Schrägstrichtheater – inklusives und barrierefreies Theater

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Schrägstrichtheater – inklusives und barrierefreies Theater
Kurzdarstellung der
Aktivität
Aufgrund mangelnder barrierefreier Zugangsmöglichkeiten und
einem meist unzureichendem Assistenzpensum haben Menschen mit
Behinderungen häufig Probleme an kulturellen Veranstaltungen
(aktiv oder passiv) teilzunehmen. Die mit der Teilhabe an kulturellen
Veranstaltungen zusammenhängenden Entfaltungs- und Ausdrucksmöglichkeiten bleiben aus diesem Grund meistens ungenutzt. Häufig
liegt das Problem darin, dass Menschen mit Behinderungen keine
Option haben zu den Veranstaltungsorten zu gelangen, weil sie keine
Begleitung haben oder der Veranstaltungsraum selbst nicht barrierefrei ist. Bei aktiver Teilnahme liegt die häufigste Problematik darin,
dass der notwendige Assistenzbedarf nicht abgedeckt werden kann.
Die aufgeführten Problemlagen zu beachten, sich mit diesen Themen
auseinanderzusetzen und Menschen mit Behinderungen den Zugang
zu kulturellen Angeboten zu ermöglichen, ist Anliegen des Schrägstrichtheater.
Das Schrägstrichtheater e.V. Münster bietet Menschen mit und ohne
Behinderung die Möglichkeit gemeinsam ihre Freizeit zu gestalten.
In einem vielfältigen Ensemble werden gemeinsam lebensnahe Situationen dargestellt und das Thema der Inklusion unter neuen Gesichtspunkten beleuchtet. „Die Bühne wird zum Ort wo Anderssein gezeigt
und die angebliche Normalität hinterfragt wird“ (Schrägstrichtheater). Heterogenität steht im Mittelpunkt der Aufführungen und bietet
damit den Zuschauer/innen eine Möglichkeit sich mit der Thematik
näher zu beschäftigen. Die Aufführungen und Proben finden in weitestgehend barrierefreien Räumlichkeiten statt und bieten damit allen
Interessierten – ob Zuschauern oder Schauspielern – die Möglichkeit
der Teilhabe und leistet damit einen Beitrag zur Teil-habe an Kultur
im Sinne von Art. 30 UN- Behindertenrechtskonvention. Ebenso
trägt das Projekt zur Bewusstseinsbildung bei und ermöglicht einen
barrierefreien Zugang (Artikel 8 & 9 UN- BRK).
Lebensbereich


Kultur
Freizeit
Gebietskörperschaft

Münster (Kreisfreie Stadt)
Einwohnerzahl
ca. 299.000 Einwohner
© ZPE, Universität Siegen
www.inklusive-gemeinwesen.nrw.de
Zuordnung zu Dimensionen


Sensibilisierung und Bewusstseinsbildung für die Idee der Inklusion,
inklusive Gestaltung von Bildungseinrichtungen und anderen
Dienste des öffentlichen Lebens
Ausschlaggebender
Impuls
Im Jahr 2002 wurde das Schrägstrichtheater (damals noch unter anderem Namen: Wawanko-Theater) durch Annette Knuf in Kooperation mit der Lebenshilfe Münster e.V. gegründet. Die erste Premiere
fand 2003 mit einem Ensemble aus Menschen ohne Behinderungen
und Menschen mit geistiger Behinderung statt. Seit 2006 wird es
vom Regieduo Annette Knuf (Soz. Päd.; Dipl.Theaterpädagogin) und
Manfred Kerklau (Regisseur, Dipl. Psychologe) geleitet. Die beiden
Projektverantwortlichen begegneten sich bei ihrer Arbeit und beschlossen anschließend eine Kooperation aufrecht zu erhalten. Das
zunächst nur auf Menschen ohne Behinderung und Menschen mit
geistiger Behinderung ausgerichtete Projekt erhielt 2011 eine ganzheitlich inklusive Ausrichtung. Nachdem Annette Knuf 2011 ein
Projekt mit gehörlosen/schwerhörigen/hörenden Jugendlichen, die
„Schrille Stille“ durchgeführt hatte, entstand die Idee einer inklusiven Ausrichtung des Projektes. Das Ziel, dass keine Trennung von
Menschen mit und ohne Behinderungen auf der Bühne und im Zuschauerbereich mehr stattfinden sollte, konnte weitestgehend realisiert werden. 2012 entstand durch diese Idee, die erste Bühnenproduktion mit dem Titel „Im toten Winkel“ und auch die weiteren Produktionen enthalten inklusive Ausrichtungen.
Ziele des Projekts
Die grundlegenden Ziele des Schrägstrichtheaters liegen zum einen
in der Umsetzung einer professionellen künstlerischen Theaterarbeit,
die durch die beiden erfahrenen Projektleiter realisiert wird und zum
anderen in der Gestaltung eines barrierefreien Zugangs für alle
Schauspieler/innen und Zuschauer/innen. Durch die barrierefreien
Aufführungs- und Proberäume soll allen Interessierten eine Möglichkeit der Teilhabe gewährleistet werden. Im Rahmen des Projektes
wird die Teilhabe am kulturellen Leben ermöglicht und eine gemeinsame Freizeitgestaltung realisiert. Dadurch wird dem Artikel 30 der
UN- Behindertenkonvention Rechnung getragen. Die Aufführungen
des Schrägstrichtheaters bieten außerdem neue Denkanstöße und
zeigen andere Perspektiven auf, sodass auch die in der UN-BRK geforderte Bewusstseinsbildung in Artikel 8 angeregt wird. Das Ensemble sensibilisiert für Heterogenität und unterschiedliche Künstler/innen auf der Bühne. Gleichzeitig können die gemeinsamen Begegnungsmöglichkeiten im Proberaum oder im Rahmen der Aufführungen zum Abbau vorhandener Vorurteile beitragen und die Möglichkeit der Etablierung neuer Sichtweisen mit sich bringen.
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Rechtlicher Rahmen
Maßnahmen
 UN- Behindertenrechtskonvention
Im Rahmen des Projektes werden unterschiedliche Maßnahmen realisiert. Zum einen werden regelmäßige Theaterproben umgesetzt und
zum anderen werden die entstandenen Stücke öffentlich aufgeführt.
Die inklusive Ausrichtung der Maßnahmen lässt sich insbesondere
durch die barrierefreie Ausstattung der Probearbeiten erkennen. Das
Vorhandensein von Gebärdendolmetscher/innen, eine induktive Höranlage, Assistenz für blinde Personen, der Umgang mit leichter Sprache und eine Fahrdienstbegleitung bieten Interessierte die Möglichkeit einer aktiven Teilnahme am Theaterspielen. Innerhalb der Proben werden die einzelnen Theaterstücke entwickelt. An der Entwicklung dieser Stücke sind alle maßgeblich beteiligt, indem sie ihre eigenen Lebenserfahrungen mit einfließen lassen. Dadurch entstehen
authentische Stücke, die dem Zuschauer eine neue Perspektive auf
das Leben eröffnen.
Auch die im Rahmen des Projektes vorhandenen Aufführungen sind
für Menschen mit Behinderungen (Gehörlose, Schwerhörige, Blinde
etc.) zugänglich. Gebärdendolmetscher/innen werden als Teil des
Stückes etabliert, eine induktive Höranlage dient als Verstärkung für
Schwerhörige, blinde Zuschauer/innen erhalten durch Audiodeskriptionen Informationen zum Geschehen auf der Bühne und können
durch die vor den Aufführungen durchgeführten Bühnenbegehungen
und die detaillierte Beschreibung der Schauspieler/innen einen genauen Einblick über die Szenerie erhalten. Der Zugang für Rollstuhlfahrer/innen wird ebenfalls ermöglicht.
Beteiligte und Netzwerke
Die federführende Verantwortung tragen die beiden Projektleiter, die
sowohl für die Regie als auch für die Umsetzung und die Proben
verantwortlich sind. Alle am Projekt beteiligten Schauspieler/innen
werden sowohl auf organisatorischer Ebene, als auch bei inhaltlichen
Fragen miteinbezogen und können weitestgehend selbstbestimmt
agieren. Das Ensemble besteht meistens aus bereits in vorherigen
Produktionen beteiligten Schauspieler/innen und neuen Talenten, die
durch eine gezielte Suche akquiriert werden.
Für die Erstellung des Bühnenbildes werden externe Bühnenbildner
engagiert. Ebenso bestehen Kooperationen mit Visagisten/innen, die
die Schauspieler/innen vor dem Auftritt schminken und Kostümbildner/innen, die für die Herstellung der Kostüme verantwortlich sind.
Das Theater im Pumpenhaus kooperiert als Aufführungsort.
Das Projekt ist nur regional eingebunden, da eine überregionale Umsetzung der einzelnen Aufführungen durch den hohen organisatori-
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schen Aufwand aktuell nicht zu bewerkstelligen ist. Zu erwähnen ist
insbesondere, dass durch den hohen Anteil an Menschen mit Behinderung auch ein hoher Assistenzbedarf besteht, der meist nicht einfach zu organisieren ist – auch wenn die Teilnehmer/innen sich gegenseitig unterstützen. Für die Dauer der Proben wird im Rahmen
des Projektes die notwendige Assistenz gestellt. Anfragen für Auftritte auch aus anderen Regionen erhält das Schrägstrichtheater häufig, kann sie meist allerdings aus diesen Gründen nicht realisieren.
Um die Finanzierung der Theaterstücke gewährleisten zu können,
werden häufig neue Kooperationen für die unterschiedlichen Stücke
eingegangen.
Finanzierung und
Ausstattung
Das Schrägstrichtheater wird durch keine kontinuierlichen Finanzierungen unterstützt, sondern je nach Aufführung jeweils durch andere
Sponsoren und Projektgelder finanziert. Durch die innerhalb der einzelnen Projekte vorhandenen ehrenamtlichen Mitarbeiter/innen und
die Beteiligung vieler Bürger/innen kann die Realisierung der einzelnen Aufführungen und Proben ermöglicht werden.
Die Projektverantwortlichen des Schrägstrichtheaters arbeiten aktuell
daran eine kontinuierliche Finanzierung umsetzen zu können, um das
Projekt in Zukunft abzusichern.
Projektablauf und
zeitliche Rahmung
Das Schrägstrichtheater wurde 2002 (damals noch unter dem Namen:
Wawanko-Theater) von Annette Knauf in Kooperation mit der Lebenshilfe Münster e.V. gegründet. 2003 entstand in diesem Rahmen
das erste Theaterstück mit dem Titel: “Ein Bonbon für Neuseeland“.
Aus einer Zusammenarbeit mit Manfred Kerklau bei einem der darauffolgenden Produktionen entstand 2006 eine gemeinsame Projektleitung des Schrägstrichtheaters. Bis 2011 richtete sich das Schrägstrichtheater an Menschen ohne Behinderung und Menschen mit
geistiger Behinderung. Nachdem Annette Knuf 2011 an einem Projekt mit Gehörlosen beteiligt war, entwickelte sich die Idee das
Schrägstrichtheater für Alle zu öffnen. Mit dem Gedanken: „Wir
wollen keine Unterschiede zwischen Menschen machen“ bekam das
Theater eine neue Ausrichtung. Seit 2011 besteht das Ensemble des
Schrägstrichtheaters aus vielfältigen Menschen mit und ohne Behinderung. So verbringen dort Menschen mit unterschiedlichen Beeinträchtigungen (blinde, sehbeeinträchtigte, gehörlose, schwerhörige,
lern- und körperbehinderte etc.) und Menschen ohne Beeinträchtigungen ihre Freizeit gemeinsam. 2012 feierte dann das erste Stück
des inklusiven Schrägstrichtheaters mit dem Namen „Im toten Winkel“ Premiere. Bislang entstanden sieben unterschiedliche Produkti-
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onen im Rahmen des Projektes und weitere sind geplant. Seit 2013
ist das Schrägstrichtheater auch offiziell als gemeinnütziger Verein
eingetragen.
Die aktuelle Produktion mit dem Titel „Münster zeigt Persönlichkeit“ feierte am 04. September 2015 Premiere. Bei dem Stück handelt es sich um eine theatrale Führung und Erkundung von speziellen
Orten in Münster-Kinderhaus. Das Publikum wird zwischen Heimatmuseum, Lepramuseum, Waldschule; Wald und Josefskirche
geführt und begegnet dort Lebensexpert/innen und besonderen Persönlichkeiten. An jedem der kleinen „Reiseziele“ erwartet die Reisegruppen, die jeweils von einem/r Führer/in begleitet werden, eine
besondere Darbietung. Der Rundgang dauert ca. anderthalb Stunden
und findet unter anderem auch in Kooperation mit einem Gehörlosenchor statt.
Durch die im Rahmen des Schrägstrichtheaters entstandenen Aufführrungen, die damit verbundene Zuschauerakquise und die in diesem Zusammenhang entstehenden Presseberichte steht das Projekt in
Kontakt mit der Öffentlichkeit und fördert dadurch die in Artikel 8,
Abs. 2 der UN- Behindertenrechtskonvention verankerte Bewusstseinsbildung.
Außerdem wird im Rahmen des Projektes die Barrierefreiheit, i.S.v.
Art. 9 der UN-BRK in hohem Maße umgesetzt; denn nicht nur die
barrierefreien Proberäume, sondern auch die Räumlichkeiten, in denen sich die Zuschauer/innen aufhalten, sind weitestgehend barrierefrei. Dies ermöglicht die Teilhabe aller Interessierten. Die damit verbundene Möglichkeit auf eine inklusiv ausgerichtete Freizeitgestaltung realisiert die gleichberechtigte Teilhabe an Freizeit und kulturellen Veranstaltungen.
Inklusive Ausrichtung des Projektes
und Gemeinwesenbezug
Menschen mit und ohne Behinderungen sollen gemeinsam ihre Freizeit verbringen und am kulturellen Leben teilhaben, das fordert die
UN- Behindertenrechtskonvention in Artikel 30. Zur Realisierung
dieser Forderung benötigt es inklusive und barrierefrei ausgerichtete
Freizeitangebote. Das Schrägstrichtheater e. V. in Münster bietet eine
solche Möglichkeit des gemeinsamen Freizeitverbringens. Menschen
mit und ohne Behinderungen können gemeinsam ihrem Hobby - dem
Theaterspielen - nachgehen. Durch die vielen gemeinsamen Proben
und den dadurch geschaffenen Begegnungsraum zwischen vielfältigen Menschen können Vorurteile abgebaut und die Wertschätzung
von Verschiedenheit gefördert werden. Doch nicht nur die Akteure
selbst profitieren von diesem Projekt, vielmehr kann auch durch die
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im Zuschauerraum ermöglichte Barrierefreiheit ein weiterer Begegnungsraum geschaffen werden, der ebenfalls unter den Zuschauern
für Berührungspunkte sorgt. Zudem führt die in den Aufführungen
enthaltene Inklusionsthematik zusätzlich zu neuen Anregungen und
kann ein Verständnis für Inklusion mit sich bringen.
Häufig sind im Freizeitbereich spezifische Angebote für Menschen
mit Behinderungen vorhanden. Durch Projekte, wie das Schrägstrichtheater kann eine gemeinsame Freizeitgestaltung erreicht und die
häufig vorhandenen segregierenden Strukturen können überwunden
werden.
Das Projekt bietet Menschen mit und ohne Behinderung aus Münster
und der Umgebung die Möglichkeit in ihrer Nähe an der TheaterFreizeitaktivität teilzunehmen. Außerdem werden vorhandene barrierefreie Räumlichkeiten für die Proben und die Aufführungen genutzt.
Das Projekt fordert durch die schauspielerische Darstellung auf der
Bühne durchaus auch die Empowerment- Prozesse der Beteiligten
und bietet Raum zur Selbstentfaltung. Außerdem wird dem Leitbild
der Selbstbestimmung aller Beteiligten gefolgt. Dies ist insbesondere
durch die gewünschte aktive Beteiligung aller an der Erarbeitung der
Theaterstücke, der Organisation und Umsetzung zu erkennen.
Nachhaltigkeit
Das Schrägstrichtheater ist nachhaltig ausgerichtet, da das Projekt
bewusstseinsbildend arbeitet und durch die in den Stücken eingebettete Thematik der Inklusion Aufmerksamkeit und neue Sichtweisen
auf das Thema bietet. Eine neue Produktion ist für das Jahr 2016
geplant. Personen, die bereits in dem Ensemble gespielt haben, können auch in den nachfolgenden Produktionen miteingebunden werden. Neue Schauspieltalente sind auch willkommen.
Durch die mit den Aufführungen verbundene Öffentlichkeitsarbeit
wird außerdem das Thema der Inklusion stetig an die Gesellschaft
herangetragen. Ebenso entsteht durch den barrierefreien Zugang im
Zuschauer- und Schauspielerbereich ein Begegnungsraum, der erste
Berührungspunkte schafft und ebenfalls zum Nachdenken anregen
kann. Menschen mit und ohne Behinderungen haben die Möglichkeit
sich mit anderen Menschen mit und ohne Behinderung, zu erfahren,
kennenzulernen und sich gegenseitig über ihre Erfahrungen auszutauschen. Ein Abbau von Vorurteilen und die Etablierung neuer Bewusstseinsmuster kann durch diese Art der Theaterarbeit ermöglicht
werden.
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Die Projektverantwortlichen haben durch ihre Arbeit mit unterschiedlichen Menschen viele Erfahrungen sammeln dürfen, die ihnen
in ihrer jetzigen Umsetzung hilft. Diese Erfahrungen geben sie gerne
weiter und bieten die Möglichkeit des Kontaktaustausches mit anderen interessierten Theatergruppen an.
Gesamteinschätzung
Das Projekt trägt maßgeblich zur Umsetzung der UN- Behindertenrechtskonvention (Artikel 30/ Artikel 8 & 9) bei. Diese fordert unter
anderem eine Teilhabemöglichkeit aller an Freizeit und kulturellem
Leben. Durch die gemeinsamen Proben und Aufführungen wird dieser Forderung nachgekommen. Menschen mit und ohne Behinderung
erhalten die Chance gemeinsam ihre Freizeit zu gestalten, Talente zu
entdecken, sich auszudrücken, ihre Fähigkeiten zu zeigen und sich so
näher kennen zu lernen. Die gemeinsam entwickelten Stücke repräsentieren Lebenssituationen mit denen jeder im Alltag konfrontiert
wird. Durch die Thematisierung dieser Situationen auf der Bühne
wird zum Nachdenken angerregt. Neue Perspektiven können sowohl
für die Zuschauer/innen als auch für die Schauspieler/innen selbst zu
mehr inklusivem Denken führen.
Außerdem leistet das Projekt einen Beitrag zum inklusiven Gemeinwesen. Dies ist vor allem durch die mit den Aufführungen verbundene Öffentlichkeitsarbeit und die Nutzung vorhandener Räumlichkeiten, sowie die Rekrutierung von Schauspieler/innen aus der Region
zu begründen.
Das Projekt ist in seinen Grundzügen relativ gut in andere Regionen
zu übertragen. Allerdings benötigt man hierzu engagierte Projektleiter/innen, die selbst Erfahrungen im Bereich des Schauspiels aufweisen können. Ebenfalls muss bedacht werden, dass barrierefreie Probe
und Aufführungsräume für die Umsetzung des Projektes notwendig
sind, um einen gleichberechtigten Zugang für alle gewähren zu können. Vorzustellen ist, dass sich bereits vorhandene Theatergruppen in
eine inklusive Ausrichtung bewegen und ihre bereits vorhandenen
Räumlichkeiten an die neuen Gegebenheiten anpassen.
Eine Auseinandersetzung mit dem Projekt macht deutlich, dass eine
gemeinsame Freizeitgestaltung von Menschen mit und ohne Behinderungen gut umsetzbar ist. Ein solches Projekt macht interessierten
Schauspielern/innen eine aktive Teilnahme am Theaterspiel möglich
und bietet Personen, die gerne kulturelle Aufführungen sehen, die
Möglichkeit diese zu besuchen. Durch die hohe Barrierefreiheit wird
die Teilhabe – auf unterschiedliche Weise – gewährleistet.
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Einschätzung der
Projektverantwortlichen
Die künstlerische Arbeit mit Menschen mit Behinderungen ist eine
sehr spannende Arbeit. Da kein Betreuungsauftrag vorhanden ist,
verbindet die Teilnehmenden und Projektleitenden die Suche nach
künstlerischen Ausdrucksformen für persönliche Erfahrungen. Die
Spieler/innen als Lebensexpert/innen mit ihren eigenen, auch durch
die Behinderung geprägten Lebensrealitäten zu erleben ist äußerst
bereichernd für alle Teilnehmende.
Es ist immer wieder eine Herausforderung Kommunikation für alle
herzustellen und in der theatralen Arbeit für jede/n eine Teilhabe zu
ermöglichen. Dieses ist nur mit einer hohen Assistenzleistung möglich (GebärdensprachdolmetscherIn, Blindenassistenz, Fahrtraining
etc.). Wenn diese Assistenzleistungen aus finanziellen Gründen eingeschränkt sind, bleibt die künsterlerische Arbeit zurück und viel
Aufmerksamkeit wird auf die Barrierefreiheit verlagert.
Für das Ensemble und alle am Projekt Beteiligten ist die Mischung
des Ensembles eine große Bereicherung. Es wird so zu einer Selbstverständlichkeit, das alle anders sind und andere Zugänge zum Theaterspiel haben. Diese Andersartigkeit macht das Themenspektrum für
die Inszenierung sehr vielfältig.
Menschen mit Behinderungen, insbesondere gehörlose und blinde
Menschen sind nur sehr schwer für die Theaterarbeit zu gewinnen.
Da es fast keine Angebote für sie gibt, gehört Theater nicht zu ihrem
Leben dazu. Sie sind an diesen kulturellen Bereich nicht herangeführt worden. Damit leisten die Projektverantwortlichen Pionierarbeit, was oft sehr schwierig ist, weil sie zielorientiert auf die Aufführungen hinarbeiten. Diese Spieler/innen entwickeln aber meist erst
im Laufe der Probenzeit eine eigene Position zu der theatralen Arbeit. Das führt dazu, dass manche Spieler/innen nicht bis zu den Aufführungen im Ensemble bleiben. Ein Trainingskurs würde Abhilfe
schaffen. Diesen einzurichten ist ein weiteres Ziel der Verantwortlichen.
Ebenfalls bedarf es einer sehr großen Akquise, um gerade blinde und
gehörlose/schwerhörige Menschen auf unser Aufführungsangebot
aufmerksam zu machen. Für sie ist der Gang ins Theater ein ungeübter, da es fast keine barrierefreien Theaterangebote gibt.
Die finanzielle Ausstattung für ein Projekt bestimmt, ob entspannt
gearbeitet werden kann. Wenn keine Zusatzproben möglich sind,
weil die Gebärdensprachdolmetscherkosten ausgeschöpft sind, wer-
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den auch der künstlerischen Arbeit Grenzen gesetzt.
„Unbedingt machen!“ lautet der Appell an alle, die gerne ein solches
Projekt durchführen würden. Es ist eine ganz tolle Arbeit. Aber nicht
blind und blauäugig reinschlittern, sondern es ist wichtig, sich im
Vorfeld mit den Menschen mit Behinderung und ihrem Unterstützungsbedarf zu beschäftigen. Ein verklärter Blick auf diese Menschen nützt niemanden. Sie sind auf Grund ihrer Persönlichkeit interessant, nicht auf Grund ihrer Behinderung.
allgemeine Informationen und Materialien
Ansprechpartner/in
Internetseite des Schrägstrichtheater e.V. Online verfügbar unter:
www.schraegstrich-theater.de , zuletzt geprüft am 25.08.15.
Annette Knuf
Kinderhaus 15
48159 Münster
Tel.: 0251/48092696
Mail: [email protected]
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