Versuch 3: Elektrophorese

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VERSUCH 3: ELEKTROPHORESE
THEORETISCHE GRUNDLAGEN
ELEKTROLYTE, IONEN, ELEKTROLYSE
Elektrolyte sind Stoffe, deren Moleküle in einem Lösungsmittel zu Ionen dissoziieren können.
Eine Elektrolytlösung kann daher einen elektrischen Strom leiten. Taucht man Drähte oder
Platten ("Elektroden") aus Metall (z.B. Platin, Silber) in eine Elektrolytlösung ein, so fließt beim
Anlegen einer Gleichspannung U ein elektrischer Strom I. Dieser Ladungstransport kommt
dadurch zustande, dass in der wässrigen Lösung positive Ionen (Kationen) zur einen Elektrode
(Kathode), negative Ionen (Anionen) zur anderen Elektrode (Anode) wandern. Im Gegensatz
zu dieser "Ionenwanderung" besteht im Innern der Metallelektroden der Ladungstransport aus
einer Wanderung von Elektronen (e-). An der Grenzfläche Elektrode/Lösung findet also ein
Übergang von einem "elektronischen" zu einem "ionischen" Leitungsmechanismus statt. Dieser
ist mit einer chemischen Reaktion an den Elektroden ("Elektrolyse") verbunden.
Kathode: 2 H + (Lösung) + 2 e- (Metall) → H 2 (gasförmig)
Anode: 2 Cl − (Lösung) →
ELEKTRISCHES FELD;
ELEKTRISCHE
KRAFT;
2 e − (Metall) + Cl 2 (gasförmig)
ELEKTRISCHE
ARBEIT
UND
LEISTUNG
Legt man an zwei Elektroden im Abstand d eine Spannung U, so erzeugt diese in einer
Elektrolytlösung ein elektrisches Feld mit der elektrischen Feldstärke E
E=
U
d
Die elektrische Feldstärke E ist stets vom Pluspol zum Minuspol gerichtet. Auf eine positive
Ladung q wirkt dann eine elektrische Kraft FE
FE = qE
in Richtung der Feldstärke, so dass sich ein positiv geladenes Teilchen in Richtung der Kathode
bewegt. Ein negativ geladenes Teilchen bewegt sich zur Anode. Die entgegengesetzt geladenen
Ionenwolken der Teilchen wandern stets in die entgegengesetzten Richtungen.
GESCHWINDIGKEIT, BEWEGLICHKEIT
DER
TEILCHEN
Infolge der an den geladenen Teilchen oder Molekülen angreifenden elektrischen Kraft erfährt
das Teilchen eine beschleunigte Bewegung. Die Geschwindigkeit steigt so lange, bis die dadurch
ebenfalls größer werdende Reibungskraft FR des Teilchens genauso groß geworden ist wie die
antreibende elektrische Kraft FE. Diese Reibungskraft wird für kugelförmige Teilchen durch das
Stokessche Gesetz beschrieben:
47
VERSUCH 3: ELEKTROPHORESE
FE = FR
q E = 6π η r v
η = dynamische Viskosität des Lösungsmittels
r = wirksamer Radius incl. Hydrathülle
v = Geschwindigkeit
Im Gleichgewicht der Kräfte bewegt sich das Teilchen mit gleich bleibender Geschwindigkeit v
weiter:
qE
6π η r
v=
Die Geschwindigkeit v ist proportional der angelegten Spannung U, alle anderen Größen sind
dagegen Materialkonstanten des interessierenden Teilchens bzw. Moleküls. Deshalb gibt man als
charakteristische Größe für das Teilchen oder Molekül die auf die elektrische Feldstärke E
bezogene Geschwindigkeit an. Dies ist die Beweglichkeit u:
v
E
u=
Man kann die Beweglichkeit eines Moleküls also durch die Messung
Wanderungsgeschwindigkeit v und der vorgegebenen elektrischen Feldstärke E bestimmen.
der
Kathode - + Anode
U
d
Fel
-
Fel
+
Elektrolytlösung
Abb.
20:
Schema
Elektrophorese
einer
trägerfreien
Findet die Wanderung der Teilchen nicht in freier Lösung sondern in einer Matrix aus
vernetztem Polymer (z.B. Agarose- oder Polyacrylamid-Gele) statt, treten zusätzliche
Reibungsmechanismen auf. Ist das bewegte Teilchen selbst ein lineares Polymer (z.B. DNA oder
mit SDS denaturierte Proteine), so wird die Beweglichkeit u vornehmlich durch die
Schlängelbewegung des Polymers durch die vernetzte Gelmatrix bestimmt. Dieser Mechanismus
ist in der Polymerphysik unter dem Begriff „Reptation“ bekannt. Für diesen Mechanismus lässt
48
PHYSIKALISCH-TECHNISCHE METHODEN IN DER BIOLOGIE
sich zeigen, dass die Beweglichkeit invers proportional zur Länge und damit dem
Molekulargewicht des Polymerteilchens verhält:
u∝
1
Mw
Bei sehr langen Polymeren treten weitere Effekte auf, wodurch die Beweglichkeit mehr und mehr
unabhängig von der Kettenlänge wird. Sehr lange Polymere (z.B. ganze Chromosomen) lassen
sich daher mit herkömmlichern Gel-Elektrophoresetechniken nicht voneinander trennen.
ELEKTROPHORESE
Die Wanderung geladener Moleküle im elektrischen Gleichstromfeld (siehe Abb. 20) nennt man
Elektrophorese. Aufgrund unterschiedlicher Ladung und Masse bewegen sie sich mit
unterschiedlichen Geschwindigkeiten. Meistens wird die relative Beweglichkeit einer Substanz zu
einem mitaufgetrennten Standard angegeben. Dadurch lassen sich nicht nur Stoffe auftrennen,
sondern auch durch ihr Wanderungs-Verhalten charakterisieren. Man unterscheidet drei
grundsätzlich verschiedene elektrophoretische Trennmethoden:
 ZONEN-ELEKTROPHORESE (EIGENTLICHE ELEKTROPHORESE)
Homogenes Puffersystem mit stabilem pH-Wert. Auftrennung nach Masse, Gestalt und
Ladung. Das Maß für die elektrophoretische Beweglichkeit wird anhand der
zurückgelegten Strecke in einer bestimmten Zeit gemessen.
 ISOELEKTRISCHE FOKUSSIERUNG (KURZ IEF)
Ein permanenter pH-Gradient entlang des elektrischen Feldes verursacht bei amphoteren
Substanzen eine Änderung der Ladung während des Durchwanderns des Gradienten.
Das hat zur Folge, dass die Substanz bei einem bestimmten pH-Wert eine Nettoladung
von Null aufweist und damit nicht mehr im elektrischen Feld wandert. Die Substanz wird
an dieser Stelle fokussiert.
 ISOTACHOPHORESE (KURZ ITP)
Hier sorgt ein diskontinuierliches, mitwanderndes Puffersystem mit einem schnellen
Leitionenelektrolyt und einem langsamen Folgeionenelektrolyt für eine stapelförmige
Anordnung nach der elektrophoretischen Mobilität der Substanzen. Diese Methode wird
hauptsächlich in der quantitativen Analyse eingesetzt.
Man unterscheidet elektrophoretische Trennmethoden in freier Lösung (WanderndeGrenzschichten-Elektrophorese,
kontinuierliche
trägerfreie
Elektrophorese,
Kapillarelektrophorese) von der Auftrennung in stabilisierenden Medien (Agarose-Gel,
Polyacrylamid-Gel).
49
VERSUCH 3: ELEKTROPHORESE
PUFFERSYSTEME
Der pH-Bereich und die Ionenstärke sind die wichtigsten Merkmale eines Puffers und sind der
Probenart anzupassen. Der pH-Wert sollte während der Elektrophorese stabil bleiben und den
pH-Wert der Proben überdecken. Da die Pufferionen im elektrischen Feld ebenfalls mitwandern,
müssen ausreichend große Puffervorräte vorhanden sein. Die Ionenstärke sollte bei stabiler
Pufferkapazität gerade so hoch liegen, dass die zur Trennung benötigte Leistung möglichst
gering ausfällt. Höhere Leistung führt zu einer Erwärmung des Trägermaterials und der Probe,
was zu Veränderungen im Verhalten führen kann.
TRENNMEDIEN
Die Wahl eines Trennmediums richtet sich nach der Art der zu untersuchenden Substanz. Die
Medien müssen chemisch inert sein, ihre Struktur sollte weitgehend homogen und hitzestabil
sein und ihr Vernetzungsgrad muss reproduzierbar eingestellt werden können. Die in der
Biologie am häufigsten verwendeten polymeren Trägermaterialien sind die Agarose und das
Polyacrylamid.
POLYACRYLAMID-GELE
Polyacrylamid-Gele erhält man durch Polymerisation von Acrylamid mit dem quervernetzenden
N,N'-Methylendiacrylamid. Zum Starten der Reaktion wird ein Radikalstarter benötigt. Der
Vernetzungsgrad wird durch die Konzentration der quervernetzenden Substanz eingestellt und
ist in hohem Maße reproduzierbar. Die geringe Porengröße des Gels verhindert die Diffusion der
Probenmoleküle und ermöglicht eine sehr genaue Auftrennung. Solche Gele werden auch als
restriktive Gele bezeichnet. Vor Reaktionsbeginn sind die Gelbestandteile giftig. Der Prozess ist
nicht reversibel, eine Rückgewinnung von Substanzen aus dem Gel ist daher schwierig. Die
Konzentration (=Vernetzungsgrad) c des Gels lässt sich mit folgender Formel berechnen:
c=
b
× 100%
a+ b
a = Masse Acrylamid in g,
b = Masse Methylendiacrylamid in g
Acrylamid
H2C
O
+
H2N
O
H2N
H2N
H2N
H2C
H2N
Acrylamid-Dimer
O
O
O
O
H2C
H2C
+
H2N
O
+
H2N
H2C
O
H2C
H2C
O
HN
O
HN
H2N
Bisacrylamid
HN
O
H2N
O
H2N
HN
O
H2N H2C
Vernetzung
O
+
H2C
H2C
O
O
O
H2N
O
O
O
H2N
H2N
H2N
H2N
H2N
O
Acrylamid-Dimer
O
H2N
Abb. 21: Polymerisation von Acrylamid und
Methylendiacrylamid.
50
PHYSIKALISCH-TECHNISCHE METHODEN IN DER BIOLOGIE
AGAROSE-GELE
Agarose ist ein Polysaccharid (siehe Abb. 22), das aus roten Meeresalgen gewonnen wird.
H
H
H
H
H
H
H
O
H
O
O
H
O
OH
O
H
H
O
H
HH
Abb. 22:
Struktur von
Westermmeier, verändert)
H
H
H
OO
Agarose
H
H
O
(nach
Es wird in Elektrophoresepuffer aufgenommen und dann durch Erhitzen in Lösung gebracht.
Die vielen Hydroxy-Gruppen (R-OH) ermöglichen die Ausbildung von WasserstoffbrückenBindungen, wodurch die großporige Gelmatrix ihre Festigkeit erhält.
Abb. 23: Ausbildung der Gelstruktur eines
Agarose-Gels
(nach
Westermeier
(1990),
verändert)
Während des Abkühlens lagern sich Doppelhelices parallel aneinander und binden dann an
andere Helices. Agarose-Gele sind großporige sogenannte nicht restriktive Gele, bei denen die
Molekülgröße eine geringere Rolle spielt. Mit ihnen wird allein nach Ladung getrennt. Der
Nachteil ist ein geringeres Auflösungsvermögen, da die Diffusion nicht unterbunden wird.
Vorteile der Agarose sind die einfache Herstellung und die Möglichkeit, nach Auftrennung aus
dem Gel Stücke mit angereicherter Substanz herauszuschneiden. Aus diesen Stücken kann man
dann durch Erhitzen die Substanzen leicht freisetzen.
51
VERSUCH 3: ELEKTROPHORESE
PROTEINE
UND
AMINOSÄUREN
Proteine sind Polypeptidketten, die aus einer Aneinanderreihung von Aminosäuren
(Primärstruktur) entstehen. Die Aminosäuren tragen immer eine Aminogruppe (NH 2) und eine
Carboxylgruppe (COOH) und unterscheiden sich in ihrer Seitenkette (R1). Amino- und
Carboxylgruppen von aufeinanderfolgenden Aminosäuren werden durch eine Peptidbindung
verknüpft. Bei dieser Verknüpfung bleibt je eine endständige NH2- und eine COOH-Gruppe
erhalten.
+
H3N
O
R
O
+
H3N
O
R
O
-
+
H3N
O
R
O
-
NH
O
R
O
-
Abb. 24: Verknüpfung von Aminosäuren
L ADUNGSVERTEILUNG
IN
AMINOSÄUREN
BZW.
PROTEINEN
Die Amino- und Carboxylgruppen sowie die Reste R können bei unterschiedlichem pH-Wert ihre
Ladung ändern.
O
O
+
O
+
H3N
OH
H3N
R
-
O
R
H2N
-
O
R
Abb. 25: Ladugsverschiebungen in Aminosäuren bei
verschiedenem pH-Wert. (pIP: pH-Wert am isoelektrischen
Punkt).
saures Medium
hohe H3O + -Konz.
pH < pIP
pH = pIP
basisches Medium
niedere H3O + -Konz.
pH > pIP
Die Amino- und Carboxylgruppen der Proteinenden und der Reste Rn sowie weitere
protonierbare/deprotonierbare Gruppen der Reste Rn sind durch ihre Dissoziationskonstanten
(pKs-Werte) charakterisiert. Entsprechend den pKs-Werten und dem aktuellen pH-Wert liegen die
Gruppen protoniert beziehungsweise deprotoniert vor und tragen dadurch eine positive,
negative oder gar keine Ladung. Für das elektrophoretische Verhalten ist die Summe dieser
Ladungen (Nettoladung) von Bedeutung. Vereinfacht lässt sich hieraus schließen, dass die
Proteine in stark saurem Milieu als Kation und in stark basischem Milieu als Anion vorliegen.
52
PHYSIKALISCH-TECHNISCHE METHODEN IN DER BIOLOGIE
Abb. 26: Beweglichkeiten von Aminosäuren bei
unterschiedlichen pH-Werten.
ELEKTROPHORETISCHE TRENNMETHODEN
FÜR
PROTEINE
Die folgenden Trennmethoden werden ausschließlich für Proteine verwendet. Die gängigen
Methoden
nutzen
das
unterschiedliche
Molekulargewicht
bzw.
die
Aminosäurezusammensetzung dieser Makromoleküle aus. Man trennt also:
- nach Molekulargewicht:
SDS-Gel-Elektrophorese
- nach Ladung:
isoelektrischer Fokussierung (IEF)
- nach Ladung und Molekulargewicht: 2D-Gel-Elektrophorese
SDS-GEL-ELEKTROPHORESE
Um die Proteine ausschließlich nach ihrem Molekulargewicht zu trennen, werden sie in einem
(Laemmli-)Probenpuffer mit dem Detergenz SDS (sodium dodecyl sulfate) und dem
Reduktionsmittel 2-Mercaptoethanol aufgenommen. SDS bewirkt die Solubilisierung und stark
negative Aufladung der Proteine, so dass sie sich im elektrischen Feld bezüglich ihrer
Gesamtladung gleich verhalten. Mercaptoethanol bewirkt durch die Reduktion von
Schwefelbrücken zu Sulfhydrylgruppen eine Zerstörung der Quartär- und Tertiärstruktur und
damit eine ausschließliche Trennung nach dem Molekulargewicht und nicht nach der räumlichen
Struktur. Die Proben werden nach Aufnahme in Laemmli-Probenpuffer im elektrischen Feld in
5% Sammelgel konzentriert, um dann in 12,5%igem Trenngel aufgetrennt zu werden. Nach
Beendigung der Gel-Elektrophorese werden die Proteinbanden in einer Coomassie Blau R250Lösung fixiert und gefärbt. Mit Hilfe von Eichproteinen lassen sich den Proteinbanden die
entsprechenden Molekulargewichte zuordnen.
I SOELELEKTRISCHE FOKUSSIERUNG (IEF)
Die Auftrennung von Proteinen nach ihrem Anteil an sauren und basischen Resten geschieht mit
der isoelektrischen Fokussierung. Durch Gel-Elektrophorese eines Gemisches von
Polyampholyten wird zunächst ein pH-Gradient hergestellt. In diesem werden die Proteinproben
anschließend elektrophoretisch aufgetrennt. Die Proteine werden hierbei an dem pH-Wert nicht
mehr weiterwandern, an dem ihre Nettoladung Null wird, das heißt die Ladungen der NH2- und
COOH-Gruppen sowie der in den Resten R vorhandenen anderen Gruppen ausgeglichen sind.
Dieser Punkt wird als isoelektrischer Punkt bezeichnet.
53
VERSUCH 3: ELEKTROPHORESE
2D-GEL-ELEKTROPHORESE
Die 2D-Gel-Elektrophorese ist eine Kombination der IEF und SDS-Gel-Elektrophorese zur
Auftrennung der Proteine nach ihrem isoelektrischen Punkt und Molekulargewicht. Zunächst
werden sie mittels der IEF in einem Gelröhrchen aufgetrennt. Anschließend wird dieses auf ein
SDS-Gel überführt und die Auftrennung nach dem Molekulargewicht durchgeführt. Der
Nachweis der Proteine kann ebenfalls durch Coomassie Blau-Färbung erfolgen.
PROTEINBESTANDTEILE
AM
BEISPIEL
DES
SERUMS
Tabelle 2: Serumproteine
Proteinfraktion
Mr
IP bei Anteil
pH
%
Bedeutung
Albumine
61-69 k
4,9
60
Reserve-Eiweiß
kolloidosmot.
Druck
a1-Globuline
a2-Globuline
b-Globuline
44-200 k 5,1
160-820 k 5,4
3-20 k
5,8
4
7
12
Lipidtransport
Oxidaseaktivität
Lipidtransport
g-Globuline
150-960 k 7,3
17
Antikörper,
Immunglobuline
Mr = relative Molekülmasse, IP = isoelektrischer Punkt
Das Blut macht etwa 6 - 8% des Körpergewichtes aus. Es dient neben dem respiratorischen
Gastransport auch dem Transport von Nährstoffen, Exkreten, Hormonen, Vitaminen, Enzymen,
Elektrolyten und immunogenen Zellen. Es ist für die Wasser- und Temperaturregulation im
Körper ebenso wichtig wie für die Pufferung der Körperflüssigkeiten. Aus der Blutflüssigkeit
(Blutplasma) können die Zellen durch Zentrifugation und das Fibrinogen durch Gerinnung
abgetrennt werden, so dass Blutserum übrig bleibt. Im Serum sind viele essentielle Substanzen
enthalten, wie Kohlehydrate, Fette, Ionen und Proteine. Serum wird Zellkulturen als
wachstumsstimulierende Komponente zugegeben.
NUKLEINSÄUREN
Nukleinsäuren sind fadenförmige Polymere, die aus einem Zucker-Phosphat-Rückgrat und daran
gebundenen Stickstoffbasen bestehen (siehe Abb. 27). Ein Monomer, bestehend aus einem
Zucker, einem Phosphorsäurerest und einer Stickstoffbase wird als "Base" bezeichnet.
54
PHYSIKALISCH-TECHNISCHE METHODEN IN DER BIOLOGIE
NH2
N
OH
HO
P
N
N
O
N
Adenine
O
O
O
NH2
N
O
HO
P
N
O
O
Cytosine
O
O
O
O
H3C
NH
O
HO
P
N
O
Thymine
O
O
O
O
O
N
NH
O
HO
P
N
O
O
O
O
N
NH2
Guanine
OH
Abb. 27: Kette von vier Desoxyribonukleotiden
Liegen die Nukleinsäuren als Doppelhelix vor, so ergeben zwei gegenüberliegende Monomere
ein Basenpaar (bp). Ein DNA-Molekül mit einer Länge von 1000 Basen ist dann eine Kilobase (kb)
Nukleinsäuren. DNA und RNA sind unter physiologischen Bedingungen immer negativ geladen.
Extrem hohe pH-Werte spalten das Rückgrat der Nukleinsäuren. Ihre Ladung wird durch die
Phosphorsäurereste des Rückgrats geprägt, wobei jeder Rest eine negative Ladung trägt. Zu
niedrige pH-Werte führen zu einer Absättigung der negativen Phosphatgruppen. Die Folge ist
die Unbeweglichkeit und Ausfällung der Nukleinsäuren in einem Elektrolyten.
ELEKTROPHORETISCHE TRENNMETHODEN
FÜR
NUKLEINSÄUREN
Die Methode für die Nukleinsäureauftrennung richtet sich nach der Größe der Moleküle und
dem angestrebten Auflösungsvermögen. Die am häufigsten verwendeten drei Methoden sind:
●
●
●
das Agarose-Gel mit der "Submarine"-Technik
das Agarose-Gel im "Pulsed Field"-Verfahren
das hochauflösende Polyacrylamid-Gel
AGAROSE-GEL
MIT DER
"S UBMARINE"-TECHNIK
Diese Methode ist die Standardmethode zur Trennung, Reinigung und Identifizierung von
Nukleinsäuren. Bei der "Submarine"-Technik befindet sich das Agarose-Gel in horizontaler Lage
und ist völlig mit dem Elektrophoresepuffer bedeckt (siehe Abb. 28). Dadurch wird das Gel vor
dem Austrocknen geschützt. Die Sichtbarmachung der Nukleinsäuren erfolgt über die Anfärbung
mit Ethidiumbromid (Vorsicht! Cancerogen). Dieses planare Molekül schiebt sich zwischen zwei
Basen und verstärkt damit sein Fluoreszenzverhalten unter UV-Anregung, so dass die
angefärbten Molekülbanden sichtbar werden.
55
VERSUCH 3: ELEKTROPHORESE
"PULSED-FIELD" AGAROSE-GEL-ELEKTROPHORESE
Diese modifizierte "Submarine"-Technik wird zur Trennung von sehr großen
Nukleinsäuremolekülen (meist Chromosomen) eingesetzt. Nukleinsäuremoleküle mit einer
Größe von über 20 kb richten sich in der herkömmlichen Agaroseelektrophorese der Länge nach
aus und wandern im elektrischen Feld mit gleichen Geschwindigkeiten. In der "Pulsed-Field" GelElektrophorese (PFG) ändert sich nun die Richtung des elektrischen Gleichstromfeldes
periodisch. Dadurch sind die Moleküle gezwungen, ihre Ausrichtung ständig zu ändern. Kürzere
Nukleinsäurestränge vollziehen diesen Prozess schneller, weshalb sie dann auch eine höhere
Beweglichkeit besitzen.
HOCHAUFLÖSENDES
DENATURIERENDES
POLYACRYLAMID-GEL
Im Gegensatz zur PFG ist diese Methode besonders zur Auflösung von sehr kleinen
Unterschieden in der Größe der Moleküle geeignet. Das restriktive Polyacrylamid-Gel ist vertikal
angeordnet und enthält zudem noch hohe Harnstoffkonzentrationen. In Verbindung mit einer
zusätzlichen externen Erwärmung, bewirkt das eine Denaturierung der Doppelstränge. Das hohe
Auflösungsvermögen von Polyacrylamid-Gelen ermöglicht dann eine Auftrennung von
Molekülen, deren Längenunterschied nur eine Base beträgt. Deshalb wird diese Technik meistens
zur Sequenzierung oder zur Identifikation von Punktmutationen eingesetzt.
EXPERIMENTELLER TEIL
VERSUCHSAUFBAU
Im Praktikum wird folgender einfache Versuchsaufbau gewählt:
Abb. 28: Elektrophoresekammer mit Netzteil
In diesem Versuch werden die Nukleinsäuremoleküle (hier DNA) in Abhängigkeit von ihrer
Masse (die proportional zu ihren Größen und Ladungen ist) getrennt. Sind Gleichstromfeld und
pH-Wert konstant, findet keine Auftrennung nach Beweglichkeit (Form) statt. Einzige Ausnahme
sind ringförmige DNA-Moleküle. Ihr Laufverhalten unterscheidet sich von dem gleichschwerer
linearer Moleküle. Daher können auch unterschiedliche Moleküle an gleicher Stelle angereichert
werden. Als Trennmedium wird 1,5% Agarose verwendet. Als Elektrophoresepuffer wird ein
einfach konzentrierter Tris/Borat/EDTA-Puffer (TBE; pH 8,2 - 8,5) eingesetzt. Die DNA-Probe wird
56
PHYSIKALISCH-TECHNISCHE METHODEN IN DER BIOLOGIE
mit einem Auftragpuffer (enthält 50% Glycerin) gemischt, der die Aufgabe hat, die Dichte der
Probenlösung zu erhöhen. Dadurch verbleibt die Probe in den Auftragstaschen und diffundiert
nicht heraus. Die Spannung wird über ein Netzgerät konstant gehalten. Einziger Parameter, der
dann vom Gerät selbst angepasst wird, ist die Stromstärke, daher ändert sich auch die Leistung P
während des Versuchs, was an der Erwärmung und Verdunstung erkennbar wird.
Nach der Elektrophorese wird das Gel mit Ethidiumbromid gefärbt (Vorsicht: Ethidiumbromid
ist cancerogen !!) und auf einer UV-Leuchtplatte abfotographiert.
Tragen sie auf Logarithmenpapier die Laufstrecke der Banden aus der Vergleichselektrophorese
(DANN-Leiter) gegen ihre Länge ab.
Bestimmen Sie anhand dieser Kalibrierkurve die Größe der Fragmente aus Ihrer Probe.
Vergleichen sie ihre Messung mit der theoretischen Fragmentlänge aus der Plasmidkarte. Wie
genau ist ihre Messung ?
AUFGABEN



Vergleichen
sie
die
Agarose-Gelapparatur
mit
einer
vertikalen
GelElektrophoreseapparatur wie sie z.B. zur Trennung von Proteinen verwendet wird.
Berechnen Sie die Wanderungsgeschwindigkeit von Rinderalbumin und die Laufzeit
einer Elektrophorese bei folgenden Bedingungen:
o U = 2000 V
o
d = 20 cm
o
pH 4
Berechne die Laufzeit von g-Globulin für eine Laufstrecke von s = 5 cm unter folgenden
Bedingungen:
o U = 170 V
o
d = 7,5 cm
o
pH 8,6
LITERATUR
1. Blaich, R.: Analytische Elektrophoreseverfahren, Thieme TB
2. Cooper, T. G.: Biochemische Arbeitsmethoden, de Gruyter, Berlin, 1981
3. Dunn, M. J.: Gelelectrophoresis of Proteins, Wright, Bristol, 1986
4. Laskowski, W., Pohlit, W.: Biophysik Band II, Thieme Verlag, Stuttgart, 1974
5. Lottspeich, F., Zorbas, H., Bioanalytik, Spektrum Verlag, Heidelberg, 1998
6. Schmidt, R. F., Thews, G.: Physiologie des Menschen, Springer Verlag, Berlin, Heidel berg,
1976
7. Stryer, L.: Biochemie, Vieweg Verlag, Braunschweig, 1985
8. Thews, G., Mutschler, E., Vaupel, P.: Anatomie, Physiologie, Pathophysiologie des
57
VERSUCH 3: ELEKTROPHORESE
Menschen, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH, Stuttgart, 1991
9. Westermeier, R.: Elektrophoresepraktikum, Verlag Chemie, Weinheim, 1990
58
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