2012 Pseudoadikulärer Schmerz - Diagnostik [Kompatibilitätsmodus]

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17.05.2012
DIFFERENTIALDIAGNOSE PSEUDORADIKULÄRER
SYNDROME
J. Brandt
MEDICA-Klinik Leipzig
14. Jahrestagung DGNB,
Hannover, 11./12.Mai.2012
RÜCKENSCHMERZEN
Volkskrankheit Nr. 1!
31 % der Arbeitsniederlegung aufgrund von Rückenschmerzen
50 % der vorzeitig gestellten Rentenanträge aufgrund von
Rückenschmerzen
jeder 10. Patient in der allgemeinärztl. Praxis
jeder 2. Patient in der orthopädischen Praxis
kommt wegen Rückenschmerz 1
Altersgipfel zwischen 30 und 50 Jahren
1
Arzneimittelkommision 2000
1
17.05.2012
Differentialdiagnose Rückenschmerz
Deformitäten
Degenerative Erkrankungen
Funktionelle Erkrankungen
Tumoren
Entzündliche Erkrankungen
WS-Syndrome bei anderen Erkrankungen
Pseudoradikulärsyndrom
Zustände von segmentalem Schmerz und segmentalen reflektorischen
Krankheitszeichen ohne neurologische Ausfälle
= Pseudoradikulärsyndrom [BRÜGGER 1962]
Schmerzübertragung aus Gelenk- und Bandstrukturen
Radikulärsyndrom Schmerz entsteht aus nozizeptivem Reiz an Rezeptoren
der Nervenwurzel
erkrankt ist das Bewegungssegment !
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17.05.2012
Pseudoradikulärsyndrom - Symptome
tiefsitzende Kreuzschmerzen, die vor allem
nach längerem Stehen oder Gehen auftreten.
Ausstrahlung in Gesäß oder dorsalen Oberschenkel möglich
oft bis Höhe Kniekehle
Wirbelgelenke in Brustwirbelsäule betroffen:
Schmerzen ausstrahlend entlang des knöchernen Thorax nach vorn
mitunter atemabhängiger Schmerz
Pseudoradikulärsyndrom - Diagnostik
Bildgebende Diagnostik
radiolog. typisches Bild der Segmentdegeneration:
Bandscheibenprotrusion oder –prolaps
Spondylarthrose
ggf. Spondylose/Osteochondrose
DD nichtdegenerativer Erkrankungen
funktionelle Untersuchung !
ggf. psychosomatische Komorbidität
Berufsanamnese / berufsbedingte Belastungen
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17.05.2012
Pseudoradikulärsyndrom - Diagnostik
Klinik entscheidet !
Reklinationsschmerz
Erschütterungs-/Stauchungsschmerz
Federungsschmerz Facettengelenke (proc. transversus)
Tonussteigerung der segmentalen paravertebralen Muskulatur
Pseudo-Lasegue-Zeichen
ggf. Federungsschmerz / Blockierung ISG
ggf. Piriformis-Syndrom
Spinalkanalstenose
(Syndrom des engen Spinalkanals)
selten angeborene Spinalkanalstenose
+ degenerative Veränderung
Klinik:
tiefsitzender Rückenschmerz,
gürtelförmig nach ventral ausstrahlend
Besserung in Vorneige
claudicatio spinalis
in Spätstadien radikuläre Symptomatik
DD: PNP, PaVK
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17.05.2012
Spinalkanalstenose
Enger Spinalkanal:
Bandscheibenprotrusion
Rezessusstenose,
Flavumhypertrophie
Ausmaß der Einengung nur bedingte Korrelation zur Klinik
enger als benachbarte Segmente = relative SKSt
< 10mm sagitaler Durchmesser = absolute SKSt
Spondylolisthese - Klinik
an jedem Segment der LWS möglich, therapierelevant meist nur L5/S1
Ventralgleiten von L5, zunehmende Kyphosierung L5 gegenüber S1
kompensatorische Hyperlordose LWS,
max. Hüftextension (HL-Strecksteife)
Spondyloptose - Beckenkippung nimmt zu,
um Körperlot zu balancieren
konsekutive Kniebeugestellung
Beginn in Adoleszenz
Beschwerden erst bei einsetzender Degeneration
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17.05.2012
Spondylolisthese - Symptomatik
Juvenile/Adoleszente meist beschwerdefrei,
auffällig wegen Haltungsstörung
Erwachsene:
pseudoradikuläre Symptomatik
= Segmentdegeneration
Schmerzentstehung in Ligamenten, Kapseln
und Facettengelenken
oder: radikuläre Symptomatik
Lumbalsyndrom, Caudasyndrom
Spondylolisthese - Klinik
Ätiologie:
angeboren: unbekannt
erworben: Segmentdegeneration
(Pseudospondylolyse)
Pathogenese:
Defekt der Interartikularportion
(Spondylolyse),
konsekutives Abgleiten unter Belastung
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17.05.2012
Spondylolisthese - Klinik
Einteilung nach Meyerding
Grad I – IV anhand radiologischer Kriterien
I
II
III
IV
Tumoren der WS - Klinik
WS: fast ausschließlich sekundäre Tumoren
uncharakteristische Symptome: Schmerz, Schwellung
Häufig ohne Symptome bis zur Spontanfraktur
WS- Tumoren oft spät erkannt – gehen in Routinediagnostik
“Kreuzschmerz“ unter
Regel: Rückenschmerz >6 Wochen = Röntgenbild 2 Ebenen!
Knochentumoren selten, Diff.-Diagnostik kompliziert –
Überweisung in Therapiezentrum
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17.05.2012
Tumoren der WS - Diagnostik
Labor (oft unspezifisch): Diff. BB, CRP, AP/BAP, LDH
Röntgen,CT: Malignitätszeichen
osteoblastisch / osteolytisch
Staging/Primumsuche:
Szintigrafie, PET,MRT
Neurologische Untersuchung
Biopsie !
Bildgebende Diagnostik: PET-CT
Bildgebende Diagnostik: MRT
Tumoren der WS: meist Skelettmetastasen
• Prostatakarzinom
• Bronchialkarzinom
• Mammakarzinom
• Schilddrüsenkarzinom
• Uteruskarzinom
• Hypernephrom (Nierenzellkarzinom)
• selten: gastrointestinale Karzinome, Harnblasenkarzinom,
Melanom, neurogene Tumoren
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17.05.2012
Spondylodiszitis
= Osteomyelitis der Wirbelsäule
Entstehung hämatogen oder iatrogen meist bei verminderter Immunabwehr
(Diabetes mell., Tumorerkrankungen, langfristige Kortisontherapie)
Pathogenese:
beginnt in gut durchbluteten Tragplatten, Ausreitung in Spongiosa
(Spondylitis)
keine natürliche Schranke zum Intervertebralraum
Infektion kann auf Bandscheibe übergreifen
Erreger entziehen sich wegen fehlender Vaskularisierung der
körpereigenen Abwehr, Ausbreitung der Infektion (Spondylodiszitis),
sukzessiver Befall benachbarter Wirbel
Spondylodiszitis - Diagnostik
Labor (oft unspezifisch): Diff. BB, CRP, (BSR)
bildgebende Diagnostik:
Röntgen, MRT, CT
Skelettszintigrafie
Granulocytenscan
Biopsie / Erregerkultur
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17.05.2012
Spondylodiszitis - Klinik
Verlauf:
akute, chronische und sklerosierende Verlaufsformen
Symptome:
anfangs meist uncharakteristische Beschwerden:
Rückenschmerz, Nachtschweiß
Verschlimmerung durch Erschütterung (Niesen, Stauchung), Belastung
lokaler Klopf- und Stauchungsschmerz
Bewegungseinschränkungen der WS
ohne Therapie: Sinterung der WK mit Gibbusbildung
Spondylodiszitis - Erreger
unspezifisch
spezifisch
Staph. aureus
Streptokokken
Enterokokken
E.coli, Clostridium perfr.,
Proteus mir. Pneumokokken
Salmonellen
Tuberkeln
Treponema pallidum
Mycobacterium leprae
Brucellen
Pilze: Candia alb.,
Aspergillus flavus,
Parasiten
Problemkeime (Hospitalkeime):
Staphylokokkus aureus Sonderform:
MRSA: Methicillin resistenter
Staphylokokkus aureus
VRSA:Vancomycin resistenter
Staphylokokkus aureus
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17.05.2012
Spondylodiszitis - Folgeerkrankungen
spezifische Spondylodiszitis:
Knochendestruktion
Erregernachweis, PCR
Ziel-Neelsen
Tuberkulöse Spondylitis BWK11/12
Osteoporose
BWS- oder Kreuzschmerz
Größenabnahme
Brustkyphose („Witwenbuckel“)
Tannenbaumphänomen
+ periph. Frakturen (Schenkelhals, dist. Radius)
Klinische Stadien (Pollähne 1996):
Grad 1: BMD -1 bis –2,5 SD
Grad 2: BMD< -2,5 SD, keine Fraktur
Grad 3: + <=4 WK
Grad 4: > 4 WK, extravertebrale Frakturen
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17.05.2012
Osteoporose - Diagnostik
Keilwirbel
Fischwirbel
Plattwirbel
Osteoporose - Diagnostik
Labor :
BB, CRP, TSH, AP, Elektrolyte
25(OH) Vit. D, BAP, CTx, PNP1
bildgebende Diagnostik:
Röntgen, CT, DEXA
Risikofaktorenanalyse
Leitlinie DGO 2009
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Inzidenz osteoporotischer Wirbelfrakturen
20 % aller postmenopausalen Frauen
haben Wirbelfrakturen [Eastell 1991]
2/3 davon werden nicht erkannt
[O‘Neill, 1996]
50% aller WKFx führen in eine dauerhafte
Analgetikatherapie
O‘Neill et all 1996 J Bone Min Res 11, 1010 ff
Eastell, 1991, J Bone Min Res 6, 207ff
Osteoporotische Wirbelfraktur
Schwerpunkt verschiebt sich nach vorn
osteoporotische, vordere Säule muss
erhöhten Druck standhalten
hohes Biegemoment dorsal
posteriore Muskeln und Bandapparat
müssen erhöhte Zugkräfte
aufnehmen
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Akut - Frakturschmerz
Entstehung durch Makro- und Mikrotraumata - Periostschmerz
BWS häufiger als LWS, oft gürtelförmig nach ventral ausstrahlend
Ruhe-, Nacht- und Bewegungsschmerz
Stauchungs- und Klopfschmerz auslösbar
Chronisch: ligamentärer Überlastungsschmerz
dekompensiertes Überlastungssyndrom des dorsalen Bandapparates
hat ligamentär-irritative und osteogene Komponenten [SENN 1995]
intensiver, tiefsitzender, dumpfer Ruheschmerz
durch Achsen- und Bewegungsbelastung verstärkt, oft Latenzzeit
Minuten bis Stunden „Nachschmerz“
(Senn, E, 1995 in
Werle J: Osteoporose und Bewegung)
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Chronisch: Psychosomatischer Schmerz
nicht lokalisierbar, therapieresistent gegen Analgetika
begleitende Stimmungsveränderungen,
autonome Dysregulation
Folgeschäden: Pseudarthrose
charakteristisches Schmerzbild:
in Rückenlage wenig oder keine Schmerzen
beim Aufrichten starker Schmerz
in senkrechter Position wieder weniger Schmerzen
Validierung: Rö im Stehen und Liegen, CT
Heini F, 2005 Osteoporosis Int 16, S85 ff
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Fazit:
Sorgfältige Diagnostik hilft Pannen zu vermeiden !
Vielen Dank !
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