Vorstellung des Berufskodexes der Sozialen Arbeit AvenirSocial – Soziale Arbeit Schweiz 29. November 2011 – Sektion Graubünden Stéphane Beuchat, Stellv. Geschäftsleiter 1 Vorstellung des Berufskodexes der Sozialen Arbeit • • • • • • • • • • Wie sind wir zu diesem Kodex gekommen? Zweck des Berufskodexes Aufbau des Berufskodexes I Einleitung II Grundsätze der Sozialen Arbeit (Ethos) III Grundwerte der Sozialen Arbeit (Moralität) IV Handlungsprinzipien der Sozialen Arbeit (Moral) Grundfigur ethischer Reflexion Elemente kollegialer berufsethischer Beratung Diskussion 2 Wie sind wir zu diesem Kodex gekommen? © AvenirSocial _ Portrait _ 2011 Statuten Art. 16 Mitgliederpflichten: Die Mitglieder von AvenirSocial verpflichten sich, nach dem Berufskodex zu handeln, die Verbandszwecke zu respektieren und den Mitgliederbeitrag zu bezahlen. Demokratischer legitimierter verbandsinterner Prozess Kasuistik: Betrachtung von Einzelfällen 3 Zweck des Berufskodexes (Ziff. 6.1, 6.2) Arbeitsfeldern AdressatInnen fördern | | | | unterschiedliche Organisationsebene unterschiedliche Organisationsebene unterschiedliche Organisationsebene | Themen beraten Tätigkeiten betreuen kollektive AdressatInnen Probleme A B unterstützen 4 Zweck des Berufskodexes • Der Berufskodex ist ein Instrument zur ethischen Begründung der Arbeit mit Klientinnen und Klienten, die in besonderer Weise verletzbar oder benachteiligt sind, d.h. mit Individuen, Familien, Gruppen und Gemeinwesen. (Mikro-, Meso- und Makroebene) • Der Berufskodex dient als Orientierungshilfe für die Entwicklung eines professionsethisch begründeten Berufsalltags und hilft Stellung zu nehmen. © AvenirSocial _ Portrait _ 2011 Seitens der Professionellen braucht es entsprechende Kompetenzen. So verlangt professionelles Handeln in der Sozialen Arbeit neben dem gegenstandstheoretischen Wissen und der Handlungskompetenz die Kompetenz der Werte-Erwägung in ethischen Dilemmata (individuell) moralischen Urteilsbildung in Handlungssituationen (kollegial) Berufsethischen Rechtfertigung Sozialer Arbeit (strukturell) 5 Zweck des Berufskodexes Werte der Einrichtun g Werte der Gesellschaft Spannungs -feldern Persönlich e Werte Werte des Berufs © AvenirSocial _ Portrait _ 2011 6 Aufbau des Berufskodexes I Einleitung Zweck, Zielgruppen und Grundlagen II Grundsätze der Sozialen Arbeit (Ethos) Ethische Grundzüge der Sozialen Arbeit III Grundwerte der Sozialen Arbeit (Moralität) Grundwerte als “Scharnier” zwischen philosophischer Ethik und moralischem Handeln IV Handlungsprinzipien der Sozialen Arbeit (Moral) Die ethisch begründeten Werte werden auf die verschiedenen Ebenen “exemplarisch angewendet” 7 Aufbau des Berufskodexes Wechselseitige Bezogenheit Ethik (Werte) I Philosophie II A ngewandte Ethik III Axiologie Sozialer Arbeit Moralität Zentrale berufs ethische Prinzipien der Sozialen Arbeit ; internationale ethische Richtlinien (berufspolitische Legitimation) Moral (Normen) Zentrale berufsmoralische Maximen (Werte -Erwägungen und Moralische Urteilsbildung in konkreten Handlungssituati onen) © Beat Schmocker 8 I Einleitung Basis sind die Menschrechte, sie sind: universell, unteilbar und unveräusserlich Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, Art. 1: „Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren.“ politisch- bürgerliche und soziale, wirtschaftliche und kulturelle Menschenrechte 9 II Grundsätze der SA (Ethos) Ethische Grundzüge der Sozialen Arbeit: 4. Leitidee und Menschenbild der SA Ableitungen für die Moral und Moralität der SA 5. Ziele und Verpflichtung der SA Verpflichtung zum Tripelmandat 6. Dimensionen und Dilemmata in der Praxis der SA Ethos der Sozialen Arbeit: worauf letztlich jede Soziale Haltung, alle moralischen Grundsätze und Normen unserer Profession gründen. Durch das Ethos wird die Einheit der pProfession konstituiert und integriert. Hier werden Vorstellungen skizziert, die typisch sind für die Praxis Sozialer Arbeit, wie .... 10 Verantwortungsbereiche Sozialer Arbeit (Ziff. 5.2) Abbildung 2 : Mandate un d Verantwortungsbereiche Sozialer Arbeit in ihrer Interdependenz © Beat Schmocker 11 III Grundwerte der SA (Moralität) Grundwerte als “Scharnier” zwischen philosophischer Ethik und moralischem Handeln: 7. Definition der SA drei berufsmoralische Felder, die die Moralität der Sozialen Arbeit klar umreisst 8. Menschenwürde und Menschenrechte 9. Soziale Gerechtigkeit Moralität der Sozialen Arbeit: erlaubt, eine Handlung als eine moralisch gute Handlung zu bezeichnen, und die das oberste Prinzip der Sozialen Arbeit umreisst, sind exemplarisch Ansprüche formuliert: 12 Definition der Sozialen Arbeit (Ziff. 7.1 - 7.3) 7.1 Die Profession Soziale Arbeit fördert den sozialen Wandel, Problemlösungen in zwischenmenschlichen Beziehungen sowie die Ermächtigung und Befreiung von Menschen mit dem Ziel, das Wohlbefinden der einzelnen Menschen anzuheben. 7.2 Indem sie sich sowohl auf Theorien menschlichen Verhaltens als auch auf Theorien sozialer Systeme stützt, vermittelt Soziale Arbeit an den Orten, wo Menschen und ihre sozialen Umfelder aufeinander einwirken. 7.3 Für die Soziale Arbeit sind die Prinzipien der Menschenrechte und der sozialen Gerechtigkeit fundamental. IFSW & IASSW, 2001: www.ifsw.org 7.1 Der erste ‚Moralitäts-Standpunkt’ verlangt die analytische wie praktische DreiNiveaunalität Sozialer Arbeit. Makro-Ebene: sozialer Wandel verbunden mit politischen Rechten und Pflichten Mikro-Ebene: Ermächtigung und Befreiung Meso-Ebene: Problemlösung in zwischenmenschlichen Beziehungen 7.2 Der zweite ‚Moralitäts-Standpunkt’ verlangt die vermittelnde (inter-venire im Sinne von dazwischen kommen, einschreiten) Funktion Sozialer Arbeit, und zwar an einem spezifischen gesellschaftlichen Ort, nämlich immer dort, wo die Interaktionsbeziehungen der Menschen insbesondere solche Sozialstrukturen und soziale Systeme hervorbringen, die erfülltes Mensch-Sein ermöglichen. 7.3 Der dritte ‚Moralitäts-Standpunkt’ verlangt die Herleitung der Wertelehre (Axiologie) Sozialer Arbeit aus den durch die Menschenwürde legitimierten Prinzipien der Menschenrechte einerseits und aus der sozialen Gerechtigkeit als anzustrebende generelle Zielsetzung andererseits. 13 Definition der Sozialen Arbeit (Ziff. 7.1 - 7.3) Folglich steht im Zentrum der Imperativ für soziale Gerechtigkeit zu sorgen, die Menschenwürde zu schützen und den Menschenrechten zum Durchbruch zu verhelfen, also die Realisierung menschengerechter Ordnung politisch einzufordern. © Beat Schmocker 7.1 Der erste ‚Moralitäts-Standpunkt’ verlangt die analytische wie praktische DreiNiveaunalität Sozialer Arbeit. Makro-Ebene: sozialer Wandel verbunden mit politischen Rechten und Pflichten Mikro-Ebene: Ermächtigung und Befreiung Meso-Ebene: Problemlösung in zwischenmenschlichen Beziehungen 7.2 Der zweite ‚Moralitäts-Standpunkt’ verlangt die vermittelnde (inter-venire im Sinne von dazwischen kommen, einschreiten) Funktion Sozialer Arbeit, und zwar an einem spezifischen gesellschaftlichen Ort, nämlich immer dort, wo die Interaktionsbeziehungen der Menschen insbesondere solche Sozialstrukturen und soziale Systeme hervorbringen, die erfülltes Mensch-Sein ermöglichen. 7.3 Der dritte ‚Moralitäts-Standpunkt’ verlangt die Herleitung der Wertelehre (Axiologie) Sozialer Arbeit aus den durch die Menschenwürde legitimierten Prinzipien der Menschenrechte einerseits und aus der sozialen Gerechtigkeit als anzustrebende generelle Zielsetzung andererseits. 14 IV Handlungsprinzipien der SA (Moral) Die ethisch begründeten Werte werden auf die verschiedenen Ebenen “exemplarisch angewendet” Moralische Kompetenz in der SA zu besitzen meint: Das moralisch Imperative wird auf die Verantwortungsbereiche im Praxisalltag ‚umgelegt’. Hier sind exemplarisch moralische Grundeinstellungen, die Rechte und Pflichten umfassen, formuliert, die der individuellen Handlungsverantwortung geschuldet sind, in Bezug auf: eine ethisch begründete Praxis und Handlungsmaximen bezüglich der eigenen Person, der Arbeit mit KlientInnen, der Gesellschaft, der eigenen Profession, der interprofesionellen Kooperation Moralische Teil des Handlungskontextes indem die Moralität, das moralisch imperative, auf die Verantwortungsbereiche im Praxisalltag ‚umgelegt’ wird. Hier sind exemplarisch moralische Grundeinstellungen, die Rechte und Pflichten umfassen, formuliert, die der individuellen Handlungsverantwortung geschuldet sind. Insofern sind die moralischen Regeln des Kodexes für Praktikerinnen und Praktiker auch moralisch einsichtig, müssen also nicht als ein von aussen auferlegter Zwang aufgefasst werden, weil sie ihre eigenen sind. Solche Regeln können jedoch als Garanten für grösstmögliche Orientierung im Hinblick auf die Sicherheit in Handlungsentscheidungen gelten. 15 Grundfigur ethischer Reflexion Von der Theorie zur Angewandten Ethik Die Moralität der Sozialen Arbeit ist dabei das Scharnier, das sowohl Ethos und Moral Sozialer Arbeit als auch Berufspolitik und Handlungstheorie miteinander verknüpft, damit Professionelle in der Praxis für beliebige, jedoch stets konkrete Handlungssituationen Rechenschaft abgeben können über das Wollen und Dürfen, und über das Können und Sollen ihrer Profession, einerseits um ihr Tun – zur eigenen Sicherheit – fachlich begründen und andererseits – im Hinblick auf die Stärkung ihrer Profession – gegen Aussen (sozial-) politisch legitimieren und verteidigen zu können. 16 Grundfigur ethischer Reflexion Soziale Arbeit als Profession Moralität der Sozialen Arbeit («flankierende Prinzipien») …hat sich zu bewegen auf der …hat dort die Funkt ion, …verlangt nach einer …impliziert Makroebene: mit den sozialen, politischen und ökonomischen Systemen sozialen Wandel, Strukturveränderungen zu fördern, welche/r Wohlbefinden / Bedür fnisbefriedigung ermöglicht / ermöglichen en Problemlösungen in zwischenmenschlichen Beziehungen zu fördern, welche Wohlbefi nden / Bedürfnisbefried igung ermöglichen Ermächtigung und Befreiung zu fördern, welche Wohlbefinden / Bedürfnisbefriedigung ermöglichen Moralphilosophie der Integration politische Rechte und Pflichten Moralphilosophie der Interaktion mediative Rechte und Pflichten Moralphilosophie der Person anthropologische / sozialpsychologi sche Rechte und Pflichten Mesoebene: mit deren kooper ativen und koprodu ktiven Prozessen der Gegen - und Wechselseitigkeiten Mikroebene: mit leibhaftigen Men schen als biops ychosoziale Mitgli eder sozialer Systeme © Beat Schmocker 17 Grundfigur ethischer Reflexion Die Moralität der Sozialen Arbeit lässt sich nun als Merksatz (“kategorischer Imperativ”) festhalten: Richte alle deine Handlungen dahingehend aus, im Rahmen deiner Möglichkeiten, auf allen Ebenen, die Fundamente für eine im Hinblick auf Bedürfnisbefriedigungs-Chancen ideale Interaktionsgemeinschaft real werden zu lassen. Darauf aufbauend lassen sich nun Werte und Normen für die Praxis Sozialer Arbeit näher bestimmen. 18 Grundfigur ethischer Reflexion Werte und Normen für die Praxis [Moral] («professionsmoralische Grundhaltungen») Gegenstandstheoretische bzw. berufspolitische Intentionen (Legitimation der Profession insgesamt) Ethische Werte (Ethos) Sozialer Arbeit Moralische Normen (Moral) Sozialer Arbeit …dass das Mensch-Sein als Mensch-inGesellschaft für alle Menschen möglich wird …menschengerechte Sozialstrukturen einfordern, die dem Recht jedes Menschen auf Chancen der Bedürfnisbefriedigung und Realisierung seines Wohlbefindens entsprechen Welt- und Gesellschaftsbild Anthropologie Gesellschaftstheorie Erklärungstheorie Axiologie (Wertelehre) Normen legitimen Handelns (Kodex) Wollen Dürfen Das ganze Leben jetzt! (Was ist der Mensch?) (Was können wir wissen?) Wage zu wissen! Handlungstheoretische bzw. Sozialpolitische Optionen (Legitimation konkreter Interventionen) Setze auf Gerechtigkeit! (Was dürfen wir tun?) (Was sollen wir tun?) Handle soziativ! Wissenschaftstheorie Erkenntnistheorie Gegenstandstheorie Handlungstheorie …den Anderen als den konkret Anderen erkennen und anerkennen …politisch (sozialer Wandel), mediativ (zwischenmenschliche Beziehungen) und sozialpsychologisch (Ermächtigung) motivierte Pflichten erfüllen und Rechte wahrnehmen Können Sollen © Beat Schmocker Bedeutsam dabei ist allerdings, dass sich •Wollen und Dürfen in einem (berufs-) politischen Verhältnis (Wollen setzt z.B. das Vorhandensein einer Profession voraus), und •Können und Sollen in einem handlungstheoretischen Verhältnis (Sollen setzt Können voraus) zueinander ins Verhältnis setzen lassen. 19 Elemente kollegialer berufsethischer Beratung I. II. III. IV. Rekonstruktion der Situation Sorgfältige Situationsanalyse mit allen Fakten und allen beteil igten Personen: Die verwendeten Begriffe und Daten sollten hinterfragt und überprüft, die widerstreite nden Interessen vollständig erfasst und die Handlungsalternativen realistisch eing eschätzt werden. Verallgemeinerung der Situationsbeschreibung hin zur z u bearbeitenden ethischen/moralischen Fragestellung Aufgrund dieser Ausgangslage können ethische Dilemmata, Werteerwägungen und moralische Handlungsentscheidungen einerseits abstrahierend und daher präziser beschrieben… Konzeptualisierung des ethischen/mor alischen Problems und andererseits kann autonomer nach relevanten ethischen Erklärungen und moralischen Modellen gesucht werden. Bewertung Erst von diesem ‹unparteiischen Standpunkt › aus liessen sich dann durch die Korrespondenz der Schritte II und III Normen und Prinzipien begründen oder kritisieren und Schlus sfolgerungen mit ‹Allgemeinheitsanspruch › (K) ziehen. © Beat Schmocker Elemente kollegialer berufsethischer Beratung 1. Rekonstruktion der Situation 2. Fragen zur Situation stellen (Dilemmatas) 3. Werte herauskristallisieren (III Grundwerte der SA) 4. Spannungsfelder beschreiben 5. Priorisieren und anhand des Berufskodexes ethische Erklärungen (II Grundsätze der SA) und moralische Handlungsprinzipien (IV Handlungsprinzipien der SA) ableiten 21