Thieme: Taschenlehrbuch Biochemie

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4 Aminosäuren
Einige Aminosäuren verlieren auch ihren Stickstoff über nicht oxidative Desaminierung. Hierzu gehören Serin, Threonin, Cystein, Methionin und Histidin. Der
hierbei frei werdende Ammoniak wird in der Leber unter Verwendung von ATP
zu Carbamoylphosphat umgesetzt, das in den Harnstoffzyklus einmündet
(Abb. 4.10).
Alternativ kann Ammoniak auch an Glutamat gebunden werden. Diese Reaktion wird durch die Glutaminsynthetase katalysiert und wird im Kap. 25.6 (S. 802)
besprochen.
NH3
Mitochondrium
Zytosol
1 CarbamoylphosphatSynthetase I
2 ATP
HCO–3
H2N
2 ADP + Pi
1
C
2 Ornithin-Transcarbamoylase
O
3 Argininosuccinat-Synthetase
NH
C
P
NH2
Pi
O
HC
Carbamoylphosphat
+
(CH2)3
HC
5 Arginase
+
NH3
COO–
2
NH3
4 Argininosuccinat-Lyase
(CH2)3
ATP
Citrullin
Citrullin
Aspartat
Aspartat
+
–
Ornithin
Fumarat
+
H3N
Citratzyklus
C
COO–
H
+
H2N
CH2
COO
+
H2N
HC
NH2
NH
C
O
Harnstoff
HC
H2O
CH2
COO–
+
NH3
Argininosuccinat
COO–
Fumarat
(CH2)3
NH2 5
CH
COO–
HC
C
NH
(CH2)3
–
CH
Ornithin
C
NH
COO–
H2N
AMP + PPi
COO–
NH3
COO
3
+
4
NH3
COO–
Arginin
Abgabe ins Blut und
Ausscheidung über den Harn
Abb. 4.10 Harnstoffzyklus. Die Harnstoffsynthese findet in den Leberzellen teilweise in den
Mitochondrien und teilweise im Zytosol statt. Der entstehende Harnstoff wird über Blut und
Niere in den Harn ausgeschieden.
aus: Püschel u. a., Taschenlehrbuch Biochemie (ISBN 9783131486912) © 2011 Georg Thieme Verlag KG
4.2 Stoffwechsel der Aminosäuren
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Harnstoffzyklus
Der Hauptanteil der Stickstoffausscheidung beim Menschen erfolgt über Harnstoff (ca. 30 g pro Tag). Die Stickstofffixierung und -ausscheidung in Form von
Harnstoff dient der Entgiftung, da Ammoniak ein starkes Zellgift ist und auf diese
Art und Weise entsorgt wird.
Der Harnstoffzyklus (Ornithinzyklus) läuft vorrangig in Leberzellen ab, in geringem Maße auch in der Niere. In der Zelle sind die Enzyme des Harnstoffzyklus
teils in den Mitochondrien, teils im Zytosol lokalisiert. Den Transport der Intermediate durch die Membranen besorgen spezielle Transportproteine.
Zuerst wird der Ammoniak in der Mitochondrienmatrix aus Glutamat freigesetzt. Er reagiert dort mit 2 ATP und Bicarbonat zu Carbamoylphosphat, die
Reaktion wird durch die Carbamoylphosphat-Synthetase katalysiert.
Es existiert noch eine zytosolische Carbamoylphosphat-Synthetase II, die unter Verwendung von Glutamin Carbamoylphosphat für die Pyrimidinbasensynthese bereitstellt. Dieses
Enzym enthält eine zusätzliche Glutaminase-Domäne (s. Kap. 12.1.5, S. 339).
Nun beginnt der eigentliche Zyklus (Abb. 4.10):
● Das Carbamoylphosphat reagiert mit der nicht proteinogenen Aminosäure Ornithin (das der Aminosäure Lysin ähnelt, jedoch eine CH2-Gruppe weniger
enthält) zu Citrullin (Enzym: Ornithin-Carbamoyltransferase).
● Mithilfe des Antiporters ORNT 1 wird Citrullin aus dem Mitochondrium ins
Zytosol und Ornithin aus dem Zytosol in das Mitochondrium transportiert.
● Citrullin reagiert im Zytosol mit der Aminogruppe von Aspartat unter ATPVerbrauch zu Argininosuccinat, wodurch der zweite Aminostickstoff für den
Harnstoff eingeführt wird (Enzym: Argininosuccinat-Synthetase).
● Unter Fumarat-Abspaltung entsteht aus Argininosuccinat Arginin (Enzym: Argininosuccinat-Lyase; Aspartatzyklus).
● Mithilfe des Enzyms Arginase werden daraus Harnstoff und Ornithin gebildet.
● Ornithin wird nun wieder in das Mitochondrium transportiert, womit sich der
Kreislauf schließt.
Harnstoff selbst ist sehr gut wasserlöslich, wird über den Blutkreislauf in die
Niere transportiert und dort in den Harn ausgeschieden. Die Werte der Harnstoffkonzentration im Blutplasma liegen in der Regel im Bereich von 100 – 500 mg/l.
Die Synthese von Harnstoff ist energieaufwendig, es wird das Äquivalent von
4 Mol ATP pro Mol Harnstoff verbraucht. Dieser Energieverbrauch wird jedoch
durch den Energiegewinn der mit dem Harnstoffzyklus assoziierten Reaktionen
weitgehend kompensiert. So wird im Harnstoffzyklus aus Aspartat Fumarat gebildet, das im Citratzyklus über Malat zu Oxalacetat führt, aus dem durch Transaminierung wieder Aspartat entsteht. Dabei wird in der Malat-Dehydrogenase-
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