Persönlichkeit

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Psychosomatische Medizin und
Psychotherapie
Persönlichkeitsstörungen und ihre
Bedeutung in der Psychosomatischen
und Psychotherapeutischen Medizin
(Ausgewählte Folien zur Vorlesung)
[email protected]
Menschliche „Eigenschaften“ (1)
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Freundlich, gutmütig, gefühlvoll, ehrlich,
aufrichtig, humorvoll, verträglich,
vertrauenerweckend, selbstbewusst,
hilfsbereit, achtsam, aufmerksam,
einfühlsam, besonnen, treu, warmherzig ...
Menschliche „Eigenschaften“ (2)
z
Ängstlich, rechthaberisch, misstrauisch,
eifersüchtig, kühl, distanziert,
überschwenglich, egoistisch, abhängig,
hilflos, inkompetent, stimmungslabil, traurig,
hyperthym...
Menschliche „Eigenschaften“ (3)
z
Reizbar, explosiv, aggressiv, feindselig,
streitsüchtig, paranoid, amoralisch,
verächtlich, kriminell, amoralisch,
rücksichtslos, gefühllos ...
Persönlichkeit
Summe psychophysischer
Eigenschaften einer Person, die ihr
individuelles Verhalten und Erleben
bestimmen
Hippokrates
Geb. ca. 460 v. Chr.,
wahrscheinlich auf der
Insel Kos
(Griechenland), gest.
zw. 370 und
380 v. Chr. in Larissa
(Griechenland)
Temperamente nach Hippokrates
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Blut ("Sanguis"): Sanguinisch (heiter, aktiv)
Schleim ("Phlegma"): Phlegmatisch (passiv,
schwerfällig)
Schwarze Gallenflüssigkeit ("Melas Cholé"):
Melancholisch (traurig, nachdenklich)
Gelbe Gallenflüssigkeit ("Cholé"): Cholerisch
(reizbar und erregbar)
Immanuel Kant
z
* 22. April 1724 in Königsberg;
† 12. Februar 1804 ebenda.
War deutscher Philosoph im
Zeitalter der Aufklärung. Er
zählt zu den bedeutendsten
Philosophen der
abendländischen Philosophie.
Sein Werk Kritik der reinen
Vernunft kennzeichnet einen
Wendepunkt in der
Philosophiegeschichte und den
Beginn der modernen
Philosophie.
Immanuel Kant: Versuch über die
Krankheiten des Kopfes, 1764
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Der stumpfen Kopf (ermangelt des Witzes),
der Dummkopf (ermangelt des Verstandes),
der Einfaltspinsel (Schwäche der Urteilskraft),
der Tor (urteilt töricht trotz guten Verstandes),
der Narr (verkehrte Vernunft),
der Hochmütige (teils alberne, teils aufgeblasene
Narren)...
Versuche, mit dem Problem der
Stigmatisierung umzugehen
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„Im psychiatrischen Sprachgebrauch geht die
Tendenz dahin, den mit Wertvorstellungen
belasteten Begriff Psychopath durch den (noch)
wertfreien Begriff der abnormen Persönlichkeit zu
ersetzen.“ (Peters, 1974)
„Nicht scharf unterschieden wird zwischen den
Begriffen Persönlichkeit und Charakter, doch geht
die Tendenz dahin, von Persönlichkeit zu sprechen,
da Charakter mit Wertungen verbunden ist“
(Peters, 1974)
Strukturbegriff der Persönlichkeit
zGanzheitliches
Gefüge psychischer Dispositionen
zZeitüberdauerndes, Regelhaftes, Repetitives im
Erleben und Verhalten
zZielt auf intrapsychisches und interpersonelles
Gleichgewicht (Stabilisierungsfunktion)
Grundformen der Angst
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Nach Riemann (1961) spielen bei der
Persönlichkeitsentwicklung besondere biografische
Konflikte und Ängste eine Rolle, wie z. B.
Angst vor zu viel Nähe, vor Hingabe, Ich-Verlust beim
Schizoiden,
Angst vor Autonomie und Geborgenheitsverlust beim
Depressiven und Dependenten,
Angst vor Veränderung beim Zwanghaften
Angst vorm Erwachsen-Werden beim Hysterischen
Wichtige Konzepte
Behavioristisch
z Psychoanalytisch
Neurowissenschaftlich
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Das behavioristische Paradigma
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Menschliches Lernen folgt drei universellen
Lerngesetzen: dem klassischen und dem
operanten Konditionieren sowie dem
Nachahmungslernen.
Lernende sind Resultat ihrer Lernumwelt.
Die durch die individuelle Lerngeschichte
geprägte Persönlichkeit hat großen Einfluss
auf alle weiteren Lernprozesse.
Psychoanalytische
Persönlichkeitskonzepte
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Psychoanalytische Persönlichkeitskonzepte
betonen die Rolle zwischenmenschlicher
Beziehungen für die Entwicklung der
Persönlichkeit und entsprechenden
Gestaltung der Beziehungen.
Fixierungen und Abwehrformen prägen
gemeinsam die Persönlichkeit bzw. den
Charakter.
Interaktion, Struktur und Funktion
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„Genes form the structure of the infant brain, the infant´s
experience in the world then fine-tunes the pattern of
neural connections underlying the brain´s functions. Such
fine-tuning must continue through adulthood.“ (Wiesel,
Science 264: 1647, 1994).
"Gene formen die Struktur des kindlichen Gehirns, doch
die Erfahrungen des Kindes in der Welt sind es, welche
die Feinregulierung der neuronalen Verbindungen
bestimmen, welche der Hirnfunktion zugrunde liegen.
Diese Feinregulierung setzt sich im Erwachsenenalter
fort."
Ätiologie und Pathogenese der
Persönlichkeitsstörungen
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Sozialen Lebensbedingungen
Menschliches Lernen
Entwicklung der Gefühle
Adaptive Überlebensstrategien des Kindes
Genetische Einflussfaktoren
Diagnostisch Leitlinien
Persönlichkeitsstörungen
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Zeigen deutliche Unausgeglichenheit in Einstellungen und
Verhalten, Affektivität, Antrieb, Impulskontrolle,
Wahrnehmung und Denken sowie zwischenmenschlichen
Beziehungen (Ich-Funktionen).
Sind andauernd, nicht auf Episoden begrenzt.
Sind tief greifend und in vielen Situationen unpassend.
Entstehen immer in Kindheit oder Jugend, manifestieren
sich aber auf Dauer erst im Erwachsenenalter.
Führen zu Leid in zwischenmenschlichen Beziehungen. Zu
subjektivem Leiden, ggl. erst im Verlauf.
Sind häufig mit deutlichen Einschränkungen der beruflichen
und sozialen Leistungsfähigkeit verbunden.
Persönlichkeiten nach ICD-10
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Paranoide
Es dominieren Misstrauen, Empfindlichkeit und Ressentiment.
Schizoide
Rückzug, Gefühlsarmut, Gleichgültigkeit (schizoide
Pseudoherzlichkeit).
Dissoziale
Missachtung, Gefühllosigkeit, Aggressivität, Drohungen, Gewalt,
Zerstörung von Beziehungen Schuldprojektion.
Emotional Instabile
Impulsiv, Streit, Wut- und Gewaltausbrüche, unbeständig, launisch.
Borderline
Selbstbild unsicher, instabile Beziehungen, Verlustangst, Drohungen,
Selbstschädigungen, Leeregefühle.
Persönlichkeiten nach ICD-10
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Histrionisch
Theatralisch, suggestibel, oberflächlich, Mittelpunkt, verführerisch.
Anankastisch
Pedantisch, rigide, leistungsbezogen, perfektionistisch, geizig..
Ängstlich
Angespannt, besorgt, wenig Selbstvertrauen, Angst abgelehnt zu
werden..
Abhängig, asthenisch
Große Trennungs- und Verlustängste, fühlen sich alleine hilflos,
inkompetent, Dekompensation bei Partnerverlust, streben
„symbiotische“ Beziehung an, ordnen sich unter aber manipulieren.
Narzisstisch
Instabiles Selbstgefühl und ausgeprägte Selbstunsicherheit, welche
durch Phantasien von Überlegenheit und Größe zu kompensieren
versucht werden, gefühlloser und ausbeuterischer Umgang mit
Menschen.
Anankastische Persönlichkeit
Übertragung / Gegenübertragung
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Der Arzt soll dem Patienten
für alles eine rationale
Begründung liefern. Er
zweifelt am Erfolg therapeutischer Maßnahmen. Der
Arzt soll ihm genaue und
100%-ige Vorhersagen
machen. Über Gefühle mag
der Patient nicht angesprochen werden.
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Der Arzt fühlt sich in Frage
gestellt und von der
pedantischen Art und von
dem Kontroll- und
Dominanzverhalten des
Patienten genervt. Deshalb
sind Verärgerung und
Ablehnung häufige
Gegenübertragungsreaktionen des Arztes.
Abhängige Persönlichkeit
Übertragung / Gegenübertragung
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Der Patient sucht einen
Menschen, an den er sich
anklammern kann. Das
Getrennt-Sein bedeutet für
ihn Gefahr der psychischen
Dekompensation (Objektverlustbedrohung). Unreife,
infantile psychische
Funktionsweise mit unterdrückter Aggression.
z
Von dem Erwartungsdruck
und von dem Nähe-Wunsch
überfordert. Gefühl, Distanz
schaffen zu müssen.
Ärgerlich, aber gehemmte
Aggression, da man den
Patienten nicht
destabilisieren will.
Borderline Störung
Übertragung / Gegenübertragung
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Taxiert den Arzt in Sinne
seiner Gut-Böse-Spaltung
und reagiert entsprechend
mit intensiven Beziehungswünschen zur Triebbefriedigung und zur Erfüllung
narzisstischer Bedürfnisse oder er reagiert mit
abweisenden Aggressionen.
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Gerade im Hinblick auf die
emotionale Instabilität und
die mangelnde Impulskontrolle ist der Arzt verunsichert und besorgt - um
den Patienten und um sich
selbst: „Was tut der Patient,
wenn er hier rausgeht?“ „Was tut der Patient hier im
nächsten Moment?“
Häufige pathogene Konfliktmuster
Anorexie
Autonomie – Angst vor Autonomie
Zwanghaftigkeit
Herrschen – Angst, beherrscht zu werden
Angst und Selbstunsicherheit
Selbsteinschätzung - Fremdeinschätzung
Fehlendes ich-dystones
Störungsbewusstsein
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Das meist bei anderen psychischen
Störungen vorhandene ich-dystone (nicht
zu sich selbst zugehörige)
Störungsbewusstsein fehlt meist bei
Persönlichkeitsstörungen oder ist nur gering
ausgeprägt.
Psychische Störung und
Persönlichkeit
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In Zeiten der Verunsicherung sucht der Patient
meist unbewusst Rückhalt in vertrauten
Problembewältigungsmustern.
Dies können zwanghafte, abhängig,
narzisstische, misstrauische Züge sein.
Deshalb sind wir bei kranken Menschen oft
stärker mit deren Persönlichkeitseigenschaften
konfrontiert als bei Gesunden.
Therapieformen bei
Persönlichkeitsstörungen
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Störungsorientierte Behandlungsverfahren
Kognitiv verhaltenstherapeutische Verfahren
Supportive Psychotherapie
Tiefenpsychologisch fundierte Verfahren
Psychoanalytische Verfahren
Therapieziele bei introvertierten
Persönlichkeitsstörungen
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Überzogene Selbstkritik abbauen
Überstrenge Gewissens-Instanz abbauen
Reduziertes Selbstvertrauen aufbauen
Instabiles Selbstgefühl festigen
Konfliktfähigkeit fördern und trainieren
Therapieziele bei expansiven
Persönlichkeitsstörungen
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Ansprüche reduzieren
Anpassung fördern und üben
Probleme nicht nur bei anderen suchen
Reflexion und Introspektion fördern
Bedürfnisse und Gefühle anderer
wahrnehmen
Eigene Gefühle differenzierter wahrnehmen
Umgang mit schwer strukturell
gestörten Patienten
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Bei strukturell gestörten Patienten muss der
Therapeut ein Stück verlässlicher Realität darstellen,
an welcher der Patient sich orientieren kann. Dazu
gehört, dass er ihn in begrenztem Umfang korrigiert.
Der Arzt stellt dem Pat. zur Verfügung, was dieser
nicht hat und nimmt so Einfluss auf das gestörte
Selbstkonzept und auf die gestörten zwischenmenschlichen Beziehungen.
Arzt mit depressiven
Strukturanteilen
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Depressiv strukturierte Ärzte sind meist
hilfsbereit, geduldig, einfühlsam.
Neigen zur Selbstüberforderung durch zu
starke Identifizierung mit dem Patienten.
Gefahr zu stützend, zu verwöhnend zu
bindend mit dem Patienten umzugehen.
Mangelnde Förderung der Individuation.
Unterdrückte Formen von Aggression.
Arzt mit zwanghaften
Strukturanteilen
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Theorie, behandlungstechnische Regeln und
Methoden im Vordergrund.
Wahrt objektivierende Distanz.
Wenig emotionale und unpersönliche ArztPatient-Beziehung.
Achtet stets (bewusst oder unbewusst)
darauf, wer wen beherrscht und kontrolliert.
Arzt mit narzisstischen
Strukturanteilen
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Der Patient wird abstrakt als Fall bzw. als
wissenschaftliches Objekt betrachtet.
Möchte vor dem Patienten omnipotent
dastehen und naiv bewundert werden.
Fühlt sich leicht angegriffen.
Reagiert auf Frustrationen und Kränkung mit
scharfer, entwertender Kritik.
Was müssen wir wissen?
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Dass Persönlichkeitseigentümlichkeiten nicht vorschnell als
Persönlichkeitsstörung bewertet werden sollten.
Modelle und Kriterien von Persönlichkeitsstörungen kennen.
Dass die Persönlichkeit einen starken Einfluss auf die
Lebensumstände und auf das soziale Bezugssystem hat.
Dass Persönlichkeitsaspekte in der Arzt-Patient-Beziehung
eine große Rolle spielen.
Dass die Krankheitsverarbeitung sehr von der Persönlichkeit
des Patienten abhängt.
Welche Persönlichkeitsstörungen im ICD-10 beschrieben sind.
Dass an Entstehung und Aufrechterhaltungen von Krankheiten
Persönlichkeitsaspekte oft einen großen Anteil haben.
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