VORKURS MATHEMATIK DRAISMA JAN, ÜBERARBEITET VON BÜHLER IRMGARD UND TURI LUCA Montag: Zahlen, Variablen, Algebraische Manipulation Zahlenmengen. Die natürliche Zahlen hat der liebe Gott gemacht. Alles andere ist Menschenwerk. Leopold Kronecker, 1821. Die natürlichen Zahlen sind freie Schöpfungen des menschlichen Geistes. Richard Dedekind, 1897. Wie auch immer, aus den natürlichen Zahlen, deren Menge wir mit N = {1, 2, 3, . . .} bezeichnen, lassen sich kompliziertere Zahlenmengen konstruieren. (1) Erstens ist da N0 = {0, 1, 2, . . .}, die Menge der nicht-negativen ganzen Zahlen in welcher Menge man die Gleichung 1 + x = 1 nach x lösen kann. (2) Zweitens ist da Z = {. . . , −2, −1, 0, 1, 2, . . .}, die Menge der ganzen Zahlen, in der jede Gleichung a + x = b für feste a, b (genau) eine Lösung x hat. (3) Drittens gibt es Q, die Menge der rationalen Zahlen, d.h. der Brüche ab mit a, b ganzen Zahlen und b 6= 0. (Teilen durch null ist nie erlaubt!) In Q hat jede Gleichung von der Form bx = a mit b 6= 0 eine (eindeutige) Lösung. (4) Viertens hat man R, die Menge der reellen Zahlen. Beim Schritt von Q auf R erhalten Gleichungen wie etwa x2 = 2 eine Lösung (Wurzeln). Aber es kommen noch viel mehr Zahlen dazu, wie etwa π und e, die nicht Lösung einer solchen einfachen Gleichung sind. Dieser Schritt ist bei weitem der schwierigste der hier erwähnten Schritte, aber um rechnen zu können, müssen wir uns darüber keine Sorgen machen. In gewisser Hinsicht ist R die ideale Zahlenmenge, um nicht nur zu zählen, sondern auch messen zu können. Man hat N ⊂ N0 ⊂ Z ⊂ Q ⊂ R, wobei das Symbol ⊂ ‘ist enthalten in’ bedeutet. Um anzugeben, dass eine Zahl x in einer dieser Mengen liegt, verwenden wir das Symbol ∈. So heisst x ∈ Q, dass x eine rationale Zahl ist. Manchmal möchten wir mit Teilmengen der oben gennanten Mengen arbeiten, wie etwa (1) Intervalle: wir schreiben [0, 2) für alle Zahlen x ∈ R mit x ≥ 0 und x < 2; und (2) endliche Mengen, wie z.B.: { 21 , π, 0} oder {1, 2, . . . , 10} (die Menge aller Zahlen in N, die kleiner als 11 sind) oder {1, 3, 5, 7, 9, . . . , 21} (die Menge aller ungeraden natürlichen Zahlen kleiner als 22). Verknüpfungen. Auf N, N0 , Z, Q, R sind die Verknüpfungen + (Addition) und · (Multiplikation) definiert. Wenn es keine Verwirrung bringt, so lassen wir · weg. Weiter gibt es ab Z die Verknüpfung − (Subtraktion) und wir schreiben −a für 0−a. 1 2 DRAISMA JAN, ÜBERARBEITET VON BÜHLER IRMGARD UND TURI LUCA Schliesslich gibt es ab Q die Verknüpfung : oder / (Teilung), oft auch geschrieben als a/b = ab . Diese Operation ist aber nur dann erlaubt, wenn b 6= 0 ist. Die Operationen +, ·, −, und / heissen elementare Operationen. Die Reihenfolge in der die Operationen ausgeführt werden müssen, sollte man im Zweifelfall immer durch Klammern angeben. Es gibt aber folgende Vorfahrtsregel, die uns erlaubt, manche Klammern wegzulassen: · und / haben Vorfahrt vor + und −. Anordnung. Auf allen eingeführten Zahlenmengen gibt es die übliche Anordnung <. Eine wichtige Rechenregel beim Lösen von Ungleichungen ist die folgende: ist c > 0, so folgt aus a < b, dass ca < cb ist. Ist aber c < 0, so folgt aus a < b, dass ca > cb ist! Beispiel 1. (1) In Q: 3 4 + 5 6 3 2 = 4 = 4· = ( 32 ) 4 grösser: 5 oder 57 ? (2) Bemerke dass 3·6 4·6 + 5·4 6·4 = 6, während 18+20 38 19 6·4 = 24 = 12 . ( 24 ) 2 3 = 3 , d.h. / ist nicht assoziativ! (3) Was ist Mache einen gemeinsamen Nenner: 45 = 28 35 > 25 5 = . 35 7 (4) Sie sind vielleicht gewohnt, etwa 3 12 zu schreiben für dreieinhalb. Weil dies auch als drei mal ein Halb verstanden werden könnte, schreiben wir entweder 3 + 21 oder 72 . Variablen. Wenn wir über eine nicht näher spezifizierte Zahl aus einer Teilmenge der genannten Zahlenmengen (zum Beispiel, aus einem Intervall in R) reden möchten, so bezeichnen wir sie mit einem (meistens lateinischen) Buchstaben, den wir Variable nennen. Dabei bezeichnen die Variablen x, y, z, . . . meistens reelle Zahlen (schreibe: x, y, z ∈ R), während i, j, m, n eher Elemente von N0 sind (i, j, m, n ∈ N0 ) und andere Buchstaben (etwa a, b, c) beide Bedeutungen haben können—aber das ist natürlich kein Gesetz! Für eine Variable sollte man immer genau angeben, welche Werte sie haben kann, d.h. man sollte immer eine Teilmenge von einer der eingeführten Zahlenmengen angeben, in der die Variable liegen soll; diese Menge nennen wir dann den Definitionsbereich der Variable. Beispiel 2. (1) n ∈ {1, 2, ..., 10} heisst, dass n für natürliche Zahl grösser als 0 und kleiner als 11 steht. (2) x ∈ [0, 10) heisst, dass x einer reellen Zahl grösser gleich 0 und kleiner als 10 entspricht. (3) y ∈ R, x + 2y 6= 0 heisst, dass y eine reelle Zahl bezeichnet, für die x + 2y (mit dem oben eingeführten x) nicht null ist. (4) Wenn nur Ungleichheiten, oder andere Eigenschaften von Variablen gegeben sind, so ist gemeint, dass die Variablen reell sind. Also heisst a+b 6= 3 (ohne weiteres), dass a und b reelle Zahlen sind, deren Summe ungleich 3 ist. Nun können wir mit Variablen genauso rechnen wie mit Zahlen, d.h. wir können sie miteinander, oder mit konkreten Zahlen, multiplizieren, zueinander addieren, usw. Indem man mehrere solche Operationen zusammensetzt, erhält man sogenannte algebraische Ausdrücke (auch Terme genannt). Mann soll dabei darauf achten, dass diese Ausdrücke Sinn machen für alle Werte der Variablen aus ihren Definitionsbereichen. Insbesondere sollte der Nenner eines Bruchs für keine Werte der Variablen null werden! Oft dreht man das Vorgehen um, und schränkt die Definitionsbereiche der Variablen erst dann ein, wenn man solchen Nennern begegnet. VORKURS MATHEMATIK 3 Das ist nur deshalb erlaubt, weil man weiss, das man auch von Anfang an diese Definitionsbereiche hätte so wählen können. Bruchrechnung. Vor allem beim Addieren von Brüchen werden häufig Fehler gemacht. Wie addiert man zum Beispiel d 1 + , mit Definitionsbereich a 6= 0, b + c 6= 0? a b+c 1+d d Antworten, die immer wieder auftauchen, sind a+b+c und a+b+c . Nehmen wir zum d 1 1 1 = 2, während Beispiel a = b = d = 1 und c = 0, dann ist a + b+c = 1 + 1+0 1+d 2 d 1 1 = = 1 = 6 2 ist und = = = 6 2. a+b+c 1+1+0 a+b+c 1+1 2 Wie ist dann vorzugehen? Nun, Brüche lassen sich nur dann einfach addieren, wenn sie die gleichen Nenner haben (wie wir schon bei rationalen Zahlen gesehen haben!) Das Verfahren, um dies zu erreichen, heisst gleichnamig machen, und ist leicht am obigen Beispiel zu erklären: 1 d b+c ad b + c + ad b + c + ad + = + = (= ). a b+c a(b + c) a(b + c) a(b + c) ab + ac Aufgaben! Potenzen. Ausser den elementaren Operationen +, −, ·, / auf Zahlen gibt es viele ‘abgeleitete’ Operationen. Besonders wichtig sind Potenzen und Wurzeln. Für a ∈ R und n ∈ N0 definieren wir an := a | · a{z· · · a} . n Faktoren (Hier sollte man := so verstehen: von jetzt an verwenden wir diese Notation für das was rechts steht.) Für n = 0 steht hier ein Produkt mit null Faktoren (ein leeres Produkt), dessen Bedeutung vielleicht nicht ganz klar ist. Damit für alle n ∈ N0 (insbesondere für n = 0) die Identität an+1 = a · an gilt, hat man für a 6= 0 keine andere Wahl, als a0 := 1 zu setzen; das tun wir dann auch. Für a = 0 würde a1 = a · a0 aber auch stimmen für irgendeinen anderen Wert von a0 , und deshalb lassen wir 00 lieber undefiniert. Das heisst also, dass der Definitionsbereich eines Ausdruckes an den Fall a = n = 0 ausschliessen soll. Man hat u.a. folgende Rechenregeln: (1) (2) (3) (4) (5) am+n = am an , (ab)n = an bn , (am )n = amn = (an )m , n ( ab )n = abn , und am n−m falls m ≥ n. an = a Weiter hat das Potenzieren Vorfahrt vor den anderen Operationen. Damit wir die Bedingung m ≥ n in der letzten Zeile fallen lassen können, definieren wir 1 a−n := n a für a 6= 0 und n ∈ N0 . Damit ist also, für a 6= 0, der Ausdruck an für alle n ∈ Z definiert, und die oben stehenden Regeln gelten für alle n, m ∈ Z, a 6= 0, b 6= 0. 4 DRAISMA JAN, ÜBERARBEITET VON BÜHLER IRMGARD UND TURI LUCA Der Binomische Satz von Newton. Oft wird der folgende Fehler gemacht: (a + b)2 = a2 + b2 ?? Setze z.B. a = b = 1, dann steht links (1 + 1)2 = 22 = 4 und rechts 12 + 12 = 1 + 1 = 2, also stimmt diese Umformung nicht! Damit wir die linke Seite trotzdem ausmultiplizieren können, greifen wir auf die Definition zurück und rechnen (a + b)2 = (a + b)(a + b) = aa + ab + ba + bb = a2 + 2ab + b2 . Weitere ‘binomische’ Formeln, die Ihnen bekannt sein sollten, sind (1) (a − b)2 = a2 − 2ab + b2 , und (2) (a + b)(a − b) = a2 − b2 . Beispiel 3. (1) Berechne 49 · 51 ‘effizient’ ! Nun, 49 · 51 = (50 − 1)(50 + 1) = 502 − 12 = 2500 − 1 = 2499. (2) Und nun 512 . Nun, 512 = (50 + 1)2 = 502 + 2 · 50 + 1 = 2601. Stellen Sie sich nun vor, wie (a + b)3 = (a + b)(a + b)(a + b) ausmultipliziert wird. Klar ist, dass dann im Ergebnis die Terme a3 , a2 b, ab2 und b3 vorkommen, jeder mit einer bestimmten Vielfachheit. Um a3 zu bekommen, muss man in allen drei Faktoren (a + b) den Term a nehmen, also kommt a3 genau einmal im Ergebnis vor. Um a2 b zu bekommen, muss man in einem der drei Faktoren den Term b nehmen, und in den anderen beiden Faktoren den Term a. Also kommt a2 b dreimal im Ergebnis vor. So fortfahrend findet man (a + b)3 = a3 + 3a2 b + 3ab2 + b2 . Um jetzt, allgemeiner, den Ausdruck (a + b)n = (a + b) · (a + b) · · · (a + b) {z } | n Faktoren (mit n ∈ N0 ) auszumultiplizieren, muss man für jedes i ∈ {0, . . . , n} bestimmen, wie oft der Term ai bn−i im Ergebnis vorkommt. Dies entspricht der Anzahl Möglichkeiten, aus den n Faktoren (a + b) i-mal den Term a zu wählen. So haben wir das Ausmultiplizieren von (a + b)n auf ein Zählproblem zurückgeführt, nämlich: wie viele Möglichkeiten gibt es, i verschiedene Zahlen aus der Menge {1, 2, . . . , n} zu wählen (die Positionen derjenigen Faktoren (a + b), wo man den Term a wählt), wobei es nicht auf die Reihenfolge dieser i Zahlen ankommt. Es stellt sich heraus, dass es einfacher ist, zunächst die Anzahl Möglichkeiten zu zählen, i verschiedene Zahlen nacheinander zu wählen, wobei es also schon auf die Reihenfolge ankommt. Für die erste Zahl haben wir nämlich n Möglichkeiten, für die zweite noch n − 1, usw. bis wir für die i-te Zahl noch n − i + 1 Möglichkeiten haben. Also ist diese Anzahl gleich n · (n − 1) · . . . · (n − i + 1). Ohne Beachtung der Reihenfolge (also z.B. (1, 3, 8)=(3, b 8, 1)=(8, b 1, 3)= b . . . etc.) gibt es selbstverständlich weniger Möglichkeiten; denn: i gewählte Zahlen können in verschiedenen Reihenfolgen gewählt werden—und zwar in i · (i − 1) · · · 2 · 1 =: i! (gelesen: i-Fakultät) verschiedenen Reihenfolgen. Beim Zählen von Möglichkeiten, i Zahlen zu wählen mit Beachtung der Reihenfolge, haben wir also jede Möglichkeit, i Zahlen zu wählen VORKURS MATHEMATIK 5 ohne Beachtung der Reihenfolge, genau i! mal gezählt. So finden wir, dass der Term ai bn−i genau n n · (n − 1) · · · (n − i + 1) n · · · (n − i + 1) · [(n − 1) · · · 1] n! := = = i i! i! · [(n − i) · · · 1] i!(n − i)! mal beim Ausmuliplizieren von (a + b)n auftaucht. Diese Zahl (gelesen: m über i) nennt man Binomialkoeffizient. Wir haben jetzt also bewiesen: Satz 4 (Binomischer Satz von Newton). Es gilt n n n 1 n−1 n 2 n−2 n n n n n−1 1 (a + b) = b + a b + a b + ... + a b + a . 0 1 2 n−1 n (0! wird als 1 definiert. Somit gilt n0 = 1). Wichtige Eigenschaften der Binomialkoeffizienten sind: n n! = n−i (1) ni = i!(n−i)! n n (2) n+1 i+1 = i + i+1 Dank der letzten Eigenschaft lassen sich die Binomialkoeffizienten schön in einem Dreieck einzeichnen, in dem jede Zahl die Summe seiner Nachbarn schräg oben ist. Dieses Dreieck heisst das Pascalsche Zahlendreieck: 1 1 1 1 1 1 2 3 4 1 3 6 1 4 1 Wurzeln. In engem Zusammenhang mit Potenzen stehen Wurzeln, die wir hier nur für nicht-negative Zahlen definieren. Ist n eine natürliche Zahl, und a ≥ 0 eine reelle√Zahl, so gibt es eine eindeutige reelle Zahl x ≥ 0 mit xn = a und wir schreiben x = n a. Ist m eine zweite natürliche Zahl, so gilt √ √ n am = ( n a)m ; nennen wir nämlich die rechte Seite b, so gilt √ √ bn = (( n a)m )n = (( n a)n )m = am , √ der n-ten√Potenz. Dies rechtfertigt die alternative also b = n am nach Definition √ Schreibweise a1/n für n a und am/n für ( n a)m , mit der die Rechenregeln für Potenzen auch für rationale Exponente gültig sind—allerdings nur, insofern die Zahlen a, b positiv sind! Beispiel 5. Wir möchten den Nenner eines Bruches wurzelfrei machen: √ √ 2− 3 1 √ √ = √ √ √ √ = 2+ 3 ( 2 + 3)( 2 − 3) √ √ √ √ √ √ 2− 3 2− 3 √ √ = − 2 + 3. = 2 2 2−3 ( 2) − ( 3) Bemerke, dass hier die binomische Formel (a + b)(a − b) = a2 − b2 verwendet wird! Aufgaben! 6 DRAISMA JAN, ÜBERARBEITET VON BÜHLER IRMGARD UND TURI LUCA Exponentialfunktion und Logarithmus. Stellen Sie sich vor, wie ein Kapital auf einem Sparkonto wächst bei einem Zinssatz von, sagen wir, 3 Prozent pro Jahr. Wir nehmen an, das Anfgangskapital sei K > 0 Franken. Dann ist es nach einem Jahr K + 0.03K = (1.03)K Franken, nach zwei Jahren (1.03) · (1.03)K Franken, usw., also nach n Jahren (1.03)n · K Franken. Aber was zahlt uns die Bank aus, wenn wir das Kapital nach einem halben Jahr vom Konto abheben? Die Antwort √ kennen wir aus dem Abschnitt über Wurzeln: (1.03)1/2 K = 2 1.03 · K Franken. Und nach zwei Drittel Jahr (1.03)2/3 K Franken, usw. Stellen wir jetzt die umgekehrte Frage: wie lange muss man warten, damit das Kapital verdoppelt ist? Nun, genau l Jahre, wobei l eine Zahl ist, die (1.03)l = 2 erfüllt. Aber wer sagt uns, dass es so eine Zahl gibt? Wenn dies zufällig für eine rationale Zahl l gilt, dann sind wir zufrieden. Versuchen wir es mal: (1.03)24 ' 2.03, also ist 24 zu gross, (1.03)23 ' 1.97, also ist 23 zu klein, (1.03)23+1/2 ' 2.003, also ist 23 + 1/2 zu gross, (1.03)23+1/4 ' 1.988, also ist 23 + 1/4 zu klein, usw. So machen wir weiter, wobei wir jeweils das Intervall, in dem das l gesucht werden muss, halbieren. Nun liegt genau eine reelle Zahl l in all diesen Intervallen. Ist diese Zahl l rational, so kann man zeigen, dass (1.03)l gleich 2 ist. Ist sie aber nicht rational, so definieren wir (1.03)l als gleich 2—das macht Sinn nach oben stehenden Berechnungen. Wir schreiben l = log1.03 2: der Exponent, zu dem man 1.03 potenzieren muss, um 2 zu erhalten. Auf diese Weise lösen wir zwei Probleme: (1) Ist a eine positive reelle Zahl und x eine beliebige reelle Zahl, so ist ab jetzt die reelle Zahl ax definiert, und die Rechenregeln für Potenzen mit rationalen Exponenten sind auch gültig für allgemeine reelle Exponenten. (2) Sind a, b positive reelle Zahlen mit a 6= 1, so gibt es eine eindeutige reelle Zahl l mit al = b. Wir schreiben l = loga b, und nennen diese Zahl den Logarithmus zur Basis a von b. Es gibt einige Rechenregeln, die man einfach aus den Rechenregeln für potenzieren herleitet: Für a, b, c > 0 und a 6= 1 gilt (1) loga bc = loga b + loga c, (2) loga b−1 = − loga b und (3) loga (bc ) = c · loga b. Die letzte Gleichheit zum Beispiel sieht man wie folgt ein: Nach Definition gilt: ax = b ⇔ x = loga b und acx = bx ⇔ cx = loga (bc ). Somit gilt: loga (bc ) = cx = c · loga b. Aufgaben! VORKURS MATHEMATIK 7 Trigonometrische Funktionen. Die letzten Operationen, welche wir heute einführen, sind der Sinus und der Cosinus. Betrachte dazu den Kreis K mit Radius 1 (sagen wir, Meter) und Mittelpunkt im Ursprung der Koordinatenebene R2 . Gegeben sei eine nicht-negative Zahl a, wandere vom Punkt (1, 0) aus genau a Meter in Gegenuhrzeigersinn entlang K. Der Punkt auf dem wir landen, habe die Koordinaten (x, y). Dann setzen wir cos(a) := x und sin(a) := y. Ist eine negative Zahl a gegeben, so wandern wir von (1, 0) aus −a Meter im Uhrzeigersinn, und wir nennen den Endpunkt wieder (cos(a), sin(a)). Dies definiert die Operationen Sinus und Cosinus. Aus der Definition folgen so◦ ◦ fort folgende Rechenregeln. (Man beachte dabei auch folgendes: 2π =360 b , π =180 b , ◦ π/3=60 b ,etc.) (1) cos(a + 2π) = cos(a) und sin(a + 2π) = sin(a), da der Kreis genau 2π lang ist. (Der Radius hat ja die Länge 1.) (2) cos(a) = cos(−a) und sin(a) = − sin(a), durch Spiegelung an der x-Achse. (3) cos(a) = − cos(π − a) und sin(a) = sin(π − a), durch Spiegelung an der y-Achse. (4) cos(a) = sin(a + π/2), durch Rotation um π/2 im Gegenuhrzeigersinn. (5) cos(a)2 + sin(a)2 = 1, da der Punkt (cos(a), sin(a)) auf dem Einheitskreis K um (0, 0) liegt (Pythagoras!). Folgende Werte lassen sich leicht ausrechnen. (Teile z.B. ein gleichseitiges Dreieck mit Seitenlänge 1 durch einzeichnen einer Seitenhalbierenden in zwei rechtwinklige Dreiecke. Ein √ solches Teildreieck hat dann die Seitenlängen sin(π/6) = 1/2 und cos(π/6) = 3/2.) x 0 π/6 √π/4 √π/3 π/2 sin(x) 0 √1/2 √2/2 3/2 1 cos(x) 1 3/2 2/2 1/2 0 Mit oben stehenden Regeln kann man daraus auch andere Werte berechnen. Vielleicht haben Sie in der Schule eine andere Definition vom Sinus und Cosinus gelernt, nämlich das Verhältnis zwischen gewissen Seitenlängen eines rechtwinkligen Dreiecks. Die Definition hat aber den Nachteil, dass es nicht sofort klar ist, wie sin(a) und cos(a) für a ≤ 0 oder a ≥ π/2 zu definieren ist. Bemerke aber, dass unsere Definition für a ∈ (0, π/2) mit der Definition in einem Dreieck übereinstimmt. Mit der Interpretation in einem Dreieck lassen sich die Additionsformeln sin(a ± b) = sin(a) cos(b) ± cos(a) sin(b) und cos(a ± b) = cos(a) cos(b) ∓ sin(a) sin(b) herleiten. Aus Sinus und Cosinus lässt sich noch der Tangens definieren: tan(a) = sin(a) ; cos(a) diese Operation ist nur dann definiert, wenn cos(a) 6= 0 ist, wenn also a nicht gleich π/2 plus ein Vielfaches von π ist. Beispiel 6. Der Anstieg einer Strasse ist der Tangens des Winkels, den die Strasse mit der horizontalen Ebene einschliesst. Ein Anstieg von 5% heisst z.B., dass man 8 DRAISMA JAN, ÜBERARBEITET VON BÜHLER IRMGARD UND TURI LUCA sich bei jedem Meter, den man sich in horizontale Richtung bewegt, 5cm in vertikale Richtung bewegt. Aufgaben!