Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung Aufmerksamkeitsdefizit-/ Hyperaktivitätsstörung Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 3 Kernsymptome 1 ICD-10 •! Aufmerksamkeitsdefizit-/ Hyperaktivitätsstörung, Mischtypus •! Aufmerksamkeitsdefizit- / Hyperaktivitätsstörung, vorwiegend Aufmerksamer Typus •! Aufmerksamkeitsdefizit- / Hyperaktivitätsstörung, vorwiegend HyperaktivImpulsiver Typus •! Einfache Aktivitäts- und Aufmerksamkeitsstörung •! Hyperkinetische Störung des Sozialverhaltens •! Aufmerksamkeitsstörung ohne Hyperaktivität Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten situationsübergreifend Impulsivität vor dem 6./7. Lebensjahr beginnend Hyperaktivität min. 6 Monate andauernd Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 2 DSM-IV-TR: Aufmerksamkeitsdefizit -/ Hyperaktivitätsstörung (314.00, 314.01) ADHS: Klassifikation DSM vs. ICD DSM-IV-TR Aufmerksamkeitsstörung A. Entweder Punkt (1) oder Punkt (2) müssen zutreffen: (1) Unaufmerksamkeit: Mindestens sechs der folgenden Symptome von Unaufmerksamkeit sind während der letzten sechs Monate beständig in einem mit dem Entwicklungsstand des Kindes nicht zu vereinbarenden und unangemessenen Ausmaß vorhanden gewesen: •! •! 3 beachtet häufig Einzelheiten nicht oder macht Flüchtigkeitsfehler bei den Schul-arbeiten, bei der Arbeit oder bei anderen Tätigkeiten, hat oft Schwierigkeiten, längere Zeit die Aufmerksamkeit bei Aufgaben oder beim Spielen aufrecht- zu erhalten Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 4 DSM-IV-TR: Aufmerksamkeitsdefizit -/ Hyperaktivitätsstörung (314.00, 314.01) DSM-IV-TR: Aufmerksamkeitsdefizit -/ Hyperaktivitätsstörung (314.00, 314.01) (1) Unaufmerksamkeit: •! •! •! •! (1) Unaufmerksamkeit: scheint häufig nicht zuzuhören, wenn andere ihn/sie ansprechen, führt häufig Anweisungen anderer nicht vollständig durch und kann Schularbeiten, andere Arbeiten der Pflichten am Arbeitsplatz nicht zu Ende bringen (nicht aufgrund oppositionellen Verhaltens oder Verständnisschwierigkeiten) hat häufig Schwierigkeiten, Aufgaben und Aktivitäten zu organisieren vermeidet häufig, hat eine Abneigung gegen oder beschäftigt sich häufig nur widerwillig mit Aufgaben, die länger andauernde geistige Anstrengungen erfordern (wie Hausaufgaben oder Mitarbeit im Unterricht) Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten •! •! •! 5 DSM-IV-TR: Aufmerksamkeitsdefizit -/ Hyperaktivitätsstörung (314.00, 314.01) Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 6 DSM-IV-TR: Aufmerksamkeitsdefizit -/ Hyperaktivitätsstörung (314.00, 314.01) •! Mindestens sechs der folgenden Symptome der Hyperaktivität und Impulsivität sind während der letzten sechs Monate beständig in einem mit dem Entwicklungsstand des Kindes nicht zu vereinbarenden und unangemessenen Ausmaß vorhanden gewesen Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten verliert häufig Gegenstände, die für Aufgaben oder Aktivitäten benötigt werden (z.B. Spielsachen Hausaufgabenhefte, Stifte, Bücher oder Werkzeug) lässt sich oft durch äußere Reize leicht ablenken ist bei Alltagstätigkeiten häufig vergesslich (2) Hyperaktivität •! zappelt häufig mit Händen oder Füßen oder rutscht auf dem Stuhl herum •! steht in der Klasse oder in anderen Situationen, in denen Sitzen bleiben erwartet wird, häufig auf •! läuft häufig herum oder klettert exzessiv in Situationen, in denen dies unpassend ist (bei Jugendlichen oder Erwachsenen kann dies auf ein subjektives Unruhegefühl beschränkt bleiben) •! häufig Schwierigkeiten, ruhig zu spielen oder sich mit Freizeitaktivitäten ruhig zu beschäftigen •! ist häufig “auf Achse” oder handelt oftmals, als wäre er/sie “getrieben” •! redet häufig übermäßig viel 7 Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 8 DSM-IV-TR: Aufmerksamkeitsdefizit -/ Hyperaktivitätsstörung (314.00, 314.01) DSM-IV-TR: Aufmerksamkeitsdefizit -/ Hyperaktivitätsstörung (314.00, 314.01) (3) Impulsivität B. Einige Symptome der Hyperaktivität-Impulsivität oder Unaufmerksamkeit, die Beeinträchtigungen verursachen, treten bereits vor dem Alter von sieben Jahren auf. C. Beeinträchtigungen durch diese Symptome zeigen sich in mindestens zwei Bereichen (z.B. in der Schule bzw. am Arbeitsplatz und zu Hause). D. Es müssen deutliche Hinweise auf klinisch bedeutsame Beeinträchtigungen in sozialen, schulischen oder beruflichen Funktionsfähigkeiten vorhanden sein. E. Die Symptome treten nicht ausschließlich im Verlauf einer Tiefgreifenden Entwicklungsstörung, einer Schizophrenie, oder einer anderen psychotischen Störung auf und können auch nicht durch eine andere psychische Störung besser erklärt werden (z.B. Affektive Störung, Angststörung, Dissoziative Störung oder Persönlichkeitsstörung). •! platzt häufig mit den Antworten heraus, bevor die Frage zu Ende gestellt ist •! kann nur schwer warten, bis er/sie an der Reihe ist •! unterbricht und stört andere häufig (platzt z.B. in Gespräche oder in Spiele anderer hinein) Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 9 DSM-IV-TR: Aufmerksamkeitsdefizit -/ Hyperaktivitätsstörung (314.00, 314.01) 10 ADHS: Diagnosekriterien nach DSM-IV-TR Bestimmen des Subtypus: •! Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung, Mischtypus (314.01): liegt vor, wenn die Kriterien A1 und A2 während der letzten sechs Monate erfüllt waren. •! Aufmerksamkeitsdefizit- /Hyperaktivitätsstörung, vorwiegend Aufmerksamer Typus (314.00): liegt vor, wenn Kriterium A1, nicht aber Kriterium A2 während der letzten sechs Monate erfüllt war. •! Aufmerksamkeitsdefizit- /Hyperaktivitätsstörung, vorwiegend Hyperaktiv-Impulsiver Typus (314.01): liegt vor, wenn Kriterium A2, nicht aber Kriterium A1 während der letzten sechs Monate erfüllt war. Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten + 11 Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 12 ADHS: Begleitmerkmale (für Diagnose nicht notwendig) ADHS: Diagnosekriterien nach ICD-10 + •! •! •! •! •! + Distanzlosigkeit in soz. Beziehungen Unbekümmertheit in gefährlichen Situationen Impulsive Missachtung sozialer Regeln Lernstörungen Motorische Ungeschicklichkeit + Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 13 14 ADHS und komorbide Störungen: MTA Cooperative Group (1999) ADHS: Epidemiologie •! ADHS gehört zu den am häufigsten diagnostizierten Störungen bei Kindern •! 3 bis 5% aller Schulkinder gelten als von ADHS betroffen (nach DSM-IV-TR) •! 150.000 bis 350.000 Kinder in Deutschland gelten als behandlungsbedürftig •! Jungen deutlich häufiger betroffen (2:1 ... 5:1) •! Vorstellung häufig im Vor- und Grundschulalter ! sehr häufig Anlass zu kinderpsychiatrischer Diagnostik •! kulturübergreifend Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten “reines” ADHS 31% Störung des Sozialverh. 14% Affektive Störungen 4% 15 Tics 11% Oppositionelles Trotzverhalten 40% AngstStörungen 34% Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 16 ADHS: Verlauf ADHS: Verlauf •! Persistenz der ADHS-Diagnose variiert von 20-85% •! Kleinkinder •! •! •! •! •! Häufig komorbide Störung von ADHS und Störung des Sozialverhaltens •! sind häufiger persistent •! erhöhtes Risiko für Verkehrsdelikte, Haftstrafen und Substanzmissbrauch hohes Aktivitätsniveau („Schreikinder“) unausgeglichene Stimmungslage geringe Aufmerksamkeitsspanne übermäßiger Bewegungsdrang •! Vorschulkinder •! deutliche Ausprägung hypermotorischen Verhaltens •! hohe Stabilität bis ins Schulalter •! verstärkt aggressive Anteile Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 17 ADHS: Verlauf 18 ADHS: Verlauf •! Grundschulalter: •! Erwachsenenalter: •! kurze Aufmerksamkeitsspanne •! oppositionelles Verhalten in strukturierten Situationen •! beginnende Selbstwertproblematik •! Rückgang der drei Kernsymptome •! „betriebsamer“ Arbeitsstil •! impulsive Persönlichkeitsstörung mit geringer Aufmerksamkeitsspanne •! Jugendalter: •! •! •! •! •! Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten Fortbestehen der drei Kernsymptome zunehmend isoliert im sozialen Netz Selbstwertproblematik Gefahr einer delinquenten Entwicklung Drogenabusus (?) Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 19 Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 20 Einflussfaktoren auf den Verlauf von ADHS Einflussfaktoren auf den Verlauf von ADHS •! Komorbidität mit anderen Störungen beeinflusst Verlauf beträchtlich •! Bedeutung des familiären Kontextes für die Entwicklung •! z.B. begleitende Störung des Sozialverhaltens ! mit erhöhter Delinquenzrate und Substanzmissbrauch verbunden •! Elterlicher Erziehungsstil: •! inkonsistentes, mangelnd kontrollierendes oder stark strafendes Verhalten der Eltern trägt zur Entwicklung und Verfestigung von Fehlverhalten und psych. Störungen bei •! Vorliegen elterl. psych. Störungen: •! erhöht die Auftretens-Wsk. für psych.Störungen beim Kind •! Verlauf der Störung beim Kind wird ungünstig beeinflusst •! SES der Familie: wirkt sich auf die anderen familiären Merkmale aus (Effekt kann so vermittelt werden) •! begleitende Lernstörungen tragen zu Störungen des Sozialverhaltens und zur Persistenz der ADHS bei •! Ausmaß der Kernsymptomatik beeinflusst das Spektrum dissozialer Symptome sowie die Entwicklung psychischer Störungen generell Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 21 Ätiologie Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 22 Neurobiologisches Störungsmodell Verhalten Komplexe funktionale Interaktionen ! Multifaktorielle Genese und Gene" Proteine Neurone Systeme Multiple Allele mit jeweils kleiner Wirkung Änderung der Konzentration oder Konformation Subtile morphologische Veränderungen Reaktion auf Umweltreize psychopathologische Dimensionen „Endophänotypen“ Lesch, Eur J Pharmacol 2005 Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 23 Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 24 Ursachen Prozesse Ebenen Genetik Genetik Neurotransmitterstörungen Biochemie •! Heritabilität zw. 60 und 90% •! Molekulargenetik Neurophysiologie Hirnschädigung? Nahrungsmittel? •! Kandidatengene insbesondere im dopaminergen System (DRD-4-Rezeptor Gen & DAT1-Transporter Gen) Neuropsychologische Störungen ADHS-Symptome Ungünstige psychosoziale Bedingungen Negative Interaktionen Komorbide Symptome Neuropsychologie Symptome Interaktionen Komorbidität Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 25 ADHS: Dopamin und Noradrenal Präfrontaler Kortex (Großhirnrinde im vorderen Stirnlappen) Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 26 ADHS: Unteraktivierung •! fMRI –Studien fanden Veränderungen der zerebralen Aktivität in fronto-striatalen und parietalen Netzwerken •! Unteraktivierungen im anterioren Cingulum und ventralen bzw. dorsolateralen Präfrontalkortex Hinterer parietaler Kortex (Großhirnrinde im Scheitellappen) Dopamin: wesentliche Rolle bei Antrieb und Motivation Vorderes Aufmerksamkeitssystem Hinteres Aufmerksamkeitssystem Noradrenalin: wesentliche Rolle bei der Aufmerksamkeit Modifiziert nach Pliszka et al. (1996): Catecholamines in attention-deficit hyperactivity disorder. J Am Acad Child Adolesc Psychiatry, 35 (3): 264--272, sowie Himelstein et. al (2001):The neurobiology of attentiondeficit hyperactivity disorder. Front Biosci 5:D461-78 Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 27 Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 28 Neuropsychologie Psychosoziale Faktoren •! Inhibitionsdefizit (Barkley) •! Delay Aversion (Sonuga-Barke) •! gestörte State-Regulation ! Hypoarousal (Sergeant) •! Konditionierungsdefizit (Sagvolden) •! Working memory Defizit •! Derzeit keine ADHS-spezifische neuropsychologische Diagnostik für ADHD verfügbar (Häufig wird TAP und KiTAP verwendet) Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten •! offenbar keine primäre Ursache •! Psychosoziale Belastungen tragen entscheidend zum Schweregrad einer ADHS bei 29 Lerntheorie: ADHS durch Verstärkung unerwünschten Verhaltens 30 ADHS: Diagnostik •! Kind bekommt zu wenig Zuwendung für positives Verhalten. •! Es erhält Aufmerksamkeit nur durch störendes Verhalten. •! Störendes Verhalten wird ungewollt verstärkt und daher immer häufiger gezeigt. Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten •! Anamnese / Strukturierte Interviews •! Spezifische Fragebögen für Eltern und Lehrer (Conners, CBCL, SDQ) •! Psychodiagnostik (Intelligenz, Teilleistungsstörungen, Verhaltensbeobachtung etc.) •! Körperliche Untersuchung •! evtl. Labor (Schilddrüsenunterfunktion) •! evtl. EEG •! Fakultativ: neuropsychologische Tests 31 Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 32 ADHS: Differentialdiagnosen I •! entwicklungsbedingte Hyperaktivität •! Situative motorische Unruhe + Konzentrationsstörung (emotionale Anspannung etc.) •! Anpassungsstörungen (als Folge von Konflikten, Belastungen etc.) •! Störung des Sozialverhaltens •! Angststörungen •! Deprivations-/Bindungsstörungen Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 33 ADHS: Differentialdiagnosen II Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 34 ADHS: Multimodale Therapie •! Hirnstörungen = organisches Psychosyndrom (nach Meningitis, SHT, Intoxikation etc.) •! schwere geistige Behinderung •! Autismus-Spektrum-Störungen •! Schizophrenie •! Drogenproblematik Pharmakotherapie Psychoedukation Therapeuten Selbsthilfegruppen Pharmakotherapie komorbider Störungen Störungsspezifische Psychotherapie (z:B. Verhaltenstherapie, Elterntrainings) Psychosoziale Beratung Psychotherapie komorbider Störungen Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 35 Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 36 Interventionen in der Familie und im Kindergarten oder in der Schule ADHS: Multimodale Therapie •! Pharmakotherapie mit Stimulantien (Methylphenidat) •! verhaltenstherapeutische Methoden •! Ziel: •! Abbau dysfunktionaler Interaktionsmuster zwischen den Bezugspersonen und dem Kind •! günstige Interaktionen und Erziehungsverhaltensweisen aufzubauen, •! um so die hyperkinetische oder oppositionelle Symptomatik sowie komorbide Symptome abzubauen. •! Kontingenzprogramme •! Selbstinstruktions-/Selbstmanagementprogramme •! THOP (Döpfner et a. 1997) •! funktionelle Therapie •! Strategien: •! Ergotherapie •! Psychomotorische Übungsbehandlung •! Aufbau positiver Erzieher-/Lehrer-/Eltern-KindInteraktionen •! Strukturierung der kritischen Situation •! die Anwendung positiver Verstärkung •! Einsatz von negativen Konsequenzen •! Psychotherapie •! Einzel-/Gruppen-/Familientherapie sowie Elternberatung •! Sonderpäd./schulische Maßnahmen Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 37 Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 38 Lerntheoretische Prinzipien der Verhaltensveränderung ADHS: Verhaltenstherapie •! Beobachten der Verhaltenweisen, was ihnen vorausgeht und was ihnen folgt (S-O-R-K-C) •! S: Stimulus für das Verhalten •! O: „Organismus“ •! R: das fragliche Verhalten selbst •! K: Konsequenz, die auf das Verhalten folgt •! C: „Kontingenz“, Regelhaftigkeit, mit der die Konsequenz folgt Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 39 Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 40 „S“: Stimulus Alt •! •! •! •! Lieblosigkeit, Kälte, Desinteresse der Eltern Langeweile Fehlende Zeit- und Tätigkeitsstruktur Chaotische Familienstrutur/-situation Neu •! •! •! •! •! •! aus Döpfner (2009) Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 41 Alt •! •! •! •! •! •! •! Mutter ist frustriert, zieht sich beleidigt zurück •! Vater ist aggressiv und abweisend •! Paarebene funktioniert nicht mehr Neu Entlastende Gespräche mit der Mutter Positive Erlebnisse für die Mutter alleine Positive Erlebnisse für das Elternpaar Positives Feedback für die Eltern Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 42 Variable „R“: Reaktionen der Kinder auf die Familiensituation „O“: Organismus •! •! •! •! Einführung von Verhaltensregeln Zeitstruktur vorgeben Erklärungen geben, Kommunikation fördern Mit dem Kind in Augenhöhe sprechen Ordnung, Überschaubarkeit und Transparenz schaffen Trennung der Bereiche für Eltern und Kinder 43 Unruhe Aggressivität Unfolgsamkeit Anklammern Unselbständigkeit Geschwisterrivalität Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 44 „K“: Konsequenz „C“: Kontingenz Alt •! •! •! •! •! Alt Keine Reaktionen Handeln ohne Worte Hilfesuchendes Bitten Drohungen ohne Erklärungen Resignation •! •! •! •! Neu Neu •! Konsequentes und promptes Reagieren der Erzieher •! Dauerhafte und vorhersehbare Präsenz der Erzieher •! Mehr Freude mit den Kindern erleben •! Belohnung der gewünschten Verhaltensweisen des Kindes (positive Verstärkung) •! Entzug von Zuwendung, Time out bei Regelverstoß (negative Verstärkung) •! Unerwünschtes Verhalten sanktionieren, Person akzeptieren (keine Aggression) Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 45 THOP (Döpfner et al. 1998) Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 46 THOP (Döpfner et al. 1998) 6 Themenkomplexe des Eltern-Kind-Programms •! Problemdefinition (Entwicklung eines Störungskonzeptes) und Behandlungsplanung) •! Förderung der positiven Eltern-Kind-Interaktion •! pädagogisch-therapeutische Intervention •! Therapieprogramm für Kinder mit hyperkinetischem und oppositionellem Problemverhalten (THOP) •! multimodales Interventionsprogramm •! verhaltenstherapeutische Intervention in der Familie, Kindergarten/Schule und beim Kind selbst •! medikamentöse Intervention •! Eltern werden angeleitet, ihrem Kind wirkungsvolle Aufforderungen zu geben •! positives Verhalten soll verstärkt werden •! problematisches Verhalten durch angemessene Konsequenzen zu reglementieren Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten Keine Struktur Unangemessene Bestrafungen Schreien Fehlende Konsequenzen •! Für die Behandlung für Kinder im Alter von 3 bis 12 Jahren •! THOP wurde im Rahmen der Kölner Multimodalen Therapiestudie entwickelt •! THOP ist auch bei Kindern mit ausschließlich oppositionellen Verhaltensauffälligkeiten einsetzbar 47 Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 48 THOP (Döpfner et al. 1998) Beispiel THOP code=24 •! spezielle verhaltenstherapeutische Methoden werden eingeführt •! Positive Eigenschaften des Kindes nennen! •! „Er hat ein ‚seismographische Antenne‘ für die emotionale Lage seiner Mitmenschen.“ •! Tokensysteme, Response-Cost-System, Time-out •! Intervention zur Verminderung spezifischer Verhaltensprobleme •! „Er ist sehr ideenreich (alles wird umfunktioniert).“ •! Spieltraining bei Kindern im Vorschulalter •! Selbstinstruktionstraining bei Kindern im Schulalter •! „Er ist sehr offen, neugierig und ehrlich.“ •! „Er ist sehr großherzig“ •! Selbstmanagement •! Kind lernt Selbstbeobachtung und Selbstkontrolle Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 49 ADHS: Neurofeedback Therapie Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 50 ADHS: Biofeedback Therapie Frequenz Training – Theta/Beta-Training •! Verbesserung im Verhalten und in neuropsychologischen Tests •! ähnliche Wirksamkeit wie Stimulantientherapie Thompson & Thompson (1998); Monastra et al. (2002 + 2005), Rossiter et al. (1995 + 2004), Fuchs et al. (2003) SCP Training •! Verbesserungen in der Aufmerksamkeit, im Verhalten und im IQ •! Ähnliche Effekte wie Frequenztraining •! Wirksamkeit auf Hirnaktivität (CNV-Amplitude erhöht) Heinrich et al. (2004), Strehl et al. (2004), Leins et al. (2006) Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 51 Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 52 ADHS: Pharmakotherapie ADHS: Pharmakotherapie •! Psychostimulanzien •! MPH – Methylphenidat (Ritalin®, Medikinet®, Concerta®) •! Atomoxetin (Strattera®) •! Medikation nur im Rahmen eines Behandlungskonzeptes Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten •! 85% der Kinder über dem fünften Lebensjahr sprechen auf Behandlung positiv an (Responder) •! bei Kindern unter dem fünften Lebensjahr liegt ein ungünstigeres Nutzen-Risiko-Verhältnis vor •! bei 50-70% der Kinder normalisiert sich durch die medikamentöse Behandlung das Verhalten im Unterricht 53 ADHS: Pharmakotherapie 54 ADHS: Pharmakotherapie •! Haupteffekte des Medikamentes beziehen sich auf: •! Behandlung ist nur wirksam, solange sie durchgeführt wird •! Verbesserung der Konzentration •! Verminderung des hyperkinetischen, störenden, aggressiven und impulsiven Verhaltens •! oppositionelles Verhalten gegenüber Erwachsenen verbessert sich •! soziale Kontakte zu Gleichaltrigen verbessern sich •! häufig zeigt sich Verbesserung der schulischen Leistungsfähigkeit Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten •! positive Veränderungen nach Absetzen der Medikation konnten nicht nachgewiesen werden •! Langzeitbehandlung deshalb häufig notwendig •! Pharmakologische Kurzzeiteffekte nachgewiesen; Langzeiteffekte fraglich 55 Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 56 MTA-Studie (National Institut of Mental Health, USA) N=579 MTA-Studie (National Institut of Mental Health, USA) Therapieverlauf •! Untersuchung verschiedener Therapieformen im Verlauf •! Verhaltenstherapie und Standardtherapie •! Pharmakotherapie •! Kombinationstherapie Days Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 57 MTA-Studie (National Institut of Mental Health, USA) Ergebnisse post Treatment Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 58 MTA-Studie (National Institut of Mental Health, USA) 3 Jahres Follow-up Ergebnisse der MTA-Studie nach 36 Monaten ... unterschiedliche Therapieformen nähern sich an Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 59 Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 60 MTA-Studie (National Institut of Mental Health, USA) Effektstärken ADHS: Therapien ohne wissenschaftliche Fundierung •! Diäten •! ungesättigte Fettsäuren •! Homöopathie Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 61 ADHS: Prognostische Faktoren 62 ADHS: Prognose •! Geschlecht (männlich ungünstiger) •! Diagnose: •! Persistenz der Symptomatik bis ins Erwachsenenalter •! Suchterkrankungen •! Dissoziale Persönlichkeitsstörungen •! Risikofaktoren für chronifizierenden und schweren Verlauf: •! F90.1 (= Hyperkinetische Störung des Sozialverhaltens = 40%) schlechter als •! F90.0 (= Einfache Aktivitäts- und Aufmerksamkeitsstörung = 60%) •! Komorbidität aus dem affektiven Formkreis= ungünstiger Faktor •! Monotherapie schlechter als Multimodaltherapie •! Alter bei Schulabschluss als indirekter Indikator Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten •! •! •! •! •! •! •! 63 Niedrige Intelligenz Frühe SSV Schlechte soziale Einbindung Psychische Störungen der Eltern Familiäre Instabilität Niedriger sozioökonomischer Status Strafender/inkonsistenter Erziehungsstil Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 64 Take-home massages •! 3 Kernsymptome der Störung: Hyperaktivität, Unaufmerksamkeit, Impulsivität •! Vor dem 7. Lebensjahr, situationsübergreifend, mind. 6 Monate andauernt •! ADHS gehört zu den am häufigsten diagnostizierten Störungen bei Kindern (3-5% aller Schulkinder •! 2/3 der Patienten haben eine weitere Störung •! Ätiologie: klare neurobiologische Ursachen, aber auch Umweltfaktoren (Erziehungsstil, Interaktionen) spielen eine Rolle •! Diagnostik und Therapie multimodal und multimethodal Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 65 Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 66