Komplexe Zahlen - TU Bergakademie Freiberg

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KAPITEL 1
Komplexe Zahlen
1.1
1.2
1.3
1.4
1.5
1.6
1.7
1.8
1.9
1.10
1.11
1.12
Lernziele im Abschnitt: Komplexe Zahlen .
Was sind komplexe Zahlen? . . . . . . . .
Komplexe Zahlenebene . . . . . . . . . .
Grundrechenarten in C . . . . . . . . . .
Konjugation und Betrag komplexer Zahlen
Gleichheit komplexer Zahlen . . . . . . .
Umrechnen komplexer Zahlen . . . . . . .
Potenzen . . . . . . . . . . . . . . . . .
Wurzeln . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Ergänzungen . . . . . . . . . . . . . . .
Beispielaufgaben . . . . . . . . . . . . .
Zusammenfassung: Komplexe Zahlen . .
1
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2
2
3
4
5
6
6
13
14
20
22
32
1.1. Lernziele im Abschnitt: Komplexe Zahlen
1.1
Lernziele im Abschnitt: Komplexe Zahlen
Lernziele 1
• Darstellung komplexer Zahlen in algebraischer/arithmetischer,
trigonometrischer (in Polarkoordinaten) und exponentieller Form.
• Addition, Subtraktion, Multiplikation und Division komplexer Zahlen in
arithmetischer Form.
• Betrag und Konjugation komplexer Zahlen.
• Beschreibung von Mengen komplexer Zahlen in der Gaußschen
Zahlenebene.
• Multiplikation in trigonometrischer und exponentieller Form.
• Die Eulersche Formel und die Formel von Moivre.
• Potenzieren in algebraischer/arithmetischer, trigonometrischer und
exponentieller Form.
• Radizieren (Wurzelziehen) in trigonometrischer und expontieller
Form.
– Einheitswurzeln, d.h.
Ô
n
1. Wieviele gibt es?
– Wurzeln aus beliebigen komplexen Zahlen.
– Lösungen der quadratischen Gleichung.
1.2
Was sind komplexe Zahlen?
Typische Anwendungen für komplexe Zahlen liegen in
• der Elektrotechnik, wobei die Darstellung sowohl in algebraischer Form
als auch graphisch erfolgt,
• Beschreibung von geometrischen Objekten (Kurven, Flächen, Mengen) im
R2 .
2
1.3. Komplexe Zahlenebene
1.3
Komplexe Zahlenebene
In der mit einem kartesischen (x, y)-Koordinatensystem versehenen Ebene
stellen die Punkte der x-Achse die reellen Zahlen dar. Komplexe Zahlen
ergeben sich nun dadurch, dass alle Punkte z = (x, y) als „Zahlen“ aufgefasst
werden und man schreibt
z = x + iy .
Man nennt z komplexe Zahl mit dem Realteil Re z = x und dem Imaginärteil
Im z = y . Man nennt die x-Achse reelle Achse und die y -Achse wird imaginäre
Achse genannt. Die Menge aller komplexen Zahlen wird mit C bezeichnet.
C := {x + iy : x, y œ R}.
Geometrisch lassen sich die komplexen Zahlen als Punkte bzw. Vektoren einer
Ebene darstellen. Die Ebene, deren Punkte als komplexe Zahlen aufgefasst
werden, heißt komplexe Zahlenebene oder Gaußsche Zahlenebene.
Gaußsche
Zahlenebene
iy
(a, b)
z = a + ib
b = Im z
exponentielle Form
|z|
=
trigonometrische Form
r
algebraische Form
= r(cos
= re
a = Re z
+ i sin )
i
x
ib
Im z = b
Abbildung 1.1: Gaußsche Zahlenebene
3
1.4. Grundrechenarten in C
1.4
Grundrechenarten in C
Die Summe und Differenz komplexer Zahlen ist durch
(x + iy) + (u + iv ) := (x + u) + i(y + v )
(x + iy ) ≠ (u + iv ) := (x ≠ u) + i(y ≠ v ).
definiert.
Das Produkt zweier komplexer Zahlen ist definiert als
(x + iy)(u + iv ) = x(u + iv ) + iy(u + iv ) = xu + ixv + iyu + iyiv
2
= xu + i yu + i(xv + yu) = (xu ≠ yv ) + i(xv + yu).
Bemerkung 1.1
Die Addition/Subtraktion/Multiplikation von komplexen Zahlen erfolgt formal wie
für reelle Zahlen; es ist nur zu beachten, dass i 2 = ≠1 ist.
Bemerkung 1.2
Bei der Definition der Division benutzt man trickreich die binomische
Formel:
2
2
2
2
(u + iv )(u ≠ iv ) = u ≠ (iv ) = u + v
und damit ist
(x + iy )
(x + iy )(u ≠ iv) (xu + yv ) + i(yu ≠ xv )
=
=
(u + iv ) (u + iv )(u ≠ iv)
u2 + v 2
xu + yv
yu ≠ xv
= 2
+i 2
.
2
u +v
u + v2
D.h. man erweitert den Bruch mit u ≠ iv und erhält dadurch einen
reellwertigen Nenner.
Beispiel 1.3
8 + 2i
(8 + 2i)(7 + i) 56 ≠ 2 + i(8 + 14) 54
22
=
=
=
+i .
7≠i
(7 ≠ i)(7 + i)
49 + 1
50
50
4
1.5. Konjugation und Betrag komplexer Zahlen
1.5
Konjugation und Betrag komplexer Zahlen
Definition 1.4
Die komplexe Zahl z̄ = x ≠ iy heißt die zu z = x + iy konjugiert komplexe

Zahl und |z | :=
x 2 + y 2 heißt Betrag (oder auch Norm, Länge, Modul)
der komplexen Zahl z.
Eigenschaften:
1. z = z,
2. z1 + z2 = z1 + z2 ,
3. z1 · z2 = z1 · z2 ,
4. Re z =
5. Im z =
1
2
1
2i
(z + z) ,
(z ≠ z) ,
6. z œ R ≈∆ z = z,
7. |z | =
Ô
z · z bzw. z · z = x 2 + y 2 ,
8. |z | Ø 0 und |z | = 0 ≈∆ z = 0,
9. |z1 · z2 | = |z1 | · |z2 |,
10. |z1 + z2 | Æ |z1 | + |z2 | (Dreiecksungleichung).
Bemerkung 1.5
Wie bei den reellen Zahlen kann man durch jede komplexe Zahl z ”= 0
dividieren, da zu jeder komplexen Zahl z = x + iy ”= 0 die komplexe Zahl
1
x ≠ iy
x ≠ iy
z
≠1
=z
=
= 2
=
2
z
(x + iy )(x ≠ iy) x + y
|z |2
exisitert.
5
1.6. Gleichheit komplexer Zahlen
1.6
Gleichheit komplexer Zahlen
Gleichheit in algebraischer Form
Wir betrachten zwei komplexe Zahlen z1 = x1 + iy1 und z2 = x2 + iy2 , dann gilt
2
2
2
z1 ≠ z2 = 0 ≈∆ |z1 ≠ z2 | = (x1 ≠ x2 ) + (y1 ≠ y2 ) = 0
und damit folgt (x1 ≠ x2 )2 = (y1 ≠ y2 )2 = 0, also x1 = x2 und y1 = y2 .
Offensichtlich folgt umgekehrt aus x1 = x2 und y1 = y2 sofort z1 = z2 .
Satz 1.6
Zwei komplexe Zahlen sind genau dann gleich, wenn ihr Real- und
Imaginärteil übereinstimmen.
1.7
Umrechnen komplexer Zahlen
Bei der algebraischen Form wird das Element (a, b) œ R2 mit der komplexen
Zahl a + ib identifiziert, führt man Polarkoordinaten ein, so ergibt sich die
trigonometrische Darstellung. Mit Hilfe der komplexen Exponentialfunktion ergibt
sich die exponentielle Form. Offensichtlich ergibt sich die algebraische Form aus
der geometrischen durch „Ausrechnen“. Schwieriger ist es, aus der
algebraischen Form die trigonometrische zu erhalten. Wegen
2
2
2
2
2
2
(r cos Ï) + (r sin Ï) = r sin Ï + r cos Ï
2
2
2
2
2
= r (cos Ï + sin Ï) = r = a + b
ist
r =
Ô
2
a2 + b 2 .
Was gilt für den Winkel? Es gibt verschiedenen Varianten sich den Winkel richtig
zu überlegen.
6
1.7. Umrechnen komplexer Zahlen
2 Komplexe Zahlen
2.1.3 Winkel aus dem Arkustangens
Mittels
Tangens
Es ist
y
Man kann den Winkel auch aus
=
r sin
r cos
x
= tan .
b
r cos Ï zum Tangens den Winkel
Man muss nun mit Hilfe der Umkehrfunktion
=
a gilt
men. Wie man leicht nachrechnet
= tan Ï
r sin Ï
bestim-
y
r sin
sin
berechnen. Allerdings gibt es
mit der Umkehrfunktion, da
=auch hier
= das=Problem
tan .
x
r cos
cos
der Tangens keine eineindeutige Funktion ist.
Um diese Beziehung nach
aufzulösen, benötigt man die Umkehrfunktion zum
Tangens, dies ist der Arkustangens. Da der Tangens aber keine eineindeutige Funktion ist, da es gleiche Funktionswerte zu verschiedenen Argumenten gibt, ist das
nicht ganz trivial. Wir schauen uns deshalb zunächst die Tangensfunktion an:
tan x
3
2
1
1
2
1
2
1
2
3
2
2
3
Um eine eineindeutige Zuordnung zu erhalten, schränkt man den Definitionsbe2, 2
reich des Tangens auf das Intervall
ein und erhält als Umkehrfunktion die
sogenannten Hauptwerte des Arkustangens:
= arctan t
Abbildung 1.2: Tangens
tan
=t
wenn
2
<
<
2
,
R.
t
Willschränkt
man also Winkel
außerhalb
des Intervalls des
erhalten, soauf
muss
man
2 , 2 Tangens
Deshalb
man den
Definitionsbereich
das
Intervall
! fi Vielfache
" von addieren
(bzw. subtrahieren), da tan eine -periodische Funktion
fi
≠ 2 ; 2 ein und erhält als Umkehrfunktion den Arkustangens (Hauptwerte):
Ï = arctan t ≈∆ tan Ï = t
9
für ≠
fi
2
!
<Ï<
fi
2
, t œ R.
"
Will man also Winkel Ï außerhalb des Intervalls ≠ fi2 ; fi2 berechnen, so muss
man Vielfache von fi addieren (bzw. subtrahieren), da tan Ï eine fi -periodische
Funktion ist. Es gilt
7
1.7. Umrechnen komplexer Zahlen
• im 1. Quadranten a > 0 und b > 0, dann ist
Ï = arctan
1 2
b
a
,
• im 2. Quadranten a < 0 und b > 0, dann ist
Ï = arctan
1 2
+ fi,
1 2
+ fi,
b
a
• im 3. Quadranten a < 0 und b < 0, dann ist
Ï = arctan
b
a
• im 4. Quadranten a > 0 und b < 0, dann ist
Ï = arctan
1 2
b
a
+ 2fi .
Weiterhin gilt für komplexe Zahlen a + ib auf den Koordinatenachsen:
• a > 0 und b = 0, dann ist Ï = 0,
• a = 0 und b > 0, dann ist Ï =
fi
• a = 0 und b < 0, dann ist Ï =
3fi
.
2
2
,
• a < 0 und b = 0, dann ist Ï = fi ,
Gilt a = b = 0, so ist r = 0 und der Winkel Ï ist dann beliebig.
Mittels Kosinus
Da r bereits bekannt ist, kann man den Winkel Ï aus der Beziehung
a = r cos Ï ≈∆
a
= cos Ï
r
berechnen. Da der Kosinus aber keine eineindeutige Funktion ist, gibt es keine
Umkehrfunktion. Schränkt man den Definitionsbereich von cos x aber auf das
Intervall [0; fi ] ein, so ist der Kosinus eineindeutig und man erhält die
Umkehrfunktion
Ï = arccos t,
für Ï œ [0; fi ], t œ [≠1; 1].
8
1.7. Umrechnen komplexer Zahlen
Abbildung 1.3: Darstellung komplexer Zahlen
9
1.7. Umrechnen komplexer Zahlen
1
1
0,5
0
0
0,5
1
1
1,5
2
2,5
3
3,5
4
4,5
2
-0,5
3
2
5
5,5
6
2
cos x
-1
Abbildung 1.4: Kosinus
Dies entspricht dem roten Graphen von cos x in der folgenden Abbildung. Die
übrigen Werte, d.h. die Werte für komplexe Zahlen im 3. bzw. 4. Quadranten
ergeben sich dann zu
a
Ï = 2fi ≠ arccos ,
r
wie man mit Hilfe der Rechenregeln für den Kosinus leicht nachprüft:
1
cos Ï = cos 2fi ≠ arccos
a
r
2
1
= cos ≠ arccos
1
= cos arccos
a
r
2
a
r
=
2
a
.
r
Damit ergeben sich in Abhängigkeit vom Quadranten folgende Formeln zur
Berechnung des Winkels Ï :
10
1.7. Umrechnen komplexer Zahlen
2. Quadrant
= arccos
1. Quadrant
x
r
= arccos
3. Quadrant
=2
arccos
x
r
4. Quadrant
x
r
=2
arccos
x
r
Falls, r = 0 ist, so ist der Winkel Ï beliebig.
Praktisch muss man sich also überlegen:
• In welchem Quadranten liegt die komplexe Zahl (Skizze!)
• Wie groß ist der Winkel deshalb ungefähr?
• Daraus ergibt sich wie der Winkel zu berechnen ist.
Bemerkung 1.7
In der Mathematik bevorzugt man für den Winkel das Intervall [0; 2fi ]. In
technischen Anwendungen wird allerdings gemäß DIN anders vorgegangen. Für
komplexe Zahlen oberhalb der reellen Achse (Im z = b > 0) werden positive
Winkel, also Ï = arccos ar und für komplexe Zahlen unterhalb der reellen Achse
sind die Winkel negativ zu nehmen, d.h. Ï = ≠ arccos ar .
Gleichheit in trigonometrischer Form
Wir betrachten zwei komplexe Zahlen
z1 = r1 (cos Ï1 + i sin Ï1 ) = r2 (cos Ï2 + i sin Ï2 ) = z2 ,
dann gilt aber auch |z1 | = |z2 |, d.h. r1 = r2 . Es verbleiben die Beziehungen
cos „1 = cos „2
und
sin „1 = sin „2 .
11
1.7. Umrechnen komplexer Zahlen
Am Einheitskreis gilt für den Kosinus
cos Ï = cos(2fi ≠ Ï) = cos(Ï + 2fi )
und für den Sinus
sin Ï = sin(fi ≠ Ï) = sin(2fi + Ï),
weiterhin gilt es wegen der 2fi -Periodizität für Ï + 2k fi . Für Sinus und Kosinus
gleichzeitig gilt es nur für Ï + 2k fi , k œ Z. Deshalb gilt
k œ Z.
Ï2 = Ï1 + 2k fi ,
Lemma 1.1
Zwei komplexe Zahlen in trigonometrischer Form sind genau dann gleich,
wenn die Beträge gleich sind und die Winkel sich nur um Vielfache von
2k fi , k œ Z, unterscheiden.
Multiplikation in trigonometrischer Form
Bei der Multiplikation in trigonometrischer Form wird zunächst wie mit reellen
Zahlen gerechnet, es ergeben sich aber Produkte von Sinus und Kosinus, die
sich mittels Additionstheoremen vereinfachen lassen:
z1 · z2 = {r1 (cos Ï1 + i sin Ï1 )} · {r2 (cos Ï2 + i sin Ï2 )}
= r1 r2 (cos Ï1 + i sin Ï1 )(cos Ï2 + i sin Ï2 )
!
2
= r1 r2 cos Ï1 cos Ï2 + (i) sin Ï1 sin Ï2
+i(cos Ï1 sin Ï2 + sin Ï1 cos Ï2 ))
= r1 r2 (cos Ï1 cos Ï2 ≠ sin Ï1 sin Ï2
+i(cos Ï1 sin Ï2 + sin Ï1 cos Ï2 ))
= r1 r2 (cos(Ï1 + Ï2 ) + i sin(Ï1 + Ï2 ))
12
1.8. Potenzen
Satz 1.8
Komplexe Zahlen werden multipliziert indem man die Beträge
multipliziert und die Argumente (also die Winkel) addiert.
1.8
Potenzen
Als Spezialfall der Multiplikation erhält man für z = cos Ï + i sin Ï :
2
2
z = r (cos(2Ï) + i sin(2Ï))
und allgemein
n
n
z = r (cos(nÏ) + i sin(nÏ)),
Weitere Spezialfälle ergeben sich für r = 1 :
n œ N.
Satz 1.9 (Formel von Moivre)
n
(cos Ï + i sin Ï) = cos(nÏ) + i sin(nÏ),
n œ N.
und
Satz 1.10 (Formel von Euler)
e
iÏ
= cos Ï + i sin Ï.
13
1.9. Wurzeln
Bemerkung 1.11
In der Funktionentheorie kann man nachweisen, dass ei Ï tatsächlich als
Exponentialfunktion betrachtet werden kann. Insbesondere gelten die
Rechenregeln für die Exponentialfunktion, d.h.
e
i(Ï1 +Ï2 )
=e
i Ï1
· ei Ï2 ,
e
≠i Ï
=
1
.
ei Ï
Dies könnte man auch über Additionstheoreme für Sinus und Cosinus beweisen.
Es gilt aber ganz allgemein für eine beliebige komplexe Zahl z = x + iy :
z
e =e
x+iy
x
=e ·e
iy
und für zwei beliebige komplexe Zahlen z1 = x1 + iy1 und z2 = x2 + iy2 :
e
z1 +z2
=e
z1
· e z2 ,
e
≠z
=
1
.
ez
Wenn man Ï = x setzt und die Exponentialfunktion eix als Reihe aufschreibt, so
erhält man
ix
e =
Œ
ÿ
(ix)k
k!
k =0
=
Œ
ÿ
(≠1)l x 2l
l=0
(2l)!
+i
Œ
ÿ
(≠1)l x 2l+1
l=0
(2l + 1)!
= cos x + i sin x.
Insbesondere muss man die Konvergenz aller Reihen nachweisen (siehe
Funktionenreihen).
1.9
Wurzeln
Wie löst man eine Gleichung der Form
n
z = A,
A œ C?
Wir betrachten zunächst den Fall A = 1 und bestimmen die n-ten
Einheitswurzeln, also Lösungen der Gleichung
n
z = 1.
Es sei z = r (cos Ï + i sin Ï). Hieraus folgt zunächst z n = r n (cos(nÏ) + i sin(nÏ)).
Die komplexe Zahl 1 hat die trigonometrische Darstellung
n
n
z = r (cos(nÏ) + i sin(nÏ)) = 1 = cos(0) + i sin(0).
14
1.9. Wurzeln
Aus der Gleichheit komplexer Zahlen (siehe Lemma 1.1, Seite 12) in
trigonometrischer Form folgt
n
gleiche Beträge: r = 1 ≈∆ r = 1,
Argumente: n„ = 2k fi , k œ Z.
Folglich sind alle
zk = cos
1
2k fi
n
2
+ i sin
1
2k fi
n
2
,
k œ Z,
Lösungen von z n = 1 und damit Einheitsuwrzeln. Wegen der 2fi -Periodizität von
Sinus und Kosinus gibt es aber nur n voneinander verschiedene Einheitswurzeln
z0 , z1 , ... , zn≠1 .
Satz 1.12 (Einheitswurzeln)
Es gibt genau n verschiedene komplexe Zahlen z0 , z1 , ... , zn≠1 , die der
Gleichung
n
z =1
genügen, diese sind gegeben durch
zk = e
i 2knfi
,
k = 0, 1, 2, ... , n ≠ 1.
Beispiel 1.13
Die 7. Einheitswurzeln sind am Einheitskreis dargestellt:
15
1.9. Wurzeln
In analoger Weise gehen wir nun bei der allgemeinen Gleichung
z n = A, A œ C, vor. Wir stellen beide komplexe Zahlen zunächst in
Polarkoordinaten dar:
z = r (cos Ï + i sin Ï)
und
A = R(cos
+ i sin ).
Damit geht die Gleichung z n = A über in (Ausrechnen von z n und einsetzen in
die Gl.)
n
r (cos(nÏ) + i sin(nÏ)) = R(cos + i sin ).
Aus der Gleichheit komplexer Zahlen in trigonometrischer Form (Lemma 1.1,
Seite 12) folgt
n
gleiche Beträge: r = R ≈∆ r =
Argumente: nÏ =
!
Ô
n
Ô
n
R,
+ 2k fi , k œ Z.
"
fi
fi
Damit sind alle zk = R cos +2k
+ i sin +2k
, k œ Z, Lösungen, aber
n
n
wegen der 2fi -Periodizität von Sinus und Kosinus gibt es nur n voneinander
verschiedene Lösungen
zk =
Ô
n
R
1
cos
+ 2k fi
+ i sin
n
+ 2k fi
n
2
,
k = 0, 1, ... , n ≠ 1.
16
1.9. Wurzeln
bzw.
zk =
Ô
n
Re
fi
i +2k
n
=
1Ô
n
R
i
e n
2
e
i 2knfi
= z0 · e
fi
4
+ i sin
fi
4
,
k = 0, 1, 2, ... , n ≠ 1.
) sind am Einheitskreis
r=
14
2
1,
0
5
Beispiel 1.14
Ô
Die 7. Wurzeln aus A = 1 + i = 2(cos
dargestellt:
i 2knfi
Beispiel 1.15
Man bestimme alle 5. Wurzeln von
z = 4(1 ≠ i).
Wir stellen z zunächst in trigonometrischer Form dar, dazu berechnen wir den
Betrag von z :
R=

42 + (≠4)2 =
Ô
16 + 16 =
Ô
Ô
2 · 42 = 4 2 = 2 · 2 ·
Ô
2=
Ô
5
2 .
17
1.9. Wurzeln
Wir bestimmen den Winkel
mit Hilfe des Arkustangens:
y
= ≠1,
x
arctan
y
fi
= arctan(≠1) = ≠ .
x
4
Da x > 0 und y < 0 ist, liegt z im 4. Quadranten und es gilt
1
= 2fi + ≠
fi
4
2
7fi
.
4
=
Alternativ erhält man mit Hilfe des Arkuskosinus
Ô
x
4
1
2
= Ô = Ô =
,
R
2
4 2
2
Ô
2 fi
= ,
2
4
arccos
da z im 4. Quadranten liegt, ergibt sich
= 2fi ≠ arccos
x
fi 7fi
= 2fi ≠
=
.
r
4
4
Damit lautet z in trigonometrischer Form:
z=
Ô
5
2
1
cos
7fi
7fi
+ i sin
4
4
2
.
Jetzt können wir alle 5 Wurzeln gemäß der Formel für das Radizieren
hinschreiben:
zk :=
=
=
1
Ô
n
R cos
Ò
5
Ô
Ô
2
5
2
3
3
cos
1
cos
+ 2k fi
n
3 7fi
4
3 7fi
4
2
+ 2k fi
5
+ 2k fi
5
+ i sin
4
4
1
+ i sin
+ i sin
+ 2k fi
n
3 7fi
4
3 7fi
4
22
+ 2k fi
5
+ 2k fi
5
44
44
,
k = 0, 1, 2, 3, 4.
18
1.9. Wurzeln
und erhalten:
z0 =
=
z1 =
=
z2 =
=
z3 =
=
z4 =
=
Ô
2
3
Ô 1
cos
2 cos
Ô
2
3
Ô 1
cos
2 cos
Ô
2
3
Ô 1
cos
2 cos
Ô
2
3
Ô 1
cos
2 cos
Ô
2
3
Ô 1
cos
2 cos
3 7fi
+2·0·fi
4
1
7fi
20
3 7fi
1
4
2
15fi
20
3 7fi
1
4
23fi
20
3 7fi
1
4
31fi
20
3 7fi
1
4
39fi
20
5
+ i sin
1
+2·1·fi
2
5
+ i sin
2
+ i sin
2
+ i sin
2
+ i sin
22
4
22
+ i sin
22
+ i sin
31fi
20
22
+ i sin
39fi
20
3 7fi
4
+2·0·fi
5
¥ 0, 64 + 1, 26i
+ i sin
23fi
20
4
1
+ i sin
15fi
20
4
1
+2·4·fi
5
4
1
+2·3·fi
5
7fi
20
1
+2·2·fi
5
4
22
3 7fi
4
+2·1·fi
5
¥ ≠1 + i
3 7fi
4
+2·2·fi
5
44
44
44
¥ ≠1, 26 ≠ 0, 64i
3 7fi
4
+2·3·fi
5
¥ 0, 22 ≠ 1, 4i
3 7fi
4
+2·4·fi
5
44
44
¥ 1, 4 ≠ 0, 22i.
Sollten Sie die Zahlenwerte (gerundet auf 2 Stellen nach dem Komma)
nicht erhalten, so kann das daran liegen, dass Sie Ihren Taschenrechner falsch
eingestellt haben!
Sie müssen Ihren Taschenrechner auf „RAD“ und nicht auf „DEG“
einstellen. Wie jeder weiß, ist cos fi = ≠1, ist Ihr Taschenrechner auf „RAD“
eingestellt, so klappt das auch, wie man leicht überprüft, ist dagegen der
Taschenrechner auf „DEG“ eingestellt, so ergibt sich cos fi = 0, 998497159 !!
Das ist falsch!! Noch schlimmer wird es, wenn Sie den Taschenrechner auf
‘”GRAD”’ eingestellt haben, GRAD steht für Neugrad und der Vollkreis hat 400
Neugrad! Ganz falsch!!
19
1.10. Ergänzungen
1.10 Ergänzungen
Damit kann man z.B. auch quadratische Gleichungen lösen:
Beispiel 1.16
Man bestimme alle Lösungen der quadratischen Gleichung
2
z + (1 + i)z +
9
2
(1 + i) = 0.
4
Lösung mittels quadratischem Ergänzen:
1
2
1
2
9
1+i 2
1+i 2 9
2
2
z + (1 + i)z + (1 + i) = z +
≠
+ (1 + i) = 0
4
2
2
4
1
2
1+i 2
3fi
3fi
2
≈∆ (z +
) = ≠2(1 + i) = ≠4i = 4 cos
+ i sin
2
2
2
2
und damit ergeben sich die beiden Lösungen:
z1 = ≠
(1 + i)
=≠
+2
2
z2 = ≠
1
(1 + i) Ô
3fi
3fi
+ 4 cos
+ i sin
2
4
4
3 Ô
Ô 4
3 Ô
Ô 4
2
2
≠
+i
2
2
1
2
=≠
Ô
(1 + i)
3fi
3fi
≠ 4 cos
+ i sin
2
4
4
(1 + i)
=≠
≠2
2
2
2
≠
+i
2
2
3
2
=≠
Ô 4 3 Ô
1+2 2
2
3
+
Ô 4
1≠2 2
2
≠
2 2≠1
2
3 Ô
4
2 2+1
2
i,
4
i.
Wir haben gesehen, dass die quadratische Gleichung im Bereich der komplexen
Zahlen immer lösbar ist. Es gilt aber noch mehr.
Satz 1.17 (Fundamentalsatz der Algebra)
Jedes Polynom p(z) vom Grad Ø 1 hat in C eine Nullstelle.
20
1.10. Ergänzungen
Folgerung: Jedes Polynom p(z) vom Grad n Ø 1 lässt sich (über C) in
Linearfaktoren zerlegen:
p(z) = an (z ≠ z1 )(z ≠ z2 ) · ... · (z ≠ zn ),
wobei an eine beliebige aber feste komplexe Zahl ist und die
zk , k = 1, 2, 3, ... , n, nicht notwendig voneinander verschiedene Nullstellen von
p(z) sind.
Satz 1.18 (Identitätssatz)
Stimmen zwei Polynome
p(z) =
n
ÿ
j=0
aj z
j
und q(z) =
n
ÿ
bj z
j
j=0
(höchstens) n-ten Grades an (wenigstens) (n + 1) Stellen überein, so sind
die Polynome gleich, d.h. aj = bj für alle j.
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