Fallbeispiel Der 8-jährige Carl wird wegen sozialen Rückzugs, überwältigenden Ängsten, multiplen somatischen Beschwerden und Schulverweigerung überwiesen. Zuerst hatte er Einschlafschwierigkeiten und Alpträume, in denen Familienmitglieder verletzt werden oder sterben. Wenn seine Mutter nicht am Bett sitzt, weigert er sich einzuschlafen. Besonders an Schultagen beklagt sich Carl über Kopf- und Bauchschmerzen. Häufig bleibt er deshalb zu Hause, geht er doch in die Schule, hat er Aufmerksamkeitsschwierigkeiten. Zudem weigert er sich, bei einem Freund zu übernachten. Er freut sich aber, wenn Freunde zu ihm nach Hause spielen kommen. Angststörungen Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 1 Was ist Angst überhaupt? Angst ist ein psychischer Prozess... • • • • Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 2 Entwicklungsaufgabe Angst • Beginn erster Angstreaktionen ab etwa 7 Monaten (Sroufe, 1996) • → Fremdeln/Angst vor Trennung • Nimmt im Laufe des 2. Lebensjahres ab • Evolutionsbiologisch sinnvoll • Entwicklungsaufgabe: Aufbau von Autonomie Um Gefahren wahrzunehmen Gefährdungen zu fühlen Risiken einzuschätzen Schutzmaßnahmen zu ergreifen Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 3 Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 4 Ängste und Angststörungen bei Kindern – und Jugendlichen im Entwicklungsverlauf I Ängste und Angststörungen bei Kindern – und Jugendlichen im Entwicklungsverlauf II Alter Kompetenzen Quelle Entwicklungsphasentypischer Ängste Alter Kompetenzen 0-6 Mt. Sensorische Fähigkeiten Intensive sensorische Reize (Geräusche, Gerüche etc.) Verlust von Zuwendung 5-7 J. Spezifische Phobie vor Tieren, Blut, med. Eingriffen 6-12 Mt. Sensorische Schemata Ursache & Wirkung Objektkonstanz Fremde Personen Trennung Konkret Naturkatastrophen operationales Denken (Feuer, Überschwemmung) Verletzungen Tiere Medienbasierte Ängste 8-11 J. Prüfungsangst Soziale Phobie Präoperationales denken Fähigkeit zu Imaginieren, aber Unfähigkeit Fantasie und Realität zu trennen Fantasiegestalten Potentielle Einbrecher Dunkelheit Selbstwert basiert auf akademischen o. sportlichen Leistungen Schlechte schulische und sportliche Leistungen 2-4 J. Ablehnung durch Gleichaltrige Soziale Phobie Agoraphobie Panikstörung Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten Beginnende Angststörung Trennungsangst Spezifische Phobie vor Dunkelheit, Monstern usw. 5 12-18 J. Fähigkeit Gefahren zu antizipieren Selbstwert durch Peers bestimmt Quelle Entwicklungsphasentypischer Ängste Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten Beginnende Angststörung 6 1 Wo zeigt sich die Angst: Komponenten der Angst Ängste bei Kindern sind normal! Gedanken Bsp.: „Die Spinne ist giftig.“, „Meine Eltern verunglücken.“ Vorträge Verkleidete Menschen Körper Bsp.: Übelkeit, Herzklopfen etc. Dunkelheit Verhalten Bsp.: Weinen, schreien, anklammern, vermeiden Spinnen Medizinische Eingriffe Monster Gewitter Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 7 • • • • • Angst ist sinnvoll und notwendig. • Sie wird zur psychischen Krankheit, wenn sie ... ... ... ... ... unangemessen intensiv erlebt wird, zu häufig und zu lange auftritt, zu unkontrolliertem Verhalten führt, starkes Leiden und Lebenseinschränkungen verursacht. Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 9 Trennungsangst: Zentrale Merkmale Trennungsangst Spezifische Phobie Generalisierte Angststörung Soziale Phobie Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 10 Angststörungen: Störung mit Trennungsangst • Übermässig starke Angst in Erwartung oder unmittelbar bei einer Trennung von den Eltern oder anderen engen Bezugspersonen. Sie befürchten, den Eltern oder ihnen selbst könnte in solchen Situationen etwas Schlimmes zustossen, was sie dauerhaft voneinander trennen würde (z.B. Autounfall der Eltern, Entführung des Kindes). Situationen, wie alleine zu Hause bleiben, abends alleine, ohne Licht oder bei geschlossener Tür einschlafen, bei Freunden übernachten oder in den Kindergarten oder in die Schule zu gehen, werden häufig vermieden. • Unangemessene Angst bei Trennung von einer Bezugsperson • Anhaltende und exzessive Sorge, eine Bezugsperson zu verlieren (oder dass ihr etwas Schlimmes zustossen könnte) • Somatische Beschwerden: Übelkeit, Bauchschmerzen, Kopfschmerzen, Erbrechen • Vermeidung von Trennungssituationen: • alleine im eigenen Bett schlafen, Übernachtung bei FreundInnen, Kindergarten- oder Schulbesuch Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 8 Angststörungen im Kindes- und Jugendalter Normale Angst – pathologische Angst • • • • Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 11 Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 12 2 DSM-IV-TR Kriterien: Störung mit Trennungsangst I DSM-IV-TR Kriterien: Störung mit Trennungsangst II • Ständige und übermässige Furcht oder Abneigung, allein zu Hause zu bleiben • Andauernder Widerwillen oder Weigerung, ohne die Nähe der Bezugsperson schlafen zu gehen oder auswärts zu übernachten • Wiederholt auftretende Alpträume von Trennungen • Wiederholte Klagen über körperliche Beschwerden, wenn die Trennung von der Bezugsperson bevorsteht oder stattfindet A. Eine entwicklungsmässig unangemessene und übermässige Angst vor der Trennung von zu Hause oder von Bezugspersonen, wobei mind. 3 der Symptome erfüllt sein müssen: • Wiederholter übermässiger Kummer bei einer möglichen oder tatsächlichen Trennung • Andauernde und übermässige Besorgnis, dass der Bezugsperson etwas zustossen könnte oder er/sie verlieren könnte • Andauernde und übermässige Besorgnis, dass ein Unglück sie/ihn von der Bezugsperson trennen könnte • Andauernder Widerwillen oder Weigerung, aus Angst vor der Trennung zur Schule oder einem anderen Ort zu gehen Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 13 Störung mit Trennungsangst III 14 Spezifische Phobie B. Die Dauer der Störung beträgt mind. 4 Wochen C. Der Störungsbeginn liegt vor dem Alter von 18 Jahren D. Die Störung verursacht in klinisch bedeutsamer Weise Leiden oder Beeinträchtigungen E. Die Störung tritt nicht im Verlauf einer anderen psychischen Störung auf Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten • Anhaltende und exzessive Angst, in Anwesenheit oder Erwartung spezifischer Objekte oder Situationen (Bsp. Fliegen, Höhe, Tiere) • Exposition führt zu unmittelbarer Angst • Phobische Situationen werden vermieden oder unter intensiver Angst ertragen • Starke Beeinträchtigung des täglichen Lebens 15 DSM-IV-TR: Spezifische Phobie Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 16 Generalisierte Angststörung • Bei Konfrontation mit dem phobischen Reiz kann sich die Angst in Form von Weinen, Wutanfällen, Erstarren oder Anklammern ausdrücken • Wahrnehmen der übermässigen, unbegründeten Angst kann fehlen • Exzessive Angst und Sorgen um Ereignisse oder Aktivitäten (Bsp. Schulleistungen, tägliche Routineaktivitäten) • Schwierigkeiten, Sorgen zu kontrollieren • Sorgen sind mit Symptomen assoziiert: • Ruhelosigkeit und Nervosität • Müdigkeit und Konzentrationsschwierigkeiten • Reizbarkeit, Muskelverspannung, Schlafstörungen Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 17 Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 18 3 Soziale Phobie DSM-IV-TR: Soziale Phobie • Vorhandensein altersangemessener Beziehungen, Angst nicht nur gegenüber fremden Erwachsenen, sondern auch gegenüber Gleichaltrigen • Mindestdauer 6 Monate • Wahrnehmen der übermässigen, unbegründeten Angst kann fehlen • Kind kann sich durch Schreien, Wutausbrüche, Zurückweichen in sozialen Situationen äussern • Anhaltende und exzessive Angst, in sozialen Situationen (z.B. vor anderen sprechen, Geburtstagsfeste besuchen) • Angst vor Peinlichkeit/Blamage oder beurteilt zu werden • Soziale Situationen werden vermieden oder unter intensiver Angst ertragen • Starke Beeinträchtigung des alltäglichen Lebens • Spezifisch oder generalisiert Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 19 Angststörungen im Kindes- und Jugendalter - Alles nur Kinderkram? Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 20 Prävalenz psychischer Störungen (Übersicht Ihle & Esser, 2002) Lebensalter in Jahren 10 20 30 40 50 60 70 Periodenprävalenz (Median) 80 Angststörungen 6 11 Kessler (2005). Mittleres Auftretensalter von Angststörungen: 21 Störungen der Impulskontrolle 7 Angststörungen 11 Jahre Trennungsangst 7 Jahre Spezifische Phobie 7 Jahre Soziale Phobie 13 Jahre Panikstörung 24 Jahre 11 15 Abhängigkeitsstörungen 18 20 27 Angststörungen 10.4% Dissoziale Störungen 7.5% Depressive Störungen 4.4% Hyperkinetische Störungen 4.4% Tics 2.8% Enkopresis/Enuresis 0.4%/ 2.5% Verhaltensstörungen ca. 18% (Zubrick et al., 1995) Affektive Störungen 18 25 % 30 50 % 43 75 % Kessler et al., Arch. Gen. Psychiatry, 2005, 62, 593-602 Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 21 Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 22 Verlauf von Ängsten im Kindesalter Angststörungen bei Kindern vor der Pubertät Schneider & Nündel, (2002). European Neuropsychopharmacology Brückl, Wittchen, Höfler, Pfister, Schneider & Lieb (in press), Psychotherapy & Psychosomatics Punktprävalenz, 3-Monats- und 6-Monats-Prävalenzen Kindheit Erwachsenenalter Cartwright-Hatton, et al. (2006), Clinical Psychological Review. Min % Risikostichprobe (N=113) Max % Kinder mit Angstdiagnosen 3.05 23.9 Trennungsangst Spezifische Phobien Generalisierte Angststörung Sozialphobie Panikstörung/Agoraphobie 0.5 <1 0.16 0.08 <0.5 20.2 >20 11.1 0.9 <0.5 Trennungsangst OR 8.4 Repräsentative Stichprobe (N=1‘090) Trennungsangst Trennungsangst OR 51.2 OR 3.3 Panikstörung Angststörung andere Angststörungen, Depressionen, Substanzstörungen In 2/3 der Studien sind Angststörungen häufiger als externalisierende Störungen!!! Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten Panikstörung 23 Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 24 4 Weitere Längsschnittbefunde Angststörungen im Kindesalter: Komorbiditäten • • • • • Kinder mit Angststörungen ... leben als junge Erwachsene häufiger bei Eltern ... sind als junge Erwachsene häufiger arbeitslos ... haben als Erwachsene seltener eigene Kinder ... zeigen als Erwachsene häufiger Depressionen und Substanzmissbrauch/-abhängigkeit • ... suchen als Erwachsene häufiger psychologisch/psychiatrische Dienste auf • Depressionen (30-70%) • Externalisierende Störungen (23-69%) • Kindheit: v.a. ADHS • Jugend: v.a. aggressive Verhaltensstörungen • Somatoforme Störungen (26%) • Substanzmissbrauch (12%) • Enuresis (10%) Last et al. (1997), J. AM. ACAD. Child Adolesc. Psychiatry; Flakierska-Praquin et al. (1997). Comprehensive Psychiatry Essau, C. A., (2003), Angst bei Kindern und Jugendlichen. Stuttgart: UTB Für Wissenschaft. Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 25 Kinderängste ≠ Kinderkram Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 26 Ätiologie von Angststörungen: • Kinderängste ... Psychologische Faktoren • sind stabil bzw. Risikofaktor für psychische Störungen des Erwachsenenalters • verursachen langfristig volkswirtschaftliche Kosten (Arbeitslosigkeit, psychosoziale Dienste) • bedeuten deutliche Einbusse an Lebensqualität für Kinder, Jugendliche und deren Familien AngstStörung Umweltfaktoren Biologische Faktoren Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 27 Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 28 Integratives Modell zur Angstentwicklung (Rapee, 2001) Welche Risikofaktoren sind bekannt? • Individuelle Faktoren: Elterliche Angst Vererbung • Temperament des Kindes (Verhaltenshemmung) • Angstsensitivität • Kognitive Faktoren Angstbereitschaft • Familiäre Faktoren Erregung und Emotionalität • Psyche Erkrankung der Eltern • Eltern-Kind-Interaktion / Erziehungsstil (Überfürsorge etc.) • Bindungsstil Vermeidung Verzerrung der Informationsverarbeitung Unterstützung von Vermeidung Auswirkung der Sozialen Umwelt • Soziale Faktoren • Geringe soziale Unterstützung • Lernerfahrungen: Umweltereignisse • Modelllernen • Instruktionslernen Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten Angststörung 29 Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 30 5 Individuelle Faktoren: Verhaltenshemmung Individuelle Faktoren: Verhaltenshemmung • Kinder von Eltern mit Angststörung zeigen häufiger Verhaltenshemmung (Rosenbaum, Biederman, Gersten, Hirshfeld, Meminger, et al. 1988) Panik/Agoraphobie (N=14) Merkmal OR 8.6 (retrospektiv) • Verhaltensgehemmte Kinder entwickeln häufiger Angststörungen (Biederman, Rosenbaum, Hirshfeld, Faraone, Bolduc et al., 1990) Verhaltenshemmung OR 15.1 OR 12.3 N=163 Sozialphobie (N=29) Spezifische Phobie (N=29) OR 23.5 Angststörung (N=47) (Biederman, Rosenbaum, Hirshfeld, Faraone, Bolduc et al., 1990) Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 31 Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 32 Familiäre Faktoren: Wie die Eltern, so das Kind... Man kann nicht vorsichtig genug bei der Auswahl seiner Eltern sein!!! • Meta-Analyse: Angststörungen und Depressionen bei Risikokindern • Ziel: Prävalenz psychischer Störungen bei Kindern von Eltern mit Angststörungen • 16 Studien • 1892 Kinder (4-25 Jahre) Micco et al., (2009). Journal of Anxiety Disorders Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 33 Risiko von Kindern, wenn Eltern an einer Angststörung leiden Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 34 Soziales Referenzieren Micco et al., (2009). Journal of Anxiety Disorders OR für AS= 3.91 OR für Depression= 2.67 • Ab etwa 8 Monaten suchen Kinder in neuen und unbekannten Situationen nach emotionalen Hinweisreizen bei Erwachsenen, um diese Situationen besser einschätzen und damit ihr Verhalten steuern zu können. Pooled Odds Ratio Bolten & Klinische In-Albon State-of-the-Art Symposium Psychotherapie in der Adoleszenz München 2009 Vorlesung Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 35 Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 36 6 Untersuchung der familiären Transmission von Ängsten Unsere Hypothesen Kind Mutter •Cross/Crosstime •Referenzierverhalten •Emotionaler Zustand Stimmungsinduktion (neutral, ängstlich) Mediatoren •Subjektiver Moodchange Instruktionslernen Modelllernen •Beobachtete Ängstlichkeit Sorce, J.F., Emde, R.N., Campos, J., & Klinnert, M. (1985). Maternal emotional signaling: Its Effect on the Visual Cliff Behavior of 1-Year-Olds. Developmental Psychology, 21(1), 195-200. •Blickverhalten Kind •Stimmveränderungen Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 37 38 Time-to-Event-Analysis % Kinder, die die tiefe Seite überqueren Untersuchungsaufbau Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten Die Überquerungsrate in der Bedingung „Tag 1 & negative Stimmung“ war 3.3 Mal (oder 70%) geringer als in allen anderen Bedingungen Sekunden Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 39 Verbales Instruktionslernen (Field & Lawson, 2008) Beutelmarder (quoll) Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 40 Verbales Instruktionslernen (Field & Lawson, 2008) Mean fear belief (0-4) • 3 verschiedene Beuteltiere, die entweder mit gefährlichen oder positiven oder gar keinen Informationen dargeboten wurden → 3 Gruppen Cuscus (Possum) Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten Kurzschwanzkänguruh (quokka) Time 41 Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 42 7 Mutter-Kind-Interaktion: Ergebnisse Mechanismen familiärer Transmission: ElternKind-Interaktion Unterscheiden sich Mütter mit Panikstörungen von Müttern ohne Angststörung? Panik: KG: Effektstärke (Cohen´s d) N=73 N=34 0.8 0.4 Zaubertafel 0 Kontrolle: Angst>KG Kritik: Angst>KG Feinfühligkeit: KG>Angst Schneider, Houweling, Gommlich-Schneider, Klein, Nündel & Wolke, 2009 Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 43 Angststörungen: Diagnostik 44 Angstdiagnostik: Methoden • Analyse der Ängste: Erstellung einer Angsthierarchie • Exploration der Eltern/Familienanamnese • Multiaxiale Diagnostik (z.B. Kinder-DIPS) • Abgrenzung von sozialem Unbehagen und Schüchternheit • Erfassung der sozialen Kompetenz • Abgrenzung von anderen Störungen • Verfahren zur Erfassung von Ängsten • Abgrenzung zu anderen Angststörungen/Depression • Abgrenzung zum Asperger-Syndrom Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten • • • • • • 45 Behandlung: Wie man der Angst, Angst einjagen kann Strukturierte Interviews Diagnosechecklisten Selbstbeschreibungsinstrumente Fremdbeurteilungsbögen Selbstbeobachtungsmethoden Verhaltensbeobachtung Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 46 Behandlung kindlicher Angststörungen durch Psychotherapie möglich? Diagnosen nach resp. ohne Behandlung Ohne Angstdiagnose (%) (23 Studien, N=1387) 80% 69% 60% 73% 40% 20% 14% 0% Warteliste Therapieende Follow-up bis 12 M. In-Albon & Schneider (2007). Psychotherapy & Psychosomatics. Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 47 Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 48 8 Angststörungen: Kognitive Verhaltenstherapie I Angststörungen: Kognitive Verhaltenstherapie II Psychoedukation: Gedankenexperimente • Hinführung zum Thema Normalisierung von Ängsten und Angstbewältigung • Therapieziele erarbeiten • Strategien zum Umgang mit Angst aus dem Angstkreis ableiten • Strategien zum Umgang mit Angst, Sicherheitsverhalten und Vermeidung • Desensibilisierung (in sensu) Verhaltensexperimente • Vorbereitung der Verhaltensexperimente, um die Schwelle für die In-vivo-Verhaltensexperimente zu senken und mögliche Hindernisse vorweg zu besprechen • Aufmerksamkeitstraining • Desensibilisierung (in vivo) Kognitive Umstrukturierung: • Erfassung und Kategorisierung von Gedanken • Umwandlung von Angst machenden in Mut machende Gedanken • Nachträgliche Umbewertung von Situationen Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten Notfallkoffer und Erinnerungskiste • Vorbereitung auf möglicherweise wieder stärker werdende Ängste 49 Informationsvermittlung Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 50 Was wird genau gemacht? Psychoedukation • Eltern und Kind werden aufgeklärt über: • Sinn und Wesen von Angst • Normale vs. krankhafte Ängste • Konkrete Angststörung des Kindes Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 51 Wie fühlt sich Angst an? Herzklopfen Bauchweh komisches Gefühl im Bauch Zittern Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 52 Was wird genau gemacht? Psychoedukation Wie viele von 100 Kindern haben eine AngstKrankheit ??? Schwindel Kälteschauer 53 Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 54 9 Beeinflussung von Gefühlen & Gedanken TAFF-Gedanken gegen die Angst • Meine Angst sagt zu mir: „Ich will ganz schnell zu meiner Mama...“ • TAFF-Gedanken, die mir helfen, der Angst zu widersprechen: • Ich zeige Dir wer hier der stärkere ist! • Ich weiß genau, dass ich das kann. Die Angst will mir einreden, dass ich das nicht kann. • Ich mach die Angst fertig! • Deine Ideen, wie du die Angst zum Schweigen kriegst: • .................................................................................. ........ Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 55 Selbstwirksamkeitsüberzeugung stärken! Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 56 Zauberstäbe, Zaubersteine... Gegen die Angst kämpfen... Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 57 Starke Modelle Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 58 Monstersprays und anderes... 59 Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 60 10 Instruktion der Eltern zum Umgang mit der Angst Elterntraining • Konkretes Einüben des elterlichen Verhaltens bei starken Angstreaktionen des Kindes • Einüben operanter Interventionen (Löschung, Verstärkung) • Bearbeiten von dysfunktionalen Gedanken der Eltern • Hilfreiche Unterstützung • Loben/verstärken von mutigem, angstbewältigendem Verhalten des Kindes • Ängstliches Verhalten nicht durch zu starke Beachtung verstärken (möglichst ignorieren) • Vermeidungsverhalten verhindern • Empathisch und sensibel Ängste verstehen • „Mein Kind wird für immer Schaden nehmen, wenn ich es mit seiner Angst allein lasse/die Angst zu stark wird“ • „Ich bin eine schlechte Mutter, wenn ich mein Kind mit seiner Angst allein lasse“ Schneider (2003). TrennungsAngstprogramm Für Familien. Unpubliziertes Therapiemanual. Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten Schneider (2003). TrennungsAngstprogramm Für Familien. Unpubliziertes Therapiemanual. 61 Instruktion der Eltern zum Umgang mit der Angst 62 Dysfunktionale Gedanken der Eltern • Nicht-hilfreiche Unterstützung • • • • • Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten • Erkennen „ungünstiger“ Gedanken • „Mein Kind wird für immer Schaden nehmen, wenn ich es mit seiner Angst allein lasse/die Angst zu stark wird“ • „Ich bin eine schlechte Mutter, wenn ich mein Kind mit seiner Angst allein lasse“ Zu starke Identifikation mit Angst des Kindes Übertriebene Beruhigung des Kindes Zu starke Direktivität Ermuntern oder Erlauben von Vermeidungsverhalten Ungeduld und Frustration • Sind Gedanken angemessen? • Überzeugungsratings (0-100%) • Was spricht dafür? Was spricht dagegen? • Alternative Erklärungen/Gedanken • Autonomie als Entwicklungsaufgabe • Erläuterung des Konzeptes von Entwicklungsaufgaben Schneider (2003). TrennungsAngstprogramm Für Familien. Unpubliziertes Therapiemanual. Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 63 Was passiert, wenn Kind in Trennungssituation bleiben muss? Angst Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 64 Übung macht den Meister! D: Erwartung „Angst wird unendlich stark“ Angst C: Erwartung „Angst hört nie auf“ B: Habituation A: Vermeidung Zeit Zeit Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 65 Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 66 11 Der Angst begegnen... • • • • • • • Beispiel Angsthierachie Schrittweise... am Nachmittag alleine zu Hause bleiben im eigenen Bett ein- und durchschlafen bei anderen übernachten in der Klasse etwas sagen sich am Telefon melden beim Einkaufen um etwas bitten Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 67 Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 68 Take-home messages Beispiel Verhaltensexperiment • Kinderängste sind kein Kinderkram • Angststörungen beginnen im frühen Kindesalter • Angststörungen des Kindesalter bedeutender Risikofaktor für psychische Störungen im Erwachsenenalter • Vorbeugung und Behandlung sind möglich • Gut überprüfte Behandlungsprogramme liegen vor, werden aber kaum in der Praxis angewandt Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 69 Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 71 Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 70 12