Wendejahre in Deutschland -

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Wendejahre in Deutschland eine Chronik versäumter Gelegenheiten
Erk1ärung zu Gedenktagen im Jahr 2009
Der Vorstand der Gesellschaft zum Schutz von Bürgerrecht und Menschenwürde eV. (GBM) verabschiedete folgende vom Berliner Alternativen Geschichtsforum entworfene Erklärung:
In den Jahren 2009 und 2010 erwarten uns zahlreiche Gedenktage mit
entsprechenden Veranstaltungen. Im Mittelpunkt werden dabei die
„Wende“ 1989 in der DDR und deren Beitritt zur Bundesrepublik im
folgenden Jahr stehen. Auffällig ist, dass offizielle und offiziöse Verlautbarungen vorrangig den Zeitraum von 1961 bis 1990 betrachten. Das ist eine verkürzte Sichtweise, weil sie Ursachen für
Entwicklungen der jüngsten Jahrzehnte im Unklaren lässt. So sollen
die Ursachen der Nachkriegsspaltung Deutschlands und die dafür
Verantwortlichen im öffentlichen Bewusstsein ausgeblendet werden.
Alle Wendepunkte in der deutschen Geschichte lassen sich nur dann
richtig einordnen, wenn sie in ihrem größeren Zusammenhang analysiert werden. In jüngerer Zeit begann die Reihe wichtiger Zäsuren
mit der bürgerlich—demokratischen Revolution von 1848/49 und deren
weitgehendem Scheitern. Das war der Beginn vieler verpasster gesellschaftlicher Gelegenheiten für wirklich demokratische Veränderungen zugunsten der arbeitenden Mehrheit des Volkes.
Erinnern wir uns:
1919 entstand mit dem Inkrafttreten der Weimarer Verfassung die
erste demokratischen Staatsform in Deutschland; aber am Ende dieser Republik stand der Beginn der Nazidiktatur.
Das deutsche Kaiserreich verlor 1918 den von ihm mit angezettelten
Weltkrieg. Die aufständischen Volksmassen zwangen den Kaiser, abzudanken; aber die Generale blieben. Um die Aufrechterhaltung der
alten Ordnung und deren historische Niederlage zu verschleiern,
wurde die “Dolchstoßlegende“ geboren: Den “im Felde unbesiegten“
deutschen Truppen sei die “Heimat“ durch Aufruhr in den Rücken gefallen.
Bereits während der revolutionären Kämpfe verbündete sich die Führung der Mehrheits-SPD - den Weg fortsetzend, den sie im August
1914 mit dem Ja ihrer Reichstagsfraktion zu den Kriegskrediten betreten hatte - unter dem späteren ersten Reichspräsidenten Friedrich Ebert mit der blutbefleckten Militärführung. Anfang 1919 endete die November-Revolution in konterrevolutionärem Terror. Die
Ermordung von Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg sowie zahlreichen
weiteren Revolutionären in den Januarkämpfen ist unvergessliche
Mahnung, die Konterrevolution niemals zu unterschätzen.
Der Friedensvertrag von Versailles erlegte Deutschland hohe Lasten
auf, damit es als Konkurrent im Kampf der imperialistischen Hauptmächte um die Weltherrschaft möglichst dauerhaft ausgeschaltet
würde, ließ aber den deutschen Imperialismus als Bollwerk gegen
das junge Sowjetland bestehen. Die Reichsregierungen unter Führung
von Sozialdemokraten wie auch später von bürgerlichen Beauftragten
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der herrschenden Klasse missachteten mit der Bildung von Freikorps
die vorgeschriebene Begrenzung der Reichswehr auf 100.000 Mann.
Während des Kapp-Putsches und bei Terroraktionen gegen die Arbeiterbewegung sorgten die Freikorps für den Erhalt der alten Ordnung. Sie nahmen auch an den Interventionskriegen gegen Sowjetrussland teil.
Das alles sollte vom Mäntelchen einer formalen bürgerlichen Demokratie der Weimarer Republik verhüllt werden. Im Schoße dieser Republik wuchs eine immer mächtiger werdende faschistische Bewegung,
die sich irreführend “nationalsozialistisch“ nannte. Ungeachtet
massiver Unterdrückung der Werktätigen gehören zur Geschichte der
Weimarer Republik jedoch auch zahlreiche revolutionäre Aktionen
großer Bevölkerungsteile, vor allem der Arbeiter, bis hin zum
politischen Generalstreik.
Das Jahr 1929 bescherte der Welt den „Schwarzen Freitag“, den großen Kurseinbruch an der New—Yorker Börse.
Deutschland geriet in den Strudel der sich daraus entwickelnden
Weltwirtschaftskrise; die Zahl der Arbeitslosen wuchs auf mehr als
6 Millionen. Angesichts wachsender Unzufriedenheit in allen
Schichten suchten die Herrschenden nach einem Ausweg, um ihre
Macht zu stabilisieren.
Im Januar 1933 wurde Adolf Hitler, der Führer der NSDAP, auf Betreiben großindustrieller und junkerlicher Kreise “ganz legal und
verfassungstreu“ von Hindenburg, dem Generalfeldmarschall Wilhelms
II., zum Reichskanzler ernannt. Damit vollzog sich der Übergang
von der Weimarer Republik zur faschistischen Diktatur.
Im Jahr 1939 begannen die deutschen Faschisten den bisher schrecklichsten aller Kriege, den Zweiten Weltkrieg.
Das Großkapital, die Junker und die Militaristen nutzten ihre wiedergewonnene unbeschränkte Macht zu dem blutigen Versuch, für die
Niederlage während des Ersten Weltkriegs Revanche zu nehmen und
Europa sowie große Teile der übrigen Welt zu unterjochen. Weil die
Westmächte - auch im Sinne ihrer antisowjetischen Politik - den
Einmarsch der deutschen Wehrmacht in das 1919 entmilitarisierte
Rheinland, die völkerrechtswidrige Teilnahme der Legion Condor an
der Niederwerfung der republikanischen Kräfte Spaniens, den Anschluss Österreichs sowie die schrittweise Liquidierung der Tschechoslowakei duldeten, glaubten der Führer und Reichskanzler sowie
seine Paladine, sie könnten ungestraft ihre viel weiter reichenden
Herrschaftspläne realisieren. Sie lösten planmäßig mit dem Überfall auf Polen am 1. September 1939 den Zweiten Weltkrieg aus.
Bis auf einige Ausnahmen unterwarfen sich die deutsche Wehrmacht
und deren Verbündete fast alle Staaten Europas und überzogen deren
Bevölkerung mit Mord und Vernichtung. Millionen Menschen wurden in
Konzentrationslagern ermordet, darunter die Mehrzahl europäischer
Juden sowie Sinti und Roma, aber auch Widerstandskämpfer und Patrioten vieler Länder, nicht zuletzt Kommunisten und Sozialdemokraten, sowie unzählige Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter. Viele
Menschen starben auf den Schlachtfeldern oder im Bombenhagel. Ober
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die Gesamtzahl der menschlichen Opfer gibt es auch heute nur
Schätzungen. Die materiellen Verluste lassen sich kaum beziffern.
Im Jahr 1944 zeichnete sich die militärische Niederlage Deutschlands ab: vor allem nach den Siegen der Sowjetarmee vor Moskau, in
Stalingrad, im Kursker Bogen und bei der Befreiung Leningrads von
der Blockade, ebenso nach der Invasion der Engländer und Amerikaner in Frankreich und nach deren Erfolgen im Mittelmeerraum. Jetzt
versuchten Offiziere und bürgerliche Oppositionelle, sich Hitlers
zu entledigen. Als das Attentat vom 20. Juli 1944 misslang, wurden
faschistischer Terror und Krieg buchstäblich bis zur letzten Patrone fortgesetzt.
Am 8. Mai 1945 kapitulierte das Deutsche Reich bedingungslos.
Zu diesem Zeitpunkt hatte sich Hitler schon durch Selbstmord seiner Verantwortung entzogen. Die Mehrzahl seiner führenden Parteigänger und Generäle sowie die Reste der Wehrmacht gingen in Gefangenschaft. Deutschland war faktisch vollständig in der Hand der
alliierten Truppen. Damit war unser Volk vom Faschismus befreit.
Am 5. Juni 1945 übernahm der sich im Hauptquartier des Sowjetmarschalls Georgij Shukow in Berlin-Wendenschloss konstituierende Alliierte Kontrollrat die Regierungsgewalt in Deutschland. Das Deutsche Reich des Kaisers und der Faschisten, der Monopolherren,
Großagrarier und ihrer Getreuen existierte nicht mehr. Vor dem
deutschen Volk lag ein offener Weg zum Eintritt in die demokratische und friedliebende Völkergemeinschaft, die von ihm allerdings
Schuldeinsicht und die Wiedergutmachung angerichteter unermesslicher Schäden erwartete.
Wegen der bald nach Kriegsende offen aufgebrochenen Widersprüche
zwischen den Besatzungsmächten blieb die Hoffnung der großen Mehrheit der Deutschen auf ein erneuertes Gesamtdeutschland jedoch unerfüllt. Der Weg zur Veränderung der gesellschaftlichen und politischen Verhältnisse wurde - wie schon einmal nach 1918 - in den
Westzonen und später in der BRD durch die wieder erstarkten reaktionären
Kreise
mit
Hilfe
der
westlichen
Besatzungsmächte
blockiert. Alle Siegermächte etablierten auf dem von ihnen besetzten Territorium eine ihrer eigenen Gesellschaft wesensgleiche Ordnung. Sie stützten sich dabei auf die entsprechenden deutschen
Kräfte.
In den drei Westzonen gewannen Nutznießer, Träger und Förderer des
Faschismus schnell wieder wirtschaftliche Stärke und politischen
Einfluss. Im Verein mit den Westmächten nahmen sie unter Bruch des
Potsdamer Abkommens und unter Missachtung der Forderungen der
Volkskongressbewegung für Einheit und gerechten Frieden erfolgreich Kurs auf einen separaten Weststaat. Dem Volkswillen, wie er
sich beispielsweise 1946 in dem Verlangen der hessischen Wähler
nach Überführung der Schlüsselindustrien in Gemeineigentum ausdrückte, wurde zuwidergehandelt. Bereits 1948 wurde mit der Einführung einer separaten Währung für die Westzonen und die Westsektoren Berlins die Spaltung unseres Vaterlandes vorgezeichnet.
Demgegenüber entwickelte sich in der sowjetischen Besatzungszone
als greifbare Alternative zu der Ordnung, die seit Kaisers Zeiten
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das deutsche Volk ins Unglück gestürzt hatte, schrittweise eine
neue, antifaschistisch-demokratische Ordnung. Endlich einmal wurden die Interessen der Besitzlosen und Unterdrückten zum Maßstab
gesellschaftlichen Handelns. Kommunisten, Sozialdemokraten, bürgerliche Demokraten und viele Menschen, die einfach aus dem bisherigen Elend herauswollten, schlossen sich zusammen, brachten das
wirtschaftliche Leben in Gang und engagierten sich in Selbstverwaltungsorganen. Nazipartei, SA und SS, Wehrmacht, bürgerliche
Verwaltung, Polizei und Justiz, vom Elterneinkommen abhängige
Volksbildung wurden beseitigt. Demokratische Verwaltungen neuer
Art entstanden, die in Landesregierungen und — ursprünglich für
ganz Deutschland vorgesehenen — deutschen Zentralverwaltungen
ihren Überbau erhielten.
Mit der demokratischen Bodenreform wurde die Macht der Junker und
Großagrarier gebrochen, erhielten Landarbeiter, landarme Bauern
und Umsiedler eine Existenzgrundlage. Ein Volksentscheid über die
Enteignung der Nazi- und Kriegsverbrecher und die Überführung
ihrer Unternehmen in Volkseigentum war Grundlage, die Konzernherren, Naziaktivisten und Kriegsgewinnler zu entmachten. Jetzt wurden die einfachen Leute endlich Nutznießer ihrer Arbeit.
Im Jahr 1949 entstanden zwei deutsche Staaten. Mit der Gründung
von BRD und später DDR fand die Nachkriegsteilung Deutschlands
ihren Abschluss.
Die führenden Politiker der Westzonen arbeiteten auf Geheiß der
drei Besatzungsmächte das Grundgesetz eines westdeutschen Separatstaates aus, das die westlichen Militärgouverneure genehmigten und
am 23. Mai 1949 in Kraft setzten. Die Bevölkerung der Westzonen
blieb von der Verfassungsarbeit ausgeschlossen. Die Bürger der
fünf ostdeutschen Länder wurden nicht gefragt und sollten später
“heimgeholt“ werden. Alle Vorschläge, die Einheit Deutschlands zu
bewahren, wurden im Westen kategorisch abgelehnt. Am 6.und 7. September 1949 konstituierten sich Bundestag und Bundesrat.
Als Reaktion darauf erfolgte am 7. Oktober 1949 die Gründung der
Deutschen Demokratischen Republik. Der Deutsche Volksrat, aus allgemeinen und geheimen Wahlen hervorgegangen, konstituierte sich
als Provisorische Volkskammer — damit andeutend, dass der Weg zur
staatlichen Einheit Deutschlands offengehalten werden sollte — und
setzte als Verfassung den Entwurf des Deutschen Volkskongresses in
Kraft, dessen Text zuvor öffentlich und umfassend beraten worden
war.
Heute die Gründung der DDR als Akt der Spaltung Deutschlands darzustellen, ist glatte Geschichtsfälschung und eine reine Propagandalüge.
Schon Anfang der fünfziger Jahre begann in Westdeutschland die Remilitarisierung. Am 5. Mai 1955 trat die BRD der NATO bei. Daraufhin wurde als Antwort auf die Ostausdehnung der NATO der Warschauer Vertrag abgeschlossen, dessen Mitglied auch die DDR wurde.
Das Jahr 1989 wird allgemein mit der Wende in der DDR verbunden.
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Die SED-Führung betrieb bereits seit Ende der siebziger Jahre eine
der realen Lage zunehmend weniger Rechnung tragende Wirtschaftspolitik. Sie zeigte sich außerstande, innenpolitisch sachgerechte
und demokratisch erarbeitete Problemlösungen zu suchen. Ab Mitte
1989 verfiel die Führung in Sprachlosigkeit und Agonie.
Außenpolitisch wirkte sich die jahrzehntelange Nichtanerkennung
der DDR aus, die durch Hallstein-Doktrin und Embargopolitik untermauert worden war. Auch die weitaus ungünstigere ökonomische Ausgangsposition der DDR gegenüber der BRD wirkte nach, auch dadurch
bedingt, dass allein der Osten Deutschlands die Reparationsleistungen nach 1945 zu tragen gehabt hatte. Kalter Krieg und Wettrüsten hatten den sozialistischen Staaten Belastungen auferlegt,
denen sie auf Dauer nicht gewachsen waren.
Unzufriedenheit der Mehrheit der Bürger mit staatlichen Maßnahmen,
zunehmender Verzicht der Führung auf die offene Einschätzung der
Lage und auf die Beteiligung der Bevölkerung an Entscheidungen sowie die steigende Verunsicherung der Mitarbeiter von SED- und
Staatsapparat destabilisierten den Staat. Folge und zugleich Beschleuniger dieser Entwicklung war, dass immer mehr meist jüngere
DDR-Bürger die DDR verließen. Im Inneren artikulierten sich Bewegungen für mehr Bürgerfreiheiten und politische Menschenrechte,
für umfassende Demokratie.
Die Aktivisten der Bürgerbewegung in der DDR äußerten in ihrer
Mehrheit, sie strebten eine bessere DDR an. Selbst als an die
Stelle der Losung “Wir sind das Volk“ die mit BRD-Unterstützung
verbreitete Losung “Wir sind ein Volk“ trat, hatten weder die
Mehrheit der DDR-Bevölkerung noch die Regierung Modrow das Ziel,
der BRD gemäß Artikel 23 Grundgesetz beizutreten. Verbreitet wurden Wege diskutiert, wie die Vorzüge der BRD und der DDR fruchtbar
für einen künftigen einheitlichen deutschen Staat gemacht werden
könnten. Der vom Runden Tisch aller Parteien und Bewegungen in der
DDR erarbeitete Entwurf einer neuen Verfassung der DDR sollte zusammen mit dem Grundgesetz den Inhalt einer gesamtdeutschen Verfassung bestimmen
Die Politiker der Bundestagsparteien und vor allem der KohlRegierung torpedierten im Bunde mit ihren Juniorpartnern in der
DDR, namentlich in der “Allianz für Deutschland“ (Ost-CDU und Anhängsel), dieses Bestreben der DDR-Bürger. So wurde die von den
1989 politisch aktiven Teilen der DDR-Bevölkerung wesentlich mit
erkämpfte demokratische Erneuerung der DDR zugunsten einer würdelosen Vereinnahmung durch die an Oder und Neiße vorrückende BRD
abgewürgt. Der Osten Deutschlands erhielt die Ordnung der alten
BRD ungefragt übergestülpt und wurde von der Regierung unter Lothar de Maizire der alten BRD ausgeliefert.
In geschichtlicher Rückschau auf 41 Jahre DDR
wird als wesentlich bleiben, was in ihr erfolgreich erprobt wurde,
um für ein europäisches Industrieland einen Entwicklungsweg zu
finden, der gekennzeichnet ist durch demokratische Verfügungsgewalt des Volkes über die Quellen des Reichtums anstatt der Konzen-
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tration aller Wirtschaftsmacht in Privathand mit dem daraus folgenden Diktat von Egoismus und Profitstreben.
Im Jahr 2009 ist es an der Zeit, nach fast zwei Jahrzehnten staatlicher Einheit Bilanz zu ziehen.
Mit der Wahl zum Bundestag 2009 wird dazu Gelegenheit sein.
Welche Posten stehen zu Buche?
Die sozialen Errungenschaften, die Westdeutschland über Jahrzehnte
hinweg prägten, sind ab Mitte der achtziger Jahre schrittweise und
nach 1990 beschleunigt abgebaut worden.
Das Land beteiligt sich wieder an Kriegen gegen andere Völker: Der
NATO-Überfall auf Jugoslawien und der Krieg am Hindukusch in Afghanistan sind die extremsten Fälle. Deutschland ist drittgrößter
Waffenexporteur in der Welt. Die steigenden Militärausgaben belasten den Staatshaushalt, die Verschuldung wächst, die Bürger verarmen. Das internationale Finanzkapital ist politisch nicht mehr zu
steuern, Inflation droht, ebenso eine tiefe Wirtschaftskrise des
globalen Kapitalismus.
In Deutschland sind zwei Teilgesellschaften entstanden; die Spaltung zwischen Arm und Reich, oben und unten, West und Ost hat sich
trotz staatlicher Einheit vertieft.
Die “Umerziehung“ der “beigetretenen“ Bürger misslingt fast allerorts: Die in der DDR erlebte soziale Gerechtigkeit, die Sicherheit
des Ausbildungs- und Arbeitsplatzes, unentgeltliche Gesundheitsfürsorge und Bildung, sichere Lebensperspektive werden mit den
jetzigen Verhältnissen verglichen. Die gegenwärtig in Staat und
Wirtschaft herrschende Elite wittert die latente Gefahr, dass tieferes Nachdenken über Alternativen zu den bestehenden Gesellschaftsverhältnissen einsetzt und daraus Aktionen zu deren Veränderung erwachsen könnten. Damit erklärt sich im Kern die Verteufelung aller Werte, von denen das Leben in der DDR wesentlich geprägt wurde. Geradezu hysterisch werden die leider noch uneinigen
antiimperialistischen und demokratischen Kräfte als “Kommunisten“
beschimpft und verfolgt. Ein gigantischer Überwachungsapparat soll
die derzeitigen Machtstrukturen sichern. Die faschistische Ideologie, deren Theorien und Vorstellungen noch in vielen Köpfen weiterlebten, wird dem Zeitgeist angepasst und besonders unter jungen
Menschen verbreitet. Parallelen zur Zeit der Weimarer Republik begründen große Besorgnis.
Das politische System der BRD bestimmten jahrzehntelang drei Parteien: CDU/CSU, SPD und FDP. Dieses System ist zerbröckelt. Die
später etablierten Grünen haben sich mittlerweile den anderen Parteien angeglichen; sie spielen nur noch partiell die Rolle eines
Mehrheitsbeschaffers für die SPD und wohl demnächst auch für die
CDU/CSU. Für die Altparteien unerwartet hat im Bundestag und in
zahlreichen Landtagen die Partei DIE LINKE Mandate und Einfluss
gewonnen. In den ostdeutschen Ländern ging die Meinungsführerschaft weitgehend auf DIE LINKE über. Es deuten sich völlig neue
Mehrheitsverhältnisse auf allen Ebenen an.
Wenn es gelingt, soziale Errungenschaften der alten BRD zurückzugewinnen, die nicht zuletzt unter dem Eindruck der bloßen Existenz
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der DDR erreicht werden konnten, wird die Wirkung von DDR—
Erfahrungen erheblich wachsen. Sicher aber ist, dass nur breiter
und
energischer
Widerstand
weiteren
Sozialund
Demokratieabbau verhindern kann.
Weltweite Einsätze der Bundeswehr verursachen zunehmende wirtschaftliche und soziale Belastungen im Lande selbst. Außenpolitisch besteht die reale Gefahr, dass sich Deutschland als Juniorpartner der USA durch eine Mitwirkung an der NATO-Erweiterung
zwecks Einkreisung Russlands - und in der nahen Zukunft auch der
VR China - weiter zu einem Vorreiter militärischer Lösung politischer Differenzen entwickelt. Provokationen, auch kleiner Randländer mit gemeinsamen Grenzen zu Russland oder China, könnten dann
rasch den “Bündnisfall“ auslösen und unser Land in massive kriegerische Auseinandersetzungen hineinziehen. Umso dringlicher ist es,
dass sich die Friedenskräfte zu kraftvollen Aktionen zusammenfinden.
Ein souveräner, demokratischer deutscher Staat, der dem Mehrheitswillen unseres Volkes entspricht, muss seinen Weg in die Zukunft
selbst bestimmen. Von deutschem Boden darf nie wieder Krieg, sondern nur noch Frieden ausgehen.
In der Weltlage bahnen sich grundlegende Veränderungen an. Der
Neoliberalismus erweist sich als untauglich, die ökonomischen und
sozialen Probleme zu lösen, vor denen in unseren Tagen die gesamte
Menschheit steht. Eine neue Politik ist notwendig und möglich, die
• Abrüstung und Frieden,
• soziale Sicherheit und Gerechtigkeit,
• Demokratie in Staat und Wirtschaft,
• einen ökologischen Umbau der Gesellschaft,
• globale Solidarität von Nord und Süd
zum Inhalt und Ziel hat. In einer solchen Welt im Wandel muss und
kann Deutschland seinen Platz finden und seiner verantwortlichen
Rolle gerecht werden. In dieser Richtung sollte das Jahr 2009 ein
Jahr der Wende werden.
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