Einführung in die Grundlagen der Vererbung Molekulargenetik Dr. G. Mehrke 1 Inhalt Vererbung - Mendels Vererbungslehre - Chromosomen als Träger der genetischen Information Zellzyklus und Zellteilung - Mitose - Meiose Molekularbiologie - Nukleinsäuren als Speicher der genetischen Information - Semikonservative Replikation der DNA - Proteine - Proteinbiosynthese - Genmutationen Dr. G. Mehrke 2 Vererbung Gregor Johann Mendel (1822 – 1884) - 1843 tritt er im Augustinkloster ein - 1844 beginnt er sein Theologiestudium - er erhält seine Priesterweihe 1847 - bildete sich in Landwirtschaft, Obst- und Weinanbau - 1848 übernimmt er den Klostergarten - 1851 – 1853 studiert er Naturwissenschaft - 1855 beginnt er seine Kreuzungsversuche an Erbsen - 1865 erscheint sein Werk „Versuche über Pflanzenhybriden“ - 1900 werden die Ergebnisse anerkannt und er wird zum Begründer der Vererbungslehre Dr. G. Mehrke 3 Mendels Vererbungslehre Das Forschungsobjekt: Die Gartenerbse Merkmale: - Form (rund / runzlig) - Farbe (gelb / grün) - usw... Erkenntnisse: - dominante Merkmale - rezessive Merkmale - Genotyp - Phänotyp - Gen / Allel Dr. G. Mehrke 4 Mendelsche Gesetze Der monohybride Erbgang - Kreuzen zweier homozygoten Eltern mit gegensätzlich ausgebildetem Merkmal - Filialgeneration ist einheitlich bezüglich des Merkmals 1. Gesetz: Uniformitätsregel Kreuzt man zwei reinerbige Rassen einer Art, die sich in einem Merkmal unterschei– den, so sind die Nachkommen in der F1Generation alle gleich. Dr. G. Mehrke 5 Durch weiteres vermehren der F1-Generation stellt sich in der F2-Generation ein Verhältnis bezüglich des Merkmals von 3:1 ein. 2. Gesetz: Spaltungsgesetz Gegensätzliche Erbanlagen der F1-Bastarde werden bei der Bildung der Gameten wieder getrennt und in der F2-Generation dem Zufall gemäß neu kombiniert. Diese Spaltung kommt in der F2-Generation in bestimmten Zahlenverhältnissen der Merkmalsausprägung zum Ausdruck. bzw.: Kreuzt man die Bastarde der F1-Generation unter sich, so spalten sich die Merkmale der P-Generation in der F2-Generation beim dominant-rezessiven Erbgang im Verhältnis 3:1 wieder auf. Dr. G. Mehrke 6 Intermediäre Genwirkung: - Sonderform des monohybriden Erbgangs - alle Individuen der F1-Generation gleich - Verhältnis in der F2-Generation von 1:2:1 Beispiel: Wunderblume (Mirabilis jalapa) F1-Generation r r R Rr Rr R Rr Rr F2-Generation R r R RR Rr r Rr rr Verhältnis rot : rosa : weiß 1 : 2 : 1 Dr. G. Mehrke 7 Der dihybride Erbgang - Kreuzen von zwei reinerbigen Rassen (‚RRYY‘ und ‚rryy‘) - F1-Generation uniform - F2-Generation < 9 : 3 : 3 : 1 > Beispiel: Erbse F1-Generation RY RY ry RrYy RrYy ry RrYy RrYy 3. Gesetz: Neukombination der Gene Die Körperzellen tragen für jedes Merkmal zwei Anlagen, die bei der Keimzellen – bildung getrennt und bei der Befruchtung neu kombiniert werden. Dr. G. Mehrke 8 Chromosomen Die Träger der genetischen Information Die genetische Information liegt im Zellkern in Form eines diffusen Chromatingerüsts vor. Dr. G. Mehrke 9 Karyogramm des Menschen Bei der Zellteilung strukturiert sich das genetische Erbmaterial in sichtbare Chromosomen. Der Mensch besitzt 46 Chromosomen (22 „Autosomenpaare plus die Geschlechtschromosomen). Mann und Frau unterscheiden sich nur im 23. Chromosomenpaar. Frauen besitzen zwei XChromosomen, Männer ein X- und ein YChromosom. Dr. G. Mehrke 10 Menschliche Chromosomen Menschlicher Chromosomensatz ungeordnet, männlich Menschlicher Chromosomensatz ungeordnet, weiblich Dr. G. Mehrke 11 Menschliche Chromosomen ♂ Karyogramm: Menschlicher Chromosomensatz geordnet, männlich Dr. G. Mehrke 12 Menschliche Chromosomen ♀ Karyogramm: Menschlicher Chromosomensatz geordnet, weiblich Dr. G. Mehrke 13 Aufbau eines Chromosoms Zwei Schwesterchromatiden Zentromer Proteingerüst, um das sich ein Chromatinfaden wickelt evtl. Satelliten Dr. G. Mehrke 14 Chromosom Die DNA-Doppelhelix windet sich um ein Proteingrundgerüst: Histone Dr. G. Mehrke 15 Erbinformationen Die Erbinformation liegt in doppelter Ausführung vor: eine Einheit von der Mutter, eine vom Vater. 1 Erbinformationseinheit: 1 Gen Die einander entsprechenden Erbinformationen nennt man homologe Gene (1 mütterliches & 1 väterliches) Die Ausprägung der Gene erfolgt nach den mendelschen Gesetzen (dominant-rezessiver oder intermediärer Erbgang) Dr. G. Mehrke 16 Zellzyklus Während des Zellzyklus wächst eine Zelle, bereitet sich für die Teilung vor - Vermehrung des Erbmaterials (Synthesephase) – Teilt sich und tritt erneut in die Wachstumsphase ein. Diese Phase, die Zeit zwischen den Zellteilungen nennt man Interphase Zellteilung: Mitose Dr. G. Mehrke I – Interphase M – Mitose S – Synthesephase G1-G2 – „Gaps“ 17 Zellteilung (Körperzellen) Mitose Dr. G. Mehrke 18 Mitose Prophase - Chromosomen bilden sich aus - Zentriol teilt sich und bildet Spindelapparat aus - Kernmembran löst sich auf Metaphase - Kinetochore setzen an den Spindelfasern an Anaphase - Kinetochore teilen sich und ziehen Chromatiden auseinander, bilden Ein-Chromatid-Chromosomen Telophase - Chromatiden sind getrennt, neue Kernmembranen bilden sich, Tochterzellen separieren sich Dr. G. Mehrke 19 Mitose Es entstehen zwei Tochterzellen mit identischem Erbmaterial! Dr. G. Mehrke 20 Mitosis Dr. G. Mehrke 21 Keimzellen-Bildung: Meiose Sexuelle Fortpflanzung: Verschmelzung der Kerne von Spermien- und Eizelle: 1n 1n 2n haploide Keimzellen Befruchtung: Verdopplung der Chromosomenzahl Chromosomensatz der Keimzellen muss bei ihrer Bildung vom doppelten = diploiden (2n) auf den einfachen = haploiden (1n) Satz reduziert werden. Dieser Vorgang heißt Meiose und läuft in zwei aufeinander folgenden Teilungsschritten ab. Dr. G. Mehrke Meiose diploide Zygote 2n 2n 2n 2n 2n 2n diploide Körperzellen 22 Meiose Spermatogenese Oogenese Interphase In der Interphase findet die Verdoppelung der Erbinformation statt (Chromosomen aus einem Chromatid werden zu Chromosomen mit zwei Chromatiden). Dr. G. Mehrke 23 Meiose Im 1. Teilungsprozess werden Chromosomen auf die Tochterzellen verteilt. Jede Zelle erhält entweder mütterliches oder väterliches Exemplar. Oogenese Spermatogenese Prophase Das Erbmaterial beginnt sich zu ordnen ... Dr. G. Mehrke 24 Meiose Spermatogenese Oogenese Prophase ... und nach und nach sind dann die Chromosomen sichtbar. Dr. G. Mehrke 25 Meiose Spermatogenese Oogenese Metaphase I Die Chromosomen werden paarweise in der Äquatorialebene angeordnet (jeweils die beiden entsprechenden, homologen Chromosomen zusammen.) Es kommt zum „crossing over“ – Erbmaterial wird ausgetauscht Dr. G. Mehrke 26 Crossing Over Genmaterial von „väterlichem“ und „mütterlichem“ Chromosom wird ausgetauscht Dr. G. Mehrke 27 Meiose Mütterliche und väterliche Chromosomen werden zufällig verteilt Oogenese Spermatogenese Anaphase I Die Chromosomenpaare werden getrennt. Von jedem Paar wird ein Chromosom vom Spindelfaserapparat zum einen Pol, das homologe Chromosom zum anderen Pol gezogen. Dr. G. Mehrke 28 Meiose Oogenese Spermatogenese Telophase I Die Chromosomen sind an den jeweiligen Polen (Jedes Chromosom besteht aus zwei Chromatiden) Dr. G. Mehrke 29 Meiose Oogenese Spermatogenese Metaphase II Die Chromosomen lagern einzeln in der Äquatorialebene an. Dr. G. Mehrke 30 Meiose Im 2. Teilungsprozess schließt sich nochmals eine Teilung wie in der Mitose an: Die Chromatiden werden auf Tochterzellen verteilt. Oogenese Spermatogenese Anaphase II Jedes Chromosom wird in seine zwei Chromatiden getrennt, ein Chromatid zum einen Pol, das andere zum anderen Pol gezogen. Dr. G. Mehrke 31 Meiose Oogenese Spermatogenese Telophase II Die Chromatiden befinden sich an den Polen. Dr. G. Mehrke 32 Meiose Oogenese Spermatogenese Geschlechtszellen Eine große Eizelle und 3 kleine unfruchtbare Richtungskörperchen (Polkörperchen), bzw. 4 gleichwertige Spermien Das Erbmaterial der Zellen ist immer unterschiedlich! Dr. G. Mehrke 33 Molekularbiologie - Nukleinsäuren als Speicher der genetischen Information - Semikonservative Replikation der DNA - Proteine - Proteinbiosynthese - Genmutationen Dr. G. Mehrke 34 Mitose -Meiose Mitose: 2 identische Zellen entstehen Meiose: 4 Zellen mit unterschiedlichem Erbmaterial entstehen Dr. G. Mehrke 35 Aufbau und Bausteine der DNA (DeoxyriboNucleic Acid) Primärstruktur: Strickleiter - Holme: - Desoxyribose - Phosphat - Sprossen: (Basen) - Adenin & Thymin - Guanin & Cytosin - H-Brückenbindungen Sekundärstruktur: Doppelhelix Dr. G. Mehrke 36 Erbinformation Eine Erbinformationseinheit (Information zur Produktion eines kompletten Proteins): Gen DNA-Synthese: Verdoppelung der Erbsubstanz: Zu jedem Einzelstrang der DNA wird ein neuer, komplementärer Strang gebildet. Dadurch wird die Erbinformation identisch verdoppelt! Dr. G. Mehrke 37 Verdoppelung der Erbsubstanz (DNA-Synthese) Semikonservative Replikation der DNA Semikonservativ «halberhaltend» Die Eltern- Doppelhelix entwindet sich. Jeder Einzelstrang ist die Schablone für die Neusynthese eines komplementären Stranges. Die Tochter- Doppelhelix besteht demnach aus einem elterlichen und einem neusynthetisierten DNAStrang. H-Brückenbindungen werden gelöst geteilte Stränge werden komplementiert Ermöglicht erbgleiche Zellteilung Ermöglicht Reparatur beschädigter Einzelstränge Erfordert Kontrollsystem für die Teilungsaktivität der Zellen (sonst krebsartiges, ungezieltes Zellwachstum) Dr. G. Mehrke 38 Genetischer Code Jeweils 3 Basen (Triplett) kodieren eine Aminosäure Für viele AS gibt es mehrere Codes A-Adenin U-Uracil entspr. Thymin G-Guanin C-Cytosin Dr. G. Mehrke 39 Gen - Protein Ein Ausschnitt aus einem Gen könnte so aussehen: DNA, Codogener Strang DNA, komplementärer Strang: mRNA Protein TAC CTT AAG AGC GAG ATG GAA TTC TCG CTC AUG GAA UUC UCG CUC Met - Glu - Phe - Ser - Leu Dr. G. Mehrke (3' <- 5') (5' -> 3') (5' -> 3') COOH 40 Dr. G. Mehrke 41 Proteine Aminosäureketten mit einer Länge von über 100 AS werden als Proteine (Eiweiße) bezeichnet (kleinere: Peptide) Es gibt 20 verschiedene Aminosäuren (20 verschiedene R) Primärstruktur Sekundärstruktur - α-Helix - β-Faltblattstruktur Tertiärstruktur Quartärstruktur Funktion der Proteine: - Intra- und extrazelluläre Strukturelemente, Enzyme, Antikörper, Transport-, Membran-, Regulatorproteine, uvm. Dr. G. Mehrke 42 Transkription Proteinbiosynthese – Entspiralisieren der DNA-Helix – Enzym öffnet H-Brücken – Komplementäre RNA-Nucleotide lagern sich an – RNS-Polymerase verknüpft Nucleotide zu einsträngiger m-RNA – Enzym löst erneut H-Brücken – DNA-Doppelhelix bildet sich zurück Translation – m-RNA bindet an Ribosom – t-RNA lagert sich mit Anticodon ans erste Triplett der m-RNA an – über Enzyme wird der m-RNA-Strang weitergeschoben, die Aminosäuren verknüpft, sowie die t-RNA von m-RNA und Aminosäure getrennt – m-RNA wird noch viele Ribosomen durchlaufen, bevor sie durch Enzyme Dr. G. Mehrke wieder in Nucleotide zerlegt wird 43 Proteinsynthese Transkription im ZK mRNA Translation am Ribosom Polypeptid Reifung im Golgi-Apparat Dr. G. Mehrke 44 Genmutationen Gen- bzw. Punktmutationen – einzelne Gene sind betroffen – die Basensequenz der DNA eines Gens wird verändert Chromosomenmutationen – strukturelle Chromosomenaberrationen (z.B. Translokation) Genommutationen – numerische Chromosomenaberrationen (z.B. Turner-Syndrom) Somatische Mutationen – betreffen das Erbgut eines Individuums und werden nicht vererbt Generative Mutationen – Betreffen Fortpflanzungszellen und werden somit vererbt (Evolution!) Dr. G. Mehrke 45 Zusammenfassung Erbinformation - Gen Erbgang Mendel, Begründer der Vererbungslehre, stellt Regeln für Erbgänge auf – Erbmerkmale sind doppelt vorhanden und werden neu kombiniert Chromosomen - Träger der Erbinformation, aufgebaut aus DNA und Histonen (Proteinstützkörper) (Somatische) Zellen diploid Keimzellen - haploid Zellzyklus – Synthesephase - - Teilungsphase Zellteilung Mitose ergibt 2 identische Körperzellen Meiose ergibt 4 genetisch unterschiedliche Zellen mit reduziertem (einfachem) Chromosomensatz Genetischer Code – universell – Basentriplett kodiert Aminosäure DNA-Synthese – Trennung der Einzelstränge einer DNA-Helix – Synthese des jeweiligen komplementären Strangs Verdopplung Dr. G. Mehrke 46