Aufmerksamkeitsdefizit-/ Hyperaktivitätsstörung

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Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung
Aufmerksamkeitsdefizit-/
Hyperaktivitätsstörung
Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten
3 Kernsymptome
1
ICD-10
•! Aufmerksamkeitsdefizit-/
Hyperaktivitätsstörung,
Mischtypus
•! Aufmerksamkeitsdefizit- /
Hyperaktivitätsstörung,
vorwiegend Aufmerksamer
Typus
•! Aufmerksamkeitsdefizit- /
Hyperaktivitätsstörung,
vorwiegend HyperaktivImpulsiver Typus
•! Einfache Aktivitäts- und
Aufmerksamkeitsstörung
•! Hyperkinetische Störung
des Sozialverhaltens
•! Aufmerksamkeitsstörung
ohne Hyperaktivität
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situationsübergreifend
Impulsivität
vor dem 6./7. Lebensjahr
beginnend
Hyperaktivität
min. 6 Monate andauernd
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2
DSM-IV-TR: Aufmerksamkeitsdefizit -/
Hyperaktivitätsstörung (314.00, 314.01)
ADHS: Klassifikation DSM vs. ICD
DSM-IV-TR
Aufmerksamkeitsstörung
A. Entweder Punkt (1) oder Punkt (2) müssen
zutreffen:
(1) Unaufmerksamkeit: Mindestens sechs der
folgenden Symptome von Unaufmerksamkeit sind
während der letzten sechs Monate beständig in
einem mit dem Entwicklungsstand des Kindes nicht
zu vereinbarenden und unangemessenen Ausmaß
vorhanden gewesen:
•!
•!
3
beachtet häufig Einzelheiten nicht oder macht
Flüchtigkeitsfehler bei den Schul-arbeiten, bei der Arbeit
oder bei anderen Tätigkeiten,
hat oft Schwierigkeiten, längere Zeit die Aufmerksamkeit
bei Aufgaben oder beim Spielen aufrecht- zu erhalten
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DSM-IV-TR: Aufmerksamkeitsdefizit -/
Hyperaktivitätsstörung (314.00, 314.01)
DSM-IV-TR: Aufmerksamkeitsdefizit -/
Hyperaktivitätsstörung (314.00, 314.01)
(1) Unaufmerksamkeit:
•!
•!
•!
•!
(1) Unaufmerksamkeit:
scheint häufig nicht zuzuhören, wenn andere ihn/sie
ansprechen,
führt häufig Anweisungen anderer nicht vollständig durch
und kann Schularbeiten, andere Arbeiten der Pflichten am
Arbeitsplatz nicht zu Ende bringen (nicht aufgrund
oppositionellen Verhaltens oder
Verständnisschwierigkeiten)
hat häufig Schwierigkeiten, Aufgaben und Aktivitäten zu
organisieren
vermeidet häufig, hat eine Abneigung gegen oder
beschäftigt sich häufig nur widerwillig mit Aufgaben, die
länger andauernde geistige Anstrengungen erfordern (wie
Hausaufgaben oder Mitarbeit im Unterricht)
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•!
•!
•!
5
DSM-IV-TR: Aufmerksamkeitsdefizit -/
Hyperaktivitätsstörung (314.00, 314.01)
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6
DSM-IV-TR: Aufmerksamkeitsdefizit -/
Hyperaktivitätsstörung (314.00, 314.01)
•! Mindestens sechs der folgenden Symptome der
Hyperaktivität und Impulsivität sind während
der letzten sechs Monate beständig in einem mit
dem Entwicklungsstand des Kindes nicht zu
vereinbarenden und unangemessenen Ausmaß
vorhanden gewesen
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verliert häufig Gegenstände, die für Aufgaben oder
Aktivitäten benötigt werden (z.B. Spielsachen
Hausaufgabenhefte, Stifte, Bücher oder Werkzeug)
lässt sich oft durch äußere Reize leicht ablenken
ist bei Alltagstätigkeiten häufig vergesslich
(2) Hyperaktivität
•! zappelt häufig mit Händen oder Füßen oder rutscht auf dem
Stuhl herum
•! steht in der Klasse oder in anderen Situationen, in denen
Sitzen bleiben erwartet wird, häufig auf
•! läuft häufig herum oder klettert exzessiv in Situationen, in
denen dies unpassend ist (bei Jugendlichen oder Erwachsenen
kann dies auf ein subjektives Unruhegefühl beschränkt
bleiben)
•! häufig Schwierigkeiten, ruhig zu spielen oder sich mit
Freizeitaktivitäten ruhig zu beschäftigen
•! ist häufig “auf Achse” oder handelt oftmals, als wäre er/sie
“getrieben”
•! redet häufig übermäßig viel
7
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8
DSM-IV-TR: Aufmerksamkeitsdefizit -/
Hyperaktivitätsstörung (314.00, 314.01)
DSM-IV-TR: Aufmerksamkeitsdefizit -/
Hyperaktivitätsstörung (314.00, 314.01)
(3) Impulsivität
B. Einige Symptome der Hyperaktivität-Impulsivität oder
Unaufmerksamkeit, die Beeinträchtigungen verursachen,
treten bereits vor dem Alter von sieben Jahren auf.
C. Beeinträchtigungen durch diese Symptome zeigen sich in
mindestens zwei Bereichen (z.B. in der Schule bzw. am
Arbeitsplatz und zu Hause).
D. Es müssen deutliche Hinweise auf klinisch bedeutsame
Beeinträchtigungen in sozialen, schulischen oder beruflichen
Funktionsfähigkeiten vorhanden sein.
E. Die Symptome treten nicht ausschließlich im Verlauf einer
Tiefgreifenden Entwicklungsstörung, einer Schizophrenie, oder
einer anderen psychotischen Störung auf und können auch
nicht durch eine andere psychische Störung besser erklärt
werden (z.B. Affektive Störung, Angststörung, Dissoziative
Störung oder Persönlichkeitsstörung).
•! platzt häufig mit den Antworten heraus, bevor die Frage zu
Ende gestellt ist
•! kann nur schwer warten, bis er/sie an der Reihe ist
•! unterbricht und stört andere häufig (platzt z.B. in Gespräche
oder in Spiele anderer hinein)
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DSM-IV-TR: Aufmerksamkeitsdefizit -/
Hyperaktivitätsstörung (314.00, 314.01)
10
ADHS: Diagnosekriterien nach DSM-IV-TR
Bestimmen des Subtypus:
•! Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung,
Mischtypus (314.01): liegt vor, wenn die Kriterien A1 und
A2 während der letzten sechs Monate erfüllt waren.
•! Aufmerksamkeitsdefizit- /Hyperaktivitätsstörung,
vorwiegend Aufmerksamer Typus (314.00): liegt vor,
wenn Kriterium A1, nicht aber Kriterium A2 während der
letzten sechs Monate erfüllt war.
•! Aufmerksamkeitsdefizit- /Hyperaktivitätsstörung,
vorwiegend Hyperaktiv-Impulsiver Typus (314.01):
liegt vor, wenn Kriterium A2, nicht aber Kriterium A1 während
der letzten sechs Monate erfüllt war.
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+
11
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ADHS: Begleitmerkmale (für Diagnose nicht
notwendig)
ADHS: Diagnosekriterien nach ICD-10
+
•!
•!
•!
•!
•!
+
Distanzlosigkeit in soz. Beziehungen
Unbekümmertheit in gefährlichen Situationen
Impulsive Missachtung sozialer Regeln
Lernstörungen
Motorische Ungeschicklichkeit
+
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ADHS und komorbide Störungen:
MTA Cooperative Group (1999)
ADHS: Epidemiologie
•! ADHS gehört zu den am häufigsten diagnostizierten
Störungen bei Kindern
•! 3 bis 5% aller Schulkinder gelten als von ADHS
betroffen (nach DSM-IV-TR)
•! 150.000 bis 350.000 Kinder in Deutschland gelten
als behandlungsbedürftig
•! Jungen deutlich häufiger betroffen (2:1 ... 5:1)
•! Vorstellung häufig im Vor- und Grundschulalter !
sehr häufig Anlass zu kinderpsychiatrischer
Diagnostik
•! kulturübergreifend
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“reines”
ADHS
31%
Störung des
Sozialverh.
14%
Affektive
Störungen
4%
15
Tics
11%
Oppositionelles
Trotzverhalten
40%
AngstStörungen
34%
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ADHS: Verlauf
ADHS: Verlauf
•! Persistenz der ADHS-Diagnose variiert von 20-85%
•! Kleinkinder
•!
•!
•!
•!
•! Häufig komorbide Störung von ADHS und Störung
des Sozialverhaltens
•! sind häufiger persistent
•! erhöhtes Risiko für Verkehrsdelikte, Haftstrafen und
Substanzmissbrauch
hohes Aktivitätsniveau („Schreikinder“)
unausgeglichene Stimmungslage
geringe Aufmerksamkeitsspanne
übermäßiger Bewegungsdrang
•! Vorschulkinder
•! deutliche Ausprägung hypermotorischen Verhaltens
•! hohe Stabilität bis ins Schulalter
•! verstärkt aggressive Anteile
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ADHS: Verlauf
18
ADHS: Verlauf
•! Grundschulalter:
•! Erwachsenenalter:
•! kurze Aufmerksamkeitsspanne
•! oppositionelles Verhalten in strukturierten Situationen
•! beginnende Selbstwertproblematik
•! Rückgang der drei Kernsymptome
•! „betriebsamer“ Arbeitsstil
•! impulsive Persönlichkeitsstörung mit geringer
Aufmerksamkeitsspanne
•! Jugendalter:
•!
•!
•!
•!
•!
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Fortbestehen der drei Kernsymptome
zunehmend isoliert im sozialen Netz
Selbstwertproblematik
Gefahr einer delinquenten Entwicklung
Drogenabusus (?)
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20
Einflussfaktoren auf den Verlauf von ADHS
Einflussfaktoren auf den Verlauf von ADHS
•! Komorbidität mit anderen Störungen beeinflusst
Verlauf beträchtlich
•! Bedeutung des familiären Kontextes für die
Entwicklung
•! z.B. begleitende Störung des Sozialverhaltens ! mit
erhöhter Delinquenzrate und Substanzmissbrauch
verbunden
•! Elterlicher Erziehungsstil:
•! inkonsistentes, mangelnd kontrollierendes oder stark
strafendes Verhalten der Eltern trägt zur Entwicklung und
Verfestigung von Fehlverhalten und psych. Störungen bei
•! Vorliegen elterl. psych. Störungen:
•! erhöht die Auftretens-Wsk. für psych.Störungen beim Kind
•! Verlauf der Störung beim Kind wird ungünstig beeinflusst
•! SES der Familie: wirkt sich auf die anderen familiären
Merkmale aus (Effekt kann so vermittelt werden)
•! begleitende Lernstörungen tragen zu Störungen des
Sozialverhaltens und zur Persistenz der ADHS bei
•! Ausmaß der Kernsymptomatik beeinflusst das Spektrum
dissozialer Symptome sowie die Entwicklung psychischer
Störungen generell
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Ätiologie
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Neurobiologisches Störungsmodell
Verhalten
Komplexe
funktionale
Interaktionen
! Multifaktorielle Genese
und
Gene"
Proteine
Neurone
Systeme
Multiple Allele
mit jeweils
kleiner Wirkung
Änderung der
Konzentration
oder
Konformation
Subtile
morphologische
Veränderungen
Reaktion auf
Umweltreize
psychopathologische
Dimensionen
„Endophänotypen“
Lesch, Eur J Pharmacol 2005
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23
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Ursachen
Prozesse
Ebenen
Genetik
Genetik
Neurotransmitterstörungen
Biochemie
•! Heritabilität zw. 60 und 90%
•! Molekulargenetik
Neurophysiologie
Hirnschädigung?
Nahrungsmittel?
•! Kandidatengene insbesondere im dopaminergen System
(DRD-4-Rezeptor Gen & DAT1-Transporter Gen)
Neuropsychologische
Störungen
ADHS-Symptome
Ungünstige
psychosoziale
Bedingungen
Negative Interaktionen
Komorbide Symptome
Neuropsychologie
Symptome
Interaktionen
Komorbidität
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25
ADHS: Dopamin und Noradrenal
Präfrontaler
Kortex
(Großhirnrinde
im vorderen
Stirnlappen)
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26
ADHS: Unteraktivierung
•! fMRI –Studien fanden Veränderungen der
zerebralen Aktivität in fronto-striatalen und
parietalen Netzwerken
•! Unteraktivierungen im anterioren Cingulum und
ventralen bzw. dorsolateralen Präfrontalkortex
Hinterer
parietaler Kortex
(Großhirnrinde im
Scheitellappen)
Dopamin:
wesentliche Rolle
bei Antrieb und
Motivation
Vorderes Aufmerksamkeitssystem
Hinteres
Aufmerksamkeitssystem
Noradrenalin:
wesentliche Rolle bei
der Aufmerksamkeit
Modifiziert nach Pliszka et al. (1996): Catecholamines in attention-deficit hyperactivity disorder. J Am Acad
Child Adolesc Psychiatry, 35 (3): 264--272, sowie Himelstein et. al (2001):The neurobiology of attentiondeficit hyperactivity disorder. Front Biosci 5:D461-78
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Neuropsychologie
Psychosoziale Faktoren
•! Inhibitionsdefizit (Barkley)
•! Delay Aversion (Sonuga-Barke)
•! gestörte State-Regulation ! Hypoarousal
(Sergeant)
•! Konditionierungsdefizit (Sagvolden)
•! Working memory Defizit
•! Derzeit keine ADHS-spezifische
neuropsychologische Diagnostik für ADHD
verfügbar (Häufig wird TAP und KiTAP verwendet)
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•! offenbar keine primäre Ursache
•! Psychosoziale Belastungen tragen entscheidend
zum Schweregrad einer ADHS bei
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Lerntheorie: ADHS durch Verstärkung
unerwünschten Verhaltens
30
ADHS: Diagnostik
•! Kind bekommt zu wenig Zuwendung für positives
Verhalten.
•! Es erhält Aufmerksamkeit nur durch störendes
Verhalten.
•! Störendes Verhalten wird ungewollt verstärkt und
daher immer häufiger gezeigt.
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•! Anamnese / Strukturierte Interviews
•! Spezifische Fragebögen für Eltern und Lehrer
(Conners, CBCL, SDQ)
•! Psychodiagnostik (Intelligenz,
Teilleistungsstörungen, Verhaltensbeobachtung
etc.)
•! Körperliche Untersuchung
•! evtl. Labor (Schilddrüsenunterfunktion)
•! evtl. EEG
•! Fakultativ: neuropsychologische Tests
31
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ADHS: Differentialdiagnosen I
•! entwicklungsbedingte Hyperaktivität
•! Situative motorische Unruhe +
Konzentrationsstörung (emotionale Anspannung
etc.)
•! Anpassungsstörungen (als Folge von Konflikten,
Belastungen etc.)
•! Störung des Sozialverhaltens
•! Angststörungen
•! Deprivations-/Bindungsstörungen
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33
ADHS: Differentialdiagnosen II
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34
ADHS: Multimodale Therapie
•! Hirnstörungen = organisches Psychosyndrom (nach
Meningitis, SHT, Intoxikation etc.)
•! schwere geistige Behinderung
•! Autismus-Spektrum-Störungen
•! Schizophrenie
•! Drogenproblematik
Pharmakotherapie
Psychoedukation
Therapeuten
Selbsthilfegruppen
Pharmakotherapie
komorbider Störungen
Störungsspezifische
Psychotherapie
(z:B. Verhaltenstherapie,
Elterntrainings)
Psychosoziale Beratung
Psychotherapie
komorbider Störungen
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35
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36
Interventionen in der Familie und im
Kindergarten oder in der Schule
ADHS: Multimodale Therapie
•! Pharmakotherapie mit Stimulantien
(Methylphenidat)
•! verhaltenstherapeutische Methoden
•! Ziel:
•! Abbau dysfunktionaler Interaktionsmuster zwischen den
Bezugspersonen und dem Kind
•! günstige Interaktionen und Erziehungsverhaltensweisen
aufzubauen,
•! um so die hyperkinetische oder oppositionelle
Symptomatik sowie komorbide Symptome abzubauen.
•! Kontingenzprogramme
•! Selbstinstruktions-/Selbstmanagementprogramme
•! THOP (Döpfner et a. 1997)
•! funktionelle Therapie
•! Strategien:
•! Ergotherapie
•! Psychomotorische Übungsbehandlung
•! Aufbau positiver Erzieher-/Lehrer-/Eltern-KindInteraktionen
•! Strukturierung der kritischen Situation
•! die Anwendung positiver Verstärkung
•! Einsatz von negativen Konsequenzen
•! Psychotherapie
•! Einzel-/Gruppen-/Familientherapie sowie Elternberatung
•! Sonderpäd./schulische Maßnahmen
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38
Lerntheoretische Prinzipien der
Verhaltensveränderung
ADHS: Verhaltenstherapie
•! Beobachten der Verhaltenweisen, was ihnen
vorausgeht und was ihnen folgt (S-O-R-K-C)
•! S: Stimulus für das Verhalten
•! O: „Organismus“
•! R: das fragliche Verhalten selbst
•! K: Konsequenz, die auf das Verhalten folgt
•! C: „Kontingenz“, Regelhaftigkeit, mit der die
Konsequenz folgt
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40
„S“: Stimulus
Alt
•!
•!
•!
•!
Lieblosigkeit, Kälte, Desinteresse der Eltern
Langeweile
Fehlende Zeit- und Tätigkeitsstruktur
Chaotische Familienstrutur/-situation
Neu
•!
•!
•!
•!
•!
•!
aus Döpfner (2009)
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41
Alt
•!
•!
•!
•!
•!
•!
•! Mutter ist frustriert, zieht sich beleidigt zurück
•! Vater ist aggressiv und abweisend
•! Paarebene funktioniert nicht mehr
Neu
Entlastende Gespräche mit der Mutter
Positive Erlebnisse für die Mutter alleine
Positive Erlebnisse für das Elternpaar
Positives Feedback für die Eltern
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42
Variable „R“: Reaktionen der Kinder auf die
Familiensituation
„O“: Organismus
•!
•!
•!
•!
Einführung von Verhaltensregeln
Zeitstruktur vorgeben
Erklärungen geben, Kommunikation fördern
Mit dem Kind in Augenhöhe sprechen
Ordnung, Überschaubarkeit und Transparenz schaffen
Trennung der Bereiche für Eltern und Kinder
43
Unruhe
Aggressivität
Unfolgsamkeit
Anklammern
Unselbständigkeit
Geschwisterrivalität
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44
„K“: Konsequenz
„C“: Kontingenz
Alt
•!
•!
•!
•!
•!
Alt
Keine Reaktionen
Handeln ohne Worte
Hilfesuchendes Bitten
Drohungen ohne Erklärungen
Resignation
•!
•!
•!
•!
Neu
Neu
•! Konsequentes und promptes Reagieren der Erzieher
•! Dauerhafte und vorhersehbare Präsenz der Erzieher
•! Mehr Freude mit den Kindern erleben
•! Belohnung der gewünschten Verhaltensweisen des Kindes
(positive Verstärkung)
•! Entzug von Zuwendung, Time out bei Regelverstoß
(negative Verstärkung)
•! Unerwünschtes Verhalten sanktionieren, Person
akzeptieren (keine Aggression)
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45
THOP (Döpfner et al. 1998)
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46
THOP (Döpfner et al. 1998)
6 Themenkomplexe des Eltern-Kind-Programms
•! Problemdefinition (Entwicklung eines
Störungskonzeptes) und Behandlungsplanung)
•! Förderung der positiven Eltern-Kind-Interaktion
•! pädagogisch-therapeutische Intervention
•! Therapieprogramm für Kinder mit hyperkinetischem
und oppositionellem Problemverhalten (THOP)
•! multimodales Interventionsprogramm
•! verhaltenstherapeutische Intervention in der Familie,
Kindergarten/Schule und beim Kind selbst
•! medikamentöse Intervention
•! Eltern werden angeleitet, ihrem Kind wirkungsvolle
Aufforderungen zu geben
•! positives Verhalten soll verstärkt werden
•! problematisches Verhalten durch angemessene
Konsequenzen zu reglementieren
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Keine Struktur
Unangemessene Bestrafungen
Schreien
Fehlende Konsequenzen
•! Für die Behandlung für Kinder im Alter von 3 bis 12
Jahren
•! THOP wurde im Rahmen der Kölner Multimodalen
Therapiestudie entwickelt
•! THOP ist auch bei Kindern mit ausschließlich
oppositionellen Verhaltensauffälligkeiten einsetzbar
47
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48
THOP (Döpfner et al. 1998)
Beispiel THOP
code=24
•! spezielle verhaltenstherapeutische Methoden
werden eingeführt
•! Positive Eigenschaften des Kindes nennen!
•! „Er hat ein ‚seismographische Antenne‘ für die
emotionale Lage seiner Mitmenschen.“
•! Tokensysteme, Response-Cost-System, Time-out
•! Intervention zur Verminderung spezifischer
Verhaltensprobleme
•! „Er ist sehr ideenreich (alles wird umfunktioniert).“
•! Spieltraining bei Kindern im Vorschulalter
•! Selbstinstruktionstraining bei Kindern im Schulalter
•! „Er ist sehr offen, neugierig und ehrlich.“
•! „Er ist sehr großherzig“
•! Selbstmanagement
•! Kind lernt Selbstbeobachtung und Selbstkontrolle
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49
ADHS: Neurofeedback Therapie
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50
ADHS: Biofeedback Therapie
Frequenz Training – Theta/Beta-Training
•! Verbesserung im Verhalten und in neuropsychologischen Tests
•! ähnliche Wirksamkeit wie Stimulantientherapie
Thompson & Thompson (1998); Monastra et al. (2002 + 2005),
Rossiter et al. (1995 + 2004), Fuchs et al. (2003)
SCP Training
•! Verbesserungen in der Aufmerksamkeit, im Verhalten und im IQ
•! Ähnliche Effekte wie Frequenztraining
•! Wirksamkeit auf Hirnaktivität (CNV-Amplitude erhöht)
Heinrich et al. (2004), Strehl et al. (2004), Leins et al. (2006)
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51
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52
ADHS: Pharmakotherapie
ADHS: Pharmakotherapie
•! Psychostimulanzien
•! MPH – Methylphenidat (Ritalin®, Medikinet®,
Concerta®)
•! Atomoxetin (Strattera®)
•! Medikation nur im Rahmen eines
Behandlungskonzeptes
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•! 85% der Kinder über dem fünften Lebensjahr
sprechen auf Behandlung positiv an (Responder)
•! bei Kindern unter dem fünften Lebensjahr liegt ein
ungünstigeres Nutzen-Risiko-Verhältnis vor
•! bei 50-70% der Kinder normalisiert sich durch die
medikamentöse Behandlung das Verhalten im
Unterricht
53
ADHS: Pharmakotherapie
54
ADHS: Pharmakotherapie
•! Haupteffekte des Medikamentes beziehen sich auf:
•! Behandlung ist nur wirksam, solange sie
durchgeführt wird
•! Verbesserung der Konzentration
•! Verminderung des hyperkinetischen, störenden,
aggressiven und impulsiven Verhaltens
•! oppositionelles Verhalten gegenüber Erwachsenen
verbessert sich
•! soziale Kontakte zu Gleichaltrigen verbessern sich
•! häufig zeigt sich Verbesserung der schulischen
Leistungsfähigkeit
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Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten
•! positive Veränderungen nach Absetzen der Medikation
konnten nicht nachgewiesen werden
•! Langzeitbehandlung deshalb häufig notwendig
•! Pharmakologische Kurzzeiteffekte nachgewiesen;
Langzeiteffekte fraglich
55
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56
MTA-Studie (National Institut of Mental Health,
USA) N=579
MTA-Studie (National Institut of Mental Health,
USA) Therapieverlauf
•! Untersuchung verschiedener Therapieformen im
Verlauf
•! Verhaltenstherapie und Standardtherapie
•! Pharmakotherapie
•! Kombinationstherapie
Days
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57
MTA-Studie (National Institut of Mental Health,
USA) Ergebnisse post Treatment
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58
MTA-Studie (National Institut of Mental Health,
USA) 3 Jahres Follow-up
Ergebnisse der MTA-Studie nach 36 Monaten
... unterschiedliche Therapieformen nähern sich an
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60
MTA-Studie (National Institut of Mental Health,
USA) Effektstärken
ADHS: Therapien ohne wissenschaftliche
Fundierung
•! Diäten
•! ungesättigte Fettsäuren
•! Homöopathie
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61
ADHS: Prognostische Faktoren
62
ADHS: Prognose
•! Geschlecht (männlich ungünstiger)
•! Diagnose:
•! Persistenz der Symptomatik bis ins
Erwachsenenalter
•! Suchterkrankungen
•! Dissoziale Persönlichkeitsstörungen
•! Risikofaktoren für chronifizierenden und schweren
Verlauf:
•! F90.1 (= Hyperkinetische Störung des
Sozialverhaltens = 40%) schlechter als
•! F90.0 (= Einfache Aktivitäts- und Aufmerksamkeitsstörung
= 60%)
•! Komorbidität aus dem affektiven Formkreis=
ungünstiger Faktor
•! Monotherapie schlechter als Multimodaltherapie
•! Alter bei Schulabschluss als indirekter Indikator
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•!
•!
•!
•!
•!
•!
•!
63
Niedrige Intelligenz
Frühe SSV
Schlechte soziale Einbindung
Psychische Störungen der Eltern
Familiäre Instabilität
Niedriger sozioökonomischer Status
Strafender/inkonsistenter Erziehungsstil
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Take-home massages
•! 3 Kernsymptome der Störung: Hyperaktivität,
Unaufmerksamkeit, Impulsivität
•! Vor dem 7. Lebensjahr, situationsübergreifend,
mind. 6 Monate andauernt
•! ADHS gehört zu den am häufigsten diagnostizierten
Störungen bei Kindern (3-5% aller Schulkinder
•! 2/3 der Patienten haben eine weitere Störung
•! Ätiologie: klare neurobiologische Ursachen, aber
auch Umweltfaktoren (Erziehungsstil,
Interaktionen) spielen eine Rolle
•! Diagnostik und Therapie multimodal und
multimethodal
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