Konzeption der Psychiatrischen Institutsambulanz

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??? | KEH-Report
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Akademisches Lehrkrankenhaus der Charité
Konzeption der Psychiatrischen Institutsambulanz
der Abteilung für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik
des Evangelischen Krankenhauses Königin Elisabeth Herzberge
Bereich: Geistige Behinderung
Berlin-Lichtenberg 2012
Gliederung
Seite 2
1.
Präambel
2.
Einleitung
2.1
Ganzheitlicher Ansatz
2.2
Interdisziplinäres Team
2.3
Ziele
2.4Besonderheiten in der Behandlung von Menschen mit geistiger Behinderung
3.
Personelle und organisatorische Rahmenbedingungen
3.1
Aufnahmemodalitäten
3.2
Weiterbehandlung
4.
Leistungsspektrum
4.1
Ärztliche Betreuung
4.2
Psychologische Betreuung
4.3
Sozialarbeit
4.4
Heilpädagogik
4.5
Krankenpflegerische Betreuung
4.6
Kreativtherapien
4.7
Spezialangebote
4.7.1 DBT angelehnte Behandlung von Borderline Patienten
4.7.2 Autismusdiagnostik
4.8
Notfälle
4.9
Was wir nicht leisten können
5.
Kooperationen
6.
Literatur
Seite 3 Präambel
1 | Präambel
Die Sorge für Menschen mit Behinderung
Die Psychiatrische Institutsambulanz für
erfolgt also nicht allein aus Barmherzigkeit
Erwachsene (PIA/E) der Abteilung Psychia­trie,
oder aus einer Fürsorgeverpflichtung des
Psychotherapie und Psychosomatik des Evan-
Staates heraus, sondern ist ein Menschen- und
gelischen Krankenhauses Königin Elisa­beth
Bürgerrecht. Die Weltgesundheitsorganisation
Herzberge (KEH), ist eine seit Inkrafttreten
(WHO) stellt in ihrer internationalen Klassifika-
der Vereinbarung gemäß § 118 Absatz 2 SGB V
tion der Funktionsfähigkeit, Behinderung und
ermächtigte Institution zur Erbringung ambu-
Gesundheit (ICF) ein integratives Modell von
lanter Behandlungsleistungen für psychisch
Behinderung3 dar: Behinderung wird beim
Kranke. Ein Bereich der PIA ist auf die Behand-
medizinischen Modell als krankheitsbedingtes
lung erwachsener psychisch kranker Men-
Problem einer einzelnen Person, beim sozialen
schen mit geistiger Behinderung ausgerichtet.
Modell hingegen als gesellschaftlich verurs-
Dieses Angebot wurde etabliert, um den
achtes Problem betrachtet. Im therapeutischen
besonderen Bedürfnissen dieser Menschen mit
Fokus liegt somit neben der Behandlung der
fachspezifischer Kompetenz gerecht zu wer-
Störung auch die Anpassung der Umwelt
den. Die Leitlinien und das Menschenbild der
(»Barrierefreiheit«). Das Konzept der ICF basiert
Ambulanz basieren auf den von den Vereinten
auf einer Synthese, einer Integration dieser
Nationen definierten Rechten für Menschen
beiden gegensätzlichen Modelle.
mit Behinderung und auf dem integrativen
Modell von Behinderung der WHO.
Wir verstehen geistige Behinderung als eine
von vielen Möglichkeiten menschlichen Le-
Die Vereinten Nationen haben ein Überein-
bens. Dabei wird Behinderung nicht als eine
kommen über die Rechte von Menschen mit
Störung, sondern als integraler Bestandteil
Behinderung getroffen , welches nun auch in
unserer Gesellschaft verstanden. Diese Wert-
Deutschland Gültigkeit hat und einen Leitfa-
schätzung der Andersartigkeit führt zu einer
den für den Umgang mit unseren Patienten
Begegnung auf Augenhöhe. Der Mensch mit
darstellt. In den UN-Konventionen wurden vier
geistiger Behinderung muss nicht nur betreut
zentrale Rechte von Menschen mit Behinde-
und gefördert werden, es besteht auch die
rung formuliert:
Verpflichtung, die Umwelt so zu gestalten,
1. Selbstbestimmung und Unabhängigkeit
dass er selbstbestimmt und im Rahmen seiner
2. umfassende gesellschaftliche Teilhabe
Möglichkeiten unabhängig am gesamtgesell-
3. angemessener Lebensstandard
schaftlichen Leben teilhaben kann und respek-
4. gesellschaftliche Wertschätzung
tiert und anerkannt wird.
1
2
Präambel
Seite 4
Auf der Basis der genannten Rechte und des
integrativen Modells von Behinderung ergeben sich folgende Leitlinien für den Umgang
mit unseren Patienten:
Unser Menschenbild:
•Wir sind zutiefst von der unverlierbaren
Würde jedes Menschen überzeugt.
Jeder Mensch hat einmalige Gaben.
Unsere Arbeit:
•Das Grundkonzept unseres Handelns ist
primär an den Fähigkeiten des Patienten
ausgerichtet.
•Wir arbeiten mit wissenschaftlich fundierten Therapiekonzepten, die wir auf-
Prof. Dr. med.
Albert Diefenbacher MBA
Chefarzt
grund der psychischen und körperlichen
Krankheitsbilder unserer Patienten individuell ihren Fähigkeiten anpassen.
•Unser Umgang mit den Patienten ist wertschätzend und respektvoll. Daher sprechen
wir verständlich und einfach mit unseren
Patienten und erklären ihnen, was wir tun.
•Wir vermitteln den Angehörigen und Betreuern unsere therapeutischen Konzepte
und beziehen sie aktiv in den Behandlungsprozess mit ein.
•Wir sind ein multiprofessionelles Team und
arbeiten interdisziplinär.
•Wir achten im Umgang miteinander auf
besondere Belastungssituationen und unterstützen uns gegenseitig, um Überforderungen zu vermeiden. Bei Schwierigkeiten
sind wir bereit externe Hilfe an zu nehmen.
•Regelmäßige Supervisionen und die Bereitschaft zur Fortbildung und Evaluation
der Qualität unserer Arbeit sind für uns
unerlässlich.
Dr. Tanja Sappok, Oberärztin
Dr. Christoph Schade, Leitender Oberarzt
Prof. Dr. Albert Diefenbacher MBA, Chefarzt
Dr. Christoph Schade und Dr. Tanja Sappok
Seite 5 Einleitung
2 | Einleitung
Menschen mit geistiger Behinderung sind im
Zusammenarbeit mit dem vorhandenen Helfer-
Vergleich zur übrigen Bevölkerung aus me-
system (d.h. Wohngruppen- und Werkstattbe-
dizinischer Sicht mehrfach benachteiligt: Sie
treuer, Familienangehörige, Psychologen etc.)
haben eine kürzere Lebenserwartung und
erforderlich. Die somatische Ursachenabklä-
leiden häufiger unter psychischen und körper-
rung ist insbesondere bei nonverbalen, in der
lichen Erkrankungen , die aufgrund diagnos-
Regel schwerer geistig behinderten Patienten
tischer Schwierigkeiten oft nicht oder erst spät
wichtig. Häufig wird in Zusammenarbeit mit
erkannt werden . Dies stellt eine besondere
dem komplementären System eine Verhal-
Herausforderung für ambulante und stationäre
tensanalyse zum besseren Verständnis von
Behandler dar .
Ursache-Wirkungs-Zusammenhängen durchge-
4
5
6 | 7
führt. Die Diagnosestellung und Einordnung in
2.1 Ganzheitlicher Ansatz
international gebräuchliche Diagnosesysteme
Wir verfolgen einen ganzheitlichen Ansatz in
ist ein wichtiger Bestandteil unserer Arbeit. 8
der differentialdiagnostischen Einordnung der
Auf der Grundlage der erhobenen Befunde
psychischen Störung und dem sich daraus ab-
wird in Kooperation mit dem Patienten und
leitenden Behandlungskonzept. Grundlage ist
seinem Helfersystem ein bedarfsgerechter, ziel-
dabei ein bio-psycho-soziales Krankheitsmo-
orientierter Gesamtbehandlungsplan erarbeitet,
dell, welches hier beispielhaft dargestellt wird:
der die unterschiedlichen Störungsebenen (biopsycho-sozial) einbezieht. Grundsätzlich verstehen wir dabei den Patienten als kompetentes,
in seine Umgebung eng verflochtenes Individu-
Körper
um. Der Patient wird über die Diagnose aufgeklärt und notwendige Therapien werden ihm in
Umwelt
einfacher Sprache erklärt. Er ist mitverantwortlich für die Umsetzung einzelner Aspekte des
Behandlungsplans und trägt maßgeblich durch
Mensch
seine aktive Mitarbeit zum Therapieerfolg bei.
Therapeutische Schwerpunkte liegen neben
der psychopharmakologischen Behandlung
Kognition
Emotion
in der Psychoedukation und Entwicklung von
verhaltenstherapeutisch und heilpädagogisch
ausgerichteten Ansätzen (z.B. Verstärkerpläne,
Bei Menschen mit Intelligenzminderung ist ein ganzheitliches Vorgehen in der Diagnostik und Behandlung erforderlich.
Neben biologischen, psychischen und sozialen Aspekten
sollte auch das emotionale Entwicklungsniveau festgestellt
und in der Therapieplanung berücksichtigt werden. 13
Aktivitätenaufbau, Wochenpläne, kognitive
Therapie, Entspannungsübungen, Verbesserung der Selbstwahrnehmung und der Impulskontrolle, Erarbeiten alternativer Selbstkontrollstrategien etc.) und unterstützenden nicht
Die Basis unserer Arbeit ist die sorgfältige Ana-
medikamentösen Therapieverfahren (siehe
mnese- und psychische wie körperliche Befun-
dazu Punkt 4: Leistungsspektrum). Die Thera-
derhebung. Im Sinne unseres ganzheitlichen
pie wird ggf. durch Labor- und EKG-Kontrollen
Behandlungsansatzes ist dazu eine vertrauens-
und häufig durch eine präzise, zielorientierte
volle, wertschätzende, konstruktive
Verhaltensbeobachtung überwacht.
Einleitung
2.2 Interdisziplinäres Team
Bei dem von uns gewählten, ganzheitlichen Ansatz der
Seite 6
2.4 Besonderheiten in der Behandlung
von Menschen mit geistiger Behinderung
Störungsentstehung (bio-psycho-soziales Krankheits-
Generell wächst die diagnostische Herausforderung
modell) und den sich daraus ableitenden Interventionen
mit dem Schweregrad der geistigen Behinderung. 14
ist die multidisziplinäre Herangehensweise unerlässlich.
Die Ausdrucksmöglichkeiten, insbesondere die verbalen
Zu unserem Team gehören Ärzte, Krankenschwestern,
Fähigkeiten sind von Menschen mit Intelligenzminderung
Heilerziehungspfleger, Diplomheilpädagogen, Diplom-
häufig reduziert. Dadurch können sie ihre Beschwerden
psychologen, Diplompädagogen, Gartentherapeuten,
nicht mitteilen und Erkrankungen werden nicht erkannt
Musiktherapeuten, Kunsttherapeuten, Sozialarbeiter,
(»underreporting«) oder fehlinterpretiert: Alle denkbaren
Physiotherapeuten und Sekretärinnen.
körperlichen Erkrankungen können sich im Gewand einer
Um nachhaltig wirksam und fachkompetent zu arbeiten,
psychischen Störung oder Verhaltensauffälligkeit prä-
finden regelmäßig Supervisionen und Fortbildungsver-
sentieren.9 | 10 Auffällige Verhaltensmuster werden häufig
anstaltungen statt. Interdisziplinäre Arbeit bedeutet für
als »normal«, »zur geistigen Behinderung gehörend«
uns auch, den engen Kontakt, Austausch und Therapie-
erachtet (»diagnostic overshadowing«). 11 Durch die oft
abstimmung mit Ärzten anderer Fachrichtungen (z. B.
eingeschränkten sozialen Fähigkeiten präsentieren sich
Epileptologie oder ambulant behandelnde Hausärzte,
psychiatrische Symptome u. U. andersartig oder stark ver-
Internisten, Chirurgen, Zahnärzte etc.) und dem Helfer-
einfacht (»psychosocial masking«). Vielen Menschen mit
system aus dem Lebens­umfeld des Patienten zu halten.
geistiger Behinderung fällt es schwer, die einströmenden
Reize in einen sinnvollen Zusammenhang zu bringen
2.3 Ziele und Zielgruppe
(»cognitive disintegration«). 12 Die Lebensbedingungen,
Es werden ausschließlich Patienten mit psychischer
insbesondere Änderungen in der Alltagstruktur oder trau-
Erkrankung und geistiger Behinderung behandelt,
matisierende Erfahrungen im Lebenslauf führen u. U. zum
deren medizinische Versorgung und Behandlung nicht
Ausbruch von psychischen Erkrankungen oder Verhalten-
durch das bestehende Netzwerk aus niedergelassenen
sauffälligkeiten. Häufig stehen weniger Coping-Strategien
Nervenärzten und Psychiatern gewährleistet werden
zur Verfügung und die Introspektions- und Reflexionsfä-
kann. Unser Angebot ist ausgerichtet auf Patienten mit
higkeit ist reduziert. Oft bestehen zusätzliche körperliche
problematischem Krankheitsverlauf (Drehtürpatienten),
Erkrankungen (Spastik, Epilepsie), die das körperliche und
mit schweren Verhaltensauffälligkeiten im Rahmen von
seelische Wohlbefinden beeinträchtigen und »normale«
chronischen Psychosen, affektiven Störungen und Per-
Methoden zur Stressbewältigung (z. B. durch Sport) ver-
sönlichkeitsstörungen, mit Demenz, mit Autismusspek-
hindern. Das soziale Netzwerk ist meist qualitativ anders
trumsstörungen und mit schweren somatischen Komor-
als bei nicht behinderten Menschen: Einige leben auch im
biditäten (z. B. schwer behandelbare Epilepsien). Nach
Erwachsenenalter noch im Elternhaus. Viele leben in the-
differentialdiagnostischer Einordnung und Etablierung
rapeutischen Wohngemeinschaften oder vollstationären
eines Gesamtbehandlungsplans werden die Pa­tienten
Wohneinrichtungen zusammen mit anderen Menschen,
nach Möglichkeit an den ambulant behandelnden Kolle-
die sie sich nicht selbst ausgesucht haben. Verschiedene
gen zurück überwiesen.
Krankheitsbilder, die bei geistig behinderten Menschen
häufig vorkommen wie z.B. Autismusspektrumstörungen
oder Syndrom assoziierte psychische Störungen sind nicht
regelhafter Bestandteil in der fachärztlichen Ausbildung
und werden dadurch unter Umständen nicht erkannt.
Diese besonderen Bedingungen führen zu einer erhöhten Vulnerabilität für psychische Erkrankungen und
Verhaltens­auffälligkeiten, erschweren die Diagnostik und
Therapie und erfordern eine komplexe, spezialisierte,
fachkompetente Beurteilung und Behandlung.
Seite 7 Einleitung
3. Personelle und organisatorische
Rahmenbedingungen
3.2 Weiterbehandlung
Für die Weiterbehandlung benötigen wir jedes weitere
Das Behandlungsangebot dieses Bereichs der PIA ist
Quartal einen aktuellen Überweisungsschein vom Haus-
primär auf den Berliner Versorgungsbereich ausgerichtet
arzt oder Psychiater.
und befindet sich in unmittelbarer Nachbarschaft zum
Nach drei bis vier Patientenkontakten wird eine vor-
stationären Bereich des Behandlungszentrums, im Haus
läufige diagnostische Einordnung vorgenommen und
11 des Ev. Krankenhauses Königin Elisabeth Herzberge
ein individueller, bedarfsorientierter Behandlungsplan
in Lichtenberg. Um auch für Patienten in den westlichen
entworfen. Dieser wird mit dem Patienten und dem
Bezirken Berlins ein wohnortnahes Angebot zu schaf-
begleitenden Vertreter des Helfersystems besprochen
fen, bietet die PIA eine Sprechstunde in der Friedrich-
und abgestimmt. Es ist sinnvoll, dass immer die gleichen
von-Bodelschwingh-Klinik, Landhausstraße 33 – 35, in
Bezugspersonen an den Visiten teilnehmen. Dies können
Berlin-Wilmersdorf an. Der größte Teil der Patienten wird
Familienangehörige, gesetzliche Betreuer, Einzelfallhel-
aufsuchend versorgt.
fer, »Gesundheitsbeauftragte« oder Bezugsbetreuer der
Wohngruppe sein. Dadurch wird ein konstanter Informa-
3.1 Aufnahmemodalitäten
tionsfluss und damit eine stabile Zusammenarbeit mög-
Die Kosten für die Behandlung in der Ambulanz über-
lich gemacht. Entsprechend unserem ganzheitlichen und
nimmt die Krankenkasse. Um sicher zu stellen, dass die
interdisziplinären Behandlungsansatz ist neben regelmä-
medizinische Versorgung nicht durch einen niedergelas-
ßigen Arztvisiten während der gesamten Behandlung die
senen Fachkollegen gewährleistet werden kann, ist bei
Teilnahme an unserem nichtärztlichen Komplexangebot
der Erstvorstellung eines Patienten der Überweisungs-
(siehe 4. Leistungsspektrum) sinnvoll und notwendig.
schein von einem Nervenarzt oder Psychiater nötig. Die
Anmeldung erfolgt telefonisch während der Ambulanzsprechstunde durch das Fachkrankenpflegepersonal
(Telefon: 54 72 – 49 16). Wir bitten darum, bereits bei der
Erstvorstellung den vorher zugeschickten, ausgefüllten
Patientenfragebogen, eine Kopie des Ausweises des
gesetzlichen Betreuers, eine Einverständniserklärung
des gesetzlichen Betreuers zur Behandlung durch die
Ambulanz und eine Schweigepflichtsentbindung gegenüber den Begleitpersonen mitzubringen. Der Patient
sollte zum Erstkontakt von jemandem begleitet werden,
der ihn gut kennt und ausführliche Auskünfte über die
Entwicklung der Beschwerden, die aktuellen Lebensumstände und die Vorgeschichte machen kann.
Leistungsspektrum
Seite 8
4 | Leistungsspektrum
4.1 Ärztliche Betreuung
Der Arzt fungiert als Koordinator bei der
4.2 Psychologische Betreuung
Psychologische Diagnostik
diagnostischen Abklärung und Therapieab-
•
stimmung. Um eine Beziehungskontinuität
•Bestimmung des sozio-emotionalen Ent-
und einen konstanten Informationsfluss zu
Kognitives Leistungsniveau
wicklungsniveaus (nach Došen)
gewährleisten, versuchen wir, Arztwechsel
auf ein Minimum zu reduzieren. Im Krank-
In Kooperation mit dem stationären
heits- oder Urlaubsfall vertreten sich die in der
Bereich des Behandlungszentrums auch:
Ambulanz tätigen Ärzte gegenseitig. Sie sind
•
Demenzdiagnostik
im stationären Bereich des Behandlungszen-
•
Autismusdiagnostik
trums ausgebildet und damit spezialisiert auf
•
Persönlichkeitsdiagnostik
die Behandlung psychisch kranker Menschen
mit geistiger Behinderung.
Psychotherapie:
•Progressive Muskelrelaxation (PMR) nach
Die ärztlichen Leistungen umfassen im Einzelnen:
Jacobsen (Stressreduktion, Behandlung
•Erhebung der Anamnese und des körper-
von Angst- und Unruhezuständen und
lichen und psychischen Befundes
psychosomatischen Beschwerden, Verbes-
•Differentialdiagnostische psychische und
somatische Abklärung (Verhaltensanalysen,
serung der Selbstwahrnehmung)
•In Einzelfällen psychotherapeutische Be-
EKG, EEG, Röntgen, CCT etc.) und Beurtei-
handlung
lung
•
Erstellung eines Gesamtbehandlungsplans
•Indikationsstellung, Durchführung und
•Beratung bei der Wohnplatz- und Werk-
Überwachung der psychopharmakologischen Behandlung
4.3 Sozialarbeit
stattsuche
•
Angehörigengruppe
4.4 Heilpädagogik
•Indikationsstellung nicht-medikamentöser
Diagnose-/Therapieverfahren
•
Ggf. psychotherapeutische Behandlung
•
Epikrisen- und Gutachtenerstellung
•Spezifische, heilpädagogische Angebote
(z. B. Gedächtnis- und Konzentrationstraining, basale Stimulation)
•Kreativtanzgruppe (Körper- und Selbstwahrnehmung, Aktivierung)
•Ernährungsberatung (Wissensvermittlung,
Gewichtsreduktion,)
•Skillstraining im Rahmen des DBT-Programms (Psychoedukation, aktive Spannungsregulation, Förderung der Gefühlsund Sinneswahrnehmung, s.u.)
•In Kooperation mit dem stationäre Bereich
des Behandlungszentrums auch Förderdiagnostik (AA-PEP, TTAP) bei Autismus
Seite 9 Leistungsspektrum
4.5 Krankenpflegerische Betreuung
•Kontakt- und Aktivitätengruppe
4.7.1 DBT angelehnte Behandlung
(z. B. Ausflüge, Spielnachmittage, Kaffee-
•
4.7 Spezialangebote
von Borderline Patienten
trinken zur Förderung der Kontakt- und
Für Patienten mit emotional instabiler Persön-
Kommunika­tionsfähigkeit und der Selbst-
lichkeits- oder Impulskontrollstörung wird eine
ständigkeit, zur sozialen Integration und
Behandlung in Anlehnung an das DBT- Kon-
zur Aktivierung)
zept von Marsha Linehan angeboten. Es han-
Snoezeln (Entspannung, Stressabbau)
delt sich um ein Programm, das der bewussten
•Koordination der krankenpflegerischen
und heiltherapeutischen Aufgaben
•Blutentnahmen, Gabe von Depotspritzen,
Blutdruck- und Gewichtskontrollen
Gefühlswahrnehmung und aktiven Impulsregulation dient. Wir haben für unsere Patienten
spezielle Arbeitsmittel entworfen (einfache
Sprache, Piktogramme, visuelle Hilfen), um die
Inhalte verständlich darzustellen. Bei dieser
•
4.6 Kreativtherapien
betreuungsintensiven, psychotherapeutischen
Kunsttherapie
Behandlung ist die aktive Miteinbeziehung
Einzel- und Gruppentherapie
der Bezugsbetreuer und Familienangehöri-
(Förderung der Ausdrucksfähigkeit,
gen besonders wichtig, um den Transfer des
Anregung der Vorstellungskraft, Ansprechen
Erlernten in den Lebensalltag des Patienten zu
der visuellen und taktilen Sinne, Aktivierung,
gewährleisten.
Stärkung der Selbstwirksamkeitserwartung)
•
Musiktherapie
Einzel- und Gruppentherapie
•
4.7.2 Autismusdiagnostik und -therapie
Die Autismusdiagnostik und -therapie ge-
(Diagnostik und Behandlung tiefgreifender
schieht in Kooperation mit dem stationären
Entwicklungsstörungen, Verbesserung der
Bereich des Behandlungszentrums. Die Dia-
sozialen Kompetenz und Dialogfähigkeit,
gnostik erfordert eine interdisziplinäre Zusam-
Affektregulation und -ausdruck)
menarbeit:
Physiotherapie
Adipositasgruppe
(Gewichtsreduktion, Körper- und Selbstwahrnehmung, Stressabbau)
•
Hundetherapie
(Expositionstraining, Interaktionstraining,
Impulskontrolle)
Professionelle Betreuer
Psychodiagnostik
Verhaltensbeobachtung
Familie
Frühkindliche Anamnese
Psychodiagnostik
Verhaltensbeobachtung
Pflegepersonal
Verhaltensbeobachtung
FALLKONFERENZ
Alltagssituationen
Videoanalyse
Therapeuten
Verhaltensbeobachtung
z.B. in der Musiktherapie
Psychologe
Psychodiagnostik
Arzt
ICD-10-Checkliste
Leistungsspektrum
Seite 10
Im Rahmen einer Fallkonferenz erfolgt die
differentialdiagnostische Einordnung und
Die Ambulanz übernimmt ausschließlich die
Erarbeitung von Empfehlungen zum weiteren
Behandlung der psychiatrischen Erkrankung,
therapeutischen Vorgehen. Die Diagnose, die
die Behandlung von Krankheitsbildern aus
erhobenen Befunde und Therapieempfeh-
anderen Fachrichtungen, u.a. auch neurolo-
lungen werden dem Helfersystem und den
gischen Krankheiten (Epilepsie, Spastik etc.) er-
Angehörigen des Patienten im Rahmen einer
folgt weiterhin durch den jeweiligen Facharzt,
Visite durch den behandelnden Arzt mitgeteilt.
z. B. Neurologen.
Es wurde Informationsmaterial zusammenge-
Nach den geltenden Regelungen der Kran-
stellt, um die Aufklärung und den Transfer in
kenkassen ist die zeitgleiche Doppelbehand-
das Lebensumfeld des Patienten zu erleichtern.
lung eines Patienten durch die Ambulanz
4.9 Was wir nicht leisten können
und weitere Psychiater oder psychologischen
4.8 Notfälle
Psychotherapeuten, also auch die parallele
Ziel der Ambulanz ist es, die Patienten auch
Durchführung einer Richtlinienpsychotherapie,
in akuten Krankheitsphasen zu begleiten
nicht möglich.
und Wege aus der Krise zu finden. Leider ist
eine notfallmäßige Aufnahme in den vollsta-
tionären Bereich des Behandlungszentrums
Es gibt eine enge Verzahnung mit dem statio-
aus Kapazitätsgründen nicht immer möglich
nären Bereich des Behandlungszentrums
(ausgenommen Lichtenberg/Hohenschön-
(Haus 9, Stationen P7 und P8). Stationäre Pati-
hausen). In solchen Fällen muss die stationäre
enten, die eine weitere, ambulante Komplex-
Aufnahme zunächst im stadtbezirklich zustän-
behandlung benötigen, werden nach Informa-
digen psychiatrischen Krankenhaus erfolgen.
tion des bisher behandelnden Nervenarztes
Wir bitten, die Ambulanz darüber telefonisch
an die Ambulanz angebunden. Umgekehrt
zu informieren. Ggf. kann der Patient nach
können Ambulanzpatienten zur intensiven Ver-
Rücksprache in den stationären Bereich des
haltensbeobachtung durch unser geschultes,
Behandlungszentrums oder in die ambulante
stationär tätiges Team, zur raschen soma-
Weiterbehandlung übernommen werden.
tischen Ursachenabklärung, bei Krankheitsexa-
5.Kooperationen
zerbation oder zur medikamentösen Neuein
stellung stationär aufgenommen werden. Der
behandelnde Arzt aus der Ambulanz hält dann
mit dem stationär arbeitenden Kollegen Rücksprache über den bisherigen Krankheitsverlauf
und den stationären Behandlungsauftrag.
Darüber hinaus visitiert er seine ambulanten
Patienten regelmäßig während des stationären
Aufenthalts und stimmt das Procedere mit
dem stationär behandelnden Kollegen ab. Der
stationäre Kollege informiert den ambulanten
Arzt über den Entlassungstermin und die Ergebnisse des stationären Aufenthalts.
Seite 11 Leistungsspektrum
Zur differentialdiagnostischen Einordnung und
6. Literatur
Therapieabstimmung finden bei Patienten mit
1
einem zusätzlichen, schweren Anfallsleiden
Fallbesprechungen mit den epileptologischen
Kollegen des KEH statt.
Als Teil des Berliner Behandlungszentrums
für Menschen mit geistiger Behinderung und
psychischer Erkrankung ist die Ambulanz
engmaschig mit verschiedenen Berliner und
bundesweiten Spezialbereichen in der Versorgung von geistig behinderten Menschen
mit zusätzlichen psychischen Erkrankungen
vernetzt. Hierzu zählen insbesondere
·Arbeitsgruppe »Geistige Behinderung«
der Bundesdirektorenkonferenz
(www.bdk-deutschland.de)
·Bundesarbeitsgemeinschaft
»Ärzte für Menschen mit geistiger
Behinderung«
(www.aemgb.de)
·
Heilpädagogische Ambulanz Berlin
(www.hpa-berlin.de)
·
LOTSE Berlin
·
Berliner Krisendienst
·
Aspies e.V.
(www.aspies.de)
·Netzwerk leichte Sprache
(www.leichtesprache.org)
·komplementäre Anbieter
im Bereich Berlin/Brandenburg
(u. a. Lebenshilfe, die Einrichtungen
im Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverbund und viele mehr).
·DGPPN-Zertifikat
UN-Behindertenrechtskonvention vom 13.12.2006,
http://www.un.org/esa/socdev/enable/rights/
adhoccom.htm
2
1.1.2009: innerstaatliches Inkrafttreten und Abschluss der Ratifizierung des am 30. März 2007 von
der Bundesrepublik Deutschland unterzeichneten
Übereinkommens der Vereinten Nationen über die
Rechte von Menschen mit Behinderungen und das
dazugehörige Fakultativprotokoll, siehe dazu
http://www.behindertenbeauftragte.de/
nn_1040386/DE/Gleichstellung/Internationales/Internationales__node.html?__nnn=true
3
International Classification of Functioning, Disability,
and Health (ICF) der WHO, 2001,
siehe http://www.who.int/classifications/icf/en/
4
Cooper SA, Smiley E, Morrison J, Williamson A,
Allan L: Mental ill-health in adults with intellectual
disabilities: prevalence and associated factors.
Br J Psychiatry.190:27-35, 2007.
5
White MJ, Nichols CN, Cook RS, Spengler PM,
Walker BS, Look KK: Diagnostic overshadowing
and mental retardation: a meta-analysis. Am J Ment
Retard. 100; 293-298, 1995.
6
Ryan R: Handbook of mental health care for persons
with developmental disabilities. Diverse City Press,
Canada, 2001.
7
Došen A: Psychische Störungen bei geistig behinderten Menschen. Übersetzung aus dem Niederländischen von Markus Vieten. Urban und Fischer,
München, 2002
8
WHO, Internationale Klassifikation psychischer
Störungen, ICD 10, Kapitel V, Klinisch diagnostische
Leitlinien. Dilling H, Mombour W, Schmidt MH
(Hrsg.). 5. Auflage, Verlag Hans Huber, Hogrefe,
Bern, 2005.
9
Diefenbacher A: Konsilar- und Liaisonpsychiatrie.
In: Helmchen H, Henn F, Lauter H, Sartorius N
(Hrsg.), Psychiatrie der Gegenwart, 4. Auflage, 2
Allgemeine Psychiatrie, Kapitel 14, S. 433–456.
Springer-Verlag Berlin Heidelberg, 1999.
10
Schade C, Sappok T, Diefenbacher A (2008). Besonderheiten in der Diagnostik und Therapie psychischer
Erkrankungen bei Menschen mit geistiger Behinderung. Berliner Ärzteblatt, 121(239): 23–26
11
Reiss S, Szyszko J: Diagnostic overshadowing and
professional experience with mentally retarded
persons. Am J Ment Defic. 87(4):396-402, 1983.
12
Schmidt H: Strukturelle und methologische Besonderheiten in der Diagnostik bei geistig Behinderten.
In: Schanze C (Hrsg.): Psychiatrische Diagnostik und
Therapie bei Menschen mit Intelligenzminderung.
S. 25–27. Schattauer Verlag, Stuttgart, 2007.
13
Sappok T, Schade C, Kaiser H, Dosen A, Diefenbacher A (2011). Die Bedeutung des emotionalen
Entwicklungsniveaus bei der psychiatrischen Behandlung von Menschen mit geistiger Behinderung.
Fortschritte Neurologie Psychiatrie, 79: 1-8
14
Lehmkuhl, Sinzig, Sappok, Diefenbacher (2011).
Kapitel 24: Intelligenzminderung. In: Psychische
Erkrankungen, Hrsg. Berger M, 4. Auflage
Evangelisches Krankenhaus
Königin Elisabeth Herzberge gGmbH
Herzbergstraße 79 10365 Berlin
Telefon (030) 54 72 - 0 Telefax (030) 54 72 - 20 00
www.keh-berlin.de [email protected]
Abteilung für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik
Chefarzt Prof. Dr. med. A. Diefenbacher MBA
Sekretariat, Telefon: (030) 54 72 – 48 01
Psychiatrische Institutsambulanz
Bereich: Geistige Behinderung
Leiter: Dr. med. Christoph Schade
Sekretariat, Telefon: (030) 54 72 – 48 05
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