T29- Was geht bei dir, wenn du dich ritzt?

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T29 am 20.03.2009
Ritzen
Immanuel Grauer
T29- Was geht bei dir, wenn du dich ritzt?
Einstieg: Film
Lebensberichte:
Formen der Selbstzerstörung:
Während der Phase der Selbstverletzung kommt es zur physischen und psychischen Reizung des Körpers,
wobei dies oft in Betracht eines bewussten Handlungsaktes oder auch als nicht direkt gewolltes Ergebnis
geschieht, wie z.B. bei der nachfolgend erwähnten Hypochondrie. Die betroffenen Körperstellen sind
vordergründig Arme (speziell Unterarme) und Oberschenkel. Jedoch sind auch alle anderen Körperstellen, wie
zum Beispiel Bauch, Brust und der Genitalbereich betroffen. Dazu werden als häufigste Form Gegenstände,
wie Rasierklingen, Nägel, Scheren, Messer oder Zigarettenstummel verwendet
Äußere Selbstverletzung:
• Hautverletzungen: Abreißen der Mundschleimhaut, Ritzen, Schneiden, Cutten, Schnippeln
• Ausreißen der Haare (Trichotillomanie)
• Störung des Wundheilungsprozesses
• Beißen und Abbeißen der Nägelumgebenden Haut (Perionychophagie)
• Schläge, Beißen, Geißelung
• Gegenstände in Körper bohren
• Verätzungen, Verbrennungen
Innere Selbstverletzung:
• Essen von Haaren (Trichophagie)
• Flüssigkeiten in den Körper einspritzen
• Jegliche Arten von Suchterscheinungen
• Knochenbrüche, Quetschungen, Abbinden von Gliedmaßen
• Eindrücken des Augapfels
• Selbstverstümmelung:
• Verstümmelung, Amputation, Kastration
• Mimikry Phänomen: Vorgetäuschte Krankheit und medizinische Präsentation einer selbstinduzierten
körperlichen Krankheit
• Hypochondrie: Fanatisch übertriebene Angst vor lebensgefährlichen Körperzuständen aufgrund von
Minimalsymptomen führt zu vermeintlich schützenden Handlungen, die den Körper letztlich
beeinträchtigen
• Durch die getätigten Interviews ist uns aufgefallen, dass die häufigste Art der Selbstverletzung in Form
von Ritzen vorgenommen wird
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T29 am 20.03.2009
Ritzen
Immanuel Grauer
Zahlen, Daten, Fakten
Umfrage mit 670 Teilnehmern auf der Internetseite „Rote Tränen“
Alter:
Betroffene:
- bis 13 Jahre
- 3%
- 14-15 Jahre
- 26%
- 16-17 Jahre
- 28%
- 18-19 Jahre
- 18%
- 20-21 Jahre
- 8%
- 22-30 Jahre
- 13%
- über 30 Jahre
- 4%
Häufigkeit
•
•
•
1 mal: 2 %
25 bis 50 mal: 23 %
öfter als 50 mal: 75 %
Gründe:
Selbstverletzendes Verhalten scheint ein Phänomen der Neuzeit zu sein. Tatsächlich jedoch trat es schon vor
Jahrhunderten auf. Zu dieser Zeit allerdings hatten Selbstbeschädigungen andere Intentionen. Im 21.
Jahrhundert ist es Mittel sich selbst wieder zu erleben, zu spüren, dass man nicht tot ist, denn dieses Gefühl
haben viele Betroffene.
Selbstverletzendes Verhalten als „Modeerscheinung“
Selbstverletzendes Verhalten kann auch unabhängig von Missbrauch oder anderen Traumata entstehen.
So zum Beispiel, wenn ein Mensch in einer krankmachenden Umgebung aufwächst. Worte, wie „Kopf hoch.
Stell Dich nicht so an. Du kommst da schon drüber weg.“ oder „Schau mal endlich das Positive an und hör auf,
so pessimistisch zu sein [...]“ zeigen dem Adressaten, dass ihn niemand versteht. Er wird immer pessimistischer
und depressiver, isoliert sich vom Umfeld. Da die Verletzungen, die er oder sie erfährt, immer intensiver
empfunden werden, ist irgendwann ein Punkt erreicht, der deprimierend ist und wo aufgestaute Wut und Trauer
heraus müssen.
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Im Zustand der Extase wird das Schmerzempfinden ausgeschaltet. Es findet eine Entlastung von
Schuldgefühlen und seelische Befreiung statt . Die Betroffene ist erleichtert, frei, befriedigt und gestärkt, dies
kann im Sinne einer Bekräftigung dazu führen, dass sie es immer wieder tun will und es zu einer Sucht wird.
Eine andere Art der Selbstverletzung ist das Streben nach Annähern an Schönheitsideale. Menschen verletzen
ihren Körper letztendlich, damit sie schöner aussehen, doch oft geschieht das Gegenteil und endet mit starken
Körperbeschädigungen..
Oftmals entsteht eine Selbstverletzung durch die „Modeerscheinung“. Dies ist ein Phänomen, welches häufig
sehr junge Frauen betrifft. Gruppenzwang oder einfach nur „cool“ sein bringt Menschen auch dazu sich selbst
zu verletzen.
Sexueller Missbrauch
Es verursacht eine Störung der Entwicklung, die einem seelischen Chaos gleich kommen kann. Im Besonderen
wird der eigene Körper als reines Objekt erlebt, das im negativsten Sinn benutzt wird. Das kann nur ertragen
werden durch Herstellung einer kühlen Distanz zu sich selbst. Zwar gilt: nicht jedes Opfer eines sexuellen
Missbrauchs verletzt sich selbst, ebenso sind nicht alle Selbstverletzende Missbrauchsopfer. Aber: „Je früher
der Missbrauch anfing, desto eher griffen die Betroffenen zum Messer und desto tiefer waren die Schnitte.“
Missbrauch macht also krank und die Opfer benötigen Hilfe in Form von seelischer Unterstützung.
Andernfalls wird die Entwicklung eines stabilen Identitätsgefühls zunehmend schwerer. Scheinbar Vergessenes
kommt plötzlich Jahre später wieder zum Vorschein. Dies nennt man Flashback. Die Betroffenen sind mit
emotionsreichen und erdrückenden Erinnerungen konfrontiert und haben den Drang, ihre Spannungen zu lösen.
Dabei wählen einige den Weg der Selbstverletzung. Selbstverletzung kann auch Selbstbestrafung sein, weil
man sich selbst die Schuld für den Missbrauch gibt.
Emotionales Mangelmilieu
Emotionales Mangelmilieu bedeutet Vernachlässigung, speziell von Kindern seitens der Eltern. Diese kann sich
außer im emotionalen Bereich auch in der körperlichen Versorgung des Kindes auswirken. Die Kinder, die
unter Deprivation leiden, erhalten zu wenig oder gar keine Zuwendung, Liebe, Akzeptanz oder Anerkennung
durch wichtige Bezugspersonen. Die vernachlässigten Kinder und Jugendlichen wachsen -zusammengefasst- in
einem Umfeld naher Bezugspersonen auf, welches ihnen zu wenig Wertschätzung und Zuwendung
entgegenbringt. Sie fühlen sich nicht ernst genommen und empfinden sich im weiteren Verlauf häufig als
anormal, ausgeschlossen, zurückgewiesen und unwert.
Schon Kinder entwickeln Mechanismen, um emotionales Mangelmilieu zu überwinden. In teilweise grotesk
erscheinender Form - sie provozieren Aggressionen:
„Denn verschiedenste Untersuchungen haben gezeigt, dass diese [Kinder - d. Verf.] lieber geschlagen werden
(und eben dann auch lernen dies bei ihren Eltern zu provozieren) als gar keine Aufmerksamkeit zu bekommen
(also vernachlässigt zu werden)“ . Im Extremfall wird sogar Aggression gegen sich selbst ausgelebt. Der
emotionale Mangel wird durch Schmerz kompensiert und der eigene Körper als Teil des Unwerten selbst zu
einem Objekt, welches verhasst, böse und schlecht ist. Er wird durch die eigene Person verletzt.
Posttraumatische Belastungsstörung
Ein Trauma ist eine Verletzung (körperlich oder seelisch), welche durch verschiedene Einflüsse hervorgerufen
werden kann. Der Verlust eines Menschen, Krieg, Vergewaltigung, Scheidung der Eltern und vieles mehr kann
eine „akute Belastungsreaktion“ von vorübergehendem Charakter auslösen. Ein gewisser Prozentsatz dieser
Menschen entwickelt eine posttraumatische Belastungsstörung, die frühestens nach einem halben Jahr zum
Tragen kommt.
Die betroffenen Personen sind häufig mit mehreren Traumata konfrontiert. Sie fühlen sich hilflos, entsetzt oder
fürchten sich. Immer wieder erleben sie die Ereignisse im Traum oder in Gedanken. Sie bekommen
Halluzinationen, Flashbacks oder Illusionen vom Trauma. Die Betroffenen verdrängen das Trauma. Sie fühlen
sich entfremdet und sind unfähig zärtliche Gefühle zu empfinden. Karriere, Kinder, Ehe oder ein „normal
langes Leben“ sind in Frage gestellt. Ein- bzw. Durchschlafen bereitet den Betroffenen erhebliche
Schwierigkeiten. Ereignisse richten eine Art der Autoaggression aus bzw. münden in einer Fremdaggression
(speziell bei Männern).
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Was passiert im Körper beim Ritzen?
3. Verlauf der Selbstverletzung
Auslöser: Faktoren wie Streit, Kritik, Stress, das Gefühl etwas falsch gemacht zu haben, aber auch
überwältigende Gefühle wie Wut, Trauer, Aggressionen usw. steigern die innere Spannung enorm.
In nahezu allen Fällen stellt das Ritzen den Ausdruck von Gefühlen und seelischem Schmerz dar.
Lerngeschichtlich bedingt können Betroffene mit starken Effekten und Emotionen nicht adäquat umgehen.
Ebenso ist die Selbstverletzung ein Ventil für inneren Druck, welcher nicht in Worte gefasst und anderweitig
abgebaut werden kann. Typisch ist weiterhin die innere Leere, welche die Patientinnen spüren. Manche sind
nicht in der Lage ist zu weinen und Emotionen wirklich zuzulassen. Aus diesem Grund fühlt man sich wie tot.
Die betroffenen Frauen versuchen die unerträglichen Gefühle zu kompensieren, indem sie sich körperliche
Schmerzen zufügen, welche in diesem Moment nicht bzw. weniger wehtun als die seelischen Wunden.
„Die bei Selbstverletzungen ausgeschütteten körpereigenen Opiate hemmen einerseits das Schmerzempfinden
und rufen andererseits eine angenehme, zum Teil sogar euphorische Stimmung hervor.“ Das
Schmerzempfinden ist durch die starke innere Anspannung mitunter zwei bis drei Stunden vermindert.
Mitunter befinden sich die Betroffenen in einem regelrechten Trancezustand, erleben ihre Umwelt als diffus,
schalten ab. Das eigene Ich und die Umgebung werden als fremd und verändert erlebt, es scheint der
Betroffenen, als stünde sie neben sich. Sie hat keinerlei Kontrolle mehr über ihr Handeln. Ihre Reaktionen
geschehen automatisch, ohne sich der Konsequenzen überhaupt bewusst zu sein. Der Körper wird als taub oder
gar tot, wie abgespalten erlebt. Um diesem Identitätsverlust zu entweichen und die Spannungszustände zu
reduzieren, bedienen sich von der Störung betroffene Mädchen und Frauen der Selbstverletzung.
Das fließende Blut hat eine entspannende Wirkung und das erste, was von den Betroffenen unmittelbar nach
einer Selbstverletzung gefühlt wird, ist Erleichterung und innere Ruhe. Sie sind wieder unter Kontrolle, der
Druck konnte abgebaut werden und dies löst Zufriedenheit aus.
Je mehr Zeit vergeht, umso negativer fällt die Bewertung der vollzogenen Tat aus. Empfand die Betroffene
zunächst Beruhigung, Befreiung und vielleicht auch ein Stück weit Stolz, die Kontrolle wieder erlangt zu
haben , so rückt die Selbstverletzung nach einiger Zeit in ein negativeres Licht, Scham- und Schuldgefühle
treten auf. Die junge Frau fühlt sich schlecht und macht sich Vorwürfe. Dadurch wird der Kreislauf der
Selbstverletzung fortgeführt.
Dient der Schmerz der Selbstbestrafung, wird er meiner Meinung nach eher genossen und ausgekostet. Die
Schnitte werden sehr langsam ausgeführt. Mitunter wird Salz in die offene, frische Wunde gestreut, oder aber
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auch Haarspray, Parfüm etc. auf die Verletzung gesprüht, um den Schmerz und die Narbenbildung zu
intensivieren.
Es kommt vor, dass die Mädchen und Frauen den Akt der Selbstverletzung wie ein Ritual durchführen, im
Zimmer für eine düstere und melancholische Stimmung sorgen, Musik auflegen, Kerzen anzünden und
Gegenstände bereitlegen.
Folgen:
oft schwierig, wieder in ein „normales“ Leben zurückzufinden und über Probleme zu sprechen, Vertrauen zu
anderen aufzubauen. Durch das Selbstverletzende Verhalten haben sie gelernt, Fassaden zu errichten,
niemanden zu nahe an sich heranzulassen, aber auch Masken aufzusetzen und Fröhlichkeit nur vorzutäuschen,
um so „normal“ wie möglich zu erscheinen.
Rückfälle sind nicht auszuschließen. Das mangelnde Selbstwertgefühl ist oft ebenso bleibend wie die Narben
Jeremia 17,14: Heile du mich, HERR, so werde ich heil; hilf du mir, so ist mir geholfen
Auswirkungen auf das Umfeld
Für die Familie: löst oft Hilflosigkeit, Angst und Schuldgefühle aus, führt aber auch zur Empfindung von Wut,
Ekel und Enttäuschung. Die Eltern wollen oft nicht wahrhaben, dass ihr Kind sich selbst vorsätzlich schädigt
und sind enttäuscht, dass es diesen Weg der Problembewältigung sucht. Häufig kommen Fragen wie: „Warum
hast du nicht mit uns geredet?“ oder „Wieso tust du uns das an?“ auf. Das die Ursachen für Autoaggressionen
oft in der Familie liegen, will diese nicht wahrhaben. Eine tiefgründige Auseinandersetzung mit der
Problematik bedeutet für die Angehörigen in manchen Fällen auch die Konfrontation mit Problemen in der
Kommunikation oder gar mit Vernachlässigung oder sexuellem Missbrauch.
Mitunter sehen die Eltern die Selbstschädigung als Auflehnung und Akt gegen die Familie. Oder aber sie
deklarieren die Selbstverletzung als Handlung um Aufmerksamkeit und Zuwendung zu erlangen. Tatsächlich
ist dies ein unbewusstes Ziel der Betroffenen, doch ist die Thematik Selbstverletzung viel komplexer und
keineswegs bloßer Wunsch nach Aufmerksamkeit.
Gegenmittel:
1. Beten: Das inständige Gebet eines Menschen, der von Gott gerecht gemacht ist, kann viel bewirken. Jak 5,16
Jeremia 17,14: Heile du mich, HERR, so werde ich heil; hilf du mir, so ist mir geholfen
2. Beziehung zu Jesus pflegen (Hast du eine Liebesbeziehung zu ihm?):
• Erkenntnis: Satan will dich letztlich zerstören Joh 8,44: Der Teufel ist ein Mörder von Anfang an
Jesus besser kennen lernen- mich ganz auf ihn einlassen
denken oft müssen gewinnen gegen Teufel
schon besiegt!
• Bist schon frei! (Wenn euch nun der Sohn frei macht, so seid ihr wirklich frei. Joh 8,36)
1.Kor 6,11 Ihr seid reingewaschen und Gott hat euch zu seinem heiligen Volk gemacht, zu Menschen, die vor
seinem Urteil als gerecht bestehen können. Das ist geschehen, als ihr Jesus Christus, dem Herrn, übereignet
worden seid und den Geist unseres Gottes empfangen habt
• Bist keine Versager
Phil 4,13: 13 Allem bin ich gewachsen durch den, der mich stark macht.
• Will Freiheit behaupten:
Gal 5,1: Christus hat uns befreit; er will, dass wir jetzt auch frei bleiben. Steht also fest und lasst euch nicht
wieder ins Sklavenjoch einspannen!
Nicht aufgeben:
aufstehen, weitermachen
kein Krampf aufkommen lassen
bin gereinigt, bin geheiligt, bin Sieger, muss nicht den Sieg erringen- Jesus hats getan!
kämpfe ohne Krampf!
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3. Vertrauensperson suchen: (Freund/in, Eltern, Teeniekreismitarbeiter, Lehrer, Arzt, RG)
Pred 4, 9 Zwei sind allemal besser dran als einer allein. Wenn zwei zusammenarbeiten, bringen sie es eher zu
etwas. 10 Wenn zwei unterwegs sind und hinfallen, dann helfen sie einander wieder auf die Beine. Aber wer
allein geht und hinfällt, ist übel dran, weil niemand ihm helfen kann.
4. Notfallplan erstellen, was man tun kann, wenns akut wird
sich körperlich auspowern
intensives Weinen zulassen
wenn es möglich ist, raus aus der zur Zeit bedrückenden Umgebung und spazieren gehen,
joggen oder rennen; dabei schreien, wenn einem danach ist
gegen Punchingball, Matratze oder Kissen boxen
Sport jeglicher Art betreiben
versuchen ein Telefonbuch zu zerreißen
sich aktiv ablenken
mit Beschäftigungen, die Aufmerksamkeit und Konzentration erfordern
Schularbeiten machen
Hausarbeiten verrichten: aufräumen, putzen, sortieren…
versuchen etwas Neues zu erlernen: Musikinstrument, Handarbeiten (Stricken, Patchwork) etc.
Beschäftigung mit dem Haustier, sofern vorhanden
laut Musik hören - direkt oder per Discman – und auf den Songtext achten- Lobpreislieder:
Warum bin ich so mutlos? Muss ich denn verzweifeln? Auf Gott will ich hoffen! Ich weiß, ich werde ihn noch
einmal preisen, ihn, meinen Gott, der mir hilft. Ps 43, 5
seine Gefühle kreativ ausdrücken
malen oder zeichnen
Gedichte, Kurzgeschichten schreiben
Tagebuch schreiben
direkten Kontakt zu vertrauten Leuten suchen
sich mit Freunden treffen zum Reden, Spazieren gehen, Einkaufen, Kochen, Film gucken
mit Freunden telefonieren
im Internet über Messengersysteme (ICQ ua.) mit vertrauten Menschen kommunizieren
Briefe schreiben
T29-MA oder die Telefonseelsorge anrufen
möglichst das allein-sein vermeiden; der direkte Kontakt zu einem vertrauten Menschen ist in dieser Situation
wesentlich günstiger als beispielsweise ein anonymes Forum oder ein Chat im Internet!
sich etwas Gutes tun
sich pflegen - baden, duschen, eincremen
sich etwas Leckeres zu Essen gönnen
sich ein Video/DVD ausleihen und angucken
eine Zeitung oder ein Buch lesen
empfohlene Ersatzhandlungen von Experten für SVV
Gummiband um Handgelenk legen und schnalzen lassen
Eiswürfel auf die Haut drücken bis die Kälte schmerzt
kalt duschen
in eine Chillischote beißen oder etwas Tabascosoße in den Mund nehmen
LM-Farbe in heißem Wasser auflösen und damit oder mit Henna oder einem wasserlöslichen Filzschreiber
Verletzungen auf die Haut malen
ist keine Dauerlösung, nur für den Moment gedacht. Besser ist, die obigen Sachen zu tun
SVV vermeiden und aufschieben
bewusst die Gedankengänge und Situationen vermeiden, die runterziehen
Orte meiden, die mit SVV zu tun haben (Aufbewahrung von Klingen z.B.)
versuchen SVV zu verschieben, weil man es später immer noch tun kann „the fifteen-minute game“
kein Ersatz für Selbstverletzungen sind Alkohol, Drogen, Tabletten Surfen auf SVV- oder Suizidseiten!
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Ritzen
Immanuel Grauer
Wie helfe ich meiner Freundin?
Bete für sie, bete mit ihr
Es ist wicht
... SVV keinesfalls zu ignorieren. Wenn Betroffene mit uns nicht über SVV sprechen, heißt das nicht, dass sie
grundsätzlich nicht darüber reden wollen. Vielleicht können sie es nur gerade nicht und brauchen noch Zeit.
Wir sollten immer wieder Gesprächsbereitschaft signalisieren, aber ohne sie zu bedrängen. Das ist
zugegebenermaßen eine Gratwanderung.
.... den Betroffenen Rückhalt zu geben, egal was kommt. Sie müssen sich darauf verlassen können, dass wir
immer zu ihnen halten; dass wir SVV als Krankheit ernst nehmen und es nicht als Spinnerei oder Marotte abtun.
... SVVler nicht unter Druck zu setzen "Wenn du nicht aufhörst, dann..." und bei ihnen keine Schuldgefühle zu
erzeugen "Wie konntest du mir/uns das nur antun?" Wir dürfen ihnen wegen ihres autoaggressiven Verhaltens
kein schlechtes Gewissen einreden oder ihnen Vorwürfe machen.
... die Intimsphäre des Betroffenen zu respektieren, auch wenn wir das Verhalten, zum Beispiel den Wunsch
alleine zu sein, nicht verstehen. Natürlich dürfen wir nicht in Briefen, Mails oder Tagebüchern
herumschnüffeln!, das ist ein kaum wieder gut zu machender Vertrauensbruch.
... uns gemeinsam über Schule, Ausbildung oder Arbeit hinaus Gedanken zum Tagesablauf zu machen.
Leerlauf und ungenutzte Freizeit lässt die Gedanken immer wieder um SVV kreisen. Konkrete Alternativen wie
Sport treiben, malen, mit einem Freund telefonieren etc. helfen
... weder ein großes Drama mit Mitleidsbekundungen aus SVV zu machen, noch es als Kleinigkeit abzutun.
Das Leben sollte möglichst normal weitergehen. Der Betroffene ist kein anderer Mensch geworden, nur weil
wir von den Selbstverletzungen erfahren haben.
... unsere Lieben manchmal einfach nur in den Arm zu nehmen und sie zu streicheln. Körperliche Nähe kann
viel mehr ausdrücken als Worte. Es ist auch gleichzeitig ein Zeichen, dass wir mit ihrem Körper kein Problem
haben. Oft wird diese Nähe allerdings abgelehnt.
... die Betroffenen fühlen zu lassen, dass wir uns wirklich für sie und ihr Leben interessieren. Das können
Fragen sein wie "Was ist denn passiert?" oder "In welchen Situationen machst du das?", aber auch "Wollen wir
was zusammen unternehmen?". Sie wollen aber nicht danach gefragt werden, warum oder wie sie sich selbst
verletzen.
... keine Standardsprüche zu verteilen "Das geht wieder vorbei", "Kopf hoch, es geht jedem mal schlecht".
Diese Verharmlosungen verletzen die Betroffenen, und sie fühlen sich nicht ernst genommen. SVV ist mehr als
ein vorübergehendes Stimmungstief.
... nicht herumzuschreien, auch wenn wir sehr erregt sind. SVVler fühlen sich schon alleine durch die
Lautstärke angegriffen und verunsichert. Wenn wir doch mal laut geworden sind, sollten wir später darüber
reden und die Situation nicht ungeklärt lassen.
... keine dummen Bemerkungen zu machen oder Witze zu reißen, wenn Betroffene etwas sagen, auch wenn es
nicht böse gemeint ist. SVVler sind leicht verletzlich und sie sind prädestiniert Situationen für sich negativ
auszulegen.
... auch von unseren eigenen Problemen und Ängsten im Zusammenhang mit SVV zu sprechen. Wir müssen
bereit sein dasselbe zu tun, was wir von den Betroffenen erwarten. Wir sollten ihnen bei der Gelegenheit aber
auch deutlich sagen, dass sie keine persönliche Schuld daran tragen, wenn es uns aufgrund ihres SVVs mal
schlecht geht.
... eigene Fehler zuzugeben und sich zu entschuldigen, wenn man etwas falsch gemacht hat. Wir sollten
versuchen offen und ehrlich miteinander umzugehen.
... Stimmungsschwankungen von Betroffenen zu akzeptieren. Auch sie können einen schlechten Tag haben.
Und es ist günstiger, mit den wahren Gefühlen konfrontiert zu werden, als immer das Gefühl "Mir geht es
super" vermittelt zu bekommen, obwohl wir wissen, dass es nicht so ist.
... Verständnis für SVV zu signalisieren. Die Bereitstellung von Verbandsmaterial und Desinfektionsmittel zur
Wundversorgung und Salben zur Narbenpflege ist sinnvoller als Rasierklingen und Messer einzusammeln und
wegzuwerfen. Verhindern können wir Selbstverletzungen durch solche Maßnahmen sowieso nicht.
... keinen Druck auszuüben um Wunden oder Narben gezeigt zu bekommen. Diese Art der Kontrolle ist wenig
hilfreich.
... keine Verbote und Bestrafungen im Zusammenhang mit SVV auszusprechen. Liebesentzug oder gar
körperliche Züchtigungen sind mit Sicherheit fehl am Platz.
Viele weitere Infos auf www.rotelinien.de
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