ÄRZTLICHE PRAXIS Neurologie Psychiatrie Das Magazin für den Facharzt 3/Mai-Juni 2013 EURO 8,70 Bipolare Störung Continuing Medical Education CME ÄRZTLICHE PRAXIS NeurologiePsychiatrie 3 Depression t e F o rt b ung Z e r t if ie r il d iz Akute Phasen leitliniengerecht behandeln und ihnen vorbeugen Neuer Zielort für tiefe Hirnstimulation P u n kte DSM-V Wann wird seelisches Leiden zur Krankheit? Honorartätigkeit Biermann Medizin B 4369 Vorsicht vor Scheinselbstständigkeit Biermann Medizin Ich bin MS- Sofort! MS stark angreifen. Lebensqualität verteidigen. Bezeichnung: Rebif® 8,8 Mikrogramm / Rebif® 22 Mikrogramm / Rebif® 44 Mikrogramm Injektionslösung in einer Fertigspritze. Rebif® 8,8 Mikrogramm/0,1 ml, Rebif® 22 Mikrogramm/0,25 ml / Rebif® 22 Mikrogramm/0,5 ml / Rebif® 44 Mikrogramm/0,5 ml Injektionslösung in einer Patrone. Rebif® 8,8 Mikrogramm / Rebif® 22 Mikrogramm / Rebif® 44 Mikrogramm Injektionslösung in einem Fertigpen. Wirkstoff: Interferon beta-1a. Pharm. Unternehmer: Merck Serono Europe Limited, 56 Marsh Wall, London E14 9TP, Vereinigtes Königreich. Vertrieb in Deutschland: Merck Serono GmbH, Alsfelder Straße 17, 64289 Darmstadt. Zusammensetzung: Fertigspritzen: Jede Fertigspritze Rebif® 8,8 Mikrogramm enthält 0,2 ml Injektionslösung mit 8,8 Mikrogramm Interferon beta-1a. Jede Fertigspritze Rebif® 22 bzw. 44 Mikrogramm enthält 0,5 ml Injektionslösung mit 22 Mikrogramm bzw. 44 Mikrogramm Interferon beta-1a. Patronen: Jede Patrone Rebif® 8,8 Mikrogramm/0,1 ml / Rebif® 22 Mikrogramm/0,25 ml enthält 132 Mikrogramm (36 M.I.E.) Interferon beta-1a in 1,5 ml Lösung (entsprechend 88 Mikrogramm/ml). Jede Patrone Rebif® 22 Mikrogramm/0,5 ml enthält 66 Mikrogramm (18 M.I.E.) Interferon beta-1a in 1,5 ml Lösung (entsprechend 44 Mikrogramm/ml). Jede Patrone Rebif® 44 Mikrogramm/0,5 ml enthält 132 Mikrogramm (36 M.I.E.) Interferon beta-1a in 1,5 ml Lösung (entsprechend 88 Mikrogramm/ml). Fertigpen: Jeder Fertigpen enthält 8,8 Mikrogramm (2,4 M.I.E.) Interferon beta-1a in 0,2 ml Lösung. Jeder Fertigpen enthält 22 bzw. 44 Mikrogramm (6 bzw. 12 M.I.E.) Interferon beta-1a in 0,5 ml Lösung. Sonstige Bestandteile: Mannitol, Poloxamer 188, L-Methionin, Benzylalkohol, Natriumacetat, Essigsäure (z. Anpassung d. pH-Werts), Natriumhydroxid (z. Anpassung d. pH-Werts), Wasser für Injektionszwecke. Anwendungsgebiete: Schubförmige Multiple Sklerose. Rebif® 44 Mikrogramm / 8,8 Mikrogramm / 22 Mikrogramm (Starterpackung) zusätzlich: einzelnes demyelinisierendes Ereignis mit aktivem Entzündungsprozess, wenn alternative Diagnosen ausgeschlossen wurden u. hohes Risiko für Entwicklung einer klinisch manifesten Multiplen Sklerose besteht. Gegenanzeigen: Bekannte Überempfindlichkeit gegen natürl. od. rekombinantes Interferon beta od. gegen einen sonstigen Bestandteil des Arzneimittels, Behandlungsbeginn während der Schwangerschaft, akute schwere Depression u./o. Suizidgedanken, Auftreten von Gelbsucht od. anderer klinischer Symptome einer Leberfunktionsstörung während der Behandlung. Nebenwirkungen: Interferon-typisches grippeähnliches Syndrom bei ca. 70 % der mit Rebif® behandelten Patienten innerhalb der ersten sechs Monate. Bei 30 % der Patienten treten Reaktionen a. d. Injektionsstelle auf. Häufig asymptomatischer Anstieg der Leberenzymwerte u. Verminderung der Leukozytenzahl. Die beobachteten Nebenwirkungen verlaufen mehrheitlich leicht u. reversibel u. sprechen gut auf Dosisreduzierung an. Nebenwirkungen nach Häufigkeit (sehr häufig: ≥ 1/10; häufig: ≥ 1/100, < 1/10; gelegentlich: ≥ 1/1.000, < 1/100; selten: ≥ 1/10.000, < 1/1.000; sehr selten: < 1/10.000. Innerhalb jeder Häufigkeitsgruppe werden die Nebenwirkungen nach abfallendem Schweregrad angegeben): Nebenwirkungsberichte aus kontrollierten klinischen Studien: Datenpool von 824 Patienten unter Placebo, 398 Patienten unter Rebif® 22 Mikrogramm, dreimal wöchentlich, 727 Patienten unter Rebif® 44 Mikrogramm, dreimal wöchentlich. Angabe der Häufigkeit von Nebenwirkungen in einem Zeitraum von sechs Monaten (Mehrangaben im Vergleich zu Placebo). Sehr häufig: Neutropenie, Lymphopenie, Leukopenie, Thrombozytopenie, Anämie, Kopfschmerzen, Entzündungen / Hautreaktionen an der Injektionsstelle, grippeähnliche Symptome, asymptomatischer Anstieg der Transaminasen. Häufig: Depression, Insomnie, Durchfall, Erbrechen, Übelkeit, Pruritus, Hautausschlag, erythematöser / makulopapulöser Ausschlag, Myalgie, Arthralgie, Schmerzen an der Injektionsstelle, Müdigkeit, Rigor, Fieber, schwerwiegende Transaminasenerhöhungen. Gelegentlich: Schilddrüsendysfunktion (meist als Hypo- bzw. Hyperthyreose); Abszess / Nekrose / Schwellung an der Injektionsstelle. Häufigkeit nicht bekannt: Infektion der Injektionsstelle, einschließl. Cellulitis; thrombotische thrombozytopenische Purpura, hämolytisch-urämisches Syndrom, anaphylakt. Reaktion, Suizidversuch, Krampfanfälle, vorübergehende neurolog. Symptome (z. B. Hypoästhesie, Muskelkrampf, Parästhesie, Gehschwierigkeiten, muskuloskeletale Steifigkeit), die eine Exazerbation einer Multiplen Sklerose imitieren können. Vaskuläre Störungen der Retina (z. B. Retinopathie, Cotton-Wool-Herde u. Verschluss einer retinalen Vene od. Arterie); thromboembolische Ereignisse, Dyspnoe, Leberversagen, Hepatitis mit u. ohne Ikterus, Autoimmunhepatitis, Angioödem, Urtikaria, Erythema multiforme, Erythema-multiforme-ähnliche Hautreaktionen, Stevens-Johnson-Syndrom, Alopezie, Arzneimittelinduzierter Lupus erythematodes. Rebif® kann wie andere Beta-Interferone schwere Leberschädigungen hervorrufen (Wirkmechanismus unbekannt). Die Mehrzahl der Fälle trat während der ersten sechs Behandlungsmonate auf. Spezielle Risikofaktoren konnten nicht identifiziert werden. Die Anwendung von Interferonen wurde mit Anorexie, Schwindel, Angstzuständen, Arrhythmien, Gefäßerweiterung, Herzklopfen, Menorrhagie u. Metrorrhagie in Verbindung gebracht. Während der Behandlung mit Beta-Interferonen kann es zu einer gesteigerten Autoantikörperbildung kommen. Warnhinweis: Arzneimittel für Kinder unzugänglich aufbewahren. Injektionslösung in einer Fertigspritze/einem Fertigpen: Nur zur Einmaldosierung. Verschreibungspflichtig. Stand: Juni 2012. Merck Serono GmbH | Alsfelder Straße 17 | D-64289 Darmstadt Merck Serono ist eine Sparte von Merck Tel.: 0800 -7324344 | Fax: 0800 -1005176 www.merckserono.de | [email protected] Sofort in die Offensive! Editorial Trauer, Depression und fließende Grenzen In Kürze veröffentlicht die Amerikanische Gesellschaft für Psychiatrie ihr aktuelles Diagnosehandbuch für psychische Erkrankungen – ein Ereignis, das an sich nicht ­besonders spannend erscheint. Und doch wirft es seine Schatten bis zu uns. Denn was im DSM-V steht, beeinflusst auch, welche Störungen die WHO als krank einstuft und deshalb in ihren Diagnoseschlüssel ICD-10 aufnimmt. Bekannt ist bislang nur, dass im neuen Manual wohl exaktere Formulierungen dafür sorgen sollen, dass die Flut von ADHS-Diagnosen künftig etwas eingedämmt werden soll. Und auch das Burnout-Syndrom wird dort wohl nicht zu finden sein. Dafür befürchtet die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, ­Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN) aber die Einführung neuer Krankheitsdiagnosen und die Verschiebung diagnostischer Grenzen zwischen krank und gesund, wie Sie dem entsprechenden Beitrag auf Seite 10 entnehmen können. So soll im DSM-V eine mehr als zweiwöchige Trauerphase nach dem Verlust eines nahe­ stehenden Menschen als Depression eingestuft werden. Dabei ist die Zahl der ­Depressionspatienten auch so schon hoch und erfordert, nicht zuletzt aufgrund des hohen Anteils von Therapieresistenzen, eine gründliche ­Diagnostik und sorgfältige Auswahl der Behandlungsstrategie, wie PD Dr. Mazda Adli und ­Dr. Stefan Köhler von der Charité Berlin in unserem Schwerpunkt ­ausführlich darstellen. Fingerspitzengefühl verlangt auch die Therapie der akuten bipolaren Depression, ­besteht doch die Gefahr, dass der Patient von der Depression in die Manie a­ bgleitet. Welche Therapiemöglichkeiten hier evidenzbasiert zur Verfügung ­stehen, erfahren Sie im zweiten Beitrag unseres Themenschwerpunktes. Ein Wegbereiter für die Diagnose- und Therapieverfahren der modernen Psychiatrie war sicherlich Karl Jaspers, dessen Geburtstag sich 2013 zum 130. Mal jährt. Und auch sein Grundlagenwerk, die „Allgemeine Psychopathologie“, feiert in d­ iesem Jahr 100-jähriges Jubiläum. Grund genug, das Lebenswerk des Psychi­aters und Philo­ sophen in unserem Forum Seitenblick zu würdigen. Eine spannende Lektüre wünscht Ihnen Eva Junker [email protected] Schn kompe inform Bleiben Sie auf dem Laufenden mit unseren wöchentlichen E-Mail-Newslettern. Schicken Sie eine Mail an [email protected] oder loggen Sie sich ein unter www.neuro-online.de ÄP NeurologiePsychiatrie 3_2013 3 i n h a lt Forum Medizin 8 Bochumer Wissenschaftler entdecken, was Nervenzellen absterben lassen könnte: der Befehl zur Zellteilung. 6 31 Jahre bis zum Ausbruch 6 Forscher bremsen Parkinson aus 7 ADHS: Riss in der Versorgungskette 7 Zu viele psychiatrische Diagnosen 8 So könnte Alzheimer entstehen L 10 Wann wird seelisches Leiden zur Krankheit? 11 Mehr Lebensqualität für Parkinson-Patienten 12 Übersetzungsfehler im Gehirn 14 Kalzium macht Neurone schmerzempfindlich Forum Management 36 Spielraum bei Entlastungsassistenten 14 36 Lohnerhöhung mit Verstand Die computerassistierte Neurochirurgie erhöht die Überlebenschancen von Patienten mit ­Hirntumor. 37 Keine Empfehlung ohne Nachfrage L37 Vorsicht vor Scheinselbstständigkeit 38 Mietminderung wegen Konkurrenz 36 Ausgaben für Kunstgegenstände zur ­Gestaltung der Praxisräume können steuerlich ­geltend gemacht werden. 4 ÄP NeurologiePsychiatrie 3_2013 L Titelgeschichten i n h a lt 22 Das Risiko des Switchens von depressiven in manische Phasen verlangt bei der Therapie ­bipolarer Störungen viel Fingerspitzengefühl. L Fokus: Depression, Bipolare Störung 22 Bipolare Störung: Therapie als Balanceakt 27 Wenn die Therapie nicht anspricht 30 Wirkmechanismus der EKT aufgeklärt L 31 Hilfe bei schwersten Depressionen 32 CME-Fragebogen 31 Seitenblick Die Stimulation des Medialen Vorderhirn­ bündels erzielt bei schwersten Depressionen mehr Erfolg als das bisherige Verfahren. 40 „Seelisches geht aus Seelischem hervor“ Termine 42 Kongresse und Tagungen von Mai bis Juni 42 Impressum 40 Vor 100 Jahren erschien Karl Jaspers‘ Grund­lagenwerk, die „Allgemeine Psychopathologie“. ÄP NeurologiePsychiatrie 3_2013 5 n a c h r i c h t en me d i z i n „Geräuschmassage“ für besseren Schlaf Universität Tübingen, 12. April 2013. 6 ÄP NeurologiePsychiatrie 3_2013 31 Jahre bis zum Ausbruch Forscher bremsen Parkinson aus Deutsche Wissenschaftler haben einen Wirkstoff entwickelt, der bei Mäusen das Fortschreiten der Proteinablagerungen und der Nervenzellschädigung bei Morbus Parkinson deutlich verzögert und die krankheitsfreie Phase verlängert. Dabei setzt die Substanz erstmals direkt an den Proteinmolekülen an und hemmt deren B ­ ildung. Den Wirkstoff namens Anle138b, den die Wissenschaftler unter rund 20.000 Testsubstanzen identifizierten, haben sie bereits zum Patent angemeldet. Er ist in therapeutischen Dosen gut verträglich, kann mit der Nahrung verabreicht werden und die Blut-HirnSchranke passieren. Für ihre Studie arbeiteten die Forscher mit sogenannten Parkinson-Mäusen. Erhielten die Tiere die Substanz, konnten sie ihre Bewegungen deutlich bes- ser koordinieren als ihre unbehandelten kranken Artgenossen. Generell war der Behandlungserfolg umso größer und die erkrankten Tiere lebten umso länger, je früher sie ­Anle138b über das Futter verabreicht bekamen. Doch nicht nur bei der ParkinsonKrankheit war die Substanz wirksam. Auch bei Mäusen mit der CreutzfeldtJakob-Erkrankung verhinderte der neue Wirkstoff Verklumpungen durch das Prion-Protein. Die Mäuse überlebten deutlich länger. Die Forscher haben zudem Hoffnung, dass ­Anle138b auch die Verklumpung des mit Alzheimer assoziierten Tau-Proteins stoppen könnte. Weitere Versuche sollen dies nun klären. ej MPI für biophysikalische Chemie, 22. April 2013. Juan Gärtner - Fotolia.com Die langsamen Hirnwellen, die im Tiefschlaf auftreten, sind wesentlich, um Gelerntes besser im Gedächtnis zu ­behalten. Werden diese Wellen durch Geräusche im gleichen Rhythmus in der Schlafphase stimuliert, führt dies sowohl zu besserem Schlaf als auch zu besseren Gedächtnisleistungen. Dies haben Prof. Jan Born vom Institut für Medizinische Psychologie der Universität Tübingen und Kollegen von der Universität Lübeck in einer Studie festgestellt: Testpersonen wurden dabei im Schlaf Geräusche vorgespielt, die mit dem Rhythmus dieser langsamen Hirnwellen synchronisiert waren. Die Wissenschaftler haben damit eine einfache, nichtinvasive Methode gefunden, mit der sich die menschliche Hirnaktivität beeinflussen lässt, um sowohl Schlaf als auch Gedächtnis zu verbessern. Born und seine Kollegen hatten elf Personen im Schlaflabor über mehrere Nächte Geräusch­ stimulationen mit unterschiedlichem Rhythmus ausgesetzt. Waren die Geräusche mit ihren langsamen Hirnstromwellen synchronisiert, konnten sich die Studienteilnehmer am Morgen besser an Wortpaare erinnern, die sie am Abend zuvor gelernt hatten. Nach einer Stimulation hingegen, die nicht in Phase mit dem Rhythmus der langsamen Hirnaktivität war, konnte keine Verbesserung festgestellt werden. „Es ist wichtig festzuhalten, dass die Stimulation durch Geräusche nur dann effektiv ist, wenn die Geräusche zeitgleich mit den langsamen Hirnstromwellen während des Tiefschlafes ­auftreten. Wir präsentierten die akus­­ tischen Stimuli immer, während die langsame Hirnwelle ihren Höhepunkt erreichte, und konnten so die Schwingung verstärken“, erklärt Born. Die Wissenschaftler vermuten, dass dieser Ansatz allgemein zur Verbesserung des Schlafes eingesetzt werden könnte. ej Australische Forscher haben mit bildgebenden Verfahren die ­Ablagerung von beta-Amyloid im Gehirn verfolgt und mit dem Hirn­volumen und der geistigen Leistungsfähigkeit der Probanden verglichen. „Die dabei festgestellten Zusammenhänge erleichtern die Vorhersage des Krankheitsverlaufes und könnten künftig helfen, den optimalen Zeitpunkt für Therapien zu ermitteln“, kommentierte Prof. Richard Dodel von der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) die Ergebnisse der Studie. Interessant findet er, dass die Ablagerung des Amyloids nicht gleichmäßig verläuft, sondern erst zunimmt, dann ein Plateau erreicht und schließlich wieder abnimmt. „Bemerkenswert ist, dass viele gesunde Personen bereits eine erhöhte Menge an Amyloid aufweisen, ebenso ­Patienten mit leichten kognitiven Einschränkungen.“ Bei gesunden Personen, die das Eiweiß schnell anhäuften, verschlechterte sich auch die geistige Leistungsfähigkeit schneller. War die AlzheimerKrankheit bereits ausgebrochen, fanden die Forscher hingegen keinen Zusammenhang mehr zwischen der Menge von beta-Amyloid im Gehirn und der Abnahme des episodischen Gedächtnisses. Dodel glaubt, dass auf Basis dieser Ergebnisse in klinischen Studien schon lange, bevor es zu den ersten Gedächtnisproblemen kommt, getestet werden könne, ob Arzneimittelkandidaten die Abbauprozesse verlangsamen. Und noch etwas entdeckten die australischen Forscher: Vom Beginn der Ablagerungen bei gesunden Menschen bis zum Ausbruch der AlzheimerKrankheit könne es bis zu 31 Jahre dauern, so ihre Schätzung. ej DGN, 16. April 2013. ADHS: Riss in der Versorgungskette Rund die Hälfte der von ADHS betroffenen Jugendlichen erhält nach dem Wechsel in die Erwachsenenversorgung keine ärztliche Betreuung mehr. Dies zeigt eine Umfrage der Bertelsmann Stiftung und BARMER GEK unter 623 betroffenen jungen Erwachsenen. Danach leiden rund 37 Prozent derer, die in Kindheit oder Jugend wegen ADHS behandelt wurden, auch als ­Erwachsene unter starker Unaufmerksamkeit, Impulsivität oder Unruhe. Von mittleren oder starken Beeinträchtigungen der Leistungsfähigkeit berichteten 42 Prozent. Beim Wechsel vom Kinder- und Jugendpsychiater in die Versorgung ­ Erwachsener treten jedoch vielfältige Probleme auf. So gehen die Autoren der Studie davon aus, dass rund die Hälfte der aktuell von ausgeprägten ADHS-Problemen Berichtenden keinen Arzt aufsucht. Nur zwölf Prozent der Befragten habe der behandelnde Arzt eine Weiterbetreuung nach dem 18. Geburtstag vermittelt. Angesichts der Ergebnisse könne nicht selbstverständlich davon ausgegangen werden, dass die jungen Erwachsenen notwendige Therapien auch erhalten, schlussfolgern die Autoren. Sie fordern, dass der Übergang in das Versorgungssystem für Erwachsene besser vorbereitet werden müsse. Therapeuten sollten mit ihren Patien­ten rechtzeitig besprechen, ob und durch wen die Therapie fortgesetzt werde. Spe­zial­sprechstunden für junge ­Erwachsene mit ADHS könnten die ­Behandlungskette verbessern. ej Bertelsmann-Stiftung, 3. April 2013. Zu viele psychiatrische Diagnosen Mit großer Skepsis beobachtet der Rostocker Facharzt für Psychotherapie, Prof. Wolfgang Schneider, die stetig steigenden Zahlen von Krankschreibungen wegen psychischer Erkrankungen. „Es gibt eine große Bereitschaft von Menschen, sich als psychisch ­belastet anzusehen und sich deswegen krankschreiben zu lassen“, sagte Schneider. Sie folgten dem medialen Hype um das Burn-out-Syndrom. „Die Schwelle, ab wann Symptome als Ausdruck einer psychischen Erkrankung bezeichnet werden, sinkt. Die Diagnose einer psychischen Erkrankung wird zu schnell und zu häufig gestellt.“ Schneider ist Direktor der Rostocker Universitätsklinik für Psychosomatik und ­Psychotherapeutische Medizin. Dabei zeigten genaue Analysen, dass der Anteil von Personen, die innerhalb eines Jahres an einer „etablierten“ psychischen Erkrankung leiden, seit mehr als 20 Jahren stabil ist. Es würden also soziale Probleme in medizinische ­umgewandelt. „Aber ein gewisses Maß an Müdigkeit, Erschöpfung, Demotivation oder Schlafstörungen bei beruflichen oder privaten Problemen gehört doch zum Normalbereich des menschlichen Erlebens“, betonte Schneider. Verschärft werde das Problem durch die zu geringe Anzahl an Psychotherapeuten. So werde oft nur zum Rezeptblock gegriffen, Patienten erhielten eher Psychopharmaka als eine Psychotherapie. Allein zwischen 2000 und 2010 seien die Verschreibungen von Antidepressiva um 130 Prozent bei Frauen und etwa 80 Prozent bei Männern gestiegen, gab Schneider zu ­bedenken. Kritik erntet Schneider von der Arbeitnehmervereinigung in der CDU, der CDA, in Mecklenburg-Vorpommern: „Zum Krankschreiben gehören immer zwei: ein Patient, der krank ist, und ein Arzt, der eine Diagnose stellt und ­daraus eine Arbeitsunfähigkeit ableitet“, sagte CDA-Landeschef Wolfgang ­Isbarn. dpa/ej ÄP NeurologiePsychiatrie 3_2013 7 f o r u m me d i z i n So könnte Alzheimer entstehen Bochumer Forscher haben einen Mechanismus entdeckt, der Nervenzellen im Gehirn zur Teilung anregt und sie dadurch absterben lässt. Kugelstrukturen im Zellkern Die Forscher um Dr. Thorsten Müller und Prof. Katrin Marcus aus der Abteilung Funktionelle Proteomik hatten in Kooperation mit dem Medizinischen Proteom-Center der Ruhr-­ Universität Bochum (RUB) das Zusammenspiel der Proteine FE65 und BLM analysiert. Die beiden Eiweiße regulieren die Zellteilung. In Zellkultur entdeckten sie im Kern Kugelstrukturen, die FE65 und BLM enthielten. Die Interaktion der Proteine löste ein Fehlsignal zur Zellteilung aus. Dieses könnte die Degeneration und den Tod von Nervenzellen bei Alzheimer-Patienten erklären. Von zentraler Bedeutung für die Alzheimer-Erkrankung ist das sogenannte amyloide Vorläuferprotein APP. Es durchspannt die Fluoreszenzmikroskopische Zellmembran, und seine Aufnahme kultivierter Zellen. Im Zellkern (blau) Spaltprodukte stehen in fusioniert das Protein FE65 Verbindung mit Protein­ mit anderen Proteinen zu ablagerungen, die sich bei Kugelstrukturen (gelb). Alzheimer-Patienten außerhalb der Nervenzellen bilden. APP verankert das Protein FE65 an der Membran, welches im Zentrum der aktuellen Studie stand. FE65 kann in den Zellkern wandern; dort spielt es eine Rolle bei der DNA-Vervielfältigung und -Reparatur. 8 zu Kugelstrukturen, den sogenannten „nuclear spheres“, ­zusam­men­schließen kann. Videomikroskopische Aufnahmen zeigtenaußerdem, dass diese ringartigen Strukturen mit­ einander ­verschmelzen und dadurch wachsen können. „Durch ein spezielles Zellkulturmodell waren wir in der Lage, weitere Komponenten dieser Kugeln zu identifizieren“, erklärte ­Andreas Schrötter, Doktorand in der Arbeitsgruppe Morbus Alzheimer am Institut für Funktionelle Proteomik. Unter anderem fanden die Wissenschaftler das Protein BLM, das aus dem Bloom-Syndrom bekannt ist – einer sehr seltenen erblichen Krankheit, die etwa mit Minderwuchs, Immunschwäche und erhöhtem Krebsrisiko einhergeht. BLM ist­ an der Vervielfältigung und Reparatur der DNA im Zellkern ­beteiligt. Müllers Team nahm die Funktion von FE65 genauer unter die Lupe. Durch genetische Manipulation erzeugten die Forscher Zellkulturen, in denen die FE65-Produktion heruntergefahren war. Eine geringere FE65-Menge bedingte dabei eine geringere Menge des Proteins BLM im Zellkern; stattdessen sammelte sich BLM in einem anderen Bereich der Zelle an. ­Außerdem fanden die Wissenschaftler eine niedrigere DNAVervielfältigungsrate in den genetisch veränderten Zellen. So beeinflusst FE65 über das Protein BLM die Replikation der Erbsubstanz. Kurbelten die Forscher die FE65-Herstellung wieder an, vergrößerte sich auch die BLM-Menge im Zellkern wieder. FE65 als möglicher Alzheimer-Auslöser Gestörte Vervielfältigung der DNA Bei Patienten mit Alzheimerscher Krankheit ist das Protein APP, ein Interaktionspartner von FE65, verändert. Doch das Zusammenspiel der beiden Moleküle ist wichtig für den Transport von FE65 in den Zellkern, wo dieses in Verbindung mit BLM die Zellteilung reguliert. Müllers Team vermutet, dass die veränderte APP-FE65-Interaktion den Zellen fälschlicherweise das Signal sendet, sich zu teilen. Da Nervenzellen sich in der Regel nicht teilen können, degenerieren sie stattdessen und sterben ab. „Diese Hypothese, die wir in der ­Arbeitsgruppe Morbus Alzheimer weiter verfolgen, liefert auch neue Ansatzpunkte für etwaige Therapiemöglichkeiten, die für die Alzheimer-Erkrankung dringend benötigt werden“, sagte Müller. In Zukunft wird das Team auch untersuchen, ob und wie die BLM-Menge bei Alzheimer-Patienten im Vergleich zu Gesunden verändert ist. Anhand von im Labor gezüchteten Zellen stellte das Team um Müller fest, dass sich FE65 mit anderen Proteinen im Zell­­kern Journal of Cell Science, doi: 10.1242/jcs.121004; RUB, 11. April 2013. ÄP NeurologiePsychiatrie 3_2013 Thorsten Müller Bochumer Forscher haben eine neue Hypothese zur Entstehung der Alzheimer-Demenz aufgestellt: Danach könnte eine fälschlicherweise gesendete Aufforderung zur Zellteilung das Absterben der nicht mehr teilungsfähigen Nervenzellen verursachen. Ihre Theorie haben die Wissenschaftler im „Journal of Cell Science“ veröffentlicht. Remission zum Sycrest® – das erste tetrazyklische, „untypische“ Antipsychotikum Sycrest® • Das erste tetrazyklische Antipsychotikum mit einzigartigem Rezeptorprofil 1 • Rasche, früh vorhersagbare Wirkung 2 • Bessert wirksam Symptome bei Patienten mit manischen Episoden 3, 4, 5 • Hohe Remissionsraten *, 3 • Langfristig günstiges metabolisches Profil 6 * Remission definiert als YMRS-Gesamtwert ≤ 12, sekundärer Endpunkt 1. Shahid J et al. J Psychopharmacol. 2009; 23(1): 65 – 73 2. Zhao et al. from APA 2011 (Poster) 3. McIntyre et al. Bipolar Disord. 2009; 11(7): 673 – 686 Keine Titration erforderlich 7 4. McIntyre et al. Bipolar Disord. 2009; 11(8): 815 – 826 5. McIntyre et al. J Affect Disord. 2010; 122: 27 – 38 6. McIntyre et al. J Affect Disord. 2010; 126(3): 358 – 365 7. Fachinformation Sycrest®, Stand Februar 2013 Sycrest® 5/10 mg Sublingualtabletten Wirkstoff: Asenapin (als Maleat). Zusammensetzung: 1 Sublingualtablette enthält 5/10 mg Asenapin (als Maleat). Sonst. Bestandteile: Gelatine, Mannitol (Ph.Eur.) (E421). Anwendungsgebiete: Zur Behandl. mäßiger bis schwerer manischer Episoden einer Bipolar-I-Stör. bei Erwachsenen. Gegenanzeigen: Überempfindlichk. gegen den Wirkstoff oder einen der sonst. Bestandteile. Schwangersch.: Bisher liegen keine ausreichenden Erfahrungen mit der Anwendung bei Schwangeren vor. Neugeborene, die während des dritten Trimenons d. Schwangersch. Antipsychotika exponiert sind, sind durch NW einschl. extrapyramidaler Symptome u./od. Absetzerscheinungen gefährdet, deren Schwere und Dauer nach der Entbindung variieren können. Es gab Berichte über Agitiertheit, erhöhten oder herabgesetzten Muskeltonus, Tremor, Somnolenz, Atemnot od. Störungen bei der Nahrungsaufnahme. Dementsprechend sollten Neugeborene sorgfältig überwacht werden. Sycrest® darf während d. Schwangersch. nicht angewendet werden, es sei denn, es ist zwingend erforderl. u. d. mögliche Nutzen überwiegt das mögliche Risiko für das ungeborene Kind. Stillzeit: Nicht stillen. Nebenwirkungen: Die häufigsten NW sind Somnolenz u. Angst. Aus klin. Studien u./od. bei Anwendung nach Markteinführung wurden folgende NW berichtet: Blut u. Lymphsystem: Selten (≥1/10.000 bis <1/1.000): Neutropenie. Immunsystem: Nicht bekannt (Häufigkeit auf Grundlage der verfügbaren Daten nicht abschätzbar): Allergische Reaktionen. Stoffwechsel- u. Ernährungsstör.: Häufig (≥1/100 bis <1/10): Erhöhtes Gewicht, Appetitsteigerung; Gelegentl. (≥1/1.000 bis <1/100): Hyperglykämie. Psychiatr. Erkrank.: Sehr häufig (≥1/10): Angst. Nervensystem: Sehr häufig: Somnolenz; Häufig: Dystonie, Akathisie, Dyskinesie, Parkinsonismus, Sedierung, Schwindelgefühl, Geschmacksstör.; Gelegentl.: Synkope, Krampfanfall, Extrapyramidale Erkrank., Dysarthrie; Selten: Malignes neurolept. Syndr.; Nicht bekannt: Restless-Legs-Syndrom. Augen: Selten: Akkommodationsstör. Herz: Gelegentl.: Sinusbradykardie, Schenkelblock, QT-Verlängerung im EKG, Sinustachykardie. Gefäße: Gelegentl.: Orthostat. Hypotonie, Hypotonie. Atemwege, Brustraum u. Mediastinum.: Selten: Lungenembolie. Gastrointestinaltr.: Häufig: Orale Hypästhesie; Gelegentl.: Geschwollene Zunge, Dysphagie, Glossodynie, Orale Parästhesie; Nicht bekannt: Übelkeit, Orale Schleimhautläsionen (Ulzerationen, Blasenbildung u. Entzündung), vermehrter Speichelfluss. Leberu. Galle: Häufig: Erhöhte Alaninaminotransferase. Skelettmuskulatur, Bindegewebe, Knochen: Häufig: Muskelrigidität, Selten: Rhabdomyolyse. Schwangersch., Wochenbett, perinatale Erkrank.: Nicht bekannt: Arzneimittelentzugssyndrom des Neugeborenen. Geschlechtsorgane, Brustdrüse: Gelegentl.: Sex. Funktionsstör., Amenorrhö; Selten: Gynäkomastie, Galaktorrhö. Allg. Erkrank.: Häufig: Ermüdung. Asenapin hat lokalanästhes. Eigensch. Orale Hypästhesie u. orale Parästhesie können unmittelbar nach d. Einn. auftreten u. gehen normalerw. innerh. 1 Std. wieder zurück. Nach Markteinf. gab es Meld. über schwere Überempfindlichkeitsreakt., u. a. anaphylaktische/anaphylaktoide Reakt., Angioödem, geschwollene Zunge u. geschwollener Rachen (Pharynxödem). Weitere Informationen s. Fachinfo. Verschreibungspflichtig. Stand: Februar 2013. Pharmazeut. Unternehmer: N.V. Organon, Kloosterstraat 6, NL-5349 AB Oss, Niederlande, Örtl. Vertr.: Lundbeck GmbH, Ericusspitze 2, D-20457 Hamburg. Das Sycrest-Markenzeichen wird genutzt unter Lizenz von N.V. Organon, einem Tochterunternehmen der Merck & Co., Inc., Whitehouse Station, NJ, USA. f o r u m me d i z i n Wann wird seelisches Leiden zur Krankheit? Im Mai dieses Jahres wird die Amerikanische Gesellschaft für Psychiatrie ihr neues Diagnosehandbuch für psychische ­Erkrankungen, das DSM-V, veröffentlichen, bei dessen Erstellung Konzepte, Grenzen und Definitionen psychischer ­Erkrankungen einer Revision unterzogen wurden. Im Vorfeld der Veröffentlichung plädierte die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN) dafür, Krankheitskonzepte nur dann auszuweiten, wenn dadurch klinisch relevantes Leiden besser als bisher erkannt werden könne. „Das DSM-V ist zunächst ein nationales Diagnosesystem für die USA und dient als Grundlage der klinischen und epidemiologischen Forschung. Es ist aber auch für die Patientenversorgung in Deutschland von Bedeutung“, sagte Prof. Andreas Heinz, Vorstandsmitglied der DGPPN. Zwar komme in deutschen Arztpraxen die ICD-Klassifikation der Weltgesundheitsorganisation zum Einsatz. Doch auch für sie sei eine Überarbeitung in Vorbereitung, die sich mutmaßlich am amerikanischen Handbuch orientieren wird. „Soweit absehbar, wendet sich das DSM-V teilweise gegen den beschriebenen Trend einer Ausweitung psychischer Erkrankungen“, stellte Prof. Andreas Heinz, Vorstandsmitglied der DGPPN, klar. Sorge bereitet der DGPPN hingegen die geplante Einführung bestimmter neuer Krankheitsdiagnosen und die damit verbundene Verschiebung von diagnostischen Grenzen zwischen „krank“ und „gesund“: „So soll im DSM-V zum Beispiel eine mehr als zweiwöchige Trauerphase nach dem Tod eines nahestehenden Menschen der Krankheit Depression ­ ­zugeordnet werden. Das DSM-V führt begründend an, dass für Menschen, die in der Trauer Hilfe suchen, Beratung und ­Therapie angeboten werden können. Der Preis allerdings ist, dass in diesem Fall das natürliche Nachlassen der Trauer­ empfindung und die meistens erhaltene Fähigkeit zur Selbstregulation ignoriert werden. Dies kann dazu führen, dass bei einer zunehmenden Zahl trauernder Menschen eine krankheitsrelevante psychische Störung diagnostiziert wird“, sagte der Past-Präsident der DGPPN, Prof. Peter Falkai. DGPPN-Präsident Prof. Wolfgang Maier ergänzt: „Die Einführung neuer Diagnosen psychischer Störungen und die Ver10 ÄP NeurologiePsychiatrie 3_2013 mehrung und Ausweitung der Grenzen psychischer Störungen kann zu einer Medikalisierung von Problemen unserer Gesellschaft und aller psychischer Leidenszustände führen. Aus Sicht der DGPPN ist festzustellen, dass einige der im DSM-V neu geplanten psychischen Beeinträchtigungen keinen Krankheitswert besitzen, weil sie natürliche Anpassungs- oder Alterungsprozesse abbilden. Die resultierenden Leistungsansprüche bei einer solchen Ausweitung des diagnostischen Spektrums überlasten das medizinische Ver­ sorgungs­ system und gefährden damit eine gerechte Verteilung der begrenzten und „gedeckelten“ ­ ­Ressourcen unseres Gesundheitswesens – vor allem zum Nachteil jener psychisch schwer erkrankter Menschen, die unbedingt eine sach­ gerechte medizinische Hilfe benötigen.“ Kritik am neuen DSM-V kommt auch von dem amerikanischen Psychiater Allen Frances, der in den 1990er-Jahren die Kommission zur Erarbeitung des DSM-IV geleitet hat. In seinem Buch „Normal – Gegen die Inflation psychiatrischer Diagnosen“ warnt auch Allens ­ davor, normale, zum Leben gehörende Seelenzustände zu Krankheiten zu erklären. Besonders besorgt sei er hinsichtlich der Kinder. „Nach dem DSM-IV haben wir einen dramatischen Anstieg an diagnostizierten Kindern mit Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom, bipolaren Störungen und Autismus gesehen. Aber nicht die Kinder haben sich geändert, sondern die Etiketten, oft erhalten sie Psychopharmaka mit all ihren Nebenwirkungen“, kritisierte der Psychiater in einem Interview mit der Deutschen Presseagentur (dpa). Nun solle die Diagnose „affektive ­Dysregulation“ für Kleinkinder, die regelmäßig Wutanfälle haben, in das DSM-V aufgenommen werden. Also ein Verhalten, das oft nur eine Phase in der Entwicklung eines Kindes betreffe. „Ich befürchte, dass nun noch mehr Kinder Psychopharmaka erhalten“, sagte Allens und plädierte dafür, ­Diagnosekriterien nicht von den Psychiatern selbst, sondern von unabhängigen Gesundheitsexperten erstellen zu lassen, die den Stand der Forschung überprüften. ej/dpa DGPPN, 15. April 2013. Gina Sanders - Fotolia.com In Kürze erscheint das amerikanische Diagnosehandbuch DSM-V. Im Vorfeld plädiert die DGPPN dafür, nicht jedes seelische oder soziale Leid zur psychischen Krankheit zu erklären. Mehr Lebensqualität für Parkinson-Patienten Auf dem Jahreskongress der AAN wurden neue Behandlungsoptionen bei Morbus Parkinson vorgestellt, mit denen sich Stürze verhindern und Wearing-off-Zeiten reduzieren lassen können. Störungen der Kreislaufregulation, Wearing off und unzureichende Symptomkontrolle trotz Medikation: Die Liste der ­gesundheitlichen Probleme, mit denen Parkinson-Patienten und Ärzte aufgrund der neurodegenerativen Erkrankung zu kämpfen haben, ist lang. Auf dem Jahreskongress der US-amerikanischen Neurologischen Gesellschaft AAN wurden jüngst drei neue ­Behandlungsoptionen vorgestellt, die die Lebensqualität von Parkinson-Patienten künftig verbessern könnten. Kreislaufprobleme beim Aufstehen Die erste Studie hatte die Wirksamkeit von Droxidopa gegen das plötzliche Abfallen des Blutdruckes untersucht, das beim Aufrichten in die senkrechte Position auftreten und zu Schwindel, Ohnmacht und Stürzen führen kann. Bis zu 18 Prozent der Parkinson-Patienten zeigen diese Störung des autonomen Nervensystems, die auf einer unzureichenden Ausschüttung des Neurotransmitters Noradrenalin basiert. Für die Untersuchung erhielten 225 Parkinson-Patienten randomisiert entweder acht Wochen lang ein Placebo oder den Wirkstoff Droxidopa. Die Substanz ist eine Prodrug, die beim Passieren der Blut-Hirn-Schranke zu dem Botenstoff Nor­ adrenalin umgewandelt wird. Droxidopa kann einen Nor­ adrenalinmangel im Gehirn ausgleichen. Nach einer Woche Behandlung traten in der Verumgruppe die Symptome Schwindel und Benommenheit signifikant seltener auf als in der Placebogruppe. Die Zahl der Stürze ging während der insgesamt zehnwöchigen Studie unter Droxi­ dopa auf durchschnittlich 0,38 pro Patient und Woche zurück, während in der Placebogruppe 1,73 Stürze pro Patient und Woche auftraten. Die zweite Studie fokussierte auf die Behandlung des ­Wearing-off-Symptoms, das nach mehrjähriger Einnahme von Levodopa auftritt. Hierfür erhielten 420 Parkinson-­ Patienten, die im Durchschnitt mit sechs Stunden Wearingoff pro Tag zu kämpfen hatten, über zwölf Wochen hinweg entweder ein Placebo oder eine von vier Dosen des Wirkstoffs Tozadenant zusätzlich zu Levodopa. Bei Studienteilnehmern, die zwei Dosen des Wirkstoffes erhalten hatten, hatte sich die Off-Zeit am Studienende um rund eine Stunde pro Tag reduziert. Außerdem traten während der Off-Zeit keine ­weiteren Dyskinesien auf. Rasagilin und Dopaminagonisten ergänzen sich Hilfe für Parkinson-Patienten, deren Symptome nur unzureichend auf Dopaminagonisten reagierten, versprach die dritte Studie. Hier hatten die Forscher 321 Teilnehmer in einem frühen Krankheitsstadium randomisiert einer Behandlung mit Rasagilin zusätzlich zur Therapie mit Dopaminagonisten oder einem Placeboarm zugeteilt. Nach 18 Wochen hatten sich die Parkinsonsymptome in der Verumgruppe um 2,4 Punkte (UPDRS) verbessert. Die beobachteten Nebenwirkungen ähnelten denen der Placebogruppe. ej AAN, 14. März 2013. Neues Vitamin für Nervenzellen Das Molekül 7,8-Dihydroxyflavon, auch Vitamin P genannt, sichert motorischen Nervenzellen das Überleben in Kultur. Das berichten Biologen der Ruhr-Universität Bochum in der Fachzeitschrift „Molecular and Cellular Neuroscience“. Das Signal dafür sendet es jedoch auf einem anderem Weg als der Brain Derived Neurotrophic Factor (BDNF), der zuvor als Kandidat für die Therapie von Verletzungen der Moto­ neurone galt. „Der BDNF hat im Versuch mit Menschen nur eingeschränkt gewirkt, teilweise sogar negative Folgen ­gehabt“, erklärte Prof. Stefan Wiese aus der RUB-Arbeitsgruppe Molekulare Zellbiologie. Das von den Forschern nun untersuchte Vitamin P entfal­ tete seine positiven Effekte auf die motorischen Nervenzel- len nur in einem sehr kleinen Konzentrationsbereich. „Diese Ergebnisse zeigen, wie wichtig eine genaue Bestimmung von Dosis und Wirkung ist“, sagte Wiese. Eine Überdosis Vitamin P verminderte den Überlebenseffekt; ab einer gewissen Menge traten keine positiven Wirkungen mehr auf. Die Forscher hoffen, dass Vitamin P weniger negative Nebenwirkungen als BDNF haben könnte. „Es ist einfacher anwendbar, da es die Blut-Hirn-Schranke passieren kann und deshalb nicht wie BDNF über Pumpen in die Hirnflüssigkeit eingebracht werden muss“, sagte Wiese. ej Molecular and Cellular Neuroscience 2013, DOI: 10.1016/ j.mcn.2013.02.007. ÄP NeurologiePsychiatrie 3_2013 11 f o r u m me d i z i n Übersetzungsfehler im Gehirn Proteine, die vom Erbgut eigentlich nicht codiert werden dürften, scheinen die Nervenzellen bei Frontotemporaler Demenz und Amyotropher Lateralsklerose zu schädigen. Bei manchen Demenzerkrankungen werden stille Bereiche des Erbguts irrtümlich in ungewöhnliche Eiweißstoffe übersetzt. Dies hat ein internationales Forscherteam unter Beteiligung des Deutschen Zentrums für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) in München und der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) herausgefunden. Eigentlich sollten die nun entdeckten Proteine gar nicht existieren, dennoch bilden sie den Kern bisher rätselhafter Ablagerungen, die bei genetisch bedingten Störungen des Nervensystems aus dem Spektrum der Frontotemporalen Demenz und Amyotrophen Lateralsklerose auftreten. Die Eiweißpartikel sind vermutlich schädlich und könnten daher ein Ansatzpunkt für therapeutische Maßnahmen sein. „Wir haben festgestellt, dass die von uns entdeckten Proteine auf eine genetische Besonderheit zurückgehen, die bei vielen Patienten auftritt. An einer Stelle im Gen C9orf72 finden sich hundertfache Wiederholungen der Sequenz GGGGCC, die bei gesunden Personen weniger als 20-mal vorkommt“, erläutert der Münchener Molekularbiologe Dr. Dieter Edbauer, der ­sowohl am DZNE als auch am Adolf-Butenandt-Institut der LMU tätig ist. „Erstaunlich ist allerdings, dass daraus Pro­teine entstehen. Denn diese Wiederholungen liegen in einem Bereich der DNA, der eigentlich nicht in Eiweiße übersetzt wird.“ Denn die Region mit den vielfachen Wiederholungen enthält kein gängiges Startsignal für die Proteinbiosynthese. „Man kennt zwei sehr seltene Alternativen zum gängigen Mechanismus. Welche Vorgänge hier wirksam sind, wissen wir bisher nicht“, erklärte Dr. Christian Haass, Standortsprecher des DZNE in München und Leiter des Lehrstuhls für Stoffwechsel­ biochemie an der LMU. Durch Experimente in Zellkulturen konnten die Forscher ­jedoch nachweisen, dass überlange Abfolgen der Sequenz GGGGCC – auch ohne das gängige Startsignal – tatsächlich in Proteine übersetzt werden. Die gleichen Proteine konnten sie auch in den typischen Partikeln finden, die sich im Gehirn von Patienten ansammeln: Es handelt sich dabei um sehr lange „Dipeptid-Repeat-Proteine“, die aus einer Verkettung immer gleicher Bausteine bestehen. „Das sind sehr ungewöhnliche Proteine, die ansonsten im Körper überhaupt nicht vorkommen“, sagte Edbauer. „Soweit wir wissen, sind sie völlig nutzlos und sehr schlecht löslich. Deswegen bilden sie Aggregate und scheinen die Nerven­zelle zu schädigen. Der schädigende Einfluss ist noch nicht eindeutig bewiesen, aber vieles spricht dafür.“ Ihre Besonderheit mache diese Proteine jedenfalls zu einem interessanten Ziel für neuartige Therapien. „Da der Mechanismus ihrer Herstellung so ungewöhnlich ist, finden wir vielleicht Wege, ihre Entstehung gezielt zu hemmen, ohne die Synthese anderer Proteine zu stören. Man könnte auch gegen ihre Aggregation vorgehen und versuchen, ihren Abbau zu beschleunigen“, ergänzte Edbauer. Ein Patentantrag ist eingereicht und die Wissenschaftler haben große Pläne. „Es ist unser Traum, am DZNE in München eine Therapie für diese schreckliche Krankheiten zu entwickeln“, sagten Haass und Edbauer. ej LMU München, 7. Februar 2013. Nervenstimulation schützt vor Migräne Migränepatienten profitieren von der elektrischen Reizung des Supraorbitalnervs durch einen Nervenstimulator. Dies berichten belgische Wissenschaftler in der Februarausgabe der Zeitschrift „Neurology“. Das Tragen eines Nervenstimulators für 20 Minuten am Tag könne eine neue Therapieoption für Migränepatienten sein, glauben die Forscher. Für ihre Studie ließen Dr. Jean S­ choenen von der Liège University in Belgien 67 Studienteilnehmer, die durchschnittlich mit vier Migäneattacken pro Monat zu kämpfen hatten, drei Monate lang entweder einen echten oder einen Scheinstimulator tragen. Nach drei Monaten war die Zahl der Migräneanfälle in der Verumgruppe von durch12 ÄP NeurologiePsychiatrie 3_2013 schnittlich 6,9 auf 4,8 Tage pro Monat zurückgegangen. Bei der Kontrollgruppe trat keine Veränderung der Migräne­ häufigkeit auf. Bei 38 Prozent der Teilnehmer in der Interventionsgruppe ging die Zahl der Migränetage pro Monat um mehr als 50 Prozent zurück, während dies in der Sham-­ Gruppe nur bei zwölf Prozent der Fall war. „Diese Ergebnisse sind erstaunlich, da sie denen von Medikamenten zur Migränevorbeugung ähneln. Allerdings haben die Medikamente oft Nebenwirkungen, die dazu führen, dass die Patienten sie wieder absetzen“, sagte Schoenen. ej Neurology 2013, 80(8): 697-704. Raus aus dem Stimmungstief Hochwirksam bei allen Formen der Depression • einzigartige Wirk-Trias (Serotonin, Noradrenalin, Dopamin) • über 50-jährige Therapieerfahrung • gut dokumentiertes Verträglichkeitsprofil • hohe Patientencompliance durch umfassende Ernährungsberatung Jetzt 10 mg & 20 mg als Snap -Tab! Arzneimittel meiner Wahl Pharma GmbH Jatrosom® 10/20 mg Filmtbl. (Rp). Wirkstoff: Tranylcyprominhemisulfat. Zus.: -10mg Filmtbl./ -20mg Filmtbl.: 1 Filmtbl. enth.: Tranylcyprominhemisulfat 13,7mg/27,4mg = 10mg/20mg Tranylcypromin. Sonst. Bestandt.: Lactose-Monohydrat, Maisstärke, mikrokrist. Cellulose, Siliciumdioxid, Poly(vinylalkohol), Macrogol 3350, Titan(IV)-oxid, Talkum, Eisen(III)-hydroxid-oxid (E 172), Eisen(II,III)-oxid, Indigocarmin (E 132). Anw.: -10mg Filmtbl.: Depress. Syndrome unabh. der nosolog. Einordnung. -20mg Filmtbl.: Behandl. v. depress. Episoden; Reserveantidepressivum wenn adäq. Ther. m. 2 Standard-Antidepress. (einschl. Trizyklika) n. ausreich. Erfolgr. od. wenn Standardwirkst. kontraind. od. nicht verträgl. Gegenanz.: Phäochromozytom, Karzinoid, vaskuläre Erkrank. des Gehirns, Gefäßfehlbildungen, schw. Formen von Hypertonie bzw. Herz-Kreislauf-Erkrank., Leberfunktionsstör. bzw. -erkrank., schw. Nierenfunktionsstör. bzw. -erkrank., Porphyrie, Diabetes insip., maligne Hyperthermie (auch anamnest. bek.), akutes Delir, akute Intox. m. zentral-dämpfenden Pharmaka sowie Alkohol. Keine gleichzeitige Anw. mit serotonergen AM, einschl. Reuptakehemmern, Clomipramin, Venlafaxin, Duloxetin, Milnacipran, Sibutramin, L-Tryptophan und Serotoninagonisten, Buspiron, Imipramin, indir. Sympathomimetika, Amphetamine, Pethidin, Tramadol, Dextrometorphan, Disulfiram, Levodopa (sofern nicht kombin. mit Decarboxylase-Hemmern). Kdr. u. Jugendl.; Stillzeit; bek. Überempfindlich. geg. Wirkstoff od. ein. d. sonst. Bestandt. Schwangerschaft: Im 1. Trim. kontraindiziert; im 2. u. 3. Trim. nur bei zwing. Indikat. Nebenwirk.: Initial: sehr häufig Schlafstör., Hypotonie, Orthostase-Reakt. Selten: Anämien, Leukopenie, Neutropenie, Agranulozytose, Thrombopenie. Häufig: Angstzustände, Agitiertheit, Unruhe; selten: psych. Abhängigkeit, selten/sehr selten: Halluzinationen, Verwirrtheit, nicht bekannt: suizidale Gedanken, suizidales Verhalten. Sehr häufig: Schlaflosigk., Schlafstör.; häufig Schwindelgefühl, Mundtrockenh., Müdigk.; selten: zerebrale Krampfanfälle; selten/sehr selten: Polyneuropathien. Berichte z. Auftret. v. Tremor, Schläfrigk. u. Benommenheit un. Tinnitus. Häufig: Herzklopfen. Gefäßerkrank. Sehr häufig: Hypotonie, Orthostase-Reakt., häufig: Hypertonie bis zu gelegentl. hypertensiven Krisen (m. Tachykardie, Gesichtsrötung, Kopfschm., Nackensteifigk., Übelk., Erbr. u. Lichtscheu m. d. Risiko in Einzelf., insbes. bei Nichtbeachtung der diätet. Auflagen od. bei medikamentösen WW intrakranieller Blutungen). Selten: Ödeme. Augenerkrank. Selten/sehr selten: Akkomodationsstör. Erkrank. des Gastrointestin.-Trakts. Selten: Obstipation, Diarrhoe, Übelk. (mit/ohne Erbr. sowie unspezif. dyspept. Beschw. Selten/sehr selten: Leberfunktionsstör., Anstieg der Leberenzymaktivität. Erkrank. der Haut u. des Unterhautzellgewebes Selten: Schwitzen. Selten/sehr selten: allerg. Hautausschläge. Sehr selten: Haarausfall. Selten: Muskelspasmen, Muskel- Gelenkschm. (selten/sehr selten). Berichte zur Auslös. von Muskelzuckungen. Sehr selten vermind. Harnbild. (entsprech. dem Syndr. der inadäquaten ADH-Sekretion). Berichte zu dysurischen Beschw. Selten: Anorgasmie, erektile Impotenz, Ejakulationsstör. Häufig: Gewichtszu- u. -abnahme, Schwäche. Selten/sehr selten: Hyperthermie. Berichtet wurde v. Brustschm., Kälteempfindungen u. Erschöpfungszuständen. Enthält Lactose. Bitte Gebrauchsinformation beachten! (verschreibungspflichtig). Stand August 2012. Aristo Pharma GmbH, Wallenroder Straße 8-10, 13435 Berlin. f o r u m me d i z i n Computerassistierte OP-Technik ist überlegen Patienten mit Hirntumor profitieren von standardisierter und objektiver tumorchirurgischer ­Klassifikation und computerassistierter Neurochirurgie mit höheren Überlebenschancen. Beispiel für computerassistierte OP-Technik am Uni-Klinikum Erlangen: Der OP-Roboter da Vinci®. Patienten mit einem Hirntumor in direkter Nähe des Sprach-, Seh- oder Hörzentrums können computerassistiert mit größerem Erfolg operiert werden. Das ergab eine internationale Vergleichsstudie der Neurochirurgischen Klinik der Universität Erlangen, die in „Nature Reviews“ veröffentlicht wurde. In der Untersuchung werteten Neurochirurgen des Universitätsklinikums Erlangen mehr als 120 internationale klinische Studien zur Tumorchirurgie aus. Grundsätzlich wurden dabei zwei Patientengruppen unterschieden: Patienten, deren Tumor in einem funktionell unkritischen Randareal lag, und Patienten, deren Tumor sich in direkter Nähe eines funktionellen Gehirn­ zentrums befand. Während es für die Patientengruppe mit Tumor in Randlage keinen nennenswerten Unterschied im Hinblick auf die Operationsart gab, zeigten die Studien bei der Patientengruppe mit einem Tumor in direkter Nähe des Sprach-, Seh- oder Hörzentrums, dass sie mit größerem Erfolg in einem Zentrum mit computerassistierter Neuro- chirurgie operiert werden konnten. Weiterhin ergab die Studienanalyse, dass für eine optimale Patientenversorgung objektive Volumen- und Funktionsanalysen essenziell sind. Bei der Behandlung von hirneigenen Tumoren steht nach wie vor die operative Therapie an erster Stelle, gefolgt von einer Bestrahlungs- und Chemotherapie. „Dabei sind die präoperative Tumorklassifikation, die Operationsart und der Umfang der Tumorentfernung für den Erfolg der anschließenden Therapie von entscheidender Bedeutung“, sagte PD Dr. Ilker Y. Eyüpoglu. Die Neurochirurgie stand allerdings lange Zeit vor dem Problem, dass Tumoren sich nur sehr schwer von gesundem Hirngewebe und funktionell wichtigen Hirnregionen – wie dem Sprach-, Seh- oder Hörzentrum – unterscheiden. Um diese Problematik zu lösen, haben Erlanger Neurochirurgen vor rund zehn Jahren die Operation mit computerassistierter intraoperativer Magnetresonanzbildgebung ent­ wickelt. Diese kostenintensive Technik haben bis heute allerdings nur sehr wenige neurochirurgische Zentren in Deutschland etabliert. ej Nat Rev Neurol 2012;9(3):141-51; FAU, 4. April 2013. Kalzium macht Neurone schmerzempfindlich Bei anhaltenden Schmerzen sorgt Kalzium in den Nerven­ zellen dafür, dass diese dauerhaft empfindlicher auf schmerzhafte Reize reagieren. Diese Veränderungen im Rückenmark erklären erstmals, wie es zur Ausbildung des sogenannten Schmerzgedächtnisses kommt. Daraus eröffnen sich nach Ansicht der Wissenschaftler möglicherweise auch neue ­Perspektiven für die Therapie chronischer Schmerzen. Wie die Wissenschaftler herausfanden, gelangt bei sehr heftigen oder anhaltenden Schmerzen so viel Kalzium in die Nervenzellen, dass es – was sonst nicht der Fall ist – in den Zellkern transportiert wird. Hier nimmt es Einfluss darauf, welche Bereiche der Erbinformation aktiviert oder deaktiviert werden: Mäuse, in deren Nervenzellen die Wirkung des Kalziums im Zellkern blockiert wurde, entwickelten trotz chronischer Entzündung keine Überempfindlichkeit gegenüber 14 ÄP NeurologiePsychiatrie 3_2013 schmerzhaften Reizen und kein Schmerzgedächtnis. Im Erbgut der Mäusen fanden die Forscher unter kalzium­regulierten Genen auch solche, die bisher nur mit Entzündungsprozessen des Immunsystems in Verbindung gebracht wurden. In den Nervenzellen des Rückenmarks sorgen sie hingegen dafür, dass die Neurone nur eine bestimmte Anzahl an Kontakt­ stellen zu anderen Nervenzellen ausbilden. So wird der Grad der Vernetzung und damit die Intensität der Signalüber­ tragung begrenzt. Versuche an Nervenzellen im Labor zeigten: Wird die Genfamilie von Kalzium deaktiviert, bilden sich zusätzliche Synapsen, die Zelle wird empfindlicher. Die ­Ergebnisse bieten neue Ansatzpunkte, um die Entstehung von chronischem Schmerz künftig zu verhindern. ej Neuron 2013;77:43-57. UK Erlangen Heidelberger Forscher haben einen Schlüsselmechanismus bei der Entstehung chronischer ­Schmerzen entdeckt, an dem Kalziumionen maßgeblich beteiligt sind. Sifrol Retard: vertraut und geprüft in der Parkinson-Therapie ® 1x Bewährte Wirkung! n Sifrol® Retard vo lheim Boehringer Inge Setzen Sie auf Evidenz und Erfahrung: Vertraute Wirksamkeit1,2 Einfache Dosierung 1x täglich3 Verlässliche Therapie-Option 1. Schapira AHV et al., Extended-release pramipexole in advanced Parkinson disease: a randomized controlled trial. Neurology, Prepublished online August 10, 2011, doi: 10.1212/WNL.0b013e31822affdb Neurology 2011; 77:767-774. 2. Poewe W et al., Extended-release pramipexole in early Parkinson disease: a 33-week randomized controlled trial. Neurology, Prepublished online August 10, 2011, doi: 10.1212/WNL.0b013e31822affb0 Neurology 2011; 77:759-766. 3. Fachinformation Sifrol® Retard, Stand Juni 2011. Sifrol® 0,26 mg Retardtabletten/ Sifrol® 0,52 mg Retardtabl./ Sifrol® 1,05 mg Retardtabl./ Sifrol® 1,57 mg Retardtabl./ Sifrol® 2,1 mg Retardtabl./ Sifrol® 2,62 mg Retardtabl./ Sifrol® 3,15 mg Retardtabl. – Wirkstoff: Pramipexoldihydrochlorid 1 H2O. Verschreibungspflichtig. Zusammensetzung: Arzneilich wirksamer Bestandteil: Sifrol® 0,26 mg Retardtabl.: 1 Tbl. enthält 0,375 mg Pramipexoldihydrochlorid 1 H2O, entsprechend 0,26 mg Pramipexol. Sifrol® 0,52 mg Retardtabl.: 1 Tbl. enthält 0,75 mg Pramipexoldihydrochlorid 1 H2O, entsprechend 0,52 mg Pramipexol. Sifrol® 1,05 mg Retardtabl.: 1 Tbl. enthält 1,5 mg Pramipexoldihydrochlorid 1 H2O, entsprechend 1,05 mg Pramipexol. Sifrol® 1,57 mg Retardtabl.: 1 Tbl. enthält 2,25 mg Pramipexoldihydrochlorid 1 H2O, entsprechend 1,57 mg Pramipexol. Sifrol® 2,1 mg Retardtabl.: 1 Tbl. enthält 3 mg Pramipexoldihydrochlorid 1 H2O, entsprechend 2,1 mg Pramipexol. Sifrol® 2,62 mg Retardtabl.: 1 Tbl. enthält 3,75 mg Pramipexoldihydrochlorid 1 H2O, entsprechend 2,62 mg Pramipexol. Sifrol® 3,15 mg Retardtabl.: 1 Tbl. enthält 4,5 mg Pramipexoldihydrochlorid 1 H2O, entsprechend 3,15 mg Pramipexol. Sonstige Bestandteile: Hypromellose 2208, Maisstärke, wasserfreies hochdisperses Siliziumdioxid, Carbomer 941, Magnesiumstearat. Anwendungsgebiete: SIFROL®-Retardtabletten sind bei Erw. angezeigt zur symptomatischen Behandlung des idiopathischen Morbus Parkinson, allein (ohne L-Dopa) oder in Kombination mit Levodopa, d. h. während des gesamten Krankheitsverlaufs bis hin zum fortgeschrittenen Stadium, in dem die Wirkung von Levodopa nachlässt oder unregelmäßig wird und Schwankungen der therapeutischen Wirkung auftreten (sog. end-of-dose- oder on-off-Phänomene). Gegenanzeigen: Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der sonstigen Bestandteile. Nebenwirkungen: Auftreten können: Pathologisches Spielen (Spielsucht), zwanghaftes Einkaufen, Wahnvorstellungen, Hypersexualität, Störungen der Libido, Essattacken, Hyperphagie, Gewichtszunahme, Herzversagen, Hyperkinesie, Ruhelosigkeit, Amnesie, Synkope, plötzliches Einschlafen, Lungenentzündung, Dyspnoe, Schluckauf, Überempfindlichkeitsreaktionen, Pruritus, Hautausschlag. Sehr häufig (≥ 10 %): Übelkeit, Dyskinesien, Somnolenz, Schwindel. Häufig (1 – 10 %): Gewichtsabnahme einschl. vermindertem Appetit, Obstipation, Erbrechen, Müdigkeit, periphere Ödeme, Kopfschmerzen, Verwirrtheitszustand, Halluzinationen, Hypotonie, Schlaflosigkeit, Verhaltensauffälligkeiten im Sinne von Impulskontrollstörungen und zwanghaftem Verhalten, abnorme Träume, Sehstörungen einschließlich Doppeltsehen, Verschwommensehen und verminderter Sehschärfe. Hypotonie kann zu Behandlungsbeginn auftreten, besonders dann, wenn die Dosistitration von Pramipexol zu schnell erfolgt. Pramipexol wird mit übermäßiger Schläfrigkeit (Somnolenz) und plötzlichem Einschlafen in Verbindung gebracht. Die Inzidenz für Somnolenz ist bei Tagesdosen über 1,1 mg Pramipexolbase erhöht. Häufige Nebenwirkungen bei Kombination mit Levodopa waren Dyskinesien. Hinweis: Weitere Einzelheiten enthält die Fach- bzw. Gebrauchsinformation, deren aufmerksame Durchsicht wir empfehlen. Arzneimittel unzugänglich für Kinder aufbewahren. Stand Juni 2011 ABCD Boehringer Ingelheim Pharma GmbH & Co. KG, 55216 Ingelheim am Rhein, Internet: http://www.medworld.de; http://www.sifrol.de, Tel. 0800 / 77 90 900, Fax 0 61 32 / 72 99 99 MP 02/13 Aus Indus t ri e und Fo rs chung Aktuelles aus Industrie und Forschung Mild Cognitive Impairment (MCI) Morbus Parkinson Ginkgo biloba tut Kognition und Psyche gut Gastroparese induziert Off-Zeiten W Gut 40 Prozent der Patienten mit MCI sind reizbar, depressiv, apathisch oder auf andere Weise verhaltensauffällig, berichtete Prof. Ulrich W. Preuss, Perleberg, auf dem 21. Europäischen ­Psychiatriekongress in Nizza. Diese Symptome spielen eine wichtige Rolle und sollten im Rahmen der Behandlung der ­kognitiven Defizite ebenfalls entsprechende Beachtung finden. Dass dies mit dem Ginkgo-Biloba-Spezialextrakt EGb 761® ­(Tebonin®) gelingen kann, zeigt eine randomisierte, placebokontrollierte Multicenterstudie, die Preuss während seines Vortrags vorstellte. Bei den 160 Teilnehmern der Studie lag eine MCI vor. Bei der Mini-Mental-State-Examination ­erreichten die Patienten in beiden Gruppen jeweils 26 Punkte. Es bestanden aber auch klinisch bedeutsame neuropsychia­ trische Beschwerden. Diese wurden initial im Neuropsychiatric Inventory (NPI) mit mindestens sechs Punkten bewertet. Bei einem der K ­ riterien „Depression/Dysphorie“, „Angst“, „Apathie/ Indifferenz“, „Agita­tion“ oder „Irritabilität/Labilität“ mussten die Teilnehmer vier Punkte oder mehr erreichen. W Ist beim idiopathischen Parkinson-Syndrom der Gastrointestinaltrakt erheblich mitbetroffen, führt dies zu einer ­beträchtlichen Minderung der Lebensqualität, betonte PD Dr. Dirk Woitalla, Bochum, auf dem jüngsten ParkinsonKongress in Würzburg. Die Patienten leiden unter Völle­ gefühl, Sodbrennen, Übelkeit, Erbrechen, abdominalen Schmerzen und Durchfall. Dopaminerge Medikamente, welche diese Störungen partiell lindern könnten, kommen aber gar nicht zur Wirkung, sofern sie oral eingenommen werden. Grund dafür ist die Gastroparese, die eine erheblich längere Magenpassage verursacht. „Die Medikamente verbleiben im Magen und können nicht resorbiert werden“, erläuterte Woitalla. Motorisch werden so oftmals Off-­ Zeiten induziert. Auch wenn die L-Dopa-Einnahme von einem Fünf-Stundenauf ein Drei-Stunden-Intervall umgestellt werde, komme es bei Patienten mit einer ausgeprägten Gastroparese dennoch zu stark erniedrigten Levodopa-Plasmaspiegeln. In der von ihm und Kollegen durchgeführten nicht interventionellen NON-GI-Studie wurden 58 IPS-Patienten daraufhin untersucht, inwiefern eine Umstellung auf ein trans­ dermales System die GI-Beschwerden reduziert. Appliziert wurde der Dopaminagonist Rotigotin (Neupro®). Die Beschwerden wurden von den Patienten auf einer Visuellen Analogskala (0–100 mm) eingetragen. Sechs Wochen nach der Umstellung war der Score von durchschnittlich 47,5 auf 19,7 gefallen. Woitalla zeigte sich selbst überrascht. „Solch einen starken Effekt hatten wir nicht erwartet.“ Aktuell werden in einer amerikanischen Studie die Effekte einer solchen Umstellung auch in Hinsicht auf motorische Symptome untersucht. Als Therapie wurden täglich über 24 Wochen entweder 240 mg des Extraktes oder Placebo verabreicht. Im Ergebnis erreichten knapp 79 Prozent der Teilnehmer in der Verumgruppe einen Anstieg des NPI um mindestens vier Punkte. In der Placebogruppe gelang dies nur etwa 59 Prozent (p=0,002). Am meisten profitierten die Patienten bezüglich des Kriteriums Angst. Bei anderen Symptome wie Agitation oder Depression waren die Veränderungen weniger deutlich. Als Maß für die Effekte auf die kognitiven Fähigkeiten diente der Trail-Making-Test B. Dieser signalisierte nach dem 24-Wochen­ Zeitraum ebenfalls eine signifikante Verbesserung gegenüber Placebo. Der klinische Gesamteindruck (GCI) schließlich bestätigte, dass der klinische Nutzen unter der Behandlung mit dem Ginkgo-biloba-Extrakt erheblich ­stärker ausfiel als unter Placebo. Die Behandlung, so Preuss, war sicher und wurde von den Teilnehmern gut vertragen. Martin Bischoff Pressegespräch: „Free Communications – Geriatric Psychiatry: Ginkgo biloba extract EGb 761® in mild ­cognitive impairment with neuropsychiatric symptoms: A randomized placebo-controlled trial”. Dr. Willmar Schwabe, April 2013, Nizza. 16 ÄP NeurologiePsychiatrie 3_2013 Wirkung auf nicht motorische Störungen (NMS) Prof. Jens Volkmann, Würzburg, wies ausdrücklich auf die Auswirkungen der NMS auf die Lebensqualität hin. So klagen 60 bis 98 Prozent der IPS-Patienten über Schlafstörungen, begleitet von erheblicher Tagesmüdigkeit. Daher ist eine ­Medikation vonnöten, welche auch bei diesen Syndromen wirksam ist. Die Ergebnisse der RECOVER-Studie dokumentieren, so Volkmann, dass Rotigotin versus Placebo neben den motorischen (Reduktion UPDRS-III: -7,0 vs. -3,9) auch nicht motorische Symptome wie die nächtliche Schlafqualität (PDSS-2-Summenscore: -5,9 vs. -1,9) signifikant verbessern kann. Reimund Freye Satellitensymposium: Therapie des Morbus Parkinson: Herausforderungen für Klinik und Praxis. UCB, 15. März 2013 in Würzburg. SG- design - Fotolia.com Signifikant weniger Angst unter Ginkgo biloba Multiple Sklerose Frühzeitiger Behandlungsbeginn reduziert Progressionsrisiko W Die frühzeitige Behandlung mit dem Wirkstoff Laquinimod verlangsamt die Krankheitsprogression bei Patienten mit schubförmig remittierender Multipler Sklerose (RRMS) gegenüber einer verzögerten Behandlung signifikant. Dies belegt die auf dem 65. Jahrestreffen der American Academy of Neuro­logy (AAN) vorgestellte Subgruppenanalyse der Phase-III-Studie ALLEGRO. Präklinische Studien am Tiermodell weisen außerdem darauf hin, dass Laquinimod, für das im Juli 2012 die Zulassung bei der EMA eingereicht wurde, die Myelinisierung im Gehirn und Rückenmark wiederherstellen kann. In der vorgestellten Subgruppenanalyse wurde die Wirksamkeit einer frühzeitigen Therapie mit einer verzögert begonnenen Behandlung mit Laquinimod verglichen. In der Gruppe der frühzeitig therapierten, den sogenannten „early-start“-Patienten, erhielten die Studienteilnehmer seit 36 Monaten Laquinimod, die so genannten „delayed-start“-Patienten wurden seit 24 Monaten mit der Substanz behandelt. Insgesamt waren während der gesamten Studiendauer – dies schließt sowohl die ALLEGRO-Studie als auch die Subgruppenanalyse ein – „early-start“-Patienten seltener von einer Behinderungsprogression betroffen als Patienten mit einem verzögerten Therapiestart mit Laquinimod (11,8 % Risiko einer bestätigten Behinderungsprogression vs. 16,7 %). Von den 864 in die multizentrische, randomisierte, doppelblinde Phase-III-Studie ALLEGRO eingeschlossenen Patienten nahmen 97 Prozent an der offenen Verlängerung teil. Die Auswertung bekräftigt das Sicherheits- und Verträglichkeitsprofil von Laquinimod bei RRMS-Patienten. So traten auch während der Open-label-Phase keine neuen Sicherheitsbedenken auf. ej Teva, 27. März 2013. Schizophrenie Otsuka und Lundbeck bauen Kooperation aus W Die pharmazeutischen Unternehmen Otsuka und Lundbeck haben zum 1. April dieses Jahres ihre bestehende Zusammenarbeit auf die Bewerbung von Abilify Tabletten, Schmelztabletten, der Lösung zum Einnehmen sowie der intramuskulären Injektionslösung von Abilify in 14 europäischen Ländern ausgeweitet. Die Vereinbarung berechtigt Lundbeck zur Vermarktung aller Darreichungsformen von Abilify, die derzeit von Otsuka in der Europäischen Union vermarktet, verkauft und vertrieben werden: der Tabletten, Lösung, Schmelztabletten und der intramuskulären Injektionslösung. Die Unternehmen gaben zudem bekannt, dass Abilify Maintena™ (Aripiprazol), eine injizierbare, einmal monatlich zu verabreichende Depotformulierung zur Behandlung von Schizophrenie, seit dem 18. März in den USA erhältlich ist. Abilify Maintena™ wurde am 28. Februar von der amerikanischen Zulassungsbehörde (FDA, Food and Drug Administration) für die Behandlung der Schizophrenie zugelassen. Abilify Maintena™ und Abilify enthalten den Wirkstoff Aripiprazol, der als Partialagonist am Dopamin-D2-Rezeptor wirkt. In klinischen Studien wurde nachgewiesen, dass Abilify Maintena™ im Vergleich zu Placebo die Zahl der Rückfälle bei Schizophrenie-patienten senkt und dabei die Effizienz und das Sicherheitsprofil der oralen Verabreichungsformen von Abilify bietet – mit einer Freisetzung des Wirkstoffes über einen Monat. ej Lundbeck, Otsuka, 7. März 2013. Multiple Sklerose Niedriger Erstattungsbetrag für Sativex® W Nach dem Schiedsspruch im Rahmen des Arzneimittel­ neuordnungsgesetzes (AMNOG), wonach das Oromukosalspray Sativex® nur noch 150 Euro kosten darf, hat der Hersteller ­Almirall angekündigt, alle Optionen und weiteren Schritte zu prüfen. Bislang betrug der Abgabepreis für das Spray 464 Euro. „Der Erstattungsbetrag ist dieser modernen Therapie für sehr schwer Erkrankte, die momentan keine andere Option haben, nicht angemessen“, sagte der Geschäftsführer der Almirall ­Hermal GmbH, Farid Taha. „Zudem deckt er nicht einmal annähernd die Finanzierung des Produktes: Können die Kosten für Produktion, Lizenz, regulatorische Auflagen, aufwendigen Kühltransport, Arzneimittelüberwachung, Sicherheit, Administration und medizinische Patienteninformation nicht gedeckt werden, wird es sehr schwer für uns, den Patienten in Deutschland ­Sativex® weiterhin zur Verfügung zu stellen.“ Die hohen Kosten für Forschung und Entwicklung des Produktes seien hierbei noch nicht berücksichtigt, hieß es von Seiten des Unternehmens. Der im Schiedsspruch festgelegte Erstattungsbetrag zwinge das Unternehmen zu einem Rabatt von mehr als 60 Prozent. Und dies trotz des bescheinigten Zusatznutzens für Sativex®, der höheren Preise in anderen europäischen Ländern und des relativ kleinen Patientenkollektivs, das mit bisherigen MS-Präparaten nicht ausreichend therapierbar ist, monierte das Unternehmen. „Die klinischen Daten führten zur Aufnahme in die DGN/KKNMSLeitlinien. Die Erfahrungen im Behandlungsalltag zeigen die Vorteile, die die Therapie Menschen mit Spastik bringen kann“, ­erläuterte Bertil Lindmark, Chief Scientific Officer bei Almirall.ej Almirall, 19. März 2013. Diabetische Polyneuropathie Hochdosis-Monotherapie oder Kombinationstherapie? W In der medikamentösen Behandlung von Patienten mit schmerzhafter diabetischer Poly­neuropathie werden häufig Duloxetin und Pregabalin eingesetzt. Doch was emp- www.xeplion.de Aus Indus t ri e und Fo rs chung Bei der Monotherapie lag Duloxetin vorne Die Monotherapien dagegen zeigten unterschiedliche Wirksamkeiten. So linderte die initiale Duloxetin-Behandlung die Schmerzen in acht Wochen deutlich stärker als das Vergleichspräparat (-2,3 vs. -1,68 auf der Líkert-Skala). Der Vorteil war bereits nach vier Wochen eindeutig, berichtete­ Prof. Kai-Uwe Kern vom Institut für Schmerzmedizin in Wiesbaden. Insgesamt erzielten mit Duloxetin signifikant mehr Patienten einen Rückgang der Schmerzen um mindestens­ 30 Prozent (52 % vs. 36,9 % der Probanden) oder um mindestens die Hälfte (40,3 % vs. 27,8 %) als mit der Vergleichstherapie. Dabei besserten sich mit den Schmerzen auch die Alltagsfähigkeiten stärker. Das betraf unter anderem all­ gemeine Aktivitäten, das Gehvermögen und den Schlaf. Diese drei Punkte sind den Patienten einer Studie zufolge am wichtigsten. Helga Brettschneider Pressegespräch „Hochdosieren oder kombinieren? Neue Erkenntnisse zur Therapie mit Duloxetin bei der schmerzhaften diabetischen Polyneuropathie“. Lilly Deutschland GmbH, 7. März 2013, Frankfurt/Main. Schizophrenie/Bipolare Störung Adasuve®erhält Marktzulassung in Europa W Die Europäische Kommission hat im Februar dieses Jahres für Adasuve® (Staccato® Loxapin) die Marktzulassung erteilt. 18 ÄP NeurologiePsychiatrie 3_2013 Damit ist die erste Therapie für die schnelle Beherrschung leichter bis mittelschwerer Agitation bei erwachsenen Patien­ten mit Schizophrenie oder bipolarer Störung zugelassen, die nicht injiziert werden muss. Die Zulassung beinhaltet, dass die Patienten nach erfolgreicher Behandlung der akuten Symptomatik mit der Standardtherapie weiterbehandelt werden und dass Adasuve® nur unter Beobachtung von medizinischem Fachpersonal in einem klinischen Umfeld eingesetzt wird. Da bei Patienten mit einer aktiven Erkrankung der Atemwege Bronchospasmen auftreten können, sollten zur Behandlung schwerer Bronchospasmen kurz wirksame Beta-2-Sympatho­ mimetika bereitgestellt werden. „Unser EU-Partner, die Ferrer-Gruppe, zu der auch die Trommsdorff GmbH gehört, steckt mitten in den Vorbereitungen für die Markteinführung von Adasuve®, die in Europa und in den USA für das dritte Quartal geplant ist“, erklärte Thomas B. King, Präsident und CEO von Alexza. Der Fokus für die initiale Markteinführung in diesem Jahr soll dabei auf Deutschland und Österreich liegen. ej Alexza Pharmaceuticals, Inc., Grupo Ferrer Internacional, S. A., Trommsdorff GmbH & Co, 21. Februar 2013. Herzerkrankung und Depression Eine unheilige Allianz durchbrechen W Menschen mit Depression weisen gegenüber Menschen ohne depressive Störung eine deutlich erhöhte kardiovaskuläre Ereignisrate besonders auf. Umgekehrt ist bei Patienten mit koronarer Herzkrankheit (KHK) das Risiko für eine ­depressive Störung deutlich erhöht. Darauf wies Prof. Christian Otte, Charité Berlin, auf einer interdisziplinären Veranstaltung auf dem aktuellen DGIM in Wiesbaden hin. Sowohl bei Herzerkrankungen als auch bei Depressionen existieren Überlappungen der Noxen; so etwa Pathologien in der Hypothalamus-Hypophysen-Nebennieren-Achse sowie bei den Katecholaminen. lassedesignen - Fotolia.com fiehlt sich, wenn die Standarddosis nicht genügt: das Hochdosieren der Monotherapie oder die Kombination? Und wie schlagen sich die beiden Substanzen eigentlich bei einem Vergleich in der initialen Monotherapie? Zu diesen bislang wenig bearbeiteten Fragen liegen jetzt die Ergebnisse der COMBO-DN (Combination versus Monotherapy of Pregabalin and Duloxetin in Diabetic Neuropathy)-Studie vor. Die internationale, randomisierte Studie schloss mehr als 800 erwachsene Patienten ein, die im Median seit ein bis zwei Jahren an einer schmerzhaften diabetischen Polyneuropathie litten. Auf der Likert-Skala von null bis zehn betrug ihr durchschnittlicher 24-Stunden-Schmerzscore mindestens vier Punkte. Die Probanden erhielten zunächst eine Monotherapie mit täglich 60 mg Duloxetin (Cymbalta®) oder 300 mg Pregaba­ lin. Bei denjenigen Teilnehmern, die während der achtwöchigen Monotherapie keine ausreichende Schmerzlinderung um mindestens 30 Prozent erreichten, wurde die Behandlung intensiviert. Dafür erhöhten rund 170 Patienten die Tages­ dosis ihrer Monotherapie auf 120 mg Duloxetin beziehungsweise 600 mg Pregabalin. Ähnlich viele erhielten eine Kombination aus 60 mg Duloxetin und 300 mg Pregabalin.­ Das Ergebnis: In der intensivierten Behandlung erwiesen sich Kombinationstherapie und Hochdosismonotherapien ­(gepoolt) als vergleichbar wirksam. Liegen beide Erkrankungen komorbide vor, ist bei der Behandlung der Depression auf die spezifischen Nebenwirkungen der Medikamente zu achten, betonte der Psychiater. So haben die Trizyklika (TZA) einen negativen Einfluss auf das Autonome Nervensystem. Nach eigenen noch nicht publizierten Unter­ suchungen von Otte ist die Mortalität bei KHK-Patienten durch die Gabe von TZA um den Faktor 1,7 erhöht. „Daher sollte man diese Substanzklasse bei Patienten mit Herzkrankungen nicht anwenden.“ Ebenso sind für Herzpatienten schädliche Nebenwirkungen zu vermeiden, wie Sedierung, Gewichtszunahme, oder direkte ­Beeinflussung der QT-Zeit, wie es für Citalopram berichtet wurde, gab Dr. Thomas Baghai, Regensburg, zu bedenken. Vielmehr sollte dann auf ein Medikament umgestellt werden, welches diese Nebenwirkungen nicht beinhaltet. Baghai nannte als eine Möglichkeit Agomelatin (Valdoxan®). Durch einen Melatonin-Rezeptor-Agonismus gepaart mit einem Serotonin-Rezeptor-Antagonismus verfügt es über einen differenten Wirkmechanismus, der durch Nichtaffinität zu einer Reihe von Rezeptorsubtypen zahlreiche Nebenwirkungen umgeht. Antidepressiv ist Agomelatin mindestens genauso wirksam wie zahlreiche arrivierte Antidepressiva. Dies zeigte jetzt eine Metaanalyse, berichtet der Psychiater. Hier war Agomelatin Fluoxetin, Sertralin und Escitalopram tendenziell, wenngleich nicht signifikant überlegen. Von Seiten der Kardiologie beleuchtete Prof. Christiane Angermann, Würzburg, den Zusammenhang beider Erkrankungen. „Die Herzinsuffizienz wird heutzutage nicht mehr als bloße Pumpstörung gesehen, sondern als eine Manifestation im kardiovaskulären Kontinuum.“ In der eigenen (noch nicht veröffentlichten) INH-Studie sei ein deutlicher Zusammenhang zwischen dem Schweregrad einer komorbiden Depression und der Mortalitätsrate von Patienten mit stattgehabtem Myokardinfarkt zu erkennen, sagte Angermann. Reimund Freye Kampagne, und Axel Schulz, dem Botschafter der Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe. Olaf Gerber, Leiter Business Unit General Medicine bei Bayer HealthCare Deutschland, unterstrich das ungebrochen große Interesse der Bevölkerung und der Ärzte- und Apothekerschaft an dem Thema Schlaganfall-Prävention. „Auch für das kommende Jahr ist das erklärte Ziel, Schlaganfälle zu verhindern.“ Prof. Hans-Georg Predel, Leiter des Instituts für Sportmedizin und Kreislaufforschung von der Deutschen Sporthochschule Köln blickte ebenfalls zufrieden auf das vergangene Jahr zurück. Durch die gute Kooperation verschiedener Experten sei es ­gelungen, die Öffentlichkeit für ein Thema zu interessieren, bei dem sonst gerne einfach weggeschaut werde, sagte Predel. Er bestätigte, wie effektiv dem Schlaganfallrisiko neben der medikamentösen Therapie auch mit Bewegung und einem gesunden Lebenstil vorgebeugt werden könnte. Ballack berichtete, bereits als Teenager und völlig unvorbereitet mit dem Thema konfrontiert worden zu sein und betonte deshalb, wie wichtig Aufklärung im Bereich Schlaganfall-Prävention sei: Als ein damaliger Freund einen Schlaganfall erlitt, sei es für ihn ein Schock gewesen. Als Kinder seien sie völlig überfordert gewesen. „Was das heißt und was passiert, wussten wir alle nicht.“ Ballack plädierte daher für regelmäßige Check-Ups beim Arzt – auch wenn man sich gesund fühle. Denn manche Symptome entwickeln sich kaum spürbar oder schleichend. „Man sollte keine Scheu haben, zum Arzt zu gehen,“ riet Ballack. Häufig spiele ja auch Bequemlichkeit eine Rolle oder die Angst davor, dass tatsächlich etwas gefunden wird. Dann müsse man sich einfach einen Ruck geben. ej Satellitensymposium: Herz und Seele – eine interdisziplinäre Herausforderung. Servier, 6. April 2013, Wiesbaden. W Rund 9,5 Millionen Bundesbürger haben einen riskanten ­Alkoholkonsum, 1,3 Millionen sind alkoholabhängig. „92 Prozent der Alkoholkranken erhalten keine spezifische Therapie“, erklärte Prof. Klaus Mann, Heidelberg. Die Therapien, die bisher zum Einsatz kommen, seien ausschließlich abstinenz­orientiert. Jedoch können und wollen viele alkoholabhängige Patienten einen kompletten Alkoholverzicht nicht sofort umsetzen. ­Entsprechend schwierig gestaltete sich die Situation für Ärzte, die bei einem ­Patienten ein Alkoholproblem vermuten, aber die hochstigmatisierte Thematik nicht ansprechen wollten, weil ihnen therapeutische ­Alternativen fehlen. Diese Situation wird sich, so die Hoffnung des Experten, grundlegend ändern. Im Februar 2013 hat die Europäische Kommision die Zulassung von Selincro® (Nalmefen) zur Reduktion des Alkoholkonsums bei erwachsenen Patienten mit Alkoholabhängigkeit erteilt, deren Alkoholkonsum sich auf Schlaganfall Ein Jahr „Rote Karte dem Schlaganfall“ W Schlaganfälle fordern weltweit mehr Todesopfer als alle Krebsarten zusammen. Circa 20 Prozent der ischämischen Schlaganfälle seien auf Vorhofflimmern zurückzuführen, das heute bereits eine wirkliche „Epidemie“ sei und dessen Häufigkeit sich in den kommenden zehn Jahren aufgrund des demographischen Wandels mehr als verdoppeln werde, gab Prof. Roland Veltkamp, Oberarzt an der Neurologischen Klinik der Universität Heidelberg, anlässlich des einjährigen Jubiläums der Kampagne „Rote Karte dem Schlaganfall“ zu bedenken. Die Aufklärungskampagne hatte Bayer HealthCare gemeinsam mit den der Deutschen Sporthochschule Köln und der Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe ins Leben gerufen. Unterstützt wurden sie dabei von Michael Ballack, dem Schirmherrn der Bayer HealthCare Deutschland, 30. April 2013 Alkoholabhängigkeit Reduktion des Alkohols als Weg aus der Sucht www.xeplion.de Aus Indus t ri e und Fo rs chung einem hohen Risikoniveau befindet, die keine körperlichen Entzugssymptome haben und bei denen keine sofortige Entgiftung erforderlich ist. Die medikamentöse Behandlung sollte immer in Kombination mit psychosozialen Maßnahmen erfolgen, die die Motivation des Patienten zur Alkoholreduktion stützen. Selincro® wird bei Bedarf eingenommen, um damit das Suchtverlangen besser kontrolieren zu können. In-vitroStudien zeigen, dass Nalmefen antagonistisch am μ- und dOpioid-Rezeptor wirkt und einen partiell agonistischen Effekt am k-Opioid-Rezeptor hat. Mit diesem Wirkprofil können sowohl die positiv belohnende Effekte des Alkohols als auch das sogenannte Erleichterungstrinken günstig beeinflusst werden. In drei randomisierten, placebokontrollierten Phase-III-Studien konnte die Wirksamkeit und Sicherheit von Selincro® nach­ gewiesen werden. Eingeschlossen waren rund 2000 Alkohol­ abhängige, die in der Regel sozial integriert, berufstätig und in einer festen Beziehung lebend waren. Therapieziel war die Reduktion des monatlichen Gesamtalkoholkonsums (TAC) und die Reduktion der Heavy Drinking Days (HDD). Die Studienergebnisse zeigten, dass es bereits im ersten Monat unter Selincro® zu einer Reduktion sowohl des TAC als auch der HDD um mehr als 50 Prozent kam. Diese Effekte scheinen über die Zeit hinweg stabil zu sein. Dabei erwies sich die Substanz als sicher und verträglich. Dr. Claudia-Viktoria Schwörer unter der vorherigen Therapie zu Schüben gekommen war (CARE-MS II). Mehr als die Hälfte der Patienten (67 % aus CARE-MS I und 55 % aus CARE-MS II), die in den Zulassungsstudien Alemtuzumab erhalten hatten und an der Verlängerungsstudie teilnahmen, war während des gesamten ersten Jahres der Verlängerungsstudie immer noch schubfrei. Im ersten Jahr der Verlängerungsphase betrug die jährliche Schubrate bei denjenigen Patienten, die in den Zulassungsstudien Alemtuzumab erhalten hatten, 0,24 beziehungsweise 0,25; diese Ergebnisse waren mit der jährlichen Schubrate dieser Patienten in CARE MS I und CARE-MS II vergleichbar. Nach drei Jahren war es bei 88 beziehungsweise 80 Prozent der Patienten, die in den Zulassungsstudien Alemtuzumab erhalten hatten, nicht zu einer über sechs Monate bestätigten Behinderungsprogression gekommen. Die Anträge von Genzyme auf Marktzulassung für Alemtuzumab zur Behandlung der MS werden zurzeit von der Europäischen Arzneimittelagentur und der US-amerikanischen Food and Drug Administration geprüft. Das Unternehmen rechnet damit, dass beide Zulassungsbehörden noch im Lauf dieses Jahres über die Zulassungsanträge entscheiden werden. ej Genzyme, 21. März 2013. Lundbeck, 22. April 2013, Berlin. Schmerztherapie Wechselwirkungen und Schmerzerfassung im Fokus Wirkung über Zulassungsstudien hinaus W Die positiven Effekte, die durch eine Behandlung von MSPatienten mit dem monoklonalen Antikörper Alemtuzumab erzielt werden, scheinen auch ohne weitere Behandlung über einen längeren Zeitraum bestehen zu bleiben. Dies geht aus den Ergebnissen des ersten Verlängerungsstudienjahres der Phase-III-Studien (CARE-MS I oder CARE-MS II) zu Alemtuzumab hervor. Danach waren die Schubraten und die bestätigte Behinderungsprogression bei den Patienten, die zuvor in den Phase-III-Studien Alemtuzumab erhalten hatten, weiterhin niedrig. In den CARE-MS-Zulassungsstudien war Alemtuzumab in zwei jährlichen Therapiephasen (zu Beginn der Studie und 12 Monate später) verabreicht worden. Mehr als 80 Prozent dieser Patienten benötigten im ersten Jahr der Verlängerungsstudie keine dritte Therapiephase mit Alemtuzumab mehr. Bei mehr als 70 Prozent der Patienten ver­ besserten sich die Behinderungsscores über einen Zeitraum von drei Jahren oder blieben zumindest stabil. Bei den Phase-III-Studien zu Alemtuzumab handelte es sich um zweijährige randomisierte Zulassungsstudien zum Vergleich von Alemtuzumab und Rebif® (subkutanem Interferon beta-1a, 44 μg) bei Patienten mit schubförmig-remittierender MS, die entweder noch keine Behandlung erhalten hatten (CARE-MS I) oder bei denen es 20 ÄP NeurologiePsychiatrie 3_2013 W Studien zufolge leiden 15 Prozent der Senioren zwischen 65 und 80 Jahren unter ständigen Schmerzen, vor allem aufgrund von degenerativen Veränderungen des Bewegungsapparates. Trotz nachhaltigem Funktionsverlust verschweigen geriatrische Patienten ihre Schmerzen aber häufig. Gründe hierfür sind unter anderem in der Angst der Betroffenen vor Medikamenten und vor Hilfeabhängigkeit zu sehen. Ein weiteres Problem stellen die Multimorbidität und als Konsequenz die Multimedika­ tion dar. So nehmen 50 Prozent der über 75-Jährigen vier bis sechs Präparate ein. Hierbei besteht stets die Gefahr von Wechselwirkungen. Ein wichtiger Schritt hin zu einem optimierten Interaktionsmanagement sei daher bereits die Auswahl des Wirkstoffes, erklärte Dr. Martina Hahn, klinische Pharmazeutin am Vitos Rheingau in Eltville, auf der Fortbildungsveranstaltung „Schmerztherapeuten im Dialog – NRW 2013. Tatort Schmerztherapie“. Ihrer Einschätzung nach seien Analgetika günstig, die eine geringe Plasmaeiweißbindung und eine ­eringe Cytochrom-Metabolisierung und dadurch ein geringes pharmakokinetisches Interaktionspotenzial aufwiesen. ­Hydromorphon sei beispielsweise ein Wirkstoff, der dieses psdesign 1 fotolia Multiple Sklerose Profil erfülle und speziell bei starken Schmerzen geeignet sei. Eine Therapiemöglichkeit, die diese Ansprüche weitgehend erfüllt, ist Jurnista®, das sich durch eine stark schmerz­ lindernde und verlässliche Wirkung über das gesamte Applika­tionsintervall auszeichnet. Das Opioid ist auch in der Langzeitanwendung gut verträglich. Im Gegensatz zu NSAR ist bei Hydromorphon keine Organ­ toxizität bekannt. Die geringe Plasmaeiweißbindung und der Umstand, dass Hydromorphon kaum über das Cytochrom P 450 verstoffwechselt wird, sorgen für ein günstiges pharmakokinetisches Interaktionspotenzial. So können auch ­polymorbide Patienten von einer Behandlung mit Jurnista® profitieren. Da Hydromorphon keine analgetisch aktiven ­Metabolite aufweist, ist es auch bei eingeschränkter Nierenfunktion vorteilhaft, da keine Kumulation zu erwarten ist. Das breite Dosierungsspektrum und die fehlende Höchst­ dosisbeschränkung eröffnen außerdem die Möglichkeit, die Opioidtherapie mit der sehr niedrigen Tagesdosis von 4 mg zu beginnen und in kleinen Schritten zu titrieren, die Wirk­ stärken frei zu kombinieren, sowie die Dosis über die 64 mg hinaus zu erhöhen. So kann ohne Substanzwechsel die Dosis ganz individuell dem Krankheitsverlauf sowie der Schmerz­ intensität angepasst werden. ej Fortbildungsveranstaltung: „Schmerztherapeuten im Dialog – NRW 2013. Tatort Schmerztherapie“. Janssen Cilag, März 2013, Neuss. Multiple Sklerose CHMP empfiehlt Martkzulassung von BG-12 W Das Committee for Medicinal Products for Human Use (CHMP) hat im März eine „Positive Opinion“ mit der Empfehlung einer Marktzulassung von Dimethylfumarat (DMF, ­BG-12) als orale Basistherapie für erwachsene Patienten mit schubförmig remittierender MS (RRMS) in der EU erteilt. Die CHMP-Opinion basiert auf den Daten eines klinischen ­Studienprogramms, welches zwei globale Phase-III-Studien ­(DEFINE und CONFIRM) umfasst. In diesen Studien wurden mehr als 2.600 RRMS-Patienten beobachtet. Aktuell werden Patienten in der Extensionsstudie ENDORSE weiter beobachtet, darunter Patienten, die bereits mehr als vier Jahre behandelt wurden. In DEFINE wurde die jährliche Schubrate bei zweimal täglicher Verabreichung (BID) von DMF um 53 Prozent im Vergleich zu Placebo gesenkt, der Anteil der Patienten mit MS-Schüben wurde gegenüber Placebo signifikant um 49 Prozent gesenkt. CONFIRM zeigte eine Reduktion der jährlichen Schubrate um 44 Prozent versus Placebo. Ein weiteres Zielkriterium war die Verringerung des Risikos einer Behinderungsprogression. Dieses reduzierte DMF in DEFINE signifikant um 38 Prozent im ­Vergleich zu Placebo. Die Wirksamkeit von DMF bestätigte sich auch in den MRT-Resultaten: Es konnte in beiden Studien eine signifikante Reduktion der durch die MS verursachten Entzündungsherde im Gehirn (neue oder sich vergrößernde T2-hyper- intense Läsionen, Gadolinium-aufnehmende Läsionen und neue T1-hypointense Läsionen) nachgewiesen werden. Häufigste Begleiterscheinungen, die im Zusammenhang mit DMF in den klinischen Studien beobachtet wurden, waren eine Flush-Symptomatik und gastrointestinale Symptome. Die Inzidenz dieser Ereignisse war im ersten Monat am höchsten und ging im weiteren Therapieverlauf zurück. ­Opportunistische Infektionen wurden nicht beobachtet. Die Anzahl maligner Erkrankungen war gegenüber Placebo nicht erhöht (< 1 % in allen Gruppen). Die Entscheidung über die Zulassung von DMF durch die European Commission wird zeitnah erwartet. ej Biogen Idec, 22. März 2013. Schizophrenie Flächendeckende integrierte Versorgung W Seit Anfang 2013 können alle Versicherten der AOK Niedersachsen, die an Schizophrenie erkrankt sind, das Versorgungsangebot der Integrierten Versorgung Schizophrenie (IVS) im Umkreis ihres Wohnortes nutzen. Dazu zählen erweiterte ambulante Behandlungsoptionen wie Psychoedukation, Soziotherapie, Fachpflege, aufsuchende Behandlung und Angehörigen­ betreuung, die in der Regelversorgung nicht oder nicht in solchem Umfang angeboten werden. Derzeit nehmen rund 180 Netzwerkpartner (Fachärzte, Fachpflegedienste, Rückzugsraumeinrichtungen, Psychiatrische ­Institutsambulanzen und Klinikpflegedienste) an der Integrierten Versorgung teil. Das Ziel der Versorgungsinitiative von AOK Niedersachsen und dem Institut für Innovation und Integration im Gesundheitswesen (I3G) GmbH ist eine individuelle, bedarfsgerechte Betreuung der Patienten. Sie soll sowohl die Qualität als auch die Effizienz der Versorgung für die Patienten steigern. In der IVS hat der Patient direkten Zugang zum Behandlungsteam, zu jeder Zeit, rund um die Uhr. „Wir arbeiten auf der Beziehungsebene. Der Aufbau und die Aufrechterhaltung des Vertrauens ist grundlegend für eine erfolgreiche Therapie, besonders bei Patienten mit Schizophrenie“, erklärt Peter ­Roddau vom Psychiatrischen Pflegedienst in Springe, der ­bereits viel Erfahrung mit integrierten Versorgungsprojekten gesammelt hat und seit April 2012 Netzwerkpartner der IVS ist. Die ambulante Bezugsfachpflegekraft lotst den Patienten durch das Versorgungssystem und schafft­ ­dadurch Transparenz und Sicherheit für die Betroffenen und ihre Angehörigen. Nach Abschluss der Pilotphase im ersten Quartal 2012 wurde das Versorgungsnetz seit April 2012 kontinuierlich ausgeweitet, sodass seit Anfang 2013 eine flächendeckende ­Versorgung angeboten werden kann. ej AOK Niedersachsen, I3G GmbH, 25. April 2013. www.xeplion.de f o k u s De p r ess i o n , B i p o l a r e S t ö r u n g en Weitere Themen: Wenn die Therapie nicht anspricht Wirkmechanismus der EKT aufgeklärt Bipolare Störung: Therapie als Balanceakt Da sie häufig mit Suizidalität einhergeht, gehört die bipolare Erkrankung zu den schwerwiegendsten psychiatrischen Erkrankungen. Umso wichtiger ist ein klares und individuell abgestimmtes Therapiekonzept für die Akutphase und die Prophylaxe. Die S3-Leitlinie kann hierbei helfen. 22 ÄP NeurologiePsychiatrie 3_2013 yanlev - Fotolia.com Hilfe bei schwersten Depressionen iz CME 3 ung Z e r t if t e F o rt b Continuing Medical Education il d Sam­meln Sie 3 Punk­te! ie r ÄRZTLICHE PRAXIS Neurologie Psychiatrie P u n kte Der Schwer­punkt „Depression, Bipolare Störungen“ ist als Fortbildung von der Ärztekammer Nordrhein zertifiziert. Den Fragebogen dazu finden Sie auf Seite 32. Veidt/Bschor Die Akutbehandlung der Manie sowie der Depression im Rahmen einer bipolaren Erkrankung hat einen ganz besonderen Stellenwert in der psychiatrischen Behandlung, entscheidet sie doch oft maßgeblich mit über den weiteren Krankheitsverlauf. Besonders wichtig sind daher das Erkennen, ein frühzeitiger Behandlungsbeginn sowie eine vertrauensvolle ArztPatienten-Beziehung. Die bipolare Störung tritt zudem meist rezidivierend auf und kann weitreichende finanzielle sowie gesellschaftliche Schwierigkeiten für den Betroffenen zur Folge haben. Außerdem besteht eine häufige Komorbidität mit anderen psychischen Erkrankungen. Umso wichtiger ist es, die Erkrankung frühzeitig zu erkennen und ein klares Therapiekonzept zu haben. Dabei soll die S3-Leitlinie zur Diagnostik und Therapie bipolarer Störungen (kostenloser Bezug: www.leitlinie-­ bipolar.de) helfen, die im Frühjahr vergangenen Jahres ­erschienen ist. S3 steht für „Stufe 3“, was den höchsten Evidenz­grad bedeutet, den eine Leitlinie haben kann. Die Leitlinie wurde von der Deutschen Gesellschaft für Bipolare Störungen (DGBS e. V.) und der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN e. V.) herausgegeben und von Vertretern aller relevanter Gruppen in einem Konsensusverfahren ­erstellt. Sie haben die gesamte internationale wissenschaftliche Fachliteratur systematisch aufbereitet und bewertet und klare Empfehlungen zur Therapie formuliert. Eine besondere Bedeutung kommt darin der Phasenprophylaxe zu, da sie darüber entscheidet, inwieweit der Patient ein möglichst u­ nbeeinträchtigtes Leben führen kann. Ein vertrauensvolles, tragfähiges Arzt-Patienten-Verhältnis ist für den Erfolg der Behandlung ebenfalls entscheidend und sollte selbst­ verständlich eine Psychoedukation des Betroffenen, wenn möglich auch der Angehörigen, über die Erkrankung beinhalten. Die Pharmakotherapie der bipolar affektiven Erkrankung richtet sich nach den unterschiedlichen Indikationen, die sich an den verschiedenen Phasen der Erkrankung und dem Langzeitverlauf orientieren (Abb. 1). Jennifer Veidt Akutbehandlung der Manie Eine akute Manie stellt oft eine Herausforderung an das diagnostische und therapeutische Vorgehen dar. Häufig ­ ­besteht weder Krankheitseinsicht, noch wird der manische Zustand vom Patienten in der Akutphase als störend und somit als behandlungsbedürftig angesehen. Nur gut über die Erkrankung aufgeklärte Patienten sind in der Lage, eine beginnende Manie zu erkennen und so selbst den Weg zum Arzt zu suchen. Häufig entsteht der Kontakt zum Arzt jedoch­ ­leider erst in der Phase der fortgeschrittenen Manie, nachdem es zu Konflikten mit der Umwelt gekommen ist. Eine Hypomanie oder Manie im Rahmen einer affektiven ­Erkrankung ist definierend für eine bipolare Störung. Da es sich bei dieser um eine nahezu immer rezidivierende Erkrankung handelt, sollte schon in der Akutbehandlung die Indikation für eine Phasenprophylaxe (s. u.) geprüft und wenn möglich bereits begonnen werden. In der S3-Leitlinie hat keine Substanz zur pharmakologischen Akutbehandlung der Manie den höchsten Empfehlungsgrad A („soll eingesetzt werden“) erhalten. Relativ viele Medikamente tragen aber den Empfehlungsgrad B („sollte eingesetzt werden“) und sollten individuell in Bezug auf Nebenwirkungen, Vor­ erkrankungen und die Compliance eines jeden Patienten gegeneinander abgewogen werden: Es sollte mit Abb. 1: Pharmakotherapie bipolar affektiver Erkrankungen: Teilbereiche Tom Bschor ÄP NeurologiePsychiatrie 3_2013 23 f o k u s De p r ess i o n , B i p o l a r e S t ö r u n g en Akutbehandlung der akuten bipolaren Depression Die akute bipolare Depression verdient ein besonderes ­Augenmerk des behandelnden Arztes, da die Einschätzung des Schweregrades der Depression sowie die diagnostische Abgrenzung von einer unipolaren Depression wichtige ­Konsequenzen für die Therapie mit sich bringen. Auch die Diagnose­sicherung kann Schwierigkeiten bereiten, da insbesondere hypomane Phasen vom Betroffenen unter Umständen nicht als krankhaft angesehen werden, jedoch immer einen Hinweis auf eine bipolare Erkrankung geben. Daher sollte bei Vorliegen einer Depression eine genaue Exploration in Hinblick auf hypomane und manische Phasen in der ­Anamnese erfolgen. Im Gegensatz zur Behandlung der unipolaren Depression ­besteht bei der bipolaren Depression ein erhöhtes Risiko, durch eine gezielte Depressionsbehandlung ein Umschlagen in eine Manie zu induzieren. Handelt es sich beim Betroffenen um das Vorliegen einer leichten depressiven Episode, empfiehlt die S3-Leitlinie daher neben der Optimierung ­beziehungsweise Etablierung einer phasenprophylaktischen Medikation keine weitere depressionsspezifische Pharmakotherapie. Jedoch sollte der Patient mit dem Arzt in engem therapeutischen Kontakt bleiben, damit eine mögliche ­Verschlechterung seines Zustandes, insbesondere in Hinblick auf die erhöhte Suizidgefahr, erkannt werden kann. Bei der mittelgradigen Episode benennt die S3-Leitline eine depressionsspezifische Pharmakotherapie als wesentliche Option, während sie bei der schweren Episode eine klare Empfehlung für eine depressionsspezifische Medikation ausspricht. Überschätztes Risiko Die Gefahr, dass Antidepressiva, wie oben angesprochen, ein erhöhtes Risiko für das Umschlagen einer Depression in eine Manie mit sich bringen können, scheint in der Vergangenheit überschätzt worden zu sein und ließ sich durch die zur Verfügung stehenden Studien nicht klar bestätigen. Es gibt jedoch Hinweise, dass es sich eher nicht um ein klassen-, sondern um ein substanzspezifisches Risiko handelt und daher das Risiko unter Fluoxetin, Paroxetin und Bupropion gering ist, unter trizyklischen Antidepressiva (beispielsweise Amitriptylin) jedoch größer zu sein scheint. Letztere sollten aus diesem Grund in der Behandlung der bipolaren Depression eher vermieden w ­ erden. Eine klare Empfehlung (Empfehlungsgrad B) konnte aufgrund methodisch ausreichend guter Studien nur für Quetia­pin ausgesprochen werden. Mit geringerer Evidenzbasierung können auch Carbamazepin und Lamotrigin sowie Olanzapin, aber auch selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) beziehungsweise Bupropion gegeben werden (Empfehlungsgrad: 0). Explizit nicht empfohlen werden Lithium, Aripiprazol und Valproinsäure zur Behandlung der bipolaren Depression. Ist nach individuellem Abwägen die Entscheidung für ein Medikament gefallen, sollte der Patient ebenso wie bei der Behandlung der leichten Episode in engem Kontakt zum Arzt bleiben. Es werden wöchentliche Kontakte innerhalb der ersten vier Wochen empfohlen. Nach drei bis vier Wochen sollte eine genaue Wirkungsprüfung erfolgen und abhängig vom Ergebnis ein Wechsel, eine Ergänzung der Behandlungsstrategie oder keine Änderung erfolgen. Eine frühzeitigere Änderung der Behandlungsstrategie bei unzureichender Wirkung und guter Verträglichkeit bringt keine Vorteile mit sich. 24 ÄP NeurologiePsychiatrie 3_2013 leroy131 - Fotolia.com einer Monotherapie mit Lithium, Carbamazepin oder Valproat, einem der empfohlenen atypischen Neuroleptika (Aripiprazol, Olanzapin, Quetiapin, Risperidon, Ziprasidon) oder Haloperidol (in Notfallsituationen und zur Kurzzeitbehandlung) begonnen werden. Auch Asenapin oder Paliperidon können eingesetzt werden, ebenso wie zeitlich begrenzt zusätzlich Benzodia­zepine (Empfehlungsklasse: 0, „kann empfohlen werden“). Bei nicht ausreichendem Ansprechen werden Kombinations­therapien aus Stimmungsstabilisierer und atypischem Neuroleptikum empfohlen. ! E K R Ä T S R E T L A U Z K C ZURÜ +VIZSQ %VFIMXWTPEX^ „Endlich kann ich wieder arbeiten.“ Stark bei Depression und Angst. Cipralex® 10 mg Filmtabletten/Cipralex® 20 mg Filmtabletten. Wirkstoff: Escitalopram. Zusammensetzung: Jede Tabl. Cipralex® 10 mg Filmtabletten enthält 10 mg Escitalopram (als Oxalat), jede Tabl. Cipralex® 20 mg Filmtabletten enthält 20 mg Escitalopram (als Oxalat). Sonstige Bestandteile: Tablettenkern: Mikrokristalline Cellulose, Hochdisperses Siliciumdioxid, Talkum, Croscarmellose-Natrium, Magnesiumstearat. Tablettenhülle: Hypromellose, Macrogol 400, Titandioxid (E 171). Cipralex® 20 mg/ml Tropfen zum Einnehmen, Lösung. Wirkstoff: Escitalopram. Zusammensetzung: 1 ml Lösung enthält 20 mg Escitalopram (entsprechend 25,551 mg Escitalopramoxalat). 1 Tropfen enthält 1 mg Escitalopram. Sonstige Bestandteile: Propylgallat (Ph.Eur.), Citronensäure, Ethanol 96 %, Natriumhydroxid, Gereinigtes Wasser. 1 Tropfen enthält 4,7 mg Ethanol. Anwendungsgebiete: Behdlg. von Episoden einer Major Depression, Behdlg. von Panikstörung mit oder ohne Agoraphobie, Behdlg. von sozialer Angststörung (sozialer Phobie), Behdlg. von generalisierter Angststörung, Behdlg. von Zwangsstörung. Gegenanzeigen: Überempfindlichkeit gegen Escitalopram oder einen der sonstigen Bestandteile, gleichztg. Behdlg. m. nicht selektiven, irreversiblen MAO-Hemmern, reversiblen MAO-A Hemmern (z. B. Moclobemid) oder d. reversiblen nicht selektiven MAO-Hemmer Linezolid ist kontraindiziert wg. Gefahr des Auftretens eines Serotonin-Syndr. (mit Agitiertheit, Tremor, Hyperthermie etc.), bekannte Verlängerung d. QT-Intervalls oder angeborenem Long-QTSyndrom, gleichztg. Anw. von AM, für d. bekannt ist, dass sie zu e. Verlängerung des QT-Intervalls führen. Schwangersch.: Anw. während d. Schwangersch. nur, wenn unbedingt notwendig u. nach sorgfltg. Abwägung v. Nutzen u. Risiko. Neugeborene, deren Mütter Cipralex® bis in spätere Stadien der Schwangersch., insb. bis ins dritte Trimenon, angewendet haben, sollten beobachtet werden. Plötzl. Absetzen sollte während d. Schwangersch. vermieden werden. Folgende Sympt. können b. Neugeborenen auftreten, wenn d. Mutter in späteren Abschnitten der Schwangersch. mit SSRIs/SNRIs beh. wurde: Atemnot, Zyanose, Apnoe, Krampfanfälle, Instabilität der Körpertemperatur, Schwierigkeiten b. Füttern, Erbrechen, Hypoglykämie, Hypertonie, Hypotonie, Hyperreflexie, Tremor, Überspanntheit, Reizbarkeit, Lethargie, anhaltendes Weinen, Somnolenz und Schlafstörungen. D. Symptome könnten sowohl auf serotonerge Wirkungen als auch auf Entzugssymptome zurückzuführen sein. I. d. meisten Fällen setzen d. Komplikationen unmittelbar oder bald (< 24h) nach der Geburt ein. Die Anw. v. SSRIs in d. Schwangersch., insb. im späten Stadium, kann d. Risiko f. e. persistierende pulmonale Hypertonie b. Neugeborenen (PPHN) erhöhen. Stillzeit: Stillen wird während der Behandlung nicht empfohlen. Fertilität: Eine reversible Beeinträcht. d. Spermienqualität wurde b. einigen SSRIs berichtet; e. Einfluss auf d. Fertilität b. Menschen wurde bislang nicht beobachtet. Nebenwirkungen: treten am häufigsten in d. 1. u. 2. Behandlungswoche auf u. nehmen normalerweise b. fortgesetzter Behdlg. an Intensität u. Häufigkeit ab. Häufigkeiten aus klin. Studien übernommen, nicht placebokorrigiert: sehr häufig (≥ 1/10), häufig (≥ 1/100, < 1/10), gelegentlich (≥ 1/1.000, < 1/100), selten (≥ 1/10.000, < 1/1.000), sehr selten (< 1/10.000) oder nicht bekannt (Häufigk. auf Grundlage der verfügbaren Daten nicht abschätzbar). Erkrkg. d. Blutes u. d. Lymphsyst.: nicht bek. Thrombozytopenie; Erkrkg. d. Immunsyst.: selten anaphylaktische Reaktion; Endokrine Erkrkg.: nicht bek. inadäquate ADH-Sekretion; Stoffwechsel- u. Ernährungsstörungen: häuf. verminderter Appetit, gesteigerter Appetit, Gewichtszunahme, gelegentl. Gewichtsabnahme, nicht bek. Hyponatriämie, Anorexie (SSRIs); Psychiatrische Erkrkg.: häuf. Ängstlichkeit, Ruhelosigkeit, anormale Träume, Männer u. Frauen: verringerte Libido, Frauen: Anorgasmie, gelegentl. nächtliches Zähneknirschen, Agitiertheit, Nervosität, Panikattacken, Verwirrtheit, selten Aggression, Depersonalisation, Halluzinationen, nicht bek. Manie, suizidale Gedanken, suizidales Verhalten; Erkrkg. d. Nervensystems: häuf. Schlaflosigkeit, Schläfrigkeit, Schwindel, Parästhesie, Tremor, gelegentl. Geschmacksstörungen, Schlafstörungen, Synkope, selten Serotoninsyndrom, nicht bek. Dyskinesien, Bewegungsstörungen, Krämpfe, psychomot. Unruhe/Akathisie (SSRIs); Augenerkrkg.: gelegentl. Mydriasis, Sehstörungen; Erkrkg. d. Ohrs u. d. Labyrinths: gelegentl. Tinnitus; Herzerkrkg.: gelegentl. Tachykardie, selten Bradykardie, nicht bek. QT-Verlängerungen im EKG, ventrikuläre Arrhythmien einschl. Torsade de Pointes; Gefäßerkrkg.: nicht bek. orthostat. Hypotension; Erkrkg. d. Atemwege u. d. Brustraums: häuf. Sinusitis, Gähnen, gelegentl. Nasenbluten; Erkrkg. d. Gastro- intestinaltrakts: sehr häuf. Übelkeit, häuf. Diarrhö, Obstipation, Erbrechen, Mundtrockenheit, gelegentl. gastrointestinale Blutungen (einschl. rektale Blutungen); Leber- und Gallenerkrkg.: nicht bek. Hepatitis, Ergebn. von Leberfunktionstests anormal; Erkrkg. d. Haut u. d. Unterhautzellgewebes: häuf. vermehrtes Schwitzen, gelegentl. Urtikaria, Haarausfall, Ausschlag, Juckreiz, nicht bek. Ekchymosen, Angioödem; Skelettmuskulatur-, Bindegewebs- und Knochenerkrkg.: häuf. Arthralgie, Myalgie; Erkrkg d. Nieren u. Harnwege: nicht bek. Harnretention; Erkrkg. d. Geschlechtsorgane u. d. Brustdrüse: häuf. Männer: Ejakulationsstrg., Impotenz, gelegentl. Frauen: Metrorrhagie, Menorrhagie, nicht bek. Galaktorrhö; Männer: Priapismus; Allg. Erkrkg. u. Beschwerden am Verabreichungsort: häuf. Müdigkeit, Fieber, gelegentl. Ödeme. Klasseneffekte: In epidem. Studien, hauptsächl. an ält. Pat. (> 50 Jahre), wurde b. denen, die mit SSRIs u. TCAs beh. wurden, ein erhöhtes Risiko f. Knochenbrüche beobachtet. Absetzsympt. b. Beendigung d. Behdlg.: Absetzen (insbes. plötzlich) führt im Allg. zu Absetzsymptomen. Schwindelgefühl, sensorische Störungen (inkl. Parästhesien u. stromschlagähnl. Empfindungen), Schlafstörungen (einschl. Schlaflosigk. u. intens. Träume), Agitiertheit od. Angst, Übelkt. und/oder Erbrechen, Tremor, Verwirrtheit, Schwitzen, Kopfschmerz, Diarrhö, Palpitationen, emotionale Instabilität, Reizbarkeit, Sehstörungen sind am häufigsten ber. Reaktionen. I. Allg. sind Ereignisse leichtbis mittelschwer und vorübergehend, bei einigen Patienten auch stark und/oder länger, daher Beendigung d. Therapie ausschleichend ratsam, wenn Behdlg. nicht mehr erforderl. Verlängerung d. QTIntervalls: Seit d. Markteinführung wurden Fälle v. Verlängerung d. QT-Intervalls u. ventrikulären Arrhythmien, einschl. Torsade de Pointes, berichtet, überwgd. b. weibl. Pat., Pat. mit Hypokaliämie, vorbesteh. Verlängerung des QT-Intervalls oder anderen Herzerkrankungen. Handelsformen: Cipralex® 10 mg, 20 Filmtabletten (N1); 50 (N2); 100 (N3). Cipralex® 20 mg, 20 Filmtabletten (N1); 50 (N2) 100 (N3).Cipralex® 20 mg/ml Tropfen zum Einnehmen, Lösung, 15 ml (N1). Verschreibungspflichtig. Stand: Juli 2012, H. Lundbeck A/S, Ottiliavej 9, DK-2500 Valby, Kopenhagen, Dänemark; Mitvertrieb: Lundbeck GmbH, Ericusspitze 2, 20457 Hamburg f o k u s De p r ess i o n , B i p o l a r e S t ö r u n g en Phasenprophylaxe Aufgrund des rezidivierenden Krankheitsverlaufs hat die ­Phasenprophylaxe einen besonders hohen Stellenwert bei der Behandlung der bipolaren Störung und sollte daher auch unter dem Thema Akutbehandlung Eingang finden. Denn nur mit einer gut verträglichen und wirksamen Phasenprophylaxe kann dem Betroffenen eine möglichst geringe Beeinträchtigung der Lebensqualität trotz der Erkrankung ermöglicht werden. Zur Phasenprophylaxe wird eine rezidivprophylaktische ­Monotherapie empfohlen. Ob sich die gewählte Medikation als Beginn der Therapie sollten die Schilddrüsen- sowie die Nierenfunktion geprüft werden. Anschließend erfolgt die individuelle Dosierung nach Zwölf-Stunden-Serumspiegel. Die Behandlung mit Lithium sollte eine ausführliche Aufklärung des Patienten unter anderem über mögliche Beeinflussungen des Lithiumspiegels, die Notwendigkeit einer ausreichenden Flüssigkeitszufuhr sowie Intoxikationszeichen beinhalten und setzt daher ein ausreichendes Maß an Compliance voraus. Zweite Wahl ausschließlich für die Prophylaxe depressiver Episoden ist mit dem Empfehlungsgrad B („sollte eingesetzt werden“) Lamotrigin, sofern der Patient bereits in der Akut- Abb. 2: Phasenprophylaxe bei bipolaren Störungen. 26 ÄP NeurologiePsychiatrie 3_2013 behandlung der bipolaren Depression bei guter Verträglichkeit damit behandelt wurde. Als Kann-Empfehlung werden Carbamazepin oder Valproat oder die atypischen Neuro­ leptika Aripiprazol, Olanzapin oder Risperidon genannt (Evidenzgrad 0). Quetiapin, das ebenfalls den Evidenzgrad 0 erhalten hat, wird als Phasenprophylaktikum zusätzlich zu Lithium oder Valproinsäure empfohlen. Im Falle wiederholter phasenprophylaktischer Non-Response kommen Kombina­ tionsbehandlungen in Betracht (Abb. 2). (Literatur bei den Verfassern) Jennifer Veidt, Prof. Tom Bschor, Schlosspark-Klinik Berlin DGBS e.V. und DGPPN e.V.: S3-Leitlinie zur Diagnostik und Therapie Bipolarer Störungen. Langversion 1.0, Mai 2012. Als kostenloser Download unter: www.leitlinie-bipolar.de Veidt wirksam erweist, sollte anhand des individuellen Krankheitsverlaufes überprüft werden. Bevor man die Therapie bewertet, sollte etwa die doppelte Dauer des durchschnittlichen Krankheitszyklus des Patienten abgewartet werden, mindestens aber sechs Monate. Ein Krankheitszyklus reicht vom Beginn einer ersten Krankheitsepisode bis zum Beginn der nächsten, einschließlich des dazwischen liegenden euthymen Intervalls. Zur Phasenprophylaxe bipolarer Erkrankungen spricht die S3Leitlinie eine klare Empfehlung mit dem Evidenzgrad A („soll eingesetzt werden“) aus: Lithium ist hier das Mittel der Wahl, wenn keine eindeutigen Kontraindikationen vorliegen. Zahl­ reiche Studien haben die Wirksamkeit und auch die Verträglichkeit dieses Medikamentes mit positivem Ergebnis untersucht. Auch bei Patienten mit hohem Suizidrisiko wird Lithium empfohlen (Empfehlungsgrad A), da die antisuizidale Wirkung des Medikamentes gut belegt ist. Die Einzigartigkeit des Lithiums setzt jedoch auch besondere Kenntnisse des Arztes voraus. Vor Wenn die Therapie nicht anspricht Viele Patienten mit einer unipolaren Depression respondieren auf einen ersten Therapieversuch mit Antidepressiva nur unzureichend. Bevor jedoch eine der zahlreichen Therapiealternativen gewählt wird, muss unbedingt eine Pseudoresistenz ausgeschlossen werden. Köhler/Adli Die therapieresistente Depression stellt eine besondere klinische Herausforderung dar: Ungefähr ein Drittel der Patienten mit einer unipolaren Depression respondieren nicht auf einen ersten Therapieversuch mit Antidepressiva. Ein weiteres Drittel der ­Patienten zeigt nur ein teilweises Ansprechen. Die Symptomatik der therapieresistenten Depression bildet die klassischen Symptome der Depression ab, charakterisiert durch eine sehr lange Persistenz. Zusätzlich sind oft kognitive Symptome wie ein hohes Maß subjektiver Hilflosigkeit, andauerndes Insuffizienz- und Krankheitsgefühl und ungünstige Coping­ strategien und dysfunktionale Kognitionen vorhanden. Trau­ mata und komorbide Persönlichkeitsstörungen kommen häufig vor und gehen oft mit einer chronischen Suizidalität, kognitiven Einschränkungen, Anhedonie, aber auch somatischen Symptomen wie Schmerzen, Schlafstörungen oder Libidoverlust einher. Dies muss bei der Bewertung der verschiedenen klinischen Verlaufsformen bezüglich inadäquater Vorbehandlung beziehungsweise unbehandelter Störungsbilder berücksichtig werden. Risikofaktoren, die die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten therapieresistenter Depressionen erhöhen, sind: • hohes Alter • weibliches Geschlecht • schwierige sozioökonomische Verhältnisse • nicht psychiatrische und psychiatrische Komorbiditäten • familiäre Konfliktsituationen • kritische Lebensereignisse Definition und Diagnostik der Non-Response Der Begriff „therapieresistente Depression“ wird meist als das fehlende oder unzureichende Ansprechen auf die Behandlung mit zwei verschiedenen Antidepressiva in ausreichender Dosis und Länge verstanden. Die Dauer einer antidepressiven ­Behandlung sollte hierbei einen Zeitraum von vier bis sechs Wochen umfassen. Um die Wirksamkeit der Erstbehandlung beurteilen zu können, ist es notwendig, eine angemessene ­Beurteilung des Ansprechens des Patienten durchzuführen. Diese sollte möglichst mit einem standardisierten Messinstrument wie der Hamilton Rating Scale for Depression (HAMD), der Montgomery-Åsberg Depression Rating Scale (MADRS) oder der Bech-Rafaelsen Melancholia Scale (BRMS) erfolgen. Stephan Köhler Strategien bei Nichtansprechen Die verschiedenen Therapiealternativen beinhalten sowohl psychopharmakologische (Dosiserhöhung, Wechsel, Kombinationen oder Augmentationen) als auch nicht pharma­ kologische ­(Psychotherapie, Stimulationsverfahren) Strate­ gien. Vor jeder Veränderung der Behandlung sollte jedoch zwingend eine mögliche Pseudoresistenz ausgeschlossen werden (Tab. 1). Im Abschnitt über die Therapiestrategien therapieresistenter ­depressiver Störungen wird die Datenlage nach Evidenz­stufen eingeteilt. Mögliche Ursache Interventionsmöglichkeit zu kurze Behandlung 4–6 Wochen konsequente Therapie mit adäquater Dosis zu niedrige Dosierung Erhöhung der Dosierung zu niedrige Plasmaspiegel Compliance überprüfen; Untersuchung des Metabolisierungsstatus (Genotypisierung der Cytochrom-P450-Isoenzyme) Mangelnde zerebrale Bioverfügbarkeit ABCB1 (p-Glykoprotein, p-GP)-Genotypisierung (assoziiert mit „Durchlässigkeit“ der Blut-Hirn-Schranke für Substrate des p-GP) mangelnde Compliance Psychoedukation verstärken (u. a. Erörterung möglicher Ursachen, Krankheitskonzepte und eventuelle Folgen); ggf. parenterale Behandlung (unter stationären Bedingungen) erwägen falsche oder unzureichend differenzierte psychiatrische Diagnose erneute Exploration; besondere Berücksichtigung von Abhängigkeitserkrankungen (vor allem Alkohol und Benzodiazepine), Würdigung von Angst- und Zwangssymptomen; konsekutive Umstellung bzw. Ergänzung entsprechender Behandlungen übersehene nicht psychiatrische Diagnose Überprüfung der Schilddrüsenfunktion, Routinelabor, zerebrale Bildgebung, Ausschluss einer internistischen oder neurologischen Genese der Depression zugrunde liegende psychosoziale Stressoren Ergreifen entsprechender Maßnahmen (Psychotherapie, Sozialarbeit) Mazda Adli Tab. 1: Ursachen für Pseudotherapieresistenz und Nonresponse auf Antidepressiva. ÄP NeurologiePsychiatrie 3_2013 27 f o k u s De p r ess i o n , B i p o l a r e S t ö r u n g en Dosiserhöhung der Antidepressiva Eine häufig angewandte Behandlungsmöglichkeit therapieresistenter Depressionen stellt die Dosiserhöhung der Anti­ depressiva dar. Für tri- und tetrazyklische Antidepressiva konnte aus Dosisfindungsstudien geschlossen werden, dass eine maximale Aufdosierung wirksam sein kann, wenn eine mittlere Dosis zuvor nicht erfolgreich gewesen ist. Gleiches gilt für Venlafaxin sowie vermutlich für den irreversiblen MAO-Hemmer Tranylcypromin. Bei SSRI scheint hingegen eine Aufdosierung über die minimal effektive Dosis hinaus nicht sinnvoll. sollte aus theoretischen Überlegungen auf ein anderes ­pharmakologisches Wirkprinzip umgestellt werden. Es wird empfohlen, das erste Antidepressivum langsam auszu­ schleichen, da sonst Absetzeffekte auftreten können, ins­ besondere, wenn die Medikation über einen längeren Zeitraum verabreicht wurde. Kombination zweier Antidepressiva Die Kombination von Antidepressiva ist ebenfalls eine häufig angewendete Therapieoption. Für die Kombination unterschiedlicher Substanzklassen ist die Datenlage jedoch sehr heterogen. Es muss daher klar zwischen theoretischem Nutzen und dem durch kontrollierte Studien belegten klinischen Antidepressiva-Wechsel Effekt der Kombination verschiedener Antidepressiva unterschieden werden. Durch kontrollierte Untersuchungen wurde Der Wechsel des Antidepressivums ist eine in der klinischen nur für die Kombination von Wiederaufnahmehemmern Praxis häufig angewendete Strategie bei Non-Response auf einerseits und Blockern präsynaptischer Autorezeptoren die initiale antidepressive Pharmakotherapie. Überraschender­ (Mirtazapin, Mianserin, Trazodon) andererseits ein Vorteil weise gibt es nur drei randomisierte kontrollierte Studien, die den Wechsel des Antidepressivums bei initialer Non-­ nachgewiesen. Aktuelle Daten einer randomisierten Einfach­ blindstudie zeigten ebenfalls keinen WirksamkeitsunterRes­ponse untersucht haben, sowie eine Metaanalyse dieser schied zwischen einer Monotherapie (Escitalopram) und der Untersuchungen, die keine Unterschiede im Vergleich zur Kombination mit derselben Substanz (Escitalopram und Placebogabe feststellen konnte. Eine Ausnahme hiervon, geBupropion) sowie eines weiteren Kombinationsregimes ­ rade bei vorliegender Therapieresistenz, könnte der Wechsel (Venla­faxin und Mirtazapin). auf einen irreversiblen Monoaminooxidase-Hemmer (MAODie Kombination eines irreversiblen MAO-Hemmers mit SSRI Hemmer) darstellen. und anderen Antidepressiva, die ebenfalls auf das sero­to­ Vor Einsatz eines irreversiblen MAO-Hemmers müssen die nerge System wirken (z. B. Clomipramin, Venlafaxin), ist aufErfordernisse einer tyraminarmen Kost und eine Auswaschgrund potenziell tödlicher Wechselwirkungen (Serotoninperiode von mindestens fünf Halbwertszeiten des initialen Syndrom) streng kontraindiziert. Antidepressivums vor dem Wechsel beachtet werden. Wenn auf ein neues Antidepressivum umgestellt werden soll, so Augmentation eines Antidepressivums Die Augmentationstherapie beinhaltet die Zugabe eines zweiten Medikamentes, das nicht zur Gruppe der Antidepressiva zählt, mit dem Ziel, bei partieller Response oder Non-Res­ponse die Behandlung zu optimieren. Augmentationsstrategien bieten einige Vorteile: Eine neuerliche Wirklatenzperiode entfällt und man kann auf einer bestehenden Partial­-Response „aufbauen“. Die Lithiumaugmentation ist eine besonders gut untersuchte Therapiemöglichkeit der therapie­ resistenten Depression. Für diese Strategie liegen mehr als 30 offene Studien und zehn placebokontrollierte Studien vor. Die systematische Metaanalyse der randomisierten plazebokontrollierten Studien zur Lithium­-Augmentation zeigt eine Responsewahrscheinlichkeit von 3,11 (Odds Ratio) 28 ÄP NeurologiePsychiatrie 3_2013 Alexander Raths - Fotolia.com Lithium-Augmentation gegenüber Placebo und eine Anzahl der notwendigen ­ ehandlungen (NNT) von 5. Folglich wird die Zugabe von B ­Lithium zur laufenden Antidepressivabehandlung als erste Wahl einer Augmen­ta­tions­­­strategie empfohlen. In verschieden Literatur­übersichten wird darauf hingewiesen, dass eine Behandlung von mindestens zwei Wochen mit einer ­Dosierung von 600 bis 1200 mg/Tag Lithiumcarbonat mit einem Serumspiegel von 0,6 bis 0,8 mmol/l bis zur Beurteilung des Ansprechens durchgeführt werden sollte. Augmentation mit atypischen Antipsychotika Eine Metaanalyse aller plazebokontrollierten Studien (16 Stück) zur Augmentation mit Aripiprazol, Olanzapin, Quetiapin und Risperidon zeigte die Wirksamkeit der ­Atypika-Augmentation im Vergleich zu Placebo. Die pharmakologische Rationale für diese Vorgehensweise wird durch das breitere neurochemische Rezeptorprofil der Antipsychotika erklärt. Für Aripiprazol ist dieses beispielsweise der ­partielle Dopaminrezeptoragonismus sowie für Quetiapin (beziehungsweise dessen Metabolit Norquetiapin) die zusätzliche Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmung, welche die depressive Symptomatik positiv beeinflussende Wirk­ mechanismen sein könnten. Dennoch sollte die zusätzliche Gabe auch in Bezug auf mögliche Nebenwirkungen (diabetogene Stoffwechsellage, Hypertriglyceridämie- und Choles­ terin­ämie, Gewichtserhöhung, Hyperprolaktinämie, EPMS, metabolisches Syndrom) genau abgewogen werden. Augmentation mit Schilddrüsenhormonen Eine Therapiealternative bei therapieresistenten Patienten mit unipolarer Depression ist außerdem die Augmentation mit Schilddrüsenhormonen. Studien, die die Wirkungen von Schilddrüsenhormonen bei behandlungsresistenten Depressionen untersuchten, wurden überwiegend mit Triiodthyronin (T3) durchgeführt, wobei in den meisten Studien trizyklische Antidepressiva mit 25–37,5 µg T3/Tag augmentiert wurden. Die T3-Augmentation wurde in einer Metaanalyse untersucht, konnte jedoch keine einheitlichen Ergebnisse auf­ zeigen. Für die Behandlung mit Schilddrüsenhormonen gibt es demnach einige positive Belege, die jedoch noch durch weitere kontrollierte Untersuchungen, gerade in Kombination mit neueren Antidepressiva, unterstützt werden müssen, auch bezüglich der differenziellen Therapieindikation. Bei der Entscheidung für die Augmentation mit Schilddrüsenhormonen sind mögliche internistische Kontraindika­ Strategie Mechanismus/Klassifizierung Lithium Stimmungsstabilisierer Evidenzlevel A Quetiapin atypisches Antipsychotikum A Aripiprazol atypisches Antipsychotikum A Olanzapin atypisches Antipsychotikum B Risperidon atypisches Antipsychotikum B Carbamazepin antikonvulsivum/Stimmungsstabilisierer C Valproat Antikonvulsivum/Stimmungsstabilisierer C Lamotrigin Antikonvulsivum/Stimmungsstabilisierer D Pindolol 5-HT1A-Autorezeptor-Antagonist, Beta-Rezeptor-Blocker C Buspiron 5-HT1A- und D2-Rezeptor-Agonist C Stimulanzien Dopamin- und Noradrenalin-Ausschüttungs- und Wiederaufnahmehem­ mung C Bromocriptin Dopamin(D2)-Agonist C Pergolid Dopamin(D1/D2)-Agonist C Reserpin Wiederaufnahmehemmung der biogenen Amine C Triiodthyronin (T3) Schilddrüsenhormon B L-Thyroxin (L-T4) Schilddrüsenhormon C Östrogen (nur Frauen) ovariales Steroidhormon C Dehydroepiandrosteron (DHEA) adrenales androgenes Hormon C Ketokonazol, Metyrapon periphere Cortisolsuppression C L-Tryptophan essenzielle Aminosäure, 5-HT-Vorläufer C Hormonelle Augmentation Sonstige Tab. 2: Pharmakologische Therapieverfahren bei Patienten mit therapieresistenter Depression, die auf Antidepressiva nur teilweise oder nicht ansprechen (Evidenzlevel A–D, A = höchste Evidenzstufe). ÄP NeurologiePsychiatrie 3_2013 29 f o k u s De p r ess i o n , B i p o l a r e S t ö r u n g en tionen (beispielsweise vorangegangener Myokardinfarkt, KHK, Hyperthyreose) und die Nebenwirkungen zu beachten. Es gibt Hinweise dafür, dass die Zugabe von T3 eher­ einen ­Response-beschleunigenden als einen augmentativen ­Effekt im engeren Sinne hat. Andere medikamentöse Augmentationsstrategien Auch direkte Dopaminagonisten wie Pramipexol scheinen antidepressive Effekte bei der therapieresistenten Depression zu haben. Ebenfalls zeigte die Kombinationsbehandlung mit einem SSRI und Pindolol (ein 5-HT1A/Beta-AdrenozeptorAntagonist) einen Rückgang der depressiven Symptome. In einem geringeren Umfang wurde diese Möglichkeit auch als eine Augmentationsstrategie bei Patienten mit behandlungsresistenter Depression untersucht, wobei die Ergebnisse ­jedoch widersprüchlich waren (Level C). Zahlreiche andere Augmentationsstrategien mit unterschiedlichem pharmakologischen Profil und Zielsetzungen wurden in nur geringem Umfang untersucht, darunter Metyrapon (hemmt in der ­Nebennierenrinde die Synthese von Kortikosteroiden) und Modafinil (aus der Gruppe der Psychostimulanzien). Für die meisten dieser Strategien fehlen jedoch placebokontrollierte Studien bei therapieresistenten depressiven Patienten. Auch pflanzliche und andere natürlich vorkommende, frei verkäufliche, sogenannte Nahrungsergänzungsstoffe (u. a. Johannis- kraut, Omega-3-Fettsäuren, S-Adenosyl-L-Methionin) wurden in dieser Indikation bei depressiven Patienten untersucht. Einen Überblick über die pharmakologischen Therapieverfahren sowie deren Evidenzlevel gibt Tab. 3. Fazit Für die Behandlung der therapieresistenten Depression ­stehen unterschiedliche Strategien zur Verfügung. Wichtig ist der Ausschluss von Pseudoresistenz. Die Lithium-­ Augmentation sowie die Augmentation mit atypischen Anti­ psychotika haben die beste Evidenz für die Behandlung der Non-Response. Die Kombination von Antidepressiva erscheint nur sinnvoll für Wiederaufnahmehemmer und ­Blockern von präsynaptischen Autorezeptoren (zum Beispiel Mirtazapin). Für einen Antidepressiva-Wechsel ist die Datenlage hingegen nur ­unzureichend. Tranylcypromin kann eine sinnvolle Option bei Therapieresistenz sein. Eine Dosis-­ Wirkungs-Beziehung und somit Evidenz für eine Dosis­ erhöhung bei Non-Response auf mittlere Dosisbereiche ­besteht für d­ ie Gruppe der TZA und Venlafaxin, nicht jedoch für SSRI. ­(Literatur bei den V ­ erfassern) Dr. Stephan Köhler, PD Dr. Mazda Adli Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Charité – Universitätsmedizin Berlin Wirkmechanismus der EKT aufgeklärt Neuen Erkenntnissen zufolge nimmt die Elektrokrampftherapie direkten Einfluss auf die Hirnströme in den für Depressionen verantwortlichen Hirnregionen. Klinische Neurophysiologen der Ludwig-Maximilians-Universität München haben einen bisher unbekannten Wirk­ mechanismus der Elektro­ krampftherapie (EKT) entdeckt. ­Danach ändert sich bei den so behandelten Patienten die elektrische Ruheaktivität in den vorderen Hirn­regionen, die als Schlüsselstelle für den Ausbruch von Depressionen gilt: Die Hirnströme im niedrigen Frequenzbereich nahmen deutlich zu. „Die in der Depression überaktiven Regionen scheinen sich durch die kontrollierten Stromimpulse wieder zu beruhigen“, erklärte Dr. Oliver Pogarell, der Leiter der Studie. Für ihre Unter­suchung hatten die Forscher die EEG-Daten von 20 Patienten mit schweren, therapieresistenten Depressionen vor und nach der Behandlung ausgewertet. „Die veränderten niederfrequenten Hirnströme könnten die direkte Auswirkung der EKT darstellen. Damit hätten wir einen weiteren Hinweis zur Wirkung der elektrischen ­Impulse entdeckt“, sagte Pogarell. Die klinischen Neurophysiologen hoffen, mit den neuen Erkenntnissen die EKT künftig ­schonender und gezielter einsetzen zu können. 30 ÄP NeurologiePsychiatrie 3_2013 „Kenntnisse über die Wirkungsweise der EKT sind besonders wichtig, weil die Therapie aufgrund der hohen Rückfallrate in Abständen wiederholt werden muss“, kommentierte Prof. ­Joseph Claßen, Direktor der Klinik und Poliklinik für Neurologie am Universitätsklinikum Leipzig, im Rahmen des DGKNKongresses im März dieses Jahres die Ergebnisse der Studie. Bei der EKT erhalten kurzzeitig narkotisierte Patienten über Elektroden am Kopf elektrische Impulse ins Gehirn. Die kurzen Stromstöße führen zu einem kontrollierten epileptischen Anfall von etwa einer halben Minute. Die EKT gilt als das wirksamste Mittel gegen schwere Depressionen, bei Kata­ tonien kann sie sogar lebensrettend sein. Die heilende Wirkung der EKT tritt meist schneller ein als bei medikamentösen Therapien, das Risiko von Nebenwirkungen gilt als geringer. Doch trotz jahrzehntelanger erfolgreicher Anwendung und Forschung sind die exakten Wirkmechanismen der EKT ­bislang noch nicht vollständig geklärt. ej AWMF, 21. März 2013. Hilfe bei schwersten Depressionen Die Stimulation des Medialen Vorderhirnbündels scheint schwerstdepressiven Patienten besser zu helfen als die elektrische Reizung des Nucleus accumbens. Forscher des Bonner Uniklinikums haben ein neues Zielgebiet für den Einsatz der Tiefen Hirnstimulation bei schweren ­Depressionen entdeckt und damit deutlich bessere Erfolge erzielt als mit der bislang üblichen Stimulation des Nucleus accumbens. Die Ergebnisse der Studie werden in der Fachzeitschrift „Biological Psychiatry“ vorgestellt. Prof. Volker Arnd Coenen, Neurochirurg an der Klinik und ­Poliklinik für Neurochirurgie, hatte den schwerstdepressiven Probanden Elektroden ins Mediale Vorderhirnbündel des ­Gehirns implantiert, die mit einem Hirnschrittmacher verbunden sind. Bereits nach wenigen Tagen besserten sich bei sechs der sieben Patienten die Beschwerden wie Ängstlichkeit, Niedergeschlagenheit, Antriebslosigkeit und Freudlosigkeit erheblich. „Ein solch sensationeller Erfolg sowohl in Bezug auf Wirkungsstärke wie auch Geschwindigkeit des Ansprechens wurde bislang mit keiner anderen Methode erzielt“, sagte Prof. Thomas E. Schläpfer von der Bonner Uniklinik für Psychiatrie und Psychotherapie. Zentraler Teil eines Euphorieschaltkreises Beim Medialen Vorderhirnbündel handelt es sich um einen Nervenstrang, der sich vom tief liegenden Hirnstamm bis zur stirnseitigen Hirnrinde zieht. An einer bestimmten Stelle ist das Bündel besonders schmal, weil die einzelnen Nerven­ fasern hier eng beieinander liegen. „An diesem Ort erreichen wir mit wenig Strom ein Maximum an Wirkung“, erläuterte Coenen, der seit kurzem die Abteilung Stereotaktische­ und Funktionelle Neurochirurgie am Universitätsklinikum ­Freiburg leitet. Das Mediale Vorderhirnbündel ist zentraler Teil eines Euphorie­schaltkreises, der Teil des Belohnungssystems des Gehirns ist. Was die Stimulation in den Nervenzellen genau bewirkt, ist noch nicht bekannt. Aber offensichtlich verändert sie die Stoffwechselaktivität in verschiedenen Gehirnzentren. Volker Arnd Coenen/Uni Freiburg Erfolgsquote von 85 Prozent Die Wissenschaftler haben bereits in mehreren Studien nachgewiesen, dass die tiefe Hirnstimulation eine erstaunliche und angesichts der Schwere der Symptome unerwartete Linderung der Symptome bei schwersten Depressionen zeigt. Dabei implantierten die Ärzte die Elektroden jedoch nicht in das Mediale Vorderhirnbündel, sondern in den Nucleus ­accumbens, der ebenfalls zum Belohnungssystem des ­Gehirns gehört. Daraufhin verbesserte sich das Befinden bei rund der Hirnscan eines Patienten: Das Mediale Vorderhirnbündel ist grün markiert. Hälfte der Probanden deutlich und nachhaltig. „Mit der neuen Studie haben wir jedoch noch viel bessere Ergebnisse erzielt“, sagte Schläpfer. Statt bei rund 50 Prozent der ­Patienten trat nun bei mehr als 85 Prozent eine entscheidende­ ­­Besserung der Beschwerden ein. Die Stimulationen erfolgten zudem mit noch geringeren Stromstärken, die Wirkung trat statt zuvor erst nach Wochen nun bereits binnen ­weniger Tage ein. Langfristiger Erfolg ist nachgewiesen „Offensichtlich haben wir uns nun weiter zu einer entscheidenden Struktur im Gehirn vorgetastet, die für schwerste Depressionen verantwortlich ist“, sagte der Psychiater des Bonner Universitätsklinikums. Optimistisch stimmt die Ärzte zudem, dass nach Abschluss der Studie eine weitere Behandlung bei einem achten Patienten ebenfalls erfolgreich abgeschlossen wurde. Die Patienten wurden bis zu einem Zeitraum von 18 Monaten nach dem Eingriff beobachtet. „Die antidepressive Wirkung der tiefen Hirnstimulation im Medialen Vorderhirnbündel verringerte sich in diesem Zeitraum nicht“, berichtet Schläpfer. Dies ist ein deutlicher Hinweis darauf, dass es sich um keine Kurzzeiteffekte handelt. Das Verfahren gibt Anlass zur Hoffnung für Menschen, die an schwersten Formen der Depression leiden. Es wird aber noch einige Zeit dauern, bis das neue Verfahren zu einer Standardtherapie wird. ej Biological Psychiatry, 3. April 2013; Universität Bonn, 5. April 2013. ÄP NeurologiePsychiatrie 3_2013 31 Y„S3“ in S3-Leitlinie steht für ... Q 3. Auflage Q Schizophrenie, im Trialog erarbeitet Q Sozialpsychiatrische Leitlinie 2003 Q Stufe 3, höchster Evidenzgrad QEbene 3, niedrigster Evidenzgrad XBei welchem Wirkstoff wird ein erhöhtes Risiko für ein Umschlagen von einer Depression in eine Manie vermutet? QBupropion QAmitriptylin QCitalopram QParoxetin QFluoxetin CWelcher Wirkstoff wird zur Phasenprophylaxe der bipolaren Störung mit dem ­Evidenzgrad A empfohlen? QLamotrigin QQuetiapin QCarbamazepin QLithium QValproinsäure VWas gehört nicht zu den Besonderheiten der Lithiumtherapie? QAufklärung des Patienten über die Vermeidung von Flüssigkeitsverlust QDosisanpassung anhand von Serumspiegelkontrollen QKontrolle der Schilddrüsenfunktion QAufklärung des Patienten über Intoxikationszeichen QEinhaltung einer tyraminarmen Diät BWelcher der folgenden Wirkstoffe hat in der S3-Leitlinie zur Akutbehandlung der ­bipolaren Depression den Evidenzgrad B? QQuetiapin QLithium QAripiprazol QValproinsäure QBupropion Die Landesärztekammer Nordrhein hat die CMEFortbildung in diesem Heft anerkannt und bewertet die korrekte Beantwortung von mindestens 70 Prozent der Fragen mit drei Punkten. Senden Sie den ausgefüllten Fragebogen ausschließlich per Fax an ÄP NeurologiePsychatrie. Sie erhalten von uns eine Bescheinigung über Ihre Teilnahme. Datenschutz: Ihre Namens- und Adressangaben dienen ausschließlich dem Versand der Bestätigungen und werden nicht an Dritte weitergegeben. 32 ÄP NeurologiePsychiatrie 3_2013 P u n kte Z e r t if nannten Augmentationsverfahren zu? QDie Augmentation mit Thyroxin ist genauso umfangreich untersucht wie die mit T3. QNur die Lithium-Augmentation sowie die Aug- MWelche Aussage zur Kombination von Antidepressiva trifft zu? QDie Kombination von Antidepressiva zeigt klare mentation mit atypischen Antipsychotika erreichen Evidenzgrad A. QBei Lithium-Unverträglichkeit ist Valproin­säure eine vergleichbar wirksame Alternative. QDie Lithium-Augmentation ist gleich effektiv wie der Wechsel von Antidepressiva. QLamotrigin ist immer das Mittel der Wahl bei Lithiumunverträglichkeit. Vorteile im Behandlungsergebnis. QEine sinnvolle Strategie ist die Kombination von SSRI und irreversiblen MAO-Hemmer. QEine Dreifachkombination ist einer Zweifachkombination überlegen. QDie Datenlage unterstützt vor allem die Kombination von Wiederaufnahmehemmern mit Blockern präsynaptischer Autorezeptoren. QBei der Kombination sollte die Dosis im Vergleich zur Monotherapie grundsätzlich halbiert werden. JWelche Aussage zur Therapie mit atypischen Antipsychotika trifft zu? QDie Auswirkungen atypischer Antipsychotika auf den Fettstoffwechsel sind vernachlässigbar. QEPMS treten nur bei Therapie mit Risperidon S Welche Aussage zur Behandlung der therapieresistenten Depression trifft nicht zu? QEine Pseudoresistenz muss dringend ausgeschlossen werden. QVor Änderung der Behandlungsstrategie sollte die Diagnose überprüft werden. QDie Wirksamkeit der Erstbehandlung sollte mit einem standardisierten Messinstrument (z. B. HAMD) ­beurteilt werden. QNach spätestens zwei Wochen ohne ­Ansprechen sollte das Antidepressivum ­ausgetauscht werden. QZur Diagnostik der Therapieresistenz gehört der Ausschluss einer internistischen oder ­neurologischen Genese der Depression. und Haloperidol auf. QQuetiapin und Aripiprazol haben die höchste Evidenz zur Augmentation unter den Atypika. QGrundlage der antidepressiven Wirkung ist die Blockade mesolimbischer Dopaminrezeptoren. QDer antidepressive Effekt ist deutlich geringer als bei Augmentation mit Schilddrüsen­ hormonen. FAX: 089/7554797 bzw. 089/75967911 Ich versichere, alle Fragen ohne fremde Hilfe beantwortet zu haben. Name Praxisstempel Straße, Hausnr. PLZ, Ort (oder Stempel) Teilnahmebedingungen: ÄRZTLICHE PRAXIS Neurologie Psychiatrie !Welche Aussage trifft bezüglich der soge- S­ erumspiegel von 0,6–0,8 mmol/L erfolgen. QDer Wechsel des Antidepressivums ist nach Datenlage Methode der ersten Wahl. QEine Aufdosierung über die minimal effektive Dosis hinaus scheint für SSRI nicht sinnvoll. QMehrere atypische Antipsychotika können als Augmentationsstrategie in Erwägung gezogen werden. NWelche Aussage zur Behandlung der t­ herapieresistenten Depression trifft nicht zu? QZur Behandlung therapieresistenter Depres­ sionen stehen psychopharmakologische und nichtpharmakologische Therapiealternativen zur Auswahl. Continuing Medical Education CME 3 QDie Lithium-Augmentation sollte in einem t e F o rt b ung Bitte kreuzen Sie jeweils nur eine Antwort an. ie r il d Fragebogen „Depression, Bipolare Störungen“ iz f o k u s De p r ess i o n , B i p o l a r e S t ö r u n g en E-Mail-Adresse (Mit der Angabe meiner E-Mail-Adresse erkläre ich mich einverstanden, per E-Mail von ÄRZTLICHE PRAXIS/Biermann Verlag GmbH kontaktiert zu werden.) Ort, Datum Unterschrift Hier Ihre EFN eintragen/aufkleben: Diese CME ist gültig bis 15.05.2014 VNR 2760512013045250066 pharmareport Neuromuskuläre Erkrankungen im Blick Morbus Pompe: Die frühe Therapie ist wichtig! W Der adulte Morbus Pompe macht sich meist in der zweiten bis dritten Dekade bemerkbar, so Prof. Peter Young, Münster. Weil die Krankheit zu irreparablen Schäden führt, ist eine frühe Enzym-Ersatztherapie wichtig. Beispiel ist eine 36-jährige Frau mit proximalen Paresen. Das Treppensteigen falle ihr schwer und sie könne ihre Kuchenbleche kaum noch tragen, sagt sie. Nachts plagen sie Muskelkrämpfe. Begonnen haben die Symptome vor fünf Jahren. Neuromuskuläre Erkrankungen sind in der Familie unbekannt. Beim Betrachten des Gangbildes fällt aber eine leicht vermehrte Hüftbewegung auf. neben Schwäche unter Schmerzen aller großen Muskelpartien litt, war dies der entscheidende Hinweis. Denn die Kraft der Extremitäten über Jahre blieb stabil, aber er brauchte eine nächtliche Heimbeatmung. Bei Pompe-Patienten zeigt sich zudem im Kernspin die kranke Muskulatur, etwa des Oberschenkels oder der paraspinalen Muskulatur, fettig degeneriert, oft mit Flüssigkeitseinlagerungen. PAS-positive Vakuolen weisen auf einen adulten Beginn hin. Eine Enzym-Restaktivität unter 40 Prozent und ein molekulargenetischer Check bestätigen die Diagnose. Ein später Morbus Pompe Kausale Therapie: Enzymsubstitution ist wirksam Kann das eine späte Verlaufsform des Morbus Pompe (Glykogenose Typ II) sein? Diese Krankheit führt durch einen lysosomalen Enzymmangel zu irreversiblen Schäden der Skelett-, Atem- und Herzmuskulatur (s. Kasten). Im frühen Stadium kann der Gang wiegend erscheinen, später schwankend (Trendelenburg-Zeichen)1. Ein Leitsymptom im Rahmen der proximalen Muskelschwäche ist eine Gliedergürtelschwäche, die zum Beispiel das Treppensteigen erschwert. Das Aufstehen von einem Stuhl fällt immer schwerer; die Patienten stützen sich dabei ab (positives Gowers-Zeichen, s. Abb.). Häufig ist eine früh auftretende Zwerchfellschwäche mit Atmungsstörungen. Diese führt zu nächtlicher Hypoventilation mit CO2-Anstieg und O2-Entsättigung initial in den REM-Phasen. Ob dies Tagesmüdigkeit, Abgeschlagenheit und Kopfschmerzen am Morgen bedingt, kann das Schlaflabor klären. Dieser frühe Befall der Atemmuskulatur bei noch gehfähigen Patienten ist häufig, so Dr. Bertold Schrank aus Wiesbaden: Bei 16 Prozent ist er sogar das erste Symptom2. Bei einem Patienten, der Weil entstandene Schäden sich nicht beheben lassen, sind die möglichst frühe Diagnose und Behandlung wichtig. Mit Alglucosidase alfa (Myozyme®) steht eine kausale Therapie zur Verfügung3,4. Den Erfolg belegen die Daten der LOTS-Studie4. In ihr erhielten 90 Patienten mit jugendlichem oder adultem Morbus Pompe Alglucosidase alfa (alle 2 Wochen 20 mg/ kg KG) oder ein Placebo. Nach 78 Wochen hatten die Patienten mit Enzymersatz im Vergleich zu Placebo deutlich profitiert: So war ihre Lungenfunktion stabil (forcierte Vitalkapazität: +1,2 %; Placebo: -2,2 %; p = 0,006). Gleichzeitig verbesPatientin mit Gowers-Zeichen. serte sich ihre durchschnittliche Sechs-MinutenGehstrecke von 332,2 m um 25,1 m. Die Placebogruppe blieb mit -3,0 m nur knapp konstant (p = 0,03). Neben der Enzymgabe bilden symptomatische Begleittherapien aber weiter einen wichtigen Teil der Behandlung. Das umfasst unter anderem Physiotherapie, Atemunterstützung und die Versorgung mit Hilfsmitteln. Helga Brettschneider Bildquelle: Genzyme Corporation Kurz gefasst: Morbus Pompe Morbus Pompe ist eine rezessiv vererbte neuromuskuläre Erkrankung. Aufgrund eines Mangels an dem Enzym saure alpha-Glukosidase (GAA) sammelt sich in den Lysosomen, vor allem im Muskelgewebe, Glykogen an5. Das führt zu irreparablen Schäden. Schwere und Lebenserwartung hängen stark von der GAA-Restaktivität ab. Neugeborene (infantiler Verlauf, GAA-Aktivität < 1 %) sterben unbehandelt meist im ersten Lebensjahr durch kardio-respiratorisches Versagen6. Die späte Form der Kinder und Erwachsenen verläuft langsamer (Restaktivität bis ca. 40 %)7. Sie trifft vor allem Skelett- und Atemmuskulatur. Es drohen Gehunfähigkeit, Atemnot und Tod. Seit 2006 kann Alglucosidase alfa das fehlende Enzym ersetzen. Quelle: Symposium „Lernen am Fall – ein Videoseminar neuromuskulärer Erkrankungen“ anlässlich der 57. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Klinische Neurophysiologie (DGKN), 22. März 2013, Leipzig. Veranstalter: Genzyme GmbH 1. Schrank B. Morbus Pompe/Glykogenose Typ II, Thieme 2012. 2. Felice J et al. Medicine 1995;74:131-135. 3. Kishnani P et al. Neurology 2007;68:99-109. 4. Van der Ploeg A et al. NEJM 2010;362:1396-1406. 5. Toscano A et al. J Neurol 2012; doi 10.1007/s00415-0126636-x. 6. Van den Hout H et al. Pediatrics 2003;112:332-340. 7. Lacaná E et al. Am J Med Genet C Semin Med Genet 2012;160(1):30-39. Mit freundlicher Unterstützung der Genzyme GmbH, Neu-Isenburg ÄP NeurologiePsychiatrie 3_2013 33 e pr ot r t p h pa hr amramr ae r po Therapie der Multiplen Sklerose Ein Behandlungserfolg setzt adhärente Patienten voraus. Andrew Chan Iris-Katharina Penner W Viele MS-Patienten leiden unter psychischen Symptomen wie Depression, Fatigue oder einer kognitiven Störung und derartige Begleiterscheinungen wirken sich fast immer nachteilig auf die gewünschte Adhärenz der Patienten aus. Dauerhafte Therapietreue ist aber für den Erfolg einer MS-Behandlung immens wichtig. Unter dem Titel ’Adhärenz beginnt im Kopf’ befasste sich ein interaktives Symposium der Firma Merck Serono mit den Faktoren, die sich bei MS-Patienten fördernd oder reduzierend auf die Therapietreue auswirken können. Adhärenz des Patienten macht sich positiv bei Schubraten und Behinderungsprogression bemerkbar. Eine nicht konsequent durchgeführte oder auch nur unregelmäßig fortgesetzte Behandlung lässt dagegen die Erkrankung ungebremst fortschreiten. Eine Entwicklung, die unbedingt aufgehalten werden muss. Und dabei können regelmäßige physische und psychische Betreuung, verträgliche Medikamente und moderne elektronische Injektionshilfen entscheidend helfen. Weil die höchste Entzündungsaktivität zu Beginn einer MS-Erkrankung auftritt, bringt eine rasch, spätestens nach dem ersten Schub einsetzende, wirksame Behandlung den größten Nutzen für den Patienten. Hier hat sich eine verlaufsmodifizierende immunmodulatorische Therapie mit Interferon beta-1a s.c. (z. B. Rebif®) in der leitliniengerechten Dosierung von dreimal 44 µg/Woche bewährt. Adhärenz beginnt im Kopf Wie Priv.-Doz. Iris-Katharina Penner, Basel, in Berlin erläuterte, sind für die Adhärenz eines Patienten individuelle, sozioökonomische, krankheitsbedingte, therapiebezogene sowie gesundheitssystembedingte Einflüsse verantwortlich. MS-Patienten sind oft über Jahrzehnte auf eine Therapie angewiesen. Während derart langer Behandlungsperioden können immer wieder Situationen eintreten, die sich negativ auf die Adhärenz auswirken. Therapeuten sollten sich deshalb auf Faktoren konzentrieren, die sie beeinflussen können. Nach Penner sind dies vor allem sogenannte ‚soft signs’ der MS: kognitive Defizite, Fatigue und Depression. Dauerhafte Müdigkeit kann zu beruflichen und sozialen Problemen führen und gilt als ein Hauptgrund für Invalidität und Frühberentung. Depressionen treten bei MS zwei- bis viermal häufiger als bei anderen chronischen Krankheiten auf. Fatigue und Depression können Patienten psychisch unfähig machen, die Therapie fortzuführen. Prävalenzangaben liegen in der Literatur für kognitive Störungen zwischen 43 und 60 Prozent, für Fatigue zwi34 ÄP NeurologiePsychiatrie 3_2013 schen 75 und 95 Prozent und für Depression zwischen 37 und 54 Prozent der MS-Patienten. Koinzidenzen sind häufig. Deshalb empfiehlt Penner, „die psychischen Faktoren bei jedem MS-Patienten routinemäßig mit standar- Inkomplette Adhärenz (häufig bei chronischen Erkrankungen) unabhängig von der Applikationsform. disierten und MS-sensitiven Testverfahren zu erfassen und dann, je nach Ergebnislage, eine symptomatische Behandlung einzuleiten”. Adhärenz verbessern – Länger aktiv bleiben Prof. Andrew Chan, Bochum, wies in Berlin auf das Phänomen mangelnder Therapietreue bei fast allen chronischen Erkrankungen hin (siehe Grafik) und nannte folgende Möglichkeiten, bei MS-Patienten die so wichtige Therapietreue zu steigern: Vorrangig ist die Akzeptanz der Therapie beim Patienten zu verbessern. Die Arzt/PatientBeziehung ist zu intensivieren. Angebotene Unterstützungsprogramme sollten genutzt werden. Pharmazeutische Hersteller sollten ihre Medikamente weiter optimieren – mit dem Ziel geringerer Nebenwirkungen und weiter verbesserter Wirksamkeit. Auch die Applikationsmethoden sollten in Richtung Patientenfreundlichkeit unter Nutzung des technologischen Fortschritts verfeinert werden. In einem Interview im Anschluss an das Symposium fragten wir Chan: Warum sind Therapietreue oder Adhärenz der Patienten so wichtig für den Erfolg einer MS-Behandlung? Chan: Leider ist die MS immer noch eine unheilbare, chronische Erkrankung. Alle unsere Therapien wirken nur vorbeugend gegen weitere Verschlechterungen und fordern deshalb hohe Therapietreue der Patienten. Welche Faktoren üben den meisten Einfluss auf eine „Nicht-Adhärenz“ aus? Chan: Beschränken wir uns auf die durch MS-Patienten und -Therapeuten beeinflussbaren Faktoren: Da sind in pharmareport den ersten Monaten der Therapie vorwiegend Nebenwirkungen die wesentliche Ursache für Therapieabbrüche. In einem engen Arzt/Patient-Verhältnis wird man meist die Nebenwirkungen rasch und gut behandeln können. Später spielt dann aber zunehmend eine zu hohe Erwartung an die Therapieziele eine Rolle. Die Therapie ist ja bis dato nur vorbeugend. Ein Verschwinden bestehender Symptome kann nicht erwartet werden. Ich sage meinen Patienten dann: Optimales Therapieziel wäre, weder neue Symptome der MS noch Nebenwirkungen zu spüren. Welche sind die schwerwiegendsten Folgen der NichtAdhärenz? Chan: Wir wissen aus verschiedensten Untersuchungen, dass nicht nur der Therapieabbruch, sondern auch die Reduktion der Einnahmefrequenz direkten Effekt auf die MS-Aktivität hat. So steigt beispielsweise bei InterferonBehandlung mit verminderter Häufigkeit des Spritzens die Zahl der Schübe an. Unsere gegenwärtigen Fach-Leitlinien schlagen bei Verschlechterung unter bestehender Therapie einen Wechsel auf oft deutlich nebenwirkungsbehaftete sogenannte ‚Eskalationstherapien’ vor. Dies ist bei tatsächlicher Unwirksamkeit des bisherigen Medikaments gerechtfertigt. Was aber, wenn das bisherige Medikament einfach nicht oder nur unzureichend appliziert wurde? Mit modernen Injektoren Ängsten begegnen Zu Beginn chronischer Erkrankungen wie der MS ist es oft schwierig, die meist noch jungen Patienten dauerhaft in der Therapie zu halten. Zweifel an der Wirksamkeit der Behandlung, Applikationsmüdigkeit, das Wissen, diese Therapie dauerhaft anwenden zu müssen oder auch Erfahrung mit den Nebenwirkungen können der Grund sein. Wir haben Chan gefragt: Welche Rolle spielt das richtige Device für die Selbstapplikation einer Dauertherapie mit Spritzen für die Adhärenz? Chan: Alle derzeitigen Basistherapien sind injizierbar und Injektionshilfen deshalb wesentlich für Therapietreue. Sie können Unannehmlichkeiten der Injektion und deren Einfluss auf die Lebensqualität reduzieren. Dabei sind elektronische Hilfen auch als Kalender oder Erinnerungshilfe nutzbar. Gerade, wenn keine neuen MS-Symptome und keine Nebenwirkungen auftreten, sind die Patienten versucht, Injektionen fortzulassen, und dann ist jede Unterstützung zur Steigerung der Therapietreue wichtig. Bereits Penner hatte ausgeführt: „Mangelnder Adhärenz wegen ‚Spritzenangst’ kann mit dem modernen elektronischen Injektor RebiSMART begegnet werden. Dessen einfache Anwendung erleichtert die Injektion und verbessert so die Therapieakzeptanz”. Seit seiner Markteinführung im Juni 2009 steht der RebiSMART als bislang einziger elektronischer Injektior für die Therapie der MS mit Interferon beta-1a s.c. zur Verfügung. Er ist indiziert zur Behandlung der schubförmigen MS sowie bei Patienten mit einzelnem demyelinisierendem Ereignis bei aktivem Entzündungsprozess. Alternative Diagnosen sollten ausgeschlossen sein und ein hohes Risiko klinisch manifester MS bestehen. Speziell entwickelte Mehrfachdosis-Patronen mit jeweils drei Injektionen decken den Bedarf für eine Woche. Das Device kann zum Beispiel mit 132 µg zu drei Dosen à 44 µg bestückt werden. Mit der Auslesefunktion des elektronischen Injektors kann Adhärenz gemessen und dokumentiert werden. Das Gerät speichert Datum, Zeitpunkt sowie Dosierung jeder Injektion, erleichtert dem Patienten die Einhaltung des Therapieschemas und bietet dem Arzt Hilfe zur Adhärenzförderung. Zertifiziert geschulte MS-Betreuer/Innen Mit RebiSTAR bietet Merck Serono einen persönlichen Betreuungsservice für MS-Patienten an. Der Service wurde mit MS-Patienten und MS-Schwestern und Ärzten entwickelt und bietet maßgeschneiderte Unterstützung. Für eine erfolgreiche Therapie spielen die MS-Schwestern eine Schlüsselrolle. Wir fragten Chan: Welche Bedeutung haben die MS-Schwestern bei den Bemühungen um mehr Adhärenz? Chan: MS-Schwestern sind mittlerweile für eine umfassende Betreuung der Patienten unverzichtbar. Häufig können sie beim Arztgespräch zu kurz gekommene oder nicht angesprochene Punkte noch einmal aufgreifen. Wir alle wissen: Viele wichtige Fragen fallen einem erst nach dem Gespräch ein. Auszeichnung der „MS-Schwester des Jahres 2012” . Nach PD Dr. Penner können mit dieser professionellen Begleitung durch einen persönlichen Ansprechpartner weitere Faktoren für mangelnde Therapietreue aufgefangen werden. Die professionell geschulten MS-Betreuer/ innen stehen insbesondere neu diagnostizierten Patienten zur Seite, erleichtern ihnen den Einstieg in die Basistherapie und motivieren zum Durchhalten. Merck Serono bietet seinen MS-Betreuer/innen die bisher einzige vom TÜV zertifizierte Fortbildung und zeichnet jährlich die ‚MS-Schwester des Jahres’ aus (s. Bild). Jürgen Setton 9. Interaktives MS-Symposium mit Meet-the-Expert „Adhärenz beginnt im Kopf: Psychische Faktoren in der MS-Therapie” und Preisverleihung an die „MS-Schwester des Jahres 2012” am 1. und 2. Februar 2013 in Berlin. Veranstalter: Merck Serono GmbH. Mit freundlicher Unterstützung der Merck Serono GmbH ÄP NeurologiePsychiatrie 3_2013 35 f o r u m m a n a g emen t Nehmen Vertragsärztinnen und -ärzte die Kindererziehungszeit in Anspruch, kann die Dauer der Beschäftigung von Entlastungsassistenten innerhalb des gegebenen Zeitrahmens flexibel gehandhabt werden. Dies geht aus einem aktuellen Beschluss des Landessozialgerichtes (LSG) Nordrhein-Westfalen vom März hervor. Die Zulassungsverordnung für Ärzte sieht in Paragraf 32 Abs. 2 vor, dass eine Vertragsärztin oder ein Vertragsarzt in Kindererziehungszeiten bis zur Dauer von 36 Monaten einen Entlastungsassistenten beschäftigen kann. Die Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein hatte in einem konkreten Fall die Auffassung vertreten, die zeitliche Beschränkung beziehe sich auf das ­ ­Lebensalter des Kindes, so dass ein Entlastungsassistent nur bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes genehmigt werden könne. Dieser Auffassung hat das LSG Nordrhein-Westfalen jetzt widersprochen (Az. L 11 KA 8/13 B ER). Danach ­bezieht sich der in der Zulassungsordnung ­angegebene Zeitraum von ­36 Monaten auf die Dauer der Vertretung, nicht auf das Lebensalter des Kindes. Entsprechend dem Wortlaut der Norm müsse der Zeitraum der Assistentenbeschäftigung nicht zusammenhängend ­genom­men werden, urteiten die Richter. Damit bestätigte das Gericht den erstinstanzlich gewährten vorläufigen Rechtsschutz der antragstellenden Ärztin. Fazit Bei Entlastungsassistenten, die für Vertragsärztinnen und -ärzte während der Kindererziehungszeit beschäftigt werden, bestimmt sich der Vertretungs­ zeitraum von 36 Monaten nur nach der Vertretungsdauer, unabhängig vom Lebensalter des Kindes. Marcus Bodem, Fachanwalt für Arbeitsrecht bei Ecovis, Berlin 36 ÄP NeurologiePsychiatrie 3_2013 Wie viel Kunst akzeptiert das Finanzamt? Lohnerhöhung mit Verstand Lohnerhöhungen sind gut gemeint, aber meistens nicht besonders wirksam. Spätestens beim Blick auf den Lohnzettel setzt beim Arbeitnehmer die Ernüchterung ein. Nach Abzug von Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträgen bleibt häufig nur die Hälfte übrig. Anders sieht es aus, wenn­ der Arbeitgeber seinen Mitarbeitern steuer­freie oder pauschal lohnversteuerte Zuschüsse und Sachbezüge gewährt. Meistens fallen dafür auch keine Sozial­versicherungsbeiträge an. Beispiele für steuerfreie Zuschüsse und Sachbezüge sind Kindergarten­ zuschüsse, Krankheitskostenzuschüsse, die Überlassung von Telekommunikationsgeräten zur privaten Nutzung oder Job-Tickets (maximal 44 Euro monatlich). Zu den pauschal lohn­besteuerten Zuschüssen zählen Barzuschüsse zu Mahlzeiten (Pauschsteuer 25 %) oder Fahrtkostenzuschüsse für Fahrten zwischen Wohnung und ­Arbeitsstätte (Pauschsteuer 15 %). Allerdings sind viele Zuschüsse und Sachbezüge nur dann begünstigt, wenn sie zusätzlich zum vereinbarten Lohn erbracht werden. Dabei ist zu ­beachten, dass der Arbeitgeber auch wiederholt gezahlte Zuschüsse, die nicht arbeitsrechtlich vereinbart wurden, aufgrund einer sogenannten ­betrieblichen Übung schuldet. Begünstigt sind also nur zusätzliche freiwillige Arbeitgeberleistungen. Deshalb kann der Arbeitslohn in diesen Fällen auch nicht durch eine Barlohnumwandlung in steuerfreie oder pauschal besteuerte Zuschüsse umgewandelt werden. ETL Advision, 17. April 2013. arsdigital - Fotolia.com Spielraum bei Entlastungsassistenten Wer seine Praxisräume attraktiv gestalten will und sie deshalb mit Kunstwerken ausstattet, muss mitunter tief in die Tasche greifen. Doch ob die hierfür notwendigen Ausgaben steuerlich absetzbar sind, kann von ­vertraglichen Feinheiten abhängen. Beim Ankauf von Werken „anerkannter Künstler“ geht der Fiskus nämlich davon aus, dass eine Wertsteigerung eintritt, eine Abschreibung ist in diesem Fall nicht möglich. „Abschreiben lassen sich nur Gegenstände, die sich wirtschaftlich abnutzen“, erklärt Wirtschaftsprüfer Thomas Nöthen. „Sinkt der Marktpreis oder setzt ein nachweislicher Stilwandel ein, kommen allenfalls Teilwert­ abschreibungen in Betracht.“ Bei Werken „nicht anerkannter Künstler“ hingegen billigen die Finanz­ behörden einen Betriebskostenabzug. Solche Kunstgegenstände werten sie als Gebrauchskunst, die über die Jahre meist unmodern wird und an Wert verliert. Die Anschaffungskosten für Gebrauchskunst können über einen Zeitraum von bis zu 15 Jahren abgeschrieben werden. Nicht ganz einfach zu ermitteln ist jedoch, ob ein Künstler „anerkannt“ ist oder nicht. Nach Ansicht des Bundesfinanzhofes gilt ein Künstler als anerkannt, wenn Kunstsachverständige sein Werk als künstlerisch ­ ­bedeutsam einschätzen oder er Kunstpreise erhalten hat. Auch der Preis ist oft ein wichtiger Anhaltspunkt. „Anschaffungen von bis zu 5000 Euro wertet die laufende Rechtsprechung regelmäßig als Gebrauchskunst“,­ erklärt ­Nöthen. ej vierend gegen die Berufsordnung der Ärzte verstoßen habe. Ärzte dürfen ihre Patienten nur dann an bestimmte Anbieter von gesundheitlichen Leistungen verweisen, wenn besondere Gründe dies rechtfertigen, beispielsweise um gehbehinderten Patienten zusätzliche Wege zu ersparen. Zulässig ist es hingegen, mehrere Versorgungsmöglichkeiten aufzuzeigen und den Patienten dann an einen ­bestimmten Heilmittelerbringer oder ­Berufskollegen zu verweisen. Voraussetzung ist jedoch, dass der Patient ausdrücklich darum bittet, weil er ­keinen geeigneten Leistungserbringer kennt oder die ihm bekannten Anbieter von Gesundheitsleistungen nicht ­beauftragen will. Niedergelassene Ärzte und Psychotherapeuten sind oftmals auf Honorar­ basis in Krankenhäusern und Rehabili­ ta­ tionskliniken tätig. Für die Ärzte besteht dabei meist kein Zweifel, dass sie dabei selbständig freiberuflich tätig sind. Doch die Prüfer der Deutschen Rentenversicherung und die ­Sozialgerichte sehen das anders. Für sie sind Honorarärzte oftmals Scheinselbstständige. So verurteilte das Sozialgericht Kassel kürzlich einen ärztlichen Psychotherapeuten zur Nachzahlung von Sozialversicherungsbeiträgen. Dieser hatte im Rahmen eines Honorararztvertrages stationär untergebrachte Patienten einer Rehabilitationsklinik betreut. Im Rahmen einer Statusfeststellung bewertete die Deutsche Rentenver­ sicherung diese Tätigkeit als abhängiges Beschäftigungsverhältnis. Die Sozialrichter bestätigten dies. Sie entschieden: Auch wenn die Weisungsbefugnis eingeschränkt wird, bleibt die Tätigkeit fremdbestimmt, wenn sie im Wesentlichen von der Klinikordnung geprägt wird. Nach ­ ­Ansicht der Sozialrichter war der ­Honorararzt hinsichtlich Zeit, Ort und Art seiner Arbeitsleistung an bestimmte Weisungen des Arbeitgebers gebunden. Zudem habe der Arzt mit seiner Tätigkeit vorrangig den wirtschaftlichen Interessen der Klinik gedient und seine ärztlichen Leistungen nicht wie für seine eigene Praxis sondern wie für ein fremdes Unternehmen ausgeübt. Selbstständig tätig ist, wer ein eigenes Unternehmerrisiko trägt. Dieses ist ­dadurch gekennzeichnet, dass der Arzt die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft hat, seine Tätigkeit und Arbeitszeit im Wesentlichen frei gestalten kann. Von besonderer Bedeutung ist aber auch, ob ein ­ ­bestimmtes Honorar sicher ist oder ob die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr eines Verlustes eingesetzt wird. ETL Advision, 7. März 2013. ETL Advision, 28. März 2013. Wirtschaftskanzlei DHPG, 26. März 2013. Keine Empfehlung ohne Nachfrage Ohne konkrete Nachfrage des Patienten dürfen Ärzte keine Empfehlung für Heilmittelerbringer geben. Wer gegen dieses Verbot in der Berufsordnung verstößt, muss mit rechtlichen Konsequenzen rechnen. So hat das Landgericht Trier im Oktober vergangenen Jahres einen HNOArzt wegen berufsrechtswidriger Verweisung an einen Hörgeräteakustiker verurteilt. Der Arzt hatte Patienten, bei denen eine Schwerhörigkeit diagnostiziert wurde, durch einen in seine Praxis kommenden Akustiker versorgen lassen. Die Patienten erhielten zwar an der Anmeldung einen Hinweis, dass sie natürlich auch einen Hörgeräteakustiker ihrer Wahl aufsuchen könnten. Der Arzt selbst hatte die Patienten jedoch nicht darauf hingewiesen. Das Gericht entschied deshalb, dass der Arzt gra- Vorsicht vor Scheinselbstständigkeit ÄP NeurologiePsychiatrie 3_2013 37 f o r u m m a n a g emen t Die Praxis barrierefrei gestalten Eine Servicebroschüre der Kassenärztlichen Bundesvereinigung unterstützt Ärzte bei der ­Verwirklichung einer barrierefreien Praxis. Die ambulante Versorgung von Menschen mit Behinderung steht im Mittelpunkt der neuen Servicebroschüre „Barrieren abbauen“ der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV). Das Serviceheft bietet niedergelassenen Ärzten und Psychotherapeuten in kompakter Form eine Fülle von Tipps, wie sie ihre Praxis noch stärker auf die Bedürfnisse von behinderten Menschen einstellen können. „Dabei geht es nicht allein um den räumlichen Zugang und die baulichen Voraussetzungen, sondern vielmehr auch um das Verstehen der Patienten und das Eingehen auf ihre speziellen Bedürfnisse“, sagte Regina Feldmann, die dem Vorstand der KBV angehört. Auf 24 Seiten enthält die Broschüre Hinweise und Ideen, wie Patienten, die in ihrer Mobilität eingeschränkt, blind, gehörlos oder geistig behindert sind, der Zugang zur ambulanten medizinischen Versorgung erleichtert werden kann. Diese reichen von der räumlichen Ausstattung über die richtige Ansprache der Patienten bis hin zur barrierefreien Internetseite der Praxis. Erfahrungsberichte von Ärzten, Checklisten und Kontaktadressen runden das Service-Angebot ab. „Für Ärzte und Psychotherapeuten ist es wichtig, dass sie Menschen mit Behinderung gut versorgen können. Mit der Broschüre wollen wir sie dabei unterstützen“, betonte Feldmann. Vieles lasse sich mit einfachen Mitteln erreichen. Eine ­komplett barrierefreie Praxis, unter anderem mit einem rollstuhlgerechten Zugang, erfordere allerdings nicht selten ­größere Umbaumaßnahmen. Diese seien für die niedergelassenen Ärzte und Psychotherapeuten zum Teil mit sehr hohen Investitionskosten verbunden und deshalb nicht immer einfach umsetzbar. Hier seien Förderprogramme erforderlich. Die Broschüre „Barrieren abbauen – Ideen und Vorschläge für Ihre Praxis“ kann kostenlos bei der KBV bestellt werden ­([email protected]). Zudem steht sie als PDF und als barrierefreie Textversion im Internet unter www.kbv.de/barrierenabbauen.html zum Download bereit. KBV, 18. Februar 2013. Mietminderung wegen Konkurrenz Ein Mieter kann die Miete mindern, wenn die Mietsache einen Mangel hat und ihr vertragsmäßiger Gebrauch dadurch nicht nur unerheblich beeinträchtigt wird. Ein derartiger Mangel liegt nach Auffassung des Bundesgerichtshofes auch vor, wenn die in einem Gewerberaummietvertrag vereinbarte Konkurrenzschutzklausel verletzt wird. Geklagt hatte ein Facharzt für Orthopädie, der einen Mietvertrag über zehn Jahre mit zweimaliger Verlängerungs­ option abschloss. In dem Vertrag gewährte ihm der Vermieter Konkurrenzschutz in dem Mietobjekt für die Fachrichtung Orthopädie und den Schwerpunkt Chirotherapie. Eine Ver- mietung an Ärzte mit derselben Fachrichtung im Mietobjekt war nur mit Zustimmung des Orthopäden zulässig. Doch der Vermieter verstieß gegen diese Klausel. Die Richter bestätigten, dass dadurch ein Mangel der Mietsache vorliegt. Ob der Orthopäde auch die Miete mindern durfte, konnte nicht abschließend geklärt werden. Dazu muss das Berufungsgericht noch prüfen, ob der vertragsmäßige Gebrauch der an den Orthopäden vermieteten Räume nicht nur unerheblich beeinträchtigt wurde. Auch ohne eine ausdrückliche vertragliche Vereinbarung ist der Vermieter bei der Vermietung von Räumen zum Betrieb eines bestimmten Geschäftes verpflichtet, in anderen ­Räumen des Hauses oder auf seinen unmittelbar angrenzenden Grundstücken kein Konkurrenzunternehmen zuzulassen. Ein Verstoß hiergegen beeinträchtigt den Mieter unmittelbar, sodass ein Mangel der Mietsache vorliegt. Der Vermieter ist daher verpflichtet, diese Konkurrenzsituation zum nächstmöglichen Zeitpunkt zu beenden. ETL ADVISION, 29. Januar 2013. 38 ÄP NeurologiePsychiatrie 3_2013 VRD - Fotolia.com Fotolia Vermietet der Besitzer einer Immobilie Räumlichkeiten an einen Arzt der gleichen Fachrichtung, ist dies ein Grund, die Mietzahlungen zu kürzen. FOTOS: RANGIZZZ-FOTOLIA.COM, V. YAKOBCHUK - FOTOLIA.COM, SPECTRAL-DESIGN - FOTOLIA.COM Der NEURO-GUIDE Ihr umfangreiches Nachschlagewerk für den gesamten neurologischen Bereich Medizinische Einblicke in folgende Fachbereiche: NEURO-GUIDE MIT UMFASSENDEM ONLINE-VERZEICHNIS FÜR PHARMA UND MEDTECH ndem e s s a f m u it M eichnis z r e V e n li n O BIERMANN MEDIZIN 1 FOTOS: RANGIZZZ-FOTOLIA.COM, SPECTRAL-DESIGN - FOTOLIA.COM ➔ Medizintechnik ➔ Bildgebende Verfahren ➔ Pharma ➔ Therapieverfahren ➔ Abrechnungskonzepte ➔ etc. Informationen: Sybille Maoro: Tel.: 02236-376-518 · Fax: 02236-376-999 · E-Mail: [email protected] Detaillierte Informationen entnehmen Sie bitte den Mediadaten unter www.biermann.net Biermann Verlag GmbH · Otto-Hahn-Str. 7 · 50997 Köln Tel.: 02236-376-0 · E-Mail: [email protected] Fe u i l l e t o n „Seelisches geht aus Seelischem hervor“ In diesem Jahr erinnern zwei bemerkenswerte Gedenktage an das große Lebenswerk von Karl Jaspers: Sein vielbeachtetes und wichtigstes Standardwerk der Psychiatrie, die „Allgemeine Psychopathologie“, wurde im Jahre 1913 erstmals publiziert und feiert deshalb das ­hundertjährige Jubiläum. Außerdem war am 23. Februar 2013 der 130. Geburtstag von Karl Jaspers zu feiern. Jaspers – Psychiater und Philosoph Karl Theodor Jaspers wurde 1883 in Oldenburg als Sohn des Bankdirektors und Landtagsabgeordneten Carl Wilhelm ­Jaspers und dessen Frau Henriette geboren. Er starb am 26. Februar 1969 in Basel im Alter von 86 Jahren. Er war ein deutscher Psychiater und Philosoph, der weit über Deutschland hinaus bekannt wurde. Als prominenter Vertreter der Existenzphilosophie grenzte er sich stark vom Existenzialismus Jean-Paul Sartres ab, weil er dessen Nihilismus ablehnte. Nach dem Abitur in Oldenburg studierte er ab 1901 drei Semester Rechtswissenschaft in Heidelberg und München. In Berlin begann er das Medizinstudium, das er ab 1903 in ­Göttingen und Heidelberg weiterführte. Im Jahre 1908 wurde er bei Franz Nissl, dem Direktor der Psychiatrischen Universitätsklinik Heidelberg, promoviert. 1907 lernte er die 1879 geborene Gertrud Mayer kennen. Sie war Pflegerin in einer psychiatrischen Anstalt und stammte aus einer orthodoxen deutsch-jüdischen Familie. Im Jahr 1910 heirateten sie. Das Paar blieb sich ein Leben lang sehr nahe und lebte in inniger Zweisamkeit und regem geistigen Austausch. Gertrud starb 1974, also fünf Jahre nach ihm. Am 13. Dezember 1913 legte Jaspers sein Lehrbuch der ­„Allgemeinen Psychopathologie“ als Habilitationsschrift für das Fach Psychologie vor. Nach zwei Jahren Lehrtätigkeit am Philosophischen Seminar wurde er dort zum außerordent­ lichen Professor und 1922 zum ordentlichen Professor ernannt. Damit war er gemeinsam mit Heinrich Rickert ­ ­Direktor des Seminars. In den folgenden Jahren konzentrierte sich Jaspers auf die Geschichte und Systematik der Philosophie. 1927 begann er mit der Ausarbeitung seines dreibändigen Hauptwerkes „Grundriss der Philosophie“, das er ab 1924 im regen Austausch mit seinem Freund und Schwager Ernst Mayer entwickelte. Während der Zeit des Nationalsozialismus war Karl Jaspers auf der Seite der Verfolgten und Bedrohten. Da er sich weigerte, sich von seiner jüdischen Frau zu trennen, wurde er Ende 1937 in den Ruhestand versetzt und bekam ab 1938 Publikationsverbot. Seine philosophischen Arbeiten setzte er jedoch ungeachtet dessen fort. Er lebte ständig in Bedrohung durch die Nationalsozialisten und hatte immer Zyankali für den äußersten Fall bei sich. Mitte April 1945 wollten ihn die Nationalsozialisten schließlich in ein Konzentrationslager verschleppen. Durch die Befreiung von Heidelberg durch die US-Armee am 30. März 1945 kam es glücklicherweise nicht dazu. Aufgrund seiner ab­l ehnenden Haltung zur NS-Diktatur war J­aspers in der Nachkriegszeit „unbelastet“. Deshalb war er prä­d estiniert, nach „Wahrheit ist, was 1945 die Neugründung und den Wiederaufbau uns verbindet“ Karl Jaspers der Universität Heidelberg wesentlich mitzugestalten. Karl Jaspers nahm 1948 einen Ruf der Universität Basel an und wurde Nachfolger von Paul Häberlin auf den Lehrstuhl für Philosophie. Als Reaktion auf die Wahl des ehemaligen NSDAP-Mitglieds Kurt Georg Kiesinger zum Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland sowie auf die Verabschiedung der Notstandsgesetze 1967 gab er seinen deutschen Pass zurück und erwarb die Schweizer Staatsbürgerschaft. Allgemeine Psychopathologie (1913) Handschriftliche Anmerkungen Jaspers 40 ÄP NeurologiePsychiatrie 3_2013 Die „Allgemeine Psychopathologie“ von Karl Jaspers ist das erste große systematische Grundlagenwerk der deutschsprachi- Universität Oldenburg Vor 100 Jahren erschien erstmals die „Allgemeine Psychopathologie“ – ein Grundlagenwerk, mit dem Karl Jaspers großen Einfluss auf die Psychiatrie der ­Gegenwart genommen hat. Universität Oldenburg gen Psychopathologie. Die Monographie wurde von Jaspers als Habilitationsschrift für die Universität Heidelberg im Fach ­ ­Psychologie verfasst und wurde im Jahre 1913 im SpringerVerlag publiziert. Sie ist auch heute noch im wissenschaftlichen Springer-Verlag verfügbar und umfasst in der achten Auflage 748 Druckseiten. Gemeinsam mit der „Klinischen Psychopathologie“ aus dem Jahre 1950, die sein Freund und Nachfolger Kurt Schneider ebenfalls in Heidelberg schrieb, stellen diese beiden Grundlagenwerke die herausragenden Monolithen der Psycho­ pathologie-Forschung dar. Es ist ­darüber hinaus die erste methodischfundamental reflektierte psycho­ pathologische Abhandlung. Mit Bezug auf den Phänomenologen Edmund Husserl und den Lebensphilosophen Wilhelm Dilthey ist sie das Grundlagenwerk der phänomenolo­ gischen Psychopathologie. Erkenntnistheoretisch und methodisch wurde Jaspers durch seine Freunde Max Weber und Hans W. Gruhle sowie durch Ernst Kretschmer, Ludwig Binswanger und den Nobelpreisträger Otto Meyerhof beeinflusst. In seinem Grundansatz bezieht sich Karl Jaspers auf die Methodologie von Wilhelm Dilthey und diskutiert ausführlich die Unterscheidung von „Erklären“ und „Verstehen“. Während der Modus des Erklärens charakteristisch ist für die Naturwissenschaften, hält Jaspers für das Forschungsgebiet der Psycho­ pathologie den Modus des Verstehens für angemessen. Dabei unterscheidet er das „genetische Verstehen“ vom „statischen Verstehen“. Das statische Verstehen vermittelt dabei die deskriptive Psychopathologie, während das genetische Verstehen den Entwicklungsaspekt im Sinne einer Entwicklungspsychopathologie betont. Jaspers verfolgt dabei die Grundannahme, dass „Seelisches aus Seelischem hervorgeht“. Dieses Postulat ist eine strikte Absage an die von Jaspers kritisierte „Hirnmythologie“, wie sie von Wilhelm Griesinger und Emil Kraepelin vertreten wurde. Beide Psychiater waren der Auffassung, dass Geisteskranke ­Gehirnkranke seien, und dass es sich bei seelischen Krankheiten um „Erkrankungen des Gehirns“ handle. Mit dem Aufzeigen dieses Grundwiderspruches eröffnete Karl Jaspers einen kontro­ versen wissenschaftlichen Diskurs, der bis in die Gegenwart reicht. Wir finden ihn heute zwischen phänomenologisch-anthropologischer Psychiatrie und biologischer Psychiatrie. Das Herzstück der Jasper‘schen „Allgemeinen Psychopathologie“ ist eine Theorie des Wahns und die Ausarbeitung der Wahnkriterien. Ausgiebige psychopathologische Diskussionen löste das von Jaspers vertretene „Unverständlichkeitspostulat“ des Wahns aus, das sich dennoch bis in die achtziger Jahre des 20. Jahrhunderts behauptete. Jaspers war aufgrund seiner seit der Kindheit bestehenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen (angeborene Bronchi­ ­ ektasen mit sekundärer Herzinsuffizienz) nicht geeignet für die ärztlichen Herausforderungen des Klinikalltags oder eines ­Stationsbetriebes. Insofern war er als Psychiater von Anfang an Theoretiker und kein Kliniker. Bald wandte er sich von der ­Psychopathologie und Psychiatrie ab und widmete sich ganz der Philosophie. Die von ihm entwickelte Existenzphilosophie hat bis heute weltweit großen Einfluss gefunden. Es finden sich ­interessante Gemeinsamkeiten, ­jedoch auch deutliche Unterschiede zu den Existenzphilosophien von Jean-Paul Sartre und Viktor Emil Frankl. Bereits in der „Allgemeinen Psychopathologie“ aus dem Jahre 1913 wird das Menschenbild von Karl Jaspers spürbar, das später seine Existenzphilosophie prägte: das Dasein des Menschen in den Grenzsituationen Tod, Leiden, Schuld – und sein Bestreben, seine Existenz als „Wirklichkeit des Selbstseins“ zu leben. Rezeption des Gesamtwerks Sowohl die Psychopathologie als auch die Existenzphilosophie von Karl Jaspers haben großen Einfluss auf die Psychiatrie und die Philosophie der Gegenwart genommen. Sein Lebenswerk erfreut sich weltweit großer Anerkennung und zeigt hohe Aktua­lität. Zahlreiche wissenschaftliche Tagungen über Jaspers unterstreichen das globale Interesse an seinem Lebenswerk. Das Gesamtwerk von Karl Jaspers umfasst etwa 30 Bücher mit mehr als 12.000 Druckseiten. Der Nachlass wird von dem Schweizer Philosophen Hans Saner (Basel) verwaltet. Etwa 35.000 Blätter und mehrere tausend Briefe sind noch unveröffentlicht. Die Gesamtauflage im deutschsprachigen Raum hat bereits eine Million überschritten. In vielen Ländern (Deutschland, Österreich, Japan, Nordamerika, Schweiz) wurden Karl-Jaspers-Gesellschaften oder –Stiftungen gegründet. In Deutschland sind die Universitäten Oldenburg (Geburtsort von Karl Jaspers) und Heidelberg, wo er seine erste Professur inne hatte, federführend. Literatur: Karl Jaspers: Allgemeine Psychopathologie, (Erstauflage 1913), 8. Auflage, Springer, Berlin 1965 Prof. Herbert Csef Schwerpunktleiter Psychosomatische Medizin und Psychotherapie Medizinische Klinik und Poliklinik II, Würzburg ÄP NeurologiePsychiatrie 3_2013 41 Te r m i ne Ver­an­stal­tun­gen von Mai bis Juni W London, 28. bis 31. Mai 22nd European Stroke Conference Info: Congrex Switzerland Ltd. Peter Merian-Strasse 80, PO Box CH-4002 Basel Tel.: +41(0)61-686-7777 E-Mail: [email protected] www.eurostroke.eu W Essen, 5. bis 7. Juni XI. Kongress der Deutschen Ge­ sellschaft f. Gerontopsychiatrie und -psychotherapie e. V. (DGGPP) Info: DGGPP Postfach 1366 51657 Wiehl Tel.: 02262-797-683 E-Mail: [email protected] www.dggpp.de/dggpp2013/index. html W Mailand, 6. bis 9. Juni 4th World Congress on ADHD Info: AIM GROUP Via G. Ripamonti, 129 I-20141 Milano Tel.: +39-02-56601282 Fax: +39-02-56609043 E-Mail: [email protected] www.adhd-congress.org 42 ÄP NeurologiePsychiatrie 3_2013 W Barcelona, 8. bis 11. Juni 23rd Meeting of the European Neurological Society (ENS) Info: Congrex Switzerland Ltd. Peter Merian-Strasse 80 PO Box, CH-4002 Basel Tel: +41(0)61-686-7777 E-Mail: [email protected] www.congrex.ch/ens2013.html W Düsseldorf, 13. bis 14. Juni 4. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Hirnstimulation in der Psychiatrie e.V. Info: LVR-Klinikum Düsseldorf Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie Bergische Landstraße 2 40629 Düsseldorf Tel.: 0211-922-2785 oder -3547 E-Mail: [email protected] W München, 13. bis 15. Juni 14. Münchner Neuroradiologie Symposium Info: COCS GmbH Congress Organisation, C. Schäfer Tel.: 089-890677-0 E-Mail: [email protected] www.nrad.de W Berlin, 24. Juni 16. Hauptsatdtsymposium der DGPPN Info: DGPPN Franziska Hoffmann Reinhardtstraße 27 B 10117 Berlin Tel.: 030-240477-217 E-Mail: [email protected] W Montreal, 23. bis 27. Juni 30th International Epilepsy Congress Info: ILAE/IBE Congress Secretariat 7 Priory Hall, Stillorgan Dublin 18 Tel.: +353-(0)1-2056720 Fax: +353-(0)1-2056156 E-Mail: montreal@epilepsycon­ gress.org www.epilepsymontreal2013.org W Boston, 27. bis 30. Juni International Headache Congress Info: Talley Management Group 19 Mantua Road US-08061 Mount Royal, NJ Tel.: +1-856-423-0043 Fax: +1-856-423-0082 E-Mail: [email protected] www.ihc2013.com impressum Verlag Biermann Verlag GmbH Otto-Hahn Str. 7­, 50997 Köln Telefonzentrale: 0 22 36-376-0 www.biermann.net Geschäftsführung Dr. Hans Biermann Redaktionsleitung Dieter Kaulard (dk) (Chefredakteur, V.i.S.d.P.) 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Gaab, Greifswald PD Dr. med. Dipl. Psych. H. Göbel, Kiel Prof. Dr. med. Dipl. Psych. G. Haag, Königsfeld Prof. Dr. M. Heuser, München Dr. P. Horstmann, Kiel Prof. Dr. G. Klosinski, Tübingen Dr. Thomas Mayer, Radeberg Prof. Dr. H. J. Möller, München Prof. Dr. W.-D. Möller, München Prof. Dr. Th. R. Payk, Bochum Prof. Dr. U. H. Peters, Köln PD Dr. H.-L. Poser, Eckernförde Prof. Dr. R. Pothmann, Wuppertal Prof.Dr. E. B. Ringelstein, Münster Prof. Dr. E. Rüther, Göttingen Prof. Dr. Heinz Wiendl, Würzburg Prof. Dr. M. Wolfersdorf, Bayreuth Leserbeirat Dr. med. C. Burkhardt-Neu­ mann, München Dr. med. P. Hollmann, Preetz Dr. med. V. Christ, Winsen Dipl. Med. T. Krajewski, Gera Dr. med. U. Meier, Mayen Dr. med. J. Rauh, Karlsruhe Issn 1436-2643 geprüft Facharzt-Studie 2012 Ärztliche Praxis NeurologiePsychiatrie gehört der Informationsgemeinschaft zur Feststellung der Verbreitung von Werbeträgern e. V. an. Biermann Medizin/Schmitz W San Francisco, 18. bis 22. Mai 166th Annual Meeting of the Ame­ rican Psychiatric Association Info: American Psychiatric Associ­ ation (APA) US-22209-3901 Arlington, VA Tel.: +1-703-907-7300 E-Mail: [email protected] www.psych.org/annualmeeting 86. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Neurologie mit Fortbildungsakademie Zukunft braucht Neurologen MESSE DRESDEN 18 – 21 SEP 2013 www.dgnkongress.org Veranstalter Deutsche Gesellschaft für Neurologie e.V. Reinhardtstraße 27 C 10117 Berlin www.dgn.org Kongresspräsident Prof. Dr. Heinz Reichmann Klinik und Poliklinik für Neurologie Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Wissenschaftliches Sekretariat Prof. Dr. Alexander Storch Klinik und Poliklinik für Neurologie Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Fetscherstraße 74 01307 Dresden Ansprechpartner Fortbildungsakademie Karin Schilling c/o Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf Klinik und Poliklinik für Neurologie Martinistraße 52 20246 Hamburg Pressekontakt [email protected] Kongressort MESSE DRESDEN Messering 6 01067 Dresden www.messe-dresden.de Deadlines Einreichung Abstracts: 31. März 2013 Manuskripte Fortbildungsakademie: 30. April 2013 Einreichung Videoforum: 30. April 2013 Frühe Registrierung: 31. Juli 2013 Kongress- und Ausstellungsorganisation Congrex Deutschland GmbH Joachimstaler Straße 12 10719 Berlin Telefon: +49-30-88 71 08 55 50 Fax: +49-30-88 71 08 55 79 E-Mail: [email protected] www.congrex.de Call for Videos Videobeiträge mit lehrreichen, unklaren und ausgefallenen Fällen, nicht länger als 5 min, sind willkommen. Video (max. 8 MB) per E-Mail an: - Videoforum „Bewegungsstörungen“: aceballos-baumann @schoen-kliniken.de - Videoforum „Epilepsien & Differenzialdiagnose“: [email protected] Das erste melatonerge Antidepressivum Zurück ins Leben. Schneller Wirkeintritt 1, 2, 3 Effektive und anhaltende Wirkung 4, 5, 6 Zusätzliche Verbesserung der Schlafqualität 1, 2 Gute Verträglichkeit 6, 7 1x täglich beim Zubettgehen 1. Kasper S. et al., 2010; J Clin Psychopharmacol, 71 (2): 109–120 2. Lemoine P. et al., 2007; J Clin Psychiatry, 68: 1723–1732 3. Olié J.P. et al., 2007; Int J Neuropsychopharmacol, 10: 661–673. 4. Goodwin G. M. et al., 2008; Eur Neuropsychopharmacol, 18 (Suppl 4): 338–339 5. Kennedy S. H. et al., 2008; J Clin Psychopharmacol, 28: 329–333 6. Kasper S. et al., 2009; World J Biol Psychiatry, 10 (2): 117–126 7. Valdoxan® Fachinformation, Stand: Oktober 2012. Valdoxan® 25 mg Filmtabletten Wirkstoff: Agomelatin Zusammensetzung: 1 Filmtablette enthält 25 mg Agomelatin. Sonstige Bestandteile: Lactose-Monohydrat, Maisstärke, Povidon (K30), Carboxymethylstärke-Natrium (Typ A), Stearinsäure, Magnesiumstearat, hochdisperses Siliciumdioxid, Hypromellose, Eisen(III)-hydroxid-oxid x H 2 O (E172), Glycerol, Macrogol 6000, Titandioxid (E171), Schellack, Propylenglycol und Indigocarmin, Aluminiumsalz (E132). Anwendungsgebiete: Behandlung von Episoden einer Major Depression bei Erwachsenen. Valdoxan wird angewendet bei Erwachsenen. Gegenanzeigen: Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der sonstigen Bestandteile, eingeschränkte Leberfunktion (d. h. Leberzirrhose oder aktive Lebererkrankung), gleichzeitige Anwendung von starken CYP1A2-Inhibitoren (z. B. Fluvoxamin, Ciprofloxacin). Nebenwirkungen: Erkrankungen des Nervensystems: häufig: Kopfschmerzen, Schwindel, Schläfrigkeit, Schlaflosigkeit, Migräne; gelegentlich: Parästhesie. Psychiatrische Erkrankungen: häufig: Angst; gelegentlich: Agitiertheit und damit verbundene Symptome (Gereiztheit, Unruhe), Aggression, Alpträume, ungewöhnliche Träume; selten: Manie/Hypomanie (können auch durch Grunderkrankung bedingt sein), Halluzinationen; m. nicht bekannter Häufigkeit: Suizidgedanken od. suizidales Verhalten. Augenerkrankungen: gelegentlich: verschwommenes Sehen. Erkrankungen des Gastrointestinaltrakts: häufig: Übelkeit, Diarrhoe, Obstipation, Bauchschmerzen, Erbrechen. Erkrankungen der Haut und des Unterhautzellgewebes: häufig: vermehrtes Schwitzen; gelegentlich: Ekzem, Pruritus; selten: erythematöser Ausschlag. Skelettmuskulatur-, Bindegewebs- und Knochenerkrankungen: häufig: Rückenschmerzen. Allgemeine Erkrankungen und Beschwerden am Verabreichungsort: häufig: Müdigkeit. Leber- und Gallenerkrankungen: häufig: erhöhte AST- und/oder ALT-Werte (in klinischen Studien wurden Erhöhungen > 3-fach höher als der obere Normbereich [> 3 x ULN] bei 1,4% der Patienten unter Agomelatin 25mg/Tag und 2,5% unter Agomelatin 50mg/Tag vs. 0,6% unter Placebo beobachtet); selten: Hepatitis, erhöhte γ-GT (Gammaglutamyltransferase) (> 3 x ULN), erhöhte alkalische Phosphatase (> 3 x ULN), Leberinsuffizienz, Ikterus. Untersuchungen: selten: Gewichtszunahme, Gewichtsabnahme. Warnhinweise: Enthält Lactose. Patienten mit der seltenen hereditären GalactoseIntoleranz, Lactase-Mangel oder Glucose-Galactose-Malabsorption sollten dieses Arzneimittel nicht einnehmen. Weitere Hinweise siehe Fachinformation. Verschreibungspflichtig. Pharmazeutischer Unternehmer: Les Laboratoires Servier; 50, rue Carnot, 92284 Suresnes cedex, Frankreich. Örtlicher Vertreter: Servier Deutschland GmbH, Elsenheimerstraße 53, D-80687 München, Telefon +49 (0)89 57095 01 Stand: Oktober 2012