Einleitung. „Läßt sich das Fremde auf dem Boden der Hermeneutik bewältigen, oder ist dieses dazu angetan, die Hermeneutik selbst noch in Frage zu stellen?“ 1 Das ist gewiß eine der herausfordernden Fragen, die man an das Geschäft der Hermeneutik stellen kann und die Bernhard Waldenfels hinsichtlich des Fremdheitsproblems bei seiner kritischen Auseinandersetzung mit der philosophischen Hermeneutik Gadamers aufgeworfen hat. Um diese Frage beantworten zu können, ist es jedoch unzureichend, allein den hermeneutischen Ansatz Gadamers in Betracht zu ziehen, da Gadamer eben nur eine der verschiedenen Fragerichtungen der Hermeneutik vertritt. Es fragt sich, ob das Problem des Fremden in den verschiedenen Traditionen der Hermeneutik mit dem jeweils sehr unterschiedlichen Ansätzen als ein Problem von gleicher Bedeutung betrachtet wird. Die von Waldenfels aufgeworfene Frage weist jedoch darauf hin, daß die Hermeneutik im allgemeinen mit dem Problem des Fremden sich befassen muß. Im Bereich der Hermeneutik sind heutzutage mindestens drei Richtungen zu unterscheiden 2 , nämlich erstens die auf das Wie des Verstehens fremder Rede bzw. Lebensäußerungen sowie auf die Anweisungen und Regelgebung der Interpretation abzielende methodologische Hermeneutik (Schleiermachers 3 ); zweitens die 1 Bernhard Waldenfels: Phänomenologie des Fremden 4, Frankfurt a. M.1999, S. 67-87. Zit. S. 67. Waldenfels erkennt zwar die Unterschiede der hermeneutischen Ansätze, geht aber nur auf die philosophische Hermeneutik Gadamers ein, wo die Grenze solcher Hermeneutik für das Problem des Fremden seiner Ansicht nach deutlich zu erkennen ist. Zu Recht hat Waldenfels die Tragfähigkeit der hermeneutischen Philosophie Gadamers für das Problem des Fremden in Frage gestellt, da das Fremde überhaupt kein wirkliches Problem für Gadamer bedeutet, wie wir in vorliegender Arbeit zu zeigen versuchen möchten. 2 Vgl. dazu die Unterscheidungen von Rodi und Scholtz. Frithjof Rodi: Traditionelle und philosophische Hermeneutik. Bemerkungen zu einer problematischen Unterscheidung, in: ders.: Erkenntnis des Erkannten. Zur Hermeneutik des 19. und 20. Jahrhunderts. Frankfurt a. M. 1990, S. 89-101; Gunter Scholtz: Was ist und seit wann gibt es »hermeneutische Philosophie«? In: Dilthey Jahrbuch, Bd.8, 1992-93, S. 93-119. Bes. S. 110f. 3 Friedrich Daniel Ernst Schleiermacher: Hermeneutik. Nach den Handschriften neu hg. und eingel. von Heinz Kimmerle, Heidelberg 1959. Im Text als HK mit Seitenzahl zitiert (= HK ). Die allgemeine Hermeneutik (1809/10), hg. von Wolfgang Virmond. In: Internationaler Schleiermacher-Kongreß Berlin 1984, hg. von Kurt-Victor Selge (=Schleiermacher-Archiv Bd.I/2, Berlin, New York 1985, S. 1269-1310. Im Text als HV mit Seitenzahl zitiert ( = HV ). 4 philosophisch verfahrende und auf die Analysis des Verstehens sowie auf die Begründung der Verstehensmöglichkeiten und –bedingungen gerichtete „philosophische Hermeneutik“ (Dilthey 4 ); drittens die selbst verstehend und auslegend verfahrende Hermeneutik der Faktizität 5 , also die „hermeneutische Philosophie“ (Heidegger 6 ). Es fragt sich, ob es sich bei dem Begriff des Fremden in den jeweiligen, sehr verschiedenen hermeneutischen Ansätzen um den gleichen Sachverhalt handelt bzw. ob er als gleiches Problem verstanden werden kann und ob es in der philosophischen Hermeneutik Gadamers überhaupt um das Bewältigen des Fremden im traditionellen Sinne geht. Der Begriff des Fremden bzw. der Fremdheit ist vieldeutig, je nachdem in welcher Form darüber nachgedacht und in welchem Zusammenhang er behandelt wird. Denn fremd kann vieles erscheinen. Es kann ein Gegenstand, ein unbekanntes Zeichen, ein Symbol, ein Fremdwort, eine Schrift, ein Dokument, ein Stil, eine unbekannte Geschichte, ein Milieu, ein Naturphänomen, eine Handlung, eine Erscheinung von Krankheit, eine unbekannte Person, eine Gestik, ein Ritual, eine Theorie, eine Vorstellung oder sogar eine Einstellung 7 sein. Das Fremde hat, vereinfacht gesagt, den Charakter von Unverständlichem, Fremdartigem oder Ungewöhnlichem in sich. Die Vielfältigkeit des Problems des Fremden zeigt sich besonders deutlich in den 4 Wilhelm Dilthey: Die Entstehung der Hermeneutik (1900), in: Gesammelte Schriften Bd.V, Göttingen/Stuttgart 1957, S. 317-331; ders.: Das hermeneutische System Schleiermachers in der Auseinandersetzung mit der älteren protestantischen Hermeneutik (1893), in: Leben Schleiermachers, Gesammelte Schriften Bd. XIV, 2.2, Berlin 1966 (=LS). Entwürfe zur Kritik der historischen Vernunft (1910), in: Gesammelte Schriften Bd.VII, Göttingen 1958, S. 191-220. 5 Martin Heidegger: Ontologie. (Hermeneutik der Faktizität). Gesammelte Werke Bd. 63, hg. v. Käte Bröcker-Oltmanns, Frankfurt a. M. 1988. In dieser frühen Freiburger Vorlesung Sommersemester 1923 hat Heidegger die Hermeneutik als „Selbstauslegung der Faktizität“ bezeichnet, welche „das je eigene Dasein sich selbst zugänglich zu machen“ zur Aufgabe hat. 6 Heidegger hat seine philosophische Arbeit „Sein und Zeit“ als ein Auslegen und Interpretieren verstanden und so als „hermeneutisch“ bezeichnet. Pöggler sieht dieses Buch von Heidegger als „eine Entfaltung hermeneutischer Philosophie, die von Anfang an in der Konfrontation mit Diltheys Hermeneutik stand“ (S. 264). Otto Pöggler: Heidegger und die hermeneutische Philosophie, Freiburg/ München 1983, S. 241-291. Bes. S. 261ff. 7 Vgl. die Analyse des Phänomens des Fremden von Robert Hettlage: Fremdheit und Fremdverstehen, in: Archiv für Kulturgeschichte (70) 1988, S. 195-222. 5 verschiedenen „verstehenden“ Traditionen wissenschaftlicher Forschungen. In der „verstehenden Soziologie“ 8 , phänomenologisch-sozialphilosophischen Untersuchungen 9 und der sozial-politischen Philospohie 10 ist das Verstehen von Fremden und Anderen nach der „hermeneutischen Wende“ ein heiß diskutiertes Thema geworden, wo der Fremde und die damit verbundene Fremdheit als soziales und kulturelles Phänomen betrachtet wird. Im Bereich der Ethnologie und Kulturanthropologie hat die Diskussion sowie die Reflexion um das Verstehen von fremden Kulturen längst eine eigene Tradition 11 . In der Psychologie wurde das Undurchsichtige, das Unbewußte bzw. das Unbekannte des inneren Ich als das Fremde im Eigenen besonders von Sigmund Freud bewußt gemacht 12 . Im Zusammenhang der Diskussion um interkulturelle Verständigung sind unzählige 8 Siehe Georg Simmel: Exkurs über den Fremden, in: ders.: Soziologie. Untersuchungen über die Formen der Vergesellschaftung. Gesammelte Werke, Bd. 2, 4. Auflage, Berlin 1958, S. 509-512. Auch in: Gesamtausgabe Bd. 11, hg. v. Otthein Rammstedt, Frankfurt a. M. 1995 (bes. S. 765-771); Alfred Schütz: Der Fremde, in: ders.: Gasamtausgabe, Bd. 2, Studien zur soziologischen Theorien, Den Haag 1971, S. 53-69; ders.: Grundzüge einer Theorie des Fremdverstehens, in: Der sinnhafte Aufbau der sozialen Welt. Eine Einleitung in die verstehende Soziologie, Frankfurt a. M. 1974, S. 137-197; 9 Siehe die von Husserls Theorie der Fremderfahrung ausgehenden phänomenologischen Untersuchungen, Edmund Husserl: Cartesianische Meditationen und Pariser Vorträge (Husserliana, Bd.1), Den Haag/Dordrecht 1973; Emanuel Lévinas: Die Spuren des Anderen. Untersuchungen zur Phänomenologie und Sozialphilosophie, München/Freiburg 1992; ders.: Zwischen Uns: Versuch über das Denken an den Anderen, München 1995; Bernhard Waldenfels: Der Stachel des Fremden, Frankfurt a. M. 1990; ders.: Erfahrung des Fremden in Husserls Phänomenologie, in: ders.: Deutsch-Französische Gedankengänge, Frankfurt a. M. 1995, S. 51-68; ders.: Topographie des Fremden: Studien zur Phänomenologie des Fremden I, Frankfurt a. M. 1997; ders: Phänomenologie des Fremden 4, Frankfurt a. M. 1999. 10 Siehe Jürgen Habermas: Die Einbeziehung des Anderen. Studien zur politischen Theorie, Frankfurt a. M. 1996; ders.: Kampf der Glaubensmächte. Karl Jaspers zum Konflikt der Kulturen. In: ders.: Vom sinnlichen Eindruck zum symbolischen Ausdruck. Philosophische Essays, Frankfurt a. M. 1997, S.41-58; Axel Honneth: Der Kampf um Anerkennung. Zur moralischen Grammatik sozialer Konflikte, Frankfurt a. M. 1994; Charles Taylor: Multikulturalismus und die Politik der Anerkennung, Frankfurt a. M. ²1997; Samuel P. Huntington: The Clash of Civilizations? In: Foreign Affairs Vol.72 (1993) 3, S. 22-49, weiter ausgearbeitet in: ders.: The Clash of Civilizations. Remaking of World Order, New York 1996. 11 Siehe Bronislaw Malinowsky: Eine wissenschaftliche Theorie der Kultur und andere Aufsätze (1944), Frankfurt a. M. 1975; Clifford Geertz: The Interpretation of Cultures, New York 1973. Wolfdietrich Schmied-Kowarzik: Philosophische Überlegungen zum Verstehen fremder Kulturen und zu einer Theorie der menschlichen Kultur, in: Grundfragen der Ethnologie, hg. v. Wolfdietrich Schmied-Kowarzik, Berlin 1981, S. 349-389; Helmut Plessner: Mit anderen Augen, in: ders.: Gesammelte Schriften, Bd. 8, hg. von Günter Dux, Odo Marquard und Elisabeth Ströker, Frankfurt a. M. 1983, S. 88-104. 12 Sigmund Freud: Die Traumdeutung. Mit einem Nachwort von Hermann Beland, 11. Auflage, Frankfurt a. M. 2003 (1991). 6 Aufsätze über das Fremde sowie das Problem des Fremdverstehens aus verschiedenen Perspektiven 13 erschienen. Sogar die Naturwissenschaften beschäftigen sich mit fremden Phänomenen der Natur. Fast alle wissenschaftlichen Disziplinen sind mehr oder weniger auf Forschungen über das Phänome des Fremden angewiesen, das als das Unbekannte, das Unverständliche oder als das Problematische erscheint; die Gegenstände und die Ansatzpunkte ihrer Forschungen und Überlegungen bezüglich des Fremden sind jedoch sehr verschieden. Wenn man die eingangs gestellte Frage nach dem Problem des Fremden in der Hermeneutik beantworten möchte, ist es daher wichtig, zunächst danach zu fragen, was für ein Problem des Fremden hier gemeint ist und was man unter „Bewältigung“ versteht. Denn „das Fremde“ kann als ein allgemeines philosophisches Problem betrachtet werden, wenn danach gefragt wird, was das Fremde ist und bedeuten kann. Auf diese Frage könnte die von Waldenfels unternommene phänomenologische Analyse von verschiedenen Formen der Fremdheit und der Bewältigungsweisen derselben die mögliche Antwort sein. Das „Fremde“ kann aber auch ein erkenntnistheoretisches Problem bilden, wenn danach gefragt wird, wie es überhaupt möglich ist, daß das Fremde verstanden bzw. erkannt werden kann. Dann geht es darum, die Bedingungen der Möglichkeit des Verstehens bzw. des Erkennens 13 Vgl. dazu Robert Hettlage: Fremdheit und Fremdverstehen. Ansäzte zu einer angewandten Hermeneutik, in: Archiv für Kulturgeschichte, Bd. 70 (1988) Heft 1, S. 195-222; Peter J. Brenner: Interkulturelle Hermeneutik. Probleme einer Theorie kulturellen Fremdverstehens, in: Interkulturelle Germanistik. Dialog der Kulturen auf Deutsch?, hg. v. Peter Zimmermann, Frankfurt a. M. 1989, S. 35-55; Ortfried Schäfter (Hg.): Das Fremde. Erfahrungsmöglichkeiten zwischen Faszination und Bedrohung, Opladen 1991; Fred Lönker: Aspekt des Fremdverstehens in der literarischen Übersetzung, in: Die literarische Übersetzung als Medium der Fremderfahrung, hg. v. F. Lönker, Berlin 1992; Jens Loenhoff: Interkulturelle Verständigung. Zum Problem grenzüberschreitender Kommunikation, Opladen 1992; Alexander Demandt (Hg.): Mit Fremden leben. Eine Kulturgeschichte von der Antike bis zur Gegenwart, München 1995; Peter Masson: Interpretative Probleme in Prozessen interkultureller Verständigung, in: Wolfdietrich Schmied-Kowarzik/Justin Stagl (Hg.), Grundfragen der Ethnologie. Beiträge zur gegenwärtigen Theorie-Diskussion, Berlin 1981, S. 125-150; ders.: Anthropologische Dimension interkultureller Verstehensbemühungen, in: René Wieland (Hg.), Philosophische Anthropologie der Moderne, Weinheim 1995, S. 234-245; Breuer, I./ Sölter, A. A. (Hg.): Der fremde Blick. Perspektiven interkultureller Kommunikation und Hermeneutik, Bozen/Wien 1997; Elmar Holenstein: Intra- und interkulturelle Hermeneutik, in: Kulturphilosophische Perspektiven, Frankfurt a. M. 1998, S. 257-287. 7 von Fremdem, sei es von fremden Naturphänomen, sei es von fremdem Leben (d.h. von fremden Personen und ihren Lebensäußerungen im Diltheyschen Sinne), erkenntnistheoretisch zu begründen, wie in Diltheys Versuch, – neben Kants Kritik der reinen Vernunft – eine Kritik der historischen Vernunft 14 als eine „Erkenntnistheorie der Geschichte“ zu entwerfen. Es kann aber auch ein „ethisch-methodologisches“ Problem des Verstehens bedeuten, wenn danach gefragt wird, wie das Fremde in der Rede oder in dem Ausdruck eines Anderen verstanden werden kann und soll. Schließlich kann es ein ethisch-sozialpolitisches Problem sein, wenn danach gefragt wird, wie wir mit dem Fremden oder den Fremden umgehen sollten, seien sie kulturell oder religiös fremd. Ferner kann das Verstehen von Fremdem sowohl auf das Fremde des uns ursprünglich Fremden im Sinne eines Anderen, sei es eine fremde Person, eine fremde Schrift, eine fremde Sprache, eine fremde Religion, eine vergangene Zeitepoche, eine fremde Kultur, gerichtet sein, das im Gegensatz zum Eigenen als dem Vertrauten steht und als das Befremdliche, das Unbekannte, das Unverständliche, erscheint; oder aber es kann auf das fremd gewordene ursprünglich Eigene im Sinne von eigener Kulturgeschichte, eigener Kulturtradition gerichtet sein, das durch die geschichtlichen und sprachlichen Wandlungen uns fremd geworden ist. Das Fremde bzw. die Fremdheit, die als Verständnisschwierigkeit in beiden Fällen eintreten kann, hat aber unterschiedliche Bedeutungen. Die eine Fremdheit bezieht sich mehr auf das Unbekannte, das ursprünglich Fremde im weitesten Sinne, wie z. B. das fremde Leben, die Lebensäußerungen fremder Personen aus vergangenen Epochen und fremden Kulturtraditionen im Diltheyschen Sinne; die andere Fremdheit bezieht sich vornehmlich auf das fremd gewordene Eigene, das eine ursprüngliche 14 Wilhelm Dilthey: Entwürfe zur Kritik der historischen Vernunft (1910), Ges. Schriften Bd. VII, S.191-220. 8 Zusammengehörigkeit zwischen dem Verstehenden und dem Zuverstehenden voraussetzt. Im Falle des uns ursprünglich Fremden kann das Bemühen des hermeneutischen Verstehens als ein progressives Verfahren der Vermittlung zwischen Eigenem und Fremdem bzw. als eine „Annäherung“ an das Fremde in zwischenmenschlichen und interkulturellen Verhältnissen betrachtet werden. Im Bezug auf das fremd gewordene Eigene kann die Aufgabe des Verstehens als die Übwindung der Sinnentfremdung und des Zeitenabstandes bzw. als eine Vermittlung zwischen Vergangenheit und Gegenwart verstanden werden. In beiden Fällen wird die Überwindung des Fremden als Aufgabe der Hermeneutik bestimmt. Folglich erscheint das Fremde in den verschiedenen Fragerichtungen der Hermeneutik als jeweils anderes Problem. Die Art und Weise, wie das Problem des Fremden in den verschiedenen hermeneutischen Ansätzen behandelt wird, ist damit auch entscheidend für die Frage nach der Tragfähigkeit der jeweiligen Hermeneutik für das Problem des Fremden sowie für das Verstehen von fremden Kulturen. Insofern ist es vielleicht sinnvoller, zunächst nach dem Zusammenhang zwischen den Traditionen der Hermeneutik und dem Begriff des Fremden zu fragen, zumal geklärt werden muß, von welcher Art Fremdheit in welcher Art Hermeneutik die Rede ist, wenn man die Tragweite der Hermeneutik für das Problem des Fremden messen möchte. Denn die Verschiedenheit der Bedeutung des Fremden könnte dazu führen, daß das Fremde als hermeneutisches Problem auch ganz anders dargestellt und behandelt werden kann. Die Frage nach dem Sinn eines fremden Textes bezüglich des Textinhalts ist sicherlich anders als die Frage nach seiner Bedeutung für den Autor selbst oder für seine Leser damals oder für uns als Interpret heute, noch anders als die Frage nach der Wahrheit des im Text Gesagten. Trotzt dieser Unterschiede haben alle Fragestellungen zur Voraussetzung, daß das Fremde, sei es ein fremdes Leben, ein fremder Text oder eine fremde Rede oder ein Überrest aus der Vergangenheit der 9 Menschheit, bis zu einem gewissen Grade verstanden werden kann. Das heißt, in der Hermeneutik kann es sich nur um relative Fremdheit handeln, wenn Schleiermacher und Dilthey den Aufgabenbereich der Hermeneutik zwischen totaler Fremdheit und gänzlicher Vertrautheit bestimmten und alle radikale Fremdheit aus dem Bereich der Hermeneutik ausschlossen 15 . Es ist das Hauptanliegen der vorliegenden Arbeit, die eigentliche Bedeutung des Fremdheitsproblems in den Hermeneutiken von Hans-Georg Gadamer und Eric Donald Hirsch herauszuarbeiten. Wir zielen dabei weder darauf ab, das Problem des Fremden in den hermeneutischen Traditionen seit der griechischen Antike begriffsgeschichtlich zu verfolgen, worüber Axel Horstmann am Leitfaden des Assimilationsbegriffs eine sehr erhellende Arbeit verfaßt hat 16 , noch die Arten und Formen des Fremden philosophisch systematisch zu untersuchen, wie es Waldenfels in seiner Phänomenologie des Fremden unternommen hat. Hier sind hauptsächlich die hermeneutischen Theorien von Gadamer und Hirsch in unserem Zusammenhang von Interesse; zum einen, weil beide Denker zu den wichtigsten Vertretern der Hermeneutik der Gegenwart gehören und in der Geschichte der Hermeneutik Stellung bezogen haben, dieser für die technische, d.h. methodologisch-philologische im Gefolge Schleiermachers 17 , jener für die hermeneutische Philosophie im Gefolge 15 Vgl. Bernhard Waldenfels: Jenseits von Sinn und Verstehen, in: ders.: Phänomenologie des Fremden 4, a.a.O., S. 67-87, S. 71: „Es gehört zu den Grundvoraussetzung einer hermeneutischen Philosophie, daß Fremdheit nicht unüberwindlich ist. Es handelt sich um die relative Fremdheit für uns, nicht um eine Fremdheit in sich selbst. Was nicht mehr, noch nicht oder nicht völlig verständlich ist, bleibt doch der Verständlichkeit offen.“ 16 Axel Horstmann: Das Fremde und das Eigene – ‘Assimilation’ als hermeneutischer Begriff, in: Archiv für Begriffsgeschichte, Bd. XXX, 1986/87, S. 7-43. Horstmann hat zwei entgegengesetzte Modelle für die Begegnung zwischen dem Eigenen und dem Fremden, hier im Bezug auf die Hermeneutik zwischen Interpret und Interpretandum, herausgestellt: Nach dem theologischen Homoiosis-Modell muß sich der Interpret dem gegebenen Sinn des Textes als dem fremden Sinn eines Anderen anpassen, nach dem biologischen Modell wird der fremde Sinn von dem Interpreten hinsichtlich seines eigenen Lebensbezugs schlicht angeeignet. Horstmann hat allderdings bei Gadamer den Gedanken hermeneutischer Assimilation nach biologischem Modell beweisen können, wo das Verstehen für Gadamer, auf Yorck von Wartenburg berufend, „nichts anders als für Nietzsche - ein Lebensvorgang und ‚der fundamentale Tatbestand des Lebendigseins ist die Assimilation. [...] Das Fremde wird angeeignet’’. Hier S. 36. 17 Hirsch betrachtet seine eigene hermeneutische Theorie als „objectivist views“, welche als ein 10 Heideggers; zum andern, weil sie im Zusammenhang des Fremdheitsproblems gegenläufige Ansätze vertreten, was dazu veranlaßt, ihre hermeneutischen Theorien bezüglich des Fremdheitsproblems zu vergleichen 18 . Die Hermeneutik 19 als allgemeine Theorie des Verstehens und Interpretierens war ursprünglich immer schon auf das Fremde im weitesten Sinne gerichtet und muß für die Fragestellung der Gegenwart neu überdacht werden. Wir leben in einem Zeitalter multikultureller Gesellschaft, in dem das zwischenmenschliche und auch interkulturelle Verstehen in allen Bereichen besonders wichtig erscheint. Wenn Emilio Betti vor mehr als fünf Jahrzehnten die Auslegungslehre für „vornehmlich geeignet“ hält, jungen Menschen „Gewöhnung an Toleranz und Sinn für Achtung fremder Meinung anzuerziehen“ 20 , dann hat er die ethische Bedeutung der Hermeneutik für das Zusammenleben der Menschen untereinander in seiner Zeit erkannt. Nun scheint eine solche ethische Bedeutung der Hermeneutik für unsere Gegenwartssituation ihre Geltung immer noch zu beanspruchen. Denn jedem Verstehenwollen in einer multikulturellen Gesellschaft liegt die hermeneutische Einsicht zugrunde, daß Verstehenwollen und Verstandenwerdenwollen zusammen begriffen werden müssen, wie Ram Adhar Mall mit Recht angedeutet hat21 . „throwback to the ‚genuine’ or ‚authentic’ tradition of Schleiermacher“ betrachtet werden kann. E.D. Hirsch: The Aims of Interpretation, Chicago and London 1976, S. 17. 18 Im ganzen betrachtet kann das gesamte Buch Validity in Interpretation von Hirsch als Kritik und Gegenentwurf zu Gadamers Hermeneutik gelesen werden. Vgl. dazu auch Gunter Scholtz: La philosophie herméneutique de Gadamer et les sciences humaines, in: L’ Héritage de Hans-Georg Gadamer, hg. v. G. Deniau, J. C. Gens, Paris 2003, S. 181-194, hier S. 181. 19 Hier folgen wir der Unterscheidung Schleiermachers, die seine allgemeine Hermeneutik als Theorie des Verstehens und Interpretierens von all den Spezialhermeneutiken wie theologischer, philologischer und juristprudentischer unterscheidet. Vgl. die Unterscheidung der drei Dimensionen der Hermeneutik als allgemeine Hermeneutik bei Hirsch in dem Aufsatz “Three Dimensions of Hermeneutics”, in: Literary History III, 2 (1972), S. 245-261; auch in: ders: The Aims of Interpretation, a.a.O., S. 74-92. 20 Emilio Betti: Zur Grundlegung einer allgemeinen Auslegungslehre: ein hermeneutisches Manifest, in der Festschrift für Ernst Rabel (1954) II, S. 79-168. 21 Vgl. Ram Adhar Mall: Philosophie im Vergleich der Kulturen, Darmstadt 1996, S. 31: „Eine echte hermeneutische Philosophie muß das Verstehenwollen und Verstandenwerdenwollen als zwei Seite derselben hermeneutische Münze betrachten.“ Ähnlich Constantin von Barloewen: Fremdheit und interkulturelle Identität. Überlegungen aus der Sicht der vergleichenden Kulturforschung, in: Kulturthema Fremdheit, a.a. O., S. 297-318, hier S. 298. 11 Eine Hermeneutik, die sich als allgemeine Theorie des Verstehens und Interpretierens darstellt und sich das Verstehen von Fremdem zur Aufgabe macht, sollte nicht nur die Bedingungen sowie die Grenzen des Verstehens im allgemeinen zur Kenntnis nehmen, sondern auch einer Orientierung für die Praxis zwischenmenschlichen und interkulturellen Verstehens in den Geisteswissenschaften behilflich sein. Insofern werden wir uns hier auf diese beiden bezüglich des Fremdheitsproblems recht konträren Konzeptionen von Hermeneutik beschränken und auf ihre möglichen Lösungen der Fremdheitsfrage eingehen. Insofern versteht sich die folgende Untersuchung als ein Versuch, eine Antwort auf die von Waldenfels aufgeworfene Frage am Beispiel der philosophischen und der philologisch-methodologischen Hermeneutik zu suchen und nach der Tragfähigkeit ihrer Theorien für interkulturelles Verstehen im Sinne des gegenseitigen Verstehens unter Menschen mit verschiedenen Kulturtraditionen zu fragen, was nicht so sehr als eine erkenntnistheoretische Frage sondern vielmehr als eine ethische verstanden werden möchte. Dabei wird besonders der ethische Aspekt der Hermeneutik 22 berücksichtigt, welcher auf das philosophische System Schleiermachers zurückgeführt werden kann. Im ersten Kapitel wird der Versuch gemacht, eine kurze Geschichte der Fremdheitsproblems vor, mit und nach Schleiermachers Begründung einer allgemeinen Hermeneutik darzustellen. Es dient dazu, den Wandel des Problems des Fremden in der Hermeneutik von Schleiermacher, Dilthey über Heidegger bis zu Gadamer, Betti und Hirsch zu erläutern. Es wird sich zeigen, daß das Fremde als allgemeines Problem des Verstehens in der allgemeinen Hermeneutik seit Ende des 18. Jahrhunderts immer schon mit dem Bewußtsein von der Verschiedenheit der 22 Über die ethische Fundierung der Hermeneutik sowie die ethische Implikation der Hermeneutik bei Schleiermacher siehe Gunter Scholtz: Ethik und Hermeneutik. Schleiermachers Grundlegung der Geisteswissenschaften, Frankfurt a. M. 1995, s. bes. S. 126-146. 12 Individualität der Sprachen, der Sprecher und der Kulturen verbunden war, so daß die Herausarbeitung des ursprünglichen, fremden Sinnes eines Anderen das Ziel des Verstehens und die eindeutige Aufgabe der allgemeinen Hermeneutik war. Wenn man den Aufgabenbereich des Philologen bei August Boeckh 23 , einem Schüler von Schleiermacher, einbezieht, dann betrifft das Fremde nicht nur die Sprache und den Sprecher der Schrift im grammatisch-historischen Sinne, sondern es findet sich in allen Bereichen! Denn nach Boeckh gehören z.B. sowohl die Geschichte der Naturwissenschaften als auch die Geschichte der Geisteswissenschaften, darunter auch die Geschichte der Philosophie, zum Aufgabenbereich der Philologie, da sie alle sprachlich verfaßt sind. Was aber in der Sprache vorkommt, ist äußerst vielfältig, deshalb ist zuallererst die Unterscheidung der Redegattungen für das Verstehen wichtig. Dieser Gedanke wurde später von Hirsch übernommen und weitergeführt. Die Voraussetzungen ebenso wie die Grenzen eines vollkommenen Verstehens aufgrund der Endlichkeit menschlichen Lebens und der unauflöslichen Verschiedenheit der Individualitäten wurden von vornherein klar dargestellt. Schleiermacher und Dilthey waren die Grenzen des Verstehens von Fremden als anderen Individuen vollkommen bewußt. Sie faßten die Aufgabe des Verstehens deshalb als unendlichen Annäherungsprozeß zum Anderen und Fremden (Schleiermacher) und als Lebensaufgabe (Dilthey) auf, denn das vollkommene Verstehen des Fremden und des Vergangenen setzt die vollkommene Kenntnis der Sprachen, der Sprecher, der Umstände und vollkommene Sachkenntnisse voraus 24 , 23 August Boeckh: Enzyklopädie und Methodologie der philosophischen Wissenschaft, hg. von Ernst Bratuscheck, Nachdruck der 2. von Rudolf Klussmann besorgten Auflage (Leipzig 1886), Darmstadt 1966. 24 Dilthey hat das Wesentliche der allgemeinen Hermeneutik Schleiermachers im Vergleich zu allen anderen Spezialhermeneutiken darin gesehen: „Die Zergliederung des Auslegungsvorgangs in grammatische, historische, ästhetische und sachliche Interpretation, wie Schleiermacher sie vorfand, wird von ihm verworfen. Die Unterscheidungen bezeichnen nur, daß grammatisches, historisches, sachliches und ästhetisches Wissen da sein müssen, wenn die Auslegung beginnt, und auf jeden Akt derselben einwirken können. Aber der Vorgang der Auslegung selber kann sich nur in die zwei Seiten zerlegen lassen, die in der Erkenntnis einer geistigen Schöpfung aus Sprachzeichen enthalten 13 woran aufgrund der Endlichkeit menschlichen Lebens sowie des Zirkelcharakters des Auslegungsverfahrens 25 nur durch wissenschaftliche Bemühungen und Anstrengungen Schritt für Schritt, Generation für Generation eine Annäherung möglich ist. Anfang des 20. Jahrhunderts wird die Hermeneutik durch Heideggers ontologische Wendung zur hermeneutischen Philosophie zur Selbstauslegung des Daseins. Das Verstehen wird die Seinsweise des Daseins, das In-der-Welt-sein ist. Weder das Fremde noch der Fremde spielen bei ihm eine erkennbare Rolle wie bei Schleiermacher und Dilthey, da das zentrale Thema seiner Philosophie nicht das Problem des Verstehens von Fremdem ist, sondern das Verständnis des jeweiligen Menschen seiner selbst, also das Selbstverständnis des Daseins. Die Aufgabe des Verstehens ist nicht mehr auf den Bezug zum anderen Mitmenschen gerichtet. Das Problem des Fremden gerät dementsprechend in einer solchen Fundamentalontologie aus dem Blick. Insofern dient das erste Kapitel meiner Arbeit als Vorgeschichte und Grundlage für die anschließende Bezugnahme und Vergleichung zwischen den hermeneutischen Ansätze von Gadamer und Hirsch. Das zweite Kapitel dient dazu, den Wesenswandel des Fremdheitsproblems und der hermeneutischen Aufgabe in der philosophischen Hermeneutik Gadamers anzudeuten. Es wird sich zeigen, daß nicht das Fremde und nicht das Verstehen von Fremdem das Primäre der philosophischen Hermeneutik Gadamers ist, so daß die Herausarbeitung des ursprünglichen, fremden Sinns die eindeutige Aufgabe seiner Hermeneutik wäre, sondern umgekehrt liegt seiner Hermeneutik die Betonung der Selbstverständlichkeit sind.“ Wilhelm Dilthey: Ges. Schriften Bd. V, S. 330. 25 Für Dilthey markiert der Zirkelcharakter des Auslegungsverfahrens gerade die Grenzen aller Auslegung. In seiner Studie über »Die Entstehung der Hermeneutik (1900)« meint Dilthey über den hermeneutischen Zirkel: „Theoretisch trifft man hier auf die Grenzen aller Auslegung, sie vollzieht ihre Aufgabe immer nur bis zu einem bestimmten Grade: so bleibt alles Verstehen immer nur relativ und kann nie vollendet werden. Individuum est ineffabile”. Wilhelm Dilthey: Ges. Schriften, Bd. V, S. 317-331, hier S. 330. 14 der Überlieferung und der Zugehörigkeit zur eigenen Tradition zugrunde. Die von Gadamer bei seiner kritischen Auseinandersetzung mit Schleiermacher gemachte Erhebung der Überwindung der Fremdheit zur Aufgabe der Hermeneutik erweckt zwar den Anschein, als ob es sich um die Überwindung der Fremdheit im eigentlichen Sinne handelte. Aber Gadamer versucht im Gegenteil eine Gegenrichtung gegen die historisch-methodologische Hermeneutik einzuschlagen, welche seiner Ansicht nach gerade wegen ihres historisch-methodologischen Ansatzes die Überlieferung bzw. die Tradition verfremdet hat. Aus dieser Umdeutung des Fremdheitsproblems (vom Fremden zur Verfremdung) folgt, daß das Verstehen bei Gadamer von einem Verfahren zur Erfassung des fremden Sinns zur Verständigung mit der Überlieferung über die Sache umgewandelt wurde. Es wird am Ende weder eine wirkliche „Überwindung“ des Fremden im philologisch-methodologischen Sinne noch eine Theorie über das Verstehen vom Fremden im weiteren Sinne erreicht, sondern eine Theorie der Traditionsaneignung. Im dritten Kapitel steht die Herausarbeitung der Kernthesen von Hirsch über die notwendige Rückkehr der Hermeneutik zum alten Ideal des Verstehens als Rekonstruktion bzw. Nachverstehen des ursprünglichen Sinns im Zentrum. Es wird sich zeigen, daß, im Gegensatz zu Gadamer, die Interpretationstheorie von Hirsch eine mögliche Alternative hinsichtlich des Fremdheitsproblems darbietet. Hirsch hat den Konflikt der Interpretationen als das eigentliche Problem der Hermeneutik anerkannt und die Notwendigkeit eines wissenschaftlich brauchbaren Kriteriums für die Objektivität als Allgemeingültigkeit der Interpretation wieder in den Vordergrund gebracht. Er sucht das alte Ideal der Rekonstruktion des urprünglichen Sinns des Textes als sinnvoll und notwendig zu verteidigen, da es der Position des Anderen Rechnung trägt. Bei Hirsch ist von Fremdheit oder Fremdem zwar nicht direkt die Rede. Seine Hermeneutik zielt aber unmittelbar auf die richtige Interpretation des 15 vom Autor als einer fremden Person (im Diltheyschen Sinne) intendierten Textsinns ab, indem er den ursprünglich vom Autor gemeinten Textsinn als die einzige Norm für die Geltungsprüfung der Interpretation hervorhebt. Dabei schlägt Hirsch eine Dialektik von Hypothesenbildung und Hypothesenbestätigung als eine moderne Version des hermeneutischen Zirkels vor, die einer Logik der Wahrscheinlichkeit folgt und das Verstehen als ein progressives Verfahren der Interpretation beschreibt. Im vierten Kapitel steht der zusammenfassende Vergleich der Thesen von Gadamer und Hirsch zum Problem des Fremden – unter Einbeziehung der aktuellen Diskussionen über Hermeneutik und interkulturelles Verstehen - im Zentrum. Dabei werden die Untersuchungsergebnisse im Hinblick auf die Problematik interkulturellen Verstehens betrachtet, um zu prüfen, inwieweit sich die hermeneutischen Theorien von Gadamer und Hirsch für das Problem des Verstehens von fremden Kulturtraditionen einsetzen lassen, und zwar in Fällen, in denen man mit dem Fremden unmittelbar konfrontiert wird. Vor allem die Bedingungen sowie die Voraussetzungen und Grenzen, die in ihren hermeneutischen Theorien behandelt worden sind, werden im Bezug auf die Frage nach der Möglichkeit interkulturellen Verstehens in Betracht gezogen. Aus unserer Untersuchung wird hervorgehen, daß das Problem der Fremdheit und des Verstehens bei Gadamer eher im Kontext des historischen Verstehens, d.h. im Spannungsverhältnis zwischen Tradition und Gegenwart gedacht ist, während es sich bei Hirsch sowohl um das historische als auch um das zwischenmenschliche bzw. ethische Verhältnis zwischen dem Autor und dem Interpreten handelt. Es wird sich zeigen, daß das Fremde als das Unverständliche, das Problematische und das „Nicht-Selbstverständliche“ 26 und die Frage nach der Gültigkeit des Verstehens 26 Vgl. Dazu Rodis These, die das Nicht-Selbstverständliche zum Ausgangspunkt der Geisteswissenschaften macht, und die Geisteswissenschaften als die „verständlich-machende Disziplinen“ bestimmt. Frithjof Rodi: Über einige Grundbegriffe einer Philosophie der 16 hinsichtlich des Konflikts der Interpretationen als Problem des Interpretierens in der Hermeneutik Gadamers „entproblematisiert“ 27 worden ist, während Hirsch ein anderes Modell des Verstehens vom Fremden und andere Antworten auf die Frage nach der Gültigkeit des Verstehens anbietet. Geisteswissenschaften, in: Dilthey-Jahrbuch, Bd.1/1983, S. 13-38. 27 Vgl. hierzu Werner Kogge: Verstehen und Fremdheit in der philosophischen Hermeneutik. Heidegger und Gadamer, Hildesheim 2001. Kogge bezeichnet es als „Nivellierung des Fremden“. 17