Depressionen im Kindes- und Jugendalter: Kernsymptome Depressionen • Stimmungsprobleme (gedrückte Stimmung, Traurigkeit) • Probleme im Denken, Denkhemmung • Veränderungen im Aktivitätsniveau (erhöhte Ermüdbarkeit), • Hemmung der Handlungsfunktionen Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 1 Depressionen im Kindes- und Jugendalter: Weitere Symptome • • • • • • • • • • • • Aufmerksamkeits- und Konzentrationsstörung • Formale Denkstörungen (Denkhemmung, Verlangsamung) • Zukunftsangst • Vermindertes Selbstwertgefühl, Schuldgefühle, • Gefühle von Wertlosigkeit • Negative und pessimistische Zukunftsperspektive • Grübeln, Todes- und Suizidgedanken 3 Diagnostische Kriterien eine Major Depression (nach DSM-IV) Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 4 Diagnostische Kriterien eine Major Depression (nach DSM-IV) A. Mindestens 5 der folgenden Symptome bestehen während derselben Zwei-Wochen-Periode und stellen eine Änderung gegenüber der vorher bestehenden Leistungsfähigkeit dar; mindestens eines der Symptome ist entweder 1. depressive Verstimmung oder 2. Verlust an Interesse oder Freude: 4. Schlaflosigkeit oder vermehrter Schlaf 5. Psychomotorische Unruhe oder Verlangsamung an fast allen Tagen 6. Müdigkeit oder Energieverlust an fast allen Tagen 7. Gefühle von Wertlosigkeit oder übermäßige oder unangemessene Schuldgefühle 8. Verminderte Fähigkeit zu denken oder sich zu konzentrieren oder verringerte Entscheidungsfähigkeit 9. Wiederkehrende Gedanken an den Tod, Suizidvorstellungen oder Suizidpläne 1. Depressive Verstimmung an fast allen Tagen, für die meiste Zeit des Tages, vom Betroffenen selbst berichtet oder von anderen beobachtet 2. Deutlich vermindertes Interesse oder Freude an fast allen Aktivitäten, an fast allen Tagen, für die meiste Zeit des Tages 3. Deutlicher Gewichtsverlust ohne Diät oder Gewichtszunahme Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 2 Kognitive Störungen bei Depressionen Interessensverlust, Freudlosigkeit Verminderte Konzentration und Aufmerksamkeit Vermindertes Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen Schuldgefühle und Gefühle von Wertlosigkeit Negative und pessimistische Zukunftsperspektiven Suizidgedanken, erfolgte Selbstverletzung oder Suizidhandlungen Schlafstörungen Verminderter Appetit Körperlich-vegetative Beschwerden, z.B. Kopf- oder Bauchschmerzen Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 5 Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 6 1 Diagnostische Kriterien eine Major Depression (nach DSM-IV) Depressionen im Entwicklungsverlauf B. Symptome erfüllen nicht Kriterien einer gemischten Episode C. Symptome verursachen in klinisch bedeutsamer Weise Leiden und Beeinträchtigungen D. Symptome gehen nicht auf die direkte Wirkung einer Substanz oder eines medizinischen Krankheitsfaktors zurück E. Symptome können nicht besser durch einfache Trauer erklärt werden Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten Vorschulalter (3-6 Jahre) • Trauriger Gesichtsausdruck • Verminderte Gestik und Mimik • Leicht irritierbar und äußerst stimmungslabil • Mangelnde Fähigkeit, sich zu freuen • Introvertiertes, aber auch aggressives Verhalten • Vermindertes Interesse an motorischen Aktivitäten • Essstörungen bis zu Gewichtsverlust/-zunahme • Schlafstörungen (Alpträume, Ein- und Durchschlafstörungen) 7 Depressionen im Entwicklungsverlauf • Generell: höhere Wiedererkrankung bei jüngeren Menschen • Hohe Kontinuität zwischen später Adoleszenz (17 Jahre) und frühe Erwachsenenalter (24 Jahre), ca. 45% depressiver Jugendlicher entwickeln eine weitere Episode (Lewinsohn et al. 1999) • Hohe Prädiktion der Depression im Erwachsenenalter durch depressive Symptome im Alter von 13-15 (Os et al. 1997) 9 Hauptformen affektiver Störungen unipolar Major Depression, Einzelne Episode unipolar Major Depression, Rezidivierend anhaltend bipolar 8 Depressionen: Verlauf Schulkinder • Verbale Berichte über Traurigkeit • Suizidale Gedanken • Befürchtung, dass Eltern nicht genügend Beachtung schenken • Schulleistungsstörungen Im Pubertäts- und Jugendalter • Vermindertes Selbstvertrauen • Apathie, Angst, Konzentrationsmangel • Leistungsstörungen • Zirkadiane Schwankungen des Befindens • Psychosomatische Störungen Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 10 Depressionen: Epidemiologie • Punktprävalenz von MDD in der Adoleszenz 5 (Essau & Dobson, 1999) • 2% bei Kindern (m:w 1:1) • 4-8% bei Jugendlichen (m:w 1:2) bis zu 14 % depressive Symptome (Boyd et al, 2000) • Im Alter zwischen 13 und 18 Jahren: 1-JahresPrävalenz 3% für Mädchen und 1% für Jungen (Angold & Costello, 2001) • ab der Pubertät: Mädchen häufiger als Jungen betroffen Dysthymia bipolare affektive Störung Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 11 Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 12 2 Depressionen: Epidemiologie Depressionen: Komorbidität • 25% aller jungen Leute haben wahrscheinlich bis zum Alter von 18 Jahren eine klinisch signifikante depressive Episode erlebt (Lewinsohn et al, 1994, National Health and Medical Research Council, 1997) • Lebenszeitprävalenz: 15-20% (Kessler et al., 2003; Birmaher et al, 1996) • Mittlere Dauer depressive Episode Jugendliche: 8 Monate • fast die Hälfte der Depressionen bei Minderjährigen remittiert innerhalb eines Jahres (NICE 2005) Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten • Störung des Sozialverhaltens (ca. 40%), gemeinsame Grundstörung (?), • Angststörungen (ca. 36%), geht häufig der depressiven Phase voran (Kovacs et al. 1989). • Substanzmissbrauch(ca. 19%) (Rao et al. 2000) 13 Depressionen: Ätiologie Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 14 Genetische Faktoren • Neurobiologischer Erklärungsansatz Familienuntersuchungen • Genetische Prädisposition • Gen X Umwelt Interaktion • Neurochemische Korrelate (erniedrigte Spiegel von Neurotransmittern) • Erkrankungsrisiko erhöht, wenn ein Elternteil ebenfalls erkrankt ist (Biederman et al. 1991; Weissman et al. 1984), • genetische Belastung höher, wenn mehrere Episoden auftreten (Zubenko et al. 2001). • Psychosozialer Erklärungsansatz • Umweltbezogener Erklärungsansatz Zwillingsstudien • Heritabilität für depressive Störung zwischen 30% und 50% über gesamte Lebensspanne • über 70% bei early-onset und bipolaren Störungen Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 15 Neurochemische Korrelate 16 Psychosoziale Faktoren • Serotoninhypothese: verminderte Serotoninkonzentration • Katecholaminhypothese: Verminderte Noradrenalin- und Dopamin-Konzentration (Nemeroff, 2002) • Hippocampus: Zellaufbau- und –funktionsstörungen (Duman et al., 1999) • Reduktion des frontalen Kortexvolumens & Erweiterung der lateralen Ventrikel bei depressiven Kindern (Steingard et al., 1996) • Hypometabolismus frontal & temporal (Kimbrell et al., 2002) Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten Verhaltenstheoretische und kognitionspsychologische Modelle • Modell von Beck (1967): Kognitive Fehlinterpretationen • Lewinsohn: Verstärker-Verlust-Modell • Seligman: Erlernte Hilflosigkeit • Gestörte Eltern-Kind-Interaktion (z. B. Depression bei einem Elternteil, insbesondere der Mutter) • Kritische Lebensereignisse (life events, insbesondere deren Bewertung) als Symptomauslöser oder –verstärker 17 Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 18 3 Kritische Lebensereignisse • • • • • • • • • Gen-Umwelt-Interaktion Trennung der Eltern Tod eines Elternteils Sexueller Missbrauch Körperliche Misshandlung Emotionale Misshandlung Chronische Belastung bedeutsamer als Einzelereignisse Wechselwirkung mit genetischen Faktoren, Bedeutung von early life events größer Individual Environment Environmental levels Gene-Networks C T C T G A G A Socioecologic Socioeconomic A Psychosocial A Epigenetic Processes T A G A G C A C G T Work/ Education Behavior & Experiences Methyl Family/ Friends mRNA Leisure/Social Activities Environmental areas A Modified from Hamer, 2002, Science; Caspi et al., 2003, Science Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 19 Probabilistische Erklärungsmodelle in der Entwicklungspsychopathologie Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 20 Probabilistische Erklärungsmodelle in der Entwicklungspsychopathologie Depressionen Depressionen UMWELT Systeme Systeme Entwicklung von Funktionen Entwicklung von Funktionen Zelle bottomup Zelle bottomup subtile molekulare Unterschiede Gene subtile molekulare Unterschiede Gene mehrere Allele mit kleinen Effekten mehrere Allele mit kleinen Effekten Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 21 Depressionen: Tiermodelle Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 22 Depressionen: Tiermodelle Nachkommen von Rattenmüttern mit stark ausgeprägter mütterlicher Pflege zeigten unter Stressbedingungen eine deutlich geringere Stressreaktivität als Nachkommen von Rattenmüttern mit geringer mütterlicher Fürsorge. Hohe mütter- Geringe mütter- liche Pflege liche Pflege Geringe Stressreaktivität topdown Hohe mütterliche Pflege Geringe Stressreaktivität Hohe Stressreaktivität Francis et al. (1999), Science Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten Reziprokes “cross-fostering” innerhalb von 12 h nach der Geburt) zeigt, dass dieser Effekt nicht genetisch ist. 23 Geringe mütterliche Pflege Hohe Stressreaktivität Francis et al. (1999), Science Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 24 4 Der Einfluss sozialer Erfahrung auf die neuronale Entwicklung: epigenetische Prozesse Depressionen Gen x Umwelt Interaktion • Mütterliches Verhalten beeinflusst DNAMethylierung • Glucocorticoidrezeptoren (GR) im Hippocampus bei geringer mütterlicher Fürsorge • Verminderte Genexpression assoziiert mit einer vermehrten Methylierung einzelner Abschnitte des GR-Promotergens im Hippocampus Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 25 Depression: Gen-Umwelt-Interaktion (Caspi et al., 2003) Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 26 Depression: Gen-Umwelt-Interaktion (Caspi et al., 2003) 27 Diagnostik depressiver Störungen im Kindes- und Jugendalter Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 28 Diagnostik depressiver Störungen im Kindes- und Jugendalter Eigen- und Fremdanamnese • Emotionale, kognitive und psychosoziale Entwicklung • Psychosoziale Belastungen (z. B. in der Familie, in der Schule) Klinische Interviews • DISYPS-KJ –Diagnostik-System für psychische Störungen im Kindes- und Jugendalter nach ICD-10 und DSM-IV (Döpfner und Lehmkuhl) • Kinder-DIPS – Diagnostisches Interview bei psychischen Störungen im Kindes- und Jugendalter (Unnewehr, Schneider und Markgraf) Körperliche Untersuchung (Ausschluss organischer Ursachen) • Laboruntersuchungen (z. B. Ausschluss Substanzmissbrauch, Endokrine Störungen) • Neurologische US einschließlich EEG/ MRT • Psychologische Untersuchung • Exploration Leistungsdiagnostik (IQ, Teilleistungen) • Emotional- und Persönlichkeitsdiagnostik • Verhaltens- und Aufmerksamkeitsdiagnostik Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten Selbstbeurteilungsverfahren • DIKJ - Depressionsinventar für Kinder und Jugendliche (Stiensmeier-Peltzer, Schürmann, Duda) für Kinder von 8 bis 16 Jahren • ADS - Allgemeine Depressionsskala (Hautzinger und Bailer) (ab 14 Jahren) • DTK – Depressionstest für Kinder (Rossmann) (9-14 Jahre) 29 Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 30 5 Beispiel: DTK Depression: Differentialdiagnostik I Ausschluss von • Über- oder Unterforderung in der Schule • Teilleistungsstörungen (Dyskalkulie, Dyslexie) • Aufmerksamkeits- und Konzentrationsstörungen • Schlafstörungen • Anpassungsstörungen (akute oder länger zurückliegende Belastungen) • Chronisches Erschöpfungssyndrom • Depressive Symptome im Rahmen einer schizophrenen oder schizoaffektiven Psychose Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 31 Depression: Differentialdiagnostik II Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 32 Suizid Ausschluss von • Emotional instabile und ängstlich vermeidende Persönlichkeitsstörung • Angststörungen • Organische Befunde: schwere Infektionskrankheiten, hirnorganische Erkrankungen • Endokrine Störungen (z. B. Hypothyreose) • Nebenwirkungen von Antikonvulsiva, Psychostimulanzien, Neuroleptika oder auch Zytostatika Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 33 34 Spezielle Aspekte bei Jugendlichen & jungen Erwachsenen Suizidalität ist ein Symptom, keine Diagnose! Definitionen • Suizid = selbst intendierte Handlung mit tödlichem Ausgang • Suizidversuch (suicide attempt, parasuicide) = Handlung mit nicht-tödlichem Ausgang • Parasuizidale Gedanken und Affekte (parasuicidal/ • suicidal ideation) = passager bei 8% der Kinder und • mindestens ca. 20% der Jugendlichen Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten • Entwicklungskrisen bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen • Balance zwischen Belastung und • Bewältigung noch instabil und wenig belastbar • Die Faszination des Todes • Impulsivität und Spontaneität von Jugendlichen 35 Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 36 6 Auslöser & Motive für suizidale Handlungen Leitsymptome Auslöser • Schulstress • Scheitern von Freundschaften • Kränkungen • Versagenserlebnisse • Thema Suizid im Umfeld Motive - Funktionen • Konfliktlösung • Spannungsabbau • Appell (Kontakt) • Kontrolle Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten • Jede Handlung, die unmittelbar lebensbedrohlich ist, kann dazu gehören • Harte Methoden (Erhängen, Erschiessen, Erstechen, Sprung aus grosser Höhe, Ertrinken, Strom, etc.) • Weiche Methoden (Substanzen, Schnittverletzungen, Gas) • Verbale Ankündigungen (Hilferuf, Appell, Drohung) • Parasuizidales Syndrom (affektive Einengung, Aggressionsstau, Wendung der Aggression gegen die eigene Person, parasuizidale Phantasien) – bei Kindern auch mit Impulsivität und Panik akut werdend 37 Hochrisikofaktoren für Suizide bei männlichen Jugendlichen Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten Hochrisikofaktoren für Suizide bei männlichen Jugendlichen AACAP Practice Parameters. J Am Acad Child Adolesc. Psychiatry. 40:7, Supplement, July 2001 AACAP Practice Parameters. J Am Acad Child Adolesc. Psychiatry. 40:7, Supplement, July 2001 • • • • • • Emotionale Störung • Frühere Suizidversuche • Unmittelbares Risiko bei: Frühere Suizidversuche Alter 16-jährig und älter Assoziiert mit emotionaler Störung Assoziiert mit Substanzabusus Impulsdurchbrüche Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten • Agitation • Major Depression 39 Suizid- Risikofaktoren für wiederholte Suizidversuche/ Suizid Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 40 Fragen zu Abklärung der Suizidalität • Gab es vorangegangene Suizidversuche? • Wie ist die Verfügbarkeit bzw. Anschaffungsmöglichkeit geeigneter Mittel zur Umsetzung der gewählten Methode einzuschätzen? • Wie viel Zeit am Tag nehmen suizidale Gedanken in Anspruch? • Zeigt sich eine Zunahme von risikoreichem Verhalten („Es drauf ankommen lassen“)? • Zeigen sich deutliche Verhaltensänderungen (z. B. ein geselliges Kind zieht sich zurück)? • Wird das eigene Aussehen vernachlässigt? • Werden persönliche Wertgegenstände verschenkt? • Werden persönliche Angelegenheiten geregelt? • Männliches Geschlecht • psychiatrische Störung (Depression, Schlafstörungen, Angststörungen, Panikattacken • Substanzabusus • Allein oder isoliert lebend – Weglaufen • Versuche mit unüblichen Methoden • Schritte zur Vermeidung, entdeckt zu werden • Opfer von Gewalt, incl. sexueller Missbrauch und Mobbing Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 38 41 Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 42 7 Fragen zu Abklärung der Suizidalität Depressionen: Therapie • Zeigt sich eine starke Beschäftigung mit dem Thema Tod? (in Zeichnungen, Gedichten und Aufsätzen, offene oder verhüllte Selbstmorddrohungen)? • Werden übermässig Alkohol oder Drogen konsumiert? • Zeigt sich eine plötzlich gehobene Stimmung bei einem bis dahin depressiven Kind (Selbstmordabsichten =Lösung für seine Probleme gefunden haben)? • Hat der junge Patient häufige Unfälle oder körperliche Beschwerden ohne medizinische Erklärung? Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten • Pharmakotherapie • Nicht selektive Serotonin/Noradrenalin-WiederaufnahmeHemmer • Selektive Serotonin/Noradrenalin-WiederaufnahmeHemmer • Monoamin-Oxidase-Hemmer • Psychotherapie • Kognitive Verhaltenstherapie (Einzel- und Gruppentherapie) • Psychoedukation • Tiefenpsychologisch fundierte Therapie • Familientherapie 43 Störungskonzept der Depressionen (Nach Hautzinger 2003) Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 44 Depressionen: Psychotherapie • Therapieziele • Aufbau positiver Aktivitäten, • Kompetenztraining (soziale Kompetenzen, Problemlösetraining etc.), • Aufbau funktionaler Kognitionen Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 45 46 Prädiktoren des Verlaufs von Depressionen im Kindes- und Jugendalter Evaluation KVT vs. Psychopharmaka KVT langfristig bei Kindern und Jugendlichen wirksamer! Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten (Goodyer et al. 1997): Schlecht, wenn.... • besondere Schwere der Erkrankung, • Probleme in der Eltern-Kind-Interaktion, • Komorbide Störungen vorliegen, • Eltern selbst an Depression erkrankt sind. 47 Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 48 8 Take-home messages 30 Minuten Pause • Symptomatik der Depression ist altersabhängig und entspricht nur teilweise den für Erwachsene gültigen Kriterien. • Ätiologie: Kombination aus genetischer Disposition, ungünstigen Entwicklungsbedingungen und der Konfrontation mit belastenden Lebensereignissen • Komorbidität hoch: Angst- und Zwangsstörungen, Hyperaktivität, Störungen des Sozialverhaltens, Missbrauch von Drogen, Medikamenten oder Alkohol • Je jünger das Kind ist, desto mehr steht die therapeutische Arbeit mit den Eltern im Vordergrund. • Das Nutzen-Risiko-Verhältnis von Antidepressiva wird als kontrovers beurteilt. Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 49 Vorlesung Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 50 9