Mangelernährung in Deutschland Status 2017

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Mangelernährung in Deutschland
Status 2017
10. GHD Symposium
Ernährungsmanagement in Facharztpraxen und Kliniken
Warum, wie und mit wem?
17. Mai 2017; Düsseldorf
Ulrich Kampa
Evangelisches Krankenhaus Hattingen
Klinik für Anästhesie und Intensivmedizin
Akademisches Lehrkrankenhaus der Universität Duisburg-Essen
praxisHochschule Köln Campus Rheine
University of Applied Sciences
Studiengang Clinical Nutrition/Ernährungsmanagement B. Sc.
potentielle Interessenkonflikte
Vortragshonorare, Fahrt- und Übernachtungskosten:
Nutricia
Fresenius
Nestle
Abbott
BBraun
GHD
Resolution des Ministerrats des Europäischen Parlaments - November 2003
www.bda.uk.com/Downloads/CoEResolution.pdf
•
Die hohe Zahl an unterernährten Patienten in den Krankenhäusern ist nicht
akzeptabel
•
Bei allen Patienten soll routinemäßig der Ernährungszustand bestimmt
werden.
•
Der Score zum Erheben dieses Status soll einfach in der Durchführung sein.
•
Bei den Patienten, bei denen der Ernährungszustand ein Risiko darstellt, soll
ein Ernährungsplan aufgestellt werden.
•
Ernährungssupport als Teil der Therapie hat mit System zu erfolgen
Ernährung bei Krankheit
ist Therapie
Comparative incidence of complications:
malnourished versus well-nourished hospital patients
Pichard et al,
Clin Nutr 2009; 4 (Suppl. 1): 3 - 7
Prag Deklaration Juni 2009
7 Punkte Programm
Auswirkungen der Mangelernährung
auf Organfunktionen
Skelettmuskulatur:
Atrophie, Verlust der Muskelkraft, Knochenbrüche
Herzmuskel:
Verringerung der Herzmuskelmasse
Lunge:
Abnahme der Atemmuskulatur (Zwerchfell), schwächere und kürzere Atemzüge
Immunsystem:
geschwächtes Immunsystem, erhöhte Infektanfälligkeit, verzögerte Genesung
Magen-Darm-Trakt:
Atrophie der Darmmukosa (Diarrhoe als Folge!) unzureichende Enzymproduktion
Leber:
verringerte Eiweißsynthese (Hypalbuminämie, Aszites)
Haut:
gestörte Wundheilung, erhöhtes Risiko für Wundliegen und Druckgeschwüre
Klassifikation der Mangel-/Fehlernährung
DGEM-Leitlinie 2013
Krankheitsspezifische Mangelernährung:
1. BMI < 18,5 kg/m2 (> 65 Jahre < 20 kg/m2)
ODER
2. unbeabsichtigter Gewichtsverlust > 10% in 3-6 Monaten (> 65 Jahre > 5 % in 3 Monaten)
ODER
3. BMI < 20 kg/m2 und unbeabsichtigter Gewichtsverlust > 5 % in 3-6 Monaten
Weitere Risikofaktoren:
Nüchternperiode > 7 Tage
Bei chirurgischen Patienten ein Albumin < 30 g/L
z.B. Demenz, Depressionen, Dysphagie, Anorexia nervosa
Valentini L et al
Aktuel Ernährungsmed 2013; 38:97-111
Klassifikation der Mangel-/Fehlernährung
DGEM-Leitlinie 2013
Chronische Krankheitsspezifische Mangelernährung:
1. Kriterien der krankheitsspezifische Mangelernährung
ODER
2. reduzierte Energieaufnahme < 75 % des geschätzten Energiebedarfes für > 1 Monat
ODER
3. Verminderte Muskelmasse: < 10. Perzentile Armmuskelfläche oder < 80% Kreatinin-Größen-Index
UND
Zeichen einer Krankheitsaktivität, erhöhtes CRP oder Albumin < 35 g/l
z.B. Organerkrankung (Leber, Niere, Herzinsuff.), CED, Malignome
Valentini L et al
Aktuel Ernährungsmed 2013; 38:97-111
Klassifikation der Mangel-/Fehlernährung
DGEM-Leitlinie 2013
Akute Krankheitsspezifische Mangelernährung:
Akute krankheitsspezifische Mangelernährung durch erhöhten Proteinkatabolismus im
Rahmen eines Stressstoffwechsels
z.B. Sepsis, Verbrennung, Polytrauma, SHT, große Op`s
Valentini L et al
Aktuel Ernährungsmed 2013; 38:97-111
Klassifikation der Mangel-/Fehlernährung
DGEM-Leitlinie 2013
Kachexie:
Gewichtsverlust von > 5% in < 12 Monaten bei Erkrankung
plus drei der folgenden Kriterien:
- Verringerte Muskelkraft
- Erschöpfung (Fatigue)
- Anorexie
- niedrige Fettfreie-Masse Index [(fettfreie Masse (kg)/ Körpergröße2 (m2)]
- abnormale Biochemie
CRP > 5,0 mg/dl; IL-6 > 4,0 pg/ml; Anämie (Hb < 12g/dl); Albumin < 32 g/dl
Valentini L et al
Aktuel Ernährungsmed 2013; 38:97-111
Klassifikation der Mangel-/Fehlernährung
DGEM-Leitlinie 2013
Sarkopenie:
Gehgeschwindigkeit < 0,8 ms-1
ODER
Handkraftstärke < 19,3 kg (F) / < 30,3 kg (M)
UND
Muskelmasse (appendikuläre Magermasse/Größe2: < 5,67 kg/m2 (F) / < 7,24 kg/m2 (M)
-
Valentini L et al
Aktuel Ernährungsmed 2013; 38:97-111
Anorexie
- Schmerzen durch Krankheit
- Medikamente
- Chemo-, Strahlentherapie
- veränderter Geschmackssinn
- Demenz
Resorptionsstörung
- Diarrhoe
- Darmresektion
- entzündl. Darmerkrankung
- Infektion
- Medikamente
Hospitalisation
sozioökonomische Faktoren
- Trauer, Einsamkeit
- Armut
- Nahrungskarenz
- Krankenhauskost
- Diagnostik
mechanische Ursachen
- Kau- und Schluckstörung
- Zahnprobleme
- Stenosen
metabolische Ursachen
- Kachexie bei Tumor
- Hypermetabolismus nach
Trauma, OP
- Demenz
- Chron. Organinsuffizienzen
- Restriktive Diäten
Decreased food intake is a risk factor for mortality in
hospitalised patients:
The NutritionDay survey 2006
n=12 727
Mortality (30 d): Food intake (lunch)
Hiesmayr M et al
Clin Nutr 2009; 28: 484-491
Decreased food intake is a risk factor for mortality in
hospitalised patients:
The NutritionDay survey 2006
Hiesmayr et al.
Clinical Nutrition 28 (2009) 484–491
Protein-energy Undernutrition and Life-threatening
Complications Among the Hospitalized Elderly
Sullivan et al.,
J Gen Intern Med 2002; 17:923-32
The German hospital malnutrition study
n = 205 / 115
Geriatrie
n = 576 / 184
Innere Medizin
n = 99 / 24
Aufnahmestation
Kardiologie
n = 200 / 43
Urologie
n = 102 / 15
n = 501 / 70
Chirurgie
n = 85 / 6
Gynäkologie
n = 1768 / 457
ALLE
0
25
50
75
100
SGA B oder C (%)
Pirlich M et al,
Clinical Nutrition 2006; 25:563-572
Undernutrition in nursing home rehabiltation patients
179 Patienten;
43% mangelernährt;
nur 53% erhielten eine diätetische Betreuung
van Zwienen-Pot J.I. et al
Clinical Nutrition 36 (2017) 755-759
Ergebnisse der Einführung eines allgemeinen „Screening auf Mangelernährung“
in einem großen Versorgungskrankenhaus (2009/10)
18 777 Patienten; 3532 beim Prescreening (NRS) auffällig; 1660 weiter untersucht
~ 5% der Pat. manifest mangelernährt
~20% der Pat. mit Risiko für eine Mangelernährung
Aust J et al.
Aktuel Ernährungsmed 2016; 41:352-358
Kodierte Nebendiagnose
Absolute Anzahl der jeweils kodierten Zahl der verschiedenen ICD-10 Kodes
(§21 Datensatz Statistisches Bundesamt, Stand 17.06.2016)
400000
350000
300000
250000
200000
150000
100000
50000
0
E43 N.n bez.
Erhebl. Energieund Eiweißmangel
E44 Energieund Eiweißmangel
mäßig/ leicht
E46 Energieund Eiweißmangel
o. n. Angaben
R63 Symptome bzgl.
Nahrungs-/Flüssigzufuhr
R64 Kachexie
2005
2006
2007
2008
2009
2010
2011
2012
2013
2014
3962
3823
3975
4366
6464
8031
12687
18699 29343
41070
5731
6662
8741
10032
12660
20883
32524
51706 81918
94894
11872
13200
12397
13973
16605
22070
29295
34614 42804
53649
207112 207358 205929 213444 227202 258059 284523 308797 346771 363044
153293 139903 129021 119996 110425 104963 102963 103812 109951 116071
Christian Kolb
Ressort Pflege
Team für Sonderaufgaben
Screening / Assessment Mangelernährung
Screening auf Mangelernährung im Krankenhaus
Nutritional Risk Screening (NRS)
Vorscreening
Ist der BMI < 20,5 kg/m2 ?
ja
nein
Hat der Patient in den vergangenen 3 Monaten an Gewicht verloren ?
ja
nein
War die Nahrungszufuhr in der vergangenen Woche vermindert ?
ja
nein
Ist der Patient schwer erkrankt (z.B. Intensivpflichtig) ?
ja
nein
Wird eine der Fragen mit „ ja“ beantwortet, wird mit dem Hauptscreening fortgefahren
Werden alle Fragen mit „ nein“ beantwortet, wird der Patient wöchentlich gescreent
Screening auf Mangelernährung im Krankenhaus
Nutritional
Risk Screening (NRS)
Screening
Störung des Ernährungszustandes
Punkte
Krankheitsschwere
Punkte
Keine
0
Keine
0
Mild
Gewichtsverlust < 5% / 3 Monate
oder Nahrungszufuhr < 50 - 75%
des Bedarfs in der vergang. Woche
1
Mild
z.B. Schenkelhalsfraktur, chron. Erkrankung
mit Komplikationen: Leberzirrhose, COPD,
Dialyse, Diabetes mell., Karzinom
1
Mäßig
Gewichtsverlust > 5% / 2 Monate
oder BMI 18,5 – 20,5 und reduz. AZ
oder Nahrungszufuhr < 25 - 50%
des Bedarfs in der vergang. Woche
2
Mäßig
z.B. große Bauchchirurgie, Apoplex,
schwere Pneumonie, hämatolog.
Krebsleiden
2
Schwer
Gewichtsverlust > 5% / 1 Mo. (15% / 3 Mo.)
oder BMI < 18,5 und reduz. AZ
oder Nahrungszufuhr 0 - 25%
des Bedarfs in der vergang. Woche
3
Schwer
z.B. SHT, Knochenmarkstransplantation,
Intensivtherapie (Apache II > 10)
3
1 Punkt wenn Alter > 70 Jahre
Screening auf Mangelernährung im Krankenhaus
Nutritional Risk Screening (NRS)
> 3 Punkte:
Ernährungsrisiko liegt vor, Erstellung eines Ernährungsplans
< 3 Punkte:
Wenn für den Patienten z.B. eine große Operation geplant ist, sollte ein präventiver
Ernährungsplan verfolgt werden, um dem assoziierten Risiko vorzubeugen
Gewichtsverlust = krankheitsassoziierte Mangelernährung
Schwerwiegende Gewichtsverluste:
Gewichtsverlust
Zeitraum
5%
3 Monaten
10 %
6 Monaten
Funktioneller Zustand reduziert
Prognose beeinträchtigt
Lebensqualität verringert
Bei älteren Menschen gilt jeglicher
ungewollter Gewichtsverlust als Risikoindikator
Auswahl Studien zu Mangelernährung und Mortalität
Norman K. et al
Clin Nutr 2008: 27
Gibt es eine Evidenz (RCT-Studien) für erfolgreiche Ernährungsinterventionen
The role of perioperative oral nutritional supplementation in elderly patients after hip surgery.
Clinical Interventions in Aging 2015:10 849–858
Effekte einer eiweißreichen Trinknahrung auf die Rehospitalisationsrate
Metaanalyse
Schindler et al.,
Clin Nutr 2010, 29; 552-59
Charité: Signifikanter Einfluss der
Mangelernährung auf die Liegedauer
Untersuchte Risikofaktoren bei 1104 Patienten:
Alter, BMI, Geschlecht, Ernährungszustand (kein, moderater oder schwerer Gewichtsverlust),
Maligne Erkrankung (ja/nein), Anzahl Medikamente, Anzahl Nebenerkrankungen
Signifikante Einflussfaktoren auf die
Liegedauer:
Regressionsanalyse
Nebenerkrankung:
Weibliches Geschlecht:
+ 0,5 Tage
+ 2,6 Tage
Schwere Mangelernährung:
(≥ 10% Gewichtsverlust)
+ 5,1 Tage
Norman et al. 2012,
Intervention mit Trinknahrung reduziert stationäre Aufnahmen von
mangelernährten Patienten
Metaanalyse
n= 818 Patienten Signifikante Senkung der stationären Aufnahmen um >40%
Routine
Trinknahrung
Stratton et al. Proceedings of the Nutrition Society 2010
Einfluss der Mangelernährung auf die Lebensqualität von Patienten:
Funktionsskalen des EORTC-QLQ 30 und SF 36
b<0.05
Kosten- Nutzen-Effektivität im poststationären Bereich:
Kosten/QALY
▪ ….wichtig ist:
Zugewinn Lebenszeit UND
Lebensqualität!!
=Qualitätskorrigierter Lebensjahre
(QALYs)
[Bewertung eines Lebensjahres in
Relation zur Gesundheit :
–QALY von 1:
ein Jahr in völliger
physischer und
psychischer Gesundheit]
QALY = Lebenszeit x Lebensqualität
herkömmliche oder keine
Behandlung
Was ist ein QALY?
1
0
0,5
Perfekte Gesundheit
Tod
Beispiele:
- vollkommene Gesundheit
1,00
x 10 Jahre =
10,0 QALYs
- Milde Angina Pectoris
0,99
x 10 Jahre =
9,9 QALYs
- Zustand nach Myokardinfarkt
0,87
x 10 Jahre =
8,7 QALYs
- Zustand nach Apoplex
0,80
x 10 Jahre =
8,0 QALYs
- Blindheit
0,39
x 10 Jahre =
3,9 QALYs
- Herzinsuffizienz NYHA IV
0,30
x 10 Jahre =
3,0 QALYs
- Tod
0,00
x 10 Jahre =
0,0 QALYs
Quelle: Szucs TD et al.
Was darf ein QALY kosten?
Kosten/QALY
< 20.000 - 35.000 €
für Entscheidung zur Kostenübernahme
durch Krankenkasse in GB
National Institute for Health and Clinical Excellence
Kosteneffektivität einer 3- monatigen Supplementation mit Trinknahrung bei 120
mangelernährten Patienten mit benignen Erkrankungen
3 -monatige Intervention mit
protein- und energiereicher
Trinknahrung:
nach 3 Monaten Therapie:
+ 0.045 QALYs
= 16 Tage 100% Lebensqualität
Interventionsgruppe
Kosten / Patient:
440.71 - 561.42 €
Kontrollgruppe
0,5
0,55
0,6
0,65
0,7
€ 9.500 /zusätzliches QALY
= kosteneffektiv
QALYs (Lebensqualitätskorrigierte Lebensjahre)
Norman et al. Eur J Clin Nutr 2011; 65(6):735-42
Explicit de coquina
quae est
optima medicina
Englisches medizinisches Kochbuch von 1390
Cutoff percentiles of bioelectrical phase angle predict functionality,
quality of life, and mortality in patients with cancer
Norman K et al
Am J Clin Nutr 2010; 92
Ergebnisse der Einführung eines allgemeinen „Screening auf Mangelernährung“
in einem großen Versorgungskrankenhaus (2009/10)
Aust J et al.
Aktuel Ernährungsmed 2016; 41:352-358
Mangelernährung und Komplikationsrate
% 100
Gut ernährt
90
80
Mangelernährt
70
60
50
40
30
20
10
0
Gariballa,
1998
Cederholm,
1995
Giner,
1996
De Villota,
1980
Aptaker,
1994
Warnold,
1984
Biena,
1982
Patterson,
1992
Die Tabelle wurde am 09.05.2017 10:03 Uhr unter www.gbe-bund.de erstellt.
Die Graphik wurde am 09.05.2017 10:03 Uhr unter www.gbe-bund.de erstellt.
Ergebnisse der Einführung eines allgemeinen „Screening auf Mangelernährung“
in einem großen Versorgungskrankenhaus (2009/10)
Aust J et al.
Aktuel Ernährungsmed 2016; 41:352-358
Ergebnisse der Einführung eines allgemeinen „Screening auf Mangelernährung“
in einem großen Versorgungskrankenhaus (2009/10)
Aust J et al.
Aktuel Ernährungsmed 2016; 41:352-358
InEK
Abbildung der Erkrankungsschwere
„Schieflage" der Kalkulationsstichprobe
Bestimmte Nebendiagnosekodes sind von
erheblicher
Vergütungsrelevanz, jedoch in den
Kalkulationsdaten
unterrepräsentiert, zum Beispiel
Verhältnis Fälle
in
Kalkulation zu
§
21-Daten
Leichte Energie- und Eiweißmangelernährung (E44.1)
Rezidivierende depressive Störung, n.n.bez. (F33.9)
Sonstige vaskuläre Demenz (F01.8) *
Zum Vergleich: Alle Fälle
Alle Fälle ab 65 Jahren
* über 80.000 Fälle in § 21-Daten (2012)
1 : 11,0
1 : 9,0
1 : 5,9
1 : 4,4
1 : 4,6
Aktuel Ernahrungsmed 2013; 38(01): 18-23
DOI: 10.1055/s-0032-1327418
Originalarbeit
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New
YorkErfassung krankheitsbedingter
Mangelernährung und Abbildung der
Nebendiagnose Mangelernährung im DRGSystem[*]
Ernährungsmanagement am Klinikum der
Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt
am MainSurvey of Disease-Related
Malnutrition and DRG-Based
ReimbursementNutritional Management at the
Johann Wolfgang Goethe-University Hospital
Frankfurt MainS. Marienfeld1, J. Wojzischke1, S.
Zeuzem2, J. Bojunga2
Definition Ernährungsmedizin
Ernährungsmedizin ist die Wissenschaft vom Einfluss der Ernährung auf den
Funktionszustand des gesunden und kranken menschlichen Organismus sowie vom
Einfluss der Krankheiten auf Nahrungsbedarf, -aufnahme und -verwertung.
Die Ernährungsmedizin beschäftigt sich mit allen Formen der Ernährung, dies
bedeutet, dass sie sich sowohl mit der natürlichen, physiologischen Ernährung als
auch mit der künstlichen Zufuhr von Nährstoffen (oral – über den Mund; enteral – über
den Magen-Darm-Trakt; parenteral – unter Umgehung des Magen-Darm-Traktes, z. B.
venös) auseinandersetzt.
Aus diesem Grund kann sie von der Diätetik, die sich nicht mit künstlicher Ernährung
befasst,
abgegrenzt
werden.
Allerdings
Berührungspunkte und Übergänge.
gibt
es
dort
wo
Grenzen
sind
Definition Ernährungsmedizin
Das Aufgabenfeld der Ernährungsmedizin umfasst die Heilung,
die Linderung sowie die Prävention von ernährungsabhängigen
Erkrankungen,
krankheitsassoziierter
Unterernährung
bzw.
Überernährung und von Stoffwechselerkrankungen.
Es gibt wissenschaftliche Daten, die überzeugend belegen, dass
ernährungsmedizinische Maßnahmen Therapien seien können,
die über den rein supportiven Charakter hinausgehen und einen
curativen Ansatz darstellen.
RCT, Metaanalyse, Beobachtungsstudien
GMV - Leitlinie
Übergewicht/Adipositas ist ein sichtbares Problem
Ärzte neigen dazu, Verbote auszusprechen (restriktive Diäten).
Ein Mehr an Ernährung (z.B. Eiweiß) wird selten verordnet).
Stand 02.05.2017
The German hospital malnutrition study
n = 205 / 115
Geriatrie
n = 576 / 184
Innere Medizin
n = 99 / 24
Aufnahmestation
Kardiologie
n = 200 / 43
Urologie
n = 102 / 15
n = 501 / 70
Chirurgie
n = 85 / 6
Gynäkologie
n = 1768 / 457
ALLE
0
25
50
75
100
SGA B oder C (%)
Pirlich M et al,
Clinical Nutrition 2006; 25:563-572
GESUNDHEITSBERICHTERSTATTUNG DES BUNDES
GEMEINSAM GETRAGEN VON RKI UND DESTATIS
Gesundheit in Deutschland
Berlin, November 2015
40 Treffer
Ernährungsberatung verbessert das Patienten-Outcome in der Onkologie
Energie- und Eiweißaufnahme während der Intervention und dem Follow up in den drei Gruppen
n = 111 colorectal cancer outpatients referred for radiotherapy; G1: n = 37; G2: n = 37; G3 : n = 37
G1: dietary counseling based on regular foods; G2: supplements; G3: ad libitum intake. Energy: *G1> G2 > G3 (P = .002) and § G1 > G2 >G3
Protein: ** G1 >G2 > G3 (P = .006) and §§ G1 > G2 >G3 (P = .001)
(P = .001);
Ravasco et al. 2005
Ernährungsscreening und -therapie in der Zertifizierung zu Darmkrebszentren
und Alters-TraumaZentren verankert
Nach dem OnkoZert Erhebungsbogen 2016 für Darmkrebszentren der Deutschen Krebsgesellschaft soll
bei möglichst allen Tumorpatienten das metabolische Risiko spätestens bei der stationären Aufnahme
mittels des Nutritional Risk Screening (NRS nach Kondrup 2002) erfasst werden.
Je nach Ergebnis werden dann ernährungstherapeutische Maßnahmen notwendig, wie z.B. in den
DGEM Leitlinien hinterlegt.
Auch der Kriterienkatalog zur Zertifizierung als 'AltersTraumaZentrum' DGU sieht bei jedem
Alterstraumapatienten bei Aufnahme ein Screening auf Ernährungsstörung vor und ggf. die
Einleitung einer SOP-basierten Diagnostik und Therapie.
Wenn Medizin eine Wissenschaft ist,
dann ist Diätetik ein integraler Bestandteil dieser Wissenschaft.
Post-stationäre 3-mo Ernährungstherapie verringert funktionelle
Einschränkungen bei Älteren
 210 Patienten ≥ 60 J (74.5±9 J)
 Interventionsgruppe:
3 Monate Trinknahrung und Vit
D/Calcium Supplement
Unterschied an QALYs:
→ + 0,02 in Interven onsgruppe
 alle direkten und indirekten Kosten
erfasst
  Keine signifikanten
Kostenunterschiede
Funktionelle Beeinträchtigungen
30
-0,72
10
-10
-30
I
n
t
e
r
v
e
n
t
i
o
n
618 €
-50
Neelemaat et al. Clin Nutr 2012 ;31:183
Kostenersparnis durch Trinknahrung im stationären Bereich:
Metaanalyse
• n=996 (7 Interventionsstudien);
Disziplin
Krankenhausaufenthaltsdauer bei den
Interventionspatienten um 2 - 18 d kürzer
Kostenersparnis pro Patient
mit Trinknahrung (€)
Geriatrie
367
Neurologie
5882
Orthopädie
5740
Chirurgie
1007
(4 Studien)
1384
1522
2276
Stratton et al. Clin Nutr 2004; 23:906
Essen und Trinken hält Leib und Seele zusammen
Sokrates
(469 – 399 v. Chr.)
Gewichtsverlust bei 1555 Patienten mit Tumorerkrankungen
Andreyeu Eu J Cancer 1998
Ahlberg Lancet 2003
Definition Ernährung
Ernährung bedeutet in erster Linie den Körper zur Erhaltung der
Lebensfunktion mit der ausreichenden Menge an Energie,
Vitaminen, Mineralien und Nährstoffen zu versorgen.
Sie dient als Energiequelle für alle Lebenserscheinungen wie z.B.
Körperwärme, Muskeltätigkeit, Stofftransport, Immunabwehr und
liefern das Material zum Körperaufbau beim Wachstum.
Mindestens ein Drittel aller Verläufe von Krebserkrankungen werden durch die
Ernährungsweise beeinflusst. (Campos D, 2009)
.
Für viele Patienten ist es schwierig , sich adäquat zu ernähren. Der Tumor sezerniert
eine Vielzahl von Faktoren, die die Nahrungsaufnahme behindern. Sie betreffen
Appetit, Geschmack, Geruch, Portionsgröße, aber auch die Absorbtion von
Nahrungsbestandteilen.
Des Weiteren bewirken Zytostatika und Radiotherapie ähnliche Symptome.
Campos D, Austerlitz C, Allison RR, Póvoa H, Sibata C.
Integr Cancer Ther. 2009, 8(4):398-408
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