Zusammenfassung 6 Zusammenfassung Beim Ras-Protein handelt es sich um ein Guaninnukleotidbindendes Protein (GNBP), dem eine zentrale Rolle bei der Regulation von Zellwachstum, Zelldifferenzierung und Apoptose zukommt. Ist die Wechselwirkung durch die konstitutive Aktivierung von Ras mit den Effektor-Proteinen verändert, so kommt es zu gravierenden Folgen für den gesamten Organismus, wie z. B. Krebs oder schwere Krankheiten. Deshalb ist die Charakterisierung von Ras-Inhibitoren medizinisch relevant, dem sich ein Teil dieser Arbeit widmet. Das aktive RasGTP liegt in zwei funktionellen Konformationen, einer aktiven und einer inaktiven Konformation vor. Während für die hochaffine Bindung von Ras an seine Effektoren wie die Raf-Kinase oder RalGDS die aktive Konformation verantwortlich ist, binden die Effektoren an die inaktive Konformation nur schwach. Die Stabilisierung dieser inaktiven Konformation durch Ras-Inhibitoren bietet eine vielversprechende Methode, um das konstitutiv aktive Ras zu inaktivieren und damit in der Krebstherapie eingesetzt zu werden. Es wurden dabei Zn-Cyclen und Zn-BPA identifiziert, die in der Lage sind, die inaktive Konformation von Ras zu stabilisieren. Die im Rahmen dieser Arbeit durchgeführten Untersuchungen zeigen, dass das Assoziationsverhalten von Ras mit RafRBD in Anwesenheit von Zn-Cyclen bzw. Zn-BPA einer Ras-Mutante (Ras T35A) ähnelt, die in der inaktiven Konformation verbleibt. Ferner konnten aus diesem Assoziationsverhalten bei unterschiedlichen Konzentrationen von Zn-Cyclen und ZnBPA die apparenten Dissoziationskonstanten der Ras-Zn-Cyclen bzw. Ras-Zn-BPAInteraktion bestimmt werden, die 2.9 mM und 4.7 mM betragen. Diese Untersuchungen des Ras-RafRBD-Assoziationsverhaltens zeigen dabei, dass eine Kompetition von Zn-Cyclen bzw. Zn-BPA und RafRBD um die Bindung an Ras vorliegt. Dies konnte auch durch Verdrängungsexperimente, 31 P-NMR-Titrationen und Titrationen mit einer fluoreszierenden Ras-Mutante (A-Ras) bestätigt werden. Unter der Einbeziehung der Tatsache, dass Zn-Cyclen an zwei Bindungsstellen von Ras bindet, wobei nur die Bindungsstelle in der Nähe des γ-Phosphats des GTPAnalogons für die Stabilisierung der inaktiven Konformation verantwortlich ist, kann ein Mechanismus der Ras-Inaktivierung durch Zn-Cyclen formuliert werden. Bei diesem Mechanismus führt die Bindung von Zn-Cyclen an Ras mit einer apparenten Dissoziationskonstante von 2.9 mM an die Bindungsstelle in der Nähe des γ- 144 Zusammenfassung Phosphats eine Konformationsänderung zugunsten der inaktiven Konformation durch. Durch die Ras-Zn-Cyclen-Interaktion verschiebt sich das Gleichgewicht der Ras-RafRBD-Interaktion zugunsten vom freien Ras, was zur Inhibierung der RasRafRBD-Interaktion führt. Die Bindung von Zn-Cyclen an RafRBD kann jedoch nicht vollständig ausgeschlossen werden, die aber die Ras-Bindung nicht beeinflusst. Die Inaktivierung von Ras durch Zn-BPA verläuft nach einem ähnlichen kompetitiven Mechanismus wie die Ras-Inaktivierung durch Zn-Cyclen. Da aber strukturelle Daten zur Ras-Zn-BPA-Interaktion fehlen, kann die Bindungsstelle von Zn-BPA bei Ras nicht bestimmt lokalisiert werden. Vorherige Arbeiten konnten RafRBD-Mutanten identifizieren, die hochaffin an RasGDP binden. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurde die RasGDP-RafRBD-Interaktion charakterisiert. Es konnte dabei festgestellt werden, dass die Mutation A85K der RafRBD alleine für die Stabilisierung des RasGDP-RafRBD-Komplexes um ~8 kJ/mol verantwortlich ist. Ferner konnte gezeigt werden, dass diese Mutante neben der stärkeren Bindung an RasGDP auch eine verschlechterte Spezifität bezüglich der RasGTP-Bindung zeigt. Um die Konsequenz dieser Beobachtung auf zellulärer Ebene zu untersuchen, wurden Dissoziationskonstanten der die im Rahmen dieser Arbeit RasGTP/RasGDP-RafRBD-Interaktion mit erhaltenen den aus vorherigen Arbeiten erzielten Ergebnisse der in vivo-Untersuchungen korreliert. Dabei konnte klar gezeigt werden, dass die Aktivierung der Ras/MEK/ERKSignalkaskade in den Zellen von der Affinität der Ras-RafRBD-Interaktion diktiert wird, wobei die Nukleotidbeladung von Ras keine Rolle spielt. Wenn die Aktivierung der Ras/MEK/ERK-Signalkaskade von der Affinität der RasRafRBD-Interaktion diktiert wird, müssen bei Ras Mechanismen vorhanden sein, die die RafRBD-Spezifität zur RasGTP-Bindung kontrollieren. Denn erst durch die hohe Spezifität der RafRBD zur RasGTP-Bindung ist Ras in der Lage, als ein molekularer Schalter zu agieren. Um dies zu untersuchen, wurde RafRBD mit Hilfe des computergestützten Designs für die Bindung an RasGDP optimiert. Die erhaltene RafRBD-Mutante mit sechs Mutationen wies tatsächlich eine verschlechterte Spezifität bezüglich der RasGTP-Bindung auf, die jedoch eine schwache Bindung zu RasGDP zeigte und für die weiteren Fragestellungen nicht verwendet werden konnte. Eine der sechs Mutationen, RafRBD N71R zeigte jedoch eine um ~5 kJ/mol stärkere Bindung an RasGDP. Die Kombination dieser Mutation mit RafRBD A85K lieferte die 145 Zusammenfassung Doppelmutante von RafRBD N71R/A85K, die den RasGDP-RafRBD-Komplex um ~12 kJ/mol stabilisierte und eine stark verschlechterte Spezifität zur RasGTP-Bindung aufwies. Die Kristallstruktur dieser RafRBD-Mutante mit dem Ras-Homolog im GDPgebundenen Zustand (RapsGDP) zeigte, dass RapsGDP gebunden an RafRBD N71R/A85K eine RapsGTP-ähnliche Konformation aufweist. Eine hochaffine Bindung von RafRBD an RasGDP ist also nur möglich, wenn RasGDP eine RasGTP-ähnliche Konformation annimmt. Die genaue Untersuchung der Kristallstrukturen von Ras bzw. Raps-Proteinen im Komplex mit RafRBD konnte schließlich zeigen, dass im GDP-gebundenen Zustand von Ras bzw. Raps die Flexibilität der Switch I-Region relativ zum GTP-gebundenen Zustand erhöht ist. Die hohe Flexibilität der Switch IRegion führt zu einer erhöhten Mobilität der gebundenen RafRBD, was den RasGDPRafRBD-Komplex schwächt. Erst die Einführung von zwei Mutationen (RafRBD N71R/A85K) kann der Switch I-Flexibilität entgegenwirken und dadurch einen stabilen RasGDP-RafRBD-Komplex bilden. Dies konnte durch Bindungsstudien mit Ras T35A bestätigt werden, bei dem die Switch I-Region auch im GTP-gebundenen Zustand eine hohe Flexibilität aufweist. Durch die hohe Flexibilität der Switch IRegion bei Ras T35A ist die Spezifität von RafRBD zur RasGTP-Bindung im Vergleich zu Ras WT sehr klein. Die RasGTP/RasGDP-RafRBD-Komplexe von Ras T35A sind also energetisch wenig separiert. Dieses Ergebnis liefert den sicheren Beweis, dass die Spezifität der RafRBD zugunsten von RasGTP von der Flexibilität der Switch I-Region von Ras abhängt. Die hohe Flexibilität der Switch I-Region im GDP-gebundenen Zustand von Ras ist für geringe Affinität der RafRBD und anderer Ras-Bindungsdomänen an RasGDP verantwortlich und erlaubt es Ras als ein molekularer Schalter zu agieren. Die Erhöhung der Affinität der RasGDP-RafRBD-Interaktion verläuft mechanistisch also über die Stabilisierung der aktiven, RasGTP-ähnlichen Konformation von Ras und der Effektor bindet nicht an eine RasGDP-spezifische Konformation. Daher sinkt die Spezifität der Effektorbindung an RasGTP dramatisch bei den RasGDP-bindenden RafRBD-Mutanten, wobei diese Mutationen der RafRBD an den konstanten Stellen vom Evolutionsprozess ausgeschlossen wurden. 146