Analyse der Nationalratswahlen 2011 Referat von Claude Longchamp, Institutsleiter gfs.bern, Lehrbeauftragter für Politikwissenschaft an den Universitäten St. Gallen, Zürich und Bern vor dem Lions Club Rapperswil am 14. November 2011 in Rapperswil © gfs.bern, 14. November 2011 1 Das vorläufig amtliche Endergebnis 2 Partei Stimmen % (+/-) Sitze (+/-) SVP 641‘106 26.60 - 2.41 54 -8 SP 450‘693 18.70 - 0.85 46 +3 FDP.Liberale 364‘704 15.13 - 2.46 30 -5 CVP 296‘350 12.30 - 2.18 28 -3 GPS 203‘447 8.44 - 1.15 15 -5 BDP 130‘878 5.43 + 5.43 9 +9 GLP 130‘041 5,40 + 3.96 12 +9 Wählerstromanalyse aufgrund der Parteistärken und der Positionierung auf der Links-/Rechts-Achse Es werden nur eindeutige Bilanzen berücksichtigt 30.0 SVP 25.0 Parteistärke 20.0 SP 15.0 CVP 10.0 FDP GPS 5.0 GLP BDP 0.0 Links Nicht-Wählende SRG SSR/gfs.bern, Wahltagsbefragung, 23. Oktober 2011 3 Rechts Vier Modelle Analyse von Wählerbewegungen H1: kein Konflikt L H2: Wähler-Zirkulation R L H3: Polarisierung L 4 H4: Neue Angebote R L R R L R Mitte Filter Entscheidungsgrund in erster Linie nach Parteiwählerschaften "Auf was haben Sie am meisten geachtet, als Sie sich für eine Partei oder Liste entschieden haben? War das in erster Linie auf…?" in % Wählende jeweiliger Partei, die mit einer Parteiliste gestimmt haben 11 21 2 22 8 5 5 7 5 10 7 3 10 11 17 22 10 4 17 133 8 6 5 10 5 13 18 10 10 10 20 14 10 weiss nicht/keine Antwort 2 3 6 6 17 17 15 19 3 21 8 27 31 8 29 21 19 21 40 37 27 25 rte P SRG SSR/gfs.bern, Wahltagsbefragung, 23. Oktober 2011 (n = 767) 5 aus Protest die Stärkung der Partei für die Bundesratswahlen die gesellschaftlichen Gruppen, welche die Partei vertritt den politischen Stil, mit dem die Partei in Erscheinung tritt die Antworten der Partei auf die aktuellen Probleme die Personen der Partei Pa in e ke ra Li be ie SV P FD P. D i 10 BD P CV LP G PS G SP 17 le n 28 aus Taktik aus Gewohnheit/ Tradition 27 18 Andere Gründe Die Weltanschauung der Partei als Ganzes Über- resp. Unterrepräsentierte Gruppen nach Parteien GPS SP GLP CVP FDP SVP Frauen Männer Männer Geschlecht Frauen Frauen -- Alter Junge Mittlere Junge Junge Mittlere Alte Junge Alte Alte Mittlere Siedlungsart grosse Agglo. grosse Agglo. kleine mittlere grosse Agglo. Land kleine mittlere Agglo. Land grosse Agglo. kleine mittlere Agglo Land Schulbildung hoch hoch tief hoch tief -- hoch tief mittel Haushaltseinkommen 3-5000 5-7000 9-11000 5-7000 7-9000 9-11000 7-9000 >11000 < 3000 5-7000 -- > 11000 < 3000 3-5000 Konfessionszugehörigkeit reformiert konfessionsl. konfessionsl. reformiert konfessionsl. katholisch reformiert reformiert reformiert Signifikante Abweichungen kursiv SRG SSR/gfs.bern, Wahltagsbefragung 2011, 23. Oktober 2011 6 BDP Phasen im Wahlkampf 2011 SwissnessPhase FukushimaPhase Starker Franken Phase Bundesratswahl Phase Dauer Dezember 2010 bis März 2011 Mitte März 2011 bis Mitte Juli 2011 Mitte Juli 2011 bis … Anfang September 2011 bis … auslösendes Moment angenommene Ausschaffungsinitiative Reaktorunfall in Japan Wechselkurs, Interventionen SNB und BR Rücktritt von Bundespräsidentin Calmy-Rey zentrales Thema Migrationpolitik Kernenergiepolitik Wirtschaftspolitik, KonsumentInnenPreise, Arbeitsplätze personelle und parteipolitischen Zusammensetzung des Bundesrates Nutzniesserin gemäss Wahlabsichten mobilisierend SVP selektive (De-) niemand, zuerst Mobilisierung, grüne FDP ein wenig und Parteien jetzt SP ein wenig Phasen © SRG SSR/gfs.bern, Wahlbarometer 2011, 7. Welle, 01.10. – 08.10.2011 7 am ehesten SVP Politische Werbung Politische Werbung (4.2011-9.2011; ohne Komitees) 19 Mio CHF (brutto) 0% 2% 1% 3% 2% 0% 0% 10% 39% 17% 26% SVP/UDC FDP/PLR CVP/PDC SP/PS Grüne/Verts BDP/PBD GLP/Vertlibéraux EVP/PEV EDU/UDF CSP © fög/UZH Quelle/Source: Mediafocus 8 Lega Resonanz Parteien Resonanz für Parteien (inkl. Bundesräte) Anzahl Aussagen; gesamte Innenpolitik; Presse & Online Deutschschweiz + Suisse romande 0% 5% 10% 15% 20% 25% SVP/UDC SP/PS FDP/PLR CVP/PDC Grüne/Verts BDP/PBD Grünliberale/Vertlibéraux andere/autres Wahlen & Parteien / Eléctions & partis © fög/UZH 9 Politik (andere) / Politique (autres) n = 916 Beiträge/articles 30% Wahlzeit und Entscheid nach Partei "Wann ungefähr haben Sie sich entschieden, wie Ihr Wahlzettel definitiv aussieht? Machen Sie mir eine Angabe in Wochen vor dem heutigen Wochenende, also zum Beispiel letzte Woche, 2. Woche vor den Wahlen etc." in % Wählende jeweiliger Partei 1 2 21 7 11 15 14 1 2 23 2 3 19 14 30 21 weiss nicht/keine Antwort hatte Tendenz, wählte aber andere Partei 45 56 51 keine Tendenz am Anfang 53 56 55 53 Wahl tendierte Partei 38 26 27 13 SP GPS GLP 20 CVP 13 BDP FDP.Die Liberalen SRG SSR/gfs.bern, Wahltagsbefragung, 23. Oktober 2011 (N = 1010) 10 war schon immer klar 26 SVP Teilnahme an Nationalratswahlen im Trend 1959 – 2011 in % Wahlberechtigte 75 70 65 60 55 50 45 40 35 SRG SSR/gfs.bern/Bundesamt für Statistik, provisorische Resultate vom 24.10.2011 11 2011 2007 2003 1999 1995 1991 1987 1983 1979 1975 1971 1967 1963 25 1959 30 Fraktionalisierung 6.5 5.7 5.5 5.0 5.1 5.6 5.5 5.2 5.2 5.0 4.8 Fraktionalisierung Nationalrat 4.1 3.6 3.5 3.4 3.5 3.7 3.3 Fraktionalisierung Ständerat Wahl 1971 Wahl 1975 Wahl 1979 Wahl 1983 Wahl 1987 Wahl 1991 Wahl 1995 Wahl 1999 Wahl 2003 Wahl 2007 Wahl 2011 Bemerkung Nationalrat: Auflistung erst ab 1971 wegen Einführung des Frauenstimmrechts Bemerkung Ständerat: wird erst ab den Wahlen 1983 berechnet, da der Ständerat durch den Kanton Jura von 44 auf 46 Mitglieder vergrössert wurde. © gfs.bern, Parteienbarometer, Oktober 2011, Datenquelle: www.bfs.admin.ch 12 Links-/Rechts-Position der Parteiwählerschaften "Links, Mitte, Rechts sind drei Begriffe, die häufig gebraucht werden, um politische Ansichten zu charakterisieren. Können Sie mir sagen, wo Sie sich selber auf einer Skala sehen, bei der „0“ ganz links, „5“ die Mitte und „10“ ganz rechts bedeutet?" in Mittelwerten Wählender jeweiliger Partei, welche sich auf der Links-Rechts-Achse positionieren können Oktober 2011 SP GPS CVP GLP BDP Links SRG SSR/gfs.bern, Wahltagsbefragung, 23. Oktober 2011 (n = 920) 13 FDP SVP Rechts Trend Links-/Rechts-Position der Parteiwählerschaften seit 1999 "Links, Mitte, Rechts sind drei Begriffe, die häufig gebraucht werden, um politische Ansichten zu charakterisieren. Können Sie mir sagen, wo Sie sich selber auf einer Skala sehen, bei der „0“ ganz links, „5“ die Mitte und „10“ ganz rechts bedeutet?" in Mittelwerten Wählender jeweilger Partei SP 7.3 6.6 5.8 7.3 6.7 5.7 5.7 6.2 GPS GLP 5.4 5.5 5.5 3.2 3.1 4.9 4.3 5.3 CVP 4.4 BDP 2.7 3.0 2.7 2.7 2.7 2.6 FDP.Die Liberalen SVP NRW 1999 NRW 2003 NRW 2007 Wahltag 23.10.2011 SRG SSR/gfs.bern, Wahltagsbefragung, 23. Oktober 2011 (n = jeweils ca. 800) 14 15 Vier Szenarien Drei Anforderungen an die neue Mitte 1. Status Quo: 1. Alleingang 2 SP, 2 FDP, je 1 SVP, CVP und BDP mit lockerer Themenallianz in der neuen Mitte (gemäss NR Grunder) 2. Rückkehr zur alten Zauberformel mit neuer Verteilung: 2 SVP, 2 SP, 2 FDP, 1 CVP 3. Aufteilung nach Lagern: 2 SVP, 2 SP, 2 neue Mitte, 1 FDP 4. Jeder gegen jeden: 2 SVP, 2 FDP, je 1 SP, CVP, BDP 2. Parteifusion (gemäss CVP Aargau) 3. Fraktionsgemeinschaft mit CVP und EVP auf Bundesebene, eigenständige Kantonalparteien (gemäss NR Bäumle) 4. Dachverband der Fraktionen aus CVP, BDP und GLP, der mit qualifiziertem Mehr gemeinsam gültige Positionen bei Wahlen und Abstimmungen beschliessen kann 16 Auf Wiedersehen und danke für Ihre Aufmerksamkeit www.gfsbern.ch Claude Longchamp gfs.bern Verwaltungsratspräsident und Institutsleiter gfs.bern Lehrbeauftragter der Universitäten SG, ZH und BE [email protected] 17