Studierendenkonferenz „Werbung in der Slavia“ (TUD 22.-23.06.2007) 1 Katharina Veit (TU Dresden) Das Konzept der Perlokution 1. Einleitung Sprachliche Äußerungen können sehr unterschiedliche Wirkungen auf den Hörer bzw. Leser haben. Diese Wirkungen sind noch wenig erforscht. Nicole Sauer gibt mit ihrem Konzept der Perlokution einen Anstoß zu weiterer Forschung. Dieses Konzept der Perlokution untersucht sie an der Kommunikationssituation Werbeanzeige, die sich aufgrund der großen Bedeutung ihrer Wirkung sehr gut dafür eignet. Nachfolgend soll das Konzept der Perlokution erläutert und an einem Beispiel einer tschechischen Werbeanzeige veranschaulicht werden. 2. Beispiel: Tschechische Werbeanzeige Die Werbeanzeige1, die für eine Weinhandlung in Prag wirbt, wurde in einer tschechischen Musikzeitung veröffentlicht, die sich eher an junge Menschen richtet. Auf ihr ist ein Bierglas dargestellt, welches von einem Korken zerschossen wird. Es ist folglich nur an dem unteren Teil des Glases feststellbar, dass es sich um ein Bierglas handelt. Dazu kommt ein Slogan in der rechten unteren Ecke, der aus den englischen Worten Break rules. Drink wine. besteht und mit dem Namen der Weinhandlung Wine shop Havelská unterschrieben ist. Es könnte sich um eine Werbeanzeige handeln, die den Rezipienten erst einmal auf die Möglichkeit aufmerksam machen will, dass man in einem „Land des Bieres“ auch Wein trinken kann. Das wird auch am Fließtext deutlich: Navśtiv nejlepśí obchod s vinem v zemi piva. Havelská 27 (Havelská pasáž) Praha I. tel … (Komm in die beste Weinhandlung im Land des Bieres, …). An der Aggressivität der Werbeanzeige zeigt sich, dass die Werbetreibenden viel tun müssen, um den Weinverkauf in Tschechien voranzubringen. 1 siehe Anlage 2 Katharina Veit: Das Konzept der Perlokution 2 3. Das Konzept der Perlokution 3.1. Definition Perlokution Die Werbung kennt verschiedene Elemente, die auf den Rezipienten eine gewisse Wirkung haben. Die größte Rolle dabei spielen Bilder, was man an fast jeder Werbeanzeige beobachten kann. Aber auch die Sprache kann einen Einfluss auf den Betrachter haben. Nicole Sauer hat sich mit diesem Phänomen in „Werbung – wenn Worte wirken“2 näher auseinandergesetzt und gleichzeitig ein Konzept der Perlokution entwickelt. Zunächst soll betrachtet werden, was eine Perlokution ist und welches vorläufige Konzept der Perlokution Sauer vorschlägt. Der Begriff der Perlokution stammt von Searle,3 der die Sprechakttheorie nach Austin weiterentwickelt hat. Ein Sprechakt besteht aus vier Teilakten, der letzte wird als perlokutiver Akt bezeichnet. Die Perlokution wird bisher nur allgemein als der Akt definiert, der die Wirkung der sprachlichen Äußerung auf den Rezipienten meint. Jedoch kann es unterschiedliche Wirkungen geben, die auf eine Intention der Äußerung zurückgehen. Diese sind aber bisher noch nicht näher definiert worden. Das versucht Sauer mit ihrem Konzept zu ändern. Da sehr viele verschiedene Sprechakte in der Umwelt vorkommen, hat Sauer die Kommunikationssituation der Werbeanzeige ausgewählt, bei der die Wirkung auf den Rezipienten eine wichtige Rolle spielt. Jedoch liegt Werbung meist in schriftlicher Form vor, weshalb Sauer zunächst hinterfragt, ob die Sprechakttheorie auch auf schriftliche Sprache anwendbar ist. Sie kommt zu dem Schluss, dass dies möglich ist, denn auch schriftliche Texte sind in der Lage, eine Handlung durchzuführen. So kann ein Brief beispielsweise etwas mitteilen oder beleidigen, usw. Jedoch ist für eine sprachliche Handlung eigentlich die Situationsbezogenheit, also ihr Sinn und Zweck, von großer Bedeutung. Diese fehlt in der Schriftsprache, da bei der schriftlichen Kommunikation eine raum-zeitliche Trennung zwischen Kommunikator und Rezipient vorliegt. Es existiert nur ein kleiner Ausschnitt einer gemeinsamen Wirklichkeit, nämlich das Weltwissen und die gegebene sprachliche Äußerung. Der Mangel an Situationsbezogenheit wird dadurch ausgeglichen, dass Informationen über den Kommunikator und den Rezipienten durch die sprachliche Äußerung vermittelt werden. Dabei spielen der fiktive Akteur und die inszenierte Situation eine Rolle. 3.2. Vorläufiges Konzept der Perlokution Das vorläufige Konzept der Perlokutionen besagt nun, dass der Sprecher, bzw. in dem Falle der Schreiber, bei der Handlungsplanung sowie der Rezipient bei der Interpretation von Handlungen von erklärbaren Überlegungen geleitet wird. Damit sind situative Bedingungen und Konventionen gemeint. Es gibt also Erwartungen auf beiden Seiten, die mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit zu vermuten sind. Eine 2 3 nach: Sauer, N. (1998) Searle, John R. (1971) Studierendenkonferenz „Werbung in der Slavia“ (TUD 22.-23.06.2007) 3 Regelhaftigkeit zwischen der Äußerungsform und der Perlokution besteht jedoch nicht. Es ist unmöglich vorauszusehen, wie ein Rezipient auf eine Werbeanzeige reagieren wird. Das ist von sehr vielen Faktoren abhängig, wie beispielsweise von dem Bedürfnis nach dem Produkt, der Stimmung, der finanziellen Lage des Rezipienten usw. Zwischen einer Äußerung und einer Illokution dagegen besteht eine Regelhaftigkeit. Das ist zum Beispiel an den performativen Verben erkennbar. Mit dem performativen Verb taufen in der Äußerung Ich taufe dich. wird gleichzeitig eine sprachliche Handlung vollzogen. Perlokutive Verben hingegen können nicht in die 1. Person Singular gesetzt werden. Die Äußerung Ich beleidige dich. hat nicht zur Folge, dass der Rezipient beleidigt ist. Andererseits kann der Hörer beleidigt sein, obwohl dies der Sprecher mit seiner Äußerung überhaupt nicht beabsichtigte. Es sind also keine Mittel des Sprachsystems vorhanden, die durch Regeln eine Perlokution festlegen.4 Es besteht nur ein Verhältnis einer Wahrscheinlichkeit, die auf Erfahrungen und der kommunikativen Kompetenz beruht. 3.3. Kategorien der Werbung Nach der Vorstellung ihres vorläufigen Konzepts der Perlokution führt Sauer eine Materialanalyse durch, d.h. sie untersucht die Werbeanzeigen auf ihre Merkmale hin. Dabei ergeben sich für sie zwei Kategorien. Das ist zum einen die inszenierte Situation und zum anderen sind dies die Wort- und Sprachspiele. Werbeanzeigen sind komplexe sprachliche Handlungen im Rahmen eines Massenmediums und ihre Kommunikationssituation ist indirekt. Der Rezipient wird nämlich dazu verleitet, dass er die Situation in der Anzeige als einen Ausschnitt der Wirklichkeit wahrnimmt. Die Leerstellen, also die Stellen, wo Informationen in der Werbeanzeige nicht gegeben werden können, soll der Rezipient durch seine Erfahrungen mit alltäglichen Situationen auffüllen. Die Kommunikationssituation in der Werbeanzeige wird somit als Inszenierung definiert, weil dem Rezipienten, wie in einem Theaterstück, etwas vorgespielt wird. Das zweite Merkmal der Werbeanzeigen sind die Wort- und Sprachspiele. Diese sind dadurch gekennzeichnet, dass sie von der Alltagssprache abweichen. Dadurch erregen sie Aufmerksamkeit, was sie zu wichtigen Gestaltungsmitteln in der Werbebranche macht. Schließlich ist das Ziel der Werbung, dass der Rezipient auf ein Produkt aufmerksam wird. 3.4. Emotion Weitere Überlegungen Sauers zum Konzept der Perlokution führen sie zur Systematisierung der Perlokutionen. Das Problem dabei ist, dass die Intentionen des Sprechers/Schreibers sehr komplex sind, d.h. er hat mehrere Teilziele und es soll nicht nur eine einzige Wirkung bei dem Rezipienten erzielt werden. Eine Werbean4 vgl. Austin, John L. (1972) Katharina Veit: Das Konzept der Perlokution 4 zeige muss schließlich nicht immer gleich zum Kauf anregen, sie kann auch über ein Produkt informieren oder es im Gedächtnis des Rezipienten verankern. Auch der Zeitaspekt ist problematisch. Es können Monate zwischen der Betrachtung der Werbeanzeige durch den Rezipienten und der Wirkung, also dem Kauf des Produktes, vergehen. Es ist kaum beobachtbar, welche Werbeanzeige den Kauf eines Produkts am meisten beeinflusst hat. Es ist nur möglich, eine Gliederung der Perlokutionen nach beobachtbaren Wirkungen zu erstellen. Aus der Vielzahl möglicher Wirkungen wählt Sauer die emotionale Wirkung aus, die für die Werbung sehr bedeutsam ist. Zunächst definiert Sauer Emotionen als Gefühle oder psychische Empfindungen, die durch die Wahrnehmung bestimmter Objekte oder Ereignisse ausgelöst werden. Eine Wahrnehmung erfolgt am ehesten, wenn diese Ereignisse vom Normalzustand abweichen. Ihre zentralen Merkmale sind demnach, dass sie positiv oder negativ gerichtet sein können, dass sie auf ein Objekt oder Ereignis Bezug nehmen und ihre Qualität ist auch von Bedeutung, da sie angenehm oder unangenehm sein können. Durch diese Merkmale kommt Sauer zu der wichtigen Schlussfolgerung, dass Emotionen eine Form bewertender Stellungnahmen zu spezifischen Gegebenheiten darstellen. Da die Intentionen des Kommunikators Anlass zu einer bestimmten Bewertung geben, entscheidet die Bewertung über den Erfolg der Perlokution, also über den eventuellen Kauf des Produkts. 3.5. Emotionen als bewertende Stellungnahmen Das Konzept der Perlokution setzt sich aus diesen Erkenntnissen zusammen und wird durch das Modell von Fiehler5 visualisiert. Das Modell6 beschreibt die Emotionen als bewertende Stellungnahmen, wodurch auch die Wirkung sprachlicher Handlungen im Allgemeinen dargestellt werden soll. Im Folgenden sollen die einzelnen Spalten und Unterpunkte erklärt und auf das Beispiel der tschechischen Werbeanzeige angewendet werden. Die Komponenten der Spalte A stellen die Elemente der Werbeanzeige dar, die der Spalte B sind die Vorstellungen des Rezipienten und die Spalte C ist dann den Emotionen gewidmet, wo darüber entschieden wird, ob ein Kauf des Produkts notwendig oder überflüssig ist. Daraus ist zu schlussfolgern, dass der Kommunikator die Intention haben muss, dass ein Rezipient x (= das Produkt) positiv bewertet. Dies geschieht auf der Grundlage von y, d.h. x muss auf die Vorstellungen und Erwartungen des Rezipienten abgestimmt sein. Nur dann kann es zu z kommen, also dem notwendigen Kauf des Produkts. Mit der Situation als Element der Werbeanzeige in Spalte A ist die inszenierte Situation gemeint. Es gibt zwei Grundtypen inszenierter Situationen, die monologische und die dialogische Situation. Bei der tschechischen Werbeanzeige liegt eine monologische Situation vor, da keine sprachlichen Mittel darauf verweisen, dass 5 6 Fiehler, R. (1990) Siehe Anlage 1 Studierendenkonferenz „Werbung in der Slavia“ (TUD 22.-23.06.2007) 5 mehrere Personen an der Situation beteiligt sein könnten: BREAK RULES. DRINK WINE. Wine shop Havelská / Navśtiv nejlepśí obchod s vinem v zemi piva. Havelská 27 (Havelská pasáž) Praha I. tel … Die andere Person verweist auf den fiktiven Akteur. Wenn es schon eine inszenierte Situation gibt, dann kann auch der Akteur nur erdacht sein. Er stellt den fiktiven Kommunikationspartner des Rezipienten dar, denn der wirkliche Kommunikationspartner, also der Produzent der Werbeanzeige, bleibt für den Rezipienten unsichtbar. Der Rezipient erhält seine Vorstellung über den Akteur aus den formalen und inhaltlichen Merkmalen innerhalb der Werbeanzeige. Jener kann als Produzent, als unabhängiger Spezialist oder als Konsument auftreten. Bei der tschechischen Werbeanzeige ist wahrscheinlich der Produzent der fiktive Akteur, da dieser den Slogan BREAK RULES. DRINK WINE. mit dem Namen seines Geschäfts Wine shop Havelská unterschreibt. Der Rezipient verkörpert die Komponente eigene Person. Dort geht es darum, ob der Rezipient direkt oder indirekt angesprochen wird. Im tschechischen Beispiel wird der Rezipient ganz deutlich direkt angesprochen. Es werden sogar drei Imperative verwendet: Break rules. Drink wine. und Navśtiv nejlepśí obchod s vinem …. Die mentalen Produktionen weisen auf die Wort- und Sprachspieltypen hin, die zu bestimmten Wirkungsgraden zugeordnet werden können. Je nach dem, welche Wirkung des Rezipienten erzielt werden soll, kann der Produzent der Werbeanzeige aus folgenden Wirkungsgraden auswählen: Bei Wirkungsgrad a) soll der Rezipient aktiviert werden, d.h. er soll unbewusst auf die Werbeanzeige aufmerksam werden. Das geschieht durch eine emotionale Wirkung, bei der der Rezipient nicht nachdenken muss. Durch eine gering kognitive Wirkung wird der Rezipient bewusst beteiligt, d.h. bei dem Wirkungsgrad b) muss er schon ein wenig nachdenken, damit er den Sinn des Spruches versteht. Eine hohe gedankliche Mitarbeit des Rezipienten wird durch die kognitive Wirkung auf dem Wirkungsgrad c) erzielt. Wahrscheinlich liegt bei der Werbung für die Prager Weinhandlung der mittlere Wirkungsgrad vor, da der Rezipient zu geistiger Mitarbeit bewogen wird, um zum einen den Parallelismus von BREAK RULES. DRINK WINE. zu erkennen und zum anderen herauszufinden, wofür eigentlich geworben wird. Die Weinhandlung wird nämlich auf Englisch beworben. Nur im Fließtext erhält der Rezipient genauere Hinweise auf Tschechisch. Spalte B beschäftigt sich mit den Vorstellungen des Rezipienten. Die Komponente der Erwartungen beinhaltet wieder die Wort- und Sprachspiele und die inszenierte Situation. Dabei weichen die Wort- und Sprachspiele von der Alltagssprache ab, womit Erwartungen enttäuscht werden. Bei der inszenierten Situation existieren je nach Grad der Vertrautheit verschiedene Situationsinszenierungen, die unterschiedlich stark mit Erwartungen spielen. Dem Produzenten der Werbeanzeige ist es wichtig, wie gut der Rezipient mit der inszenierten Situation vertraut ist, was von seinem Erfahrungsschatz, den er in anderen Situationen erworben hat, abhängig ist. Bei der innovativen Situation wird der Rezipient mit etwas Neuartigem konfrontiert, es Katharina Veit: Das Konzept der Perlokution 6 werden somit neue Argumente, neue Werbefiguren oder eine neue Kampagne eingeführt. Durch diesen Neuigkeitswert können die Erwartungen des Rezipienten enttäuscht werden. Der Produzent sollte sich aber vor zu starker Innovation hüten, da diese durch die Orientierungslosigkeit des Rezipienten zum Abbruch der Kommunikation führen könnte. Oft wird die innovative Situation für eine erste Anzeige verwendet, alle weiteren agieren dann eher mit der Vertrautheit der Werbung. Die exotische Situation ist ein Sonderfall unvertrauter Situationen, bei der der Rezipient keinerlei Vorkenntnisse anwenden kann und die Situation einen Ausnahmecharakter besitzt, also gänzlich von gewohnten Situationen abweicht. Um diese Situation zu verstehen, muss sich der Rezipient ganz auf die Fantasie- und Märchenwelt einlassen, also von seinen Erwartungen abrücken. Das Gegenteil der exotischen ist die routinisierte Situation. Dort ist der Rezipient mit der Situation vertraut und kann nichtgegebene Informationen eventuell ergänzen. Bei der tschechischen Werbeanzeige könnte es sich um eine innovative Situation handeln, denn anscheinend ist sie eine der ersten Werbekampagnen für Wein(-handlungen). Wenn die Anzeige eine routinisierte Situation wäre, dann würde der Produzent nicht mit solch einer aggressiven Wirkung spielen. Diese Aggressivität kann aber beim Rezipienten Aufmerksamkeit erzeugen. Es könnte sich aufgrund der unerwarteten Zerstörung des Bierglases auch um eine exotische Situation handeln. Die zweite Komponente der Interessen und Wünsche ist den Erwartungen des Rezipienten zugeordnet. Um die individuellen Bedürfnisse der Rezipienten herauszufinden, werden immer häufiger Markt- und Zielgruppenforschungen durchgeführt. Aber nicht nur die Wünsche des Einzelnen sind hier interessant, sondern auch Statussymbole und Personen mit hohem Prestigewert spielen eine Rolle. Ein Produzent einer Werbeanzeige ist sicher immer darauf bedacht, eine gewisse Zielgruppe anzusprechen. Das gelingt ihm am ehesten, wenn er ihre Interessen und Wünsche kennt. Neben diesen Wünschen sollte der Produzent auch die akzeptierten sozialen Normen und Moralvorstellungen des Rezipienten bzw. der Zielgruppe kennen. In unserer Gesellschaft haben generell die Attribute Jugend, Schönheit oder Reichtum einen hohen Stellenwert. Wenn der Produzent der Werbeanzeige die Elemente seiner Werbeanzeige auf die Vorstellungen des Rezipienten abstimmt, so kann dies beim Rezipienten zu einer entsprechenden Emotion, also zum Kauf eines Produkts führen. Die entsprechende bzw. nicht entsprechende Emotion ist in Spalte C abgebildet. 3.6. Fazit Sauer kommt mit Hilfe des Modells von Fiehler zu dem Schluss, dass sprachliche Handlungen wirken, indem der Rezipient emotional auf die Elemente der Werbeanzeige reagiert und auf der Basis seiner Vorstellungen bewertend dazu Stellung nimmt. Es sollte deutlich werden, dass die Emotion die wesentliche Wirkung der Werbung ist. Hinzu kommt, dass sie die Funktion der bewertenden Stellungnahme zu Studierendenkonferenz „Werbung in der Slavia“ (TUD 22.-23.06.2007) 7 Sachverhalten oder Gegenständen, in dem Falle aber zur Werbeanzeige, übernimmt. Das Konzept der Perlokution beinhaltet demnach, dass perlokutionäre Handlungen dem Rezipienten bewertende Stellungnahmen zu sprachlichen Äußerungen nahe legen. Von der Seite des Produzenten aus betrachtet, bedeutet dies, dass sprachliche Handlungen von Sprechern/Schreibern in konkreten Situationen zu bewertenden Stellungnahmen des Rezipienten bezüglich bestimmter Sachverhalte führen. Wenn beim Rezipienten konkrete Wirkungen auf eine kommunikative Handlung zu beobachten sind, so ist dies kein willkürliches Ergebnis eines korrekten Handlungsvollzugs, sondern diese Wirkungen basieren auf Bewertungsgrundlagen, die in einer Gesellschaft allgemein anerkannt sind. Dabei ist die individuelle Entscheidungsfreiheit innerhalb eines gesellschaftlich gesetzten Rahmens begrenzt. 4. Zusammenfassung Das Konzept der Perlokution zeigt, dass Wirkungen eines kommunikativen Aktes in einem gewissen Rahmen erwartbar sind. Das Konzept wurde anhand des Massenmediums der Werbeanzeige erprobt und dabei wurden die beiden Untersuchungsfelder der Situation und der Wort- und Sprachspiele genauer betrachtet. Dabei stellte sich heraus, dass durch die Abweichung der Anzeige von den Erwartungen des Rezipienten Aufmerksamkeit erregt wird. Dies wird an dem Beispiel der tschechischen Werbeanzeige deutlich, die mit einer unerwarteten Aggressivität gegenüber der Bierindustrie spielt. Durch die Betrachtung der Werbeanzeige bietet der Produzent dem Rezipienten an, bewertend zu ihr Stellung zu nehmen. Als eine Teilwirkung sind die Emotionen solch ein Bewertungsmaßstab. Produktkomplexität und -vielfalt bedingen den Aufbau einer emotionalen Beziehung zwischen Produzent und Konsument. Dazu sollte der Produzent wissen, welche Vorstellungen der Rezipient von sich selbst, seinem (fiktiven) Kommunikationspartner und den Sachverhalten in Form der Werbeanzeige hat, um positive Emotionen auszulösen. 5. Literatur Austin, John L. (1972): Zur Theorie der Sprechakte. Stuttgart: Philipp Reclam jun. (engl. Original: How to do things with words (1962)). Baranov, A.N./ Dobrovolskij, D.O. (1998): Nemecko-russkij i russko-nemeckij slovar´ lingvisticeskich terminov (s anglijskimi ekvivalentami). Okolo 5500 nemeckich i 5500 russkich terminov. Moskva: Pomovskij & Partneruj. DUDEN (1991): Rechtschreibung der deutschen Sprache. Mannheim: Bibliographisches Institut & F. A. Brockhaus AG. Fiehler, Reinhard (1990): Kommunikation und Emotion. Theorie und empirische Untersuchungen zur Rolle von Emotionen in der verbalen Interaktion. Berlin, New York: de Gruyter. iMÉDIA (Hrsg.) (2003): ultram:x hudební magazín. Prag: printhouse. Katharina Veit: Das Konzept der Perlokution 8 Sauer, Nicole (1998): Werbung – wenn Worte wirken. Ein Konzept der Perlokution, entwickelt an Werbeanzeigen. Münster, New York, München, Berlin: Waxmann. Searle, John R. (1971): Sprechakte. Ein sprachphilosophischer Essay. Frankfurt. [Amerikanisches Original 1969] Anlage 1 Modell zu „Emotionen als bewertende Stellungnahmen“ (Fiehler, Reinhard 1990) A) zu x B) auf der Grundlage von y C) als z 1) Situation 1) Erwartungen 1) (gut) entsprechend 2) andere Person 2) Interessen /Wünsche 2) nicht entsprechend - Handlung - Eigenschaft 3) eigene Person 3) akzeptierte soziale - Handlung Normen / - Eigenschaft Moralvorstellungen 4) Ereignis/Sachverhalt 4) Selbstbild 5) Gegenstände 5) Bild des anderen 6) mentale Produktionen Studierendenkonferenz „Werbung in der Slavia“ (TUD 22.-23.06.2007) Anlage 2 Werbeanzeige „Wine Shop Havelská“ iMÉDIA (Hrsg.) (2003): ultram:x hudební magazín. Prag: printhouse. 9