Elektrophorese - TCI @ Uni

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Vorlesungs-Skript zu „Instrumentelle Methoden“
PD Dr. Cornelia Kasper
(Stand SoSe 2009)
Elektrophoretische Methoden
Teil 1: Gelelektrophorese
Theoretische Grundlagen
Allgemein versteht man unter Elektrophorese die Wanderung geladener Teilchen in einem
elektrischen Feld einer Lösung oder einer Trägermatrix. Die Wanderungsgeschwindigkeit
einzelner Teilchen hängt von ihrer spezifischen elektrophoretischen Beweglichkeit (Mobilität)
ab. Diese wird durch die unterschiedlichen oberflächlichen Ladungen und der Molekülgröße
bestimmt. Ein Substanzgemisch wird dabei in einzelne Zonen aufgetrennt.
Elektrophoretische Beweglichkeit
Die beschleunigende Kraft Fe =q*E und die bremsend wirkende Reibungskraft Ffr = fc*v
liegen im Gleichgewicht, sodass sich Teilchen mit einer konstanten Geschwindigkeit v im
v=
Feld bewegen.
q⋅E
= u⋅E
fc
Der Proportionalitätsfaktor u ist die substanzspezifische Größe, genannt Mobilität.
q: Ladung
fc: Reibungskoeffizient
E: elektrische Feldstärke
Elektroosmotischer Fluß (EOF)
Bei vielen Materialien bildet sich (z.B. an den Wänden einer Silica-Kapillare) eine
Doppelschicht aus, wodurch der Fluß des Lösungsmittels bei Anlegen einer elektrischen
Spannung
in
Richtung
der
Kathode
gebracht
wird.
Dies
bezeichnet
man
als
Elektroosmotischen Fluß (EOF). Die Geschwindigkeit des EOF ist abhängig vom ζ-Potential
(Potential in der Scherebene, Grenzfläche zwischen starrer und diffuser Doppelschicht).
Elektrophorese
und
Elektroosmose
überlagern
sich,
wobei
der
EOF
häufig
der
elektrophoretischen Migration übergeordnet ist.
Kationen haben erhöhte Geschwindigkeit in Richtung der Kathode. Neutrale Moleküle
werden durch den EOF überhaupt in Bewegung gesetzt.
Bei basischem pH Æ EOF höher als Wanderungsgeschwindigkeit der Ionen Æ Auch
Anionen werden durch den EOF zur Kathode transportiert
Elektroendosmose
In der Gelelektrophorese tritt die Elektroendosmose auf. Aufgrund fixierter Ladungen an der
Matrixoberfläche entsteht im elektrischen Feld ein, der Elektrophoreserichtung entgegen
gesetzter osmotischer Fluß. Verzerrungen und Verdünnungen der Zonen sind die Folge.
Elektrophorese kann in Lösung und in stabilisierenden Matrices durchgeführt werden. Es
werden hauptsächlich drei Methoden angewandt:
•
Zonenelektrophorese
•
diskontinuierliche Elektrophorese (Disk-Elektr.)
•
isoelektrische Focussierung
Zonenelektrophorese
Bei meist basischem Puffer wandern die geladenen Teilchen (meist negativ geladen) mit
unterschiedlichen Wanderungsgeschwindigkeiten in Richtung Anode. Die Auftrennung ist
abhängig von Ladung, Größe und Form der Teilchen. Die Ladung wird durch den pH-Wert
des Puffers beeinflusst. Je nach Größe und Masse verbleiben die Moleküle in bestimmten
Zonen im Gel. Durch einen ebenfalls im Gel wandernden Molekülmarker kann die Molmasse
der Proteine bestimmt werden.
Molekülgrößen
können
durch
Porengradientengele
bestimmt
werden.
Durch
eine
kontinuierliche Veränderung der Monomerkonzentration der Polymerisationslösung erhält
man nach dem Gießen der Gele eine Matrix mit steigendem Vernetzungsgrad. Die Proteine
bleiben im stets enger werdenden Netz je nach Größe stecken.
DISK-Elektrophorese
Durch Kombination verschiedener Puffer miteinander verhindert man die Aggregation der
Proteine und erhält schärfere Banden. Die Gelmatrix wird in ein weitmaschiges Sammelgel
und ein engporiges Trenngel unterteilt. Bei dem Tris-Chlorid/ Tris-Glycin System hat das
Sammelgel einen pH-Wert von 6,8 und das Trenngel einen pH von 8,8. Glycin hat auf Grund
des pH-Wertes eine niedrige elektrophoretische Mobilität und fungiert als Folge-Ion, Chlorid
hat eine hohe Mobilität und dient als Leit-Ion. Die Mobilitäten der aufzutrennenden Proteine
liegen zwischen denen der Leit- und Folge-Ionen. Nach Anlegen eines elektrischen Feldes
setzt die Isotachophorese ein. Dabei wandern alle Ionen mit der gleichen Geschwindigkeit
und bilden einen Proteinstapel in Reihenfolge ihrer Mobilitäten. Vorteil des Stapeleffekts ist
eine Vermeidung des Aggregierens der Proteine durch langsame Wanderung. Eine
Aufkonzentrierung erfolgt vor Eintritt in das Trenngel. Nach Eintritt in das Trenngel lösen sich
die Stapel auf und es erfolgt nach dem Zonenprinzip eine Auftrennung.
SDS-Polyacrylamid-Elektrophorese
SDS (Sodiumdodecylsulfate) ist ein anionisches Detergenz, das die Eigenladung von
Proteinen überdecken kann. Die Folge ist eine hohe Auflösung die mit der diskontinuierlichen
Elektrophorese erreicht werden kann.
Durch den Einsatz von SDS entstehen Micellen mit einheitlicher negativer Ladung. Bei der
Probenvorbereitung werden die Proteine im Überschuß mit SDS, sowie mit Mercaptoethanol
oder DTT versetzt und auf 95 °C erhitzt. Die Tertiär und Sekundärstrukturen sowie die
Schwefelbrücken werden aufgebrochen und das Molekül gestreckt.
Die diskontinuierliche SDS-haltige Elektrophorese nach Lämmli ist die standardmäßig
durchgeführte Elektrophorese.
Isoelektrische Focussierung
Um die Ladung eines Proteins zu bestimmen wird eine isoelektrische Focussierung
durchgeführt. Dabei wandert ein Protein durch einen pH-Gradienten bis es an den pH-Wert
gelangt an dem seine Nettoladung gleich Null ist. Dies ist der isoelektrische Punkt, der die
Summe aller positiven und negativen Ladungen des Proteins ist. Da die Proteine an dieser
Stelle keine Ladung mehr besitzen können sie auch nicht mehr wandern. Die Focussierung
ist eine so genannte Endpunktmethode. Bei einer normalen Elektrophorese würden alle
Proteine bei ausreichend langer Laufzeit das Gel passieren und „auslaufen“. Die
Elektrophorese ist zeitlich begrenzt.
Zweidimensionale Elektrophorese
Leistungsstärkste analytische Methode zur Trennung von Proteingemischen mit tausenden
von Einzelproteinen und Peptiden ist die 2D-PAGE. Der Unterschied zur eindimensionalen
Elektrophorese besteht in der Auftrennung einer Probe nach zwei unterschiedlichen
Parametern, der Ladung (pI) und der Masse.
Dazu werden im ersten Schritt die Proteine auf schmalen Gradienten-Gelstreifen einer
isoelektrischen Focussierung unterzogen und somit nach den pI-Werten getrennt. Im zweiten
schritt erfolgt eine Trennung nach Masse über eine SDS-PAGE. Dazu wird das focussierte
Streifengel im rechten Winkel auf ein PAGE-Gel gelegt und die Elektrophorese somit in einer
zweiten Dimension durchgeführt. Als Ergebnis erhält man nach der Färbung ein Gel mit
Punkten und nicht wie sonst üblich mit Banden.
Teil 2: Kapillarelektrophorese
Schematischer Aufbau einer Kapillarelektrophorese
Puffergefäße
Kapillare (Länge: 5-100 cm; Innendurchmesser: 20 – 200 µm)
Detektor (z. B. Absorptionsdetektor, Laserinduzierte Fluoreszenz (LIF), Massenspektrometer)
Spannungsquelle (Anlegen konstanter Spannung (in kV) oder Stromstärke (in µA))
Zwei Elektroden (Anode (der positive Pol) und Kathode (der negative Pol); Stromfluss im
normalen Modus: In Richtung der Kathode)
Trennmechanismen der Kapillarelektrophorese
Injektion der Probe an der Anode Æ Wanderung zur Kathode
Injektionsmethoden:
Hydrodynamische
Injektion
(Vakuum,
Druck,
Gravitationskraft);
Elektrokinetische Injektion
Detektion der Probe am Kapillarfenster
Trennung
der
Ionen
aufgrund
verschiedener
elektrophoretischen
Mobilitäten
(unterschiedlichen Verhältnissen von Masse zu Ladung der jeweiligen Moleküle).
Positiv
geladene
Ionen
wandern
am
schnellsten,
neutrale
wandern
mit
dem
elektroosmotischen Fluss (EOF) und trennen sich kaum, anionische wandern am
langsamsten.
Negative Ionen werden durch den EOF zu Kathode transportiert.
Begriffserklärung „Elektroosmotischer Fluss“
Silanol-Gruppen an der der Oberfläche der Kapillarinnenseite sind aufgrund ihrer
Dissoziation negativ geladen.
Puffermoleküle fungieren als Gegenionen und erzeugen diffuse Doppelschicht.
Diffuse Doppelschicht
Siehe auch Teil 1.
Kapillarzonenelektrophorese (CZE)
Trennung nach Unterschied in Größe und Ladung
Zunächst wird die Probe (AB) in die Kapillare injiziert
Unter Einfluss des elektrischen Feldes wird die Probe
in diskrete Zonen (A und B) unterteilt, die ihrerseits
Analyten mit der gleichen elektrophoretische Mobilität
enthalten
Puffer,
pH-Wert,
elektrische
Feldstärke
bleiben
konstant
Kapillaraffinitätelektrophorese (CAE)
Untersuchung von Wechselwirkungen zwischen
einem Rezeptor und Liganden
Bestimmung
von
Bindungskonstanten
und
-
stöchiometrie
Unterschied in der Mobilität zwischen Protein und
dem gebildeten Komplex
Ligand trägt eine Ladung
Molekulargewicht des Komplexes unterscheidet
sich wesentlich von der des Proteins
Micellarelektrokinetische Chromatographie
Hybridtechnik
aus
Elektrophorese
und
Chromatographie
Zusatz von Micellenbildnern (Detergenzien) zum
Puffersystem
Æ
pseudostationäre
Phase
aus
geladenen Micellen
Trennung basierend auf Verteilung der Analyte
zwischen Lösung und Micelleninneren
Kapillargelelektrophorese
Trennung nach unterschiedlichen Masse/Ladungsverhältnissen
DNA-Moleküe und SDS-denaturierte Proteine besitzen bei unterschiedlichen Massen sehr
ähnliche Masse/ Ladungsverhältnissen.
Gelmedium bewirkt einen Siebeffekt und behindert die elektrophoretische Wanderung der
größeren Moleküle stärker als die der kleineren.
Quervernetzte Gele: Acrylamid, Bisacrylamid Æ definierte Porengröße, starre physikalische
Eigenschaften, begrenzte Lebensdauer
Lineare Gele: Meist Dextrane, Polyethylenglykole, loses Geflecht linearer Polymerketten
Vergleich mit klassischen Gelelektrophorese:
Vorteile
Nachteile
Kürzere Trennzeiten
Keine präparative Probensammlung
Online-Detektion
Keine parallele Trennung mehrerer Proben
Geringer Arbeits- und Geräteaufwand
Nicht zweidimensional durchführbar
Isoelektrische Fokussierung (CIEF)
Trennung der Analyten nach ihrem isoelektrischen Punkt
Injektion der Probe in einem Ampholytgemisch in die Kapillare
Eine starke Säure wird an der Anode platziert (Anolyt), eine starke Base dient als
Kathodenpuffer (Katholyt).
Anlegen der Spannung Æ pH-Gradient Æ Ampholyt-Ionen wandern entsprechend ihrem pI.
Bei pI = pH endet die elektrophoretische Wanderung.
Diffusion
E-Feld
Anode
+
+
Ladung des
Analytmoleküls
-
Verd.
H3PO4
i en
d
a
r
G
pH -
Kathode
t
Verd.
NaOH
pH = pI
Isotachophorese (ITP)
Trennung nach Größe und Ladung
Zwei Elektrolyte: Leitelektrolyt (LE) und Endelektrolyt
(TE)
Mobilität Leitelektrolyt > Mobilität aller Analyt-Ionen
Mobilität Endelektrolyt < Mobilität aller Analyt-Ionen
Anlegen
konstanten
Stroms
Æ
Bildung
eines
Feldstärkengradients
Probenaufgabe der Proben-Ionen (A, B) an der
Grenzfläche der beiden Elektrolyte
Feldstärkengradient
verhindert
Diffusion
scharfer
Zonengrenzen
Literatur:
•
F. Lottspeich/H. Zorbas, Bioanalytik
•
H.Engelhardt, W.Beck, T. Schmitt, Kapillarelektrophorese
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