1 1.1 Mengen, Zahlen, Geometrische Grundlagen, Elementare Funktionen, Notationen Mengen Seien A, B, M : Mengen • x ∈ M : x ist Element der Menge M • x∈ / M : x ist kein Element der Menge M • Teilmenge: A ⊆ B : A ist Teilmenge der Menge B; für alle x ∈ A gilt x ∈ B. (A ⊆ B ⇐⇒ (x ∈ A =⇒ x ∈ B)) • Echte Teilmenge A von B: A ⊆ B und es existiert (mindestens) ein Element aus B, das kein Element aus A ist. • Schnitt: A ∩ B := {x|x ∈ A und x ∈ B} • Vereinigung: A ∪ B := {x|x ∈ A oder x ∈ B} • Leere Menge: ∅ • Differenz: A\B := {x|x ∈ A und x ∈ / B} • Kartesisches Produkt: A × B = {x = x1 x2 |x1 ∈ A, x2 ∈ B} = {(x1 , x2 )|x1 ∈ A und x2 ∈ B} • n−Tupel Beispiele Einige spezielle Mengen: • N = {0, 1, 2 . . .} : Menge der natürlichen Zahlen • N∗ = {1, 2, 3 . . .} • Z : Menge der ganzen Zahlen • Q : Menge der rationalen Zahlen • R = (−∞, +∞) : Menge der reellen Zahlen • R+ = (0, +∞) • R+ 0 = [0, +∞) • (a, b) = {x ∈ R|a < x < b}, a, b ∈ R ∪ {±∞} • [a, b) = {x ∈ R|a ≤ x < b}, a ∈ R, b ∈, R ∪ {+∞} • [a, b] = {x ∈ R|a ≤ x ≤ b}, a, b ∈ R 1 Beispiele Eine Teilmenge A ⊆ R heißt nach oben beschränkt, wenn es eine Zahl M ∈ R gibt mit a ≤ M für alle a ∈ A, nach unten beschränkt, wenn es eine Zahl m ∈ R gibt mit m ≤ a für alle a ∈ A, beschränkt, wenn A nach oben und unten beschränkt ist. Sei A ⊆ R eine Teilmenge und s, r ∈ R zwei Zahlen. • (1) s = sup A heißt Supremum (kleinste obere Schranke) von A, wenn s eine obere Schranke von A ist und für jede weitere obere Schranke u von A stets u ≥ s gilt. • (2) r = inf A heißt Infimum (größte untere Schranke) von A, wenn r eine untere Schranke von A ist und für jede andere untere Schranke l von A stets l ≤ r gilt. • s = max A heißt Maximum von A, wenn s = sup A und s ∈ A gilt. • r = min A heißt Minimum von A, wenn r = inf A und r ∈ A gilt. Ein paar zusätzliche Notationen • ∀x: für alle x • ∃ x : es existiert (mindestens) ein x Pn (n ∈ N∗ ) • i=1 xi = x1 + . . . + xn 1.2 Geometrische Grundlagen Um geometrische Objekte in der Ebene beschreiben zu können, legt man in die Ebene ein kartesisches (rechtwinkliges) Koordinatensystem mit Ursprung, x- und y-Achse. Jeder Punkt der Ebene wird dann eindeutig beschrieben durch ein reelles Zahlenpaar (x, y). Schneidet man einen geraden Kreiskegel mit einer Ebene, dann kann sich je nach Lage der Ebene als Schnittkurve ein Kreis, eine Ellipse, eine Parabel oder eine Hyperbel ergeben. Diese Kurven heißen daher Kegelschnitte. Mit Hilfe der quadratischen Ergänzung erhält man: Eine Menge von Punkten (x, y), deren Koordinaten einer festen Gleichung Ax2 + By 2 + Cx + Dy + E = 0, A2 + B 2 6= 0, erfüllen, bildet einen Kegelschnitt (mit Symmetrieachse(n) parallel zur x-Achse und/oder y-Achse). • (x − x0 )2 + (y − y0 )2 = r2 (Mittelpunktsform der Kreisgleichung) (x0 , y0 ) ist der Mittelpunkt des Kreises und r der Radius. • (x − x0 )2 (y − y0 )2 + =1 (Mittelpunktsform der Ellipsengleichung) a2 b2 (x0 , y0 ) heißt Mittelpunkt und a, b die Halbachsen der Ellipse. 2 • (x − x0 )2 (y − y0 )2 − =1 a2 b2 (Mittelpunktsform der Hyperbelgleichung) (x0 , y0 ) heißt Mittelpunkt und a,b die Halbachsen der Hyperbel. • (x − x0 )2 = d(y − y0 ) (Scheitelpunktsform der Parabelgleichung) (x0 , y0 ) heißt Scheitel der Parabel. Beispiele Anwendungsbeispiel: Brückenträger 1.3 Funktion einer Variablen - Definition Eine Variable ist eine Funktion einer anderen Variablen, wenn die erste Variable von der Zweiten abhängt. Beispiel Def.: Eine reellwertige Funktion f einer reellen Variablen x mit Definitionsbereich D (und Zielmenge R) ist eine Vorschrift, die jeder Zahl x in D(⊆ R) eine eindeutige reelle Zahl f (x) zuordnet. f :D→R: x 7→ y = f (x) x nennt man die unabhängige Variable, y die abhängige Variable f (D) heißt die Bildmenge von f. (f (D) ⊆ R) Def.: Gf = {(x, y)T |y = f (x), x ∈ D} heißt der Graph der Funktion f . → Graphische Darstellung Beispiel 1.4 Parameterdarstellung einer Funktion Anwendungsbeispiel: Sortiervorrichtung 1.5 Elementare Eigenschaften von (reellwertigen) Funktionen einer reellen Variablen f : D → R Def.: Gilt für beliebige Werte x1 , x2 ∈ S ⊆ D mit x1 < x2 stets 1) f (x1 ) ≤ f (x2 ), so heißt f monoton steigend in S; 3 2) f (x1 ) < f (x2 ), so heißt f streng monoton steigend in S; 3) f (x1 ) ≥ f (x2 ), so heißt f monoton fallend in S; 4) f (x1 ) > f (x2 ), so heißt f streng monoton fallend in S. Beispiele Def.: Eine Funktion f mit Definitionsbereich D heißt beschränkt, wenn f (D) beschränkt ist. Interessant zu finden: kleinste obere Schranke und größte untere Schranke. Def.: Eine Funktion f mit Definitionsbereich D heißt gerade, wenn f (x) = f (−x) für alle x ∈ D. Def.: Eine Funktion f mit Definitionsbereich D heißt ungerade, wenn f (x) = −f (−x) für alle x ∈ D. Def.: Eine Funktion f mit Definitionsbereich R heißt periodisch, wenn ∃ T ∈ R, T 6= 0, s.d. ∀x ∈ R, f (x + T ) = f (x). T heißt eine Periode von f . Das kleinste strikt Positive T , falls existent, heißt die (primitive) Periode von f. Def.: Seien f : Df → R und g : Dg → R und f (Df ) ⊆ Dg . Dann heißt die Funktion g ◦ f : Df → R : x 7→ g(f (x)) die Komposition (oder Verkettung) von g mit f . Falls f (Df ) 6⊆ Dg , dann existiert g ◦ f nicht. Beispiele Def.: Sei f : D → R f heißt injektiv, wenn für je zwei beliebige Elemente von D gilt x1 6= x2 =⇒ f (x1 ) 6= f (x2 ) Beispiel Proposition: f streng monoton steigend =⇒ f injektiv. f streng monoton fallend =⇒ f injektiv Beispiele Def.: Man bezeichnet als Umkehrfunktion (Inverse Funktion) einer injektiven Funktion f : D → R : x 7→ y = f (x) die Funktion f −1 : f (D) → R : x 7→ f −1 (x) s.d. x = f −1 ◦ f (x) ∀ x ∈ D x = f ◦ f −1 (x) ∀ x ∈ f (D) Nehmen wir an, dass f −1 existiert. Der Definitionsbereich von f −1 ist f (D). Wie kann man die Vorschrift von f −1 finden? Man löst (zunächst) y = f (x) nach der Variablen x auf, (und dann kann 4 man, wenn es sinnvoll ist, die Variablen x und y vertauschen → y = f −1 (x)). Beispiele Schaubild der Umkehrfunktion: Spiegelung der Funktionskurve an der Geraden y = x. (Voraussetzung: gleicher Maßstab auf beiden Koordinatenachsen). Beispiel 1.6 Beispiele von elementaren reellen Funktionen – Polynome Eine Funktion f : D → R mit der Funktionsgleichung f (x) = an xn + an−1 xn−1 + . . . + a1 x + a0 = Pn (x) heißt Polynom. Die reellen Zahlen an (6= 0), an−1 . . . a0 heißen Koeffizienten. Die Zahl n ∈ N der Grad des Polynoms n = 0 → Konstante (Funktion) n = 1 → Lineare Funktion (Gerade) n = 2 → Quadratische Funktion (Parabel) Beispiele Nullstellen eines Polynoms. – Gebrochene rationale Funktionen f :D→R:x→ Pn (x) Pm (x) Polynomdivision (bekannt) – Potenzfunktionen Eine Potenzfunktion ist eine Funktion der Form x 7→ xr , r ∈ R. (Der Definitionsbereich darf manchmal nicht R sein - der Definitionsbereich darf immer R+ sein). – Allgemeine Potenzfunktionen Eine allgemeine Potenzfunktion ist eine Funktion der Form x 7→ axr , a, r ∈ R. (Der Definitionsbereich darf manchmal nicht R sein - der Definitionsbereich darf immer R+ sein). Beispiel – Exponentialfunktion(en) Die Exponentialfunktion mit der Basis a > 0 ist f : R → R : x 7→ ax , Graphen für a > 1, a = 1 und 0 < a < 1 Bildmenge: R+ 5 – Die natürliche Exponentialfunktion (sehr wichtige Rolle in der Analysis) f (x) = ex . streng monoton steigend Graph Bildmenge: R+ Notation: Manchmal benutzt man : exp(x) = ex Rechenregeln: ex · ey = ex+y e−x = e1x ex = ex−y ey (ex )y = ex·y – Die allgemeine Exponentialfunktion mit der Basis a > 0 ist f : R → R : x 7→ Aax , wobei f (0) = A und a ist der Faktor, mit dem f (x) sich ändert, wenn x um 1 anwächst. (f (x + 1) = Aax+1 = Aax · a = a · f (x)) Beispiel – Logarithmusfunktionen Beispiel – natürlicher Logarithmus Def.: Der natürliche Logarithmus (Logarithmus zur Basis e) ist die Umkehrfunktion von der natürlichen Exponentialfunktion: ln : R+ → R : x → ln(x) (eln(x) = x, ∀x > 0; ln(ex ) = x, ∀x ∈ R) Wichtiges Ergebnis: ax = ex·ln(a) (a > 0) Eigenschaften: ln(x · y) = ln(x) + ln(y) (x, y > 0) ln( xy ) = ln(x) − ln(y) (x, y > 0) ln(xp ) = p · ln(x) (x > 0) ln 1 = 0; ln e = 1 Anwendungsbeispiel (e und ln Funktionen): Radioaktiver Zerfall – Logarithmen mit anderen Basen als e ax ist streng monoton steigend in R für a > 1. ax ist streng monoton fallend in R für 0 < a < 1 → Umkehrbar für a 6= 1 Def.: Der Logarithmus zur Basis a(a 6= 1) ist die Umkehrfunktion von ax . (aloga (x) = x, x > 0; loga (ax ) = x, x ∈ R) Selbe Rechenregeln wie ln(ausser loga a = 1) Bemerkung: loga x = ln x ln a 6 – Trigonometrische Funktionen Sinusfunktion, Kosinusfunktion, Tangensfunktion Geometrieunterricht Schule vorausgesetzt Kreis mit Radius 1 Graph Im Analysis misst man einen Winkel nicht nach Grad, sondern man benutzt das Bogenmaß, d.h. man misst die Größe des Winkels durch die Länge z des Bogens, den der Winkel α aus der Kreisperipherie des Einheitskreises schneidet. Formel: α 360 = z 2π cos : R → R : x 7→ cos(x) mit cos(R) = [−1, 1] sin : R → R : x 7→ sin(x) mit sin(R) = [−1, 1] cos und sin sind periodisch mit der Periode 2π Graphen von cos und sin Bem: cos2 (x) + sin2 (x) = 1 ∀x Bem: sin(x1 ± x2 ) = sin(x1 ) · cos(x2 ) ± sin(x2 ) · cos(x1 ) Bem: cos(x1 ± x2 ) = cos(x1 ) · cos(x2 ) ∓ sin(x1 ) · sin(x2 ) tan : R\{x|x = π + kπ, k ∈ Z} → R : x → tan(x) 2 Graph von tan Ist sin R → R umkehrbar? Nein, aber sin : [−π/2, π/2] → R ist umkehrbar. Umkehrfunktion: Arkussinus (arcsin) tan : (−π/2, π/2) → R ist umkerhbar Umkehrfunktion: Arkustangens (arctan) Anwendungsbeispiel 1: Schwingung Anwendungsbeispiel 2: Polarkoordinaten Polarkoordinaten: r : der Radius vom Punkt mit Koordinaten (x,y)- der Abstand zwischen Ursprung und Punkt mit Koordinaten (x,y) (r ∈ [0; +∞)). 7 ϕ : der Winkel zwischen x-Achse und “Ursprung-(x, y)” (ϕ ∈ [0, 2π) Beispiel Umrechnung: Polarform → Kartesische Form Eine in der Polarform beschriebener Punkt (r, ϕ) läßt sich mit Hilfe der Transformationsgleichungen x = r · cos ϕ, y = r · sin ϕ in die kartesische Form (x, y) überführen. Beispiel Umrechnung Kartesische Form → Polarform Eine in der kartesischen Form (x, y) vorliegender Punkt läßt sich mit Hilfe der Transformationsgleichungen p y r = x2 + y 2 , tan ϕ = x und unter Berücksichtigung des Quadranten, in dem der zugehörige Bildpunkt liegt, in die Polarkoordinaten (r, ϕ) überführen. Beispiel Darstellung einer Funktion in Polarkoordinaten Anwendungsbeispiel 3: Zylinderkoordinaten – Hyperbelfunktionen Sinus Hyperbolicus: sinh(z) = ez −e−z 2 ez +e−z 2 sinh(z) = cosh(z) Kosinus Hyperbolicus: cosh(z) = Tangens Hyperbolicus: tanh(z) Graphen der Funktionen 8 2 Folgen, Grenzwerte, Stetigkeit 2.1 Vollständige Induktion Def: Sei A(n) eine Behauptung, die für alle natürliche Zahlen n ∈ N definiert ist. Diese wollen wir für alle natrliche Zahlen beweisen. Das Verfahren der vollständigen Induktion bentigt hierzu nur zwei Schritte. Induktionsbeginn (IB) Zuerst zeigen wir, dass die Aussage für n = 0 richtig ist, d.h. A(0) ist wahr. Induktionsvoraussetzung (IV) Annahme: A(n) ist wahr. Induktionsschritt (IS) Angenommen, A(n) ist wahr. Dann zeigen wir, dass daraus die Gültigkeit von A(n + 1) folgt. Beispiele Bem: Die vollständige Induktion muss nicht genau so aussehen. Leichte Variationen sind möglich. 2.2 Folgen Eine reellwertige Funktion mit Definitionsbereich I ⊆ N heißt eine Folge Notation: (an )n∈I Die einzelnen Elemente an bezeichnet man als Glieder der Folge. Def.: Eine Folge (an )n∈I mit der Eigenschaft an+1 = q ∀ n ∈ I, an 6= 0 ∀ n ∈ I, an heißt geometrisch, d.h. an = a0 q n (falls I = N) Die geometrischen Folgen sind einfache Beispiele von rekursiven Folgen, d.h. an ergibt sich aus den vorherigen Gliedern mit Hilfe einer Rekursionsvorschrift. Def.: Eine Folge (an )n∈N (oder n ∈ I, I unendlich) konvergiert genau dann gegen einen Grenzwert A ∈ R, wenn ∀ ε > 0 ∃N (ε) ∈ N s.d. |an − A| < ε ∀n > N (ε) (und n ∈ I) Notation: limn→+∞ an = A → konvergente Folge. Graphen, Beispiele Def.: a ist ein Häufungspunkt von (an )n∈I (I unendlich) genau dann, wenn ∀ε > 0 ∀N ∈ I |an − a| < ε. Graphen, Beispiele 9 ∃n > N s.d. Satz: (1) Wenn (an ) monoton wachsend und nach oben beschrnkt ist, so ist (an ) konvergent und es gilt lim an = sup{an : n ∈ N}. n→∞ (2) Wenn (an ) monoton fallend und nach unten beschrnkt ist, so ist (an ) konvergent und es gilt lim an = inf{an : n ∈ N}. n→∞ Wenn eine Folge nicht konvergiert ist sie divergent. Hier kann die Notion von ”bestimmter Divergenz” ins Spiel kommen. Def.: Eine Folge nennt man bestimmt divergent gegen +∞ ( lim an = +∞) ⇐⇒ ∀ K > 0 ∃N (K) ∈ N s.d. an > K ∀ n > N (K). n→+∞ Eine Folge nennt man bestimmt divergent gegen −∞ ( lim an = −∞) ⇐⇒ ∀ K > 0 ∃N (K) ∈ N s.d. an < K ∀ n > N (K). n→+∞ Beispiele Klar kann eine Folge divergent sein, ohne bestimmt divergent zu sein. Satz: Seien (an )n∈N und (bn ) konvergente Folgen, die die Grenzwerte limn→+∞ an = A und limn→+∞ bn = B besitzen. (Klar, A, B ∈ R) Dann limn→+∞ (an + bn ) = A + B limn→+∞ (an − bn ) = A − B limn→+∞ (an · bn ) = A · B limn→+∞ an bn = A , B sofern bn 6= 0, B 6= 0. Bemerkung: Seien (an )n∈N wie oben und (cn )n∈N bestimmt divergent gegen +∞ oder gegen −∞(limn→+∞ cn = ±∞. Klar ist der Grenzwert entweder +∞ oder −∞). Dann limn→+∞ (an + cn ) = ±∞ limn→+∞ (an − cn ) = ∓∞ ±∞, falls A > 0 ∓∞, falls A < 0 limn→+∞ (an · cn ) = ? falls A = 0 10 limn→+∞ an cn =0 ” sollen in jedem einzelnen Fall neu betrachtet Bemerkung: Die Fälle ”±∞ · 0”, ”+∞ − ∞”, ” 00 ”, ” ±∞ ±∞ werden. Beispiele 2.3 Grenzwerte • Grenzwert einer Funktion für x → +∞ bzw. x → −∞. Def.: Eine Funktion f : [a, +∞) → R hat genau dann für x → +∞ den Grenzwert f0 ∈ R, wenn, für jede Folge xn → +∞, gilt limn→+∞ f (xn ) = f0 Def.: Eine Funktion f : [a, +∞) → R hat genau dann für x → +∞ den Grenzwert f0 ∈ R, wenn ∀ ε > 0 ∃ C(ε) > 0 s.d. |f (x) − f0 | < ε ∀x > C(ε) (f konvergiert gegen den Grenzwert f0 ). Beispiel Def.: Eine Funktion f : [a, +∞) → R hat genau dann für x → +∞ den Grenzwert +∞, wenn ∀ K > 0 ∃ C(K) > 0 s.d. f (x) > K ∀x > C(K). Analog für den Grenzwert −∞ Analog für x → −∞. Beispiel • Grenzwert einer Funktion für x → x0 Def.: Sei f : D → R und x0 ∈ R, s.d. es eine Folge xn ∈ D gibt s.d. limn→+∞ xn = x0 . Dann ist limx→x0 f (x) = f0 ∈ R, genau dann wenn ∀ ε > 0 ∃δ(ε) > 0 s.d. |f (x) − f0 | < ε ∀x ∈ D s.d. |x − x0 | < δ. Def.: limx→x0 f (x) = +∞ ⇐⇒ ∀ K > 0 ∃ δ(K) > 0 s.d. f (x) > K ∀x ∈ D s.d. |x − x0 | < δ Beispiele Rechenregeln für Grenzwerte Satz: Sei a ∈ R ∪ {±∞}. Seien limx→a f (x) = A und limx→a g(x) = B, A, B ∈ R. Dann limx→a (f (x) + g(x)) = A + B limx→a (f (x) − g(x)) = A − B limx→a (f (x) · g(x)) = A · B (x) A =B , sofern B 6= 0. limx→a fg(x) Bemerkung: Seien limx→a f (x) = A und limx→a h(x) = ±∞ Dann limx→a (f (x) + h(x)) = ±∞ limx→a (f (x) − h(x)) = ∓∞ 11 ±∞, falls A > 0 ∓∞, falls A < 0 limx→a (f (x) · h(x)) = ? falls A = 0 f (x) limx→a h(x) = 0 ” sollen in jedem einzelnen Fall neu betrachtet Bemerkung: Die Fälle ”±∞ · 0”, ”+∞ − ∞”, ” 00 ”, ” ±∞ ±∞ werden. Einsetzungsregel: Sei f : D → R, h : D0 → R, f (D) ⊂ D0 → h ◦ f definiert. Falls limx→x0 f (x) = b und limy→b h(y) existieren, so lim h(f (x)) = lim h(y), x→x0 y→b Bem: Linksseitiger Grenzwert, Rechtsseitiger Grenzwert 2.4 Stetigkeit Def.: Eine Funktion f : D → R heißt stetig an der Stelle a ∈ D, falls limx→a f (x) = f (limx→a x) = f (a). Eine Funktion f : D → R heißt stetig (in D), falls f stetig für alle a ∈ D ist. Beispiele: Polynome, |.|, cos, sin, tan, e, ln, . . . Jede Funktion, die aus stetigen Funktionen durch Kombination einer oder mehrerer der folgenden Operationen, Addition, Subtraktion, Multiplikation, Division (außer durch Null) und Komposition, erzeugt werden kann, ist stetig. Beispiele Grob: Stetigkeit: “Graph von f lässt sich in einer ununterbrochenen Linie durchziehen”. Anwendung: Eine auf einem abgeschlossenen Intervall [a, b] stetige Funktion f nimmt jeden Wert zwischen f (a) und f (b) als Funktionswert an. (Zwischenwertsatz). Anwendung: Eine auf einem abgeschlossenen Intervall [a, b] stetige Funktion f ist beschränkt und nimmt ihre untere und obere Werte an (d.h. ∃u, o ∈ [a, b] : f (u) ≤ f (x) ≤ f (o) ∀x ∈ [a, b]) (Extremwertsatz) 12 3 Differentialrechnung - Funktionen einer Veränderlichen 3.1 Definition Motivation: Wie (schnell) ändert sich die Funktion mit ihrem Argument? Änderungsrate (für passende Funktionen (u.a. Argument: Zeit) auch Wachstumsrate oder Geschwindigkeit genannt) Mittlere Änderungsrate (zwischen zwei Punkten x1 und x2 ): die durchschnittliche Veränderung der Funktion zwischen x1 und x2 d.h. f (x2 )−f (x1 ) (Steigung der entsprechenden Sekante) x2 −x1 Momentane Änderungsrate (an der Stellle x1 ): (x1 ) limh→0 f (x1 +h)−f (Steigung der entsprechenden Tangente) h Beispiel (x1 ) existiert Def.: Die Funktion f : D → R heißt differenzierbar an der Stelle x1 ∈ D, wenn limx→x1 f (x)−f x−x1 f (x1 +h)−f (x1 ) und ∈ R. (Auch limh→0 )). h Die Funktion f : D → R heißt differenzierbar in D, wenn f differenzierbar an der Stelle x1 ∀ x1 ∈ D. 1. Ableitung der Funktion f an der Stelle x1 . Notation: df df (x) f 0 (x1 ) = (x1 ) = (f (x))0x=x1 = . dx dx x=x1 Definition der Tangente: Die Gleichung der Tangente an den Graphen der Funktion y = f (x) an der Stelle a ist y = f (a) + f 0 (a) · (x − a). Stetigkeit 6⇒ Differenzierbarkeit (Bsp: Absoluter Betrag an der Stelle x = 0) Satz: f an einer Stelle x1 differenzierbar ⇒ f stetig an der Stelle x1 . f : D → R differenzierbar auf D → f 0 : D → R : 1. Ableitung von f auf D. Ist die Funktion f 0 differenzierbar auf D , dann ist die Funktion f 00 : D → R die 2. Ableitung von f auf D. 2 0 (x) = ddxf2 (x) f 00 (x) = df dx .. . f (n) : D → R: n-te Ableitung von f auf D. 13 3.2 Bekannte Ableitungen - Ableitungsregeln “Definitionsbereich” f (x) f 0 (x) R c (c ∈ R) 0 n R x (n ∈ N\{0}) n · xn−1 (0, ∞) xa (a ∈ R) a · xa−1 R exp(x) = ex ex 1 (0, ∞) ln x x 1 R\{0} ln |x| x R cos x − sin x R sin x cos x 3π 1 π R\{± 2 , ± 2 , . . .} tan x cos2 x −1 √ (−1, 1) arccos x 1−x2 1 √ (−1, 1) arcsin x 1−x2 1 R arctan x 1+x2 R cosh x sinh x R sinh x cosh x 1 R tanh x cosh2 x Satz (Ableitungsregeln): Es seien f und g differenzierbare Funktionen auf Df und Dg : (i) Faktorregel (c · f (z))0 = c · f 0 (x) , x ∈ Df . (ii) Summenregel (f (x) + g(x))0 = f 0 (x) + g 0 (x) , x ∈ Df ∩ Dg . (iii) Produktregel (f (x) · g(x))0 = f 0 (x) · g(x) + f (x) · g 0 (x) , x ∈ Df ∩ Dg . (iv) Quotientenregel f (x) g(x) 0 = f 0 (x) · g(x) − f (x) · g 0 (x) , x ∈ Df ∩ Dg , g(x) 6= 0. g 2 (x) (v) Kettenregel (f (g(x))0 = f 0 (g(x)) · g 0 (x) , falls g(Dg ) ⊆ Df . (iv) Umkehrregel: Ist f umkehrbar, f −1 die Umkehrfunktion von f, x ∈ f (Df ) und ist f 0 (f −1 (x)) 6= 0, so ist 0 f −1 (x) = 1 f0 Beispiele 14 (f −1 (x)) 4 4.1 Anwendungen der Differentialrechnung - Funktionen einer Veränderlichen Geschwindigkeit, Beschleunigung Beispiel 4.2 Monotonieverhalten Satz: Sei f : I → R, I Intervall! Dann f 0 (x) ≥ 0 ∀x ∈ I f 0 (x) ≤ 0 ∀x ∈ I f 0 (x) > 0 ∀x ∈ I f 0 (x) < 0 ∀x ∈ I ⇔f ⇔f ⇒f ⇒f ist ist ist ist monoton steigend auf I. monoton fallend auf I. streng monoton steigend auf I. streng monoton fallend auf I. Beispiele 4.3 Das Differential Das Differential dy = f 0 (x)dx: die Änderung in y, die eintreten würde, wenn y sich weiterhin mit der festen Rate f 0 (x) ändern würde, wenn x sich auf x + dx ändert. → Fehlerabschätzung 4.4 Polynomiale Approximation Lineare Approximation → Tangente Quadratische Approximation um x = a: f (x) ≈ f (a) + f 0 (a)(x − a) + 21 f 00 (a)(x − a)2 Beispiele Taylor-Approximation n-ter Ordnung für f um x = a: 0 00 (n) f (x) ≈ f (a) + f 1!(a) (x − a) + f 2!(a) (x − a)2 + · · · + f n!(a) (x − a)n Taylor Formel: 0 f (x) = f (a) + f 1!(a) (x − a) + (n+1) f 00 (a) (x 2! n+1 − a)2 + · · · + f (n) (a) (x n! − a)n + Rn+1 (x), wobei Rn+1 (x) = f (n+1)!(c) (x − a) für ein c ∈ [a, x]. Oft versucht man eine obere Schranke für |Rn+1 (x)| zu finden. → “Fehlerabschätzung Beispiele 15 4.5 L’Hospital Regel Sei I ein Intervall. Seien f, g : I −→ R differenzierbare Funktionen und c(c ∈ R ∪ {±∞}) ein ”Endpunkt” von I, c ∈ / I. Seien g, g 0 6= 0 auf I und i) limx→c f (x) = limx→c g(x) = 0 oder ii) limx→c f (x) = ±∞ und limx→c g(x) = ±∞, dann, falls limx→c f 0 (x) g 0 (x) existiert, dann existiert limx→c f (x) g(x) und f (x) f 0 (x) = lim 0 x→c g(x) x→c g (x) lim Vorsicht: L’Hospital nur anwenden, falls “ 00 ” oder “ ±∞ ”. Selbst dann kann es sein, dass die Regel von ±∞ L’Hospital nicht funktioniert und andere Methoden schon. Beispiele 4.6 Newton-Verfahren Wie kann man eine Nullstelle von einer Funktion einfach approximieren? Idee: Approximation von f durch die Tangente. Geometrische Interpretation Wir starten mit x0 : Tangente: an der Stelle x0 : y = f (x0 ) + f 0 (x0 ) · (x − x0 ) → 0 = f (x0 ) + f 0 (x0 ) · (x1 − x0 ) x1 = x0 − .. . xn+1 = xn − f (x0 ) f 0 (x0 ) f (xn ) f 0 (xn ) n = 0, 1, . . . Oft bekommt man eine gute Approximation und das Verfahren konvergiert schnell. Beispiel 4.7 Implizites Differenzieren Beispiele 16 5 5.1 Univariate Optimierung Definitionen Sei f : D → R, D ⊆ R eine Funktion. Def.: c ∈ D ist eine globale Maximalstelle von f genau dann, wenn f (x) ≤ f (c) für alle x ∈ D. c ∈ D ist eine globale Minimalstelle von f genau dann, wenn f (x) ≥ f (c) für alle x ∈ D. c ∈ D ist eine globale Extremstelle, genau dann, wenn c eine globale Maximalstelle oder eine globale Minimalstelle ist. f (c) nennt man dann den Maximalwert (bzw. den Minimalwert) Def.: Eine Funktion f : D → R, D ⊆ R besitzt in c ∈ D eine lokale Maximalstelle, genau dann, wenn ∃δ > 0 s.d. f (x) ≤ f (c) ∀ x ∈ (c − δ, c + δ) und x ∈ D. Def.: Eine Funktion f : D → R, D ⊆ R besitzt in c ∈ D eine lokale Minimalstelle, genau dann, wenn ∃δ > 0 s.d. f (c) ≤ f (x) ∀ x ∈ (c − δ, c + δ) und x ∈ D. Bem.: Globale Maximalstelle =⇒ Lokale Maximalstelle; Globale Minimalstelle =⇒ Lokale Minimalstelle Vorsicht: Selbst die lokale Maximalstelle mit dem größten Funktionswert ist nicht unbedingt eine globale Maximalstelle. Analog ist die lokale Minimalstelle mit dem kleinsten Funktionswert nicht unbedingt eine globale Minimalstelle. Beispiele Def.: Ein Punkt c ∈ D heißt eine stationäre (kritische) Stelle für f, f differenzierbar auf D, falls f 0 (c) = 0. 5.2 Bestimmung der Extremstellen Sei in dieser Sektion f ; I → R, I ⊆ R ein Intervall, f diff. auf I Satz 5.2.1 Sei c ein innerer Punkt von I d.h. kein Endpunkt von I. Dann ist eine notwendige Bedingung dafür, dass x = c eine lokale Extremstelle ist: x = c ist eine stationäre Stelle von f. (f 0 (c) = 0). Beispiele Vorsicht: • diese Bedingung ist notwendig, nicht hinreichend • die Randpunkte, falls in I, müssen gesondert betrachtet werden! Satz 5.2.2 Sei c ein innerer Punkt von I und sei f 0 (c) = 0. Gibt es ein c1 (< c) s.d. f 0 (x) ≥ 0 für alle x ∈ (c1 , c] und gibt es ein c2 (> c) s.d. f 0 (x) ≤ 0 für alle x ∈ [c, c2 ), dann ist c eine lokale Maximalstelle von f. Sei c ein innerer Punkt von I und sei f 0 (c) = 0. Gibt es ein c1 (< c) s.d. f 0 (x) ≤ 0 für alle x ∈ (c1 , c] und gibt es ein c2 (> c) s.d. f 0 (x) ≥ 0 für alle x ∈ [c, c2 ), dann ist c eine lokale Minimalstelle von f. Bem: Falls f 0 (c) = 0 und c keine lokale Max.Stelle oder Min.Stelle ist, dann ist c ein Sattelpunkt. Satz 5.2.3 Sei f : I → R zweimal differenzierbar und sei c ein innerer Punkt von I, f 0 (c) = 0. 17 Falls f 00 (c) < 0, dann ist c eine lokale Maximalstelle. Falls f 00 (c) > 0, dann ist c eine lokale Minimalstelle. Bem.: Falls f 0 (c) = 0 und f 00 (c) = 0, dann kann c ein Sattelpunkt oder eine lokale Extremstelle sein. Die Untersuchung einer Funktion f : I → R, f diff., auf lokale Extrema enthält die folgenden Schritte: • Berechnung der Ableitung • Bestimmung der xk ∈ I mit f 0 (xk ) = 0 • Anwendung vom Satz 5.2.2 oder 5.2.3 • Untersuchung der Randpunkte (falls in I) Die Untersuchung einer Funktion f : I −→ R, f diff., auf globale Maximalstellen (bzw. Minimalstellen) enthält die folgenden Schritte: • Kandidat als globale Maximalstelle (bzw. globale Minimalstelle): lokale Maximalstelle (bzw. lokale Minimalstelle) c mit dem größten (bzw. kleinsten) Funktionswert • Sei I = (a, b). Der Kandidat ist eine globale Maximalstelle, falls lim f (x) ≤ f (c) und x→a+ lim f (x) ≤ f (c) x→b− • Sei I = (a, b). Der Kandidat ist eine globale Minimalstelle, falls lim f (x) ≥ f (c) und x→a+ lim f (x) ≥ f (c) x→b− • Sei I = [a, b] Satz (Extremwertsatz) Wenn f eine stetige Funktion auf einem abgeschlossenen beschränkten Intervall [a, b] ist, so existiert eine globale Minimalstelle und eine globale Maximalstelle in [a, b]. Es bedeutet: es existiert notwendigerweise eine globale Maximalstelle und eine globale Minimalstelle in [a, b]. Def.: Die Funktion f : I → R heißt konkav (konvex), falls der Streckenabschnitt, der zwei beliebige Punkte auf dem Graph verbindet, unterhalb (oberhalb) des Graphen oder auf dem Graphen verläuft. Satz f 00 (x) ≥ 0 auf I ⇐⇒ f ist konvex auf I f 00 (x) ≤ 0 auf I ⇐⇒ f ist konkav auf I 18 6 6.1 Integration Unbestimmte Integrale Beispiel Integration als Umkehrung der Differentiation Differentation: y = f (x) bekannt → y 0 = f 0 (x) ”Integration y 0 = f 0 (x) bekannt → y = f (x)” Anwendungsbeispiel: Geschwindigkeit-Zeit-Gesetz Beispiele Def.: Eine Funktion F (x) heißt eine Stammfunktion zu f (x), wenn F 0 (x) = f (x) für alle x im Definitionsbereich von f gilt. F heißt auch ein unbestimmtes Integral von f . Bemerkungen: 1.) Es gibt zu jeder stetigen Funktion f (x) unendlich viele Stammfunktionen. 2.) Zwei beliebige Stammfunktionen F1 (x) und F2 (x) zu f (x) unterscheiden sich durch eine addidtive Konstante: F1 (x) − F2 (x) = const. 3.) Ist F1 (x) eine beliebige Stammfunktion zu f (x), so ist auch F1 (x) + C eine Stammfunktion zu f (x). Daher läßt sich die Menge aller Stammfunktionen in der Form F (x) = F1 (x) + C darstellen (C ist dabei eine beliebige relle Konstante). Das Aufsuchen sämtlicher Stammfunktionen F (x) zu einer vorgegebenen Funktion f (x) wird als Integration bezeichnet. R Notation: f (x)dx = F (x) + C, C ∈ R: die Menge aller Stammfunktionen von f = die Menge aller unbestimmter Integrale von f (x). Es gilt d dx Z f (x)dx = f (x) Z F 0 (x)dx = F (x) + C, C ∈ R Z Z a f (x)dx = a f (x)dx a Konstante Z Z Z (f (x) + g(x))dx = f (x)dx + g(x)dx 19 (Falls f, g und f + g integrierbar sind) Einige wichtige Integrale Tabelle: R xr dx = xr+1 r+1 + C (r 6= −1) (Potenzregel) R x e dx = ex + C R cos(x)dx = sin(x) + C arcsin x + C R 1 √ dx = 1−x2 − arccos x + C R 1 dx x R sin(x)dx = − cos(x) + C R 1 dx cos2 (x) R 1 dx 1+x2 = ln |x| + C = tan(x) + C = arctan x + C Integrationsmethoden Ziel: kompliziertere gebaute Integrale → einfache Integrale. • Partielle Integration Satz: Sind f, g stetige Funktionen und F, G Stammfunktionen von f bzw. g, so gilt Z Z f (x)G(x)dx = F (x) · G(x) − F (x)g(x)dx + C Idee: (F (x)G(x))0 = f (x)G(x) + F (x)g(x) Beispiel • Gebrochene Rationale Funktion -Falls Grad vom Zähler ≥ Grad vom Nenner, oft (zuerst) Polynomdivision benutzen. Z 3x2 + 5 dx x+3 Beispiele: -Falls Grad vom Zähler < Grad vom Nenner, oft (zuerst) Partialbruchzerlegung benutzen. Vorsicht: Der Nenner muss ausschließlich reelle Nullstellen besitzen. Partialbruchzerlegung von f (x) = Z(x) , N (x) (Grad von Z(x) < Grad von N (x)) . 1. Die (reellen) Nullstellen des Nennerpolynoms nach Lage und Vielfachheit werden bestimmt. 2. Jeder Nullstelle des N.P. wird ein Partialbruch in folgender Weise zugeordnet 20 A x−x1 x1 Einfache Nullstelle → x2 2-fache Nullstelle → A1 x−x1 + A2 (x−x1 )2 x1 r-fache Nullstelle → A1 x−x1 + A2 (x−x1 )2 + ... + Ar (x−x1 )r A, A1 , A2 . . . Ar sind dabei (noch) unbekannte Konstanten. 3. Bestimmung der in den Partialbrüchen auftretenden Konstanten (z.B. mit Koeffizientenvergleich) Das Problem wird jetzt einfach gelöst. Beispiele • Integration durch Substitution Berechnung eines Integrals mittels einer geeigneten Substitution. 1. Aufstellung der Substitutionsgleichungen u = g(x) du = g 0 (x) dx dx = du g 0 (x) 2. Durchführung der Integralsubstitution Z Z f (x) dx = ϕ(u)du 3. Integration Z ϕ(u)du = Φ(u) + C 4. Rücksubstitution (Φ0 (u) = ϕ(u)) Z f (x)dx = Φ(u) + C = Φ(g(x)) + C = F (x) + C Beispiele 6.2 Bestimmte Integrale Sei f (x) eine im Intervall [a, b] definierte Funktion. Eine Zerlegung Z von [a, b] in n Teile sei eine endliche Folge x0 , x1 . . . xn mit a = Px0 < x1 < . . . < xn = b. → Obersumme O(Z) = Pnk=1 (xk − xk−1 ) supxk−1 <x<xk f (x) Untersumme U (Z) = nk=1 (xk − xk−1 ) inf xk−1 <x<xk f (x) (darbouxsche) Integrale: oberes darbouxsches Integral: unteres darbouxsches Integral: Rb a f (x)dx = inf Z O(Z) Rb a f (x)dx = supZ U (Z) 21 Rb Rb Falls a f (x)dx = a f (x)dx gilt und endlich ist, dann Rb Rb Rb f (x)dx = a f (x)dx = a f (x)dx das (Riemann-)Integral von f über [a, b]. a Geometrische Interpretation (für f ≥ 0) : Flächeninhalt Satz: f stetig auf [a, b] =⇒ das bestimmte Integral von f über [a, b] existiert. R Rb Bem.: kann als ”gestrecktes Summenzeichen” interpretiert werden: a f (x) kann als Summe aller zwischen x = a und x = b gelegenen infinitesimal schmalen Streifenflächen vom Flächeninhalt f (x)dx aufgefasst werden. • Die Buchstabe x ist eine ”stumme” Variable. • Mittelwert einer Funktion f auf [a, b]: 1 M= · b−a Z b f (x)dx a Satz: (Elementare Integrationsregeln). Seien I ein Intervall in R, f, g : I → R stetige Funktionen, a, b, c ∈ I, α ∈ R. Rb Rb i) Faktorregel a αf (x)dx = α a f (x)dx Rb Rb Rb ii) Summenregel a (f (x) + g(x))dx = a f (x)dx + a g(x)dx Rc Rb Rb iii) Zerlegungsregel a f (x)dx = a f (x)dx + c f (x)dx Ra Ra Rb (Man setzt a f (x)dx = 0 und b f (x)dx = − a f (x)dx) 6.3 Hauptsatz der Differential- und Integralrechnung Hauptsatz: Sei I ⊂ R ein Intervall, a, b ∈ I und f : I → R eine stetige Funktion. Dann gilt (i) Ist F eine Stammfunktion von f , so ist Z b f (x)dx = F (b) − F (a) := [F ]ba = [F (x)]ba a (ii) Die Funktion x → 6.4 Rx a f (t)dt ist eine Stammfunktion von f . Uneigentliche Integrale Ziel: Berechnung, R b wenn existent, von Integrale über unbeschränkte Integrationsintervalle oder Berechnung von Integrale, a f (x)dx, wobei f (a) oder f (b) nicht definiert ist. Beispiel: Berechnung eines Uneigentlichen Integrals vom Typ 22 R +∞ a f (x)dx. 1. Zunächst wird über das endliche Intervall a ≤ x ≤ λ (λ > a) integriert Z λ f (x)dx I(λ) = a 2. Dann wird der Grenzwert von I(λ) für λ → ∞ berechnet. Ist er vorhanden und endlich so setzt man definitionsgemäß Z +∞ Z λ f (x)dx = lim I(λ) = lim f (x)dx. λ→∞ a λ→+∞ a Beispiele 6.5 Anwendungen (nach Papula, Band 1) • Flächeninhalt zwischen einer Kurve und der x-Achse. Die Fläche muss gegebenenfalls zunächst so in Teilflächen zerlegt werden, dass diese entweder vollständig oberhalb oder vollständig unterhalb der x-Achse liegen. Dazu werden die Nullstellen der R x Funktion im Intervall benötigt. Die Berechnung der Teilflächen erfolgt dabei mit Hilfe von | xii+1 f (x)dx| (xi , i = 1, . . . , n Nullstelle(n) oder Randpunkte) Die gesuchte Gesamtfläche ist dann die Summe aller Teilflächen. Rb • Flächeninhalt zwischen zwei Kurven A = a f0 (x) − fu (x) dx, wobei y0 = f0 (x) die Gleichung der oberen Randkurve ist und yu = fu (x) die Gleichung der unteren Randkurve ist (Voraussetzung: f0 (x) ≥ fu (x), ∀x ∈ [a, b]). Bem.: Falls es Schnittpunkte gibt, muss man die Fläche in Teilflächen zerlegen. Beispiel • Direkte Beispiele aus dem Bauingenieurwesen Beispiele • Bogenlänge einer ebenen Kurve y = f (x) über [a, b] : s= Rbp 1 + (f 0 (x))2 dx. a Beispiel • Volumen eines Rotationskörpers. Bei Drehung einer Kurve y = f (x), a ≤ x ≤ b, um die x-Achse entsteht ein Rotationskörper vom Volumen Z b V =π (f (x))2 dx. a Beispiel • Mantelfläche eines Rotationskörpers Z b f (x) · M = 2π a Beispiel 23 p 1 + (f 0 (x))2 dx • Bogenlänge einer Kurve mit Hilfe einer Parameterdarstellung Es seien A und B die Endpunkte der Kurve, es seien x = ϕ(t) und = ψ(t) auf der Kurve, t ∈ [tA ; tB ]. R t yp Dann ist die Bogenlänge der Kurve zwischen A und B gleich tAB (ϕ0 (t))2 + (ψ 0 (t))2 dt. Beispiel • Schwerpunkt eines homogenen räumlichen Körpers Die Schwerpunktskoordinaten lauten: R R xS = V1 (V ) xdV, yS = V1 (V ) ydV, zS = 1 V R (V ) zdV , wobei V das Volumen ist. Falls der homogene Rotationskörper ein Rotationskörper ist, der durch Drehung von f (x), a ≤ x ≤ b, um die x-Achse entstanden ist, dann lauten die Schwerpunktskoordinaten: Rb xS = Vπ a xf 2 (x)dx, yS = zS = 0. 24 7 7.1 Reihen, Potenzreihen Definitionen Definitionen: Sei (an )n∈N eine Folge: P Wir bilden daraus die Folge der Partialsummen P sn = nk=0 ak . Die für n → ∞ entstehende unendliche Summe ∞ k=0 ak heißt Reihe. P∞ Die Reihe k=0 ak heißt konvergent gegen a ∈ R, falls die Folge sn der Partialsummen gegen a konvergiert. Den Grenzwert nennen wir dann Andernfalls heißt die Reihe divergent. P∞Reihensumme. k Sei x ∈ R. Die spezielle Reihe k=0 ak x heißt Potenzreihe. Wir interpretieren sie als Funktion von x. P k Beispiel: Die geometrische Reihe ∞ k=0 x . Die geometrische Reihe konvergiert für |x| < 1 und divergiert sonst. P 1 Beispiel: Die harmonische Reihe ∞ k=1 k ist divergent. P Bemerkung: Falls die Reihe ∞ k=0 ak konvergent ist, dann gilt limk→∞ ak = 0. Aber limk→∞ ak = 0 ist keine hinreichende Bedingung für die Konvergenz der Reihe. 7.2 Potenzreihen Satz: Jede Potenzreihe hat einen Konvergenzradius R ∈ [0, +∞] (R = ∞ ist zugelassen) und ein KonvergenzIntervall K = (−R, R) mit der Eigenschaft: Die Reihe ist konvergent für alle x ∈ K und divergent für |x| > R. (Falls R = 0 ist, dann ist die Reihe nur für x = 0 konvergent mit Reihensumme a0 ). P k Satz: Für eine Potenzreihe ∞ k=0 ak x existiere der Grenzwert an | ∈ [0, +∞]. R = limn→∞ | an+1 Dann ist die Potenzreihe konvergent mit Konvergenzradius R. Beispiele: Berechnung von Konvergenzradien Funktionen lassen sich durch Potenzreihen auf deren Konvergenz-Intervall darstellen. Manche Funktionen definieren sich über Potenzreihen: Definitionen: P xk Exponentialfunktion: exp(x):= ex = ∞ k=0 k! P k x2k+1 Sinus-Funktion: sin(x) = ∞ k=0 (−1) (2k+1)! P k x2k Cosinus-Funktion: cos(x) = ∞ k=0 (−1) (2k)! Beispiele 7.3 Taylor-Reihen Definition: Ist f in a beliebig oft differenzierbar, so heißt die Potenzreihe P∞ f (k) (a) (x − a)k Taylor-Reihe von f um a. Ihre Partialsummen sind die Taylor- Polynome zu f um a. k=0 k! P f (k) (a) k Falls |x − a| < R (R: Konvergenzradius für die Potenzreihe ∞ x ) , dann stellt die Taylor-Reihe k=0 k! (fast immer - es gibt Gegenbeispiele, die in der Vorlesung nicht betrachtet werden) die Funktion f an der Stelle x dar. 25 Mit der Taylor-Reihe besitzt man die Möglichkeit, eine gegebene Funktion in eine Reihe zu entwickeln, also als Summenwert einer Potenzreihe darzustellen. Beispiele Man kann auch eine gegebene Funktion f mit den Taylor-Polynomen approximieren. Man kann den Grad n so wählen, dass die Approximation für die gegebene Anwendung gut genug ist. Beispiel 26 8 Reellwertige Funktionen mehrerer Variablen 8.1 Definition Eine reellwertige (skalarwertige) Funktion f von n Variablen x1 , . . . , xn mit Definitionsbereich D ⊆ Rn , x1 ist eine Regel, die jedem Vektor x = ( . . . ) in D genau eine Zahl f (x) ∈ R zuordnet. xn Besonderer Fall: n = 2 Geometrische Darstellung Höhenlinien 8.2 Partielle Ableitungen ∂f Def.: ∂x (x) für i = 1, . . . , n bedeutet die partielle Ableitung von f nach xi , wenn alle anderen Variablen i xk (k 6= i) konstant gehalten werden. ∂f ((x1 ,...,xi−1 ,xi ,xi+1 ,...,xn )T ) f ((x1 ,...,xi−1 ,xi +h,xi+1 ...xn )T )−f ((x1 ,...xi−1 ,xi ,xi+1 ,...,xn )T ) = lim h→0 ∂xi h Beispiel Def: Der Gradient von f wird definiert als: ∂f ∂f (x), . . . , ∂x (x))T gradf (x) = ∇f (x) = ( ∂x n 1 Beispiel Partielle Ableitungen 2. Ordnung. 2f ∂f ∂ = ∂x∂j ∂x ∂xj ∂xi i Es ist üblich mit der Hesse-Matrix zu arbeiten: ∂2f (x) . . . ∂x1 ∂x1 .. Hf (x) = . ∂2f (x) . . . ∂xn ∂x1 Satz: ∂2f ∂xi ∂xj = ∂2f ∂xj ∂xi falls ∂2f ∂xi ∂xj und ∂2f ∂xj ∂xi ∂2f (x) ∂x1 ∂xn ∂2f (x) ∂xn ∂xn stetig sind. Ab jetzt in der Vorlesung werden wir annehmen, dass ∂ 2f ∂ 2f (x) = (x) ∂xi ∂xj ∂xj ∂xi Beispiel Definition: (Totales) Differential: df = Pn ∂f i=1 ∂xi dxi Wichtig bei der Abschätzung von Fehlern Beispiele: Absoluter Fehler, relativer Fehler 27 8.3 Richtungsableitungen Def.: Sei f : D ⊆ Rn → R eine Funktion in einer Umgebung von a. Dann versteht man unter der Ablei(a) tung von f im Punkt a in Richtung des Vektors h ∈ Rn , falls existent, ∂h f (a) = limt→0 f (a+th)−f . t Satz: Unter Existenzbedingungen ∂h f (a) = n X ∂f (a) i=1 ∂xi hi = gradf (a) · h = ||gradf (a)|| · ||h|| · cos ϕ Bem: Der Gradient zeigt also die “Richtung des stärksten Anstiegs der Funktion” im Punkt a (falls der Gradient 6= 0). (Mehrdimensionale) Taylor Approximation: f (x) ≈ f (a) + 11 (gradf (a))T (x − a)+ 1 (x − a)T Hf (a)(x − a) 2 8.4 Tangentialebene Die Gleichung der Tangentialebene von z = f (x, y) an der Stelle (x0 , y0 ) ist: z − f (x0 , y0 ) = ∂f (x0 , y0 ) ∂f (x0 , y0 ) · (x − x0 ) + · (y − y0 ) ∂x ∂y 28 9 Ein paar Bemerkungen über quadratische Formen Def.: Eine quadratische Form ist ein nichtlinearer Ausdruck der Form Q(x1 , x2 , . . . , xn ) = n X n X aij xi xj i=1 j=1 wobei die x1 , x2 . . . xn reelle Variablen und die aij reelle Konstanten sind. Beispiel: Der Term (x − a)T Hf (a)(x − a)) bei der Taylor Approx. Sei A = (aij )1≤i≤n und x = (x1 . . . xn )T 1≤j≤n T → Q(x) = x Ax Bem.: Q(x) = xT Ax = xT 12 (A + AT )x und 12 (A + AT ) ist symmetrisch. So: Für jede quadratische Form existiert eine symmetrische Matrix A s.d.Q(x) = xT Ax. Eine quadratische Form Q(x) heißt positiv definit ⇐⇒ Q(x) > 0 ∀x 6= 0 positiv semidefinit ⇐⇒ Q(x) ≥ 0 ∀x 6= 0 negativ definit ⇐⇒ Q(x) < 0 ∀x 6= 0 negativ semidefinit ⇐⇒ Q(x) ≤ 0 ∀x 6= 0 indefinit, falls sie nicht positiv semidefinit und nicht neagtiv semidefinit ist. Satz: Sei A symmetrisch und Q(x) = xT Ax Q(x) positiv definit ⇐⇒ alle Eigenwerte von A sind positiv. Q(x) negativ definit ⇐⇒ alle Eigenwerte von A sind negativ. 29 10 Optimierung von reellwertigen Funktionen zweier Variablen Zuerst noch ein paar allgemeine Kommentare. 10.1 Lokale Extremstellen (Mehrdimensional) Sei f : D → R, D ⊆ Rn . Notwendige Bedingung, dafür, dass a ∈ D eine lokale Extremstelle ist: gradf (a) = 0 ( Taylor Approx: f (x) ≈ f (a) + 11 (gradf (a))T (x − a)+ 1 (x − a)T Hf (a)(x − a)) 2 Hinreichende Bedingung für eine lokale Minimalstelle: gradf (a) = 0 und Hf (a) positive definit, d.h. (weil Hf symmetrisch ist) Hf (a) hat nur positive (d.h. > 0) Eigenwerte. Hinreichende Bedingung für eine lokale Maximalstelle: gradf (a) = 0 und Hf (a) negative definit d.h. Hf (a) hat nur negative (d.h. < 0) Eigenwerte. Bem.: für n = 2, det Hf (a) = λ1 · λ2 > 0 sowohl für lokale Minimalstellen als für lokale Maximalstellen. Bem: ab jetzt in diesem Kapitel arbeitet man mit f : D → R, D ⊆ R2 und, um die Notationen einfach zu halten, f ((x, y)T ) = f (x, y). 10.2 Definition von globalen Extremstellen und lokalen Extremstellen Selbe Definition wie im Kapitel 5 (ausser, dass jetzt c ∈ D ⊆ R2 ) für globale Extremstellen. Für lokale Extremstellen gibt es eine kleine Variation: Def.: Eine Funktion f : D → R, D ⊆ R2 besitzt in c ∈ D eine lokale Maximalstelle genau dann, wenn ∃δ > 0 s.d. f (x) ≤ f (c) ∀ x s.d. ||x − c|| < δ und x ∈ D. Ähnlich für lokale Minimalstellen 10.3 Lokale Extremstellen für Innere Punkte 2 Satz 10.3.1 Sei f : D → in R, D ⊆ R . Eine diff. Funktion f kann nur dann eine lokale Extremstelle x0 einem inneren Punkt y0 ∈ D annehmen, wenn der Gradient von f an der Stelle (x0 , y0 )T gleich 0 ist. D.h.: ∂f ∂f (x0 , y0 ) = 0 und (x0 , y0 ) = 0. ∂x ∂y Bem.: Notwendige Bedingung Satz 10.3.2 Sei x0 y0 ∈ S ein innerer Punkt und ∂f (x0 , y0 ) ∂x 30 = 0 und ∂f (x0 , y0 ) ∂y =0 • Für das Vorhandensein einer lokalen Extremstelle ist dann hinreichend, dass gilt det(Hf (x0 , y0 )) > 0 Ist zusätzlich – ∂2f (x0 , y0 ) ∂x∂x < 0, dann ist (x0 , y0 )T eine lokale Maximalstelle – ∂2f (x0 , y0 ) ∂x∂x > 0, dann ist (x0 , y0 )T eine lokale Minimalstelle • Gilt det(Hf (x0 , y0 )) < 0 So ist (x0 , y0 )T ein Sattelpunkt • Gilt det(Hf (x0 , y0 )) = 0 dann ist eine weitere Untersuchung notwendig. Beispiel Bemerkung: Globale Extremstellen (2-dim) x f :R →R: 7→ f (x, y) y 2 Kandidat als Globale Maximalstelle (bzw. glob. Minimalstelle); die (eine) lokale Maximalstelle (bzw. lokale Minimalstelle) mit dem größten (bzw. kleinsten) Funktionswert. Ist der Kandidat tatsächlich eine globale Maximalstelle (bzw. glob. Minimalstelle)? Ja, falls f ( xy00 ) ≥ (bzw. ≤)f (x, y) ∀ x, y ∈ R. 10.4 Optimierung unter Nebenbedingung (2-dim) Max. (Min.) f (x, y) unter der Nebenbedingung g(x, y) = c. Methode der Lagrange-Multiplikatoren • Schreiben Sie die Lagrange-Funktion L(x, y) = f (x, y) − λ(g(x, y) − c) auf, wobei λ eine Konstante ist. • Differenzieren Sie L nach x und y und setzen Sie die partiellen Ableitungen gleich 0. • Diese zwei Gleichungen ergeben zusammen mit der Nebenbedingung die folgenden drei Gleichungen: ∂f ∂g (x, y) − λ (x, y) = 0 ∂x ∂x 31 ∂f ∂g (x, y) − λ (x, y) = 0 ∂y ∂y g(x, y) = c • Lösen Sie diese drei Gleichungen für die drei Unbekannten x, y und λ. Die Lösungen xy sind Kandidaten, um Lösung des Problems zu sein. Extremwertsatz: Wenn die Funktion f (x, y) stetig in einer nichtleeren, abgeschlossenen und beschränkten Menge S in der Ebene ist, dann, wenn man auf f : S → R sich beschränkt, existiert eine globale Minimalstelle und eine globale Maximalstelle (auf S). → Wenn f stetig ist und { xy : g(x, y) = c} nicht leer, abgeschlossen und beschränkt ist, dann existieren sowohl eine globale Maximalstelle als eine globale Minimalstelle (Extremwertsatz, f stetig) x Wenn { y : g(x, y) = c} nicht so ist, dann kann es sein, dass es globale Extremstellen gibt, muss aber nicht sein. Beispiele 10.5 Optimierung unter Nebenbedingung (II) Max (Min.) f (x, y) unter der Nebenbedingung g(x, y) ≤ c (f stetig). 1. Lokale Extremstellen von f : R2 → R rausfinden. 2. Nur die lokalen Extremstellen behalten, die so sind, dass g(x, y) ≤ c. 3. Die Kandidaten unter der Nebenbedingung g(x, y) = c finden. 4. Alle Kandidaten aus 2. und 3. vergleichen. → Bester Kandidat für glob. Max.Stelle u.d.N g(x, y) ≤ c → Bester Kandidat für glob. Min.Stelle u.d.N g(x, y) ≤ c Es ist noch nicht gesagt, dass die besten Kandidaten Lösungen des Problems sind. Es kann passieren, dass es keine Lösung zum Problem gibt. Aber wenn { xy : g(x, y) ≤ c} nicht leer, abgeschlossen und beschränkt ist, dann existieren sowohl eine globale Maximalstelle als eine globale Minimalstelle (Extremwertsatz, f stetig) Beispiele 32 11 Ein paar weiterführende Definitionen Definition (Skalar-, Vektorfeld): Eine Funktion f : Rm ⊂ Df → Rn ordnet jedem Vektor x = (x1 , . . . , xm )T ∈ Df ⊃ Rm einen Vektor im Rn zu. Für m = 1 heißt die Funktion auch Kurve, n = 1 nennt man die Funktion skalarwertig oder Skalarfeld, n > 1 heißt die Funktion vektorwertig, m = n > 1 heißt die Funktion Vektorfeld. Eine vektorwertige Funktion f : Rm → Rn f1 (x1 , . . . , xm ) .. f (x) = . . fn (x1 , . . . , xm ) besteht aus n skalarwertigen Komponenten-Funktionen fi : Rm → R. Definition (Gradient, Divergenz, Rotation): Spezielle Kombinationen partieller Ableitungen spielen eine wichtige Rolle in den Anwendungen. (1) Sei f : Rm → R ein Skalarfeld. Dann wissen wir schon, dass gradf (x) oder grad f (x) := (∂x1 f (x), . . . , ∂xm f (x))T der Gradient von f ist. (2) Sei g : Rn → Rn ein Vektorfeld. Dann heißt das Skalarfeld div g(x) := n X ∂xi gi (x) i=1 die Divergenz von g. (3) Sei h : R3 → R3 ein dreidimensionales Vektorfeld. Dann heit das Vektorfeld ∂x2 h3 (x) − ∂x3 h2 (x) rot h(x) := ∂x3 h1 (x) − ∂x1 h3 (x) ∂x1 h2 (x) − ∂x2 h1 (x) die Rotation von h. (4) Sei f : Rm → R ein zweimal differenzierbaresbares Skalarfeld. Dann heißt das Skalarfeld ∆f (x) := div(grad f ) Laplace von f und ∆ nennt man den Laplace-Operator. Der Gradient gibt die Richtung des steilsten Anstiegs eines Skalarfeldes an. Die Divergenz ist ein Maß für die Quellenstärke eines Vektorfeldes und die Rotation mißt die Wirbelstärke eines Vektorfeldes. Mehr dazu jedoch in der Vorlesung HM: Vektoranalysis. 33 12 Komplexe Zahlen nach Papula (Band 2) 12.1 Definition und Darstellung einer komplexen Zahl Die Gleichung x2 +1 = 0 hat keine reelle Lösung. Aber zwei komplexe Zahlen sind Lösung dieser Gleichung. Definition: Der formale √ Wurzelausdruck j) gekennzeichnet: i = −1. √ −1 heißt imaginäre Einheit und wird durch das Symbol i (oder Man hat i2 = −1; i und −i sind Lösungen von x2 + 1 = 0. Definition: Eine imaginäre Zahl ist das formale Produkt aus einer reellen Zahl b 6= 0 und i: b i(= i b) Beispiel Definitionen: Unter einer komplexen Zahl z versteht man die formale Summe aus einer reellen Zahl x und einer imaginären Zahl iy : z = x + i y. (Normalform einer komplexen Zahl) Realteil von z : Re(z) = x Imaginärteil von z : Im(z) = y C = {z|z = x + i y, x, y ∈ R} heißt die Menge der komplexen Zahlen. Beispiel Definitionen: (Geometrische Darstellung einer komplexen Zahl in der Gaußschen Zahlenebene) Eine komplexe Zahl z = x+i y läßt sich in der Gaußschen Zahlenebene durch P (z) = (x; y) oder durch den Zeiger z = x + i y geometrisch darstellen. Die Bildpunkte der reellen Zahlen liegen dabei auf der reellen Achse, die Bildpunkte der imaginären Zahlen auf der imaginären Achse. Beispiel Definition: Die komplexe Zahl z ∗ = x − i y heißt die zu z = x + i y konjugiert komplexe Zahl. Beispiel Definition: Unter dem Betrag |z| der komplexen Zahl z = x + i y versteht man die Länge des zugehörigen Zeigers: p |z| = x2 + y 2 Beispiel Darstellungsformen einer komplexen Zahl: 1. Algebraische, kartesische Form oder Normalform z =x+i y x: Realteil von z 34 y: Imaginärteil von z 2. Trigonometrische Form (Polarform) z = r(cos ϕ + i · sin ϕ) r : Betrag von z ϕ : Argument (Winkel) von z 3. Exponentialform (Polarform) z = r · eiϕ r : Betrag von z ϕ : Argument (Winkel) von z Beispiel Umrechnung einer komplexen Zahl: Beispiele 12.2 Komplexe Rechnung Definition: Summe z1 + z2 und Differenz z1 − z2 zweier komplexer Zahlen z1 = x1 + i y1 und z2 = x2 + i y2 werden nach den folgenden Vorschriften gebildet: z1 + z2 = (x1 + x2 ) + i(y1 + y2 ) z1 − z2 = (x1 − x2 ) + i(y1 − y2 ) Beispiel Definition: Unter dem Produkt z1 · z2 zweier komplexer Zahlen z1 = x1 + i y1 und z2 = x2 + i y2 wird die komplexe Zahl z1 · z2 = (x1 x2 − y1 y2 ) + i(x1 y2 + x2 y1 ) verstanden. Beispiel Definition: Unter dem Quotient z1 /z2 zweier komplexer Zahlen z1 = x1 + i y1 und z2 = x2 + i y2 wird die komplexe Zahl x1 x2 + y 1 y 2 x2 y1 − x1 y2 z1 = +i 2 2 z2 x 2 + y2 x22 + y22 verstanden (z2 6= 0). Beispiel Multiplikation und Division zweier komplexer Zahlen in der trigonometrischen und exponentiellen Darstellung Bei der Multiplikation und Division zweier komplexer Zahlen erweist sich die trigonometrische bzw. exponentielle Darstellungsweise als besonders vorteilhaft. Mit z1 = r1 (cos ϕ1 + i · sin ϕ1 ) = r1 · eiϕ1 und z2 = r2 (cos ϕ2 + i · sin ϕ2 ) = r2 · ejϕ2 gilt dann: 35 1. Für die Multiplikation: z1 · z2 = (r1 r2 )[cos(ϕ1 + ϕ2 ) + i · sin(ϕ1 + ϕ2 )] = (r1 r2 ) · ei(ϕ1 +ϕ2 ) Regel: Zwei komplexe Zahlen werden multipliziert, indem man ihre Beträge multipliziert und ihre Argumente (Winkel) addiert. 2. Für die Division: z1 = z2 r1 r2 [cos(ϕ1 − ϕ2 ) + i · sin(ϕ1 − ϕ2 )] = r1 r2 · ei(ϕ1 −ϕ2 ) Regel: Zwei komplexe Zahlen werden dividiert, indem man ihre Beträge dividiert und ihre Argumente (Winkel) subtrahiert. Beispiel Potenzieren einer komplexen Zahl Eine in der Polarform vorliegende komplexe Zahl z wird nach der Formel von Moivre potenziert (n ∈ N) : In exponentieller Schreibweise: z n = [r · eiϕ ]n = rn · einϕ In trigonometrischer Schreibweise: z n = [r(cos ϕ + i · sin ϕ)]n = rn [cos(nϕ) + i · sin(nϕ)] Regel: Eine komplexe Zahl z = r(cos ϕ + i · sin ϕ) = r · eiϕ wird in die n-te Potenz erhoben, indem man ihren Betrag r in die nte Potenz erhebt und ihr Argument (Winkel) ϕ) mit dem Exponenten n multipliziert. Beispiel Fundamentalsatz der Algebra Eine algebraische Gleichung n-ten Grades an z n + an−1 z n−1 + . . . + a1 z + a0 = 0 besitzt in der Menge C der komplexen Zahlen stets genau n Lösungen. Beispiel 12.3 Anwendung Überlagerung zweier gleichfrequenter sinusförmiger Schwingungen in komplexer Darstellung Beispiel 36 13 Integralrechnung im Rn Eigentlich wird hier nur eine kurze Einführung der Integralrechnung im R2 geben. Analoge Ansätze gibt es für höhere Dimensionen. Beispiel: Sei f : R2 ⊇ U → R, f ≥ 0 P Volumen zwischen dem Graphen und der xy-Ebene V ≈ i,j;(xi ,yj )∈U f (xi , yj )∆x∆y Definition: Normalgebiet in R2 Sei I = [a, b] und g1 , g2 : I → R stetig. U = {(x, y) : x ∈ I, g1 (x) ≤ y ≤ g2 (x)} V = {(x, y) : y ∈ I, g1 (y) ≤ x ≤ g2 (y)} Beispiel Definition: Sei U ⊆ R2 Normalgebiet; f : U → R stetig Z ZZ 2 f (x, y)d x = U f (x, y) dxdy X lim f (xi , yj ) ∆x∆y, ∆x → 0 ∆y → 0 U = falls der Grenzwert existiert und endlich ist. (Analog für V ) Satz: (Fubini) Sei U = [a, b]×[c, d] ⊆ R2 , f : U → R stetig Dann R d R b f (x, y)dx dy. a c Beispiel R f (x, y) d2 x = U R b R d a c f (x, y) dy dx = Satz: (Fubini) (Integration über Normalgebiete) Sei ein Normalgebiet U = {(x, y) : x ∈ I und g1 (x) ≤ y ≤ g2 (x)} und sei f : U → R stetig. R R b R g (x) Dann U f (x, y)d2 x = a g12(x) f (x, y)dy dx (Analog für V ) Beispiel Wie ist das Verhalten von integralen unter Koordinatentransformationen? Da spielt die Jacobi-Matrix (und präziser der Betrag der Determinante der Jacobi Matrix) eine wichtige Rolle: Definition: Es sei f : Rn → Rm : x = (x1 , . . . , xn )T 7→ (f1 (x), . . . , fm (x)). Dann ist die Jacobi-Matrix gegeben durch ∂f1 ∂f1 (x) . . . (x) ∂x1 ∂xn ... Jf (x) = . ∂fm (x) ∂x1 37 ... ∂fm (x) ∂xn Beispiel: Polarkoordinaten Wir werden hier den allgemeinen Transformationssatz nicht hinschreiben, sondern nur den “Polarkoordinaten” Fall betrachten. Satz: Sei f : R2 → R stetig und (r, ϕ) ”Polarkoordinaten” in der Ebene. Sei U = {(r, ϕ) : r0 ≤ r ≤ r1 und ϕ0 ≤ ϕ ≤ ϕ1 }. Dann Z r1 Z ϕ1 Z 2 f˜(r, ϕ) · r dϕdr f (x, y)d x = U ϕ0 r0 Beispiel 38 14 Differentialgleichungen 14.1 Def.: Eine Differentialgleichung ist eine Gleichung, in der eine gesuchte Funktion und deren Ableitungen auftreten. Motivation: Wachstumsprozess, Zerfallsprozess Bsp.: f 0 (t) = af (t), f (0) = c0 , a ∈ R\{0}, f (t) > 0 ∀t. (f (0) = c0 : Anfangsbedingung) f 0 (t) f (t) → =a f 0 (t) dt f (t) R = R a dt Sei u = f (t) Z und R f 0 (t) dt = f (t) Z 1 0 du · f (t) · · 0 = u f (t) Z 1 f 0 (t) du = ln(|u|) + C1 = ln f (t) + C1 u f 0 (t) a dt = at + C2 → ln f (t) = at + C → f (t) = eat+C = eC eat und f (0) = c0 = eC → f (t) = c0 eat 14.2 Allgemeine Form einer separablen Differentialgleichung: f 0 (t) = a(t)g(f (t)), f (t0 ) = c0 g(f (t)) > 0 ∀t a, g stetig f 0 (t) g(f (t)) R = a(t) f 0 (t) dt g(f (t)) = R a(t)dt Beispiel 14.3 Lineare Differentialgleichung erster Ordnung Def.: Sei I ein Intervall in R und a, b : I → R stetige Funktionen. Dann heisst f 0 (t) = a(t)f (t) + b(t) eine lineare Differentialgleichung 1ster Ordnung. Die Differentialgleichung heisst homogen, wenn b(t) = 0 für alle t ∈ I, ansonsten inhomogen. Ist τ ∈ I gegeben, so nennt man f (τ ) = cτ für cτ ∈ R eine Anfangs39 bedingung. Man spricht dann von einem Anfangswertproblem. Rt Hauptsatz: Ist g : t → e τ a(s)ds und f (t) = g(t) · (cτ + Lösung des Anfangswertproblems Rt b(s) ds) τ g(s) so ist f : I → R : t → f (t) die einzige f 0 (t) = a(t)f (t) + b(t) ∀t ∈ I, f (τ ) = cτ . Beispiel Idee: Methode der Variation der Konstanten. 40