FB 6: Pfand oder Nichtpfand? - jura.uni

Werbung
FB 6 – Pfand oder Nichtpfand - Gliederung
FB 6: Pfand oder Nichtpfand? FRAGE 1
A. Vertragliche Herausgabeansprüche A gegen B (-)
B. Herausgabeanspruch A gegen B, § 985 BGB?
I.
Besitz der B (+)
II. Eigentum der A (=Anspruchssteller)
1. Ursprüngliche Eigentümerin war A
2. Eigentumsverlust durch Übereignung A an Großhändler, § 929 S. 1?
a) Einigung
Auslegung (objektiver Empfängerhorizont, §§ 133, 157 BGB) der Willenserklärungen führt unter Berücksichtigung der AGB, der Einstanzung und
dem Pfand zum Ergebnis, dass die A nicht das Eigentum an den
Pfandflaschen übertragen wollte
b) Zwischenergebnis: Eigentumsverlust A (-)
3.
Eigentumsverlust
durch
Übereignung
von
Großhändler
an
Einzelhändler, §§ 929 S. 1, 932 I 1?
a) Einigung
Auslegung: wie oben (-)
b) Zwischenergebnis: Eigentumsverlust A (-)
© lepi & nic
1
FB 6 – Pfand oder Nichtpfand - Gliederung
4. Eigentumsverlust
durch
Übereignung
von
Einzelhändlern
an
Endkunden, §§ 929 S. 1, 932 I 1
Da Einzelhändler weder Eigentümer ist noch zur Veräußerung ermächtigt fehlt
dessen Berechtigung und somit kommt nur ein gutgläubiger Erwerb in
Betracht.
a) Einigung
aa) BGH:
Auslegung
nach
§§
133,
157
ergibt:
Eigentumsübertragung der Flasche (-), da nur Inhalt übereignet
werden soll, Arg.:

gesonderte Abrechnung des Pfands

individuellen Kennzeichnung der Flaschen macht
Willen
des
Herstellers
erkennbar,
die
Flaschen
zurückzuerhalten
führen nach obj. Empfängerhorizont zur Erkennbarkeit des
Willens des Herstellers zur Rückführung der Flaschen und
das sie nur zur vorübergehenden utzung, nicht aber zu
Eigentumsübertragung gedacht sind
bb) a.A.: Eigentumsübertragung (+) da Verhalten des Veräußerers
als Antrag zur Eigentumsübertragung und Verhalten des
Endverbrauchers als Annahme anzusehen ist, Arg.: Dem
Hersteller
fehlt
aus
Endverbrauchersicht
Interesse
am
Eigentum da er durch den Pfand ja den Gegenwert erhält
ABER: Hierbei kann nicht vom obj. Empfängerhorizont die
Rede sein da Hersteller hinreichend deutlich macht Eigentümer
bleiben zu wollen, vgl. o.
cc) Entscheidung: nach BGH lebensnäher, also keine Einigung
[falls a.A. gefolgt wird scheitert der Eigentumsübergang an der
fehlenden Gutgläubigkeit]
© lepi & nic
2
FB 6 – Pfand oder Nichtpfand - Gliederung
5. Eigentumsverlust durch Vermengung der Flasche (§§ 948 I, 947) bei
Rückgabe durch Endkunden an Einzelhändler
a) Bewegliche Sache (+)
b) Vermengung (+)
c) Untrennbarkeit (-), da Flaschen individualisierbar (Kennzeichnung) und
daher aussortierbar (körperliche Abgrenzung fällt weg)
6. Eigentumsverlust durch Übereignung Einzelhändler an Großhändler, sowie
anschließend Großhändler an B, §§ 929 S. 1, 932 I 1

Einigung?

(-), Arg. s.o. (§§ 133, 157)
7. Zwischenergebnis: A Eigentümer (+)
III. Kein Besitzrecht der B i.S.d. § 986 I 1
1. Eigenes Besitzrecht der B, § 986 I 1 Var. 1 (-)
2. (von Großhändlern) abgeleitetes Besitzrecht der B, § 986 I 1 Var. 2?
 (-), da Besitzrecht der Großhändler ggü. A nur im Rahmen der
unverzüglichen Rückgabe der Flaschen an A besteht (vgl. AGB)
IV. Zurückbehaltungsrecht B’s aus § 273 I?
(+), da Gegenanspruch B vs. A auf Auszahlung des Pfandbetrages (wenn –
so BGH – bei Ausgabe der Pfandflaschen durch A Angebot ad incertas
personas angenommen)
© lepi & nic
3
FB 6 – Pfand oder Nichtpfand - Gliederung
Ergebnis: Herausgabeanspruch A gegen B bzgl. 100.000 Pfandflaschen nach §§ 985
(+), jedoch besteht 273 I BGB (Einrede)
C. Herausgabeansprüche A gegen B, § 861 I iVm. 869, 1007 I, II iVm. III BGB
 vgl. Lösung
© lepi & nic
4
FB 6 – Pfand oder Nichtpfand - Gliederung
FRAGE 2
I. Unterlassungsanspruch A gegen B, § 1004 I 2
[Vor. der Ansprüche aus § 1004 I BGB:
1. Eigentumsbeeinträchtigung bei Anspruchsteller
Weise…“ (= Exklusivität zu § 985 BGB)
„in
anderer
2. noch fortdauernde Beeinträchtigung (dann Beseitigung, S. 1) oder
Wiederholungsgefahr (dann Unterlassung, S. 2)
3. Anspruchsgegner ist Störer
4. kein Ausschlussgrund/Duldungspflicht zulasten des Eigentümers;
§§ 1004 II, 904 ff. BGB
(= Rechtswidrigkeit der Beeinträchtigung)
]
I.
Eigentumsbeeinträchtigung bei Anspruchsteller in anderer Weise als
durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes

hier: Zerstörung (+)
II. Wiederholungsgefahr

Rspr:
widerlegliche
Vermutung
durch
bereits
erfolgte
Beeinträchtigungen (+)
III. Anspruchsgegener B ist Störer

Handlungsstörer: beeinträchtigt das Eigentum durch eine
Handlung; mittelbare Kausalität ausreichend

Zustandsstörer: Verantwortung für den Zustand einer Sache,
von der Störung ausgeht (z.B. Tierhalter); aber: Störung muss
auf menschliches Verhalten zurückzuführen sein

Hier B Handlungsstörer (+)
IV. keine Duldungspflicht, § 1004 II (insbes. aus § 906 BGB)

Ebenfalls (+)
Ergebnis: Unterlassungsanspruch künftiger Pfandflaschenvernichtung A gegen B, §
1004 I 2 (+)
© lepi & nic
5
FB 6 – Pfand oder Nichtpfand - Gliederung
II. Unterlassungsanspruch A gegen B, § 862 I 2 BGB
Dieser Anspruch setzt voraus, dass es bei nach wie vor bestehendem Besitz des
Anspruchstellers zu einer Störung im Besitz kommt, vgl. Palandt, 70. Aufl. 2011, § 862
Rn. 7.
Nach hiesigem Verständnis der Besitzverhältnisse an den Flaschen bei B (nämlich
nichtberechtigter Alleinbesitz der B) liegt jedoch kein Besitz des Anspruchstellers A im
Zeitpunkt der Störung (Schreddern der Flaschen) vor.
Also ist der Tatbestand von § 862 I 2 BGB nicht erfüllt.
FRAGE 3
A. Vertragliche SE-Ansprüche, § 280 ff. (-)
B. Schadensersatzanspruch A gegen B, §§ 989, 990 I
1.
haftungsbegründender Tatbestand = Untergang der Flaschen durch
Vernichtung, § 989 (+)
2.
Vindikationslage im Zeitpunkt der Vernichtung der Flaschen (+), da A
Eigentümerin und B unrechtmäßige Besitzerin ohne Besitzrecht war (vgl.
Frage 1)
3.
Bösgläubigkeit der B, § 932 II analog im Zeitpunkt des Besitzerwerbs

(+), da B zumindest in grob fahrlässiger Unkenntnis bzgl. der fehlenden
Besitzberechtigung handelte

AGB der A branchenüblich

B musste damit rechnen, dass das Besitzrecht aller Beteiligten an den
Flaschen nur vorübergehend war und eine Herausgabepflicht bestand
4.
Verschulden gem. § 276 (+)
© lepi & nic
6
FB 6 – Pfand oder Nichtpfand - Gliederung
5.
Schaden richtet sich nach §§ 249 ff.
a) Ermittlung nach Differenzhypothese, § 249 I BGB  70.000€
b) hier Vorteilsanrechnung [Prüfungspunkt: „Schadenshöhe“] (+), da
aa)
Adäquater
Kausalzusammenhang
zwischen
schädigendem
Ereignis und entstandenem Vorteil der A?

Hier: Wegfall der Pflicht A’s zur Pfandrückzahlung (§ 326 I BGB)
beruht kausal auf Zerstörung der Flaschen durch B
bb)
Anrechnung
darf
widersprechen
dem
[=
Zweck
des
Wertung
Schadensersatzes
im
Einzelfall
nicht
unter
Zumutbarkeitskriterien] (+)
c) Rechtsfolge: Schadensersatz (-), da der Vorteil den Schaden überwiegt
Ergebnis: Anspruch aus §§ 989, 990 I (-)
C. Schadensersatzanspruch und Herausgabeanspruch des Erlangten i.H.v.
70.000 € A gegen B bei angemaßter Eigengeschäftsführung, §§ 687 II 1, 678 bzw.
687 II, 681 S. 2, 667 BGB?
P (1): Prüfungsreihenfolge?

Nach bekanntem Schema GoA-Ansprüche eigentlich VOR dinglichen

Bei nicht berechtigter GoA kann Prüfung auch nach dinglichen
Ansprüchen geprüft werden (deliktischer Charakter von § 687 II BGB)
P (2): EBV-Sperre bzgl. §§ 687 II, 678 BGB (=Schadensersatzanspruch)?
[Exkurs: Reichweite der EBV-Sperre?

Hintergrund: Lit. und Rspr. beurteilen die Reichweite nicht
einheitlich

BGH und tw. Lit.: EBV-Sperre unabhängig von Gut-oder
Bösgläubigkeit des Besitzers (und damit entgegen dem Wortlaut
von § 993 I Hs. 1 und 2) grundsätzlich immer, außer es greift
eine der Ausnahmen:

§ 992
© lepi & nic
7
FB 6 – Pfand oder Nichtpfand - Gliederung


§ 826, § 687 II (s.u.)

Fremdbesitzer-Exzess
Prof. Gsell’s Skript und einige andere Prof.s halten sich
hingegen streng an den Wortlaut von § 993 und gestehen die
EBV-Sperre nur dem redlichen Besitzer zu. Fraglich ist hier
aber, inwieweit dann für § 992 BGB noch ein eigener
Anwendungsbereich verbleibt, da (fast?) jeder, der den Besitz
durch verbotene Eigenmacht oder Straftat erlangt, auch
bösgläubig iSv § 990 ist.

Empfehlung: PD Dr. Würdinger fragen, was er in der Klausur
hören will
Exkurs Ende]

Nach BGH wg. §§ 993 I Hs. 2, 992 BGB hier eigentlich SE gesperrt

Aber: allgemein anerkannt, dass die bei Vorsatz des Schädigers
eingreifenden Ansprüche der §§ 826 und 687 II, 678 BGB neben
dem EBV anwendbar sind; arg: Besitzer nicht schutzwürdig

§§ 687 II, 681 S. 2, 667 sind hiervon nicht erfasst, vgl. Wl. von § 993 I
Hs. 2
(3) Anspruchsvor.: vgl. Lösung

Hier wohl keine Kenntnis der B von der Nichtberechtigung zur Vornahme des
Geschäfts, also Fall von § 687 I
Ergebnis: Ansprüche aus §§ 687 II ff (-)
D. Schadensersatzanspruch A gegen B, § 823 I (-) wg. § 993 I 1 HS 2

Vgl. oben Ansicht BGH: B zwar bösgläubig, aber keine der genannten
Ausnahmen von der EBV-Sperre, damit Sperre (+)
© lepi & nic
8
FB 6 – Pfand oder Nichtpfand - Gliederung
E. Herausgabeanspruch bzgl. ungerechtfertigter Bereicherung von A gegen B
(Verwendungskondiktion), §§ 951 I, 812 I 1 Fall 2
I.
Anwendbarkeit (+) trotz § 993 I 1 HS 2, da weder Nutzungs- noch
Schadensersatz
II. Rechtsverlust bei A nach §§ 946 ff.
1. Verarbeitung, § 950 I 1?
a) Verarbeitung (+)
b) aber: erforderliche Wertverhältnisse (vgl. Wl. von § 950 I 1) nicht
gegeben, da Kosten der Verarbeitung erheblich niedriger als Wert des
Endprodukts
2. Vermischung gem. § 948?
a) Vermischung durch Schmelzen (+)
b) B erwarb Alleineigentum, §§ 948 I, 947 II
III. Rechtsfolge
1. Umfang der Verweisung des § 951 I 1 = Rechtsgrundverweisung
2. Voraussetzungen des § 812 I 1 Fall 2
a) Etwas erlangt (+)
b) in sonstiger Weise durch Verschmelzung (+)
c) auf Kosten der A (+)
d) Ohne Rechtsgrund (+)
3. Rechtsfolgen nach §§ 818 f.:
a) Wertersatzpflicht nach § 818 II iHv. 70.000.- €
© lepi & nic
9
FB 6 – Pfand oder Nichtpfand - Gliederung
b) Entreicherung der B nach § 818 III?
aa) Aufgrund
bereits
geleisteter
Pfandzahlungen
B’s
an
Großhändler?
o P (1): Tb. der Entreicherung erfüllt?

Vor. ist Vermögensabfluss, für den der Vermögenszufluss
(die Bereicherung) adäquat kausal war

Die
bereits
geleisteten
Pfandzahlungen
erfolgten
allerdings zeitlich vor der Eigentumserlangung der B
durch
das
Einschmelzen
der
Flaschen;
das
Einschmelzen kann also nicht als kausal für das gezahlte
Pfand angesehen werden
bb) Aufgrund Verlusts des Anspruchs auf Pfandauszahlung B’s
gegen A durch Einschmelzen der Flaschen?
o Hier Entreicherung tatbestandlich (+)
o P (2): § 818 III bei § 951 überhaupt anwendbar?

Grundsätzlich: § 951 ist Fortwirkung von § 985

Gegen
§
985
können
Entreicherungsposten
aus
keine
schuldrechtlichen
Beziehungen
zu
Dritten
geltend gemacht werden, also grundsätzlich § 818 III bei
§ 951 BGB nicht anwendbar
o Hier aber Ausnahme:

den Anspruch auf Pfandzahlung hätte die B der A auch
im Rahmen von § 985 entgegenhalten können (§ 273
BGB)

Insofern hier Ausnahme von obigem Grundsatz: Tb der
Entreicherung hier daher ausnahmsweise (+)
c) Berufen auf Entreicherung verwehrt, §§ 818 IV, 819 I BGB?

Hier wäre positive Kenntnis B’s erforderlich, lt. SV (-)
IV. Ergebnis: Anspruch aus §§ 951, 812 BGB besteht zwar, allerdings steht B die
Entreicherungseinrede nach § 818 III BGB zu (erhebt B diese, ist
die Anspruchsdurchsetzung dauerhaft gehemmt)
© lepi & nic
10
Herunterladen