Das „Ermächtigungsgesetz“

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Stationen und Methoden der Herrschaftssicherung der NSDAP r 5
Das „Ermächtigungsgesetz“
Am 23. März 1933 wurde gegen die Stimmen der SPD das „Ermächtigungsgesetz“ mit der von der Verfassung vorgesehenen notwendigen ZweidrittelMehrheit angenommen. Um diese zu erreichen, wurden unter Umgehung
der Verfassung sowohl alle 81 KPD-Abgeordneten als auch die 26 geflohenen
oder verhafteten SPD-Abgeordneten als unentschuldigt fehlend gewertet, wodurch sie formal als anwesend gezählt werden konnten. Dadurch stellte die
Regierung sicher, dass die ebenfalls notwendige Voraussetzung, nämlich dass
Zweidrittel der Abgeordneten anwesend sein mussten, gegeben war.
Da die Sozialdemokraten das „Ermächtigungsgesetz“ ablehnten, waren die
Nationalsozialisten auf die Stimmen des Zentrums angewiesen. In mehrtägigen Gesprächen mit den Vertretern des politischen Katholizismus warb
Hitler um deren Zusage. Das Zentrum und die Bayerische Volkspartei (BVP)
stimmten dem Gesetz schließlich zu, um die Rechte der katholischen Kirche
im Schul- und Erziehungswesen und die Verhandlungen über das Konkordat
zwischen dem Deutschen Reich und dem Vatikan nicht zu gefährden.
Der sozialdemokratische Parteivorsitzende Otto Wels erläuterte dagegen
in maßvoller und würdiger Form unter den drohenden Blicken der SA-Truppen die Ablehnung seiner Partei: „Wir deutschen Sozialdemokraten bekennen
uns in dieser geschichtlichen Stunde feierlich zu den Grundsätzen der
Menschlichkeit und Gerechtigkeit, der Freiheit und des Sozialismus. […] Wir
grüßen die Verfolgten und Bedrängten. Wir grüßen unsere Freunde im Reich.
Ihre Standfestigkeit und Treue verdienen Bewunderung. Ihr Bekennermut,
ihre ungebrochene Zuversicht verbürgen eine hellere Zukunft.“2
Das „Ermächtigungsgesetz zur Behebung der Not von Volk und Staat“ bedeutete die Ausschaltung des Parlaments und der Weimarer Verfassung. Die
Regierung konnte nun Gesetze verfassungsändernden Inhalts, soweit sie nicht
die Institution des Reichstags und die Rechte des Reichspräsidenten berührten,
erlassen. Damit ging die Legislative in die Hände der Regierung Hitlers über.
Das „Ermächtigungsgesetz“ bildete die Grundlage für die NS-Diktatur; es
wurde 1937 und 1939 verlängert und 1943 von jeglicher Befristung befreit.
Am 22. Juni 1933 wurde die SPD verboten. Die KPD war b durch den dauerhaften Ausnahmezustand faktisch verboten. Am 31. März annullierte die
Regierung die KPD-Sitze im Reichstag und im Preußischen Landtag per Gesetz. Bis zum 5. Juli lösten sich die übrigen Parteien auf. Dadruch veränderte
sich auch die Situation im Koalitionskabinett, denn mit der Ausschaltung des
Reichstags verlor Hugenberg seine Basis. Als seine Partei, die DNVP, sich Ende
Juni auflöste, trat er als Minister zurück. Das Gesetz gegen die Neubildung von
Parteien (14. Juli 1933) verwandelte Deutschland in einen Einparteienstaat.
6 r Stationen und Methoden der Herrschaftssicherung der NSDAP
„Gleichschaltung“
Für ihre Methode der Machteroberung erfanden die Nationalsozialisten den für
ihre systematische Verschleierung von Sachverhalten charakteristischen Begriff
der „Gleichschaltung“. Hinter diesem politischen Schlagwort verbirgt sich die
Aufhebung des politischen und gesellschaftlichen Pluralismus während der
Phase der Machtübernahme. Bei der „Gleichschaltung der Länder“ mussten
diese ihre Hoheitsrechte auf das Reich übertragen. Zwischen dem 5. und dem
9. März 1933 erfolgte die Eingliederung der nicht nationalsozialistischen
Länder (Hamburg, Hessen, Lübeck, Bremen, Württemberg, Baden, Schaumburg-Lippe, Sachsen und Bayern). Dieser Vorgang verlief zumeist nach dem
gleichen Muster: SA- und SS-Leute sorgten für Provokationen und Kundgebungen des „Volkszorns“. Diese erlaubten es dem Reichsinnenminister unter
Berufung auf Artikel 2 der „Reichstagsbrandverordnung“ die Landesregierung
abzusetzen und an deren Stelle einen Kommissar, in der Regel den zuständigen
Gauleiter der NSDAP oder einen anderen führenden Nationalsozialisten, einzusetzen und kommissarische Polizeipräsidenten zu ernennen.
Ebenso wurden wichtige Organisationen sowie Rundfunk und Presse
„gleichgeschaltet“. Sie wurden ihrer Eigenständigkeit beraubt und nach dem
Führerprinzip ausgerichtet, indem überzeugte Nationalsozialisten die wichtigsten Positionen auf allen Organisationsebenen übernahmen.
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