der Satz von Pappos folgt direkt aus der o.g. Assoziativität, wenn man den Spezialfall betrachtet, indem die Kurve dritten Grades die Vereinigung von drei Geraden ist. c∗ ) Das neutrale Element ist T . Das inverse Element zu A wird wie folgt konstruiert: Die Tangente zu k durch T schneidet k in einem Punkt S, die Gerade durch A und S wiederum schneidet k in A−1 . Dies ist das inverse Element. (Bemerkung: Trivialerweise ist diese Gruppe kommutativ.) 8 Aufgabe 15. Spezialfälle von Pascals Theorem. 5 Pascals Theorem: Werden 6 Punkte beliebig auf einem Kegelschnitt gewählt und wie im Bild unten mit 1 bis 6 durchnumeriert, so sind die nach der ebenfalls rechts im Bild durchgeführten Konstruktion bestimmten Punkte 7,8 und 9 kollinear. 6 4 8 9 7 1 3 2 a) Zeichnen Sie das zugehörige Bild, wenn die 6 Punkte Ecken eines konvexen Hexagons sind, und zwar in der Reihenfolge 1,5,3,4,2,6. b) Welcher Zusammenhang besteht zwischen Pascals Theorem und und dem Satz von Pappos ? c) Seien a und b zwei Punkte auf einem Kegelschnitt und sei l deren Join. Wird der Punkt a nun entlang des Kegelschnittes in Richtung Punkt b verschoben, wird der Join l im Grenzfall zur Tangente an den Kegelschnitt durch a = b. Bestimmen Sie mit Hilfe dieses Vorgehens drei Korollare von Pascals Theorem. d) Werden die Punkte (oder Geraden) aus Pascals Theorem ins Unendliche verschoben, so ergeben sich weitere Spezialfälle. Bestimmen Sie drei solche Spezialfälle. e) Kombinieren Sie Aufgabenteil c) und Aufgabenteil d) und konstruieren Sie weitere drei Spezialfälle. f) Beweisen Sie: Gegeben sei die Parabel y = x2 . Werden für zwei beliebige Punkte der Parabel a und b die Tangenten ta und tb an die Parabel durch die Punkte a und b sowie deren Lote va und vb gezeichnet, so ist die Gerade durch a und b parallel zu der Geraden durch die beiden Schnittpunkte s1 von ta mit vb und s2 von tb mit va . t a va v t b a b s 2 s 1 L ÖSUNG : a) Werden die 6 Punkte auf dem Kegelschnitt als Ecken eines Hexagons aufgefasst, diese Eckpunkte mit 1, 5, 3, 4, 2, 6 durchnumeriert und wird auf diese Konstellation dann Pascals Theorem wie vorgegeben angewendet, so liegen die Schnittpunkte jeweils gegenüber liegender (verlängerter) Seiten auf einer Geraden. 2 4 3 6 5 1 Mit anderen Worten : Pascals Theorem bleibt wahr, wenn die Punkte wie oben angegeben permutiert werden. 9 b b) Der Satz von Pappos ist ein Spezialfall von Pascals Theorem, wenn als Kegelschnitt der degenerierte Kegelschnitt mit der euklidischen Gleichung y 2 = 1 bzw. mit der homogenen Gleichung y 2 − z 2 = 0 verwendet wird. Dann degeneriert der Kegelschnitt nämlich zu zwei parallelen Geraden. c)-e) Es lässt sich eine Vielzahl von Korollaren herleiten. An dieser Stelle seien drei schöne“ Korrolare angege” ben: • KOROLLAR 1: Liegen die vier Eckpunkte eines Vierecks auf einem Kegelschnitt, so liegen die beiden Schnittpunkte sich jeweils gegenüber liegender (verlängerter) Seiten und die beiden Schnittpunkte sich jeweils gegenüber liegender Tangenten alle zusammen auf einer Geraden. B EWEIS : Wähle das (entartete) Hexagon mit den Eckpunkten 1, 5=3, 4, 2=6 und führe die Konstruktion von Pascals Theorem durch. Numeriere dann dieselben Ecken mit 2=6, 1, 5=3, 4 und wiederhole die Konstruktion von Pascals Theorem. 4 bzw. 5=3 2=6 bzw. 4 1 bzw. 2=6 5=3 bzw. 1 • KOROLLAR 2: Liegen die drei Eckpunkte eines Dreiecks auf einem Kegelschnitt, so liegen die drei Schnittpunkte der (verlängerten) Seiten mit den Tangenten durch den der jeweiligen Seite gegenüber liegenden Punkt auf einer Geraden. B EWEIS : Wähle das (entartete) Hexagon mit den Eckpunkten 1=5 , 3=4, 2=6 und führe die Konstruktion von Pascals Theorem durch. 2=6 1=5 3=4 • KOROLLAR 3: Liegen die vier Eckpunkte eines Parallelogramms auf einem Kegelschnitt, so sind die Tangenten sich jeweils gegenüber liegender Ecken parallel. 10 B EWEIS : Dies ist ein Korollar von Korollar 1 : Da sich die gegenüber liegenden (verlängerten) Seiten jeweils im Unendlichen schneiden, liegen diese beiden Schnittpunkte auf der Geraden im Unendlichen. Nach Korollar 2 müssen dann auch die Schnittpunkte der sich jeweils gegenüber liegenden Tangenten auf der Geraden im Unendlichen liegen. Daraus folgt für die beiden Tangentenpaare, dass sie jeweils parallel sein müssen. f) Hier handelt es sich um einen Spezialfall von Korollar 2 : Wähle als Dreieck das Dreick mit den Eckpunkten a, b und dem Punkt im Unendlichen in Richtung (0,1). Dann sind die Lote va und vb und die Stecke ab gerade die Dreiecksseiten, und die Punkte s1 und s2 die Schnittpunkte von der Dreiecksseite va mit der Tangente durch b und der Dreiecksseite vb mit der Tangente durch a. Nach Korollar 2 muss dann der Schnittpunkt der Dreiecksseite ab mit der Tangente durch den Punkt im Unendlichen ebenfalls auf der Geraden durch s1 und s2 liegen. Da die Tangente durch den Punkt im Unendlichen aber gerade die Gerade im Unendlichen ist, ist der Schnittpunkt der Geraden durch a und b mit der Geraden im Unendlichen selbst ein Punkt im Unendlichen, der (nach Korollar 2) ebenfalls auf der Geraden durch s1 und s2 liegt. Daraus wiederum folgt die Parallelität der beiden Geraden durch (a und b) und (s1 und s2 ). 11