§2 - Konvergenz und Limes Definition 2.1 (Folgenkonvergenz) i) Eine Folge komplexer Zahlen heißt konvergent gegen jeder positiven Zahl ein gibt, so dass gilt: ii) Die Zahl , wenn es zu heißt dann Grenzwert oder Limes der Folge. Wir schreiben: oder für und sagen strebt/konvergiert gegen iii) Wir nennen Folgen, die gegen 0 konvergieren Nullfolgen iv) Eine Folge, die nicht konvergiert, nennen wir divergent. Vielen Studenten erscheint die Definition der Folgenkonvergenz auf den ersten Blick übermäßig kryptisch. Sie betrachten oft nur den kompletten mathematischen Ausdruck auf einmal und lassen sich dabei von den vielen Zeichen und Variablen einschüchtern. Es hilft, Schritt für Schritt vorzugehen und den kompletten Ausdruck auszuformulieren: Eine Folge komplexer Zahlen heißt konvergent gegen einen bestimmten Wert aus dem komplexen Zahlenbereich, wenn man zu jeder positiven Zahl ein , welches eine natürliche Zahl darstellt, findet, für dass folgende Beziehung gilt: Der Betrag aus der Differenz zwischen dem ten Folgenglied (das ist allgemeine Abbildung der Folge) und dem Grenzwert ist kleiner als dieses . Diese Aussage muss für alle größer gelten. Man sucht also ein positives , bei dem der Abstand zwischen Grenzwert und Folgenglieder ab einem gewissen , also ab einem gewissen Folgenglied immer kleiner als dieses ist. heißt dabei Fehlerschranke, weil es den Bereich angibt, in dem ab einem bestimmten Folgenglied sich sämtliche andere Glieder befinden müssen. Der Grenzwert befindet sich in genau dieser Fehlerschranke und man sagt, sollten die beschriebenen Bedingungen erfüllt sein, dass die Folgen gegen diesen Wert konvergiert. nennt man in diesem Fall auch Limes der Folge und es gelten die bei ii) beschriebenen lim-Notationen. Konvergiert die Folge gegen 0, so wird sie Nullfolge genannt und konvergiert sie gar nicht, so heißt sie divergente Folge. Nach einem langen Text ein kleines Schaubild zur Verdeutlichung für eine reelle Folge (analog kann man das natürlich auch auf der Gaus`schen Zahlenebene zeigen): Der rote Punkt ist unser Grenzwert und die geschweiften Klammern die Fehlerschranke um . Es befinden sich zwar einige Folgenglieder außerhalb der geschweiften Klammern, jedoch ist dies irrelevant. Wichtig ist nur, dass ab einem gewissen alle nachfolgenden Glieder innerhalb der Fehlerschranke vorkommen, was in diesem Fall angenommen wird. Bemerkung 2.1 (Veranschaulichung von ) Gibt man eine Fehlerschranke vor, dann sind alle Folgenglieder nach der Nummer weniger als vom Grenzwert entfernt. Im Allgemeinen gilt: Je kleiner vorgegeben wurde, umso größer muss die Nummer sein. Die Bemerkung fasst das zusammen, was mit dem vorhergehenden Text und dem Schaubild erklärt wurde. Als kleiner Zusatz wird eine Beziehung zwischen und dargestellt. Diese gilt zwar im Allgemeinen, aber es kann durchaus Ausnahmen geben. Die Überlegung ist folgende: Wählt man eine möglichst geringe Fehlerschranke, so müssen die Ausschläge innerhalb der Folge immer geringer ausfallen, was eine Gültigkeit für sämtliche folgenden Glieder immer unwahrscheinlich macht. Dadurch verschiebt sich das immer weiter und Kapitel 2 - Folgen und Reihen Seite 1 Glieder immer unwahrscheinlich macht. Dadurch verschiebt sich das steigt mit kleiner werdendem . immer weiter und Beispiel 2.1 i) Gegeben sei eine konstante Folge mit Behauptung: konstante Folgen sind konvergent Beweis: Sei beliebig, dann gilt für : ii) Behauptung: mit konvergiert gegen Beweis: Sei beliebig, dann gilt für : In diesen Beispielen sind wir auf "raten" angewiesen. Man berechnet am Besten die Fehlerschranke und lässt das zunächst unbekannt. Hat man die Fehlerschranke berechnet, so lässt sich ein passendes abschätzen. Alternativ kann ein erraten werden, um dann zu beweisen, dass die Reihe konvergiert. Satz 2.2 (Eindeutigkeit des Grenzwertes) Sei eine konvergente Folge, dann ist der Grenzwert eindeutig. Hat man erstmal einen Grenzwert gefunden, so weiß man gleichzeitig, dass es keinen zweiten geben kann. Diese Aussage sollte eigentlich logisch anmuten, da die Folge gegen einen bestimmten Punkt konvergiert und nicht gegen zwei. Dennoch darf der Beweis auch hier nicht fehlen: Beweis 2.2 (Eindeutigkeit des Grenzwertes) Sei Sei auch und beliebig, dann gibt es ein Außerdem gibt es ein mit Wähle nun }, dann gilt mit Zunächst haben wir die Existenz zweier Grenzwerte für eine einzige Folge angenommen. Für beide Grenzwerte haben wir die Definition zu Rate gezogen und diese jeweils Kapitel 2 - Folgen und Reihen Seite 2 Für beide Grenzwerte haben wir die Definition zu Rate gezogen und diese jeweils eingesetzt. Daraufhin betrachteten wir das größere, der beiden , damit wir die Grenzwerte miteinander vergleichen konnten, schließlich gilt die Konvergenz erst ab dem größten der beiden . Die weitere Rechnung wird genau wie bei der Betrachtung der einzelnen Grenzwerte fortgeführt, woraufhin wir feststellen, dass die Fehlerschranke negativ sein müsste, um diese Bedingung zu erfüllen, woraus folgt, dass die Grenzwerte identisch sind. Wir wollen nun eine weitere Eigenschaft von konvergenten Folgen betrachten: Satz 2.3 (Beschränktheit von konvergenten Folgen) Jede konvergente Folge ist beschränkt Beschränktheit für konvergente Folgen ist, wie wir noch sehen werden ein wichtiges Kriterium, welches uns noch in diversen Beweisen begegnen wird. Doch zunächst muss dieses Satz bewiesen werden. Beweis 2.3 (Beschränktheit von konvergenten Folgen) zu zeigen: Sei hierzu ein Definiere nun die konvergente Folge, dann gibt es für alle insbesondere für dann gilt Um Beschränktheit zu beweisen, müssen wir zeigen, dass es einen Wert k gibt, der die Folge (bzw. ihren Betrag) eingrenzt. Je nachdem ob die Folge reell oder komplex ist, stellt dieses k Intervallgrenzen oder einen Kreis dar. Wir nehmen zunächst die Grundvorraussetzung für den Satz an: Es existiert eine konvergente Folge , die gegen einen Wert konvergiert. Wir nehmen uns fortan die Definition der Konvergenz zur Hilfe (2.1 i + Erklärung) und lösen die Ungleichung für mittels einiger algebraischer Umformungen (s. Kapitel 1.7 Ungleichungen und Betrag). [???] Um den Grenzwert komplizierterer Folgen zu bestimmen ist es hilfreich, den Grenzwert der geometrischen Folge zu kennen, da diese sich oftmals auf einfachere Folgen bzw. im speziellen auf die geometrische Folge zurückführen lassen. Bemerkung 2.4 (Grenzwert der geometrischen Folge) und divergent, wenn und Steigt der Exponent und ist die Basis kleiner als 1, so sinkt das Ergebnis mit steigendem Exponenten, da die Multiplikation zweier Zahlen kleiner 0 immer eine noch kleinere Zahl gibt. Lässt man n gegen unendlich laufen, so wird diese Multiplikation unendlich oft durchgeführt und das Ergebnis geht somit gegen 0. Ist die Basis eins, so ändert auch das Steigungsverhalten des Exponenten nichts, das Ergebnis bleibt immer 1. Ist der Betrag der Basis größer 1, so wird die Zahl durch unendliche Multiplikation immer größer, weswegen die Folge divergiert. Die geometrische Folge ist eine wichtige Grundfolge, jedoch reicht sie alleine meist nicht Kapitel 2 - Folgen und Reihen Seite 3 Die geometrische Folge ist eine wichtige Grundfolge, jedoch reicht sie alleine meist nicht aus, um spezielle Grenzwerte zu bestimmen. Die Tatsache, dass sich mit Folgen und ihren Grenzwerten rechnen lässt, wie nachfolgend gezeigt wird, liefert uns hierbei das nötige Rüstzeug für die Grenzwertbestimmung. Satz 2.5 (Rechenegeln für konvergente Folgen) Seien komplexe Folgen mit i) konvergiert gegen ii) und , dann gilt: mit konvergiert gegen iii) konvergiert gegen iv) konvergiert gegen Seien weiter v) Ist komplexe Folgen mit beschränkt, so ist vi) Gilt , dann gilt: eine Nullfolge , so ist auch eine Nullfolge Beweis 2.5 (Rechenegeln für konvergente Folgen) i) Fall 1: Fall 2: Sei beliebig, dann ii) Sei beliebig, dann und , so dass gilt: , mit mit Dann gilt: iii) iv) z. z. , also v) beschränkt, d. h. d. h. Dann gilt: also Kapitel 2 - Folgen und Reihen Seite 4 Dann gilt: vi) also , d. h. Dann gilt: Kapitel 2 - Folgen und Reihen Seite 5