VERSUCH 3: ELEKTROPHORESE THEORETISCHE GRUNDLAGEN ELEKTROLYTE, IONEN, ELEKTROLYSE Elektrolyte sind Stoffe, deren Moleküle in einem Lösungsmittel zu Ionen dissoziieren können. Eine Elektrolytlösung kann daher einen elektrischen Strom leiten. Taucht man Drähte oder Platten ("Elektroden") aus Metall (z.B. Platin, Silber) in eine Elektrolytlösung ein, so fließt beim Anlegen einer Gleichspannung U ein elektrischer Strom I. Dieser Ladungstransport kommt dadurch zustande, dass in der wässrigen Lösung positive Ionen (Kationen) zur einen Elektrode (Kathode), negative Ionen (Anionen) zur anderen Elektrode (Anode) wandern. Im Gegensatz zu dieser "Ionenwanderung" besteht im Innern der Metallelektroden der Ladungstransport aus einer Wanderung von Elektronen (e-). An der Grenzfläche Elektrode/Lösung findet also ein Übergang von einem "elektronischen" zu einem "ionischen" Leitungsmechanismus statt. Dieser ist mit einer chemischen Reaktion an den Elektroden ("Elektrolyse") verbunden. Kathode: 2 H + (Lösung) + 2 e- (Metall) → H 2 (gasförmig) Anode: 2 Cl − (Lösung) → ELEKTRISCHES FELD; ELEKTRISCHE KRAFT; 2 e − (Metall) + Cl 2 (gasförmig) ELEKTRISCHE ARBEIT UND LEISTUNG Legt man an zwei Elektroden im Abstand d eine Spannung U, so erzeugt diese in einer Elektrolytlösung ein elektrisches Feld mit der elektrischen Feldstärke E E= U d Die elektrische Feldstärke E ist stets vom Pluspol zum Minuspol gerichtet. Auf eine positive Ladung q wirkt dann eine elektrische Kraft FE FE = qE in Richtung der Feldstärke, so dass sich ein positiv geladenes Teilchen in Richtung der Kathode bewegt. Ein negativ geladenes Teilchen bewegt sich zur Anode. Die entgegengesetzt geladenen Ionenwolken der Teilchen wandern stets in die entgegengesetzten Richtungen. GESCHWINDIGKEIT, BEWEGLICHKEIT DER TEILCHEN Infolge der an den geladenen Teilchen oder Molekülen angreifenden elektrischen Kraft erfährt das Teilchen eine beschleunigte Bewegung. Die Geschwindigkeit steigt so lange, bis die dadurch ebenfalls größer werdende Reibungskraft FR des Teilchens genauso groß geworden ist wie die antreibende elektrische Kraft FE. Diese Reibungskraft wird für kugelförmige Teilchen durch das Stokessche Gesetz beschrieben: 47 VERSUCH 3: ELEKTROPHORESE FE = FR q E = 6π η r v η = dynamische Viskosität des Lösungsmittels r = wirksamer Radius incl. Hydrathülle v = Geschwindigkeit Im Gleichgewicht der Kräfte bewegt sich das Teilchen mit gleich bleibender Geschwindigkeit v weiter: qE 6π η r v= Die Geschwindigkeit v ist proportional der angelegten Spannung U, alle anderen Größen sind dagegen Materialkonstanten des interessierenden Teilchens bzw. Moleküls. Deshalb gibt man als charakteristische Größe für das Teilchen oder Molekül die auf die elektrische Feldstärke E bezogene Geschwindigkeit an. Dies ist die Beweglichkeit u: v E u= Man kann die Beweglichkeit eines Moleküls also durch die Messung Wanderungsgeschwindigkeit v und der vorgegebenen elektrischen Feldstärke E bestimmen. der Kathode - + Anode U d Fel - Fel + Elektrolytlösung Abb. 20: Schema Elektrophorese einer trägerfreien Findet die Wanderung der Teilchen nicht in freier Lösung sondern in einer Matrix aus vernetztem Polymer (z.B. Agarose- oder Polyacrylamid-Gele) statt, treten zusätzliche Reibungsmechanismen auf. Ist das bewegte Teilchen selbst ein lineares Polymer (z.B. DNA oder mit SDS denaturierte Proteine), so wird die Beweglichkeit u vornehmlich durch die Schlängelbewegung des Polymers durch die vernetzte Gelmatrix bestimmt. Dieser Mechanismus ist in der Polymerphysik unter dem Begriff „Reptation“ bekannt. Für diesen Mechanismus lässt 48 PHYSIKALISCH-TECHNISCHE METHODEN IN DER BIOLOGIE sich zeigen, dass die Beweglichkeit invers proportional zur Länge und damit dem Molekulargewicht des Polymerteilchens verhält: u∝ 1 Mw Bei sehr langen Polymeren treten weitere Effekte auf, wodurch die Beweglichkeit mehr und mehr unabhängig von der Kettenlänge wird. Sehr lange Polymere (z.B. ganze Chromosomen) lassen sich daher mit herkömmlichern Gel-Elektrophoresetechniken nicht voneinander trennen. ELEKTROPHORESE Die Wanderung geladener Moleküle im elektrischen Gleichstromfeld (siehe Abb. 20) nennt man Elektrophorese. Aufgrund unterschiedlicher Ladung und Masse bewegen sie sich mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten. Meistens wird die relative Beweglichkeit einer Substanz zu einem mitaufgetrennten Standard angegeben. Dadurch lassen sich nicht nur Stoffe auftrennen, sondern auch durch ihr Wanderungs-Verhalten charakterisieren. Man unterscheidet drei grundsätzlich verschiedene elektrophoretische Trennmethoden: ZONEN-ELEKTROPHORESE (EIGENTLICHE ELEKTROPHORESE) Homogenes Puffersystem mit stabilem pH-Wert. Auftrennung nach Masse, Gestalt und Ladung. Das Maß für die elektrophoretische Beweglichkeit wird anhand der zurückgelegten Strecke in einer bestimmten Zeit gemessen. ISOELEKTRISCHE FOKUSSIERUNG (KURZ IEF) Ein permanenter pH-Gradient entlang des elektrischen Feldes verursacht bei amphoteren Substanzen eine Änderung der Ladung während des Durchwanderns des Gradienten. Das hat zur Folge, dass die Substanz bei einem bestimmten pH-Wert eine Nettoladung von Null aufweist und damit nicht mehr im elektrischen Feld wandert. Die Substanz wird an dieser Stelle fokussiert. ISOTACHOPHORESE (KURZ ITP) Hier sorgt ein diskontinuierliches, mitwanderndes Puffersystem mit einem schnellen Leitionenelektrolyt und einem langsamen Folgeionenelektrolyt für eine stapelförmige Anordnung nach der elektrophoretischen Mobilität der Substanzen. Diese Methode wird hauptsächlich in der quantitativen Analyse eingesetzt. Man unterscheidet elektrophoretische Trennmethoden in freier Lösung (WanderndeGrenzschichten-Elektrophorese, kontinuierliche trägerfreie Elektrophorese, Kapillarelektrophorese) von der Auftrennung in stabilisierenden Medien (Agarose-Gel, Polyacrylamid-Gel). 49 VERSUCH 3: ELEKTROPHORESE PUFFERSYSTEME Der pH-Bereich und die Ionenstärke sind die wichtigsten Merkmale eines Puffers und sind der Probenart anzupassen. Der pH-Wert sollte während der Elektrophorese stabil bleiben und den pH-Wert der Proben überdecken. Da die Pufferionen im elektrischen Feld ebenfalls mitwandern, müssen ausreichend große Puffervorräte vorhanden sein. Die Ionenstärke sollte bei stabiler Pufferkapazität gerade so hoch liegen, dass die zur Trennung benötigte Leistung möglichst gering ausfällt. Höhere Leistung führt zu einer Erwärmung des Trägermaterials und der Probe, was zu Veränderungen im Verhalten führen kann. TRENNMEDIEN Die Wahl eines Trennmediums richtet sich nach der Art der zu untersuchenden Substanz. Die Medien müssen chemisch inert sein, ihre Struktur sollte weitgehend homogen und hitzestabil sein und ihr Vernetzungsgrad muss reproduzierbar eingestellt werden können. Die in der Biologie am häufigsten verwendeten polymeren Trägermaterialien sind die Agarose und das Polyacrylamid. POLYACRYLAMID-GELE Polyacrylamid-Gele erhält man durch Polymerisation von Acrylamid mit dem quervernetzenden N,N'-Methylendiacrylamid. Zum Starten der Reaktion wird ein Radikalstarter benötigt. Der Vernetzungsgrad wird durch die Konzentration der quervernetzenden Substanz eingestellt und ist in hohem Maße reproduzierbar. Die geringe Porengröße des Gels verhindert die Diffusion der Probenmoleküle und ermöglicht eine sehr genaue Auftrennung. Solche Gele werden auch als restriktive Gele bezeichnet. Vor Reaktionsbeginn sind die Gelbestandteile giftig. Der Prozess ist nicht reversibel, eine Rückgewinnung von Substanzen aus dem Gel ist daher schwierig. Die Konzentration (=Vernetzungsgrad) c des Gels lässt sich mit folgender Formel berechnen: c= b × 100% a+ b a = Masse Acrylamid in g, b = Masse Methylendiacrylamid in g Acrylamid H2C O + H2N O H2N H2N H2N H2C H2N Acrylamid-Dimer O O O O H2C H2C + H2N O + H2N H2C O H2C H2C O HN O HN H2N Bisacrylamid HN O H2N O H2N HN O H2N H2C Vernetzung O + H2C H2C O O O H2N O O O H2N H2N H2N H2N H2N O Acrylamid-Dimer O H2N Abb. 21: Polymerisation von Acrylamid und Methylendiacrylamid. 50 PHYSIKALISCH-TECHNISCHE METHODEN IN DER BIOLOGIE AGAROSE-GELE Agarose ist ein Polysaccharid (siehe Abb. 22), das aus roten Meeresalgen gewonnen wird. H H H H H H H O H O O H O OH O H H O H HH Abb. 22: Struktur von Westermmeier, verändert) H H H OO Agarose H H O (nach Es wird in Elektrophoresepuffer aufgenommen und dann durch Erhitzen in Lösung gebracht. Die vielen Hydroxy-Gruppen (R-OH) ermöglichen die Ausbildung von WasserstoffbrückenBindungen, wodurch die großporige Gelmatrix ihre Festigkeit erhält. Abb. 23: Ausbildung der Gelstruktur eines Agarose-Gels (nach Westermeier (1990), verändert) Während des Abkühlens lagern sich Doppelhelices parallel aneinander und binden dann an andere Helices. Agarose-Gele sind großporige sogenannte nicht restriktive Gele, bei denen die Molekülgröße eine geringere Rolle spielt. Mit ihnen wird allein nach Ladung getrennt. Der Nachteil ist ein geringeres Auflösungsvermögen, da die Diffusion nicht unterbunden wird. Vorteile der Agarose sind die einfache Herstellung und die Möglichkeit, nach Auftrennung aus dem Gel Stücke mit angereicherter Substanz herauszuschneiden. Aus diesen Stücken kann man dann durch Erhitzen die Substanzen leicht freisetzen. 51 VERSUCH 3: ELEKTROPHORESE PROTEINE UND AMINOSÄUREN Proteine sind Polypeptidketten, die aus einer Aneinanderreihung von Aminosäuren (Primärstruktur) entstehen. Die Aminosäuren tragen immer eine Aminogruppe (NH 2) und eine Carboxylgruppe (COOH) und unterscheiden sich in ihrer Seitenkette (R1). Amino- und Carboxylgruppen von aufeinanderfolgenden Aminosäuren werden durch eine Peptidbindung verknüpft. Bei dieser Verknüpfung bleibt je eine endständige NH2- und eine COOH-Gruppe erhalten. + H3N O R O + H3N O R O - + H3N O R O - NH O R O - Abb. 24: Verknüpfung von Aminosäuren L ADUNGSVERTEILUNG IN AMINOSÄUREN BZW. PROTEINEN Die Amino- und Carboxylgruppen sowie die Reste R können bei unterschiedlichem pH-Wert ihre Ladung ändern. O O + O + H3N OH H3N R - O R H2N - O R Abb. 25: Ladugsverschiebungen in Aminosäuren bei verschiedenem pH-Wert. (pIP: pH-Wert am isoelektrischen Punkt). saures Medium hohe H3O + -Konz. pH < pIP pH = pIP basisches Medium niedere H3O + -Konz. pH > pIP Die Amino- und Carboxylgruppen der Proteinenden und der Reste Rn sowie weitere protonierbare/deprotonierbare Gruppen der Reste Rn sind durch ihre Dissoziationskonstanten (pKs-Werte) charakterisiert. Entsprechend den pKs-Werten und dem aktuellen pH-Wert liegen die Gruppen protoniert beziehungsweise deprotoniert vor und tragen dadurch eine positive, negative oder gar keine Ladung. Für das elektrophoretische Verhalten ist die Summe dieser Ladungen (Nettoladung) von Bedeutung. Vereinfacht lässt sich hieraus schließen, dass die Proteine in stark saurem Milieu als Kation und in stark basischem Milieu als Anion vorliegen. 52 PHYSIKALISCH-TECHNISCHE METHODEN IN DER BIOLOGIE Abb. 26: Beweglichkeiten von Aminosäuren bei unterschiedlichen pH-Werten. ELEKTROPHORETISCHE TRENNMETHODEN FÜR PROTEINE Die folgenden Trennmethoden werden ausschließlich für Proteine verwendet. Die gängigen Methoden nutzen das unterschiedliche Molekulargewicht bzw. die Aminosäurezusammensetzung dieser Makromoleküle aus. Man trennt also: - nach Molekulargewicht: SDS-Gel-Elektrophorese - nach Ladung: isoelektrischer Fokussierung (IEF) - nach Ladung und Molekulargewicht: 2D-Gel-Elektrophorese SDS-GEL-ELEKTROPHORESE Um die Proteine ausschließlich nach ihrem Molekulargewicht zu trennen, werden sie in einem (Laemmli-)Probenpuffer mit dem Detergenz SDS (sodium dodecyl sulfate) und dem Reduktionsmittel 2-Mercaptoethanol aufgenommen. SDS bewirkt die Solubilisierung und stark negative Aufladung der Proteine, so dass sie sich im elektrischen Feld bezüglich ihrer Gesamtladung gleich verhalten. Mercaptoethanol bewirkt durch die Reduktion von Schwefelbrücken zu Sulfhydrylgruppen eine Zerstörung der Quartär- und Tertiärstruktur und damit eine ausschließliche Trennung nach dem Molekulargewicht und nicht nach der räumlichen Struktur. Die Proben werden nach Aufnahme in Laemmli-Probenpuffer im elektrischen Feld in 5% Sammelgel konzentriert, um dann in 12,5%igem Trenngel aufgetrennt zu werden. Nach Beendigung der Gel-Elektrophorese werden die Proteinbanden in einer Coomassie Blau R250Lösung fixiert und gefärbt. Mit Hilfe von Eichproteinen lassen sich den Proteinbanden die entsprechenden Molekulargewichte zuordnen. I SOELELEKTRISCHE FOKUSSIERUNG (IEF) Die Auftrennung von Proteinen nach ihrem Anteil an sauren und basischen Resten geschieht mit der isoelektrischen Fokussierung. Durch Gel-Elektrophorese eines Gemisches von Polyampholyten wird zunächst ein pH-Gradient hergestellt. In diesem werden die Proteinproben anschließend elektrophoretisch aufgetrennt. Die Proteine werden hierbei an dem pH-Wert nicht mehr weiterwandern, an dem ihre Nettoladung Null wird, das heißt die Ladungen der NH2- und COOH-Gruppen sowie der in den Resten R vorhandenen anderen Gruppen ausgeglichen sind. Dieser Punkt wird als isoelektrischer Punkt bezeichnet. 53 VERSUCH 3: ELEKTROPHORESE 2D-GEL-ELEKTROPHORESE Die 2D-Gel-Elektrophorese ist eine Kombination der IEF und SDS-Gel-Elektrophorese zur Auftrennung der Proteine nach ihrem isoelektrischen Punkt und Molekulargewicht. Zunächst werden sie mittels der IEF in einem Gelröhrchen aufgetrennt. Anschließend wird dieses auf ein SDS-Gel überführt und die Auftrennung nach dem Molekulargewicht durchgeführt. Der Nachweis der Proteine kann ebenfalls durch Coomassie Blau-Färbung erfolgen. PROTEINBESTANDTEILE AM BEISPIEL DES SERUMS Tabelle 2: Serumproteine Proteinfraktion Mr IP bei Anteil pH % Bedeutung Albumine 61-69 k 4,9 60 Reserve-Eiweiß kolloidosmot. Druck a1-Globuline a2-Globuline b-Globuline 44-200 k 5,1 160-820 k 5,4 3-20 k 5,8 4 7 12 Lipidtransport Oxidaseaktivität Lipidtransport g-Globuline 150-960 k 7,3 17 Antikörper, Immunglobuline Mr = relative Molekülmasse, IP = isoelektrischer Punkt Das Blut macht etwa 6 - 8% des Körpergewichtes aus. Es dient neben dem respiratorischen Gastransport auch dem Transport von Nährstoffen, Exkreten, Hormonen, Vitaminen, Enzymen, Elektrolyten und immunogenen Zellen. Es ist für die Wasser- und Temperaturregulation im Körper ebenso wichtig wie für die Pufferung der Körperflüssigkeiten. Aus der Blutflüssigkeit (Blutplasma) können die Zellen durch Zentrifugation und das Fibrinogen durch Gerinnung abgetrennt werden, so dass Blutserum übrig bleibt. Im Serum sind viele essentielle Substanzen enthalten, wie Kohlehydrate, Fette, Ionen und Proteine. Serum wird Zellkulturen als wachstumsstimulierende Komponente zugegeben. NUKLEINSÄUREN Nukleinsäuren sind fadenförmige Polymere, die aus einem Zucker-Phosphat-Rückgrat und daran gebundenen Stickstoffbasen bestehen (siehe Abb. 27). Ein Monomer, bestehend aus einem Zucker, einem Phosphorsäurerest und einer Stickstoffbase wird als "Base" bezeichnet. 54 PHYSIKALISCH-TECHNISCHE METHODEN IN DER BIOLOGIE NH2 N OH HO P N N O N Adenine O O O NH2 N O HO P N O O Cytosine O O O O H3C NH O HO P N O Thymine O O O O O N NH O HO P N O O O O N NH2 Guanine OH Abb. 27: Kette von vier Desoxyribonukleotiden Liegen die Nukleinsäuren als Doppelhelix vor, so ergeben zwei gegenüberliegende Monomere ein Basenpaar (bp). Ein DNA-Molekül mit einer Länge von 1000 Basen ist dann eine Kilobase (kb) Nukleinsäuren. DNA und RNA sind unter physiologischen Bedingungen immer negativ geladen. Extrem hohe pH-Werte spalten das Rückgrat der Nukleinsäuren. Ihre Ladung wird durch die Phosphorsäurereste des Rückgrats geprägt, wobei jeder Rest eine negative Ladung trägt. Zu niedrige pH-Werte führen zu einer Absättigung der negativen Phosphatgruppen. Die Folge ist die Unbeweglichkeit und Ausfällung der Nukleinsäuren in einem Elektrolyten. ELEKTROPHORETISCHE TRENNMETHODEN FÜR NUKLEINSÄUREN Die Methode für die Nukleinsäureauftrennung richtet sich nach der Größe der Moleküle und dem angestrebten Auflösungsvermögen. Die am häufigsten verwendeten drei Methoden sind: ● ● ● das Agarose-Gel mit der "Submarine"-Technik das Agarose-Gel im "Pulsed Field"-Verfahren das hochauflösende Polyacrylamid-Gel AGAROSE-GEL MIT DER "S UBMARINE"-TECHNIK Diese Methode ist die Standardmethode zur Trennung, Reinigung und Identifizierung von Nukleinsäuren. Bei der "Submarine"-Technik befindet sich das Agarose-Gel in horizontaler Lage und ist völlig mit dem Elektrophoresepuffer bedeckt (siehe Abb. 28). Dadurch wird das Gel vor dem Austrocknen geschützt. Die Sichtbarmachung der Nukleinsäuren erfolgt über die Anfärbung mit Ethidiumbromid (Vorsicht! Cancerogen). Dieses planare Molekül schiebt sich zwischen zwei Basen und verstärkt damit sein Fluoreszenzverhalten unter UV-Anregung, so dass die angefärbten Molekülbanden sichtbar werden. 55 VERSUCH 3: ELEKTROPHORESE "PULSED-FIELD" AGAROSE-GEL-ELEKTROPHORESE Diese modifizierte "Submarine"-Technik wird zur Trennung von sehr großen Nukleinsäuremolekülen (meist Chromosomen) eingesetzt. Nukleinsäuremoleküle mit einer Größe von über 20 kb richten sich in der herkömmlichen Agaroseelektrophorese der Länge nach aus und wandern im elektrischen Feld mit gleichen Geschwindigkeiten. In der "Pulsed-Field" GelElektrophorese (PFG) ändert sich nun die Richtung des elektrischen Gleichstromfeldes periodisch. Dadurch sind die Moleküle gezwungen, ihre Ausrichtung ständig zu ändern. Kürzere Nukleinsäurestränge vollziehen diesen Prozess schneller, weshalb sie dann auch eine höhere Beweglichkeit besitzen. HOCHAUFLÖSENDES DENATURIERENDES POLYACRYLAMID-GEL Im Gegensatz zur PFG ist diese Methode besonders zur Auflösung von sehr kleinen Unterschieden in der Größe der Moleküle geeignet. Das restriktive Polyacrylamid-Gel ist vertikal angeordnet und enthält zudem noch hohe Harnstoffkonzentrationen. In Verbindung mit einer zusätzlichen externen Erwärmung, bewirkt das eine Denaturierung der Doppelstränge. Das hohe Auflösungsvermögen von Polyacrylamid-Gelen ermöglicht dann eine Auftrennung von Molekülen, deren Längenunterschied nur eine Base beträgt. Deshalb wird diese Technik meistens zur Sequenzierung oder zur Identifikation von Punktmutationen eingesetzt. EXPERIMENTELLER TEIL VERSUCHSAUFBAU Im Praktikum wird folgender einfache Versuchsaufbau gewählt: Abb. 28: Elektrophoresekammer mit Netzteil In diesem Versuch werden die Nukleinsäuremoleküle (hier DNA) in Abhängigkeit von ihrer Masse (die proportional zu ihren Größen und Ladungen ist) getrennt. Sind Gleichstromfeld und pH-Wert konstant, findet keine Auftrennung nach Beweglichkeit (Form) statt. Einzige Ausnahme sind ringförmige DNA-Moleküle. Ihr Laufverhalten unterscheidet sich von dem gleichschwerer linearer Moleküle. Daher können auch unterschiedliche Moleküle an gleicher Stelle angereichert werden. Als Trennmedium wird 1,5% Agarose verwendet. Als Elektrophoresepuffer wird ein einfach konzentrierter Tris/Borat/EDTA-Puffer (TBE; pH 8,2 - 8,5) eingesetzt. Die DNA-Probe wird 56 PHYSIKALISCH-TECHNISCHE METHODEN IN DER BIOLOGIE mit einem Auftragpuffer (enthält 50% Glycerin) gemischt, der die Aufgabe hat, die Dichte der Probenlösung zu erhöhen. Dadurch verbleibt die Probe in den Auftragstaschen und diffundiert nicht heraus. Die Spannung wird über ein Netzgerät konstant gehalten. Einziger Parameter, der dann vom Gerät selbst angepasst wird, ist die Stromstärke, daher ändert sich auch die Leistung P während des Versuchs, was an der Erwärmung und Verdunstung erkennbar wird. Nach der Elektrophorese wird das Gel mit Ethidiumbromid gefärbt (Vorsicht: Ethidiumbromid ist cancerogen !!) und auf einer UV-Leuchtplatte abfotographiert. Tragen sie auf Logarithmenpapier die Laufstrecke der Banden aus der Vergleichselektrophorese (DANN-Leiter) gegen ihre Länge ab. Bestimmen Sie anhand dieser Kalibrierkurve die Größe der Fragmente aus Ihrer Probe. Vergleichen sie ihre Messung mit der theoretischen Fragmentlänge aus der Plasmidkarte. Wie genau ist ihre Messung ? AUFGABEN Vergleichen sie die Agarose-Gelapparatur mit einer vertikalen GelElektrophoreseapparatur wie sie z.B. zur Trennung von Proteinen verwendet wird. Berechnen Sie die Wanderungsgeschwindigkeit von Rinderalbumin und die Laufzeit einer Elektrophorese bei folgenden Bedingungen: o U = 2000 V o d = 20 cm o pH 4 Berechne die Laufzeit von g-Globulin für eine Laufstrecke von s = 5 cm unter folgenden Bedingungen: o U = 170 V o d = 7,5 cm o pH 8,6 LITERATUR 1. Blaich, R.: Analytische Elektrophoreseverfahren, Thieme TB 2. Cooper, T. G.: Biochemische Arbeitsmethoden, de Gruyter, Berlin, 1981 3. Dunn, M. J.: Gelelectrophoresis of Proteins, Wright, Bristol, 1986 4. Laskowski, W., Pohlit, W.: Biophysik Band II, Thieme Verlag, Stuttgart, 1974 5. Lottspeich, F., Zorbas, H., Bioanalytik, Spektrum Verlag, Heidelberg, 1998 6. Schmidt, R. F., Thews, G.: Physiologie des Menschen, Springer Verlag, Berlin, Heidel berg, 1976 7. Stryer, L.: Biochemie, Vieweg Verlag, Braunschweig, 1985 8. Thews, G., Mutschler, E., Vaupel, P.: Anatomie, Physiologie, Pathophysiologie des 57 VERSUCH 3: ELEKTROPHORESE Menschen, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH, Stuttgart, 1991 9. Westermeier, R.: Elektrophoresepraktikum, Verlag Chemie, Weinheim, 1990 58