Drucksache 15/ 1388 15. Wahlperiode Mitteilung – zur Kenntnisnahme – Erstellung einer „Lokalen Agenda Berlin 21“ Drucksachen 13/4073, 13/4138, 14/1589 und 15/725 – 3. Zwischenbericht – Der Senat legt nachstehende Mitteilung dem Abgeordnetenhaus zur Besprechung vor: Das Abgeordnetenhaus hat in seiner Sitzung am 23.09.1999 Folgendes beschlossen: 1. Das Abgeordnetenhaus beschließt, den Entwicklungsprozess für eine „Lokale Agenda Berlin 21“ unter Berücksichtigung von wirtschaftlichen, ökologischen und sozialen Belangen einzuleiten. Die bestehenden Elemente nachhaltigen Handelns im Verantwortungsbereich des Senats von Berlin und der Bezirksämter, der Schlussbericht der Enquetekommission „Zukunftsfähiges Berlin“ und die Ergebnisse entsprechender Arbeiten in allen gesellschaftlichen Bereichen, insbesondere die der bezirklichen Agenda 21-Aktivitäten, werden berücksichtigt. 2. Auf der Grundlage der Leitbilder der Agenda 21 soll für Berlin auf der Basis eines entsprechenden Senatsbeschlusses eine gesamtstädtische „Lokale Agenda Berlin 21“ erstellt werden. Die konkreten Handlungskonzepte sind in einem breiten Dialog mit der Bevölkerung, der Wirtschaft und den örtlichen Organisationen zu erarbeiten. Der Senat soll die organisatorischen Grundlagen für eine Lokale Agenda Berlin 21 verbessern, indem die Federführung an ein Agenda-Büro als Stabsstelle bei einer Senatsverwaltung übertragen wird, das die gesamtstädtischen Aktivitäten koordiniert und inhaltlich fördert. 3. Um eine zielgerichtete Arbeit zu gewährleisten, sind bis zum Herbst 2000 die Handlungsfelder für eine nachhaltige Entwicklung Berlins zu identifizieren und die dazu gehörenden Arbeitsprioritäten festzulegen. Bis zum Herbst 2001 legt der Senat dem Abgeordnetenhaus die Leitbilder und erste Vorschläge für Indikatoren vor. Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. 1 Abgeordnetenhaus von Berlin – 15. Wahlperiode 4. Der Start für den gesamtstädtischen Konsultationsprozess erfolgt mittels einer öffentlichen Veranstaltung mit Präsentation des Beschlusses gemeinsam mit den bereits tätigen landesweiten Agenda-Gremien. 5. Der Senat soll unabhängig von, aber unter Berücksichtigung der bisherigen Strukturen der Berliner Agenda-Arbeit, die Strukturen für eine kontinuierliche und ergebnisorientierte Arbeit aller Akteure ermitteln und dabei auch klären, inwieweit eine zentral gelegene Anlaufstelle zur öffentlichkeitswirksamen Darstellung des Gesamtprojekts unter Einbindung aller Akteursgruppen geschaffen werden kann. 6. Zur Finanzierung des Agenda-Prozesses sind in den Haushalten aller Verwaltungen entsprechende Titel einzurichten und durch interne Umschichtungen Mittel verfügbar zu machen. 7. Der aus der Konsultation und Diskussion entstandene Entwurf zur Lokalen Agenda Berlin 21 soll dem Abgeordnetenhaus binnen einer Frist von vier Jahren zur Beschlussfassung vorliegen. Der Senat wird weiterhin beauftragt, einmal jährlich über den Fortgang des AgendaProzesses zu berichten. Drucksache 15/ 1388 len konkurriert. Nachhaltigkeit muss sich daher als zentrale politische Leitlinie erst noch durchsetzen. Dieser Paradigmenwechsel hat aber begonnen und der Senat von Berlin beabsichtigt, ihn massiv zu fördern. Er wird darum das Leitbild „Nachhaltige Entwicklung“ für Berlin konkretisieren, u. a. indem er für die Berliner Bevölkerung in allen Programmen, Projekten und Maßnahmen erkennbar macht, wie diese langfristig die Zukunft der Stadt gestalten. 2. Hierzu wird berichtet: 1. Für den Senat ist „Nachhaltige Entwicklung“ ein zentrales Ziel der Politik, das die natürlichen Grundlagen des Lebens und Wirtschaftens langfristig sichert, den sozialen Zusammenhalt der Bürger erhält und die Stadt auf Dauer in eine wirtschaftlich stabile Zukunft führt. Der Senat begrüßt und unterstützt in diesem Zusammenhang die Strategie der Bundesregierung für eine nachhaltige Entwicklung „Perspektiven für Deutschland“, und die 2001 in Göteborg beschlossene Strategie der Europäischen Union „Nachhaltige Entwicklung in Europa für eine bessere Welt“. Der Senat nimmt den gegenwärtigen Arbeitsstand der Berliner Lokalen Agenda 21 (siehe Anlage) zur Kenntnis. Er betrachtet ihn als wichtigen Schritt zur Fertigstellung der Berliner Lokalen Agenda 21 zum Herbst 2003. Dieser Entwurf ist in einem intensiven Dialog zwischen dem Agendaforum mit seinen ehrenamtlichen Akteuren und den Senatsverwaltungen entstanden und enthält noch verschiedene inhaltliche Dissenspunkte. Darüber hinaus erhebt der Entwurf in seinem jetzigen Stadium nicht den Anspruch, in seinen Zielen die realen finanziellen und sonstigen Rahmenbedingungen des Landes Berlin berücksichtigt zu haben und die Meinung des Senats in allen Bereichen widerzuspiegeln. Die Ziele und die damit verbundenen Indikatoren stehen unter einem ausdrücklichen Finanzvorbehalt. Im Zuge der Überarbeitung des Entwurfs der Lokalen Agenda 21 wird den finanziellen Rahmenbedingungen Rechnung getragen; sie werden bei der Umsetzung in einen Nachhaltigkeitsplan Berücksichtigung finden. Diese Umsetzung ist ausdrücklich der späteren Phase, nach der generellen Diskussion des Entwurfs vorbehalten. Der Entwurf mit seinen Ideen und prinzipiellen Zielsetzungen geht insofern in Teilen über die Vorstellungen des Senats hinaus und bedarf noch einer intensiven Diskussion. Unter der Überschrift „Geschlechtergerechtigkeit umsetzen“ und mit dem Untertitel „nur Unterschiede machen gleich“ fordert der Agendaentwurf ökonomische, politische und soziale Geschlechtergerechtigkeit, sowie eine Gleichbehandlung geschlechtsspezifischer Differenzen in Politik- und Handlungsfeldern. Zu den Umsetzungsprogrammen zählen Frauenförderung und Gender Mainstreaming aber auch Maßnahmen, die Erwerbsarbeit mit Erziehungs- und Pflegeaufgaben für Männer und Frauen vereinbar machen. Die Prinzipien nachhaltigen Handelns liegen dem Entwurf der Berliner Agenda 21 für die vordringlichen Handlungsfelder der Stadtpolitik zugrunde. Bei diesen Handlungsfeldern handelt es sich um Bereiche, in denen die gegenwärtige Lebensweise am stärksten mit den Zielen nachhaltiger Entwicklung kollidiert oder in denen Berlin besondere Potentiale für eine zukunftsfähige Entwicklung in sich trägt. In zunehmendem Maße müssen die Prinzipien nachhaltigen Handelns aber auch auf alle anderen politischen Handlungsfelder übertragen werden. Dies ist ein langwieriger und auf Langfristigkeit konzipierter Prozess, der mit anderen, kurzfristigen Zie- Für den Bereich Verkehr und Mobilität fordert der Agendaentwurf „Verkehrsnetze ohne Hetze“, die „punktgenau und ohne Stress“ zum Ziel führen und formuliert dafür wirtschaftliche, ökologische und soziale Zielkataloge. Zu den ökonomischen Zielen gehören die bessere Ver- 2 Abgeordnetenhaus von Berlin – 15. Wahlperiode Drucksache 15/ 1388 Wohlstandes. Für den Einzelnen misst sich die Bedeutung seiner Arbeit daran, in wie weit sie ihm ein ausreichendes Einkommen, gesellschaftliche Anerkennung, persönliche Entfaltungsmöglichkeiten und gesellschaftliche Teilhabe ermöglichen. Die Gestaltung der Arbeitswelt und der Strukturen der Arbeit unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit erfordert, soziale, ökonomische und ökologische Ziele gleichzeitig angemessen zu berücksichtigen. Vor dem Hintergrund hoher Arbeitslosigkeit und der gesellschaftlichen Veränderungsprozesse besteht die Herausforderung der Zukunft darin, einen neuen gesellschaftlichen Konsens in Bezug auf die gerechte und zukunftsfähige Ausgestaltung des Zugangs zur Erwerbsarbeit, der sozialen Sicherung, der Inhalte, der Bedingungen und Formen der Arbeit zu finden. Von wesentlicher Bedeutung ist hierbei die Förderung der Humankapitalentwicklung, insbesondere die Unterstützung der Prozesse des lebenslangen Lernens. knüpfung Berlins international, aber auch regional sowie die Effizienzsteigerung der Verkehrssysteme. Wichtigstes Umweltziel ist die Verringerung des Verbrauchs natürlicher Ressourcen, sei es von Energie oder von freier Fläche. Dazu soll die stärkere Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel und ein höherer Anteil des nichtmotorisierten Verkehrs beitragen, was eine bessere Erschließung der Stadt für diese Verkehrsmittel voraussetzt. Der Klimaschutz steht unter der Überschrift „Energisch für den Klimafrieden sparen“. Danach konzentriert sich Berlins Beitrag für den Schutz vor globalen Klimaänderungen auf die Verminderung der CO2-Emissionen um 40 % bis zum Jahr 2020. Als kurzfristigen Beitrag fordert der Agendaentwurf dafür die Verdoppelung des Anteils an regenerativen Energien bis 2003. Soziale Stadtentwicklung/Soziale Kohäsion stellt eine Integrationsaufgabe zur Verhinderung der Entwicklung einer dualen, gespaltenen Gesellschaft mit sozialen Verwerfungen dar. Zentrales Ziel der sozialen Stadtentwicklung in benachteiligten Gebieten ist, den komplexen Problemüberlagerungen im sozio-ökonomischen, ethnischen und baulich-räumlichen Bereich entgegenzuwirken und eine weitere selektive Mobilität (Segregation) zu verhindern. Den Bewohnern/-innen soll das Vertrauen in ihre Kompetenz, eine gesellschaftlich akzeptierte Rolle übernehmen zu können, zurückgegeben werden. Ausbildung, berufliche Weiterbildung und Beschäftigung sind in Berlin mit Blick auf die Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung, der Persönlichkeitsentfaltung jedes Einzelnen und der aktiven Teilnahme aller am politischen, kulturellen und sozialen Leben zu gestalten. Hierzu sind integrierte Ansätze erforderlich, für die die Europäische Union mit der Lissabonner Strategie erste Eckpunkte aufgezeigt hat. Der Strukturwandel zur Informationsgesellschaft entwickelt sich einerseits spontan, andererseits unterstützt der Senat diese Entwicklung, um die wirtschaftliche Zukunft Berlins zu sichern. Die mit der Förderung der Informations- und Kommunikationstechnik einhergehenden sozialen und ökologischen Fragen werden in einer nachhaltigen Wirtschaftsförderpolitik mit bedacht. Zurzeit besteht jedoch die Gefahr einer „digitalen Spaltung“ der Gesellschaft. Diese Spaltung in Bürger/Bürgerinnen, die sich diese Technik zu nutze machen können und solche, die auf Grund ihrer mangelnden Fähigkeit oder ihrer mangelnden Finanzkraft keine Möglichkeit dazu haben, ist schon erkennbar; sie könnte sich mit weiterem Fortschreiten zu einem relevanten sozialen Problem entwickeln. Hier besteht die Möglichkeit, präventiv eine Entwicklung in die richtige Bahn zu lenken, und nicht – wie in den anderen Handlungsfeldern – erst im Nachhinein mühsam korrigierend einzugreifen. Diesen Zielen dienen u. a. Programme/Strategien, wie Stadtteilzentren/ Nachbarschaftsheime, Bezirkliche Bündnisse für Wirtschaft und Arbeit sowie Quartiersmanagement. Der Senat von Berlin hat den Appell der Konferenz von Rio 1992 zur Partizipation aufgegriffen, in einem intensiven Konsultationsprozess ein Zukunftsprogramm für die Stadt, die Lokale Agenda 21, aufzustellen. Nur durch einen breiten Konsens in und mit der Bevölkerung lässt sich die für eine nachhaltige Entwicklung notwendige Bereitschaft zum gesellschaftlichen Wandel erreichen. Die im Agendaentwurf dargestellten Ideen zu einer weitergehenden Bürgerbeteiligung gehen über die derzeitigen Vorstellungen des Senats sehr weit hinaus und müssen deswegen noch intensiver diskutiert werden als in den anderen Handlungsfeldern. Unabhängig davon stärkt der Senat bereits jetzt z. B. im Rahmen des Quartiermanagements das Engagement und die Entscheidungskompetenz der Bürgerinnen und Bürger. Da nachhaltige Entwicklung Verhaltensänderungen voraussetzt, spielt die Bildung eine große Rolle. Bildung für Nachhaltigkeit beinhaltet zu aller erst natürlich Bildung mit all ihren Facetten und Voraussetzungen wie „Wissen als Grundlage für Urteils- und Entscheidungsfähig- Arbeit ist Grundlage des gesellschaftlichen 3 Abgeordnetenhaus von Berlin – 15. Wahlperiode Drucksache 15/ 1388 keit“ und „Lebenslanges Lernen“. Wesentlich dazu kommt das „vernetzte und langfristige Denken“, das abkommt von der isolierten und kurzfristigen Optimierung einzelner Ziele. Dieses Denken wird mit dem Pilotprogramm der Bund-Länder-Kommission zur nachhaltigen Bildung („BLK 21“) erprobt. Als zweiter Schwerpunkt nachhaltiger Bildung ist der Spracherwerb als Grundlage der Integration zu sehen; nur so kann die Integrität der Stadt in sozialer und wirtschaftlicher Hinsicht erhalten bleiben. Diskussion des Entwurfes in verschiedenen Gremien und Veranstaltungen mit dem Ziel, – – – Als weltoffene Metropole ist sich Berlin seiner Verantwortung in der „Einen Welt“ bewusst. Die Stadt kann dieser Verantwortung unter dem Leitbild „Zurückgeben: Gerechte Chancen und solidarischer Austausch“ gerecht werden – nach außen im Austausch von Wissen und Erfahrung mit anderen Städten und nach innen als tolerante Stadt für Menschen aus aller Welt. Der Agendaentwurf setzt dabei auf die Stärken Berlins mit seiner Vielzahl an Initiativen, Städtepartnerschaften, seiner Sprach- und Kulturvielfalt und fordert die Entwicklungsverträglichkeit als Merkmal der Berliner Landespolitik ein. 3. – den Agendaentwurf bekannt zu machen, zu diskutieren und fortzuschreiben, einen Konsens über die wesentlichen Fragen zwischen den Beteiligten zu erreichen neue Projekte in den Handlungsfeldern anzuregen und weitere Menschen in die Diskussion und die Projekte einzubeziehen. Mai bis August 2003: Auswertung der Diskussion; Einarbeiten der Vorschläge in den Entwurf Erstellen des Nachhaltigkeitsplans als Teil der Berliner Agenda 21 Herbst 2003: Vorlage der Berliner Agenda 21 an das Abgeordnetenhaus Der Entwurf der Berliner Agenda 21 stellt in den Bestrebungen des Senats um eine nachhaltige Entwicklung einen wichtigen Schritt dar. Mit dem darin verfolgten partizipativen Ansatz wird deutlich, dass die Agenda 21 nicht alleine ein Programm von Politik und Verwaltung ist, sondern das Ergebnis eines gesellschaftlichen Dialoges. Diesen gilt es mit dem vorliegenden Entwurf aber noch erheblich zu intensivieren. Dafür werden die Senatsverwaltungen verstärkt den Dialog mit der Bevölkerung führen. Der Senat fordert alle gesellschaftlichen Gruppen und Institutionen der Stadt auf, sich an dieser Diskussion zu beteiligen. Ab Herbst 2003: Umsetzung und Fortschreibung der Berliner Agenda 21 Kostenauswirkungen auf Privathaushalte und/oder Wirtschaftsunternehmen, Auswirkungen auf die Zusammenarbeit mit dem Land Brandenburg sowie Auswirkungen auf den Haushaltsplan und die Finanzplanung ergeben sich durch die Mitteilung – zur Kenntnisnahme – Erstellung einer „Lokale Agenda Berlin 21“ nicht. Hierfür ist folgender Zeitplan vorgesehen: Dezember 2002 bis April 2003: Berlin, den 24. Februar 2003 Der Senat von Berlin Der Regierende Bürgermeister In Vertretung Sch mitz Chef der Senatskanzlei Ausschuss-Kennung : JugFamSchulSportgcxzqsq 4 S tr ied er Senator für Stadtentwicklung