0. Grundbegriffe

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Mathematik für Biologen, Biotechnologen und Biochemiker
0. Grundbegriffe
Zahlen. Mit R bezeichnen wir die Menge der reellen Zahlen. Wir stellen sie uns
vor als die Menge der Punkte auf der Zahlengerade:
.
...............................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................
.
−1
0
1
5
Beispiele reeller Zahlen sind ganze Zahlen wie 5, −1002, 17, 0, 230 , −371;
9
Brüche wie zum Beispiel 11
oder − 52 ; abbrechende Dezimalbrüche wie −17, 235
oder 0, 0001, . . . ; periodische Dezimalbrüche wie 0, 3 oder −17, 24181, . . . ; es gibt
(viele!) reelle Zahlen, die
√ sich nicht als abbrechende oder periodische Dezimalbrüche
darstellen lassen, z.B. 2 oder die Kreiszahl π; beim effektiven Rechnen wird man
allerdings geeignet runden, also zum Beispiel mit π ≈ 3, 14 arbeiten! Eine reelle Zahl ist
entweder positiv oder Null oder negativ. Es sollte wohlbekannt sein, wie man mit reellen
Zahlen rechnet (insbesondere: Addition, Subtraktion, Multiplikation und Division).
Meßwerte, die man in biologischen, chemischen oder physikalischen Versuchen
erhält, sind üblicherweise Maßzahlen zusammen mit einer Maßeinheit, wie 5 kg,
17 cm, 3 sec; die Maßzahlen sind dabei meist reelle Zahlen. Die jeweilige Maßeinheit
beschreibt die Dimension (oder Größenart) der Größe (also ob es sich um eine Masse,
eine Länge, eine Zeitdauer, eine Geschwindigkeit, einen Druck, . . . handelt) und die
Größenordnung (also bei Längen: mm, cm, dm, m, km, usw). Für jede Dimension wurde
eine Grundeinheit (oder Basiseinheit) festgelegt, wie zum Beispiel für Längen das Meter
(dies sind zwar willkürliche Festlegungen, sie sind aber verbindlich vorgeschrieben).
Die Maßeinheit wird manchmal in eckigen Klammern notiert: also 5 [kg], 17 [cm],
3 [sec]. Die mathematische Betrachtung bezieht sich oft nur auf die Maßzahlen, wir
werden daher meist nur mit den reellen Zahlen (den Maßzahlen) arbeiten und die
Maßeinheiten vernachlässigen. Doch sollte betont werden, daß in konkreten Situationen
das “Mitschleppen” der Maßeinheiten (Denk-)Fehler verhindern kann!
Variable. Oft wird es notwendig sein, mit Variablen zu arbeiten; man verwendet
hierfür Buchstaben (wie x, y, . . . oder auch a, b, . . . ). Ein derartiger Buchstabe dient
einerseits als “Platzhalter” für Werte (meist Zahlen), die man an dieser Stelle einsetzen
kann (= “unabhängige Variable”), oder aber als Bezeichnung eines berechneten Werts
(= “abhängige Variable”). Typisches Beispiel: schreibt man y = 2 + 3x, so ist x als
unabhängige Variable anzusehen, beim Einsetzen einer Zahl an dieser Stelle ergibt sich
ein davon abhängiger y-Wert; ersetzen wir zum Beispiel x durch 1, so erhalten wir
als y-Wert 2 + 3 · 1 = 5 (man sagt auch: für x = 1 ist y = 5); bei der Zuordnung
x 7→ y = 2 + 3x handelt es sich um eine “Funktion” (siehe weiter unten). Wenn man
es mit vielen Variablen zu tun hat, so reicht das Alphabet nicht aus; man beginnt
dann, die verwendeten Variablen zu nummerieren, etwa x1 , x2 , . . . , x27 . Multipliziert
man eine Zahl mit einer Variablen, etwa 2 mit x, so schreibt man 2x oder auch (zur
Verdeutlichung) 2 · x.
Leitfaden
2
Sind x1 , . . . , xn reelle Zahlen, so bezeichnen wir
Summen und Mittelwerte.
mit
n
X
i=1
xi = x 1 + x2 + · · · + x n
die Summe dieser Zahlen. Das “Summenzeichen”
n
X
Xn
oder auch
i=1
i=1
ist sehr praktisch
P und wir werden es oft verwenden; unter dem griechischen Buchstaben
Groß-Sigma
(oder an seiner rechten unteren Ecke) steht P
der “Lauf-Index” (hier i)
zusammen mit seinem Beginn (hier i = 1), über dem Zeichen
(oder an seiner rechten
oberen Ecke) Seite steht, bis zu welchem Index die Summenbildung fortzusetzen ist
(hier i = n), man sagt in diesem Fall, daß “über i summiert wird, von 1 bis n”. Analog
P4
ist i=2 xi = x2 + x3 + x4 (hier wird über i summiert, und
Pn zwar von 2 bis 4). Der
Lauf-Index braucht nicht i zu heißen, wir hätten ebenso t=1 xt schreiben können,
das Ergebnis wäre ebenfalls x1 + x2 + · · · + xn (es ist also i oder t nichts anderes
als
P ein “Platzhalter”). Sind die Zahlen
Pnx1 , . . . , xn gegeben, und schreibt man einfach
xi , so soll dies nichts anderes als i=1 xi bedeuten (man geht also stillschweigend
davon aus, daß i der Lauf-Index ist und daß von 1 bis n summiert wird). Der Index i
P3
kann in den Summanden mehrfach vorkommen, so ist i=1 (xi yi )2i nichts anderes als
(x1 y1 )2 + (x2 y2 )4 + (x3 y3 )6 ; genauso gut kann es passieren, daß i gar nicht vorkommt:
P3
es ist i=1 2 = 2 + 2 + 2; P
hier sind also drei Summanden zu addieren, und alle sind
n
gleich 2; entsprechend ist
i=1 a = n · a für jede Zahl a. Hier eine wichtige (aber
offensichtliche) Rechenregel:
a·
Xn
i=1
xi =
Xn
i=1
a · xi ,
dies ist gerade das Distributivgesetz (ausgeschrieben: a(x1 +x2 +· · ·+xn ) = ax1 +ax2 +
· · · + axn ). Entsprechend übertragen sich die weiteren Rechengesetze der Addition.
Sind x1 , . . . , xn reelle Zahlen, so bezeichnet man mit
x=
1 Xn
xi
i=1
n
den Mittelwert der Zahlen xi . (Die Mittelwertbildung spielt eine wichtige Rolle; darauf werden wir öfter zurückkommen, zum Beispiel im Rahmen der linearen Regression.
Insbesondere wirdP
dort gezeigt, daß der Mittelwert x der Zahlen x1 , . . . , xn diejenige
Zahl t ist, für die (t − xi )2 minimal ist).
3
Mathematik für Biologen, Biotechnologen und Biochemiker
Zahlenpaare, Koordinatensystem. Weiter oben steht, dass man sich reelle
Zahlen immer als Punkte auf einer Zahlengerade vorstellt. Wir betrachten nun Paare
(x, y) von reellen Zahlen (hier sind also x, y beides reelle Zahlen); solche Zahlenpaare
(x, y) stellen wir uns als Punkte in der Ebene R2 vor: wir arbeiten mit einem Koordinatensystem, das durch die zwei Koordinatenachsen gebildet wird; horizontal verläuft
die x-Achse, vertikal die y-Achse, der Schnittpunkt der beiden Achsen ist der Punkt
(0, 0). Hier zwei solche Koordinatensysteme:
y
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x
y
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10
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x
Im linken Koordinatensystem sind die Punkte (0, 2), (2, 3) und (3, 4) eingetragen, als
fette (fast zu fette) Punkte, zur Verdeutlichung wurde eine Rasterung durch punktierte
Linien vorgegeben (und meist verwendet man für solche Zeichnungen Kästchenpapier!),
im rechten Koordinatensystem sind die Punkte (0, 2), (20, 3) und (30, 4) eingetragen.
Wenn nichts dagegen spricht, werden wir das Zahlenpaar mit erster Koordinate x =
2 und zweiter Koordinate y = 3 einfach
i (2, 3) schreiben, andere mögliche Beh als
zeichnungen sind [2 3] oder (2 | 3) oder 23 (auf eine dieser Form muss man immer
dann zurückgreifen, wenn wenigstens eine der Zahlen x, y selbst eine Kommazahl ist).
Manchmal schreibt man statt (2, 3) auch P (2 | 3) um zu betonen, daß man einen
Punkt in der Ebene meint . . . . Wichtig ist, daß sich die Bezeichnung der Achsen je
nach Problemstellung ändern kann: oft ist die horizontale Achse eine Zeitachse, sie wird
dann meist als t-Achse bezeichnet. Auch macht es meist gar keinen Sinn zu erwarten,
daß sich die Abstände auf den beiden Achsen entsprechen (eine der Achsen ist vielleicht
eine Zeitachse, mit Einheit 1 [sec], die andere eine Längenachse, mit Einheit 1 [mm]
oder 1 [m]: warum sollte man nun diese Einheiten geich lang zeichnen? - sie habe ja
überhaupt nichts miteinander zu tun). Die Skalierung der Achsen wird der jeweiligen
Problemstellung angepaßt (siehe das rechte Bild weiter oben); wichtig ist nur, daß die
darzustellenden Punktepaare deutlich sichtbar sind.
Derartige Koordinatensysteme werden vor allem verwendet, um funktionale Abhängigkeiten zeichnerisch darzustellen; darauf werden wir gleich eingehen, wenn von
Funktionen die Rede ist. Welchen Effekt das Verändern der Skalen hat, wird im Abschnitt 1.6 besprochen. Und es wird sich im Abschnitt über die Exponentialfunktion
zeigen, daß man neben den bisher betrachteten linearen Skalen auch zu ganz anderen
Skalen greifen muß, den sogenannten logarithmischen Skalen.
Leitfaden
4
Mengen. Viele mathematische Sachverhalte werden “mengentheoretisch” formuliert. Unter einer Menge versteht man eine Zusammenfassung von Elementen. Ist a
ein Element der Menge A, so schreibt man a ∈ A. Man nennt A′ eine Teilmenge
von A, wenn die Elemente von A′ auch Elemente von A sind. Die Mengen, mit denen
wir es zu tun haben werden, sind oft Teilmengen der Menge der reellen Zahlen.
Funktionen. Seien zwei Mengen A, B gegeben. Eine Funktion f : A → B ordnet
jedem a ∈ A ein (und nur ein) Element f (a) der Menge b zu, man schreibt dann auch
a 7→ f (a), man nennt f (a) das Bild des Elements a unter der Funktion f , und man
sagt auch, daß a auf f (a) abgebildet wird. Die Menge A heißt Definitionsbereich von
f , die Menge B der Wertevorrat von f . (Beachte: es wird nicht verlangt, daß zwei
verschiedene Elemente a, a′ der Menge A auf verschiedene Elemente in B abgebildet
werden; es wird auch nicht verlangt, daß jedes b ∈ B als Bild auftritt. Wenn derartige
Eigenschaften gebraucht werden, so ist dies besonders zu formulieren, siehe: “injektive”
Funktion, “surjektive” Funktion). Der Graph der Funktion f ist die Menge der Paare
(a, f (a)) mit a ∈ A. Hier einige Funktionen f : R → R und ihre Graphen:
y ..........
y
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2
y=x +1 ................................
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1 ......
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1
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x
y=sin(x)
y .........
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1 .........
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1
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x
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.. .....
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y=exp(x)
... ...
.. ...
1................
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1
............
.....................................................................................................................
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x
Eine Funktion f : A → B heißt injektiv, wenn verschiedene Elemente a, a′ aus A
auf verschiedene Elemente f (a), f (a′) abgebildet werden. Zum Beispiel: Die Funktion
f : R → R mit x 7→ x2 + 1 ist nicht injektiv, denn es ist f (−3) = f (3). Bei Funktionen,
die nicht injektiv sind, empfiehlt es sich häufig, den Definitionsbereich zu verkleinern,
um eine injektive Funktion zu erhalten (so könnte man bei der Zuordnung x 7→ x2 als
verkleinerten Definitionsbereich die Menge der nicht-negativen reellen Zahlen nehmen).
Eine Funktion f : A → B heißt surjektiv, wenn jedes b ∈ B als Bild unter f auftritt,
wenn es also zu jedem Element b aus B ein a ∈ A mit f (a) = b gibt. Zum Beispiel:
Die Funktion f : R → R mit x 7→ x2 + 1 ist auch nicht surjektiv, denn unter f wird
jede Zahl auf eine Zahl b ≥ 1 abgebildet; die Zahlen b mit b < 1 treten nicht als Bilder
auf. Braucht man Surjektivität, so wird man bei Funktionen, die nicht surjektiv sind,
ganz einfach den Wertevorrat verkleinern! (Betrachten wir die Zuordnung x 7→ x2 + 1
als Funktion f : R → {r ∈ R | r ≥ 1}, so ist dies eine surjektive Funktion.)
Umkehrfunktion. Ist f : X → Y injektiv und surjektiv, so ist die Umkehrfunktion f −1 definiert; dies ist folgende Zuordnung y 7→ x, wobei x das eindeutig
bestimmte Element mit f (x) = y ist (ein solches x existiert, weil wir voraussetzen,
daß f surjektiv ist; es ist eindeutig bestimmt, weil wir voraussetzen, daß f injektiv
ist). Es ist ganz einfach, den Graphen von f −1 zu zeichen, wenn man den Graphen
5
Mathematik für Biologen, Biotechnologen und Biochemiker
von f kennt: Der Graph von f besteht aus den Paaren (x, f (x)), derjenige von f −1
besteht aus den Paaren (f (x), x). Wir spiegeln also einfach den Graphen von f an der
Winkelhalbierenden im ersten (und dritten) Quadranten und erhalten denjenigen von
f −1 .
Eine Kleinigkeit, die immer wieder für Verwirrung sorgt: Sei f : X → Y eine Funktion, die injektiv und surjektiv ist. Ist f (x) = y, so ist f −1 (y) = x, man kann also mit
f −1 sehr einfach arbeiten, wenn man die Variable für den Definitionsbereich von f −1
mit y, die für die Wertemenge mit x bezeichnet, aber meist tut man dies nicht,
sondern schreibt wieder x für die Elemente des Definitionsbereichs und y für die des
Wertebereichs; siehe zum Beispiel Abschnitt 1.2. Wichtige Beispiele von Umkehrfunktionen sind die Wurzelfunktion (als Umkehrung des Quadrierens), der Logarithmus
(als Umkehrfunktion der Exponentialfunktion) und die Umkehrfunktionen der trigonometrischen Funktionen — all dies wird noch ausführlich zu diskutieren sein.
Als Beispiel sei hier die Umkehrfunktion der lineare Funktion f (x) = 2x − 1
berechnet: aus y = 2x − 1 ergibt sich y + 1 = 2x also x = 21 (y + 1) = 12 y + 21 . Links
zeichnen wir den Graphen der Funktion f (x) = 2x − 1 und deuten gleich die Diagonale
y = x an, um die das Koordinatensystem gespiegelt werden muß, will man den Graph
der Umkehrfunktion erhalten. In der Mitte sieht man das Spiegelbild, noch haben wir
keine Änderung der Variablenbezeichnungen vorgenommen: durch das Spiegeln trägt
nun die horizontale Achse die Bezeichnung y, die vertikale Achse die Bezeichnung x,
die dargestellte Zuordnung ist die Zuordung, die jedem y-Wert den Wert g(y) = 12 y + 21
zuordnet. Diese Funktion g ordnet demnach t den Wert g(t) = 12 t + 21 zu, also einem
x den Wert g(x) = 12 x + 12 .
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1 ....... ........ f (x)=2x−1
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1 ............................ g(y)= 2 y− 2
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x..........
y
y..........
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1
1
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1 ........................... g(x)= 2 x+ 2
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1
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x
Rechts haben wir wie üblich die horizontale Achse x-Achse, die vertikale Achse y-Achse
genannt. Den Graph haben wir nicht geändert, es ist der gleiche wie im mittleren Bild
— durch die Änderung der Variablenbezeichungen müssen wir aber nun sagen, dass
dies rechts der Graph der Funktion g(x) = 21 x + 21 ist. Die Umkehrfunktion f −1 der
Funktion f (x) = 2x − 1 ist demnach g(x) = f −1 (x) = 21 x + 21 .
Betrachten wir ganz allgemein eine lineare Funktion f (x) = a + bx, so ist diese nur
dann umkehrbar, wenn b 6= 0 gilt. Dies wollen wir voraussetzen (ansonsten wäre ja f
eine konstante Funktion). Dann ist (mit der gleichen Rechnung wie soeben) f −1 (x) =
− ab + 1b x. Denn schreiben wir y = f (x), so ist y = a + bx, also bx = −a + y, also
x = − ab + yb . Wir sehen: die Umkehrfunktion f −1 ist durch y 7→ − ab + 1b y gegeben.
Hier ist y einfach eine Variable, also ein “Platzhalter für das Einsetzen reeller Zahlen”;
diesen Platzhalter nennt man aber lieber x (wie er bezeichnet wird, ist eigentlich egal
— nur braucht man halt eine Bezeichnung). Schreiben wir für den Platzhalter x, so
sehen wir, daß f −1 wirklich die Funktion x 7→ − ab + 1b x ist!
Leitfaden
6
1. Lineare Funktionen.
Eine Funktion f : R → R heißt linear, wenn sie von der Form x 7→ a + bx mit
festen reellen Zahlen a, b ist; ist a = 0, so heißt f homogen-linear .
1.1. Homogen-lineare Funktionen. Zuerst betrachten wir homogen-lineare
Funktionen, also Funktionen der Form f (x) = bx, wobei b eine Konstante ist. Der
Graph ist jeweils eine Gerade durch den Ursprung (verschieden von der y-Achse).
y ..........
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x
y ..........
y ..........
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1 .........
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x
x
Ist f (x) = b · x eine homogen-lineare Funktion, so nennt man b den ProportionalitätsFaktor (zumindest wenn b 6= 0), und man spricht auch von proportionaler Zuordnung.
Gibt es eine proportionale Zuordnung x 7→ y, so schreibt man in der Biologie oft einfach
y ∝ x.
Hier ein erstes Beispiel:
(1) Gleichförmige Bewegungen. Wir betrachten ein Tier, oder ein Autos), das sich mit
konstanter Geschwindigkeit fortbewegt. Als Beispiel wählen wir die Geschwindigkeit 30 km/h, besser allerdings: Umrechnung in Grundeinheiten, hier also m/sec.
Es ist 1 km/h = 1000 m / 3 600 sec = 0,28 m/sec, demnach gilt: 30 km/h = 8,33
m/sec. Das folgende Zeit-Weg-Diagramm beschreibt den zurückgelegten Weg s(t)
in Abhängigkeit von der Zeit t:
s [m] .........
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.....
.....
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10 ... ......
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... ..........
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........
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1
t [sec]
es handelt sich um den Graphen der Funktion s(t) = 8, 33m/sec · t; gestrichelt
ist eingetragen, daß bei dieser Geschwindigkeit in 3 sec ein Weg der Länge 25
m zurückgelegt wird. Die Funktion s(t) ist eine homogen-lineare Funktion, der
Proportionalitätsfaktor ist gerade die Geschwindigkeit b = 8, 33 m/sec (wichtig:
ein solcher Proportionalitätsfaktor hat üblicherweise eine Dimension, hier eben
m/sec). Am Funktionsgraphen liest man den Proportionalitätsfaktor (zumindest
die Maßzahl) als die Steigung des Graphen ab.
7
Mathematik für Biologen, Biotechnologen und Biochemiker
Regeln. Sei eine homogen-lineare Funktion f : R → R gegeben. Das zugehörige b
berechnet man man einfachsten als b = f (1), oder auch als b = f (c)
c für ein beliebiges
c 6= 0. Wir sehen:
(a) kennt man für ein einziges c 6= 0 den Funktionswert f (c), so kennt man alle
Funktionswerte, nämlich
(∗)
f (x) =
f (c)
· x.
c
Man sollte sich dies auch geometrisch verdeutlichen: Eine Gerade durch den Ursprung
ist durch jeden ihrer Punkte (mit Ausnahme des Ursprungs) schon eindeutig bestimmt!
(b) Ist f (x) homogen-linear, so gilt:
f (λ · x) = λ · f (x)
für jedes λ ∈ R
f (x1 + x2 ) = f (x1 ) + f (x2 )
Beweis: Sei etwa f (x) = bx für alle x, so sieht man sofort: f (λ·x) = b·λ·x = λ·b·x = λ·f (x),
und auch f (x1 + x2 ) = b(x1 + x2 ) = bx1 + bx2 = f (x1 ) + f (x2 ).
Die Regel f (λ· x) = λ· f (x) ist äußerst wichtig (verdopple ich x, so verdoppelt sich
der Funktionswert; verdreifache ich x, so verdreifacht sich der Funktionswert, usw.).
Diese Regel charakterisiert die homogen-linearen Funktionen: Erfüllt eine Funktion
f : R → R diese Regel, so ist f eine homogen-lineare Funktion (und zwar mit dem
Proportionalitäts-Faktor f (1)). (Denn die Regel besagt ja gerade f (x) = f (x · 1) =
x · f (1) = f (1) · x).
(c) Die Umkehrfunktion zur homogen-linearen Funktion f (x) = bx mit Steigung
(oder Proportionalitätsfaktor) b ist (falls b 6= 0 gilt) wieder homogen-linear, und zwar
mit Steigung 1b .
Leitfaden
8
Weitere Beispiele für homogen-lineare Funktionen:
(2) Dreisatzaufgaben arbeiten mit homogen-linearen Funktionen. Beispiel: 5 kg Reis
kosten 7 EUR. Gefragt ist, wieviel man für x kg Reis zahlen muß. Hier handelt es
sich um die homogen-lineare Funktion f (x) mit f (5) = 7, also f (x) = 57 · x (siehe
unser allgemeines Rezept ∗).
Tragen wir den Punkt (5, 7) in ein Koordinatensystem ein (siehe Bild links),
so liefert dies unmittelbar den Graph der gesuchten homogen-linearen Funktion:
nämlich die Gerade durch diesen Punkt und den Ursprung (siehe Bild rechts).
y [EUR] ............ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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1 ... .. . . . . . ...
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y [EUR] ............ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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1
.....
......
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.......
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..... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ............ f (x)= 7 x
. .. .
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5
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..... . .......... . . .. . . . .. . . . .. . . . .. . . . ..
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1 ........... .. . . . . . ...
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x [kg]
1
x [kg]
Mit Hilfe diesen Graphen kann man nun für beliebiges x den entsprechenden Preis
ablesen.
(3) Die Prozentrechnung arbeitet mit homogen-linearen Funktionen. Beispiel: Wir wollen 30% von x EUR ausrechnen. Hier handelt es sich um die homogen-lineare
3
· x (siehe
Funktion f (x) mit f (100) = 30 (denn f (100) = 30), also f (x) = 10
wieder ∗).
(4) Fehlerrechnung. Die meisten Meßwerte, die man erhält, sind ungenau und man
versucht, den jeweiligen Fehler abzuschätzen. Mißt man zum Beispiel eine Strecke
von 10 m mit einem 1 Metermaß, so kann man erwarten, daß man jeweils auf 1 mm
genau abliest. Da man 10 mal abliest, ergibt sich insgesamt also als Gesamtfehler
höchstens das 10-fache: der wahre Wert wird zwischen 9,99 m und 10,01 m liegen.
Statt des absoluten Fehlers (hier 1 mm) gibt man meist den relativen Fehler an,
dies ist der Quotient (absoluter Fehler)/(Meßgröße), in unserem Fall ist der relative
Fehler also: 1 mm / 1 m = 1/1000 = 0,1 %.
(5) Das Addieren von Prozenten liefert homogen-lineare Funktionen. Beispiel: Zum
Betrag von x EUR sollen 16% Mehrwertsteuer hinzugefügt werden. Die zugehörige
Funktion ist f (x) = 1, 16 · x (den Proportionalitäts-Faktor b = 1, 16 erhalten wir
zum Beispiel durch f (100) = 100 + 16 = 116).
(6) Umrechnungen, wie zum Beispiel von Dollar in Euro, liefern homogen-lineare
Funktionen: x Dollar entsprechen f (x) EUR, dabei ist gegenwärtig f (x) = 0, 81·x.
(7) Eine ganz wichtige Umrechnungsformel für die Vorlesung ist das Umrechnen eines
Winkels vom Gradmaß ins Bogenmaß und umgekehrt. Das Bogenmaß eines Winkels berechnet sich als die Länge des Kreisbogens geteilt durch den zugehörigen
Radius. Im Gegensatz zum Gradmaß ist das Bogenmaß eine dimensionslose Größe;
zur Verdeutlichung wird einer Bogenmaß-Angabe manchmal als “Dimension” rad
hinzugefügt. Der Gradmaß des Vollkreises ist 360◦ , das Bogenmaß des Vollkreises
9
Mathematik für Biologen, Biotechnologen und Biochemiker
ist 2π = 2π rad. Für einen Winkel mit Bogenmaß a und Gradmaß α (hier ist α
eine Maßzahl zusammen mit der Maßeinheit ◦ , also zum Beispiel α = 45◦ ) gilt
a
α
=
,
◦
360
2π
aufgelöst liefert dies die beiden Formeln:
α=
360◦
·a
2π
und
a=
2π
· α.
360◦
Das Bogenmaß dient vor allem dazu, die Länge von Kreisbögen zu bestimmen: Ein
Kreisbogen mit Winkel Ist ein Kreisbogen mit Winkel α und Radius r gegeben,
und ist a das Bogenmaß des Winkels α, so ist die Länge A des Kreisbogens
gerade
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..... ....
...
.....
.....
...
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.
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..
.....
.......................................
α
A
r
A=a·r
(8) Es sei ein Dreieck mit den Seitenlängen a, b, c gegeben. Für jedes dazu ähnliche
Dreieck mit den entsprechenden Seitenlängen a′ , b′ , c′ gilt b : a = b′ : a′ , also
b′ = ab · a′ , auch dies ist also eine homogen-lineare Zuordnung!
(9) Immer, wenn man es mit einem Produkt von Größen zu tun hat, und man alle
Größen bis auf eine fixiert, erhält man eine homogen-lineare Funktion. Beispiel:
Das Volumen V eines Quaders berechnet sich als V = L × B × H, dabei ist L die
Länge, B die Breite, H die Höhe. Wir fixieren nun zwei der drei Größen, etwa die
Länge und die Höhe: wir betrachten also Quader mit fester Länge, sagen wir 20
cm, und fester Höhe, sagen wir 6 cm. Dann ist das Volumen in Abhängigkeit von
B durch V (B) = 20 × B × 6, also durch eine homogen-lineare Funktion, gegeben
(besser: V (B) = 20 cm × B × 6 cm, der Proportionalitäts-Faktor ist also 120 cm2 ).
(10) Arbeitet man mit einer Landkarte mit Maßstab 1:10 000, so bedeutet dies, dass zum
Beispiel 1 cm auf der Landkarte 10 000 cm (= 100 m) in der Natur entsprechen.
Hier handelt es sich also um die homogen-lineare Funktion f (x) = λ · x mit dem
Proportionalitätsfaktor λ = 10 000.
Leitfaden
10
1.2. Lineare Funktionen. Sei x 7→ f (x) linear. Wie berechnet man die Zahlen
a und b, für die f (x) = a + bx gilt? Wir brauchen jetzt die Funktionswerte für zwei
verschiedene Zahlen x1 , x2 . Dann können wir b mit Hilfe eines “Steigungsdreiecks”
berechnen:
f (x2 ) − f (x1 )
.
b=
x2 − x1
y ..........
....
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.......
.......
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....
..
.......
.......
..
...
.......
..
... f (x2 )−f (x1 )
.......
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f (x1 ) ...... . . . . . ................................................................................................
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x2 −x1
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x1
x2
...
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f (x2 ) ...... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .........................
x
Die Steigung b ist also der Quotient aus der Differenz der Funktionswerte (im Bild: die
“Höhendifferenz”) geteilt durch die Differenz der gegebenen Werte (die “Längendifferenz”).
Hat man b, so erhält man a durch
a = f (x1 ) − b · x1 .
Sei f (x) = a + bx eine lineare Funktion. Wir unterscheiden zwei Fälle. Fall 1: Es
ist b = 0. Dann ist f (x) die konstante Funktion x 7→ a (und natürlich ist f weder
injektiv noch surjektiv, also gibt es keine Umkehrfunktion). Fall 2: Es ist b 6= 0. Dann
ist f injektiv und surjektiv: wie wir schon im Abschnitt 0 gesehen haben, berechnet
sich die Umkehrfunktion f −1 folgendermaßen:
f −1 (x) = − ab + 1b x.
Insbesondere ist also die Steigung der Umkehrfunktion gerade 1b .
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