Elektrophorese - mtaschule

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Elektrophorese - eine Einführung
Zusammenfassung
Die Elektrophorese ist eine Technik, bei der Gemische von Stoffen oder Teilchen
aufgetrennt werden, weil sie in einem elektrischen Feld verschieden schnell wandern.
Die wichtigste Anwendung in der Medizin ist die elektrophoretische Untersuchung der
Eiweißstoffe der Blutflüssigkeit. (Serumeiweiß-Elektrophorese). Durch sie erkennt man
Vermehrungen oder Verminderungen bestimmter Eiweißstoffe (Dysproteinämien).
Werden von entarteten Zellen Eiweißstoffe produziert, kann man auch dies in der
Elektrophorese erkennen (Paraproteinämie). Die Ergebnisse der SerumeiweißElektrophorese lassen daher Rückschlüsse auf verschiedene Krankheitszustände zu.
1. Einleitung
Namen
Elektrophorese: Der Wortteil -phor kommt aus dem Griechischen und bedeutet "tragen".
Der Wortteil Elektro- rührt daher, dass die Methode durch Anlegen einer elektrischen
Spannung, also dem Aufbau eines elektrischen Feldes, funktioniert.
Serumeiweiß (=Serumprotein): das im Serum ("Blutflüssigkeit") enthaltene Eiweiß.
Serum gewinnt man, indem man Blut gerinnen lässt und zentrifugiert.
Serumeiweiß-Elektrophorese (=Serumprotein-Elektrophorese): Auftrennung der
Eiweißstoffe des Serums mittels Elektrophorese.
Was ist die Elektrophorese?
Die Elektrophorese ist eine Labortechnik, bei der Gemische von Stoffen oder Teilchen
aufgetrennt werden, weil sie in einem elektrischen Feld verschieden schnell wandern.
Die Auftrennung bietet Informationen über die Zusammensetzung von Stoffgemischen,
dient also ihrer Analyse (analytische Elektrophorese).
Viel seltener wird die Elektrophorese eingesetzt, um bestimmte Substanzen aus
Stoffgemischen zu gewinnen (präparative Elektrophorese).
Welche medizinischen Anwendungen gibt es?
Prinzipiell gibt es sehr viele Anwendungen. Zu den elektrophoretischen Techniken
gehören z.B. Untersuchungen unserer Erbsubstanz (Southern-Blotting), Analysen des
roten Blutfarbstoffs (Hämoglobin-Elektrophorese), die Auftrennung der "Fette" des Blutes
(Lipoprotein-Elektrophorese) und viele mehr. In der Praxis werden diese Untersuchungen
aber selten durchgeführt. Die in der Routinediagnostik bei weitem wichtigste Anwendung
der Elektrophorese ist die Untersuchung der Eiweißstoffe der Blutflüssigkeit, die
Serumeiweiß-Elektrophorese.
Wozu dient die Serumeiweiß-Elektrophorese?
•
Erkennung und Beobachtung des Verlaufs von "abnormen"* Proteinen
(Paraproteinen)
Bei verschiedenen bösartigen Erkrankungen des Blutes oder der Lymphknoten,
aber auch bei Vorstufen dieser Erkrankungen können "abnorme"* Eiweißstoffe,
genauer gesagt Antikörper, im Blut vorkommen. Man nennt diese Eiweißstoffe
Paraproteine. Wenn sie im Blut auftreten, spricht man von Paraproteinämie oder
auch von monoklonaler Gammopathie.
*Die Bezeichnung Paraprotein, also abnormes Protein, ist eigentlich nicht
zutreffend, da es sich hierbei meist um ganz normale Antikörper handelt. Abnorm
ist viel mehr die Tatsache, dass da ein bestimmter Antikörper von einem
bestimmten B- oder Plasmazellklon unreguliert produziert wird und daher
vermehrt ist.
•
Erkennung und Beobachtung von Eiweißverlusten
Eiweiß kann z.B. über die Niere, über den Darmtrakt oder über die Haut verloren
gehen. Das Muster der im Blut verbleibenden Eiweißstoffe, kann Hinweise auf die
Ursache des Eiweißverlusts liefern.
•
Erkennung und Beobachtung von Entzündungen
Akute (=plötzliche, kurz dauernde) und chronische (=lang dauernde
Entzündungen) zeigen bestimmte Muster in der Serumeiweiß-Elektrophorese.
•
Abklärung auffälliger Laborbefunde
Ist das Gesamteiweiß im Serum zu hoch oder zu niedrig, kann die Elektrophorese
zeigen, welche Eiweißgruppe daran schuld ist. Auch bei einer erhöhten
Blutsenkung oder dem Auftreten von Eiweiß im Harn kann die SerumeiweißElektrophorese die Ursache abklären helfen.
Geschichte
Die Elektrophorese ist bereits seit den dreißiger Jahren des vorigen Jahrhunderts
bekannt. Der Schwede Arne Tiselius hat sie eingeführt. Sie ist daher auch als TiseliusSystem bekannt. Tiselius wurde dafür 1948 mit dem Chemie-Nobelpreis ausgezeichnet.
2. Das Prinzip
Verschiedene Stoffe wandern im elektrischen Feld verschieden schnell. Das ist die
Grundlage der Auftrennung von Stoffen bei der Elektrophorese.
Allgemeines
Im elektrischen Feld wandern bewegliche, elektrisch geladene Teilchen zum
entgegengesetzt geladenen Pol. Positiv-geladene Teilchen (Kationen) wandern zum
Minus-Pol (Kathode), negativ-geladene Teilchen (Anionen) wandern zum Plus-Pol
(Anode). Aber verschiedene Teilchen wandern verschieden schnell. Und es sind
besonders zwei Eigenschaften eines Teilchens, die seine Wanderungsgeschwindigkeit
bestimmen:
•
Je größer die Ladung, desto schneller ist die Wanderung
Je stärker ein Teilchen bzw. ein Stoff geladen ist, desto schneller wandert er in
der Elektrophorese.
Die Ladung
Stoffe mit größerer
negativer Ladung
wandern schneller
zum Plus-Pol als die
schwächer
geladenen: Am Ende
der Elektrophorese
sind die stärker
geladenen Teilchen
weiter gewandert.
•
Je kleiner das Teilchen, desto schneller ist die Wanderung
Die Größe eines Teilchens bzw. eines Stoffes ist der zweite entscheidende Faktor
für die Geschwindigkeit der Wanderung in der Elektrophorese. Kleinere Teilchen
wandern schneller als größere. Neben der Größe spielt auch die Form eine
gewisse Rolle.
Die Größe
Kleinere Teilchen
wandern schneller
als größere: Am
Ende der Elektrophorese ist das
kleinere Teilchen
weiter gewandert.
Völlig verschiedene Stoffe können in der Elektrophorese gleich schnell wandern:
Da sowohl die Ladung als auch die Größe eines Stoffes Einfluss auf die
Wanderungsgeschwindigkeit haben, kann man bei zwei gleich schnell wandernden
Stoffen nicht sicher sagen kann, ob sie einander sehr ähnlich sind, oder ob sie sich in
Sachen Größe und Ladung stark aber gegenläufig unterscheiden. So kann z.B ein
großer stark geladener Stoff genauso schnell wandern wie ein kleiner schwächer
geladener.
Idente Wanderung unterschiedlicher Stoffe
Das obere Teilchen ist zwar kleiner, dafür ist das untere stärker geladen: beide
wandern gleich schnell.
Prinzip der Serumeiweiß-Elektrophorese (=Serumprotein Elektrophorese)
Bei der Serumeiweiß-Elektrophorese versucht man, die verschiedenen Eiweißstoffe
(Proteine) der Blutflüssigkeit durch ein elektrisches Feld aufzutrennen.
Die Proteine müssen dazu elektrisch geladen sein
Damit eine Auftrennung funktioniert, muss man dafür sorgen, dass alle Proteine im
geladenen Zustand vorliegen. Das ist nicht selbstverständlich. In einer wässrigen Lösung
können Proteine nämlich positiv, negativ oder gar nicht geladen sein. Das hängt davon
ab, wie der pH-Wert der Lösung ist, d.h. wie viele H-Ionen in der Lösung sind, oder noch
anders ausgedrückt, wie stark sauer oder basisch die Lösung ist.
H-Ionen sind positiv geladene Teilchen, sie stellen den Säuregehalt einer Flüssigkeit dar.
Ungeladenes Protein
Dieser Eiweißstoff ist in der Summe ungeladen.
Er hat zwar zwei negativ geladene Gruppen
(COO-), aber durch Anlagerung von 2 positiven
H-Ionen besitzt er auch zwei positiv geladene
Gruppen (NH3+). Dies ist für die
Elektrophorese ungünstig, weil das Protein so
nicht wandern würde.
Negativ geladenes Protein
Bringt man das oben abgebildete Protein in
eine Lösung, in der H-Ionen knapper sind (=
der pH höher ist), dann gibt das Protein seine
H-Ionen ab und wird in Summe negativ
geladen (unteres Bild). Es würde in der
Elektrophorese zum Plus-Pol wandern.
Der pH der Lösung muss im alkalischen Bereich liegen
Die obigen Bilder verdeutlichen, was man tun kann, damit eine Elektrophorese von
Proteinen gelingt: man sorgt dafür, dass die Lösung, in der die Proteine gelöst sind und
in der sie wandern sollen, relativ knapp an H-Ionen ist. Chemisch ausgedrückt: die
Lösung muss einen alkalischen pH-Wert aufweisen. Dann verlieren die Proteine ihre HIonen, sind daher negativ geladen und wandern in der Elektrophorese einheitlich zum
Plus-Pol.
Das in alkalischer
Lösung negativ
geladene Protein
wandert unter dem
Einfluss des
elektrischen Feldes
zum Plus-Pol.
Der Elektrophorese-Puffer
Die Trennung von Proteinen wird bei der Elektrophorese also in einer Lösung
(Flüssigkeit) durchgeführt, die einen alkalischen pH haben muss. Und dieser pH darf sich
während der Elektrophorese auch nicht ändern. In der Chemie nennt man Lösungen, die
einen bestimmten pH besitzen, und anderen Einflüssen zum Trotz auch beibehalten also
"puffern" können, Puffer. Daher bezeichnet man die Flüssigkeit, in der die Wanderung
bei der Elektrophorese abläuft, auch meist als Puffer.
Die Trennung der Proteine
Hat man erreicht, dass die Proteine im elektrischen Feld wandern, dann werden sie auch
automatisch getrennt, weil sie ja unterschiedlich schnell wandern.
Das Serum wird in der Nähe des Minus-Pols aufgetragen. Spannung wird angelegt.
Die verschiedenen Proteine wandern unterschiedlich schnell. Nach Ende der
Elektrophorese sind verschiedene Proteingruppen voneinander getrennt.
Die Abbildung ist nur ein vereinfachtes Schema. Sie verdeutlicht aber, dass die
verschiedenen, nach der Elektrophorese sichtbaren Proteingruppen aus
unterschiedlichen Proteinen bestehen. Anders ausgedrückt, man trennt mit der
Serumeiweiß-Elektrophorese die Vielzahl der Proteine des Serums in wenige, meist 5
bis 7 Gruppen auf.
3. Die freie Elektrophorese
Die sog. freie oder auch trägerfreie Elektrophorese (Flüssigkeiten ohne Trägermaterial)
hat für die Labormedizin nur mehr historische Bedeutung. Die ersten von Tiselius
eingeführten Elektrophorese-Apparate gehörten zur Gruppe der freien Elektrophoresen.
Die freie Elektrophorese nach
Tiselius
Bei der freien Elektrophorese wird
Serum in ein gläsernes U-Rohr
gegeben und auf beiden Seiten mit
Puffer überschichtet. Elektroden
werden in die U-Rohrschenkel
eingebracht und Spannung
angelegt. Aus dem Serum
wandern jetzt die Proteine ihrer
Ladung entsprechend in den Puffer
hinein. Diese Wanderung lässt sich
mit einem durch das Glasrohr
durchtretenden Lichtstrahl
beobachten (Proteine verändern
die Lichtbrechung).
4. Die Träger-Elektrophorese
Die freie Elektrophorese war aufwändig und zeigte verschiedene Nachteile. Schon bald
versuchte man daher, geeignetere Methoden zu finden. Man begann, die Trennung der
Proteine nicht in der freien Pufferflüssigkeit durchzuführen, sondern man tränkte ein
Trägermaterial mit dem Puffer und führte die Trennung auf diesem Trägermaterial durch.
Zu Beginn verwendete man dafür Papier (Papier-Elektrophorese). Papier hat aber für die
Eiweißtrennung einige ungünstige Eigenschaften und man entwickelte daher spezielle
Trägermaterialien, die diese Nachteile nicht oder geringer aufwiesen. In der Routine
durchgesetzt haben sich vor allem zwei Materialien:
•
Cellulose-Azetat (Cellulose-Azetat-Elektrophorese, CAE)
•
Agarose-Gel (Agarose-Gel-Elektrophorese, AGE)
4a. Die Cellulose-Azetat-Folien-Elektrophorese (CAE)
Bei der CAE erfolgt die Auftrennung der Proteine auf einer Cellulose-Azetat-Folie.
Cellulose-Azetat-Folien sind weiße, im trockenen Zustand spröd-brüchige, etwa
papierdicke Folien.
Streifen einer Cellulose-AzetatFolie (weiß, man sieht hier nichts!)
Elektronenmikroskopische DetailAufnahme
Die Abbildung zeigt das grobe
Geflecht der Zellulose und die relativ
großen Zwischenräume. Diese sind
weit größer als die Proteine und
lassen diese daher praktisch
ungehindert durchwandern.
Durchführung der CA-Elektrophorese
•
•
Ein Puffer-getränkter Zellulose-Azetat-Träger wird so in den ElektrophoreseApparat eingelegt, dass beide Enden der Folie in den Puffer eintauchen.
Die Probe wird mit einem Auftragsstempel auf die Folie aufgetragen.
Allerdings nicht in der Mitte der Folie sondern versetzt Richtung Minus-Pol (Kathode), weil
die Proteine ja in Richtung Plus-Pol (Anode) wandern werden.
•
•
Die beiden Pole (Kathode und Anode) des Elektrophorese-Apparates tauchen
ebenfalls in den Puffer ein.
Der Elektrophorese-Apparat wird dann an das Netzgerät (d.h. den Strom)
angeschlossen.
Typische Trennungsbedingungen (können von Gerät zu Gerät variieren):
Die Auftrennung der Proteine erfolgt bei einer konstanten Spannung von 200 - 250 V. Die
Laufzeit beträgt ca. 20 Minuten. Die Pufferlösung hat einen pH-Wert von 8.2 bis 8.6, ist also im
alkalischen Bereich.
Färbung der Proteine
Nach der Auftrennung wird die Cellulose-Azetat-Folie aus dem Elektrophorese-Apparat
genommen und mit einem Proteinfarbstoff (z.b. Ponceau-Rot) gefärbt. Danach wird der
nicht an Protein gebundene, überschüssige Farbstoff in sog. Entfärbebädern
ausgewaschen.
Jetzt zeigt sich die unterschiedliche Anfärbung der einzelnen, aufgetrennten Proteine.
Man erkennt verschiedene Proteingruppen.
So sieht eine
gefärbte
SerumeiweißElektrophorese
auf CelluloseAzetat aus.
Rechts die
Proteine, die
am schnellsten
und daher am
weitesten
gewandert sind.
Für die weitere
Besprechung
drehen wir die
Folie um. Dies
hat einen
einzigen Grund:
diese
Darstellung hat
sich
eingebürgert.
Auf den ersten Blick erkennt man verschiedene Gruppen von Proteinen, man spricht
auch von Protein-Fraktionen.
Abtrennung der
wichtigsten
Protein-Fraktionen
Die größte Fraktion (links) ist das Albumin. Den anderen, die zur Proteingruppe der
Globuline gehören, gab man der Reihenfolge nach griechische Buchstaben. Man spricht
daher vom Alpha-1-Globulin, Alpha-2-Globulin, Beta-Globulin und Gamma-Globulin.
Bestimmung des Anteils der einzelnen Fraktionen
Da die Vermehrung oder Verminderung der einzelnen Fraktionen von medizinischer
Bedeutung sein kann, ist es notwendig, den Anteil der einzelnen Fraktionen zu
bestimmen, das heißt, die einzelnen Fraktionen zu quantifizieren.
Dazu gibt es verschiedene Verfahren. Meist wird die Folie, nachdem sie durch spezielle
Chemikalien transparent (durchsichtig) gemacht wurde, in einer Art Photometer
abgetastet. Dadurch entsteht aus der verschieden stark gefärbten Folie eine Kurve. Mit
Computern ist es dann kein Problem, die Fläche unter der Kurve für die einzelnen
Fraktionen zu berechnen und damit ihren Anteil zu bestimmen.
Die Elektrophoresekurve
Durch Abtasten der transparent
gemachten Folie in einem Photometer
oder einem Scanner entsteht aus den
Unterschieden der Färbeintensität in
der Folie eine Kurve - die
Elektrophoresekurve. Früher wurde
die Fläche unter der Kurve mit
Millimeterpapier bestimmt, heute
übernehmen das Computer. Die
Ergebnisse werden zuerst einmal als
Anteil am Gesamtprotein angegeben.
Beta-Globulin 10 % hieße z.B., dass
die Beta-Globulin Fraktion 10 % des
Gesamtproteins ausmacht. Kennt
man die Konzentration des
Gesamtproteins im Blut (z.B. 60 g/l)
kann man auch die absolute
Konzentration der Beta-GlobulinFraktion berechnen (das ergäbe 6 g/l)
Viele Proteine bilden eine Fraktion
Wie bei der Prinzipdarstellung schon kurz erwähnt, muss man sich bewusst sein, dass
die Fraktionen keine einzelnen Proteine sind, sondern dass in einer Gruppe viele
verschiedene Proteine enthalten sind. Anfangs wusste man nicht, welche Proteine sich in
einer Fraktion befinden, ja man kannte diese Proteine zum Teil noch gar nicht. Heute
kennt man die wichtigsten Proteine, die die einzelnen Fraktionen bilden.
Welche Eiweißstoffe befinden sich in den einzelnen Fraktionen?
Im Serum findet sich eine enorme Zahl zu gutem Teil noch unbekannter Proteine, sodass
in jeder Fraktion der Elektrophorese hunderte, ja vielleicht tausende Eiweißstoffe
enthalten sind. Die meisten liegen aber in so geringer Konzentration vor, dass sie zum
Entstehen der Elektrophoresekurve praktisch nichts beitragen. Die Hauptbestandteile der
jeweiligen Fraktionen kennt man heute und viele dieser Proteine tragen in ihrem Namen
den Buchstaben derjenigen Fraktion, in der man sie gefunden hat.
•
Albuminfraktion: Wie der Name sagt, dominiert in der Albuminfraktion das
o Albumin,
das den größten Teil des Eiweißes im Serum ausmacht
•
Alpha-1-Fraktion (Alpha-1-Globulin):
o alpha-1-Lipoprotein (HDL)
o alpha-1-Glykoprotein (=Orosomukoid)
o alpha-1-Antitrypsin
•
Alpha-2-Fraktion (Alpha-2-Globulin):
o Alpha-2-Makroglobulin
o Coeruloplasmin
o Haptoglobin
•
Alpha-2-Fraktion bzw. Übergang von Alpha-2 zu Beta:
o prä-Beta-Lipoprotein (VLDL/Triglyzeride)
•
Beta-Fraktion (Beta-Globulin):
o Hämopexin
o Transferrin
o Beta-Lipoprotein (LDL)
o Komplement
•
Am Übergang von Beta zu Gamma:
o Antikörper der Klasse IgA
o Fibrinogen (nur bei der Plasmaeiweiß-Elektrophorese)
•
Gamma-Fraktion (Gamma-Globuline):
o Antikörper der Klasse IgG und IgM
Anmerkungen:
•
Die beschriebene Auftrennung und das Vorkommen der Proteine in bestimmten
Fraktionen ist nicht für alle Elektrophorese-Methoden gleich.
•
Bei Vermehrungen einzelner Proteine können zusätzliche Gipfel in der
Elektrophoresekurve vorkommen. Das können harmlose Veränderungen sein. So können
Medikamente oder erbliche Besonderheiten können zu einem geteilten Albumingipfel
führen. Auch ein erhöhtes Cholesterin kann die Elektrophorese verändern. Zusätzliche
Gipfel können aber auch durch eine abnorme Vermehrung von Antikörpern verursacht
sein, die von entarteten weißen Blutkörperchen produziert werden (MGUS, Lymphom,
Plasmozytom).
4b. Die Agarose-Gel-Elektrophorese (AGE)
Eine andere Art von Trägermaterial ist das sog. Agarose-Gel. Man darf sich unter dem
Gel keinen Creme-artigen Stoff vorstellen. Gele ähneln in ihrer Beschaffenheit eher
einem Gelee ("Tortenguss"). Gele für die Elektrophorese kann man zwar selbst
herstellen, im Routinelabor greift man aber meist auf fertige, Puffer-getränkte Gele
zurück.
Aufgrund des Aufbaus des Gels bildet sich ein großporiges Maschenwerk, das Proteine
praktisch ungehindert durchwandern können. Die Wanderung der Proteine führt daher
nur zu minimalen Bandenverzerrungen, was eine hohe Trennschärfe ermöglicht.
Agarose-Gel
Das durchsichtige und
daher kaum sichtbare
Gel befindet auf einer
Kunststoffunterlage die
sich wieder in einer
Kunststoffschablone
befindet. Das Gel enthält
bereits die Pufferlösung.
Es muss vor der
Verwendung luftdicht
verschlossen bleiben,
sonst würde es
austrocknen.
Die Durchführung ist vergleichbar mit dem Prinzip der oben beschriebenen CelluloseAzetat-Folien-Elektrophorese.
Agarose-Gel im
Automaten
Hier liegt das
Agarose-Gel
bereits im
ElektrophoreseAutomaten. Die
stabförmigen
Elektroden liegen
dem Gel auf
beiden Seiten auf.
Über sie wird der
Strom zugeführt.
Auf diesem Gel
können
gleichzeitig bis zu
60Serumei-weißElektro-phoresen
durchgeführt
werden.
Auftragen der
Proben
Mit kammartigen
Stempeln, die
vorher in die
Serumproben
getaucht werden,
werden bis zu 60
Serumproben
gleichzeitig
automatisch auf
das Gel
aufgetragen.
Nach dem Auftragen der Proben kann die Spannung angelegt werden und die
Elektrophorese beginnt. Nach Ende der elektrophoretischen Auftrennung wird das
Protein auf der Agarose-Gel-Folie in Färbebädern fixiert und gefärbt. Anschließend wird
der überschüssige Farbstoff in Entfärbebädern entfernt.
Das Resultat ist eine transparente Folie, auf der die Proteine blau gefärbt sind.
Hier sind die Ergebnisse der Agarose-Gel Serumeiweiß-Elektrophorese von 20 Proben
dargestellt.
Betrachtet man eine Spur näher, dann sieht man, dass die Ergebnisse sehr ähnlich
denen der Cellulose-Azetat-Folien-Elektrophorese sind.
Agarose-GelElektrophorese
Auch hier wandert
Albumin (ganz rechts)
am schnellsten und es
zeigen sich 5 deutliche
Fraktionen.
Da die Folie bereits transparent ist, erspart man sich das Transparentmachen und kann
die Folie gleich in einem Computer-Scanner oder einem Photometer auswerten. Es
entsteht dann eine Elektrophoresekurve, wie schon weiter oben bei der Cellulose-AzetatElektrophorese beschrieben.
Agarose-Gel-Elektrophoresen sind auch gut geeignet für spezielle Anwendungen wie die
z.B. Auftrennung von Lipoproteinen oder DNA.
5. Der elektro-osmotische Fluss (EOF)
Um die Verständlichkeit zu verbessern, wurde bei der bisherigen Betrachtung der
Elektrophorese auf die theoretisch-physikalischen Grundlagen kaum eingegangen. Viele
Details würden für eine Übersicht auch zu weit führen und sind für ein Verständnis der
Elektrophorese entbehrlich.
Ein Phänomen der Elektrophorese ist aber zum Verständnis moderner ElektrophoreseTechniken wichtig und das ist der sog elektro-osmotische Fluss (EOF).
Andere Bezeichnungen sind Elektro-Endosmose oder auch nur Endosmose.
Was ist der EOF?
Der EOF ist ein Effekt, der bei der Träger-Elektrophorese auftritt. Es ist ein Fluss von
positiv geladenen Teilchen (Kationen) in Richtung Minus-Pol (Kathode). Diese Teilchen
nehmen dann auch Wasser mit. Es entsteht daher ein Fluss, eine Strömung, in Richtung
Minus-Pol.
Warum entsteht der EOF?
Dass positiv geladene Teilchen zum Minus-Pol wandern, ist keine Überraschung. Aber
warum entstehen in einer elektrisch neutralen Pufferlösung überhaupt Anhäufungen von
positiv geladenen Teilchen? Das hat mit dem Trägermaterial zu tun. Verschiedene
Trägermaterialien binden negative Teilchen (Anionen) aus dem Puffer. Diese negativen
Ladungen sind dann am Trägermaterial fixiert. In dem Puffer entstehen daraufhin Wolken
überschüssiger positiver Ladungen. Die sind aber nicht fixiert. Und wenn man im
Rahmen der Elektrophorese Spannung anlegt, wandern diese positiven Ladungen
natürlich zum Minus-Pol. Dabei nehmen sie Wasser mit. Der elektro-osmotische Fluss
entsteht.
Der Fluss ist der Wanderung der Proteine entgegengesetzt
Die in dem alkalischen Puffer negativ geladenen Proteine wandern zum Plus-Pol, der
EOF aber zum Minus-Pol.
Der elektro-osmotische Fluss (EOF)
Durch eine Wechselwirkung zwischen Puffer und Oberfläche des Trägermaterials (z.B.
Agarose) sind im Puffer Wolken von frei beweglichen positiven Ladungen. Diese bewegen sich
beim Anlegen der Spannung in Richtung Minus-Pol.
Die positiven
Teilchen im Puffer
verursachen einen
Fluss in Richtung
Minus-Pol, den
EOF
1. Beginn einer
ProteinElektrophorese.
Die Probe wurde
aufgetragen. Die
Proteine wandern
gegen den EOF
in Richtung PlusPol. Zumindest
wollen sie
Richtung Plus-Pol
wandern.
Anmerkung: in dem Schema sind nur einige Eiweißstoffe als Beispiele dargestellt.
2. Ende der
ProteinElektrophorese
Durch die Wirkung
des EOF sind die
am schwächsten
Richtung Plus-Pol
wandernden
Proteine (grüne
Kugeln) nicht in
Richtung Plussondern in
Richtung Minuspol
verschoben.
Dies passiert auch
in der Realität: die
Gammaglobuline
werden bei der
Elektrophorese
auf Agarose-Gel
durch den EOF
Richtung MinusPol getragen.
Der EOF erhöht die Leistungsfähigkeit der Elektrophorese
Man könnte meinen, der EOF sei ein Störfaktor bei der Elektrophorese. Außer bei
speziellen Anwendungen trifft dies aber nicht zu. In den meisten Fällen und auch bei der
Agarose-Gel-Elektrophorese von Proteinen führt der EOF zu einer besseren Auftrennung
der einzelnen Stoffe.
Vielleicht wird das durch einen Vergleich aus dem Schwimmsport verständlicher: Möchten sie auf
einer nur 5 Meter langen Bahn herausfinden, wer von zwei Schwimmern der schnellere ist, wird
das sehr schwierig. Zufällige Einflüsse können sehr leicht das Ergebnis verfälschen. Haben sie
aber eine Gegenstromanlage, wird sich auch auf einer nur 5 Meter langen Strecke der bessere
Schwimmer vom schlechteren unterscheiden.
6. Die Kapillar-Elektrophorese
Die neueste Variante der Elektrophorese ist die Kapillar-Elektrophorese, auch KapillarZonen-Elektrophorese (KZE) genannt. Wie der Name andeutet, findet dabei die
elektrophoretische Trennung in einer Kapillare, also in einem sehr dünnen Röhrchen
statt.
Das folgende Schema zeigt den Aufbau.
Schema der KapillarElektrophorese
Die Auftrennung der Stoffe
findet in einer dünnen
Kapillare statt (1/100 bis
1/10 mm
Innendurchmesser, 20 bis
200 cm lang)
Wie bringt man die Probe hinein?
Das geschieht, indem man kurzzeitig den linken Pufferbehälter durch das Probengefäß
ersetzt und dann ein wenig Probe z.B. durch Ausübung von Druck oder durch einen
Stromstoß in die Kapillare bringt.
Es gibt für die Probenaufgabe verschiedenste Verfahren. Jedes hat Vor- und Nachteile.
Wie wird die Kurve aufgezeichnet?
Der Detektor zeichnet vorbeifließende Stoffe auf, weil diese eine Schwächung des
einfallenden Lichts verursachen. Für die Protein-Elektrophorese werden meist UVLichtquellen und UV-Detektoren verwendet.
Der Ablauf einer Auftrennung mittels Kapillar-Elektrophorese ist in der folgenden
Abildung dargestellt:
Ablauf der Kapillarelektrophorese
Die Proteine wandern Richtung Minus-Pol
Die Anordnung der Pole in den obigen Abbildungen ist kein Irrtum. Bei der KapillarElektrophorese wandern die Proteine Richtung Minus-Pol, obwohl sie negativ geladen
sind.
Der Grund ist der bei der Kapillar-Elektrophorese übermächtige elektro-osmotische Fluss
(EOF). Der EOF geht Richtung Minus-Pol. Die Proteine wollen zwar Richtung Plus-Pol
wandern, der EOF reißt sie aber zum Minus-Pol mit.
Gamma-Globuline kommen als erste zum Detektor
Auch dies ist für die Protein-Elektrophorese ungewöhnlich, bei der man GammaGlobuline als langsame, nur gering wandernde Fraktion kennt. Aber gerade deswegen
kommen die Gamma-Globuline bei der Kapillar-Elektrophorese als erste zum Detektor.
Weil sie dem EOF am wenigsten Widerstand entgegensetzen.
Wo liegen die Vorteile der Kapillar-Elektrophorese?
•
Da man die Kapillaren gut kühlen kann, läuft die Elektrophorese schneller.
Proteintrennungen dauern nur wenige Minuten.
Dies muss man näher erklären: Elektrophoresen laufen schneller, wenn man höhere
Spannungen anlegt. Höhere Spannungen führen aber auch zu stärkerem Stromfluss und
zum Entstehen von Wärme. Und Wärme hat verschiedene negative Einflüsse auf die
Elektrophorese. Die Kapillaren bei der Kapillar-Elektrophorese lassen sich aus technischmechanischen Gründen viel leichter kühlen als ein Agarose-Gel oder eine ZelluloseAzetat-Folie. Daher kann man bei der Kapillar-Elektrophorese viel höhere Spannungen
einsetzen (z.B. 25000 Volt) und die Auftrennung ist dadurch schneller fertig.
•
Die Methode ist gut automatisierbar.
Das Vorbereiten der Serumproben und das Hantieren mit Folien oder Gelen bei den
Träger-Elektrophoresen erfordert einen relativ hohen manuellen oder mechanischen
Aufwand. Bei der Kapillar-Elektrophorese ist dies einfacher.
•
Geringe Probenmengen notwendig
Bei der Kapillar-Elektrophorese braucht man nur extrem kleine Probenmengen (1-50 nl).
Diese Eigenschaft kommt eher Spezialanwendungen zugute, für medizinische
Anwendungen ist das kein großer Vorteil, da auch die anderen Elektrophorese-Techniken
nicht viel Probe brauchen.
7. Beispiele von Serumeiweiß-Elektrophoresen
Normale Elektrophorese
Es dominiert die Albuminfraktion (ca. 60%). Die Alpha-1-Globuline machen etwa 4% aus,
die Alpha-2-Globuline 8%, die Beta-Globuline 12% und die Gamma-Globuline 16%.
(Merkhilfe für Globuline 4-8-12-16).
Diese Werte gelten für die Cellulose-Azetat-Folien-Elektrophorese bei Färbung mit
Ponceau-Rot, bei anderen Färbungen oder anderen Elektrophoresen gelten etwas
andere Werte (Ursache: Nicht alle Techniken trennen die Fraktionen genau gleich und
nicht alle Farbstoffe färben alle Proteine gleich stark an).
Akute Entzündung
Die Alpha-1- und die Alpha-2-Globuline sind im Vergleich zur normalen Kurve (grün)
deutlich erhöht.
Das kann bei jeder Art von akuter Entzündung vorkommen, besonders bei Bakterienverursachter Entzündung (z.B. Nierenentzündung, Lungenentzündung, Rotlauf).
Allerdings dauert es 2-3 Tage bis die Alpha-Globuline deutlich erhöht sind.
Virus-verursachte Entzündungen zeigen geringere Veränderungen.
Auch nicht-infektiöse Entzündungen (z.B. Verbrennungen, Herzinfarkt) können dieses
Bild zeigen.
Paraproteinämie
Entartete weiße Blutkörperchen können ein Protein (Paraprotein) bilden, das in der
Elektrophorese als Zacke auffällt. Das Protein entsteht aus einer einzigen, bestimmten
Linie von Zellen, einem Zell-Klon. Man nennt es auch M-Protein und die Zacke der Kurve
M-Gradient, wobei das M für monoklonal steht ("1 Klon").
Am häufigsten kommt ein Paraprotein beim sog. MGUS vor, ein Zustand, der an sich
keine Krankheit ist, aber in etwa 1% der Fälle pro Jahr in eine bösartige Erkrankung
übergeht.
Paraproteine kommen vor bei Lymphomen (Krebs der Lymphozyten in Lymphknoten
und/oder Blut) und beim Plasmozytom (Krebs der Plasmazellen; meist im Knochenmark).
Beta-Gamma-Typ
Vom Beta-Gamma-Typ spricht man, wenn der Beta-Gipfel ohne klare Abtrennung in den
Gamma-Bereich übergeht. Der Beta-Gamma-Typ findet sich bei Leberzirrhose
verschiedener Ursache.
Verursacht wird dies durch die Erhöhung der Immunglobuline. IgG, IgA und ev. IgM sind
erhöht. IgA sind besonders bei der durch Alkohol oder andere Gifte verursachten
Zirrhose erhöht. Und gerade die IgA-Erhöhung trägt zum Beta-Gamma-Typ bei, da die
IgA bei der Elektrophorese im Übergangsbereich zwischen Beta und Gamma liegen.
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