Neurologie psychiatrie

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ÄRZTLICHE
PRAXIS
Neurologie
Psychiatrie
Das Magazin für den Facharzt
3/Mai-Juni 2013 EURO 8,70
Bipolare Störung
Continuing
Medical Education
CME
ÄRZTLICHE PRAXIS
NeurologiePsychiatrie
3
Depression
t e F o rt b
ung
Z e r t if
ie r
il d
iz
Akute Phasen
leitliniengerecht
behandeln
und ihnen
vorbeugen
Neuer Zielort für
tiefe Hirnstimulation
P u n kte
DSM-V
Wann wird seelisches Leiden
zur Krankheit?
Honorartätigkeit
Biermann Medizin
B 4369
Vorsicht vor
Scheinselbstständigkeit
Biermann Medizin
Ich bin MS-
Sofort! MS stark angreifen.
Lebensqualität verteidigen.
Bezeichnung: Rebif® 8,8 Mikrogramm / Rebif® 22 Mikrogramm / Rebif® 44 Mikrogramm Injektionslösung in einer Fertigspritze. Rebif® 8,8 Mikrogramm/0,1 ml, Rebif® 22 Mikrogramm/0,25 ml / Rebif® 22 Mikrogramm/0,5 ml / Rebif® 44 Mikrogramm/0,5 ml Injektionslösung in einer Patrone. Rebif® 8,8 Mikrogramm / Rebif® 22 Mikrogramm / Rebif® 44 Mikrogramm Injektionslösung in einem Fertigpen. Wirkstoff: Interferon beta-1a. Pharm. Unternehmer: Merck Serono Europe Limited,
56 Marsh Wall, London E14 9TP, Vereinigtes Königreich. Vertrieb in Deutschland: Merck Serono GmbH, Alsfelder Straße 17, 64289 Darmstadt. Zusammensetzung: Fertigspritzen: Jede Fertigspritze Rebif® 8,8 Mikrogramm enthält 0,2 ml
Injektionslösung mit 8,8 Mikrogramm Interferon beta-1a. Jede Fertigspritze Rebif® 22 bzw. 44 Mikrogramm enthält 0,5 ml Injektionslösung mit 22 Mikrogramm bzw. 44 Mikrogramm Interferon beta-1a. Patronen: Jede Patrone Rebif® 8,8 Mikrogramm/0,1 ml / Rebif® 22 Mikrogramm/0,25 ml enthält 132 Mikrogramm (36 M.I.E.) Interferon beta-1a in 1,5 ml Lösung (entsprechend 88 Mikrogramm/ml). Jede Patrone Rebif® 22 Mikrogramm/0,5 ml enthält 66 Mikrogramm (18 M.I.E.) Interferon
beta-1a in 1,5 ml Lösung (entsprechend 44 Mikrogramm/ml). Jede Patrone Rebif® 44 Mikrogramm/0,5 ml enthält 132 Mikrogramm (36 M.I.E.) Interferon beta-1a in 1,5 ml Lösung (entsprechend 88 Mikrogramm/ml). Fertigpen: Jeder Fertigpen
enthält 8,8 Mikrogramm (2,4 M.I.E.) Interferon beta-1a in 0,2 ml Lösung. Jeder Fertigpen enthält 22 bzw. 44 Mikrogramm (6 bzw. 12 M.I.E.) Interferon beta-1a in 0,5 ml Lösung. Sonstige Bestandteile: Mannitol, Poloxamer 188, L-Methionin,
Benzylalkohol, Natriumacetat, Essigsäure (z. Anpassung d. pH-Werts), Natriumhydroxid (z. Anpassung d. pH-Werts), Wasser für Injektionszwecke. Anwendungsgebiete: Schubförmige Multiple Sklerose. Rebif® 44 Mikrogramm / 8,8 Mikrogramm /
22 Mikrogramm (Starterpackung) zusätzlich: einzelnes demyelinisierendes Ereignis mit aktivem Entzündungsprozess, wenn alternative Diagnosen ausgeschlossen wurden u. hohes Risiko für Entwicklung einer klinisch manifesten Multiplen Sklerose
besteht. Gegenanzeigen: Bekannte Überempfindlichkeit gegen natürl. od. rekombinantes Interferon beta od. gegen einen sonstigen Bestandteil des Arzneimittels, Behandlungsbeginn während der Schwangerschaft, akute schwere Depression
u./o. Suizidgedanken, Auftreten von Gelbsucht od. anderer klinischer Symptome einer Leberfunktionsstörung während der Behandlung. Nebenwirkungen: Interferon-typisches grippeähnliches Syndrom bei ca. 70 % der mit Rebif® behandelten
Patienten innerhalb der ersten sechs Monate. Bei 30 % der Patienten treten Reaktionen a. d. Injektionsstelle auf. Häufig asymptomatischer Anstieg der Leberenzymwerte u. Verminderung der Leukozytenzahl. Die beobachteten Nebenwirkungen
verlaufen mehrheitlich leicht u. reversibel u. sprechen gut auf Dosisreduzierung an. Nebenwirkungen nach Häufigkeit (sehr häufig: ≥ 1/10; häufig: ≥ 1/100, < 1/10; gelegentlich: ≥ 1/1.000, < 1/100; selten: ≥ 1/10.000, < 1/1.000; sehr selten:
< 1/10.000. Innerhalb jeder Häufigkeitsgruppe werden die Nebenwirkungen nach abfallendem Schweregrad angegeben): Nebenwirkungsberichte aus kontrollierten klinischen Studien: Datenpool von 824 Patienten unter Placebo, 398 Patienten
unter Rebif® 22 Mikrogramm, dreimal wöchentlich, 727 Patienten unter Rebif® 44 Mikrogramm, dreimal wöchentlich. Angabe der Häufigkeit von Nebenwirkungen in einem Zeitraum von sechs Monaten (Mehrangaben im Vergleich zu Placebo). Sehr
häufig: Neutropenie, Lymphopenie, Leukopenie, Thrombozytopenie, Anämie, Kopfschmerzen, Entzündungen / Hautreaktionen an der Injektionsstelle, grippeähnliche Symptome, asymptomatischer Anstieg der Transaminasen. Häufig: Depression,
Insomnie, Durchfall, Erbrechen, Übelkeit, Pruritus, Hautausschlag, erythematöser / makulopapulöser Ausschlag, Myalgie, Arthralgie, Schmerzen an der Injektionsstelle, Müdigkeit, Rigor, Fieber, schwerwiegende Transaminasenerhöhungen. Gelegentlich: Schilddrüsendysfunktion (meist als Hypo- bzw. Hyperthyreose); Abszess / Nekrose / Schwellung an der Injektionsstelle. Häufigkeit nicht bekannt: Infektion der Injektionsstelle, einschließl. Cellulitis; thrombotische
thrombozytopenische Purpura, hämolytisch-urämisches Syndrom, anaphylakt. Reaktion, Suizidversuch, Krampfanfälle, vorübergehende neurolog. Symptome (z. B. Hypoästhesie, Muskelkrampf, Parästhesie, Gehschwierigkeiten, muskuloskeletale Steifigkeit), die eine Exazerbation einer Multiplen Sklerose imitieren können. Vaskuläre Störungen der Retina (z. B. Retinopathie, Cotton-Wool-Herde
u. Verschluss einer retinalen Vene od. Arterie); thromboembolische Ereignisse, Dyspnoe, Leberversagen, Hepatitis mit u. ohne Ikterus, Autoimmunhepatitis, Angioödem, Urtikaria,
Erythema multiforme, Erythema-multiforme-ähnliche Hautreaktionen, Stevens-Johnson-Syndrom, Alopezie, Arzneimittelinduzierter Lupus erythematodes. Rebif® kann
wie andere Beta-Interferone schwere Leberschädigungen hervorrufen (Wirkmechanismus unbekannt). Die Mehrzahl der Fälle trat während der ersten sechs
Behandlungsmonate auf. Spezielle Risikofaktoren konnten nicht identifiziert werden. Die Anwendung von Interferonen wurde mit Anorexie, Schwindel,
Angstzuständen, Arrhythmien, Gefäßerweiterung, Herzklopfen, Menorrhagie u. Metrorrhagie in Verbindung gebracht. Während der Behandlung mit
Beta-Interferonen kann es zu einer gesteigerten Autoantikörperbildung kommen. Warnhinweis: Arzneimittel für Kinder unzugänglich aufbewahren. Injektionslösung in einer Fertigspritze/einem Fertigpen: Nur zur Einmaldosierung. Verschreibungspflichtig.
Stand: Juni 2012.
Merck Serono GmbH | Alsfelder Straße 17 | D-64289 Darmstadt
Merck Serono ist eine Sparte von Merck
Tel.: 0800 -7324344 | Fax: 0800 -1005176
www.merckserono.de | [email protected]
Sofort in die Offensive!
Editorial
Trauer, Depression und
fließende Grenzen
In Kürze veröffentlicht die Amerikanische Gesellschaft für Psychiatrie ihr aktuelles
Diagnosehandbuch für psychische Erkrankungen – ein Ereignis, das an sich nicht
­besonders spannend erscheint. Und doch wirft es seine Schatten bis zu uns. Denn
was im DSM-V steht, beeinflusst auch, welche Störungen die WHO als krank einstuft
und deshalb in ihren Diagnoseschlüssel ICD-10 aufnimmt. Bekannt ist bislang nur,
dass im neuen Manual wohl exaktere Formulierungen dafür sorgen sollen, dass die
Flut von ADHS-Diagnosen künftig etwas eingedämmt werden soll. Und auch das
Burnout-Syndrom wird dort wohl nicht zu finden sein.
Dafür befürchtet die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie,
­Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN) aber die Einführung neuer Krankheitsdiagnosen und die Verschiebung diagnostischer Grenzen zwischen krank und gesund,
wie Sie dem entsprechenden Beitrag auf Seite 10 entnehmen können. So soll im
DSM-V eine mehr als zweiwöchige Trauerphase nach dem Verlust eines nahe­
stehenden Menschen als Depression eingestuft werden. Dabei ist die Zahl der
­Depressionspatienten auch so schon hoch und erfordert, nicht zuletzt aufgrund des
hohen Anteils von Therapieresistenzen, eine gründliche ­Diagnostik und sorgfältige
Auswahl der Behandlungsstrategie, wie PD Dr. Mazda Adli und ­Dr. Stefan Köhler von
der Charité Berlin in unserem Schwerpunkt ­ausführlich darstellen.
Fingerspitzengefühl verlangt auch die Therapie der akuten bipolaren Depression,
­besteht doch die Gefahr, dass der Patient von der Depression in die Manie a­ bgleitet.
Welche Therapiemöglichkeiten hier evidenzbasiert zur Verfügung ­stehen, erfahren
Sie im zweiten Beitrag unseres Themenschwerpunktes.
Ein Wegbereiter für die Diagnose- und Therapieverfahren der modernen Psychiatrie
war sicherlich Karl Jaspers, dessen Geburtstag sich 2013 zum 130. Mal jährt. Und
auch sein Grundlagenwerk, die „Allgemeine Psychopathologie“, feiert in d­ iesem Jahr
100-jähriges Jubiläum. Grund genug, das Lebenswerk des Psychi­aters und Philo­
sophen in unserem Forum Seitenblick zu würdigen.
Eine spannende Lektüre wünscht Ihnen
Eva Junker
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ÄP NeurologiePsychiatrie 3_2013
3
i n h a lt
Forum Medizin
8
Bochumer Wissenschaftler entdecken, was
Nervenzellen absterben lassen könnte: der
Befehl zur Zellteilung.
6 31 Jahre bis zum Ausbruch
6 Forscher bremsen Parkinson aus
7 ADHS: Riss in der Versorgungskette
7 Zu viele psychiatrische Diagnosen
8 So könnte Alzheimer entstehen
L 10 Wann wird seelisches Leiden zur Krankheit?
11 Mehr Lebensqualität für Parkinson-Patienten
12 Übersetzungsfehler im Gehirn
14 Kalzium macht Neurone schmerzempfindlich
Forum Management
36 Spielraum bei Entlastungsassistenten
14
36 Lohnerhöhung mit Verstand
Die computerassistierte Neurochirurgie erhöht
die Überlebenschancen von Patienten mit
­Hirntumor.
37 Keine Empfehlung ohne Nachfrage
L37 Vorsicht vor Scheinselbstständigkeit
38 Mietminderung wegen Konkurrenz
36
Ausgaben für Kunstgegenstände zur
­Gestaltung der Praxisräume können steuerlich
­geltend gemacht werden.
4
ÄP NeurologiePsychiatrie 3_2013
L
Titelgeschichten
i n h a lt
22
Das Risiko des Switchens von depressiven in
manische Phasen verlangt bei der Therapie
­bipolarer Störungen viel Fingerspitzengefühl.
L
Fokus:
Depression, Bipolare Störung
22 Bipolare Störung: Therapie als Balanceakt
27 Wenn die Therapie nicht anspricht
30 Wirkmechanismus der EKT aufgeklärt
L 31 Hilfe bei schwersten Depressionen
32 CME-Fragebogen
31
Seitenblick
Die Stimulation des Medialen Vorderhirn­
bündels erzielt bei schwersten Depressionen
mehr Erfolg als das bisherige Verfahren.
40 „Seelisches geht aus Seelischem hervor“
Termine
42 Kongresse und Tagungen von Mai bis Juni
42 Impressum
40
Vor 100 Jahren erschien Karl Jaspers‘
Grund­lagenwerk, die „Allgemeine
Psychopathologie“.
ÄP NeurologiePsychiatrie 3_2013
5
n a c h r i c h t en me d i z i n
„Geräuschmassage“ für
besseren Schlaf
Universität Tübingen, 12. April 2013.
6
ÄP NeurologiePsychiatrie 3_2013
31 Jahre
bis zum
Ausbruch
Forscher bremsen Parkinson aus
Deutsche Wissenschaftler haben einen
Wirkstoff entwickelt, der bei Mäusen
das Fortschreiten der Proteinablagerungen und der Nervenzellschädigung
bei Morbus Parkinson deutlich verzögert und die krankheitsfreie Phase verlängert. Dabei setzt die Substanz erstmals direkt an den Proteinmolekülen
an und hemmt deren B
­ ildung.
Den Wirkstoff namens Anle138b, den
die Wissenschaftler unter rund 20.000
Testsubstanzen identifizierten, haben
sie bereits zum Patent angemeldet. Er
ist in therapeutischen Dosen gut verträglich, kann mit der Nahrung verabreicht werden und die Blut-HirnSchranke passieren.
Für ihre Studie arbeiteten die Forscher
mit sogenannten Parkinson-Mäusen.
Erhielten die Tiere die Substanz, konnten sie ihre Bewegungen deutlich bes-
ser koordinieren als ihre unbehandelten kranken Artgenossen. Generell war
der Behandlungserfolg umso größer
und die erkrankten Tiere lebten umso
länger, je früher sie ­Anle138b über das
Futter verabreicht bekamen.
Doch nicht nur bei der ParkinsonKrankheit war die Substanz wirksam.
Auch bei Mäusen mit der CreutzfeldtJakob-Erkrankung verhinderte der
neue Wirkstoff Verklumpungen durch
das Prion-Protein. Die Mäuse überlebten deutlich länger. Die Forscher haben
zudem Hoffnung, dass ­Anle138b auch
die Verklumpung des mit Alzheimer
assoziierten Tau-Proteins stoppen
könnte. Weitere Versuche sollen dies
nun klären. ej
MPI für biophysikalische Chemie,
22. April 2013.
Juan Gärtner - Fotolia.com
Die langsamen Hirnwellen, die im Tiefschlaf auftreten, sind wesentlich, um
Gelerntes besser im Gedächtnis zu
­behalten. Werden diese Wellen durch
Geräusche im gleichen Rhythmus in
der Schlafphase stimuliert, führt dies
sowohl zu besserem Schlaf als auch zu
besseren Gedächtnisleistungen. Dies
haben Prof. Jan Born vom Institut für
Medizinische Psychologie der Universität Tübingen und Kollegen von der
Universität Lübeck in einer Studie festgestellt: Testpersonen wurden dabei
im Schlaf Geräusche vorgespielt, die
mit dem Rhythmus dieser langsamen
Hirnwellen synchronisiert waren. Die
Wissenschaftler haben damit eine einfache, nichtinvasive Methode gefunden, mit der sich die menschliche
Hirnaktivität beeinflussen lässt, um
sowohl Schlaf als auch Gedächtnis zu
verbessern.
Born und seine Kollegen hatten elf
Personen im Schlaflabor über mehrere
Nächte Geräusch­
stimulationen mit
unterschiedlichem Rhythmus ausgesetzt. Waren die Geräusche mit ihren
langsamen Hirnstromwellen synchronisiert, konnten sich die Studienteilnehmer am Morgen besser an Wortpaare erinnern, die sie am Abend zuvor
gelernt hatten. Nach einer Stimulation
hingegen, die nicht in Phase mit dem
Rhythmus der langsamen Hirnaktivität
war, konnte keine Verbesserung festgestellt werden.
„Es ist wichtig festzuhalten, dass die
Stimulation durch Geräusche nur dann
effektiv ist, wenn die Geräusche zeitgleich mit den langsamen Hirnstromwellen während des Tiefschlafes
­auftreten. Wir präsentierten die akus­­
tischen Stimuli immer, während die
langsame Hirnwelle ihren Höhepunkt
erreichte, und konnten so die Schwingung verstärken“, erklärt Born. Die
Wissenschaftler vermuten, dass dieser
Ansatz allgemein zur Verbesserung des
Schlafes eingesetzt werden könnte. ej
Australische Forscher haben mit bildgebenden Verfahren die ­Ablagerung
von beta-Amyloid im Gehirn verfolgt und mit dem Hirn­volumen und der
geistigen Leistungsfähigkeit der Probanden verglichen.
„Die dabei festgestellten Zusammenhänge erleichtern die Vorhersage des
Krankheitsverlaufes und könnten künftig helfen, den optimalen Zeitpunkt
für Therapien zu ermitteln“, kommentierte Prof. Richard Dodel von der
Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) die Ergebnisse der Studie.
Interessant findet er, dass die Ablagerung des Amyloids nicht gleichmäßig
verläuft, sondern erst zunimmt, dann ein Plateau erreicht und schließlich
wieder abnimmt. „Bemerkenswert ist, dass viele gesunde Personen bereits
eine erhöhte Menge an Amyloid aufweisen, ebenso ­Patienten mit leichten
kognitiven Einschränkungen.“
Bei gesunden Personen, die das Eiweiß schnell anhäuften, verschlechterte
sich auch die geistige Leistungsfähigkeit schneller. War die AlzheimerKrankheit bereits ausgebrochen, fanden die Forscher hingegen keinen
Zusammenhang mehr zwischen der Menge von beta-Amyloid im Gehirn
und der Abnahme des episodischen Gedächtnisses.
Dodel glaubt, dass auf Basis dieser Ergebnisse in klinischen Studien schon
lange, bevor es zu den ersten Gedächtnisproblemen kommt, getestet werden könne, ob Arzneimittelkandidaten die Abbauprozesse verlangsamen.
Und noch etwas entdeckten die australischen Forscher: Vom Beginn der
Ablagerungen bei gesunden Menschen bis zum Ausbruch der AlzheimerKrankheit könne es bis zu 31 Jahre dauern, so ihre Schätzung.
ej
DGN, 16. April 2013.
ADHS: Riss in der Versorgungskette
Rund die Hälfte der von ADHS betroffenen Jugendlichen erhält nach dem
Wechsel in die Erwachsenenversorgung keine ärztliche Betreuung mehr.
Dies zeigt eine Umfrage der Bertelsmann Stiftung und BARMER GEK unter
623 betroffenen jungen Erwachsenen.
Danach leiden rund 37 Prozent derer,
die in Kindheit oder Jugend wegen
ADHS behandelt wurden, auch als
­Erwachsene unter starker Unaufmerksamkeit, Impulsivität oder Unruhe. Von
mittleren oder starken Beeinträchtigungen der Leistungsfähigkeit berichteten 42 Prozent.
Beim Wechsel vom Kinder- und
Jugendpsychiater in die Versorgung
­
Erwachsener treten jedoch vielfältige
Probleme auf. So gehen die Autoren
der Studie davon aus, dass rund die
Hälfte der aktuell von ausgeprägten
ADHS-Problemen Berichtenden keinen
Arzt aufsucht. Nur zwölf Prozent der
Befragten habe der behandelnde Arzt
eine Weiterbetreuung nach dem
18. Geburtstag vermittelt.
Angesichts der Ergebnisse könne nicht
selbstverständlich davon ausgegangen
werden, dass die jungen Erwachsenen
notwendige Therapien auch erhalten,
schlussfolgern die Autoren. Sie fordern, dass der Übergang in das Versorgungssystem für Erwachsene besser
vorbereitet werden müsse. Therapeuten sollten mit ihren Patien­ten rechtzeitig besprechen, ob und durch wen
die Therapie fortgesetzt werde.
Spe­zial­sprechstunden für junge
­Erwachsene mit ADHS könnten die
­Behandlungskette verbessern.
ej
Bertelsmann-Stiftung, 3. April 2013.
Zu viele psychiatrische
Diagnosen
Mit großer Skepsis beobachtet der
Rostocker Facharzt für Psychotherapie,
Prof. Wolfgang Schneider, die stetig
steigenden Zahlen von Krankschreibungen wegen psychischer Erkrankungen. „Es gibt eine große Bereitschaft
von Menschen, sich als psychisch
­belastet anzusehen und sich deswegen
krankschreiben zu lassen“, sagte
Schneider. Sie folgten dem medialen
Hype um das Burn-out-Syndrom. „Die
Schwelle, ab wann Symptome als Ausdruck einer psychischen Erkrankung
bezeichnet werden, sinkt. Die Diagnose
einer psychischen Erkrankung wird zu
schnell und zu häufig gestellt.“ Schneider ist Direktor der Rostocker Universitätsklinik für Psychosomatik und
­Psychotherapeutische Medizin.
Dabei zeigten genaue Analysen, dass
der Anteil von Personen, die innerhalb
eines Jahres an einer „etablierten“ psychischen Erkrankung leiden, seit mehr
als 20 Jahren stabil ist. Es würden also
soziale Probleme in medizinische
­umgewandelt. „Aber ein gewisses Maß
an Müdigkeit, Erschöpfung, Demotivation oder Schlafstörungen bei beruflichen oder privaten Problemen gehört
doch zum Normalbereich des menschlichen Erlebens“, betonte Schneider.
Verschärft werde das Problem durch
die zu geringe Anzahl an Psychotherapeuten. So werde oft nur zum Rezeptblock gegriffen, Patienten erhielten
eher Psychopharmaka als eine Psychotherapie. Allein zwischen 2000 und
2010 seien die Verschreibungen von
Antidepressiva um 130 Prozent bei
Frauen und etwa 80 Prozent bei Männern gestiegen, gab Schneider zu
­bedenken.
Kritik erntet Schneider von der Arbeitnehmervereinigung in der CDU, der
CDA, in Mecklenburg-Vorpommern:
„Zum Krankschreiben gehören immer
zwei: ein Patient, der krank ist, und ein
Arzt, der eine Diagnose stellt und
­daraus eine Arbeitsunfähigkeit ableitet“, sagte CDA-Landeschef Wolfgang
­Isbarn. dpa/ej
ÄP NeurologiePsychiatrie 3_2013
7
f o r u m me d i z i n
So könnte Alzheimer entstehen
Bochumer Forscher haben einen Mechanismus entdeckt, der Nervenzellen im Gehirn zur Teilung
anregt und sie dadurch absterben lässt.
Kugelstrukturen im Zellkern
Die Forscher um Dr. Thorsten Müller und Prof. Katrin Marcus
aus der Abteilung Funktionelle Proteomik hatten in Kooperation mit dem Medizinischen Proteom-Center der Ruhr-­
Universität Bochum (RUB) das Zusammenspiel der Proteine
FE65 und BLM analysiert. Die beiden
Eiweiße regulieren die Zellteilung. In Zellkultur entdeckten
sie im Kern Kugelstrukturen, die FE65 und BLM
enthielten. Die Interaktion der Proteine löste
ein Fehlsignal zur
Zellteilung aus. Dieses könnte die Degeneration und den Tod
von Nervenzellen bei
Alzheimer-Patienten
erklären.
Von zentraler Bedeutung
für die Alzheimer-Erkrankung ist das sogenannte
amyloide Vorläuferprotein
APP. Es durchspannt die
Fluoreszenzmikroskopische
Zellmembran,
und seine
Aufnahme kultivierter
Zellen. Im Zellkern (blau)
Spaltprodukte stehen in
fusioniert das Protein FE65
Verbindung mit Protein­
mit anderen Proteinen zu
ablagerungen, die sich bei
Kugelstrukturen (gelb).
Alzheimer-Patienten außerhalb der Nervenzellen bilden. APP verankert das Protein FE65 an der Membran, welches im Zentrum der aktuellen
Studie stand. FE65 kann in den Zellkern wandern; dort spielt
es eine Rolle bei der DNA-Vervielfältigung und -Reparatur.
8
zu Kugelstrukturen, den sogenannten „nuclear spheres“,
­zusam­men­schließen kann. Videomikroskopische Aufnahmen
zeigtenaußerdem, dass diese ringartigen Strukturen mit­
einander ­verschmelzen und dadurch wachsen können. „Durch
ein spezielles Zellkulturmodell waren wir in der Lage, weitere Komponenten dieser Kugeln zu identifizieren“, erklärte
­Andreas Schrötter, Doktorand in der Arbeitsgruppe Morbus
Alzheimer am Institut für Funktionelle Proteomik.
Unter anderem fanden die Wissenschaftler das Protein BLM,
das aus dem Bloom-Syndrom bekannt ist – einer sehr seltenen erblichen Krankheit, die etwa mit Minderwuchs, Immunschwäche und erhöhtem Krebsrisiko einhergeht. BLM ist­
an der Vervielfältigung und Reparatur der DNA im Zellkern
­beteiligt.
Müllers Team nahm die Funktion von FE65 genauer unter die
Lupe. Durch genetische Manipulation erzeugten die Forscher
Zellkulturen, in denen die FE65-Produktion heruntergefahren
war. Eine geringere FE65-Menge bedingte dabei eine geringere Menge des Proteins BLM im Zellkern; stattdessen sammelte sich BLM in einem anderen Bereich der Zelle an.
­Außerdem fanden die Wissenschaftler eine niedrigere DNAVervielfältigungsrate in den genetisch veränderten Zellen. So
beeinflusst FE65 über das Protein BLM die Replikation der
Erbsubstanz. Kurbelten die Forscher die FE65-Herstellung
wieder an, vergrößerte sich auch die BLM-Menge im Zellkern
wieder.
FE65 als möglicher Alzheimer-Auslöser
Gestörte Vervielfältigung der DNA
Bei Patienten mit Alzheimerscher Krankheit ist das Protein
APP, ein Interaktionspartner von FE65, verändert. Doch das
Zusammenspiel der beiden Moleküle ist wichtig für den
Transport von FE65 in den Zellkern, wo dieses in Verbindung
mit BLM die Zellteilung reguliert. Müllers Team vermutet,
dass die veränderte APP-FE65-Interaktion den Zellen fälschlicherweise das Signal sendet, sich zu teilen. Da Nervenzellen
sich in der Regel nicht teilen können, degenerieren sie stattdessen und sterben ab. „Diese Hypothese, die wir in der
­Arbeitsgruppe Morbus Alzheimer weiter verfolgen, liefert
auch neue Ansatzpunkte für etwaige Therapiemöglichkeiten,
die für die Alzheimer-Erkrankung dringend benötigt werden“,
sagte Müller. In Zukunft wird das Team auch untersuchen, ob
und wie die BLM-Menge bei Alzheimer-Patienten im Vergleich zu Gesunden verändert ist.
Anhand von im Labor gezüchteten Zellen stellte das Team um
Müller fest, dass sich FE65 mit anderen Proteinen im Zell­­kern
Journal of Cell Science, doi: 10.1242/jcs.121004;
RUB, 11. April 2013.
ÄP NeurologiePsychiatrie 3_2013
Thorsten Müller
Bochumer Forscher haben eine neue Hypothese zur Entstehung der Alzheimer-Demenz aufgestellt: Danach könnte eine
fälschlicherweise gesendete Aufforderung zur Zellteilung das
Absterben der nicht mehr teilungsfähigen Nervenzellen verursachen. Ihre Theorie haben die Wissenschaftler im „Journal
of Cell Science“ veröffentlicht.
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Sycrest® – das erste tetrazyklische, „untypische“ Antipsychotikum
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sekundärer Endpunkt
1. Shahid J et al. J Psychopharmacol. 2009; 23(1): 65 – 73
2. Zhao et al. from APA 2011 (Poster)
3. McIntyre et al. Bipolar Disord. 2009; 11(7): 673 – 686
Keine Titration erforderlich 7
4. McIntyre et al. Bipolar Disord. 2009; 11(8): 815 – 826
5. McIntyre et al. J Affect Disord. 2010; 122: 27 – 38
6. McIntyre et al. J Affect Disord. 2010; 126(3): 358 – 365
7. Fachinformation Sycrest®, Stand Februar 2013
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Wirkstoff: Asenapin (als Maleat). Zusammensetzung: 1 Sublingualtablette enthält 5/10 mg Asenapin (als Maleat). Sonst. Bestandteile: Gelatine, Mannitol (Ph.Eur.) (E421). Anwendungsgebiete: Zur Behandl. mäßiger bis schwerer manischer Episoden einer Bipolar-I-Stör. bei Erwachsenen. Gegenanzeigen: Überempfindlichk. gegen den Wirkstoff oder einen der sonst. Bestandteile. Schwangersch.: Bisher liegen keine ausreichenden Erfahrungen mit der Anwendung bei Schwangeren vor. Neugeborene, die während des dritten Trimenons d. Schwangersch. Antipsychotika
exponiert sind, sind durch NW einschl. extrapyramidaler Symptome u./od. Absetzerscheinungen gefährdet, deren
Schwere und Dauer nach der Entbindung variieren können. Es gab Berichte über Agitiertheit, erhöhten oder herabgesetzten Muskeltonus, Tremor, Somnolenz, Atemnot od. Störungen bei der Nahrungsaufnahme. Dementsprechend
sollten Neugeborene sorgfältig überwacht werden. Sycrest® darf während d. Schwangersch. nicht angewendet werden, es sei denn, es ist zwingend erforderl. u. d. mögliche Nutzen überwiegt das mögliche Risiko für das ungeborene
Kind. Stillzeit: Nicht stillen. Nebenwirkungen: Die häufigsten NW sind Somnolenz u. Angst. Aus klin. Studien u./od.
bei Anwendung nach Markteinführung wurden folgende NW berichtet: Blut u. Lymphsystem: Selten (≥1/10.000
bis <1/1.000): Neutropenie. Immunsystem: Nicht bekannt (Häufigkeit auf Grundlage der verfügbaren Daten nicht
abschätzbar): Allergische Reaktionen. Stoffwechsel- u. Ernährungsstör.: Häufig (≥1/100 bis <1/10): Erhöhtes Gewicht, Appetitsteigerung; Gelegentl. (≥1/1.000 bis <1/100): Hyperglykämie. Psychiatr. Erkrank.: Sehr häufig (≥1/10):
Angst. Nervensystem: Sehr häufig: Somnolenz; Häufig: Dystonie, Akathisie, Dyskinesie, Parkinsonismus, Sedierung,
Schwindelgefühl, Geschmacksstör.; Gelegentl.: Synkope, Krampfanfall, Extrapyramidale Erkrank., Dysarthrie; Selten:
Malignes neurolept. Syndr.; Nicht bekannt: Restless-Legs-Syndrom. Augen: Selten: Akkommodationsstör. Herz: Gelegentl.: Sinusbradykardie, Schenkelblock, QT-Verlängerung im EKG, Sinustachykardie. Gefäße: Gelegentl.: Orthostat. Hypotonie, Hypotonie. Atemwege, Brustraum u. Mediastinum.: Selten: Lungenembolie. Gastrointestinaltr.: Häufig: Orale Hypästhesie; Gelegentl.: Geschwollene Zunge, Dysphagie, Glossodynie, Orale Parästhesie; Nicht bekannt:
Übelkeit, Orale Schleimhautläsionen (Ulzerationen, Blasenbildung u. Entzündung), vermehrter Speichelfluss. Leberu. Galle: Häufig: Erhöhte Alaninaminotransferase. Skelettmuskulatur, Bindegewebe, Knochen: Häufig: Muskelrigidität, Selten: Rhabdomyolyse. Schwangersch., Wochenbett, perinatale Erkrank.: Nicht bekannt: Arzneimittelentzugssyndrom des Neugeborenen. Geschlechtsorgane, Brustdrüse: Gelegentl.: Sex. Funktionsstör., Amenorrhö; Selten: Gynäkomastie, Galaktorrhö. Allg. Erkrank.: Häufig: Ermüdung. Asenapin hat lokalanästhes. Eigensch. Orale Hypästhesie u. orale Parästhesie können unmittelbar nach d. Einn. auftreten u. gehen normalerw. innerh. 1 Std. wieder zurück.
Nach Markteinf. gab es Meld. über schwere Überempfindlichkeitsreakt., u. a. anaphylaktische/anaphylaktoide Reakt., Angioödem, geschwollene Zunge u. geschwollener Rachen (Pharynxödem). Weitere Informationen s. Fachinfo.
Verschreibungspflichtig. Stand: Februar 2013. Pharmazeut. Unternehmer: N.V.
Organon, Kloosterstraat 6, NL-5349 AB Oss, Niederlande, Örtl. Vertr.: Lundbeck
GmbH, Ericusspitze 2, D-20457 Hamburg.
Das Sycrest-Markenzeichen wird genutzt unter Lizenz von N.V. Organon, einem
Tochterunternehmen der Merck & Co., Inc., Whitehouse Station, NJ, USA.
f o r u m me d i z i n
Wann wird seelisches Leiden zur Krankheit?
Im Mai dieses Jahres wird die Amerikanische Gesellschaft für
Psychiatrie ihr neues Diagnosehandbuch für psychische
­Erkrankungen, das DSM-V, veröffentlichen, bei dessen Erstellung Konzepte, Grenzen und Definitionen psychischer
­Erkrankungen einer Revision unterzogen wurden. Im Vorfeld
der Veröffentlichung plädierte die Deutsche Gesellschaft für
Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN) dafür, Krankheitskonzepte nur dann auszuweiten, wenn dadurch klinisch relevantes Leiden besser als
bisher erkannt werden könne.
„Das DSM-V ist zunächst ein nationales Diagnosesystem für die USA und
dient als Grundlage der klinischen und
epidemiologischen Forschung. Es ist
aber auch für die Patientenversorgung
in Deutschland von Bedeutung“, sagte
Prof. Andreas Heinz, Vorstandsmitglied der DGPPN. Zwar komme in
deutschen Arztpraxen die ICD-Klassifikation der Weltgesundheitsorganisation zum Einsatz. Doch auch für sie
sei eine Überarbeitung in Vorbereitung, die sich mutmaßlich am amerikanischen Handbuch orientieren wird.
„Soweit absehbar, wendet sich das
DSM-V teilweise gegen den beschriebenen Trend einer Ausweitung psychischer Erkrankungen“, stellte Prof. Andreas Heinz, Vorstandsmitglied der
DGPPN, klar.
Sorge bereitet der DGPPN hingegen die geplante Einführung
bestimmter neuer Krankheitsdiagnosen und die damit verbundene Verschiebung von diagnostischen Grenzen zwischen
„krank“ und „gesund“: „So soll im DSM-V zum Beispiel eine
mehr als zweiwöchige Trauerphase nach dem Tod eines
nahestehenden Menschen der Krankheit Depression
­
­zugeordnet werden. Das DSM-V führt begründend an, dass
für Menschen, die in der Trauer Hilfe suchen, Beratung und
­Therapie angeboten werden können. Der Preis allerdings ist,
dass in diesem Fall das natürliche Nachlassen der Trauer­
empfindung und die meistens erhaltene Fähigkeit zur Selbstregulation ignoriert werden. Dies kann dazu führen, dass bei
einer zunehmenden Zahl trauernder Menschen eine krankheitsrelevante psychische Störung diagnostiziert wird“, sagte
der Past-Präsident der DGPPN, Prof. Peter Falkai.
DGPPN-Präsident Prof. Wolfgang Maier ergänzt: „Die Einführung neuer Diagnosen psychischer Störungen und die Ver10
ÄP NeurologiePsychiatrie 3_2013
mehrung und Ausweitung der Grenzen psychischer Störungen kann zu einer Medikalisierung von Problemen unserer
Gesellschaft und aller psychischer Leidenszustände führen.
Aus Sicht der DGPPN ist festzustellen, dass einige der im
DSM-V neu geplanten psychischen Beeinträchtigungen keinen Krankheitswert besitzen, weil sie natürliche Anpassungs- oder Alterungsprozesse abbilden. Die resultierenden
Leistungsansprüche bei einer solchen Ausweitung des diagnostischen Spektrums überlasten das medizinische Ver­
sorgungs­
system und gefährden
damit eine gerechte Verteilung der
begrenzten und „gedeckelten“
­
­Ressourcen unseres Gesundheitswesens – vor allem zum Nachteil
jener psychisch schwer erkrankter
Menschen, die unbedingt eine
sach­
gerechte medizinische Hilfe
benötigen.“
Kritik am neuen DSM-V kommt
auch von dem amerikanischen Psychiater Allen Frances, der in den
1990er-Jahren die Kommission zur
Erarbeitung des DSM-IV geleitet
hat. In seinem Buch „Normal –
Gegen die Inflation psychiatrischer
Diagnosen“ warnt auch Allens
­
davor, normale, zum Leben gehörende Seelenzustände zu Krankheiten zu erklären. Besonders besorgt
sei er hinsichtlich der Kinder. „Nach
dem DSM-IV haben wir einen dramatischen Anstieg an diagnostizierten Kindern mit Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom,
bipolaren Störungen und Autismus gesehen. Aber nicht die
Kinder haben sich geändert, sondern die Etiketten, oft erhalten sie Psychopharmaka mit all ihren Nebenwirkungen“, kritisierte der Psychiater in einem Interview mit der Deutschen
Presseagentur (dpa). Nun solle die Diagnose „affektive
­Dysregulation“ für Kleinkinder, die regelmäßig Wutanfälle
haben, in das DSM-V aufgenommen werden. Also ein Verhalten, das oft nur eine Phase in der Entwicklung eines Kindes
betreffe. „Ich befürchte, dass nun noch mehr Kinder Psychopharmaka erhalten“, sagte Allens und plädierte dafür,
­Diagnosekriterien nicht von den Psychiatern selbst, sondern
von unabhängigen Gesundheitsexperten erstellen zu lassen,
die den Stand der Forschung überprüften.
ej/dpa
DGPPN, 15. April 2013.
Gina Sanders - Fotolia.com
In Kürze erscheint das amerikanische Diagnosehandbuch DSM-V. Im Vorfeld plädiert die DGPPN
dafür, nicht jedes seelische oder soziale Leid zur psychischen Krankheit zu erklären.
Mehr Lebensqualität für Parkinson-Patienten
Auf dem Jahreskongress der AAN wurden neue Behandlungsoptionen bei Morbus Parkinson
vorgestellt, mit denen sich Stürze verhindern und Wearing-off-Zeiten reduzieren lassen können.
Störungen der Kreislaufregulation, Wearing off und unzureichende Symptomkontrolle trotz Medikation: Die Liste der
­gesundheitlichen Probleme, mit denen Parkinson-Patienten und
Ärzte aufgrund der neurodegenerativen Erkrankung zu kämpfen
haben, ist lang. Auf dem Jahreskongress der US-amerikanischen
Neurologischen Gesellschaft AAN wurden jüngst drei neue
­Behandlungsoptionen vorgestellt, die die Lebensqualität von
Parkinson-Patienten künftig verbessern könnten.
Kreislaufprobleme beim Aufstehen
Die erste Studie hatte die Wirksamkeit von Droxidopa gegen
das plötzliche Abfallen des Blutdruckes untersucht, das beim
Aufrichten in die senkrechte Position auftreten und zu
Schwindel, Ohnmacht und Stürzen führen kann. Bis zu
18 Prozent der Parkinson-Patienten zeigen diese Störung des
autonomen Nervensystems, die auf einer unzureichenden
Ausschüttung des Neurotransmitters Noradrenalin basiert.
Für die Untersuchung erhielten 225 Parkinson-Patienten randomisiert entweder acht Wochen lang ein Placebo oder den
Wirkstoff Droxidopa. Die Substanz ist eine Prodrug, die beim
Passieren der Blut-Hirn-Schranke zu dem Botenstoff Nor­
adrenalin umgewandelt wird. Droxidopa kann einen Nor­
adrenalinmangel im Gehirn ausgleichen.
Nach einer Woche Behandlung traten in der Verumgruppe
die Symptome Schwindel und Benommenheit signifikant seltener auf als in der Placebogruppe. Die Zahl der Stürze ging
während der insgesamt zehnwöchigen Studie unter Droxi­
dopa auf durchschnittlich 0,38 pro Patient und Woche zurück, während in der Placebogruppe 1,73 Stürze pro Patient
und Woche auftraten.
Die zweite Studie fokussierte auf die Behandlung des
­Wearing-off-Symptoms, das nach mehrjähriger Einnahme
von Levodopa auftritt. Hierfür erhielten 420 Parkinson-­
Patienten, die im Durchschnitt mit sechs Stunden Wearingoff pro Tag zu kämpfen hatten, über zwölf Wochen hinweg
entweder ein Placebo oder eine von vier Dosen des Wirkstoffs
Tozadenant zusätzlich zu Levodopa. Bei Studienteilnehmern,
die zwei Dosen des Wirkstoffes erhalten hatten, hatte sich
die Off-Zeit am Studienende um rund eine Stunde pro Tag
reduziert. Außerdem traten während der Off-Zeit keine
­weiteren Dyskinesien auf.
Rasagilin und Dopaminagonisten ergänzen sich
Hilfe für Parkinson-Patienten, deren Symptome nur unzureichend auf Dopaminagonisten reagierten, versprach die dritte
Studie. Hier hatten die Forscher 321 Teilnehmer in einem
frühen Krankheitsstadium randomisiert einer Behandlung
mit Rasagilin zusätzlich zur Therapie mit Dopaminagonisten
oder einem Placeboarm zugeteilt.
Nach 18 Wochen hatten sich die Parkinsonsymptome in der
Verumgruppe um 2,4 Punkte (UPDRS) verbessert. Die beobachteten Nebenwirkungen ähnelten denen der Placebogruppe. ej
AAN, 14. März 2013.
Neues Vitamin für Nervenzellen
Das Molekül 7,8-Dihydroxyflavon, auch Vitamin P genannt,
sichert motorischen Nervenzellen das Überleben in Kultur.
Das berichten Biologen der Ruhr-Universität Bochum in der
Fachzeitschrift „Molecular and Cellular Neuroscience“.
Das Signal dafür sendet es jedoch auf einem anderem Weg
als der Brain Derived Neurotrophic Factor (BDNF), der zuvor
als Kandidat für die Therapie von Verletzungen der Moto­
neurone galt. „Der BDNF hat im Versuch mit Menschen nur
eingeschränkt gewirkt, teilweise sogar negative Folgen
­gehabt“, erklärte Prof. Stefan Wiese aus der RUB-Arbeitsgruppe Molekulare Zellbiologie.
Das von den Forschern nun untersuchte Vitamin P entfal­
tete seine positiven Effekte auf die motorischen Nervenzel-
len nur in einem sehr kleinen Konzentrationsbereich. „Diese
Ergebnisse zeigen, wie wichtig eine genaue Bestimmung
von Dosis und Wirkung ist“, sagte Wiese. Eine Überdosis
Vitamin P verminderte den Überlebenseffekt; ab einer gewissen Menge traten keine positiven Wirkungen mehr auf.
Die Forscher hoffen, dass Vitamin P weniger negative Nebenwirkungen als BDNF haben könnte. „Es ist einfacher anwendbar, da es die Blut-Hirn-Schranke passieren kann und deshalb nicht wie BDNF über Pumpen in die Hirnflüssigkeit
eingebracht werden muss“, sagte Wiese.
ej
Molecular and Cellular Neuroscience 2013, DOI: 10.1016/
j.mcn.2013.02.007.
ÄP NeurologiePsychiatrie 3_2013
11
f o r u m me d i z i n
Übersetzungsfehler im Gehirn
Proteine, die vom Erbgut eigentlich nicht codiert werden dürften, scheinen die Nervenzellen bei
Frontotemporaler Demenz und Amyotropher Lateralsklerose zu schädigen.
Bei manchen Demenzerkrankungen werden stille Bereiche
des Erbguts irrtümlich in ungewöhnliche Eiweißstoffe übersetzt. Dies hat ein internationales Forscherteam unter Beteiligung des Deutschen Zentrums für Neurodegenerative
Erkrankungen (DZNE) in München und der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) herausgefunden. Eigentlich sollten
die nun entdeckten Proteine gar nicht existieren, dennoch
bilden sie den Kern bisher rätselhafter Ablagerungen, die bei
genetisch bedingten Störungen des Nervensystems aus dem
Spektrum der Frontotemporalen Demenz und Amyotrophen
Lateralsklerose auftreten. Die Eiweißpartikel sind vermutlich
schädlich und könnten daher ein Ansatzpunkt für therapeutische Maßnahmen sein.
„Wir haben festgestellt, dass die von uns entdeckten Proteine
auf eine genetische Besonderheit zurückgehen, die bei vielen
Patienten auftritt. An einer Stelle im Gen C9orf72 finden sich
hundertfache Wiederholungen der Sequenz GGGGCC, die bei
gesunden Personen weniger als 20-mal vorkommt“, erläutert
der Münchener Molekularbiologe Dr. Dieter Edbauer, der
­sowohl am DZNE als auch am Adolf-Butenandt-Institut der
LMU tätig ist. „Erstaunlich ist allerdings, dass daraus Pro­teine
entstehen. Denn diese Wiederholungen liegen in einem Bereich der DNA, der eigentlich nicht in Eiweiße übersetzt
wird.“
Denn die Region mit den vielfachen Wiederholungen enthält
kein gängiges Startsignal für die Proteinbiosynthese. „Man
kennt zwei sehr seltene Alternativen zum gängigen Mechanismus. Welche Vorgänge hier wirksam sind, wissen wir bisher nicht“, erklärte Dr. Christian Haass, Standortsprecher des
DZNE in München und Leiter des Lehrstuhls für Stoffwechsel­
biochemie an der LMU.
Durch Experimente in Zellkulturen konnten die Forscher
­jedoch nachweisen, dass überlange Abfolgen der Sequenz
GGGGCC – auch ohne das gängige Startsignal – tatsächlich
in Proteine übersetzt werden. Die gleichen Proteine konnten
sie auch in den typischen Partikeln finden, die sich im Gehirn
von Patienten ansammeln: Es handelt sich dabei um sehr
lange „Dipeptid-Repeat-Proteine“, die aus einer Verkettung
immer gleicher Bausteine bestehen.
„Das sind sehr ungewöhnliche Proteine, die ansonsten im
Körper überhaupt nicht vorkommen“, sagte Edbauer. „Soweit
wir wissen, sind sie völlig nutzlos und sehr schlecht löslich.
Deswegen bilden sie Aggregate und scheinen die Nerven­zelle
zu schädigen. Der schädigende Einfluss ist noch nicht eindeutig bewiesen, aber vieles spricht dafür.“
Ihre Besonderheit mache diese Proteine jedenfalls zu einem
interessanten Ziel für neuartige Therapien. „Da der Mechanismus ihrer Herstellung so ungewöhnlich ist, finden wir
vielleicht Wege, ihre Entstehung gezielt zu hemmen, ohne
die Synthese anderer Proteine zu stören. Man könnte auch
gegen ihre Aggregation vorgehen und versuchen, ihren
Abbau zu beschleunigen“, ergänzte Edbauer.
Ein Patentantrag ist eingereicht und die Wissenschaftler
haben große Pläne. „Es ist unser Traum, am DZNE in München eine Therapie für diese schreckliche Krankheiten zu
entwickeln“, sagten Haass und Edbauer.
ej
LMU München, 7. Februar 2013.
Nervenstimulation schützt vor Migräne
Migränepatienten profitieren von der elektrischen Reizung
des Supraorbitalnervs durch einen Nervenstimulator. Dies
berichten belgische Wissenschaftler in der Februarausgabe
der Zeitschrift „Neurology“.
Das Tragen eines Nervenstimulators für 20 Minuten am Tag
könne eine neue Therapieoption für Migränepatienten sein,
glauben die Forscher. Für ihre Studie ließen Dr. Jean S­ choenen
von der Liège University in Belgien 67 Studienteilnehmer, die
durchschnittlich mit vier Migäneattacken pro Monat zu
kämpfen hatten, drei Monate lang entweder einen echten
oder einen Scheinstimulator tragen. Nach drei Monaten war
die Zahl der Migräneanfälle in der Verumgruppe von durch12
ÄP NeurologiePsychiatrie 3_2013
schnittlich 6,9 auf 4,8 Tage pro Monat zurückgegangen. Bei
der Kontrollgruppe trat keine Veränderung der Migräne­
häufigkeit auf. Bei 38 Prozent der Teilnehmer in der Interventionsgruppe ging die Zahl der Migränetage pro Monat um
mehr als 50 Prozent zurück, während dies in der Sham-­
Gruppe nur bei zwölf Prozent der Fall war.
„Diese Ergebnisse sind erstaunlich, da sie denen von Medikamenten zur Migränevorbeugung ähneln. Allerdings haben die
Medikamente oft Nebenwirkungen, die dazu führen, dass die
Patienten sie wieder absetzen“, sagte Schoenen. ej
Neurology 2013, 80(8): 697-704.
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Schwindelgefühl, Mundtrockenh., Müdigk.; selten: zerebrale Krampfanfälle; selten/sehr selten: Polyneuropathien. Berichte z. Auftret. v. Tremor, Schläfrigk. u. Benommenheit un. Tinnitus. Häufig: Herzklopfen. Gefäßerkrank.
Sehr häufig: Hypotonie, Orthostase-Reakt., häufig: Hypertonie bis zu gelegentl. hypertensiven Krisen (m. Tachykardie, Gesichtsrötung, Kopfschm., Nackensteifigk., Übelk., Erbr. u. Lichtscheu m. d. Risiko in Einzelf., insbes. bei
Nichtbeachtung der diätet. Auflagen od. bei medikamentösen WW intrakranieller Blutungen). Selten: Ödeme. Augenerkrank. Selten/sehr selten: Akkomodationsstör. Erkrank. des Gastrointestin.-Trakts. Selten: Obstipation,
Diarrhoe, Übelk. (mit/ohne Erbr. sowie unspezif. dyspept. Beschw. Selten/sehr selten: Leberfunktionsstör., Anstieg der Leberenzymaktivität. Erkrank. der Haut u. des Unterhautzellgewebes Selten: Schwitzen. Selten/sehr
selten: allerg. Hautausschläge. Sehr selten: Haarausfall. Selten: Muskelspasmen, Muskel- Gelenkschm. (selten/sehr selten). Berichte zur Auslös. von Muskelzuckungen. Sehr selten vermind. Harnbild. (entsprech. dem Syndr.
der inadäquaten ADH-Sekretion). Berichte zu dysurischen Beschw. Selten: Anorgasmie, erektile Impotenz, Ejakulationsstör. Häufig: Gewichtszu- u. -abnahme, Schwäche. Selten/sehr selten: Hyperthermie. Berichtet wurde v.
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f o r u m me d i z i n
Computerassistierte OP-Technik ist überlegen
Patienten mit Hirntumor profitieren von standardisierter und objektiver tumorchirurgischer
­Klassifikation und computerassistierter Neurochirurgie mit höheren Überlebenschancen.
Beispiel für computerassistierte
OP-Technik am Uni-Klinikum
Erlangen: Der OP-Roboter
da Vinci®.
Patienten mit einem Hirntumor in direkter Nähe
des Sprach-, Seh- oder Hörzentrums können
computerassistiert mit größerem Erfolg operiert
werden. Das ergab eine internationale Vergleichsstudie der Neurochirurgischen Klinik der
Universität Erlangen, die in „Nature Reviews“
veröffentlicht wurde.
In der Untersuchung werteten Neurochirurgen
des Universitätsklinikums Erlangen mehr als
120 internationale klinische Studien zur Tumorchirurgie aus. Grundsätzlich wurden dabei zwei
Patientengruppen unterschieden: Patienten,
deren Tumor in einem funktionell unkritischen
Randareal lag, und Patienten, deren Tumor sich
in direkter Nähe eines funktionellen Gehirn­
zentrums befand.
Während es für die Patientengruppe mit Tumor
in Randlage keinen nennenswerten Unterschied
im Hinblick auf die Operationsart gab, zeigten
die Studien bei der Patientengruppe mit einem
Tumor in direkter Nähe des Sprach-, Seh- oder
Hörzentrums, dass sie mit größerem Erfolg in
einem Zentrum mit computerassistierter Neuro-
chirurgie operiert werden konnten. Weiterhin ergab die Studienanalyse, dass für eine optimale Patientenversorgung
objektive Volumen- und Funktionsanalysen essenziell sind.
Bei der Behandlung von hirneigenen Tumoren steht nach wie
vor die operative Therapie an erster Stelle, gefolgt von einer
Bestrahlungs- und Chemotherapie. „Dabei sind die präoperative Tumorklassifikation, die Operationsart und der Umfang
der Tumorentfernung für den Erfolg der anschließenden Therapie von entscheidender Bedeutung“, sagte PD Dr. Ilker Y.
Eyüpoglu.
Die Neurochirurgie stand allerdings lange Zeit vor dem Problem, dass Tumoren sich nur sehr schwer von gesundem
Hirngewebe und funktionell wichtigen Hirnregionen – wie
dem Sprach-, Seh- oder Hörzentrum – unterscheiden.
Um diese Problematik zu lösen, haben Erlanger Neurochirurgen vor rund zehn Jahren die Operation mit computerassistierter intraoperativer Magnetresonanzbildgebung ent­
wickelt. Diese kostenintensive Technik haben bis heute
allerdings nur sehr wenige neurochirurgische Zentren in
Deutschland etabliert.
ej
Nat Rev Neurol 2012;9(3):141-51;
FAU, 4. April 2013.
Kalzium macht Neurone schmerzempfindlich
Bei anhaltenden Schmerzen sorgt Kalzium in den Nerven­
zellen dafür, dass diese dauerhaft empfindlicher auf schmerzhafte Reize reagieren. Diese Veränderungen im Rückenmark
erklären erstmals, wie es zur Ausbildung des sogenannten
Schmerzgedächtnisses kommt. Daraus eröffnen sich nach
Ansicht der Wissenschaftler möglicherweise auch neue
­Perspektiven für die Therapie chronischer Schmerzen.
Wie die Wissenschaftler herausfanden, gelangt bei sehr heftigen oder anhaltenden Schmerzen so viel Kalzium in die
Nervenzellen, dass es – was sonst nicht der Fall ist – in den
Zellkern transportiert wird. Hier nimmt es Einfluss darauf,
welche Bereiche der Erbinformation aktiviert oder deaktiviert
werden: Mäuse, in deren Nervenzellen die Wirkung des Kalziums im Zellkern blockiert wurde, entwickelten trotz chronischer Entzündung keine Überempfindlichkeit gegenüber
14
ÄP NeurologiePsychiatrie 3_2013
schmerzhaften Reizen und kein Schmerzgedächtnis. Im Erbgut der Mäusen fanden die Forscher unter kalzium­regulierten
Genen auch solche, die bisher nur mit Entzündungsprozessen
des Immunsystems in Verbindung gebracht wurden. In den
Nervenzellen des Rückenmarks sorgen sie hingegen dafür,
dass die Neurone nur eine bestimmte Anzahl an Kontakt­
stellen zu anderen Nervenzellen ausbilden. So wird der Grad
der Vernetzung und damit die Intensität der Signalüber­
tragung begrenzt. Versuche an Nervenzellen im Labor zeigten: Wird die Genfamilie von Kalzium deaktiviert, bilden sich
zusätzliche Synapsen, die Zelle wird empfindlicher. Die
­Ergebnisse bieten neue Ansatzpunkte, um die Entstehung
von chronischem Schmerz künftig zu verhindern.
ej
Neuron 2013;77:43-57.
UK Erlangen
Heidelberger Forscher haben einen Schlüsselmechanismus bei der Entstehung chronischer
­Schmerzen entdeckt, an dem Kalziumionen maßgeblich beteiligt sind.
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2. Poewe W et al., Extended-release pramipexole in early Parkinson disease: a 33-week randomized controlled trial. Neurology, Prepublished online August 10, 2011, doi: 10.1212/WNL.0b013e31822affb0 Neurology 2011; 77:759-766.
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1 H2O. Verschreibungspflichtig. Zusammensetzung: Arzneilich wirksamer Bestandteil: Sifrol® 0,26 mg Retardtabl.: 1 Tbl. enthält 0,375 mg Pramipexoldihydrochlorid 1 H2O, entsprechend 0,26 mg Pramipexol. Sifrol® 0,52 mg Retardtabl.: 1 Tbl.
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Pramipexoldihydrochlorid 1 H2O, entsprechend 2,62 mg Pramipexol. Sifrol® 3,15 mg Retardtabl.: 1 Tbl. enthält 4,5 mg Pramipexoldihydrochlorid 1 H2O, entsprechend 3,15 mg Pramipexol. Sonstige Bestandteile: Hypromellose 2208, Maisstärke,
wasserfreies hochdisperses Siliziumdioxid, Carbomer 941, Magnesiumstearat. Anwendungsgebiete: SIFROL®-Retardtabletten sind bei Erw. angezeigt zur symptomatischen Behandlung des idiopathischen Morbus Parkinson, allein (ohne L-Dopa)
oder in Kombination mit Levodopa, d. h. während des gesamten Krankheitsverlaufs bis hin zum fortgeschrittenen Stadium, in dem die Wirkung von Levodopa nachlässt oder unregelmäßig wird und Schwankungen der therapeutischen Wirkung
auftreten (sog. end-of-dose- oder on-off-Phänomene). Gegenanzeigen: Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der sonstigen Bestandteile. Nebenwirkungen: Auftreten können: Pathologisches Spielen (Spielsucht), zwanghaftes Einkaufen, Wahnvorstellungen, Hypersexualität, Störungen der Libido, Essattacken, Hyperphagie, Gewichtszunahme, Herzversagen, Hyperkinesie, Ruhelosigkeit, Amnesie, Synkope, plötzliches Einschlafen, Lungenentzündung, Dyspnoe, Schluckauf,
Überempfindlichkeitsreaktionen, Pruritus, Hautausschlag. Sehr häufig (≥ 10 %): Übelkeit, Dyskinesien, Somnolenz, Schwindel. Häufig (1 – 10 %): Gewichtsabnahme einschl. vermindertem Appetit, Obstipation, Erbrechen, Müdigkeit, periphere
Ödeme, Kopfschmerzen, Verwirrtheitszustand, Halluzinationen, Hypotonie, Schlaflosigkeit, Verhaltensauffälligkeiten im Sinne von Impulskontrollstörungen und zwanghaftem Verhalten, abnorme Träume, Sehstörungen einschließlich Doppeltsehen, Verschwommensehen und verminderter Sehschärfe. Hypotonie kann zu Behandlungsbeginn auftreten, besonders dann, wenn die Dosistitration von Pramipexol zu schnell erfolgt. Pramipexol wird mit übermäßiger Schläfrigkeit (Somnolenz)
und plötzlichem Einschlafen in Verbindung gebracht. Die Inzidenz für Somnolenz ist bei Tagesdosen über 1,1 mg Pramipexolbase erhöht. Häufige Nebenwirkungen bei Kombination mit Levodopa waren Dyskinesien.
Hinweis: Weitere Einzelheiten enthält die Fach- bzw. Gebrauchsinformation, deren aufmerksame Durchsicht wir empfehlen. Arzneimittel unzugänglich für Kinder aufbewahren. Stand Juni 2011
ABCD
Boehringer Ingelheim Pharma GmbH & Co. KG, 55216 Ingelheim am Rhein, Internet: http://www.medworld.de; http://www.sifrol.de, Tel. 0800 / 77 90 900, Fax 0 61 32 / 72 99 99
MP 02/13
Aus Indus t ri e und Fo rs chung
Aktuelles aus Industrie und Forschung
Mild Cognitive Impairment (MCI)
Morbus Parkinson
Ginkgo biloba tut Kognition und Psyche gut
Gastroparese induziert Off-Zeiten
W Gut 40 Prozent der Patienten mit MCI sind reizbar, depressiv,
apathisch oder auf andere Weise verhaltensauffällig, berichtete Prof. Ulrich W. Preuss, Perleberg, auf dem 21. Europäischen
­Psychiatriekongress in Nizza. Diese Symptome spielen eine
wichtige Rolle und sollten im Rahmen der Behandlung der
­kognitiven Defizite ebenfalls entsprechende Beachtung finden.
Dass dies mit dem Ginkgo-Biloba-Spezialextrakt EGb 761®
­(Tebonin®) gelingen kann, zeigt eine randomisierte, placebokontrollierte Multicenterstudie, die Preuss während seines
Vortrags vorstellte. Bei den 160 Teilnehmern der Studie lag
eine MCI vor. Bei der Mini-Mental-State-Examination
­erreichten die Patienten in beiden Gruppen jeweils 26 Punkte.
Es bestanden aber auch klinisch bedeutsame neuropsychia­
trische Beschwerden. Diese wurden initial im Neuropsychiatric
Inventory (NPI) mit mindestens sechs Punkten bewertet. Bei
einem der K
­ riterien „Depression/Dysphorie“, „Angst“, „Apathie/
Indifferenz“, „Agita­tion“ oder „Irritabilität/Labilität“ mussten
die Teilnehmer vier Punkte oder mehr erreichen.
W Ist beim idiopathischen Parkinson-Syndrom der Gastrointestinaltrakt erheblich mitbetroffen, führt dies zu einer
­beträchtlichen Minderung der Lebensqualität, betonte PD
Dr. Dirk Woitalla, Bochum, auf dem jüngsten ParkinsonKongress in Würzburg. Die Patienten leiden unter Völle­
gefühl, Sodbrennen, Übelkeit, Erbrechen, abdominalen
Schmerzen und Durchfall. Dopaminerge Medikamente, welche diese Störungen partiell lindern könnten, kommen aber
gar nicht zur Wirkung, sofern sie oral eingenommen werden. Grund dafür ist die Gastroparese, die eine erheblich
längere Magenpassage verursacht. „Die Medikamente verbleiben im Magen und können nicht resorbiert werden“,
erläuterte Woitalla. Motorisch werden so oftmals Off-­
Zeiten induziert.
Auch wenn die L-Dopa-Einnahme von einem Fünf-Stundenauf ein Drei-Stunden-Intervall umgestellt werde, komme es
bei Patienten mit einer ausgeprägten Gastroparese dennoch
zu stark erniedrigten Levodopa-Plasmaspiegeln.
In der von ihm und Kollegen durchgeführten nicht interventionellen NON-GI-Studie wurden 58 IPS-Patienten daraufhin untersucht, inwiefern eine Umstellung auf ein trans­
dermales System die GI-Beschwerden reduziert. Appliziert
wurde der Dopaminagonist Rotigotin (Neupro®). Die Beschwerden wurden von den Patienten auf einer Visuellen
Analogskala (0–100 mm) eingetragen. Sechs Wochen nach
der Umstellung war der Score von durchschnittlich 47,5 auf
19,7 gefallen. Woitalla zeigte sich selbst überrascht. „Solch
einen starken Effekt hatten wir nicht erwartet.“ Aktuell
werden in einer amerikanischen Studie die Effekte einer
solchen Umstellung auch in Hinsicht auf motorische Symptome untersucht.
Als Therapie wurden täglich über 24 Wochen entweder 240 mg
des Extraktes oder Placebo verabreicht. Im Ergebnis erreichten
knapp 79 Prozent der Teilnehmer in der Verumgruppe einen
Anstieg des NPI um mindestens vier Punkte. In der Placebogruppe gelang dies nur etwa 59 Prozent (p=0,002). Am meisten profitierten die Patienten bezüglich des Kriteriums
Angst. Bei anderen Symptome wie Agitation oder Depression waren die Veränderungen weniger deutlich.
Als Maß für die Effekte auf die kognitiven Fähigkeiten diente der Trail-Making-Test B. Dieser
signalisierte nach dem 24-Wochen­
Zeitraum ebenfalls eine signifikante
Verbesserung gegenüber Placebo.
Der klinische Gesamteindruck (GCI)
schließlich bestätigte, dass der klinische Nutzen unter der Behandlung
mit dem Ginkgo-biloba-Extrakt erheblich
­stärker ausfiel als unter Placebo. Die Behandlung, so Preuss, war sicher und
wurde von den Teilnehmern gut vertragen. Martin Bischoff
Pressegespräch: „Free Communications –
Geriatric Psychiatry: Ginkgo biloba extract EGb
761® in mild ­cognitive impairment with neuropsychiatric symptoms: A randomized placebo-controlled
trial”. Dr. Willmar Schwabe, April 2013, Nizza.
16
ÄP NeurologiePsychiatrie 3_2013
Wirkung auf nicht motorische Störungen (NMS)
Prof. Jens Volkmann, Würzburg, wies ausdrücklich auf die
Auswirkungen der NMS auf die Lebensqualität hin. So klagen
60 bis 98 Prozent der IPS-Patienten über Schlafstörungen,
begleitet von erheblicher Tagesmüdigkeit. Daher ist eine
­Medikation vonnöten, welche auch bei diesen Syndromen
wirksam ist. Die Ergebnisse der RECOVER-Studie dokumentieren, so Volkmann, dass Rotigotin versus Placebo neben den
motorischen (Reduktion UPDRS-III: -7,0 vs. -3,9) auch nicht
motorische Symptome wie die nächtliche Schlafqualität
(PDSS-2-Summenscore: -5,9 vs. -1,9) signifikant verbessern
kann.
Reimund Freye
Satellitensymposium: Therapie des Morbus Parkinson: Herausforderungen für Klinik und Praxis. UCB, 15. März 2013 in
Würzburg.
SG- design - Fotolia.com
Signifikant weniger Angst unter Ginkgo biloba
Multiple Sklerose
Frühzeitiger Behandlungsbeginn reduziert
Progressionsrisiko
W Die frühzeitige Behandlung mit dem Wirkstoff Laquinimod
verlangsamt die Krankheitsprogression bei Patienten mit
schubförmig remittierender Multipler Sklerose (RRMS) gegenüber einer verzögerten Behandlung signifikant. Dies belegt die
auf dem 65. Jahrestreffen der American Academy of Neuro­logy
(AAN) vorgestellte Subgruppenanalyse der Phase-III-Studie
ALLEGRO. Präklinische Studien am Tiermodell weisen außerdem darauf hin, dass Laquinimod, für das im Juli 2012 die
Zulassung bei der EMA eingereicht wurde, die Myelinisierung
im Gehirn und Rückenmark wiederherstellen kann.
In der vorgestellten Subgruppenanalyse wurde die Wirksamkeit einer frühzeitigen Therapie mit einer verzögert begonnenen Behandlung mit Laquinimod verglichen. In der Gruppe der
frühzeitig therapierten, den sogenannten „early-start“-Patienten, erhielten die Studienteilnehmer seit 36 Monaten Laquinimod, die so genannten „delayed-start“-Patienten wurden seit
24 Monaten mit der Substanz behandelt.
Insgesamt waren während der gesamten Studiendauer – dies
schließt sowohl die ALLEGRO-Studie als auch die Subgruppenanalyse ein – „early-start“-Patienten seltener von einer
Behinderungsprogression betroffen als Patienten mit einem
verzögerten Therapiestart mit Laquinimod (11,8 % Risiko
einer bestätigten Behinderungsprogression vs. 16,7 %).
Von den 864 in die multizentrische, randomisierte, doppelblinde Phase-III-Studie ALLEGRO eingeschlossenen Patienten nahmen 97 Prozent an der offenen Verlängerung teil.
Die Auswertung bekräftigt das Sicherheits- und Verträglichkeitsprofil von Laquinimod bei RRMS-Patienten. So traten
auch während der Open-label-Phase keine neuen Sicherheitsbedenken auf.
ej
Teva, 27. März 2013.
Schizophrenie
Otsuka und Lundbeck bauen Kooperation aus
W Die pharmazeutischen Unternehmen Otsuka und Lundbeck
haben zum 1. April dieses Jahres ihre bestehende Zusammenarbeit auf die Bewerbung von Abilify Tabletten, Schmelztabletten, der Lösung zum Einnehmen sowie der intramuskulären Injektionslösung von Abilify in 14 europäischen Ländern
ausgeweitet.
Die Vereinbarung berechtigt Lundbeck zur Vermarktung aller
Darreichungsformen von Abilify, die derzeit von Otsuka in der
Europäischen Union vermarktet, verkauft und vertrieben
werden: der Tabletten, Lösung, Schmelztabletten und der intramuskulären Injektionslösung.
Die Unternehmen gaben zudem bekannt, dass Abilify Maintena™ (Aripiprazol), eine injizierbare, einmal monatlich zu
verabreichende Depotformulierung zur Behandlung von
Schizophrenie, seit dem 18. März in den USA erhältlich ist.
Abilify Maintena™ wurde am 28. Februar von der amerikanischen Zulassungsbehörde (FDA, Food and Drug Administration) für die Behandlung der Schizophrenie zugelassen.
Abilify Maintena™ und Abilify enthalten den Wirkstoff Aripiprazol, der als Partialagonist am Dopamin-D2-Rezeptor wirkt. In
klinischen Studien wurde nachgewiesen, dass Abilify Maintena™ im Vergleich zu Placebo die Zahl der Rückfälle bei Schizophrenie-patienten senkt und dabei die Effizienz und das Sicherheitsprofil der oralen Verabreichungsformen von Abilify bietet
– mit einer Freisetzung des Wirkstoffes über einen Monat. ej
Lundbeck, Otsuka, 7. März 2013.
Multiple Sklerose
Niedriger Erstattungsbetrag für Sativex®
W Nach dem Schiedsspruch im Rahmen des Arzneimittel­
neuordnungsgesetzes (AMNOG), wonach das Oromukosalspray
Sativex® nur noch 150 Euro kosten darf, hat der Hersteller
­Almirall angekündigt, alle Optionen und weiteren Schritte zu
prüfen. Bislang betrug der Abgabepreis für das Spray 464 Euro.
„Der Erstattungsbetrag ist dieser modernen Therapie für sehr
schwer Erkrankte, die momentan keine andere Option haben,
nicht angemessen“, sagte der Geschäftsführer der Almirall
­Hermal GmbH, Farid Taha. „Zudem deckt er nicht einmal annähernd die Finanzierung des Produktes: Können die Kosten für
Produktion, Lizenz, regulatorische Auflagen, aufwendigen Kühltransport, Arzneimittelüberwachung, Sicherheit, Administration
und medizinische Patienteninformation nicht gedeckt werden,
wird es sehr schwer für uns, den Patienten in Deutschland
­Sativex® weiterhin zur Verfügung zu stellen.“ Die hohen Kosten
für Forschung und Entwicklung des Produktes seien hierbei noch
nicht berücksichtigt, hieß es von Seiten des Unternehmens.
Der im Schiedsspruch festgelegte Erstattungsbetrag zwinge das
Unternehmen zu einem Rabatt von mehr als 60 Prozent. Und dies
trotz des bescheinigten Zusatznutzens für Sativex®, der höheren
Preise in anderen europäischen Ländern und des relativ kleinen
Patientenkollektivs, das mit bisherigen MS-Präparaten nicht
ausreichend therapierbar ist, monierte das Unternehmen.
„Die klinischen Daten führten zur Aufnahme in die DGN/KKNMSLeitlinien. Die Erfahrungen im Behandlungsalltag zeigen die Vorteile, die die Therapie Menschen mit Spastik bringen kann“,
­erläuterte Bertil Lindmark, Chief Scientific Officer bei Almirall.ej
Almirall, 19. März 2013.
Diabetische Polyneuropathie
Hochdosis-Monotherapie oder
Kombinationstherapie?
W In der medikamentösen Behandlung von
Patienten mit schmerzhafter diabetischer
Poly­neuropathie werden häufig Duloxetin
und Pregabalin eingesetzt. Doch was emp-
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Aus Indus t ri e und Fo rs chung
Bei der Monotherapie lag Duloxetin vorne
Die Monotherapien dagegen zeigten unterschiedliche Wirksamkeiten. So linderte die initiale Duloxetin-Behandlung die
Schmerzen in acht Wochen deutlich stärker als das Vergleichspräparat (-2,3 vs. -1,68 auf der Líkert-Skala). Der Vorteil war bereits nach vier Wochen eindeutig, berichtete­
Prof. Kai-Uwe Kern vom Institut für Schmerzmedizin in Wiesbaden. Insgesamt erzielten mit Duloxetin signifikant mehr
Patienten einen Rückgang der Schmerzen um mindestens­
30 Prozent (52 % vs. 36,9 % der Probanden) oder um mindestens die Hälfte (40,3 % vs. 27,8 %) als mit der Vergleichstherapie. Dabei besserten sich mit den Schmerzen auch die
Alltagsfähigkeiten stärker. Das betraf unter anderem all­
gemeine Aktivitäten, das Gehvermögen und den Schlaf. Diese
drei Punkte sind den Patienten einer Studie zufolge am wichtigsten.
Helga Brettschneider
Pressegespräch „Hochdosieren oder kombinieren? Neue Erkenntnisse zur Therapie mit Duloxetin bei der schmerzhaften diabetischen Polyneuropathie“. Lilly Deutschland GmbH, 7. März 2013,
Frankfurt/Main.
Schizophrenie/Bipolare Störung
Adasuve®erhält Marktzulassung in Europa
W Die Europäische Kommission hat im Februar dieses Jahres
für Adasuve® (Staccato® Loxapin) die Marktzulassung erteilt.
18
ÄP NeurologiePsychiatrie 3_2013
Damit ist die erste Therapie für die schnelle Beherrschung
leichter bis mittelschwerer Agitation bei erwachsenen
Patien­ten mit Schizophrenie oder bipolarer Störung zugelassen, die nicht injiziert werden muss.
Die Zulassung beinhaltet, dass die Patienten nach erfolgreicher Behandlung der akuten Symptomatik mit der Standardtherapie weiterbehandelt werden und dass Adasuve® nur
unter Beobachtung von medizinischem Fachpersonal in
einem klinischen Umfeld eingesetzt wird.
Da bei Patienten mit einer aktiven Erkrankung der Atemwege
Bronchospasmen auftreten können, sollten zur Behandlung
schwerer Bronchospasmen kurz wirksame Beta-2-Sympatho­
mimetika bereitgestellt werden.
„Unser EU-Partner, die Ferrer-Gruppe, zu der auch die
Trommsdorff GmbH gehört, steckt mitten in den Vorbereitungen für die Markteinführung von Adasuve®, die in Europa
und in den USA für das dritte Quartal geplant ist“, erklärte
Thomas B. King, Präsident und CEO von Alexza. Der Fokus für
die initiale Markteinführung in diesem Jahr soll dabei auf
Deutschland und Österreich liegen.
ej
Alexza Pharmaceuticals, Inc., Grupo Ferrer Internacional, S. A.,
Trommsdorff GmbH & Co, 21. Februar 2013.
Herzerkrankung und Depression
Eine unheilige Allianz durchbrechen
W Menschen mit Depression weisen gegenüber Menschen
ohne depressive Störung eine deutlich erhöhte kardiovaskuläre Ereignisrate besonders auf. Umgekehrt ist bei Patienten
mit koronarer Herzkrankheit (KHK) das Risiko für eine
­depressive Störung deutlich erhöht. Darauf wies Prof. Christian Otte, Charité Berlin, auf einer interdisziplinären Veranstaltung auf dem aktuellen DGIM in Wiesbaden hin. Sowohl
bei Herzerkrankungen als auch bei Depressionen existieren
Überlappungen der Noxen; so etwa Pathologien in der Hypothalamus-Hypophysen-Nebennieren-Achse sowie bei den
Katecholaminen.
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fiehlt sich, wenn die Standarddosis nicht genügt: das Hochdosieren der Monotherapie oder die Kombination? Und wie
schlagen sich die beiden Substanzen eigentlich bei einem
Vergleich in der initialen Monotherapie? Zu diesen bislang
wenig bearbeiteten Fragen liegen jetzt die Ergebnisse der
COMBO-DN (Combination versus Monotherapy of Pregabalin
and Duloxetin in Diabetic Neuropathy)-Studie vor.
Die internationale, randomisierte Studie schloss mehr als 800
erwachsene Patienten ein, die im Median seit ein bis zwei
Jahren an einer schmerzhaften diabetischen Polyneuropathie
litten. Auf der Likert-Skala von null bis zehn betrug ihr
durchschnittlicher 24-Stunden-Schmerzscore mindestens
vier Punkte.
Die Probanden erhielten zunächst eine Monotherapie mit
täglich 60 mg Duloxetin (Cymbalta®) oder 300 mg Pregaba­
lin. Bei denjenigen Teilnehmern, die während der achtwöchigen Monotherapie keine ausreichende Schmerzlinderung um
mindestens 30 Prozent erreichten, wurde die Behandlung
intensiviert. Dafür erhöhten rund 170 Patienten die Tages­
dosis ihrer Monotherapie auf 120 mg Duloxetin beziehungsweise 600 mg Pregabalin. Ähnlich viele erhielten eine Kombination aus 60 mg Duloxetin und 300 mg Pregabalin.­
Das Ergebnis: In der intensivierten Behandlung erwiesen
sich Kombinationstherapie und Hochdosismonotherapien
­(gepoolt) als vergleichbar wirksam.
Liegen beide Erkrankungen komorbide vor, ist bei der Behandlung der Depression auf die spezifischen Nebenwirkungen der
Medikamente zu achten, betonte der Psychiater. So haben die
Trizyklika (TZA) einen negativen Einfluss auf das Autonome
Nervensystem. Nach eigenen noch nicht publizierten Unter­
suchungen von Otte ist die Mortalität bei KHK-Patienten durch
die Gabe von TZA um den Faktor 1,7 erhöht. „Daher sollte man
diese Substanzklasse bei Patienten mit Herzkrankungen nicht
anwenden.“
Ebenso sind für Herzpatienten schädliche Nebenwirkungen zu
vermeiden, wie Sedierung, Gewichtszunahme, oder direkte
­Beeinflussung der QT-Zeit, wie es für Citalopram berichtet
wurde, gab Dr. Thomas Baghai, Regensburg, zu bedenken. Vielmehr sollte dann auf ein Medikament umgestellt werden, welches diese Nebenwirkungen nicht beinhaltet. Baghai nannte als
eine Möglichkeit Agomelatin (Valdoxan®).
Durch einen Melatonin-Rezeptor-Agonismus gepaart mit
einem Serotonin-Rezeptor-Antagonismus verfügt es über einen
differenten Wirkmechanismus, der durch Nichtaffinität zu einer
Reihe von Rezeptorsubtypen zahlreiche Nebenwirkungen umgeht. Antidepressiv ist Agomelatin mindestens genauso wirksam wie zahlreiche arrivierte Antidepressiva. Dies zeigte jetzt
eine Metaanalyse, berichtet der Psychiater. Hier war Agomelatin Fluoxetin, Sertralin und Escitalopram tendenziell, wenngleich nicht signifikant überlegen.
Von Seiten der Kardiologie beleuchtete Prof. Christiane Angermann, Würzburg, den Zusammenhang beider Erkrankungen.
„Die Herzinsuffizienz wird heutzutage nicht mehr als bloße
Pumpstörung gesehen, sondern als eine Manifestation im kardiovaskulären Kontinuum.“ In der eigenen (noch nicht veröffentlichten) INH-Studie sei ein deutlicher Zusammenhang zwischen dem Schweregrad einer komorbiden Depression und der
Mortalitätsrate von Patienten mit stattgehabtem Myokardinfarkt zu erkennen, sagte Angermann.
Reimund Freye
Kampagne, und Axel Schulz, dem Botschafter der Stiftung
Deutsche Schlaganfall-Hilfe.
Olaf Gerber, Leiter Business Unit General Medicine bei Bayer
HealthCare Deutschland, unterstrich das ungebrochen große
Interesse der Bevölkerung und der Ärzte- und Apothekerschaft
an dem Thema Schlaganfall-Prävention. „Auch für das kommende Jahr ist das erklärte Ziel, Schlaganfälle zu verhindern.“
Prof. Hans-Georg Predel, Leiter des Instituts für Sportmedizin
und Kreislaufforschung von der Deutschen Sporthochschule
Köln blickte ebenfalls zufrieden auf das vergangene Jahr zurück.
Durch die gute Kooperation verschiedener Experten sei es
­gelungen, die Öffentlichkeit für ein Thema zu interessieren, bei
dem sonst gerne einfach weggeschaut werde, sagte Predel. Er
bestätigte, wie effektiv dem Schlaganfallrisiko neben der medikamentösen Therapie auch mit Bewegung und einem gesunden
Lebenstil vorgebeugt werden könnte.
Ballack berichtete, bereits als Teenager und völlig unvorbereitet
mit dem Thema konfrontiert worden zu sein und betonte deshalb, wie wichtig Aufklärung im Bereich Schlaganfall-Prävention sei: Als ein damaliger Freund einen Schlaganfall erlitt, sei es
für ihn ein Schock gewesen. Als Kinder seien sie völlig überfordert gewesen. „Was das heißt und was passiert, wussten wir
alle nicht.“ Ballack plädierte daher für regelmäßige Check-Ups
beim Arzt – auch wenn man sich gesund fühle. Denn manche
Symptome entwickeln sich kaum spürbar oder schleichend.
„Man sollte keine Scheu haben, zum Arzt zu gehen,“ riet Ballack. Häufig spiele ja auch Bequemlichkeit eine Rolle oder die
Angst davor, dass tatsächlich etwas gefunden wird. Dann müsse
man sich einfach einen Ruck geben.
ej
Satellitensymposium: Herz und Seele – eine interdisziplinäre Herausforderung. Servier, 6. April 2013, Wiesbaden.
W Rund 9,5 Millionen Bundesbürger haben einen riskanten
­Alkoholkonsum, 1,3 Millionen sind alkoholabhängig. „92 Prozent der Alkoholkranken erhalten keine spezifische Therapie“,
erklärte Prof. Klaus Mann, Heidelberg. Die Therapien, die bisher
zum Einsatz kommen, seien ausschließlich abstinenz­orientiert.
Jedoch können und wollen viele alkoholabhängige Patienten
einen kompletten Alkoholverzicht nicht sofort umsetzen.
­Entsprechend schwierig gestaltete sich die Situation für Ärzte,
die bei einem ­Patienten ein Alkoholproblem
vermuten, aber die hochstigmatisierte Thematik nicht ansprechen wollten, weil ihnen
therapeutische ­Alternativen fehlen. Diese Situation wird sich, so die Hoffnung des Experten, grundlegend ändern.
Im Februar 2013 hat die Europäische Kommision die Zulassung von Selincro® (Nalmefen)
zur Reduktion des Alkoholkonsums bei erwachsenen Patienten mit Alkoholabhängigkeit erteilt, deren Alkoholkonsum sich auf
Schlaganfall
Ein Jahr „Rote Karte dem Schlaganfall“
W Schlaganfälle fordern weltweit mehr Todesopfer als alle
Krebsarten zusammen. Circa 20 Prozent der ischämischen
Schlaganfälle seien auf Vorhofflimmern zurückzuführen, das
heute bereits eine wirkliche „Epidemie“ sei und dessen Häufigkeit sich in den kommenden zehn Jahren aufgrund des demographischen Wandels mehr als verdoppeln werde, gab Prof.
Roland Veltkamp, Oberarzt an der Neurologischen Klinik der
Universität Heidelberg, anlässlich des einjährigen Jubiläums der
Kampagne „Rote Karte dem Schlaganfall“ zu bedenken. Die
Aufklärungskampagne hatte Bayer HealthCare gemeinsam mit
den der Deutschen Sporthochschule Köln und der Stiftung
Deutsche Schlaganfall-Hilfe ins Leben gerufen. Unterstützt
wurden sie dabei von Michael Ballack, dem Schirmherrn der
Bayer HealthCare Deutschland, 30. April 2013
Alkoholabhängigkeit
Reduktion des Alkohols als Weg aus der Sucht
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einem hohen Risikoniveau befindet, die keine körperlichen
Entzugssymptome haben und bei denen keine sofortige Entgiftung erforderlich ist. Die medikamentöse Behandlung sollte
immer in Kombination mit psychosozialen Maßnahmen erfolgen, die die Motivation des Patienten zur Alkoholreduktion
stützen. Selincro® wird bei Bedarf eingenommen, um damit
das Suchtverlangen besser kontrolieren zu können. In-vitroStudien zeigen, dass Nalmefen antagonistisch am μ- und dOpioid-Rezeptor wirkt und einen partiell agonistischen Effekt
am k-Opioid-Rezeptor hat. Mit diesem Wirkprofil können sowohl die positiv belohnende Effekte des Alkohols als auch das
sogenannte Erleichterungstrinken günstig beeinflusst werden.
In drei randomisierten, placebokontrollierten Phase-III-Studien
konnte die Wirksamkeit und Sicherheit von Selincro® nach­
gewiesen werden. Eingeschlossen waren rund 2000 Alkohol­
abhängige, die in der Regel sozial integriert, berufstätig und in
einer festen Beziehung lebend waren. Therapieziel war die Reduktion des monatlichen Gesamtalkoholkonsums (TAC) und die
Reduktion der Heavy Drinking Days (HDD). Die Studienergebnisse zeigten, dass es bereits im ersten Monat unter Selincro®
zu einer Reduktion sowohl des TAC als auch der HDD um mehr
als 50 Prozent kam. Diese Effekte scheinen über die Zeit hinweg
stabil zu sein. Dabei erwies sich die Substanz als sicher und
verträglich.
Dr. Claudia-Viktoria Schwörer
unter der vorherigen Therapie zu Schüben gekommen war
(CARE-MS II).
Mehr als die Hälfte der Patienten (67 % aus CARE-MS I und
55 % aus CARE-MS II), die in den Zulassungsstudien Alemtuzumab erhalten hatten und an der Verlängerungsstudie
teilnahmen, war während des gesamten ersten Jahres der
Verlängerungsstudie immer noch schubfrei.
Im ersten Jahr der Verlängerungsphase betrug die jährliche
Schubrate bei denjenigen Patienten, die in den Zulassungsstudien Alemtuzumab erhalten hatten, 0,24 beziehungsweise 0,25; diese Ergebnisse waren mit der jährlichen Schubrate
dieser Patienten in CARE MS I und CARE-MS II vergleichbar.
Nach drei Jahren war es bei 88 beziehungsweise 80 Prozent der
Patienten, die in den Zulassungsstudien Alemtuzumab erhalten
hatten, nicht zu einer über sechs Monate bestätigten Behinderungsprogression gekommen.
Die Anträge von Genzyme auf Marktzulassung für Alemtuzumab zur Behandlung der MS werden zurzeit von der Europäischen Arzneimittelagentur und der US-amerikanischen Food
and Drug Administration geprüft. Das Unternehmen rechnet
damit, dass beide Zulassungsbehörden noch im Lauf dieses Jahres über die Zulassungsanträge entscheiden werden. ej
Genzyme, 21. März 2013.
Lundbeck, 22. April 2013, Berlin.
Schmerztherapie
Wechselwirkungen und Schmerzerfassung im Fokus
Wirkung über Zulassungsstudien hinaus
W Die positiven Effekte, die durch eine Behandlung von MSPatienten mit dem monoklonalen Antikörper Alemtuzumab
erzielt werden, scheinen auch ohne weitere Behandlung über
einen längeren Zeitraum bestehen zu bleiben. Dies geht aus
den Ergebnissen des ersten Verlängerungsstudienjahres der
Phase-III-Studien (CARE-MS I oder CARE-MS II) zu Alemtuzumab hervor. Danach waren die Schubraten und die bestätigte Behinderungsprogression bei den Patienten, die zuvor
in den Phase-III-Studien Alemtuzumab erhalten hatten, weiterhin niedrig. In den CARE-MS-Zulassungsstudien war
Alemtuzumab in zwei jährlichen Therapiephasen (zu Beginn
der Studie und 12 Monate später) verabreicht worden. Mehr
als 80 Prozent dieser Patienten benötigten im ersten Jahr der
Verlängerungsstudie keine dritte Therapiephase mit Alemtuzumab mehr. Bei mehr als 70 Prozent der Patienten ver­
besserten sich die Behinderungsscores über einen Zeitraum
von drei Jahren oder blieben zumindest stabil.
Bei den Phase-III-Studien zu Alemtuzumab handelte es sich
um zweijährige randomisierte Zulassungsstudien zum Vergleich von Alemtuzumab und Rebif® (subkutanem Interferon beta-1a, 44 μg) bei
Patienten mit schubförmig-remittierender MS, die entweder noch keine Behandlung
erhalten hatten (CARE-MS I) oder bei denen es
20
ÄP NeurologiePsychiatrie 3_2013
W Studien zufolge leiden 15 Prozent der Senioren zwischen 65
und 80 Jahren unter ständigen Schmerzen, vor allem aufgrund
von degenerativen Veränderungen des Bewegungsapparates.
Trotz nachhaltigem Funktionsverlust verschweigen geriatrische
Patienten ihre Schmerzen aber häufig. Gründe hierfür sind
unter anderem in der Angst der Betroffenen vor Medikamenten
und vor Hilfeabhängigkeit zu sehen. Ein weiteres Problem stellen die Multimorbidität und als Konsequenz die Multimedika­
tion dar. So nehmen 50 Prozent der über 75-Jährigen vier bis
sechs Präparate ein. Hierbei besteht stets die Gefahr von Wechselwirkungen.
Ein wichtiger Schritt hin zu einem optimierten Interaktionsmanagement sei daher bereits die Auswahl des Wirkstoffes,
erklärte Dr. Martina Hahn, klinische Pharmazeutin am Vitos
Rheingau in Eltville, auf der Fortbildungsveranstaltung
„Schmerztherapeuten im Dialog – NRW 2013. Tatort
Schmerztherapie“. Ihrer Einschätzung nach seien Analgetika
günstig, die eine geringe Plasmaeiweißbindung und eine
­eringe Cytochrom-Metabolisierung und dadurch ein geringes
pharmakokinetisches Interaktionspotenzial aufwiesen.
­Hydromorphon sei beispielsweise ein Wirkstoff, der dieses
psdesign 1 fotolia
Multiple Sklerose
Profil erfülle und speziell bei starken Schmerzen geeignet sei.
Eine Therapiemöglichkeit, die diese Ansprüche weitgehend
erfüllt, ist Jurnista®, das sich durch eine stark schmerz­
lindernde und verlässliche Wirkung über das gesamte
Applika­tionsintervall auszeichnet. Das Opioid ist auch in der
Langzeitanwendung gut verträglich.
Im Gegensatz zu NSAR ist bei Hydromorphon keine Organ­
toxizität bekannt. Die geringe Plasmaeiweißbindung und der
Umstand, dass Hydromorphon kaum über das Cytochrom
P 450 verstoffwechselt wird, sorgen für ein günstiges pharmakokinetisches Interaktionspotenzial. So können auch
­polymorbide Patienten von einer Behandlung mit Jurnista®
profitieren. Da Hydromorphon keine analgetisch aktiven
­Metabolite aufweist, ist es auch bei eingeschränkter Nierenfunktion vorteilhaft, da keine Kumulation zu erwarten ist.
Das breite Dosierungsspektrum und die fehlende Höchst­
dosisbeschränkung eröffnen außerdem die Möglichkeit, die
Opioidtherapie mit der sehr niedrigen Tagesdosis von 4 mg zu
beginnen und in kleinen Schritten zu titrieren, die Wirk­
stärken frei zu kombinieren, sowie die Dosis über die 64 mg
hinaus zu erhöhen. So kann ohne Substanzwechsel die Dosis
ganz individuell dem Krankheitsverlauf sowie der Schmerz­
intensität angepasst werden.
ej
Fortbildungsveranstaltung: „Schmerztherapeuten im Dialog – NRW
2013. Tatort Schmerztherapie“. Janssen Cilag, März 2013, Neuss.
Multiple Sklerose
CHMP empfiehlt Martkzulassung von BG-12
W Das Committee for Medicinal Products for Human Use
(CHMP) hat im März eine „Positive Opinion“ mit der Empfehlung einer Marktzulassung von Dimethylfumarat (DMF,
­BG-12) als orale Basistherapie für erwachsene Patienten mit
schubförmig remittierender MS (RRMS) in der EU erteilt.
Die CHMP-Opinion basiert auf den Daten eines klinischen
­Studienprogramms, welches zwei globale Phase-III-Studien
­(DEFINE und CONFIRM) umfasst. In diesen Studien wurden
mehr als 2.600 RRMS-Patienten beobachtet. Aktuell werden
Patienten in der Extensionsstudie ENDORSE weiter beobachtet,
darunter Patienten, die bereits mehr als vier Jahre behandelt
wurden.
In DEFINE wurde die jährliche Schubrate bei zweimal täglicher
Verabreichung (BID) von DMF um 53 Prozent im Vergleich zu
Placebo gesenkt, der Anteil der Patienten mit MS-Schüben
wurde gegenüber Placebo signifikant um 49 Prozent gesenkt.
CONFIRM zeigte eine Reduktion der jährlichen Schubrate um
44 Prozent versus Placebo. Ein weiteres Zielkriterium war die
Verringerung des Risikos einer Behinderungsprogression. Dieses
reduzierte DMF in DEFINE signifikant um 38 Prozent im
­Vergleich zu Placebo. Die Wirksamkeit von DMF bestätigte sich
auch in den MRT-Resultaten: Es konnte in beiden Studien eine
signifikante Reduktion der durch die MS verursachten Entzündungsherde im Gehirn (neue oder sich vergrößernde T2-hyper-
intense Läsionen, Gadolinium-aufnehmende Läsionen und neue
T1-hypointense Läsionen) nachgewiesen werden.
Häufigste Begleiterscheinungen, die im Zusammenhang mit
DMF in den klinischen Studien beobachtet wurden, waren
eine Flush-Symptomatik und gastrointestinale Symptome.
Die Inzidenz dieser Ereignisse war im ersten Monat am
höchsten und ging im weiteren Therapieverlauf zurück.
­Opportunistische Infektionen wurden nicht beobachtet. Die
Anzahl maligner Erkrankungen war gegenüber Placebo nicht
erhöht (< 1 % in allen Gruppen).
Die Entscheidung über die Zulassung von DMF durch die European Commission wird zeitnah erwartet.
ej
Biogen Idec, 22. März 2013.
Schizophrenie
Flächendeckende integrierte Versorgung
W Seit Anfang 2013 können alle Versicherten der AOK Niedersachsen, die an Schizophrenie erkrankt sind, das Versorgungsangebot der Integrierten Versorgung Schizophrenie (IVS) im
Umkreis ihres Wohnortes nutzen. Dazu zählen erweiterte ambulante Behandlungsoptionen wie Psychoedukation, Soziotherapie, Fachpflege, aufsuchende Behandlung und Angehörigen­
betreuung, die in der Regelversorgung nicht oder nicht in
solchem Umfang angeboten werden.
Derzeit nehmen rund 180 Netzwerkpartner (Fachärzte, Fachpflegedienste, Rückzugsraumeinrichtungen, Psychiatrische
­Institutsambulanzen und Klinikpflegedienste) an der Integrierten Versorgung teil. Das Ziel der Versorgungsinitiative von AOK
Niedersachsen und dem Institut für Innovation und Integration
im Gesundheitswesen (I3G) GmbH ist eine individuelle, bedarfsgerechte Betreuung der Patienten. Sie soll sowohl die Qualität
als auch die Effizienz der Versorgung für die Patienten steigern.
In der IVS hat der Patient direkten Zugang zum Behandlungsteam, zu jeder Zeit, rund um die Uhr. „Wir arbeiten auf
der Beziehungsebene. Der Aufbau und die Aufrechterhaltung
des Vertrauens ist grundlegend für eine erfolgreiche Therapie,
besonders bei Patienten mit Schizophrenie“, erklärt Peter
­Roddau vom Psychiatrischen Pflegedienst in Springe, der
­bereits viel Erfahrung mit integrierten Versorgungsprojekten
gesammelt hat und seit April 2012 Netzwerkpartner der IVS
ist. Die ambulante Bezugsfachpflegekraft lotst den Patienten
durch das Versorgungssystem und schafft­
­dadurch Transparenz und Sicherheit für die
Betroffenen und ihre Angehörigen.
Nach Abschluss der Pilotphase im ersten
Quartal 2012 wurde das Versorgungsnetz seit
April 2012 kontinuierlich ausgeweitet, sodass
seit Anfang 2013 eine flächendeckende
­Versorgung angeboten werden kann. ej
AOK Niedersachsen, I3G GmbH, 25. April
2013.
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f o k u s De p r ess i o n , B i p o l a r e S t ö r u n g en
Weitere Themen:
Wenn die Therapie
nicht anspricht
Wirkmechanismus
der EKT aufgeklärt
Bipolare Störung: Therapie als Balanceakt
Da sie häufig mit Suizidalität einhergeht, gehört die bipolare Erkrankung zu den schwerwiegendsten
psychiatrischen Erkrankungen. Umso wichtiger ist ein klares und individuell abgestimmtes
Therapiekonzept für die Akutphase und die Prophylaxe. Die S3-Leitlinie kann hierbei helfen.
22
ÄP NeurologiePsychiatrie 3_2013
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Hilfe bei schwersten
Depressionen
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Continuing
Medical Education
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Sam­meln Sie 3 Punk­te!
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ÄRZTLICHE PRAXIS
Neurologie
Psychiatrie
P u n kte
Der Schwer­punkt „Depression, Bipolare Störungen“
ist als Fortbildung von der Ärztekammer Nordrhein
zertifiziert. Den Fragebogen dazu finden Sie auf
Seite 32.
Veidt/Bschor
Die Akutbehandlung der Manie sowie der Depression im Rahmen einer bipolaren Erkrankung hat einen ganz besonderen
Stellenwert in der psychiatrischen Behandlung, entscheidet
sie doch oft maßgeblich mit über den weiteren Krankheitsverlauf. Besonders wichtig sind daher das Erkennen, ein frühzeitiger Behandlungsbeginn sowie eine vertrauensvolle ArztPatienten-Beziehung.
Die bipolare Störung tritt zudem meist rezidivierend auf und
kann weitreichende finanzielle sowie gesellschaftliche
Schwierigkeiten für den Betroffenen zur Folge haben. Außerdem besteht eine häufige Komorbidität mit anderen psychischen Erkrankungen. Umso wichtiger ist es, die Erkrankung
frühzeitig zu erkennen und ein klares Therapiekonzept zu
haben. Dabei soll die S3-Leitlinie zur Diagnostik und Therapie
bipolarer Störungen (kostenloser Bezug: www.leitlinie-­
bipolar.de) helfen, die im Frühjahr vergangenen Jahres
­erschienen ist. S3 steht für „Stufe 3“, was den höchsten
Evidenz­grad bedeutet, den eine Leitlinie haben kann. Die
Leitlinie wurde von der Deutschen Gesellschaft für Bipolare
Störungen (DGBS e. V.) und der Deutschen Gesellschaft für
Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN e. V.) herausgegeben und von Vertretern
aller relevanter Gruppen in einem Konsensusverfahren
­erstellt. Sie haben die gesamte internationale wissenschaftliche Fachliteratur systematisch aufbereitet und bewertet
und klare Empfehlungen zur Therapie formuliert. Eine besondere Bedeutung kommt darin der Phasenprophylaxe zu, da
sie darüber entscheidet, inwieweit der Patient ein möglichst
u­ nbeeinträchtigtes Leben führen kann. Ein vertrauensvolles,
tragfähiges Arzt-Patienten-Verhältnis ist für den Erfolg der
Behandlung ebenfalls entscheidend und sollte selbst­
verständlich eine Psychoedukation des Betroffenen, wenn
möglich auch der Angehörigen, über die Erkrankung beinhalten. Die Pharmakotherapie der bipolar affektiven Erkrankung
richtet sich nach den unterschiedlichen Indikationen, die sich
an den verschiedenen Phasen der Erkrankung und dem Langzeitverlauf orientieren (Abb. 1).
Jennifer Veidt
Akutbehandlung der Manie
Eine akute Manie stellt oft eine Herausforderung an das
diagnostische und therapeutische Vorgehen dar. Häufig
­
­besteht weder Krankheitseinsicht, noch wird der manische
Zustand vom Patienten in der Akutphase als störend und
somit als behandlungsbedürftig angesehen. Nur gut über die
Erkrankung aufgeklärte Patienten sind in der Lage, eine beginnende Manie zu erkennen und so selbst den Weg zum Arzt
zu suchen. Häufig entsteht der Kontakt zum Arzt jedoch­
­leider erst in der Phase der fortgeschrittenen Manie, nachdem es zu Konflikten mit der Umwelt gekommen ist.
Eine Hypomanie oder Manie im Rahmen einer affektiven
­Erkrankung ist definierend für eine bipolare Störung. Da es
sich bei dieser um eine nahezu immer rezidivierende Erkrankung handelt, sollte schon in der Akutbehandlung die Indikation für eine Phasenprophylaxe (s. u.) geprüft und wenn
möglich bereits begonnen werden.
In der S3-Leitlinie hat keine
Substanz zur pharmakologischen Akutbehandlung der
Manie den höchsten Empfehlungsgrad A („soll eingesetzt
werden“) erhalten. Relativ
viele Medikamente tragen
aber den Empfehlungsgrad B
(„sollte eingesetzt werden“)
und sollten individuell in
Bezug auf Nebenwirkungen,
Vor­
erkrankungen und die
Compliance eines jeden Patienten gegeneinander abgewogen werden: Es sollte mit
Abb. 1: Pharmakotherapie bipolar affektiver Erkrankungen: Teilbereiche
Tom Bschor
ÄP NeurologiePsychiatrie 3_2013
23
f o k u s De p r ess i o n , B i p o l a r e S t ö r u n g en
Akutbehandlung der akuten bipolaren Depression
Die akute bipolare Depression verdient ein besonderes
­Augenmerk des behandelnden Arztes, da die Einschätzung
des Schweregrades der Depression sowie die diagnostische
Abgrenzung von einer unipolaren Depression wichtige
­Konsequenzen für die Therapie mit sich bringen. Auch die
Diagnose­sicherung kann Schwierigkeiten bereiten, da insbesondere hypomane Phasen vom Betroffenen unter Umständen nicht als krankhaft angesehen werden, jedoch immer
einen Hinweis auf eine bipolare Erkrankung geben. Daher
sollte bei Vorliegen einer Depression eine genaue Exploration
in Hinblick auf hypomane und manische Phasen in der
­Anamnese erfolgen.
Im Gegensatz zur Behandlung der unipolaren Depression
­besteht bei der bipolaren Depression ein erhöhtes Risiko,
durch eine gezielte Depressionsbehandlung ein Umschlagen
in eine Manie zu induzieren. Handelt es sich beim Betroffenen um das Vorliegen einer leichten depressiven Episode,
empfiehlt die S3-Leitlinie daher neben der Optimierung
­beziehungsweise Etablierung einer phasenprophylaktischen
Medikation keine weitere depressionsspezifische Pharmakotherapie. Jedoch sollte der Patient mit dem Arzt in engem
therapeutischen Kontakt bleiben, damit eine mögliche
­Verschlechterung seines Zustandes, insbesondere in Hinblick
auf die erhöhte Suizidgefahr, erkannt werden kann. Bei der
mittelgradigen Episode benennt die S3-Leitline eine depressionsspezifische Pharmakotherapie als wesentliche Option,
während sie bei der schweren Episode eine klare Empfehlung
für eine depressionsspezifische Medikation ausspricht.
Überschätztes Risiko
Die Gefahr, dass Antidepressiva, wie oben angesprochen, ein
erhöhtes Risiko für das Umschlagen einer Depression in eine
Manie mit sich bringen können, scheint in der Vergangenheit überschätzt worden zu sein und ließ sich durch die zur
Verfügung stehenden Studien nicht klar bestätigen. Es gibt
jedoch Hinweise, dass es sich eher nicht um ein klassen-,
sondern um ein substanzspezifisches Risiko handelt und
daher das Risiko unter Fluoxetin, Paroxetin und Bupropion
gering ist, unter trizyklischen Antidepressiva (beispielsweise
Amitriptylin) jedoch größer zu sein scheint. Letztere sollten
aus diesem Grund in der Behandlung der bipolaren Depression eher vermieden w
­ erden.
Eine klare Empfehlung (Empfehlungsgrad B) konnte aufgrund methodisch ausreichend guter Studien nur für
Quetia­pin ausgesprochen werden. Mit geringerer Evidenzbasierung können auch Carbamazepin und Lamotrigin sowie
Olanzapin, aber auch selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) beziehungsweise Bupropion gegeben werden
(Empfehlungsgrad: 0). Explizit nicht empfohlen werden
Lithium, Aripiprazol und Valproinsäure zur Behandlung der
bipolaren Depression.
Ist nach individuellem Abwägen die Entscheidung für ein
Medikament gefallen, sollte der Patient ebenso wie bei der
Behandlung der leichten Episode in engem Kontakt zum Arzt
bleiben. Es werden wöchentliche Kontakte innerhalb der
ersten vier Wochen empfohlen. Nach drei bis vier Wochen
sollte eine genaue Wirkungsprüfung erfolgen und abhängig
vom Ergebnis ein Wechsel, eine Ergänzung der Behandlungsstrategie oder keine Änderung erfolgen. Eine frühzeitigere Änderung der Behandlungsstrategie bei unzureichender Wirkung und guter Verträglichkeit bringt keine Vorteile
mit sich.
24
ÄP NeurologiePsychiatrie 3_2013
leroy131 - Fotolia.com
einer Monotherapie mit Lithium, Carbamazepin oder Valproat, einem der empfohlenen atypischen Neuroleptika (Aripiprazol, Olanzapin, Quetiapin, Risperidon, Ziprasidon) oder
Haloperidol (in Notfallsituationen und zur Kurzzeitbehandlung) begonnen werden. Auch Asenapin oder Paliperidon
können eingesetzt werden, ebenso wie zeitlich begrenzt zusätzlich Benzodia­zepine (Empfehlungsklasse: 0, „kann empfohlen werden“). Bei nicht ausreichendem Ansprechen werden Kombinations­therapien aus Stimmungsstabilisierer und
atypischem Neuroleptikum empfohlen.
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„Endlich kann ich wieder arbeiten.“
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Escitalopram. Zusammensetzung: Jede Tabl. Cipralex® 10 mg Filmtabletten
enthält 10 mg Escitalopram (als Oxalat), jede Tabl. Cipralex® 20 mg Filmtabletten enthält 20 mg Escitalopram (als Oxalat). Sonstige Bestandteile: Tablettenkern: Mikrokristalline Cellulose, Hochdisperses Siliciumdioxid, Talkum, Croscarmellose-Natrium, Magnesiumstearat. Tablettenhülle: Hypromellose, Macrogol 400, Titandioxid (E 171). Cipralex® 20 mg/ml Tropfen zum Einnehmen, Lösung. Wirkstoff: Escitalopram. Zusammensetzung: 1 ml Lösung
enthält 20 mg Escitalopram (entsprechend 25,551 mg Escitalopramoxalat).
1 Tropfen enthält 1 mg Escitalopram. Sonstige Bestandteile: Propylgallat
(Ph.Eur.), Citronensäure, Ethanol 96 %, Natriumhydroxid, Gereinigtes Wasser.
1 Tropfen enthält 4,7 mg Ethanol. Anwendungsgebiete: Behdlg. von Episoden einer Major Depression, Behdlg. von Panikstörung mit oder ohne Agoraphobie, Behdlg. von sozialer Angststörung (sozialer Phobie), Behdlg. von
generalisierter Angststörung, Behdlg. von Zwangsstörung. Gegenanzeigen:
Überempfindlichkeit gegen Escitalopram oder einen der sonstigen Bestandteile, gleichztg. Behdlg. m. nicht selektiven, irreversiblen MAO-Hemmern,
reversiblen MAO-A Hemmern (z. B. Moclobemid) oder d. reversiblen nicht
selektiven MAO-Hemmer Linezolid ist kontraindiziert wg. Gefahr des Auftretens eines Serotonin-Syndr. (mit Agitiertheit, Tremor, Hyperthermie
etc.), bekannte Verlängerung d. QT-Intervalls oder angeborenem Long-QTSyndrom, gleichztg. Anw. von AM, für d. bekannt ist, dass sie zu e. Verlängerung
des QT-Intervalls führen. Schwangersch.: Anw. während d. Schwangersch.
nur, wenn unbedingt notwendig u. nach sorgfltg. Abwägung v. Nutzen u.
Risiko. Neugeborene, deren Mütter Cipralex® bis in spätere Stadien der
Schwangersch., insb. bis ins dritte Trimenon, angewendet haben, sollten beobachtet werden. Plötzl. Absetzen sollte während d. Schwangersch. vermieden
werden. Folgende Sympt. können b. Neugeborenen auftreten, wenn d. Mutter
in späteren Abschnitten der Schwangersch. mit SSRIs/SNRIs beh. wurde:
Atemnot, Zyanose, Apnoe, Krampfanfälle, Instabilität der Körpertemperatur,
Schwierigkeiten b. Füttern, Erbrechen, Hypoglykämie, Hypertonie, Hypotonie,
Hyperreflexie, Tremor, Überspanntheit, Reizbarkeit, Lethargie, anhaltendes
Weinen, Somnolenz und Schlafstörungen. D. Symptome könnten sowohl auf
serotonerge Wirkungen als auch auf Entzugssymptome zurückzuführen sein.
I. d. meisten Fällen setzen d. Komplikationen unmittelbar oder bald (< 24h)
nach der Geburt ein. Die Anw. v. SSRIs in d. Schwangersch., insb. im späten
Stadium, kann d. Risiko f. e. persistierende pulmonale Hypertonie b. Neugeborenen (PPHN) erhöhen. Stillzeit: Stillen wird während der Behandlung nicht
empfohlen. Fertilität: Eine reversible Beeinträcht. d. Spermienqualität wurde b.
einigen SSRIs berichtet; e. Einfluss auf d. Fertilität b. Menschen wurde bislang
nicht beobachtet. Nebenwirkungen: treten am häufigsten in d. 1. u. 2. Behandlungswoche auf u. nehmen normalerweise b. fortgesetzter Behdlg. an Intensität
u. Häufigkeit ab. Häufigkeiten aus klin. Studien übernommen, nicht placebokorrigiert: sehr häufig (≥ 1/10), häufig (≥ 1/100, < 1/10), gelegentlich
(≥ 1/1.000, < 1/100), selten (≥ 1/10.000, < 1/1.000), sehr selten (< 1/10.000)
oder nicht bekannt (Häufigk. auf Grundlage der verfügbaren Daten nicht
abschätzbar). Erkrkg. d. Blutes u. d. Lymphsyst.: nicht bek. Thrombozytopenie;
Erkrkg. d. Immunsyst.: selten anaphylaktische Reaktion; Endokrine Erkrkg.: nicht
bek. inadäquate ADH-Sekretion; Stoffwechsel- u. Ernährungsstörungen: häuf.
verminderter Appetit, gesteigerter Appetit, Gewichtszunahme, gelegentl. Gewichtsabnahme, nicht bek. Hyponatriämie, Anorexie (SSRIs); Psychiatrische
Erkrkg.: häuf. Ängstlichkeit, Ruhelosigkeit, anormale Träume, Männer u. Frauen:
verringerte Libido, Frauen: Anorgasmie, gelegentl. nächtliches Zähneknirschen,
Agitiertheit, Nervosität, Panikattacken, Verwirrtheit, selten Aggression, Depersonalisation, Halluzinationen, nicht bek. Manie, suizidale Gedanken, suizidales
Verhalten; Erkrkg. d. Nervensystems: häuf. Schlaflosigkeit, Schläfrigkeit, Schwindel, Parästhesie, Tremor, gelegentl. Geschmacksstörungen, Schlafstörungen,
Synkope, selten Serotoninsyndrom, nicht bek. Dyskinesien, Bewegungsstörungen, Krämpfe, psychomot. Unruhe/Akathisie (SSRIs); Augenerkrkg.: gelegentl.
Mydriasis, Sehstörungen; Erkrkg. d. Ohrs u. d. Labyrinths: gelegentl. Tinnitus;
Herzerkrkg.: gelegentl. Tachykardie, selten Bradykardie, nicht bek. QT-Verlängerungen im EKG, ventrikuläre Arrhythmien einschl. Torsade de Pointes;
Gefäßerkrkg.: nicht bek. orthostat. Hypotension; Erkrkg. d. Atemwege u. d.
Brustraums: häuf. Sinusitis, Gähnen, gelegentl. Nasenbluten; Erkrkg. d. Gastro-
intestinaltrakts: sehr häuf. Übelkeit, häuf. Diarrhö, Obstipation, Erbrechen,
Mundtrockenheit, gelegentl. gastrointestinale Blutungen (einschl. rektale Blutungen); Leber- und Gallenerkrkg.: nicht bek. Hepatitis, Ergebn. von Leberfunktionstests anormal; Erkrkg. d. Haut u. d. Unterhautzellgewebes: häuf. vermehrtes Schwitzen, gelegentl. Urtikaria, Haarausfall, Ausschlag, Juckreiz, nicht
bek. Ekchymosen, Angioödem; Skelettmuskulatur-, Bindegewebs- und Knochenerkrkg.: häuf. Arthralgie, Myalgie; Erkrkg d. Nieren u. Harnwege: nicht bek.
Harnretention; Erkrkg. d. Geschlechtsorgane u. d. Brustdrüse: häuf. Männer:
Ejakulationsstrg., Impotenz, gelegentl. Frauen: Metrorrhagie, Menorrhagie, nicht
bek. Galaktorrhö; Männer: Priapismus; Allg. Erkrkg. u. Beschwerden am Verabreichungsort: häuf. Müdigkeit, Fieber, gelegentl. Ödeme. Klasseneffekte: In epidem. Studien, hauptsächl. an ält. Pat. (> 50 Jahre), wurde b. denen, die mit
SSRIs u. TCAs beh. wurden, ein erhöhtes Risiko f. Knochenbrüche beobachtet.
Absetzsympt. b. Beendigung d. Behdlg.: Absetzen (insbes. plötzlich) führt im
Allg. zu Absetzsymptomen. Schwindelgefühl, sensorische Störungen (inkl. Parästhesien u. stromschlagähnl. Empfindungen), Schlafstörungen (einschl. Schlaflosigk. u. intens. Träume), Agitiertheit od. Angst, Übelkt. und/oder Erbrechen,
Tremor, Verwirrtheit, Schwitzen, Kopfschmerz, Diarrhö, Palpitationen, emotionale Instabilität, Reizbarkeit, Sehstörungen sind am häufigsten ber. Reaktionen. I.
Allg. sind Ereignisse leichtbis mittelschwer und vorübergehend, bei einigen
Patienten auch stark und/oder länger, daher Beendigung d. Therapie ausschleichend ratsam, wenn Behdlg. nicht mehr erforderl. Verlängerung d. QTIntervalls: Seit d. Markteinführung wurden Fälle v. Verlängerung d. QT-Intervalls
u. ventrikulären Arrhythmien, einschl. Torsade de Pointes, berichtet, überwgd. b.
weibl. Pat., Pat. mit Hypokaliämie, vorbesteh. Verlängerung des QT-Intervalls
oder anderen Herzerkrankungen.
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Cipralex® 20 mg, 20 Filmtabletten (N1); 50 (N2) 100 (N3).Cipralex® 20 mg/ml
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Dänemark; Mitvertrieb: Lundbeck GmbH, Ericusspitze 2, 20457 Hamburg
f o k u s De p r ess i o n , B i p o l a r e S t ö r u n g en
Phasenprophylaxe
Aufgrund des rezidivierenden Krankheitsverlaufs hat die
­Phasenprophylaxe einen besonders hohen Stellenwert bei der
Behandlung der bipolaren Störung und sollte daher auch unter
dem Thema Akutbehandlung Eingang finden. Denn nur mit
einer gut verträglichen und wirksamen Phasenprophylaxe kann
dem Betroffenen eine möglichst geringe Beeinträchtigung der
Lebensqualität trotz der Erkrankung ermöglicht werden.
Zur Phasenprophylaxe wird eine rezidivprophylaktische
­Monotherapie empfohlen. Ob sich die gewählte Medikation als
Beginn der Therapie sollten die Schilddrüsen- sowie die Nierenfunktion geprüft werden. Anschließend erfolgt die individuelle
Dosierung nach Zwölf-Stunden-Serumspiegel. Die Behandlung
mit Lithium sollte eine ausführliche Aufklärung des Patienten
unter anderem über mögliche Beeinflussungen des Lithiumspiegels, die Notwendigkeit einer ausreichenden Flüssigkeitszufuhr
sowie Intoxikationszeichen beinhalten und setzt daher ein ausreichendes Maß an Compliance voraus.
Zweite Wahl ausschließlich für die Prophylaxe depressiver
Episoden ist mit dem Empfehlungsgrad B („sollte eingesetzt
werden“) Lamotrigin, sofern der Patient bereits in der Akut-
Abb. 2: Phasenprophylaxe bei bipolaren Störungen.
26
ÄP NeurologiePsychiatrie 3_2013
behandlung der bipolaren Depression bei guter Verträglichkeit damit behandelt wurde. Als Kann-Empfehlung werden
Carbamazepin oder Valproat oder die atypischen Neuro­
leptika Aripiprazol, Olanzapin oder Risperidon genannt (Evidenzgrad 0). Quetiapin, das ebenfalls den Evidenzgrad 0 erhalten hat, wird als Phasenprophylaktikum zusätzlich zu
Lithium oder Valproinsäure empfohlen. Im Falle wiederholter
phasenprophylaktischer Non-Response kommen Kombina­
tionsbehandlungen in Betracht (Abb. 2). (Literatur bei den
Verfassern)
Jennifer Veidt, Prof. Tom Bschor,
Schlosspark-Klinik Berlin
DGBS e.V. und DGPPN e.V.: S3-Leitlinie zur Diagnostik und
Therapie Bipolarer Störungen. Langversion 1.0, Mai 2012.
Als kostenloser Download unter: www.leitlinie-bipolar.de
Veidt
wirksam erweist, sollte anhand des individuellen Krankheitsverlaufes überprüft werden. Bevor man die Therapie bewertet,
sollte etwa die doppelte Dauer des durchschnittlichen Krankheitszyklus des Patienten abgewartet werden, mindestens aber
sechs Monate. Ein Krankheitszyklus reicht vom Beginn einer
ersten Krankheitsepisode bis zum Beginn der nächsten, einschließlich des dazwischen liegenden euthymen Intervalls.
Zur Phasenprophylaxe bipolarer Erkrankungen spricht die S3Leitlinie eine klare Empfehlung mit dem Evidenzgrad A („soll
eingesetzt werden“) aus: Lithium ist hier das Mittel der Wahl,
wenn keine eindeutigen Kontraindikationen vorliegen. Zahl­
reiche Studien haben die Wirksamkeit und auch die Verträglichkeit dieses Medikamentes mit positivem Ergebnis untersucht.
Auch bei Patienten mit hohem Suizidrisiko wird Lithium empfohlen (Empfehlungsgrad A), da die antisuizidale Wirkung des
Medikamentes gut belegt ist. Die Einzigartigkeit des Lithiums
setzt jedoch auch besondere Kenntnisse des Arztes voraus. Vor
Wenn die Therapie nicht anspricht
Viele Patienten mit einer unipolaren Depression respondieren auf einen ersten Therapieversuch mit
Antidepressiva nur unzureichend. Bevor jedoch eine der zahlreichen Therapiealternativen gewählt
wird, muss unbedingt eine Pseudoresistenz ausgeschlossen werden.
Köhler/Adli
Die therapieresistente Depression stellt eine besondere klinische
Herausforderung dar: Ungefähr ein Drittel der Patienten mit
einer unipolaren Depression respondieren nicht auf einen ersten
Therapieversuch mit Antidepressiva. Ein weiteres Drittel der
­Patienten zeigt nur ein teilweises Ansprechen.
Die Symptomatik der therapieresistenten Depression bildet die
klassischen Symptome der Depression ab, charakterisiert durch
eine sehr lange Persistenz. Zusätzlich sind oft kognitive Symptome wie ein hohes Maß subjektiver Hilflosigkeit, andauerndes
Insuffizienz- und Krankheitsgefühl und ungünstige Coping­
strategien und dysfunktionale Kognitionen vorhanden. Trau­
mata und komorbide Persönlichkeitsstörungen kommen häufig
vor und gehen oft mit einer chronischen Suizidalität, kognitiven
Einschränkungen, Anhedonie, aber auch somatischen Symptomen wie Schmerzen, Schlafstörungen oder Libidoverlust einher.
Dies muss bei der Bewertung der verschiedenen klinischen Verlaufsformen bezüglich inadäquater Vorbehandlung beziehungsweise unbehandelter Störungsbilder berücksichtig werden.
Risikofaktoren, die die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten
therapieresistenter Depressionen erhöhen, sind:
• hohes Alter
• weibliches Geschlecht
• schwierige sozioökonomische Verhältnisse
• nicht psychiatrische und psychiatrische Komorbiditäten
• familiäre Konfliktsituationen
• kritische Lebensereignisse
Definition und Diagnostik der Non-Response
Der Begriff „therapieresistente Depression“ wird meist als das
fehlende oder unzureichende Ansprechen auf die Behandlung
mit zwei verschiedenen Antidepressiva in ausreichender Dosis
und Länge verstanden. Die Dauer einer antidepressiven
­Behandlung sollte hierbei einen Zeitraum von vier bis sechs
Wochen umfassen. Um die Wirksamkeit der Erstbehandlung
beurteilen zu können, ist es notwendig, eine angemessene
­Beurteilung des Ansprechens des Patienten durchzuführen.
Diese sollte möglichst mit einem standardisierten Messinstrument wie der Hamilton Rating Scale for Depression (HAMD),
der Montgomery-Åsberg Depression Rating Scale (MADRS)
oder der Bech-Rafaelsen Melancholia Scale (BRMS) erfolgen.
Stephan Köhler
Strategien bei Nichtansprechen
Die verschiedenen Therapiealternativen beinhalten sowohl
psychopharmakologische (Dosiserhöhung, Wechsel, Kombinationen oder Augmentationen) als auch nicht pharma­
kologische ­(Psychotherapie, Stimulationsverfahren) Strate­
gien. Vor jeder Veränderung der Behandlung sollte jedoch
zwingend eine mögliche Pseudoresistenz ausgeschlossen
werden (Tab. 1). Im Abschnitt über die Therapiestrategien
therapieresistenter ­depressiver Störungen wird die Datenlage
nach Evidenz­stufen eingeteilt.
Mögliche Ursache
Interventionsmöglichkeit
zu kurze Behandlung
4–6 Wochen konsequente Therapie mit adäquater Dosis
zu niedrige Dosierung
Erhöhung der Dosierung
zu niedrige Plasmaspiegel
Compliance überprüfen; Untersuchung des Metabolisierungsstatus
(Genotypisierung der Cytochrom-P450-Isoenzyme)
Mangelnde zerebrale Bioverfügbarkeit
ABCB1 (p-Glykoprotein, p-GP)-Genotypisierung (assoziiert mit
„Durchlässigkeit“ der Blut-Hirn-Schranke für Substrate des p-GP)
mangelnde Compliance
Psychoedukation verstärken (u. a. Erörterung möglicher Ursachen,
Krankheitskonzepte und eventuelle Folgen); ggf. parenterale
Behandlung (unter stationären Bedingungen) erwägen
falsche oder unzureichend differenzierte
psychiatrische Diagnose
erneute Exploration; besondere Berücksichtigung von
Abhängigkeitserkrankungen (vor allem Alkohol und Benzodiazepine),
Würdigung von Angst- und Zwangssymptomen; konsekutive
Umstellung bzw. Ergänzung entsprechender Behandlungen
übersehene nicht psychiatrische Diagnose
Überprüfung der Schilddrüsenfunktion, Routinelabor, zerebrale
Bildgebung, Ausschluss einer internistischen oder neurologischen
Genese der Depression
zugrunde liegende psychosoziale Stressoren
Ergreifen entsprechender Maßnahmen (Psychotherapie, Sozialarbeit)
Mazda Adli
Tab. 1: Ursachen für Pseudotherapieresistenz und Nonresponse auf Antidepressiva.
ÄP NeurologiePsychiatrie 3_2013
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f o k u s De p r ess i o n , B i p o l a r e S t ö r u n g en
Dosiserhöhung der Antidepressiva
Eine häufig angewandte Behandlungsmöglichkeit therapieresistenter Depressionen stellt die Dosiserhöhung der Anti­
depressiva dar. Für tri- und tetrazyklische Antidepressiva
konnte aus Dosisfindungsstudien geschlossen werden, dass
eine maximale Aufdosierung wirksam sein kann, wenn eine
mittlere Dosis zuvor nicht erfolgreich gewesen ist. Gleiches
gilt für Venlafaxin sowie vermutlich für den irreversiblen
MAO-Hemmer Tranylcypromin. Bei SSRI scheint hingegen
eine Aufdosierung über die minimal effektive Dosis hinaus
nicht sinnvoll.
sollte aus theoretischen Überlegungen auf ein anderes
­pharmakologisches Wirkprinzip umgestellt werden. Es wird
empfohlen, das erste Antidepressivum langsam auszu­
schleichen, da sonst Absetzeffekte auftreten können, ins­
besondere, wenn die Medikation über einen längeren Zeitraum verabreicht wurde.
Kombination zweier Antidepressiva
Die Kombination von Antidepressiva ist ebenfalls eine häufig
angewendete Therapieoption. Für die Kombination unterschiedlicher Substanzklassen ist die Datenlage jedoch sehr
heterogen. Es muss daher klar zwischen theoretischem Nutzen und dem durch kontrollierte Studien belegten klinischen
Antidepressiva-Wechsel
Effekt der Kombination verschiedener Antidepressiva unterschieden werden. Durch kontrollierte Untersuchungen wurde
Der Wechsel des Antidepressivums ist eine in der klinischen
nur für die Kombination von Wiederaufnahmehemmern
Praxis häufig angewendete Strategie bei Non-Response auf
einerseits und Blockern präsynaptischer Autorezeptoren
die initiale antidepressive Pharmakotherapie. Überraschender­
(Mirtazapin, Mianserin, Trazodon) andererseits ein Vorteil
weise gibt es nur drei randomisierte kontrollierte Studien, die
den Wechsel des Antidepressivums bei initialer Non-­ nachgewiesen. Aktuelle Daten einer randomisierten Einfach­
blindstudie zeigten ebenfalls keinen WirksamkeitsunterRes­ponse untersucht haben, sowie eine Metaanalyse dieser
schied zwischen einer Monotherapie (Escitalopram) und der
Untersuchungen, die keine Unterschiede im Vergleich zur
Kombination mit derselben Substanz (Escitalopram und
Placebogabe feststellen konnte. Eine Ausnahme hiervon, geBupropion) sowie eines weiteren Kombinationsregimes
­
rade bei vorliegender Therapieresistenz, könnte der Wechsel
(Venla­faxin und Mirtazapin).
auf einen irreversiblen Monoaminooxidase-Hemmer (MAODie Kombination eines irreversiblen MAO-Hemmers mit SSRI
Hemmer) darstellen.
und anderen Antidepressiva, die ebenfalls auf das sero­to­
Vor Einsatz eines irreversiblen MAO-Hemmers müssen die
nerge System wirken (z. B. Clomipramin, Venlafaxin), ist aufErfordernisse einer tyraminarmen Kost und eine Auswaschgrund potenziell tödlicher Wechselwirkungen (Serotoninperiode von mindestens fünf Halbwertszeiten des initialen
Syndrom) streng kontraindiziert.
Antidepressivums vor dem Wechsel beachtet werden. Wenn
auf ein neues Antidepressivum umgestellt werden soll, so
Augmentation eines Antidepressivums
Die Augmentationstherapie beinhaltet die
Zugabe eines zweiten Medikamentes, das
nicht zur Gruppe der Antidepressiva zählt,
mit dem Ziel, bei partieller Response oder
Non-Res­ponse die Behandlung zu optimieren. Augmentationsstrategien bieten einige
Vorteile: Eine neuerliche Wirklatenzperiode
entfällt und man kann auf einer bestehenden Partial­-Response „aufbauen“.
Die Lithiumaugmentation ist eine besonders
gut untersuchte Therapiemöglichkeit der
therapie­
resistenten Depression. Für diese
Strategie liegen mehr als 30 offene Studien
und zehn placebokontrollierte Studien vor.
Die systematische Metaanalyse der randomisierten plazebokontrollierten Studien zur
Lithium­-Augmentation zeigt eine Responsewahrscheinlichkeit von 3,11 (Odds Ratio)
28
ÄP NeurologiePsychiatrie 3_2013
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Lithium-Augmentation
gegenüber Placebo und eine Anzahl der notwendigen
­ ehandlungen (NNT) von 5. Folglich wird die Zugabe von
B
­Lithium zur laufenden Antidepressivabehandlung als erste
Wahl einer Augmen­ta­tions­­­strategie empfohlen. In verschieden Literatur­übersichten wird darauf hingewiesen, dass eine
Behandlung von mindestens zwei Wochen mit einer
­Dosierung von 600 bis 1200 mg/Tag Lithiumcarbonat mit
einem Serumspiegel von 0,6 bis 0,8 mmol/l bis zur Beurteilung des Ansprechens durchgeführt werden sollte.
Augmentation mit atypischen Antipsychotika
Eine Metaanalyse aller plazebokontrollierten Studien
(16 Stück) zur Augmentation mit Aripiprazol, Olanzapin,
Quetiapin und Risperidon zeigte die Wirksamkeit der
­Atypika-Augmentation im Vergleich zu Placebo. Die pharmakologische Rationale für diese Vorgehensweise wird durch
das breitere neurochemische Rezeptorprofil der Antipsychotika erklärt. Für Aripiprazol ist dieses beispielsweise der
­partielle Dopaminrezeptoragonismus sowie für Quetiapin
(beziehungsweise dessen Metabolit Norquetiapin) die zusätzliche Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmung, welche
die depressive Symptomatik positiv beeinflussende Wirk­
mechanismen sein könnten. Dennoch sollte die zusätzliche
Gabe auch in Bezug auf mögliche Nebenwirkungen (diabetogene Stoffwechsellage, Hypertriglyceridämie- und Choles­
terin­ämie, Gewichtserhöhung, Hyperprolaktinämie, EPMS,
metabolisches Syndrom) genau abgewogen werden.
Augmentation mit Schilddrüsenhormonen
Eine Therapiealternative bei therapieresistenten Patienten
mit unipolarer Depression ist außerdem die Augmentation
mit Schilddrüsenhormonen. Studien, die die Wirkungen von
Schilddrüsenhormonen bei behandlungsresistenten Depressionen untersuchten, wurden überwiegend mit Triiodthyronin (T3) durchgeführt, wobei in den meisten Studien trizyklische Antidepressiva mit 25–37,5 µg T3/Tag augmentiert
wurden.
Die T3-Augmentation wurde in einer Metaanalyse untersucht, konnte jedoch keine einheitlichen Ergebnisse auf­
zeigen. Für die Behandlung mit Schilddrüsenhormonen gibt
es demnach einige positive Belege, die jedoch noch durch
weitere kontrollierte Untersuchungen, gerade in Kombination mit neueren Antidepressiva, unterstützt werden müssen, auch bezüglich der differenziellen Therapieindikation.
Bei der Entscheidung für die Augmentation mit Schilddrüsenhormonen sind mögliche internistische Kontraindika­
Strategie
Mechanismus/Klassifizierung
Lithium
Stimmungsstabilisierer
Evidenzlevel
A
Quetiapin
atypisches Antipsychotikum
A
Aripiprazol
atypisches Antipsychotikum
A
Olanzapin
atypisches Antipsychotikum
B
Risperidon
atypisches Antipsychotikum
B
Carbamazepin
antikonvulsivum/Stimmungsstabilisierer
C
Valproat
Antikonvulsivum/Stimmungsstabilisierer
C
Lamotrigin
Antikonvulsivum/Stimmungsstabilisierer
D
Pindolol
5-HT1A-Autorezeptor-Antagonist, Beta-Rezeptor-Blocker
C
Buspiron
5-HT1A- und D2-Rezeptor-Agonist
C
Stimulanzien
Dopamin- und Noradrenalin-Ausschüttungs- und Wiederaufnahmehem­
mung
C
Bromocriptin
Dopamin(D2)-Agonist
C
Pergolid
Dopamin(D1/D2)-Agonist
C
Reserpin
Wiederaufnahmehemmung der biogenen Amine
C
Triiodthyronin (T3)
Schilddrüsenhormon
B
L-Thyroxin (L-T4)
Schilddrüsenhormon
C
Östrogen (nur Frauen)
ovariales Steroidhormon
C
Dehydroepiandrosteron (DHEA)
adrenales androgenes Hormon
C
Ketokonazol, Metyrapon
periphere Cortisolsuppression
C
L-Tryptophan
essenzielle Aminosäure, 5-HT-Vorläufer
C
Hormonelle Augmentation
Sonstige
Tab. 2: Pharmakologische Therapieverfahren bei Patienten mit therapieresistenter Depression, die auf Antidepressiva nur teilweise oder nicht ansprechen (Evidenzlevel A–D, A = höchste Evidenzstufe).
ÄP NeurologiePsychiatrie 3_2013
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f o k u s De p r ess i o n , B i p o l a r e S t ö r u n g en
tionen (beispielsweise vorangegangener Myokardinfarkt,
KHK, Hyperthyreose) und die Nebenwirkungen zu beachten.
Es gibt Hinweise dafür, dass die Zugabe von T3 eher­
einen ­Response-beschleunigenden als einen augmentativen
­Effekt im engeren Sinne hat.
Andere medikamentöse Augmentationsstrategien
Auch direkte Dopaminagonisten wie Pramipexol scheinen
antidepressive Effekte bei der therapieresistenten Depression
zu haben. Ebenfalls zeigte die Kombinationsbehandlung mit
einem SSRI und Pindolol (ein 5-HT1A/Beta-AdrenozeptorAntagonist) einen Rückgang der depressiven Symptome. In
einem geringeren Umfang wurde diese Möglichkeit auch als
eine Augmentationsstrategie bei Patienten mit behandlungsresistenter Depression untersucht, wobei die Ergebnisse
­jedoch widersprüchlich waren (Level C). Zahlreiche andere
Augmentationsstrategien mit unterschiedlichem pharmakologischen Profil und Zielsetzungen wurden in nur geringem
Umfang untersucht, darunter Metyrapon (hemmt in der
­Nebennierenrinde die Synthese von Kortikosteroiden) und
Modafinil (aus der Gruppe der Psychostimulanzien). Für die
meisten dieser Strategien fehlen jedoch placebokontrollierte
Studien bei therapieresistenten depressiven Patienten. Auch
pflanzliche und andere natürlich vorkommende, frei verkäufliche, sogenannte Nahrungsergänzungsstoffe (u. a. Johannis-
kraut, Omega-3-Fettsäuren, S-Adenosyl-L-Methionin) wurden in dieser Indikation bei depressiven Patienten untersucht.
Einen Überblick über die pharmakologischen Therapieverfahren sowie deren Evidenzlevel gibt Tab. 3.
Fazit
Für die Behandlung der therapieresistenten Depression
­stehen unterschiedliche Strategien zur Verfügung. Wichtig
ist der Ausschluss von Pseudoresistenz. Die Lithium-­
Augmentation sowie die Augmentation mit atypischen Anti­
psychotika haben die beste Evidenz für die Behandlung der
Non-Response. Die Kombination von Antidepressiva erscheint nur sinnvoll für Wiederaufnahmehemmer und
­Blockern von präsynaptischen Autorezeptoren (zum Beispiel
Mirtazapin). Für einen Antidepressiva-Wechsel ist die Datenlage hingegen nur ­unzureichend. Tranylcypromin kann eine
sinnvolle Option bei Therapieresistenz sein. Eine Dosis-­
Wirkungs-Beziehung und somit Evidenz für eine Dosis­
erhöhung bei Non-Response auf mittlere Dosisbereiche
­besteht für d­ ie Gruppe der TZA und Venlafaxin, nicht jedoch
für SSRI. ­(Literatur bei den V
­ erfassern)
Dr. Stephan Köhler, PD Dr. Mazda Adli
Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie
Charité – Universitätsmedizin Berlin
Wirkmechanismus der EKT aufgeklärt
Neuen Erkenntnissen zufolge nimmt die Elektrokrampftherapie direkten Einfluss auf die Hirnströme
in den für Depressionen verantwortlichen Hirnregionen.
Klinische Neurophysiologen der Ludwig-Maximilians-Universität München haben einen bisher unbekannten Wirk­
mechanismus der Elektro­
krampftherapie (EKT) entdeckt.
­Danach ändert sich bei den so behandelten Patienten die
elektrische Ruheaktivität in den vorderen Hirn­regionen, die
als Schlüsselstelle für den Ausbruch von Depressionen gilt:
Die Hirnströme im niedrigen Frequenzbereich nahmen deutlich zu. „Die in der Depression überaktiven Regionen scheinen sich durch die kontrollierten Stromimpulse wieder zu
beruhigen“, erklärte Dr. Oliver Pogarell, der Leiter der Studie.
Für ihre Unter­suchung hatten die Forscher die EEG-Daten
von 20 Patienten mit schweren, therapieresistenten Depressionen vor und nach der Behandlung ausgewertet.
„Die veränderten niederfrequenten Hirnströme könnten die
direkte Auswirkung der EKT darstellen. Damit hätten wir
einen weiteren Hinweis zur Wirkung der elektrischen ­Impulse
entdeckt“, sagte Pogarell. Die klinischen Neurophysiologen
hoffen, mit den neuen Erkenntnissen die EKT künftig
­schonender und gezielter einsetzen zu können.
30
ÄP NeurologiePsychiatrie 3_2013
„Kenntnisse über die Wirkungsweise der EKT sind besonders
wichtig, weil die Therapie aufgrund der hohen Rückfallrate in
Abständen wiederholt werden muss“, kommentierte Prof.
­Joseph Claßen, Direktor der Klinik und Poliklinik für Neurologie am Universitätsklinikum Leipzig, im Rahmen des DGKNKongresses im März dieses Jahres die Ergebnisse der Studie.
Bei der EKT erhalten kurzzeitig narkotisierte Patienten über
Elektroden am Kopf elektrische Impulse ins Gehirn. Die kurzen Stromstöße führen zu einem kontrollierten epileptischen
Anfall von etwa einer halben Minute. Die EKT gilt als das
wirksamste Mittel gegen schwere Depressionen, bei Kata­
tonien kann sie sogar lebensrettend sein. Die heilende Wirkung der EKT tritt meist schneller ein als bei medikamentösen
Therapien, das Risiko von Nebenwirkungen gilt als geringer.
Doch trotz jahrzehntelanger erfolgreicher Anwendung und
Forschung sind die exakten Wirkmechanismen der EKT
­bislang noch nicht vollständig geklärt.
ej
AWMF, 21. März 2013.
Hilfe bei schwersten Depressionen
Die Stimulation des Medialen Vorderhirnbündels scheint schwerstdepressiven Patienten besser zu
helfen als die elektrische Reizung des Nucleus accumbens.
Forscher des Bonner Uniklinikums haben ein neues Zielgebiet
für den Einsatz der Tiefen Hirnstimulation bei schweren
­Depressionen entdeckt und damit deutlich bessere Erfolge
erzielt als mit der bislang üblichen Stimulation des Nucleus
accumbens. Die Ergebnisse der Studie werden in der Fachzeitschrift „Biological Psychiatry“ vorgestellt.
Prof. Volker Arnd Coenen, Neurochirurg an der Klinik und
­Poliklinik für Neurochirurgie, hatte den schwerstdepressiven
Probanden Elektroden ins Mediale Vorderhirnbündel des
­Gehirns implantiert, die mit einem Hirnschrittmacher verbunden sind. Bereits nach wenigen Tagen besserten sich bei
sechs der sieben Patienten die Beschwerden wie Ängstlichkeit, Niedergeschlagenheit, Antriebslosigkeit und Freudlosigkeit erheblich. „Ein solch sensationeller Erfolg sowohl in
Bezug auf Wirkungsstärke wie auch Geschwindigkeit des
Ansprechens wurde bislang mit keiner anderen Methode
erzielt“, sagte Prof. Thomas E. Schläpfer von der Bonner
Uniklinik für Psychiatrie und Psychotherapie.
Zentraler Teil eines Euphorieschaltkreises
Beim Medialen Vorderhirnbündel handelt es sich um einen
Nervenstrang, der sich vom tief liegenden Hirnstamm bis zur
stirnseitigen Hirnrinde zieht. An einer bestimmten Stelle ist
das Bündel besonders schmal, weil die einzelnen Nerven­
fasern hier eng beieinander liegen. „An diesem Ort erreichen
wir mit wenig Strom ein Maximum an Wirkung“, erläuterte
Coenen, der seit kurzem die Abteilung Stereotaktische­
und Funktionelle Neurochirurgie am Universitätsklinikum
­Freiburg leitet.
Das Mediale Vorderhirnbündel ist zentraler Teil eines
Euphorie­schaltkreises, der Teil des Belohnungssystems des
Gehirns ist. Was die Stimulation in den Nervenzellen genau
bewirkt, ist noch nicht bekannt. Aber offensichtlich verändert sie die Stoffwechselaktivität in verschiedenen Gehirnzentren.
Volker Arnd Coenen/Uni Freiburg
Erfolgsquote von 85 Prozent
Die Wissenschaftler haben bereits in mehreren Studien nachgewiesen, dass die tiefe Hirnstimulation eine erstaunliche
und angesichts der Schwere der Symptome unerwartete Linderung der Symptome bei schwersten Depressionen zeigt.
Dabei implantierten die Ärzte die Elektroden jedoch nicht in
das Mediale Vorderhirnbündel, sondern in den Nucleus
­accumbens, der ebenfalls zum Belohnungssystem des ­Gehirns
gehört. Daraufhin verbesserte sich das Befinden bei rund der
Hirnscan eines Patienten: Das Mediale Vorderhirnbündel ist
grün markiert.
Hälfte der Probanden deutlich und nachhaltig. „Mit der
neuen Studie haben wir jedoch noch viel bessere Ergebnisse
erzielt“, sagte Schläpfer. Statt bei rund 50 Prozent der
­Patienten trat nun bei mehr als 85 Prozent eine entscheidende­
­­Besserung der Beschwerden ein. Die Stimulationen erfolgten
zudem mit noch geringeren Stromstärken, die Wirkung trat
statt zuvor erst nach Wochen nun bereits binnen ­weniger
Tage ein.
Langfristiger Erfolg ist nachgewiesen
„Offensichtlich haben wir uns nun weiter zu einer entscheidenden Struktur im Gehirn vorgetastet, die für schwerste
Depressionen verantwortlich ist“, sagte der Psychiater des
Bonner Universitätsklinikums. Optimistisch stimmt die Ärzte
zudem, dass nach Abschluss der Studie eine weitere Behandlung bei einem achten Patienten ebenfalls erfolgreich abgeschlossen wurde. Die Patienten wurden bis zu einem Zeitraum von 18 Monaten nach dem Eingriff beobachtet.
„Die antidepressive Wirkung der tiefen Hirnstimulation im
Medialen Vorderhirnbündel verringerte sich in diesem Zeitraum nicht“, berichtet Schläpfer. Dies ist ein deutlicher Hinweis darauf, dass es sich um keine Kurzzeiteffekte handelt.
Das Verfahren gibt Anlass zur Hoffnung für Menschen, die an
schwersten Formen der Depression leiden. Es wird aber noch
einige Zeit dauern, bis das neue Verfahren zu einer Standardtherapie wird.
ej
Biological Psychiatry, 3. April 2013;
Universität Bonn, 5. April 2013.
ÄP NeurologiePsychiatrie 3_2013
31
Y„S3“ in S3-Leitlinie steht für ...
Q 3. Auflage
Q Schizophrenie, im Trialog erarbeitet
Q Sozialpsychiatrische Leitlinie 2003
Q Stufe 3, höchster Evidenzgrad
QEbene 3, niedrigster Evidenzgrad
XBei welchem Wirkstoff wird ein erhöhtes
Risiko für ein Umschlagen von einer Depression in eine Manie vermutet?
QBupropion
QAmitriptylin
QCitalopram
QParoxetin
QFluoxetin
CWelcher Wirkstoff wird zur Phasenprophylaxe der bipolaren Störung mit dem
­Evidenzgrad A empfohlen?
QLamotrigin
QQuetiapin
QCarbamazepin
QLithium
QValproinsäure
VWas gehört nicht zu den Besonderheiten der
Lithiumtherapie?
QAufklärung des Patienten über die Vermeidung
von Flüssigkeitsverlust
QDosisanpassung anhand von Serumspiegelkontrollen
QKontrolle der Schilddrüsenfunktion
QAufklärung des Patienten über Intoxikationszeichen
QEinhaltung einer tyraminarmen Diät
BWelcher der folgenden Wirkstoffe hat in
der S3-Leitlinie zur Akutbehandlung der
­bipolaren Depression den Evidenzgrad B?
QQuetiapin
QLithium
QAripiprazol
QValproinsäure
QBupropion
Die Landesärztekammer Nordrhein hat die CMEFortbildung in diesem Heft anerkannt und bewertet die
korrekte Beantwortung von mindestens 70 Prozent der Fragen
mit drei Punkten.
Senden Sie den ausgefüllten Fragebogen ausschließlich per
Fax an ÄP NeurologiePsychatrie. Sie erhalten von uns eine
Bescheinigung über Ihre Teilnahme.
Datenschutz: Ihre Namens- und Adressangaben dienen ausschließlich dem Versand der Bestätigungen und werden nicht
an Dritte weitergegeben.
32
ÄP NeurologiePsychiatrie 3_2013
P u n kte
Z e r t if
nannten Augmentationsverfahren zu?
QDie Augmentation mit Thyroxin ist genauso
umfangreich untersucht wie die mit T3.
QNur die Lithium-Augmentation sowie die Aug-
MWelche Aussage zur Kombination von
Antidepressiva trifft zu?
QDie Kombination von Antidepressiva zeigt klare
mentation mit atypischen Antipsychotika erreichen Evidenzgrad A.
QBei Lithium-Unverträglichkeit ist Valproin­säure
eine vergleichbar wirksame Alternative.
QDie Lithium-Augmentation ist gleich effektiv
wie der Wechsel von Antidepressiva.
QLamotrigin ist immer das Mittel der Wahl bei
Lithiumunverträglichkeit.
Vorteile im Behandlungsergebnis.
QEine sinnvolle Strategie ist die Kombination
von SSRI und irreversiblen MAO-Hemmer.
QEine Dreifachkombination ist einer Zweifachkombination überlegen.
QDie Datenlage unterstützt vor allem die Kombination von Wiederaufnahmehemmern mit
Blockern präsynaptischer Autorezeptoren.
QBei der Kombination sollte die Dosis im Vergleich zur Monotherapie grundsätzlich halbiert
werden.
JWelche Aussage zur Therapie mit atypischen
Antipsychotika trifft zu?
QDie Auswirkungen atypischer Antipsychotika
auf den Fettstoffwechsel sind vernachlässigbar.
QEPMS treten nur bei Therapie mit Risperidon
S Welche Aussage zur Behandlung der
therapieresistenten Depression trifft nicht
zu?
QEine Pseudoresistenz muss dringend ausgeschlossen werden.
QVor Änderung der Behandlungsstrategie sollte
die Diagnose überprüft werden.
QDie Wirksamkeit der Erstbehandlung sollte mit
einem standardisierten Messinstrument (z. B.
HAMD) ­beurteilt werden.
QNach spätestens zwei Wochen ohne
­Ansprechen sollte das Antidepressivum
­ausgetauscht werden.
QZur Diagnostik der Therapieresistenz gehört
der Ausschluss einer internistischen oder
­neurologischen Genese der Depression.
und Haloperidol auf.
QQuetiapin und Aripiprazol haben die höchste
Evidenz zur Augmentation unter den Atypika.
QGrundlage der antidepressiven Wirkung ist die
Blockade mesolimbischer Dopaminrezeptoren.
QDer antidepressive Effekt ist deutlich geringer
als bei Augmentation mit Schilddrüsen­
hormonen.
FAX: 089/7554797 bzw. 089/75967911
Ich versichere, alle Fragen ohne fremde Hilfe beantwortet zu haben. Name
Praxisstempel
Straße, Hausnr.
PLZ, Ort (oder Stempel)
Teilnahmebedingungen:
ÄRZTLICHE PRAXIS
Neurologie
Psychiatrie
!Welche Aussage trifft bezüglich der soge-
S­ erumspiegel von 0,6–0,8 mmol/L erfolgen.
QDer Wechsel des Antidepressivums ist nach
Datenlage Methode der ersten Wahl.
QEine Aufdosierung über die minimal effektive
Dosis hinaus scheint für SSRI nicht sinnvoll.
QMehrere atypische Antipsychotika können als
Augmentationsstrategie in Erwägung gezogen
werden.
NWelche Aussage zur Behandlung der
t­ herapieresistenten Depression trifft nicht
zu?
QZur Behandlung therapieresistenter Depres­
sionen stehen psychopharmakologische und
nichtpharmakologische Therapiealternativen
zur Auswahl.
Continuing
Medical Education
CME
3
QDie Lithium-Augmentation sollte in einem
t e F o rt b
ung
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Fragebogen „Depression, Bipolare Störungen“
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f o k u s De p r ess i o n , B i p o l a r e S t ö r u n g en
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pharmareport
Neuromuskuläre Erkrankungen im Blick
Morbus Pompe: Die frühe Therapie ist wichtig!
W Der adulte Morbus Pompe macht sich meist in der
zweiten bis dritten Dekade bemerkbar, so Prof. Peter
Young, Münster. Weil die Krankheit zu irreparablen Schäden führt, ist eine frühe Enzym-Ersatztherapie wichtig.
Beispiel ist eine 36-jährige Frau mit proximalen Paresen.
Das Treppensteigen falle ihr schwer und sie könne ihre
Kuchenbleche kaum noch tragen, sagt sie. Nachts plagen
sie Muskelkrämpfe. Begonnen haben die Symptome vor
fünf Jahren. Neuromuskuläre Erkrankungen sind in der
Familie unbekannt. Beim Betrachten des Gangbildes fällt
aber eine leicht vermehrte Hüftbewegung auf.
neben Schwäche unter Schmerzen aller großen Muskelpartien litt, war dies der entscheidende Hinweis. Denn die
Kraft der Extremitäten über Jahre blieb stabil, aber er
brauchte eine nächtliche Heimbeatmung.
Bei Pompe-Patienten zeigt sich zudem im Kernspin die
kranke Muskulatur, etwa des Oberschenkels oder der
paraspinalen Muskulatur, fettig degeneriert, oft mit Flüssigkeitseinlagerungen. PAS-positive Vakuolen weisen auf
einen adulten Beginn hin. Eine Enzym-Restaktivität
unter 40 Prozent und ein molekulargenetischer Check
bestätigen die Diagnose.
Ein später Morbus Pompe
Kausale Therapie: Enzymsubstitution ist wirksam
Kann das eine späte Verlaufsform des Morbus Pompe
(Glykogenose Typ II) sein? Diese Krankheit führt durch
einen lysosomalen Enzymmangel zu irreversiblen Schäden der Skelett-, Atem- und Herzmuskulatur (s. Kasten).
Im frühen Stadium kann der Gang wiegend erscheinen,
später schwankend (Trendelenburg-Zeichen)1. Ein Leitsymptom im Rahmen der proximalen Muskelschwäche
ist eine Gliedergürtelschwäche, die zum Beispiel das
Treppensteigen erschwert. Das Aufstehen von einem
Stuhl fällt immer schwerer; die Patienten stützen sich
dabei ab (positives Gowers-Zeichen, s. Abb.).
Häufig ist eine früh auftretende Zwerchfellschwäche mit
Atmungsstörungen. Diese führt zu nächtlicher Hypoventilation mit CO2-Anstieg und O2-Entsättigung initial in
den REM-Phasen. Ob dies Tagesmüdigkeit, Abgeschlagenheit und Kopfschmerzen am Morgen bedingt, kann
das Schlaflabor klären. Dieser frühe Befall der Atemmuskulatur bei noch gehfähigen Patienten ist häufig, so
Dr. Bertold Schrank aus Wiesbaden: Bei 16 Prozent ist er
sogar das erste Symptom2. Bei einem Patienten, der
Weil entstandene Schäden sich nicht beheben lassen, sind
die möglichst frühe Diagnose und Behandlung wichtig. Mit
Alglucosidase alfa (Myozyme®) steht eine kausale
Therapie zur Verfügung3,4. Den Erfolg belegen die
Daten der LOTS-Studie4. In ihr erhielten 90 Patienten mit jugendlichem oder adultem Morbus
Pompe Alglucosidase alfa (alle 2 Wochen 20 mg/
kg KG) oder ein Placebo. Nach 78 Wochen hatten
die Patienten mit Enzymersatz im Vergleich zu
Placebo deutlich profitiert: So war ihre Lungenfunktion stabil (forcierte Vitalkapazität: +1,2 %;
Placebo: -2,2 %; p = 0,006). Gleichzeitig verbesPatientin mit Gowers-Zeichen.
serte sich ihre durchschnittliche Sechs-MinutenGehstrecke von 332,2 m um 25,1 m. Die Placebogruppe
blieb mit -3,0 m nur knapp konstant (p = 0,03). Neben der
Enzymgabe bilden symptomatische Begleittherapien aber
weiter einen wichtigen Teil der Behandlung. Das umfasst
unter anderem Physiotherapie, Atemunterstützung und die
Versorgung mit Hilfsmitteln.
Helga Brettschneider
Bildquelle: Genzyme Corporation
Kurz gefasst: Morbus Pompe
Morbus Pompe ist eine rezessiv vererbte neuromuskuläre Erkrankung. Aufgrund eines Mangels an dem
Enzym saure alpha-Glukosidase (GAA) sammelt sich
in den Lysosomen, vor allem im Muskelgewebe, Glykogen an5. Das führt zu irreparablen Schäden.
Schwere und Lebenserwartung hängen stark von der
GAA-Restaktivität ab. Neugeborene (infantiler Verlauf,
GAA-Aktivität < 1 %) sterben unbehandelt meist im
ersten Lebensjahr durch kardio-respiratorisches Versagen6. Die späte Form der Kinder und Erwachsenen
verläuft langsamer (Restaktivität bis ca. 40 %)7. Sie
trifft vor allem Skelett- und Atemmuskulatur. Es drohen
Gehunfähigkeit, Atemnot und Tod. Seit 2006 kann
Alglucosidase alfa das fehlende Enzym ersetzen.
Quelle: Symposium „Lernen am Fall – ein Videoseminar neuromuskulärer Erkrankungen“ anlässlich der 57. Jahrestagung der
Deutschen Gesellschaft für Klinische Neurophysiologie (DGKN),
22. März 2013, Leipzig. Veranstalter: Genzyme GmbH
1. Schrank B. Morbus Pompe/Glykogenose Typ II, Thieme 2012.
2. Felice J et al. Medicine 1995;74:131-135.
3. Kishnani P et al. Neurology 2007;68:99-109.
4. Van der Ploeg A et al. NEJM 2010;362:1396-1406.
5. Toscano A et al. J Neurol 2012; doi 10.1007/s00415-0126636-x.
6. Van den Hout H et al. Pediatrics 2003;112:332-340.
7. Lacaná E et al. Am J Med Genet C Semin Med Genet
2012;160(1):30-39.
Mit freundlicher Unterstützung der
Genzyme GmbH, Neu-Isenburg
ÄP NeurologiePsychiatrie 3_2013
33
e pr ot r t
p h pa hr amramr ae r
po
Therapie der Multiplen Sklerose
Ein Behandlungserfolg setzt adhärente Patienten voraus.
Andrew Chan
Iris-Katharina
Penner
W Viele MS-Patienten leiden unter psychischen Symptomen wie Depression, Fatigue oder einer kognitiven Störung und derartige Begleiterscheinungen wirken sich fast
immer nachteilig auf die gewünschte Adhärenz der
Patienten aus. Dauerhafte Therapietreue ist aber für den
Erfolg einer MS-Behandlung immens wichtig. Unter dem
Titel ’Adhärenz beginnt im Kopf’ befasste sich ein interaktives Symposium der Firma Merck Serono mit den
Faktoren, die sich bei MS-Patienten fördernd oder reduzierend auf die Therapietreue auswirken können.
Adhärenz des Patienten macht sich positiv bei Schubraten
und Behinderungsprogression bemerkbar. Eine nicht konsequent durchgeführte oder auch nur unregelmäßig fortgesetzte Behandlung lässt dagegen die Erkrankung ungebremst fortschreiten. Eine Entwicklung, die unbedingt
aufgehalten werden muss. Und dabei können regelmäßige
physische und psychische Betreuung, verträgliche Medikamente und moderne elektronische Injektionshilfen entscheidend helfen.
Weil die höchste Entzündungsaktivität zu Beginn einer
MS-Erkrankung auftritt, bringt eine rasch, spätestens nach
dem ersten Schub einsetzende, wirksame Behandlung den
größten Nutzen für den Patienten. Hier hat sich eine verlaufsmodifizierende immunmodulatorische Therapie mit
Interferon beta-1a s.c. (z. B. Rebif®) in der leitliniengerechten Dosierung von dreimal 44 µg/Woche bewährt.
Adhärenz beginnt im Kopf
Wie Priv.-Doz. Iris-Katharina Penner, Basel, in Berlin
erläuterte, sind für die Adhärenz eines Patienten individuelle, sozioökonomische, krankheitsbedingte, therapiebezogene sowie gesundheitssystembedingte Einflüsse
verantwortlich.
MS-Patienten sind oft über Jahrzehnte auf eine Therapie
angewiesen. Während derart langer Behandlungsperioden können immer wieder Situationen eintreten, die sich
negativ auf die Adhärenz auswirken. Therapeuten sollten
sich deshalb auf Faktoren konzentrieren, die sie beeinflussen können. Nach Penner sind dies vor allem sogenannte ‚soft signs’ der MS: kognitive Defizite, Fatigue
und Depression.
Dauerhafte Müdigkeit kann zu beruflichen und sozialen
Problemen führen und gilt als ein Hauptgrund für Invalidität und Frühberentung. Depressionen treten bei MS
zwei- bis viermal häufiger als bei anderen chronischen
Krankheiten auf. Fatigue und Depression können Patienten psychisch unfähig machen, die Therapie fortzuführen.
Prävalenzangaben liegen in der Literatur für kognitive
Störungen zwischen 43 und 60 Prozent, für Fatigue zwi34
ÄP NeurologiePsychiatrie 3_2013
schen 75 und 95 Prozent und für Depression zwischen
37 und 54 Prozent der MS-Patienten. Koinzidenzen sind
häufig. Deshalb empfiehlt Penner, „die psychischen Faktoren bei jedem MS-Patienten routinemäßig mit standar-
Inkomplette Adhärenz (häufig bei chronischen Erkrankungen)
unabhängig von der Applikationsform.
disierten und MS-sensitiven Testverfahren zu erfassen
und dann, je nach Ergebnislage, eine symptomatische
Behandlung einzuleiten”.
Adhärenz verbessern – Länger aktiv bleiben
Prof. Andrew Chan, Bochum, wies in Berlin auf das Phänomen mangelnder Therapietreue bei fast allen chronischen Erkrankungen hin (siehe Grafik) und nannte folgende Möglichkeiten, bei MS-Patienten die so wichtige
Therapietreue zu steigern: Vorrangig ist die Akzeptanz der
Therapie beim Patienten zu verbessern. Die Arzt/PatientBeziehung ist zu intensivieren. Angebotene Unterstützungsprogramme sollten genutzt werden. Pharmazeutische Hersteller sollten ihre Medikamente weiter optimieren
– mit dem Ziel geringerer Nebenwirkungen und weiter
verbesserter Wirksamkeit. Auch die Applikationsmethoden
sollten in Richtung Patientenfreundlichkeit unter Nutzung
des technologischen Fortschritts verfeinert werden.
In einem Interview im Anschluss an das Symposium
fragten wir Chan:
Warum sind Therapietreue oder Adhärenz der Patienten
so wichtig für den Erfolg einer MS-Behandlung?
Chan: Leider ist die MS immer noch eine unheilbare,
chronische Erkrankung. Alle unsere Therapien wirken
nur vorbeugend gegen weitere Verschlechterungen und
fordern deshalb hohe Therapietreue der Patienten.
Welche Faktoren üben den meisten Einfluss auf eine
„Nicht-Adhärenz“ aus?
Chan: Beschränken wir uns auf die durch MS-Patienten
und -Therapeuten beeinflussbaren Faktoren: Da sind in
pharmareport
den ersten Monaten der Therapie vorwiegend Nebenwirkungen die wesentliche Ursache für Therapieabbrüche. In
einem engen Arzt/Patient-Verhältnis wird man meist die
Nebenwirkungen rasch und gut behandeln können. Später spielt dann aber zunehmend eine zu hohe Erwartung
an die Therapieziele eine Rolle. Die Therapie ist ja bis
dato nur vorbeugend. Ein Verschwinden bestehender
Symptome kann nicht erwartet werden. Ich sage meinen
Patienten dann: Optimales Therapieziel wäre, weder neue
Symptome der MS noch Nebenwirkungen zu spüren.
Welche sind die schwerwiegendsten Folgen der NichtAdhärenz?
Chan: Wir wissen aus verschiedensten Untersuchungen,
dass nicht nur der Therapieabbruch, sondern auch die
Reduktion der Einnahmefrequenz direkten Effekt auf die
MS-Aktivität hat. So steigt beispielsweise bei InterferonBehandlung mit verminderter Häufigkeit des Spritzens die
Zahl der Schübe an. Unsere gegenwärtigen Fach-Leitlinien
schlagen bei Verschlechterung unter bestehender Therapie
einen Wechsel auf oft deutlich nebenwirkungsbehaftete
sogenannte ‚Eskalationstherapien’ vor. Dies ist bei tatsächlicher Unwirksamkeit des bisherigen Medikaments gerechtfertigt. Was aber, wenn das bisherige Medikament einfach
nicht oder nur unzureichend appliziert wurde?
Mit modernen Injektoren Ängsten begegnen
Zu Beginn chronischer Erkrankungen wie der MS ist es oft
schwierig, die meist noch jungen Patienten dauerhaft in
der Therapie zu halten. Zweifel an der Wirksamkeit der
Behandlung, Applikationsmüdigkeit, das Wissen, diese
Therapie dauerhaft anwenden zu müssen oder auch Erfahrung mit den Nebenwirkungen können der Grund sein.
Wir haben Chan gefragt:
Welche Rolle spielt das richtige Device für die Selbstapplikation einer Dauertherapie mit Spritzen für die Adhärenz?
Chan: Alle derzeitigen Basistherapien sind injizierbar und
Injektionshilfen deshalb wesentlich für Therapietreue. Sie
können Unannehmlichkeiten der Injektion und deren
Einfluss auf die Lebensqualität reduzieren. Dabei sind
elektronische Hilfen auch als Kalender oder Erinnerungshilfe nutzbar. Gerade, wenn keine neuen MS-Symptome
und keine Nebenwirkungen auftreten, sind die Patienten
versucht, Injektionen fortzulassen, und dann ist jede
Unterstützung zur Steigerung der Therapietreue wichtig.
Bereits Penner hatte ausgeführt: „Mangelnder Adhärenz
wegen ‚Spritzenangst’ kann mit dem modernen elektronischen Injektor RebiSMART begegnet werden. Dessen
einfache Anwendung erleichtert die Injektion und verbessert so die Therapieakzeptanz”.
Seit seiner Markteinführung im Juni 2009 steht der
RebiSMART als bislang einziger elektronischer Injektior
für die Therapie der MS mit Interferon beta-1a s.c. zur
Verfügung. Er ist indiziert zur Behandlung der schubförmigen MS sowie bei Patienten mit einzelnem demyelinisierendem Ereignis bei aktivem Entzündungsprozess.
Alternative Diagnosen sollten ausgeschlossen sein und
ein hohes Risiko klinisch manifester MS bestehen.
Speziell entwickelte Mehrfachdosis-Patronen mit jeweils
drei Injektionen decken den Bedarf für eine Woche. Das
Device kann zum Beispiel mit 132 µg zu drei Dosen à
44 µg bestückt werden.
Mit der Auslesefunktion des elektronischen Injektors kann
Adhärenz gemessen und dokumentiert werden. Das Gerät
speichert Datum, Zeitpunkt sowie Dosierung jeder Injektion, erleichtert dem Patienten die Einhaltung des Therapieschemas und bietet dem Arzt Hilfe zur Adhärenzförderung.
Zertifiziert geschulte MS-Betreuer/Innen
Mit RebiSTAR bietet Merck Serono einen persönlichen
Betreuungsservice für MS-Patienten an. Der Service wurde mit MS-Patienten und MS-Schwestern und Ärzten
entwickelt und bietet maßgeschneiderte Unterstützung.
Für eine erfolgreiche Therapie spielen die MS-Schwestern
eine Schlüsselrolle. Wir fragten Chan:
Welche Bedeutung haben die MS-Schwestern bei den
Bemühungen um mehr Adhärenz?
Chan: MS-Schwestern sind mittlerweile für eine umfassende Betreuung der Patienten unverzichtbar. Häufig
können sie beim Arztgespräch zu kurz gekommene oder
nicht angesprochene Punkte noch einmal aufgreifen. Wir
alle wissen: Viele wichtige Fragen fallen einem erst nach
dem Gespräch ein.
Auszeichnung der „MS-Schwester des Jahres 2012” .
Nach PD Dr. Penner können mit dieser professionellen
Begleitung durch einen persönlichen Ansprechpartner
weitere Faktoren für mangelnde Therapietreue aufgefangen werden. Die professionell geschulten MS-Betreuer/
innen stehen insbesondere neu diagnostizierten Patienten
zur Seite, erleichtern ihnen den Einstieg in die Basistherapie und motivieren zum Durchhalten. Merck Serono
bietet seinen MS-Betreuer/innen die bisher einzige vom
TÜV zertifizierte Fortbildung und zeichnet jährlich die
‚MS-Schwester des Jahres’ aus (s. Bild). Jürgen Setton
9. Interaktives MS-Symposium mit Meet-the-Expert „Adhärenz
beginnt im Kopf: Psychische Faktoren in der MS-Therapie” und
Preisverleihung an die „MS-Schwester des Jahres 2012” am 1. und
2. Februar 2013 in Berlin. Veranstalter: Merck Serono GmbH.
Mit freundlicher Unterstützung der Merck Serono GmbH
ÄP NeurologiePsychiatrie 3_2013
35
f o r u m m a n a g emen t
Nehmen Vertragsärztinnen und -ärzte
die Kindererziehungszeit in Anspruch,
kann die Dauer der Beschäftigung von
Entlastungsassistenten innerhalb des
gegebenen Zeitrahmens flexibel
gehandhabt werden. Dies geht aus
einem aktuellen Beschluss des Landessozialgerichtes (LSG) Nordrhein-Westfalen vom März hervor.
Die Zulassungsverordnung für Ärzte
sieht in Paragraf 32 Abs. 2 vor, dass
eine Vertragsärztin oder ein Vertragsarzt in Kindererziehungszeiten bis zur
Dauer von 36 Monaten einen Entlastungsassistenten beschäftigen kann.
Die Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein hatte in einem konkreten Fall die
Auffassung vertreten, die zeitliche
Beschränkung beziehe sich auf das
­
­Lebensalter des Kindes, so dass ein
Entlastungsassistent nur bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres des
Kindes genehmigt werden könne.
Dieser Auffassung hat das LSG Nordrhein-Westfalen jetzt widersprochen
(Az. L 11 KA 8/13 B ER). Danach ­bezieht
sich der in der Zulassungsordnung
­angegebene Zeitraum von ­36 Monaten
auf die Dauer der Vertretung, nicht auf
das Lebensalter des Kindes. Entsprechend dem Wortlaut der Norm müsse
der Zeitraum der Assistentenbeschäftigung nicht zusammenhängend
­genom­men werden, urteiten die Richter. Damit bestätigte das Gericht den
erstinstanzlich gewährten vorläufigen
Rechtsschutz der antragstellenden
Ärztin.
Fazit
Bei Entlastungsassistenten, die für
Vertragsärztinnen und -ärzte während
der Kindererziehungszeit beschäftigt
werden, bestimmt sich der Vertretungs­
zeitraum von 36 Monaten nur nach
der Vertretungsdauer, unabhängig vom
Lebensalter des Kindes.
Marcus Bodem, Fachanwalt für Arbeitsrecht bei Ecovis, Berlin
36
ÄP NeurologiePsychiatrie 3_2013
Wie viel Kunst akzeptiert
das Finanzamt?
Lohnerhöhung mit Verstand
Lohnerhöhungen sind gut gemeint,
aber meistens nicht besonders wirksam. Spätestens beim Blick auf den
Lohnzettel setzt beim Arbeitnehmer die
Ernüchterung ein. Nach Abzug von
Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträgen bleibt häufig nur die Hälfte
übrig. Anders sieht es aus, wenn­
der Arbeitgeber seinen Mitarbeitern
steuer­freie oder pauschal lohnversteuerte Zuschüsse und Sachbezüge gewährt. Meistens fallen dafür auch
keine Sozial­versicherungsbeiträge an.
Beispiele für steuerfreie Zuschüsse und
Sachbezüge sind Kindergarten­
zuschüsse, Krankheitskostenzuschüsse,
die Überlassung von Telekommunikationsgeräten zur privaten Nutzung oder
Job-Tickets (maximal 44 Euro monatlich). Zu den pauschal lohn­besteuerten
Zuschüssen zählen Barzuschüsse zu
Mahlzeiten (Pauschsteuer 25 %) oder
Fahrtkostenzuschüsse für Fahrten zwischen Wohnung und ­Arbeitsstätte
(Pauschsteuer 15 %).
Allerdings sind viele Zuschüsse und
Sachbezüge nur dann begünstigt, wenn
sie zusätzlich zum vereinbarten Lohn
erbracht werden. Dabei ist zu ­beachten,
dass der Arbeitgeber auch wiederholt
gezahlte Zuschüsse, die nicht arbeitsrechtlich vereinbart wurden, aufgrund
einer sogenannten ­betrieblichen Übung
schuldet. Begünstigt sind also nur zusätzliche freiwillige Arbeitgeberleistungen. Deshalb kann der Arbeitslohn
in diesen Fällen auch nicht durch eine
Barlohnumwandlung in steuerfreie
oder pauschal besteuerte Zuschüsse
umgewandelt werden.
ETL Advision, 17. April 2013.
arsdigital - Fotolia.com
Spielraum bei
Entlastungsassistenten
Wer seine Praxisräume attraktiv gestalten will und sie deshalb mit Kunstwerken ausstattet, muss mitunter tief in die Tasche greifen. Doch ob die
hierfür notwendigen Ausgaben steuerlich absetzbar sind, kann von
­vertraglichen Feinheiten abhängen.
Beim Ankauf von Werken „anerkannter Künstler“ geht der Fiskus nämlich
davon aus, dass eine Wertsteigerung eintritt, eine Abschreibung ist in
diesem Fall nicht möglich.
„Abschreiben lassen sich nur Gegenstände, die sich wirtschaftlich abnutzen“, erklärt Wirtschaftsprüfer Thomas Nöthen. „Sinkt der Marktpreis oder
setzt ein nachweislicher Stilwandel ein, kommen allenfalls Teilwert­
abschreibungen in Betracht.“
Bei Werken „nicht anerkannter Künstler“ hingegen billigen die Finanz­
behörden einen Betriebskostenabzug. Solche Kunstgegenstände werten
sie als Gebrauchskunst, die über die Jahre meist unmodern wird und an
Wert verliert. Die Anschaffungskosten für Gebrauchskunst können über
einen Zeitraum von bis zu 15 Jahren abgeschrieben werden.
Nicht ganz einfach zu ermitteln ist jedoch, ob ein Künstler „anerkannt“ ist
oder nicht. Nach Ansicht des Bundesfinanzhofes gilt ein Künstler als
anerkannt, wenn Kunstsachverständige sein Werk als künstlerisch
­
­bedeutsam einschätzen oder er Kunstpreise erhalten hat. Auch der Preis
ist oft ein wichtiger Anhaltspunkt. „Anschaffungen von bis zu 5000 Euro
wertet die laufende Rechtsprechung regelmäßig als Gebrauchskunst“,­
erklärt ­Nöthen.
ej
vierend gegen die Berufsordnung der
Ärzte verstoßen habe.
Ärzte dürfen ihre Patienten nur dann
an bestimmte Anbieter von gesundheitlichen Leistungen verweisen, wenn
besondere Gründe dies rechtfertigen,
beispielsweise um gehbehinderten Patienten zusätzliche Wege zu ersparen.
Zulässig ist es hingegen, mehrere Versorgungsmöglichkeiten aufzuzeigen
und den Patienten dann an einen
­bestimmten Heilmittelerbringer oder
­Berufskollegen zu verweisen. Voraussetzung ist jedoch, dass der Patient
ausdrücklich darum bittet, weil er
­keinen geeigneten Leistungserbringer
kennt oder die ihm bekannten Anbieter
von Gesundheitsleistungen nicht
­beauftragen will.
Niedergelassene Ärzte und Psychotherapeuten sind oftmals auf Honorar­
basis in Krankenhäusern und Rehabili­
ta­
tionskliniken tätig. Für die Ärzte
besteht dabei meist kein Zweifel, dass
sie dabei selbständig freiberuflich
tätig sind. Doch die Prüfer der Deutschen Rentenversicherung und die
­Sozialgerichte sehen das anders. Für
sie sind Honorarärzte oftmals Scheinselbstständige.
So verurteilte das Sozialgericht Kassel
kürzlich einen ärztlichen Psychotherapeuten zur Nachzahlung von Sozialversicherungsbeiträgen. Dieser hatte
im Rahmen eines Honorararztvertrages stationär untergebrachte Patienten einer Rehabilitationsklinik betreut.
Im Rahmen einer Statusfeststellung
bewertete die Deutsche Rentenver­
sicherung diese Tätigkeit als abhängiges Beschäftigungsverhältnis.
Die Sozialrichter bestätigten dies. Sie
entschieden: Auch wenn die Weisungsbefugnis eingeschränkt wird,
bleibt die Tätigkeit fremdbestimmt,
wenn sie im Wesentlichen von der
Klinikordnung geprägt wird. Nach
­
­Ansicht der Sozialrichter war der
­Honorararzt hinsichtlich Zeit, Ort und
Art seiner Arbeitsleistung an bestimmte Weisungen des Arbeitgebers gebunden. Zudem habe der Arzt mit seiner
Tätigkeit vorrangig den wirtschaftlichen Interessen der Klinik gedient und
seine ärztlichen Leistungen nicht wie
für seine eigene Praxis sondern wie für
ein fremdes Unternehmen ausgeübt.
Selbstständig tätig ist, wer ein eigenes
Unternehmerrisiko trägt. Dieses ist
­dadurch gekennzeichnet, dass der Arzt
die Verfügungsmöglichkeit über die
eigene Arbeitskraft hat, seine Tätigkeit
und Arbeitszeit im Wesentlichen frei
gestalten kann. Von besonderer
Bedeutung ist aber auch, ob ein
­
­bestimmtes Honorar sicher ist oder ob
die eigene Arbeitskraft auch mit der
Gefahr eines Verlustes eingesetzt wird.
ETL Advision, 7. März 2013.
ETL Advision, 28. März 2013.
Wirtschaftskanzlei DHPG, 26. März 2013.
Keine Empfehlung ohne Nachfrage
Ohne konkrete Nachfrage des Patienten dürfen Ärzte keine Empfehlung für
Heilmittelerbringer geben. Wer gegen
dieses Verbot in der Berufsordnung
verstößt, muss mit rechtlichen Konsequenzen rechnen.
So hat das Landgericht Trier im Oktober vergangenen Jahres einen HNOArzt wegen berufsrechtswidriger Verweisung an einen Hörgeräteakustiker
verurteilt. Der Arzt hatte Patienten, bei
denen eine Schwerhörigkeit diagnostiziert wurde, durch einen in seine Praxis
kommenden Akustiker versorgen lassen. Die Patienten erhielten zwar an
der Anmeldung einen Hinweis, dass sie
natürlich auch einen Hörgeräteakustiker ihrer Wahl aufsuchen könnten. Der
Arzt selbst hatte die Patienten jedoch
nicht darauf hingewiesen. Das Gericht
entschied deshalb, dass der Arzt gra-
Vorsicht vor
Scheinselbstständigkeit
ÄP NeurologiePsychiatrie 3_2013
37
f o r u m m a n a g emen t
Die Praxis barrierefrei gestalten
Eine Servicebroschüre der Kassenärztlichen Bundesvereinigung unterstützt Ärzte bei der
­Verwirklichung einer barrierefreien Praxis.
Die ambulante Versorgung von Menschen mit Behinderung
steht im Mittelpunkt der neuen Servicebroschüre „Barrieren
abbauen“ der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV).
Das Serviceheft bietet niedergelassenen Ärzten und Psychotherapeuten in kompakter Form eine Fülle von Tipps, wie sie
ihre Praxis noch stärker auf die Bedürfnisse von behinderten
Menschen einstellen können. „Dabei geht es nicht allein um
den räumlichen Zugang und die baulichen Voraussetzungen,
sondern vielmehr auch um das Verstehen der Patienten und
das Eingehen auf ihre speziellen Bedürfnisse“, sagte Regina
Feldmann, die dem Vorstand der KBV angehört.
Auf 24 Seiten enthält die Broschüre Hinweise und Ideen, wie
Patienten, die in ihrer Mobilität eingeschränkt, blind, gehörlos oder geistig behindert sind, der Zugang zur ambulanten
medizinischen Versorgung erleichtert werden kann. Diese
reichen von der räumlichen Ausstattung über die richtige
Ansprache der Patienten bis hin zur barrierefreien Internetseite der Praxis. Erfahrungsberichte von Ärzten, Checklisten
und Kontaktadressen runden das Service-Angebot ab. „Für
Ärzte und Psychotherapeuten ist es wichtig, dass sie Menschen mit Behinderung gut versorgen können. Mit der Broschüre wollen wir sie dabei unterstützen“, betonte Feldmann.
Vieles lasse sich mit einfachen Mitteln erreichen. Eine
­komplett barrierefreie Praxis, unter anderem mit einem rollstuhlgerechten Zugang, erfordere allerdings nicht selten
­größere Umbaumaßnahmen. Diese seien für die niedergelassenen Ärzte und Psychotherapeuten zum Teil mit sehr hohen
Investitionskosten verbunden und deshalb nicht immer einfach umsetzbar. Hier seien Förderprogramme erforderlich.
Die Broschüre „Barrieren abbauen – Ideen und Vorschläge für
Ihre Praxis“ kann kostenlos bei der KBV bestellt werden
­([email protected]). Zudem steht sie als PDF und als barrierefreie Textversion im Internet unter www.kbv.de/barrierenabbauen.html zum Download bereit.
KBV, 18. Februar 2013.
Mietminderung wegen Konkurrenz
Ein Mieter kann die Miete mindern, wenn die Mietsache
einen Mangel hat und ihr vertragsmäßiger Gebrauch dadurch
nicht nur unerheblich beeinträchtigt wird. Ein derartiger
Mangel liegt nach Auffassung des Bundesgerichtshofes auch
vor, wenn die in einem Gewerberaummietvertrag vereinbarte
Konkurrenzschutzklausel verletzt wird.
Geklagt hatte ein Facharzt für Orthopädie, der einen Mietvertrag über zehn Jahre mit zweimaliger Verlängerungs­
option abschloss. In dem Vertrag gewährte ihm der Vermieter
Konkurrenzschutz in dem Mietobjekt für die Fachrichtung
Orthopädie und den Schwerpunkt Chirotherapie. Eine Ver-
mietung an Ärzte mit derselben Fachrichtung im Mietobjekt
war nur mit Zustimmung des Orthopäden zulässig. Doch der
Vermieter verstieß gegen diese Klausel.
Die Richter bestätigten, dass dadurch ein Mangel der Mietsache vorliegt. Ob der Orthopäde auch die Miete mindern
durfte, konnte nicht abschließend geklärt werden. Dazu muss
das Berufungsgericht noch prüfen, ob der vertragsmäßige
Gebrauch der an den Orthopäden vermieteten Räume nicht
nur unerheblich beeinträchtigt wurde.
Auch ohne eine ausdrückliche vertragliche Vereinbarung ist
der Vermieter bei der Vermietung von Räumen zum Betrieb
eines bestimmten Geschäftes verpflichtet, in anderen
­Räumen des Hauses oder auf seinen unmittelbar angrenzenden Grundstücken kein Konkurrenzunternehmen zuzulassen.
Ein Verstoß hiergegen beeinträchtigt den Mieter unmittelbar,
sodass ein Mangel der Mietsache vorliegt. Der Vermieter ist
daher verpflichtet, diese Konkurrenzsituation zum nächstmöglichen Zeitpunkt zu beenden.
ETL ADVISION, 29. Januar 2013.
38
ÄP NeurologiePsychiatrie 3_2013
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Vermietet der Besitzer einer Immobilie Räumlichkeiten an einen Arzt der gleichen Fachrichtung, ist
dies ein Grund, die Mietzahlungen zu kürzen.
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Fe u i l l e t o n
„Seelisches geht aus Seelischem hervor“
In diesem Jahr erinnern zwei bemerkenswerte Gedenktage an
das große Lebenswerk von Karl Jaspers: Sein vielbeachtetes
und wichtigstes Standardwerk der Psychiatrie, die „Allgemeine
Psychopathologie“, wurde im Jahre 1913 erstmals publiziert
und feiert deshalb das ­hundertjährige Jubiläum. Außerdem
war am 23. Februar 2013 der 130. Geburtstag von Karl Jaspers
zu feiern.
Jaspers – Psychiater und Philosoph
Karl Theodor Jaspers wurde 1883 in Oldenburg als Sohn des
Bankdirektors und Landtagsabgeordneten Carl Wilhelm
­Jaspers und dessen Frau Henriette geboren. Er starb am
26. Februar 1969 in Basel im Alter von 86 Jahren. Er war ein
deutscher Psychiater und Philosoph, der weit über Deutschland hinaus bekannt wurde. Als prominenter Vertreter der
Existenzphilosophie grenzte er sich stark vom Existenzialismus Jean-Paul Sartres ab, weil er dessen Nihilismus ablehnte.
Nach dem Abitur in Oldenburg studierte er ab 1901 drei
Semester Rechtswissenschaft in Heidelberg und München. In
Berlin begann er das Medizinstudium, das er ab 1903 in
­Göttingen und Heidelberg weiterführte. Im Jahre 1908 wurde
er bei Franz Nissl, dem Direktor der Psychiatrischen Universitätsklinik Heidelberg, promoviert.
1907 lernte er die 1879 geborene Gertrud Mayer kennen. Sie
war Pflegerin in einer psychiatrischen Anstalt und stammte
aus einer orthodoxen deutsch-jüdischen Familie. Im Jahr
1910 heirateten sie. Das Paar blieb sich ein Leben lang sehr
nahe und lebte in inniger Zweisamkeit und regem geistigen
Austausch. Gertrud starb 1974, also fünf Jahre nach ihm.
Am 13. Dezember 1913 legte Jaspers sein Lehrbuch der
­„Allgemeinen Psychopathologie“ als Habilitationsschrift für
das Fach Psychologie vor. Nach zwei Jahren Lehrtätigkeit am
Philosophischen Seminar wurde er dort zum außerordent­
lichen Professor und 1922 zum ordentlichen Professor
ernannt. Damit war er gemeinsam mit Heinrich Rickert
­
­Direktor des Seminars. In den folgenden Jahren konzentrierte
sich Jaspers auf die Geschichte und Systematik der Philosophie. 1927 begann er mit der Ausarbeitung seines dreibändigen Hauptwerkes „Grundriss der Philosophie“, das er ab 1924
im regen Austausch mit seinem Freund und Schwager Ernst
Mayer entwickelte.
Während der Zeit des Nationalsozialismus war Karl Jaspers
auf der Seite der Verfolgten und Bedrohten. Da er sich weigerte, sich von seiner jüdischen Frau zu trennen, wurde er
Ende 1937 in den Ruhestand versetzt und bekam ab 1938
Publikationsverbot. Seine philosophischen Arbeiten setzte er
jedoch ungeachtet dessen fort. Er lebte ständig in Bedrohung
durch die Nationalsozialisten und hatte immer Zyankali für
den äußersten Fall bei sich. Mitte April 1945 wollten ihn die
Nationalsozialisten schließlich in ein Konzentrationslager
verschleppen. Durch die
Befreiung von Heidelberg durch die US-Armee am 30. März 1945
kam es glücklicherweise nicht dazu. Aufgrund
seiner ab­l ehnenden
Haltung zur NS-Diktatur war J­aspers in der
Nachkriegszeit „unbelastet“. Deshalb war er
prä­d estiniert,
nach
„Wahrheit ist, was
1945 die Neugründung
und den Wiederaufbau
uns verbindet“
Karl Jaspers
der Universität Heidelberg wesentlich mitzugestalten.
Karl Jaspers nahm 1948 einen Ruf der Universität Basel an
und wurde Nachfolger von Paul Häberlin auf den Lehrstuhl
für Philosophie. Als Reaktion auf die Wahl des ehemaligen
NSDAP-Mitglieds Kurt Georg Kiesinger zum Bundeskanzler
der Bundesrepublik Deutschland sowie auf die Verabschiedung der Notstandsgesetze 1967 gab er seinen deutschen
Pass zurück und erwarb die Schweizer Staatsbürgerschaft.
Allgemeine Psychopathologie (1913)
Handschriftliche
Anmerkungen
Jaspers
40
ÄP NeurologiePsychiatrie 3_2013
Die „Allgemeine Psychopathologie“ von Karl Jaspers ist das
erste große systematische Grundlagenwerk der deutschsprachi-
Universität Oldenburg
Vor 100 Jahren erschien erstmals die „Allgemeine Psychopathologie“ – ein Grundlagenwerk, mit dem
Karl Jaspers großen Einfluss auf die Psychiatrie der ­Gegenwart genommen hat.
Universität Oldenburg
gen Psychopathologie. Die Monographie wurde von Jaspers als
Habilitationsschrift für die Universität Heidelberg im Fach
­
­Psychologie verfasst und wurde im Jahre 1913 im SpringerVerlag publiziert. Sie ist auch heute noch im wissenschaftlichen
Springer-Verlag verfügbar und umfasst in der achten Auflage
748 Druckseiten. Gemeinsam mit der „Klinischen Psychopathologie“ aus dem Jahre 1950, die sein Freund und Nachfolger Kurt
Schneider ebenfalls in Heidelberg schrieb, stellen diese beiden
Grundlagenwerke die herausragenden Monolithen der Psycho­
pathologie-Forschung dar. Es ist
­darüber hinaus die erste methodischfundamental reflektierte psycho­
pathologische Abhandlung.
Mit Bezug auf den Phänomenologen
Edmund Husserl und den Lebensphilosophen Wilhelm Dilthey ist sie das
Grundlagenwerk der phänomenolo­
gischen Psychopathologie. Erkenntnistheoretisch und methodisch wurde
Jaspers durch seine Freunde Max
Weber und Hans W. Gruhle sowie
durch Ernst Kretschmer, Ludwig Binswanger und den Nobelpreisträger
Otto Meyerhof beeinflusst.
In seinem Grundansatz bezieht sich
Karl Jaspers auf die Methodologie von
Wilhelm Dilthey und diskutiert ausführlich die Unterscheidung von „Erklären“ und „Verstehen“. Während der
Modus des Erklärens charakteristisch ist für die Naturwissenschaften, hält Jaspers für das Forschungsgebiet der Psycho­
pathologie den Modus des Verstehens für angemessen. Dabei
unterscheidet er das „genetische Verstehen“ vom „statischen
Verstehen“. Das statische Verstehen vermittelt dabei die deskriptive Psychopathologie, während das genetische Verstehen den
Entwicklungsaspekt im Sinne einer Entwicklungspsychopathologie betont. Jaspers verfolgt dabei die Grundannahme, dass
„Seelisches aus Seelischem hervorgeht“. Dieses Postulat ist eine
strikte Absage an die von Jaspers kritisierte „Hirnmythologie“,
wie sie von Wilhelm Griesinger und Emil Kraepelin vertreten
wurde.
Beide Psychiater waren der Auffassung, dass Geisteskranke
­Gehirnkranke seien, und dass es sich bei seelischen Krankheiten
um „Erkrankungen des Gehirns“ handle. Mit dem Aufzeigen dieses Grundwiderspruches eröffnete Karl Jaspers einen kontro­
versen wissenschaftlichen Diskurs, der bis in die Gegenwart
reicht. Wir finden ihn heute zwischen phänomenologisch-anthropologischer Psychiatrie und biologischer Psychiatrie.
Das Herzstück der Jasper‘schen „Allgemeinen Psychopathologie“ ist eine Theorie des Wahns und die Ausarbeitung der Wahnkriterien. Ausgiebige psychopathologische Diskussionen löste
das von Jaspers vertretene „Unverständlichkeitspostulat“ des
Wahns aus, das sich dennoch bis in die achtziger Jahre des
20. Jahrhunderts behauptete.
Jaspers war aufgrund seiner seit der Kindheit bestehenden
gesundheitlichen Beeinträchtigungen (angeborene Bronchi­
­
ektasen mit sekundärer Herzinsuffizienz) nicht geeignet für die
ärztlichen Herausforderungen des Klinikalltags oder eines
­Stationsbetriebes. Insofern war er als Psychiater von Anfang an
Theoretiker und kein Kliniker. Bald wandte er sich von der
­Psychopathologie und Psychiatrie ab und widmete sich ganz der
Philosophie. Die von ihm entwickelte Existenzphilosophie hat
bis heute weltweit großen Einfluss gefunden. Es finden sich
­interessante
Gemeinsamkeiten,
­jedoch auch deutliche Unterschiede
zu den Existenzphilosophien von
Jean-Paul Sartre und Viktor Emil
Frankl. Bereits in der „Allgemeinen
Psychopathologie“ aus dem Jahre
1913 wird das Menschenbild von Karl
Jaspers spürbar, das später seine Existenzphilosophie prägte: das Dasein
des Menschen in den Grenzsituationen Tod, Leiden, Schuld – und sein
Bestreben, seine Existenz als „Wirklichkeit des Selbstseins“ zu leben.
Rezeption des Gesamtwerks
Sowohl die Psychopathologie als
auch die Existenzphilosophie von
Karl Jaspers haben großen Einfluss
auf die Psychiatrie und die Philosophie der Gegenwart genommen. Sein Lebenswerk erfreut sich
weltweit großer Anerkennung und zeigt hohe Aktua­lität.
Zahlreiche wissenschaftliche Tagungen über Jaspers unterstreichen das globale Interesse an seinem Lebenswerk.
Das Gesamtwerk von Karl Jaspers umfasst etwa 30 Bücher
mit mehr als 12.000 Druckseiten. Der Nachlass wird von dem
Schweizer Philosophen Hans Saner (Basel) verwaltet. Etwa
35.000 Blätter und mehrere tausend Briefe sind noch unveröffentlicht. Die Gesamtauflage im deutschsprachigen Raum
hat bereits eine Million überschritten. In vielen Ländern
(Deutschland, Österreich, Japan, Nordamerika, Schweiz) wurden Karl-Jaspers-Gesellschaften oder –Stiftungen gegründet.
In Deutschland sind die Universitäten Oldenburg (Geburtsort
von Karl Jaspers) und Heidelberg, wo er seine erste Professur
inne hatte, federführend.
Literatur:
Karl Jaspers: Allgemeine Psychopathologie, (Erstauflage
1913), 8. Auflage, Springer, Berlin 1965
Prof. Herbert Csef
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10117 Berlin
www.dgn.org
Kongresspräsident
Prof. Dr. Heinz Reichmann
Klinik und Poliklinik für Neurologie
Universitätsklinikum
Carl Gustav Carus
Wissenschaftliches Sekretariat
Prof. Dr. Alexander Storch
Klinik und Poliklinik für Neurologie
Universitätsklinikum
Carl Gustav Carus
Fetscherstraße 74
01307 Dresden
Ansprechpartner
Fortbildungsakademie
Karin Schilling
c/o Universitätsklinikum
Hamburg-Eppendorf
Klinik und Poliklinik für
Neurologie
Martinistraße 52
20246 Hamburg
Pressekontakt
[email protected]
Kongressort
MESSE DRESDEN
Messering 6
01067 Dresden
www.messe-dresden.de
Deadlines
Einreichung Abstracts:
31. März 2013
Manuskripte Fortbildungsakademie: 30. April 2013
Einreichung Videoforum:
30. April 2013
Frühe Registrierung: 31. Juli 2013
Kongress- und Ausstellungsorganisation
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Telefon: +49-30-88 71 08 55 50
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Schneller Wirkeintritt 1, 2, 3
Effektive und anhaltende Wirkung 4, 5, 6
Zusätzliche Verbesserung der Schlafqualität 1, 2
Gute Verträglichkeit 6, 7
1x täglich beim Zubettgehen
1. Kasper S. et al., 2010; J Clin Psychopharmacol, 71 (2): 109–120 2. Lemoine P. et al., 2007; J Clin Psychiatry, 68: 1723–1732 3. Olié J.P. et al., 2007; Int J Neuropsychopharmacol, 10: 661–673. 4. Goodwin G. M. et al., 2008; Eur Neuropsychopharmacol,
18 (Suppl 4): 338–339 5. Kennedy S. H. et al., 2008; J Clin Psychopharmacol, 28: 329–333 6. Kasper S. et al., 2009; World J Biol Psychiatry, 10 (2): 117–126 7. Valdoxan® Fachinformation, Stand: Oktober 2012.
Valdoxan® 25 mg Filmtabletten Wirkstoff: Agomelatin Zusammensetzung: 1 Filmtablette enthält 25 mg Agomelatin. Sonstige Bestandteile: Lactose-Monohydrat, Maisstärke, Povidon (K30), Carboxymethylstärke-Natrium (Typ A), Stearinsäure, Magnesiumstearat, hochdisperses Siliciumdioxid, Hypromellose, Eisen(III)-hydroxid-oxid x H 2 O (E172), Glycerol, Macrogol 6000, Titandioxid (E171), Schellack, Propylenglycol und Indigocarmin, Aluminiumsalz (E132). Anwendungsgebiete: Behandlung von Episoden einer
Major Depression bei Erwachsenen. Valdoxan wird angewendet bei Erwachsenen. Gegenanzeigen: Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der sonstigen Bestandteile, eingeschränkte Leberfunktion (d. h. Leberzirrhose oder aktive Lebererkrankung),
gleichzeitige Anwendung von starken CYP1A2-Inhibitoren (z. B. Fluvoxamin, Ciprofloxacin). Nebenwirkungen: Erkrankungen des Nervensystems: häufig: Kopfschmerzen, Schwindel, Schläfrigkeit, Schlaflosigkeit, Migräne; gelegentlich: Parästhesie. Psychiatrische Erkrankungen: häufig: Angst; gelegentlich: Agitiertheit und damit verbundene Symptome (Gereiztheit, Unruhe), Aggression, Alpträume, ungewöhnliche Träume; selten: Manie/Hypomanie (können auch durch Grunderkrankung bedingt sein), Halluzinationen;
m. nicht bekannter Häufigkeit: Suizidgedanken od. suizidales Verhalten. Augenerkrankungen: gelegentlich: verschwommenes Sehen. Erkrankungen des Gastrointestinaltrakts: häufig: Übelkeit, Diarrhoe, Obstipation, Bauchschmerzen, Erbrechen. Erkrankungen
der Haut und des Unterhautzellgewebes: häufig: vermehrtes Schwitzen; gelegentlich: Ekzem, Pruritus; selten: erythematöser Ausschlag. Skelettmuskulatur-, Bindegewebs- und Knochenerkrankungen: häufig: Rückenschmerzen. Allgemeine Erkrankungen und
Beschwerden am Verabreichungsort: häufig: Müdigkeit. Leber- und Gallenerkrankungen: häufig: erhöhte AST- und/oder ALT-Werte (in klinischen Studien wurden Erhöhungen > 3-fach höher als der obere Normbereich
[> 3 x ULN] bei 1,4% der Patienten unter Agomelatin 25mg/Tag und 2,5% unter Agomelatin 50mg/Tag vs. 0,6% unter Placebo beobachtet); selten: Hepatitis, erhöhte γ-GT (Gammaglutamyltransferase) (> 3 x ULN), erhöhte
alkalische Phosphatase (> 3 x ULN), Leberinsuffizienz, Ikterus. Untersuchungen: selten: Gewichtszunahme, Gewichtsabnahme. Warnhinweise: Enthält Lactose. Patienten mit der seltenen hereditären GalactoseIntoleranz, Lactase-Mangel oder Glucose-Galactose-Malabsorption sollten dieses Arzneimittel nicht einnehmen. Weitere Hinweise siehe Fachinformation. Verschreibungspflichtig. Pharmazeutischer Unternehmer: Les
Laboratoires Servier; 50, rue Carnot, 92284 Suresnes cedex, Frankreich. Örtlicher Vertreter: Servier Deutschland GmbH, Elsenheimerstraße 53, D-80687 München, Telefon +49 (0)89 57095 01 Stand: Oktober 2012
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