Aminosäuren in der Tierernährung Arbeitsgemeinschaft für Wirkstoffe in der Tierernährung e.V. (Hrsg.) Aminosäuren in der Tierernährung Verantwortlich für den Inhalt Dr. J. Häffner, Rhone Poulenc Dr. D. Kahrs, Lohmann Animal Health Dr. J. Limper, Degussa AG J. de Mol, Novus Dr. M. Peisker, ADM Herausgeber Aufgaben und Ziele ! Arbeitsgemeinschaft für Wirkstoffe in der Tierernährung e.V. (AWT) Wahrnehmung der Mitgliederinteressen und Ansprechpartner: Dr. E. Süphke deren Vertretung gegenüber Behörden, Regie- Roonstr. 5 rungsstellen, gesetzgebenden Körperschaften, D-53175 Bonn Fachorganisationen und anderen Institutionen Tel. + 49 228/ 35 24 00 auf nationaler Ebene Fax + 49 228/ 36 13 97 Wirtschaftsverband AWT Die AWT als deutscher Wirtschaftsverband mit internationaler Tätigkeit vertritt die fachlichen, wissenschaftlich-technischen und wirtschaftlichen Interessen der führenden Hersteller und Verarbeiter von Zusatzstoffen für die Tierernährung. ! ! ! Vertretung der deutschen Interessen für Zusatzstoffe auf internationaler Ebene Mitarbeit bei der Harmonisierung der Zulassungsbedingungen von Zusatzstoffen Unterrichtung und Beratung der Mitglieder in allen fachspezifischen Angelegenheiten und insbesondere über aktuelle Gesetzgebungs- ! verfahren Information der Öffentlichkeit über Nutzen, Sicherheit und Qualität von Zusatzstoffen in der Tierernährung ISBN 3-86037-085-5 © 1998 by Buchedition Agrimedia GmbH im Verlag Alfred Strothe – Ein Unternehmen der Verlagsgruppe Deutscher Fachverlag, Frankfurt am Main. Postfach 11 65 · D - 25488 Holm Telefon (0 41 03) 91 73 - 0 · Telefax (0 41 03) 1 44 36 E-Mail: [email protected] · Internet: www.agrimedia.com Alle Rechte vorbehalten. Druck: Druckerei Garloff Inhalt 1. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 2. Eiweiß und Aminosäuren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 2.1 Der Nährstoff Eiweiß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 2.1.1 Bedeutung und Zusammensetzung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 2.1.2 Einteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 2.1.3 Bestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 2.1.4 Verdauung und Resorption . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 2.1.5 Stoffwechsel und Proteinsynthese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 2.1.6 Proteinqualität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 2.2 Aminosäuren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 2.2.1 Chemische Struktur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 2.2.2 Einteilung der Aminosäuren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 2.2.3 Essentielle Aminosäuren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 2.2.4 Limitierende Aminosäuren und Ideales Protein . . . . . . . . . . . . 20 2.3 Aminosäurenverfügbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 2.3.1 Grundsätzliche Betrachtung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 2.3.2 Einflußfaktoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 2.3.3 Grenzen der Bewertungssysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 2.4 Analytik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 2.5 Aminosäurengehalte in Futtermitteln . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 3. Aminosäurenbedarf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 3.1 Broilermast . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 3.2 Legehennen (inkl. Aufzucht) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 3.3 Putenzucht und -mast. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 3.4 Wassergeflügel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 3.5 Ferkelproduktion und Schweinemast . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 Inhalt 3.6 Kälberaufzucht und Kälbermast . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 3.7 Milchkühe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 3.8 Fische. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 4. Aminosäurenergänzung in Mischfuttern . . . . . . . . . . . . . . . . 49 4.1 Lysin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 4.1.1 Handelsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 4.1.1.1 L-Lysin-Monohydrochlorid (L-Lysin HCl) . . . . . . . . . . . . . . . 50 4.1.1.2 L-Lysin-Konzentrat, flüssig . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 4.1.1.3 L-Lysin-Monohydrochlorid-Konzentrat, flüssig. . . . . . . . . . . . . 51 4.1.1.4 Lysin-Sulfat. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 4.2 Methionin. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 4.2.1 Handelsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 4.2.1.1 DL-Methionin. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 4.2.1.2 DL-Methionin-Natriumsalz, flüssig . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 4.3 Threonin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 4.4 Tryptophan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 4.5 Hydroxy-Analog von Methionin. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 5. Ökologische Aspekte des Aminosäureneinsatzes in der Fütterung. . 58 6. Verarbeitung der Aminosäuren in Futtermitteln . . . . . . . . . . . . 59 1. Einführung Tabelle 1 In der tierischen Veredlung ist bei der Jahr Anzahl Eier/Henne/Jahr Entwicklung der Tierbestände ein deutli- 1950 120 Entwicklung der cher Trend zu spezialisierten Einheiten 1960 157 Legeleistung in der 1970 215 Bundesrepublik 1980 242 Deutschland 1990 266 1995 284 mit hohem Produktionsniveau zu sehen. Ursache hierfür ist das Streben nach effektiveren Produktionsmethoden, das sich in genetischen und haltungstechnischen Fortschritten niederschlägt. Der Anstieg der durchschnittlichen Legelei- mitbestimmen, führten erst ökonomische stung in den letzten Jahrzehnten verdeut- Gründe dazu, dieses Wissen bei der licht – stellvertretend für andere Vered- Formulierung der Futtermittel auch ein- lungsbereiche – welche Steigerungen zusetzen. Das »Komponentendenken« durch gleichgerichtete Anstrengungen entwickelte sich langsam zum »Nährs- bei der Zucht und Haltung realisiert wur- toffdenken«. Dem Gehalt an Rohprotein den. Einen wesentlichen Anteil hat ohne wurde als Kriterium bei der Eiweißbewer- Zweifel die laufend an neue wissen- tung bis in die heutige Zeit eine hohe schaftliche Erkenntnisse angepaßte Bedeutung beigemessen. Die Unzuläng- Ernährung der Nutztiere. lichkeiten der Analytik haben dazu beigetragen, daß auch von Seiten des Gesetz- Schon früh wurde erkannt, daß dem gebers Mindestgehalte an Rohprotein Eiweiß als »organischem Baustoff« im vorgegeben wurden, die nach wie vor in Organismus eine zentrale Bedeutung den verschiedenen Mischfuttermittelty- zukommt. Mit Beginn der Nährstoffana- pen zu hoch liegen. lyse im frühen neunzehnten Jahrhundert wurde eine erste qualitative Bewertung Erst in Verbindung mit den Fortschritten bei der Fütterung von Nutztieren mög- bei der Analytik hat sich gezeigt, daß lich. Trotzdem war die praktische Rezep- auch in der Praxis der Fütterung eine turgestaltung über lange Zeit durch das Proteinbewertung über den effektiv nutz- sogenannte Komponentendenken baren Anteil an den wesentlichen Amino- geprägt. Obwohl lange bekannt war, daß säuren sachlich und ökonomisch erfor- die Aminosäuren als Proteinbausteine derlich ist. Das Kriterium »Rohprotein« den Wert eines Futters entscheidend verliert mit Recht an Gewicht. 5 Einführung Die Weltbevölkerung steigt zur Zeit täg- nach wie vor das wichtigste Betriebsmit- lich um ca. 220.000 Menschen, wodurch tel der Landwirtschaft. Mit dem Anstieg sich zwangläufig der Bedarf an Protein der Mischfutterproduktion im letzten erhöht. Zusammen mit der sich regional Jahrzehnt verlief der Trend zu größeren stark konzentrierenden landwirtschaftli- Tierbeständen und höheren Leistungen. chen Produktion ergibt sich daher immer Der Nutzung ernährungsphysiologischer deutlicher die Forderung und Notwen- Erkenntnisse bei der Rezepturgestaltung digkeit, mit allen Reserven sparsam der Mischfutter kommt eine immer grö- umzugehen und die produzierten ßere Bedeutung zu. Das stellt an den Rohstoffe möglichst effektiv einzusetzen. Rezepturgestalter immer höhere Ansprü- Die Berücksichtigung des Naturschutzes che, um durch leistungsfähige, kosten- macht gerade vor der Tierproduktion günstige und ökologisch ausgerichtete nicht halt und hat zu einer mehr und Futter den Forderungen der Betriebe und mehr bedarfsangepaßten Fütterung der Endverbraucher gerecht zu werden. geführt. Die Aminosäuren sind eine wich- Das Ergebnis eines sehr einfachen Ver- tige Ergänzung oder auch ein teilweiser suches mit nur einer geringen Ergän- Ersatz für die in der Natur erzeugten zung einer Aminosäure zu einem Proteine und tragen dazu bei, Eiweiß Schweinemastfutter zeigt die nachfol- einzusparen und die Stickstoffausschei- gende Darstellung (Abb. 1). dungen zu reduzieren. Aminosäuren werden in der Zukunft noch stärker als Das Wachstum verschlechtert sich deut- bisher erforderlich sein, eine umweltver- lich gegenüber der Kontrollgruppe, wenn trägliche, ressourcenschonende und der Proteingehalt um 2 % (von 18/16 % wirtschaftliche tierische Veredlung abzu- auf 16/14 % in Vormast und Endmast sichern. (VM/EM)) gesenkt wird. Nach einer Lysinergänzung wird mit der proteinär- Aminosäuren und Mischfutter meren Ration das Niveau der Kontrollgruppe erreicht. Außerdem wird die Mischfuttermittel repräsentieren als Stickstoffausscheidung in den beiden Allein- und Ergänzungsfuttermittel den proteinreduzierten Gruppen deutlich größten Anteil der gesamten landwirt- abgesenkt. schaftlichen Vorleistungen und sind 6 Einführung Abbildung 1 5 Tägl. Zunahme 700 Abhängigkeit der N-Ausscheidung Tägliche Zunahme (g) 680 4,5 660 4 640 3,5 620 Rohprotein* Lysin-Zusatz Ausscheidung und der Aminosäurenversorgung 3 600 Gruppe N-Ausscheidung (kg) Leistung und der N- 1 2 3 18/16% – 16/14% – 16/14% 0,20% * VM/EM Industriell produzierte Aminosäuren serung beim Tier und die Entlastung der bieten seit Jahren die Möglichkeit der Umwelt immer stärker in das Interesse Leistungssteigerung, der Eiweißeinspa- der Tierproduzenten und auch der Kon- rung und auch der Kostenreduzierung. sumenten. Neben diesen Vorteilen rücken aber positive Effekte wie Gesundheitsverbes- 7 2. Eiweiß und Aminosäuren 2.1 Der Nährstoff Eiweiß 2.1.1 Bedeutung und Zusammensetzung me. Immunkörper haben Abwehrfunktionen; Knochen-, Haut- und Bindegewebseiweiß haben Stütz-und Schutzfunktionen und das Muskelprotein setzt das Tier in die Lage, physikalische Arbeit zu leisten. Eiweiß (Protein - griech.: proteios = das Die Bildung von Muskelprotein (Fleisch) Erste, Wichtigste) stellt den wichtigsten stellt ein primäres Ziel in der Tierproduk- und mengenmäßig dominierenden tion dar. Bestandteil aller Organismen dar und ist die Voraussetzung für das Leben An der elementaren Zusammensetzung schlechthin. Es kann im tierischen Orga- der Eiweiße sind, wie in Fetten und Koh- nismus nicht durch andere Nährstoffe lenhydraten, Kohlenstoff (C), Sauerstoff ersetzt werden. Eiweißverbindungen fin- (O) und Wasserstoff (H) beteiligt, darüber den sich in jeder Zelle und machen die hinaus jedoch noch Stickstoff (N), sowie Hauptmenge des Protoplasmas aus. Sie meist auch Schwefel (S) und manchmal dienen der Ernährung aller tierischen Phosphor (P). Zellen und damit dem Erhalt, dem Wachstum und der Reproduktion des Gesamtor- Der Gehalt dieser Elemente im Eiweiß ist ganismus. Diese Funktion erfüllen sie relativ konstant (%): allerdings nur im Zusammenspiel mit energieliefernden Nährstoffen, Vitaminen, Mengen - und Spurenelementen sowie Wasser. Eiweißkörper sind hochmolekulare, aus Aminosäuren nach dem Baukastenprinzip C: H: O: N: S: P: 51,0 - 55,0 6,5 - 7,3 21,5 - 23,5 15,5 - 18,0 0,5 - 2,0 0 - 1,5 aufgebaute Verbindungen. Auf Grund ihres chemischen Aufbaus aus ca. 20 8 Aminosäuren besitzen sie eine strenge Die Reihenfolge der Aminosäuren inner- Spezifität, die für die Funktion des jewei- halb des Proteinmoleküls ist genetisch ligen Eiweißkörpers steht. Eiweiße mit festgelegt und wird als Aminosäurense- katalytischer Funktion sind z.B. die Enzy- quenz bezeichnet (Abb.2). Die Aminosäu- Eiweiß und Aminosäuren Abbildung 2 Threonin Alanin Serin Lysin Asparaginsäure Aminosäuren als Bausteine der Proteine CH2NH2 I CH2 I CH2 CH3 COOH I I I CH CH2OH CH3 CH2 HCOH 2 I I I I I NH2—CH—CO—NH—CH—CO—NH—CH—CO—NH—CH—CO—NH—CH—COOH ren sind durch Peptidbindungen zwi- vertretern Kollagene (Bindegewebe, Knor- schen der Carboxy-Gruppe der einen und pelsubstanz) und Keratine (Haut, Haare, der alpha-Aminogruppe der anderen Ami- Wolle, Federn). nosäure miteinander verknüpft. An einer Peptidkette können bis zu 500 Aminosäu- Sphäroproteine sind mehr oder weniger ren beteiligt sein. stark geknäult und in Wasser oder verdünnter Kochsalzlösung löslich. In diese 2.1.2 Einteilung Gruppe gehören Albumine, Globuline, Histone, Prolamine und Gluteline. 45sich nach Aufbau und Proteine lassen Proteide (zusammengesetzte Proteine) Löslichkeit in drei Gruppen einteilen: bestehen aus einem Proteinanteil und einer mehr oder weniger fest an das Pro- Skleroproteine besitzen Faserstruktur tein gebundenen nichtproteinartigen und sind in Wasser unlöslich. Mit ihrer (prosthetischen) Gruppe. Je nach Art langgestreckten Struktur dienen sie als dieser prosthetischen Gruppe handelt es Stütz- und Gerüstsubstanz mit den Haupt- sich um: 9 Eiweiß und Aminosäuren ! Metalloproteine (z.B. Hämoglobin) ! Phosphoproteine (z.B. Kasein) ! Lipoproteine (z.B. Serumlipoproteine) ! Nucleoproteine (z.B. Nucleinsäure + Protein) ! Glykoproteine (z.B. Seromukoide) ! Chromoproteine (z.B. Myoglobin) 2.1.3 Bestimmung Die Bestimmung des Proteingehaltes in Futtermitteln erfolgt in der Regel über die Bestimmung des Stickstoffgehaltes nach dem Kjeldahl-Verfahren. Der Stickstoffgehalt in verschiedenen Proteinen variiert nur geringfügig und beträgt im Mittel 16%. Durch Multiplikation des analysierten N-Gehaltes mit dem Faktor 6,25 kann der Proteingehalt des Futtermittels Die Art der Bindung zwischen dem Proteinanteil und der prosthetischen Gruppe ist ebenso unterschiedlich wie die Funktion der Proteide im Organismus. Außer den genannten Proteinen kommen auch im tierischen Gewebe N-haltige Verbindungen nicht-eiweißartiger Natur vor. Hierzu zählen u.a. Alkaloide, Amide errechnet werden. Da bei der NBestimmung auch NPN-Verbindungen erfasst werden, bezeichnet man den ermittelten Proteingehalt korrekterweise als Rohprotein. Zur Trennung zwischen Rein- und Rohprotein werden andere Methoden (z.B. Fällungsreaktionen) benutzt. (Asparagin, Glutamin, Harnstoff), Betain, Cholin sowie Purine. Man faßt diese Verbindungen als NPN (Nicht-ProteinNitrogen)- Verbindungen zusammen. Per Definition zählen auch Aminosäuren außerhalb des Proteinverbandes zu den NPN-Verbindungen. Allerdings sind aus ernährungsphysiologischer Sicht Aminosäuren dem Protein gleichzusetzen. Auch aus diesem Grund wird in der Ernährung von monogastrischen Tieren die Betrachtungsebene zunehmend auf Aminosäuren verlagert. 10 Zur schnellen Abschätzung des Rohproteingehaltes in Futtermitteln läßt sich die NIR-Methode verwenden (NIR - Near Infrared Reflection). Voraussetzung für diese Methode ist, daß genügend chemisch bestimmte Analysenwerte in die Gerätekalibrierung eingegangen sind und es sich bei der Probe um ein Futtermittel ähnlicher Zusammensetzung handelt wie die zur Kalibrierung verwendeten Proben. Eiweiß und Aminosäuren Der Proteingehalt eines Futtermittels stellt gelangen schließlich als freie Aminosäunur eine bedingt verwertbare Information ren ins Blut. über dessen Nährwert dar. Zum einen ist darin der von monogastrischen Tieren Für die Absorption der Aminosäuren sind nicht nutzbare NPN-Anteil enthalten (Aus- spezifische Transportsysteme zuständig. nahme Aminosäuren), und andererseits Die absorbierten Aminosäuren gelangen stehen Proteingehalt und -qualität in über die Pfortader zur Leber, dem Haupt- keinem Zusammenhang (s. Kapitel 2.1.6 organ für die Umsetzung der Aminosäu- Proteinqualität). ren. 2.1.4 Verdauung und Resorption 2.1.5 Stoffwechsel und Proteinsynthese Proteingebundene Aminosäuren müssen aus dem Proteinverband gelöst werden, Im Proteinstoffwechsel laufen Proteinauf- um ihnen die Passage durch die Darm- bau (Synthese) und Proteinabbau (Pro- wand (Resorption) zu ermöglichen. Die- teolyse) nebeneinander ab. Beim wach- ses erfolgt im Verdauungstrakt durch senden Tier überwiegt die Synthese, beim hydrolytische Enzyme (Proteinasen). Zur ausgewachsenen Tier stellt sich ein besseren Wirksamkeit der proteinspalten- Gleichgewicht ein. Da die Aminosäuren- den Enzyme wird der zerkleinerte Nah- sequenz eines Proteins genetisch bedingt rungsbrei zunächst im Magen mit ver- ist, müssen für dessen Synthese alle dünnter Salzsäure angesäuert. Das führt dafür benötigten Aminosäuren synthese- zur Denaturierung des Eiweißes. synchron bereitstehen. Das Fehlen nichtessentieller Aminosäuren kann vom Orga- Die Aufspaltung der Peptidketten erfolgt nismus in Grenzen durch Eigensynthese zunächst von der Mitte her über Endo- ausgeglichen werden. Fehlt aber eine der Peptidasen (Pepsin, Trypsin, Chymotryp- essentiellen Aminosäuren, kommt die sin). Exopeptidasen hydrolisieren von Proteinsynthese zum Stillstand. den Enden her weiter zu Aminosäuren und Oligopeptiden, welche von den Muco- Die dadurch verbleibenden Aminosäuren sazellen resorbiert werden. Dort werden müssen abgebaut werden. Dabei wird das Oligopeptide weiter hydrolisiert und Kohlenstoffgerüst zur Energiegewinnung 11 Eiweiß und Aminosäuren herangezogen, das freiwerdende Ammo- der schnellen Abbau, der mit der Halb- niak muß »entgiftet« und aus dem Körper wertszeit ausgedrückt werden kann. entfernt werden. Das erfolgt über die Syn- Besonders betroffen sind z.B. Verdauthese von Harnstoff (bei Geflügel Harn- ungsenzyme, deren Halbwertszeit nur säure) und stellt einen sehr energieauf- wenige Tage beträgt und die somit sehr wendigen Prozeß dar. Auch im Energie- anpassungsfähig an sich verändernde mangelzustand wird Eiweiß zur Aufrecht- Stoffwechselbedingungen sind. Ein vor- erhaltung von Lebensprozessen abge- übergehender Mangel an Aminosäuren baut. Der Wirkungsgrad ist jedoch im für die Synthese des Enzymproteins kann Vergleich zu Fetten und Kohlenhydraten sich demzufolge in Leistungseinbußen gering. niederschlagen. Aus diesem Zusammenhang wird ersicht- Die Fragen des kontinuierlichen Flusses lich, daß: freier Aminosäuren aus der Nahrung in ! Proteinstoffwechsel und Energiestoffwechsel nicht entkoppelt gesehen werden dürfen. Das wird insbesondere durch das Verhältnis der limitierenden Aminosäure zur umsetzbaren oder Nettoenergie im Futter berücksichtigt und ! die Abstimmung der im Stoffwechsel den Stoffwechsel des Tieres (Aminosäuren-Flux) haben somit einen hohen Stellenwert und verdienen besondere Beachtung beim Zusatz von freien Aminosäuren zu Futtermischungen. Zugesetzte, freie Aminosäuren liegen in vollständig resorbierbarer Form vor und stehen dadurch schneller am Syntheseort zur Verfügung. bereitgestellten Aminosäuren mit dem aktuellen Bedarf desTieres möglichst eng seinsollte (s. Kapitel 2.2.4 Idea- 2.1.6 Proteinqualität les Protein). Die Qualität eines Proteins kann an dessen Potential zur Deckung des von Tier- 12 Eiweiß kann im Körper, abgesehen vom art, Alter, Genotyp, Geschlecht und Lei- Muskelwachstum, nur begrenzt gespei- stungshöhe abhängigen physiologischen chert werden, z.B. in der Leber. Anderer- Bedarfes an Aminosäuren für Erhaltung seits unterliegt es einem mehr oder min- und Leistung bestimmt werden. Daraus Eiweiß und Aminosäuren ergibt sich, daß das Aminosäuren-Profil, haltigen Aminosäuren (Methieonin, Cys- d.h. die Mengenverhältnisse der essen- tin) den zur Bedarfsdeckung eines Mast- tiellen Aminosäuren im Protein zueinan- schweines (30 - 50 kg LM) notwendigen der sowie deren Verfügbarkeit (siehe 2.3), Gehalt an essentiellen Aminosäuren im ausschlaggebend für die Proteinqualität Futterprotein überschreitet. Weizen hingeist. Proteine mit hervorragender Qualität gen zeigt nur bei den schwefelhaltigen sind z.B. Vollmilchpulver und Volleipro- Aminosäuren einen bedarfsdeckenden tein. Proteine pflanzlicher Herkunft wei- Anteil im Protein. chen in ihrer Aminosäurenzusammensetzung zum Teil erheblich vom jeweiligen Eine geeignete Kombination beider Bedarfsverhältnis ab. Proteine macht es möglich, Bedarfsdeckung bei limitierenden Aminosäuren zu Abbildung 3 demonstriert, daß Soja- erreichen, wenn der Gesamtproteingehalt schrot allein mit Ausnahme der schwefel- der Mischung unberücksichtigt bleibt Abbildung 3 Aminosäurengehal- 6— ( g / 100 g Protein ) 5— Sojaschrot te im Protein von Weizen Sojaschrot und Bedarf Weizen, vergleichend darge- 4— stellt zum Bedarfsverhältnis (Mast- 3— schwein 30-50 kg) 2— 1— 0 Lys Met Met + Cys Thr Trp 13 Eiweiß und Aminosäuren (Abb. 4). Die Proteinqualität dieser Der physiologische Nutzwert (Net Protein Mischung ist höher als die der einzelnen Utilisation - NPU) setzt die retinierte zur Rohstoffe. aufgenommenen Proteinmenge ins Verhältnis, die Biologische Wertigkeit (BW) Die Proteinqualität einer Komponente bezieht die retinierte Proteinmenge auf bzw. eines Fertigfutters läßt sich im Tier- die Menge an resorbiertem Futterprotein. versuch am zuverlässigsten ermitteln. Im Diese Kennzahlen der Proteinqualität einfachsten Fall bestimmt man das werden meist in N-Bilanzversuchen Wachstum je Einheit aufgenommenes ermittelt. Sie sind neben der tierspezifi- Protein (Protein Efficiency Ratio - PER). schen Verwertungssituation vor allem von Interaktionen zwischen Protein-und Fett- der Menge des aufgenommenen Futter- ansatz und Auswirkungen auf die Körper- proteins abhängig. zusammensetzung bleiben dabei unberücksichtigt. Ein universeller Qualitätsmaßstab, der unabhängig von Tierart und Eiweißsyntheseleistung anwendbar wäre, existiert Abbildung 4 Aminosäurengehalte im Protein einer 6— Mischung von Soja- 75% Weizen + 25% Sojaschrot 5— stellt zum Bedarfsverhältnis (Mastschwein 30-50 kg) ( g / 100 g Protein ) schrot und Weizen, vergleichend darge- Bedarf 4— 3— 2— 1— 0 14 Lys Met Met + Cys Thr Trp Eiweiß und Aminosäuren nicht. Proteinqualität bezieht sich stets Methionin bzw. die Summe der schwefel- auf eine konkrete Verwertungssituation. haltigen Aminosäuren. Allgemein üblich ist die Verwendung von Bedarfsnormen von Aminosäuren für Chemisch bestimmbare Bruttogehalte an Altersabschnitte und Leistungen, an Aminosäuren im Futterprotein sind nicht denen, wie im oben genannten Beispiel in vollem Umfang im Stoffwechsel ver- gezeigt, die Qualität eines Futterproteins fügbar. Die Gegenüberstellung von Brut- abgeschätzt werden kann. toaminosäuren im Futterprotein mit Bedarfsangaben an Bruttoaminosäuren Diejenige Aminosäure, deren Gehalt im kann deshalb nur eine erste Näherung für Protein gegenüber dem Bedarf am nied- die Abschätzung der Qualität eines Futter- rigsten ist, wird als erstlimitierende proteins darstellen. Im Abschnitt »Verfüg- bezeichnet und begrenzt den Wert des barkeit« wird auf diese Zusammenhänge Proteins (Chemical Score). Im genannten näher eingegangen. Beispiel ist das für Weizenprotein die Aminosäure Lysin und für Sojaprotein 15 Eiweiß und Aminosäuren 2.2 Aminosäuren (proteinogenen) Aminosäuren steht am 2.2.1 Chemische Struktur Aminosäuren sind - wie der Name sagt - a -Kohlenstoffatom außer der Aminogruppe noch ein aliphatischer oder aromatischer Substituent (= R). Dieser kann auch durch charakteristische funktionelle Grup- noch weitere funktionelle Gruppen tragen. pen im Molekül gekennzeichnet: die Ami- In der unten angegebenen allgemeinen nogruppe -NH2 und die Carboxygruppe - Formel ist das a -Kohlenstoffatom von COOH. vier verschiedenen Substituenten umgeben (asymmetrisch substituiert). Von Als Eiweißbausteine treten ausschließlich Verbindungen dieser Art, den sogenann- die sogenannten a -Aminosäuren auf, bei ten optisch aktiven Verbindungen, gibt es denen die Aminogruppe in a -Stellung zur zwei unterschiedliche Formen, die sich durch die räumliche Anordnung der vier Carbonsäuregruppe (Carboxygruppe) steht. Daneben gibt es andere Aminosäu- Substituenten am a -Kohlenstoffatom ren, bei denen sich die Aminogruppe in unterscheiden: die L-Form und die D- der b -Position usw. zur Carbonsäure- Form. gruppe befindet, wie in nachfolgender L- und D-Aminosäuren verhalten sich Abbildung dargestellt: zueinander wie Bild und Spiegelbild oder wie die rechte und die linke Hand. Der einfachste Vertreter der a- Amino- säuren ist das Glycin. Bei allen anderen Eigenschaften dieser Verbindungen, die L-Aminosäuren COOH — a -Aminosäuren Die chemischen und physikalischen R —CH2 —CH2 —CH —COOH — — H2N —C —H NH2 D-Aminosäuren COOH — b -Aminosäuren R NH2 16 H —C —NH2 — — R —CH2 —CH —CH2 —COOH R Eiweiß und Aminosäuren auch als optische Isomere bezeichnet L-Aminosäure. Diese Umwandlung ist werden, sind bis auf eine Ausnahme abhängig von der Tierart und läuft bei den gleich. Sie differieren – abgesehen von einzelnen Aminosäuren mit unterschiedli- Unterschieden in der physiologischen cher Effizienz ab. Bei Methionin (und Wirksamkeit in tierischen Organismen – Tryptophan beim Schwein) läuft die nur in der Drehung der Ebene des polari- Umwandlung so effektiv ab, daß auf eine sierten Lichtes. Isomerentrennung aus ernährungsphysio- Die in den Proteinen vorkommenden logischer Sicht verzichtet werden kann (s. Aminosäuren gehören der L-Reihe an. Kapitel 4, Aminosäurenergänzung). Werden dem tierischen Organismus Aminosäuren in der D- und L-Form (50:50 Gemisch aus L- und D-Aminosäure, »Ra- 2.2.2 Einteilung der Aminosäuren cemat«) zugeführt, so muß die D-Form umgewandelt werden. Dies ist möglich Heute sind rund 20 verschiedene Amino- über eine Desaminierung zur a -Ketoform säuren als direkte Hydrolyseprodukte von und anschließende Aminierung zur gängigen Nahrungs- und Futterproteinen Neutrale Aminosäuren Alanin Asparagin saure Aminosäuren basische Aminosäuren Tabelle 2 Asparaginsäure Arginin Einteilung der Glutaminsäure Histidin Aminosäuren nach Lysin ihrem chemischen 1 Cystein/Cystin Glutamin Verhalten Glycin Hydroxyprolin Isoleucin Leucin Methionin Phenylalanin Prolin Serin Threonin Tryptophan Tyrosin Valin 1 Aus zwei Molekülen Cystein entsteht ein Molekül Cystin 17 Eiweiß und Aminosäuren bekannt. Nach chemischen Gesichtspunk- 10 Aminosäuren (abhängig von der Speten kann man sie in drei Hauptgrup- zies) sind jedoch essentiell, d. h. sie kön- pen unterteilen: neutrale, saure und basi- nen vom Organismus nicht selbst synthe- sche Aminosäuren. tisiert werden und müssen deshalb mit der Nahrung aufgenommen werden. Die Einteilung beruht auf den unter- Die essentiellen Aminosäuren sind in schiedlichen Resten R, die neben der Tabelle 3 aufgeführt. Aminogruppe am a -Kohlenstoffatom vorhanden sind. Die sauren Aminosäuren Die Einteilung in essentielle und nichtes- enthalten im Rest R noch eine zweite Car- sentielle Aminosäuren darf nicht zu dem boxygruppe, die basischen Aminosäuren Schluß verleiten, daß der Organismus noch eine basisch wirkende Gruppe. letztere nicht zum Aufbau seines eigenen Proteins benötigt. Er ist aber in der Lage, 2.2.3 Essentielle Aminosäuren diese nichtessentiellen Aminosäuren selbst zu synthetisieren bzw. ineinander Ungefähr die Hälfte der oben genannten umzuwandeln. Dafür müssen ihm ausrei- Aminosäuren kann der Organismus selbst chende Mengen an Kohlenhydraten und geeignete Stickstoffverbindungen zur synthetisieren. Diese werden als nichtessentielle Aminosäuren bezeichnet. Etwa Verfügung stehen. Tabelle 3 Aminosäure Geflügel ± Schwein ± 1 + + Mensch ± ± Essentielle Amino- Arginin 1, 2 säuren in der Histidin Ernährung Isoleucin + + + Leucin + + + Lysin + + + Methionin + + + Phenylalanin + + + Threonin + + + Tryptophan + + + Valin + + + 1 Arginin und Histidin sind beim Menschen nicht essentiell. Sie werden jedoch essentiell unter Bedingungen eines erhöhten Bedarfs (schnelles Wachstum in der ersten Lebensphase, Streß, Trauma). 2 18 Arginin ist bei jungen Küken essentiell. Eiweiß und Aminosäuren Pflanze Biosynthese Folgerung Tier Alle Aminosäuren (auch die für Nur eine begrenzte Anzahl von das Tier essentiellen Aminosäu- Aminosäuren (nur nichtessentielle ren) Aminosäuren) Die Pflanze benötigt nur eine Ver- Das Tier muß diejenigen Aminosorgung mit einfachen Stickstoff- säuren, die es selbst nicht herstelverbindungen (Düngung) len kann (essentielle Aminosäu1 ren) mit dem Futter aufnehmen 1 Ausnahme: Bei Wiederkäuern trägt die mikrobielle Proteinsynthese im Pansen zu seiner Versorgung mit essentiellen Aminosäuren bei. Im Gegensatz zum tierischen Organismus gig bis zu 50% der Methioninfunktion ist die Pflanze in der Lage, sämtliche übernehmen. Neuere Arbeiten zeigen, daß Aminosäuren aus einfachen Stickstoff- im oberen Leistungsbereich dieser Anteil und Kohlenstoffverbindungen aufzubauen deutlich unter 50% liegt. Neben seiner (siehe oben). Rolle als essentieller Proteinbaustein und Vorstufe des Cystein ist Methionin durch Einige der essentiellen Aminosäuren Abgabe einer Methylgruppe (S-Adenosyl- werden aufgrund ihrer besonderen Struk- Methionin) an der Biosynthese zahlrei- tur und Rolle im Stoffwechsel näher cher wichtiger Verbindungen wie u. a. erläutert: Cholin, Kreatin und Adrenalin beteiligt. Somit spielt es indirekt eine wichtige Schwefelhaltige Aminosäuren Rolle z. B. im Fett- und Hormonstoffwechsel sowie bei der Reizleitung im Die beiden schwefelhaltigen Aminosäuren Nervensystem und im Leberstoffwechsel. Methionin und Cystein enthalten je ein Aus Methionin (S-Adenosyl-Methionin - Atom Schwefel und sind in unterschiedli- Cystathionin) entsteht im Organismus chen Anteilen in tierischen und pflanzli- Cystein. Cystein wird teilweise weiter zu chen Proteinen enthalten. Methionin ist Taurin metabolisiert, oder es wird über dabei eine essentielle Aminosäure, Cystin Zwischenstufen zu Sulfat umgebaut. Der ist nichtessentiell, kann aber tierartabhän- Sulfatbedarf des Tieres sollte aber über 19 Eiweiß und Aminosäuren anorganische um eine nicht-essentielle Aminosäure, ist S-Verbindungen gedeckt werden. der Körper in der Lage, diese über Eigensynthese zur Verfügung zu stellen. Fehlt Basische und aromatische Aminosäuren jedoch eine essentielle Aminosäure, »limitiert« diese Aminosäure die Proteinsynthese. Lysin ist eine der wichtigsten essentiellen Aminosäuren. Arginin ist bei jungen Die limitierende Aminosäure muß also im Küken essentiell, kann aber durch Citrul- Futter in ausreichender Menge vorhanden lin ersetzt werden. Auch Phenylalanin und sein. Bei der Bedarfsermittlung unterteilt Tyrosin stehen in Wechselwirkung mitein- man genauer in erst-, zweit- und nächstliander. Phenylalanin und Tyrosin sind mitierende Aminosäuren. In Rationen für aromatische Aminosäuren. Sie enthalten Geflügel sind im allgemeinen die schwe- im Rest eine aromatische Verbindung. felhaltigen Aminosäuren Methionin und Der Gesamtbedarf kann durch Phenylala- Cystein erstlimitierend, in Rationen für nin allein, nicht aber durch Tyrosin Schweine das Lysin. Ein ausreichender gedeckt werden. Tyrosin kann nur knapp Gehalt an diesen Aminosäuren im Futter 50% des Phenylalaninbedarfs decken. entscheidet also darüber, ob auch die anderen Aminosäuren in effizienter Weise 20 2.2.4 Limitierende Aminosäuren und Ideales Protein zur Eiweißsynthese verwertet werden Das Wachstum eines Organismus setzt Dieses Prinzip wird durch das »Lie- eine Eiweißsynthese voraus. Hierbei wer- big'sche Faß« illustriert, wobei der Fül- den die benötigten essentiellen und nicht lungsgrad des Fasses das Proteinsynthe- essentiellen Aminosäuren entsprechend severmögen des Tieres darstellt (Abb. 5): der genetisch festgelegten Sequenz Die kürzeste Daube »limitiert« das Fas- aneinander gereiht. Wird bei der Verlän- sungsvermögen des Fasses. Wird die gerung der Eiweißkette eine Aminosäure kürzeste Daube verlängert, so steigt das benötigt, welche am Syntheseort nicht Fassungsvermögen bis zur Höhe der vorhanden ist, kommt die Eiweißsynthese ursprünglich »zweitlimitierenden« Dau- zunächst zum Stillstand. Handelt es sich be. können. Eiweiß und Aminosäuren Der wichtigste Faktor für die Ausnutzung des Futterproteins für eine bestimmte Phe Val Trp Lys Thr Ile Leistung ist die Ausgewogenheit der in ihm enthaltenen Aminosäuren im Vergleich zum physiologischen Bedarf für diese Leistung. Basierend auf den Arbeiten von Cole und Fuller (1988) konnte gezeigt werden, daß beim Schwein rassen- und geschlechtsabhängige Differenzen im Aminosäurenbedarf überwiegend quantitativer Natur sind. Die relativen Mengen essentieller Aminosäuren für die Synthese von 1 g Protein sind gleich. Das führte zur Aufstellung von Relationen zwischen den essentiellen Aminosäuren und Lysin als Referenzaminosäure. Dieses relative Verhältnis der essentiellen Aminosäuren im Vergleich zu Lysin wird als ›Ideales Protein‹ oder ›Ideales Aminosäurenprofil‹ bezeichnet. Neuere Arbeiten deuten darauf hin, daß der Bedarf an Met essentiellen Aminosäuren (schwefelhalti- Leu ge Aminosäuren, Threonin und Trypto- Wachstums, unterscheidet sich das ›Idea- Abbildung 5 phan), die eine wesentliche Rolle im le Protein‹ von Tierart zu Tierart einerseits Das »Liebig’sche Erhaltungsstoffwechsel spielen, mit und innerhalb einer Tierart in Abhängig- Faß«: Limitierung zunehmender Lebendmasse in ihrer rela- keit von Alter und Produktionsrichtung der Proteinsynthe- tiven Konzentration zum Lysin ansteigt. andererseits. Aufgrund des tierartspezifischen Amino- Das Konzept des Idealen Proteins erleich- säurenbedarfs für Erhaltungsstoffwechsel tert die Arbeit für den Rezepturgestalter und Proteinsynthese sowie dem sich erheblich. Ist der Lysinbedarf für eine änderndem Verhältnis im Verlaufe des Tierart und Produktionsrichtung bekannt, se bei Mangel einer essentiellen Aminosäure 21 Eiweiß und Aminosäuren Tabelle 4 kann der Bedarf an den anderen essen- Resorption zu berücksichtigen, basieren tiellen Aminosäuren daraus abgeleitet neuere Angaben zu den idealen Amino- werden. Um den Einfluß von Aminosäu- säurenverhältnissen auf ileal verdaulichen renverlusten bei der Verdauung und Aminosäuren (Tabellen 4 u. 5).. Aminosäure (in % vom Lysin) Ideale Verhältnisse verdaulicher Aminosäuren für Schweine 5-20 kg 20-50 kg 50-100 kg 100 100 100 Threonin 65 67 70 Tryptophan 17 18 19 Methionin 30 30 30 Cystin 30 32 35 Met + Cys 60 62 64 Isoleucin 60 60 60 Valin 68 68 68 Leucin 100 100 100 Phenylalanin + Tyrosin 95 95 95 Arginin 42 30 18 Histidin 32 32 32 Lysin (Baker, 1997) Tabelle 5 (in % vom Lysin) Aminosäure Ideale Verhältnisse 0-21 Tage 21-42 Tage 100 100 verdaulicher Ami- Lysin nosäuren für Mast- Met + Cys 72 75 küken Methionin 36 37 Cystin 36 38 Arginin 105 105 Valin 77 77 Threonin 67 73 Tryptophan 16 17 Isoleucin 67 67 Histidin 31 31 Phenylalanin + Tyrosin 105 105 Leucin 111 111 22 (Baker & Han, 1997; Baker, 1997) Eiweiß und Aminosäuren 2.3 Aminosäurenverfügbarkeit 2.3.1 Grundsätzliche Betrachtung verdaulichen Aminosäuren ab, die zur Einschätzung des Wertes von Futterproteinen herangezogen werden. Bevor eine im Futterprotein enthaltene Die Verdaulichkeit kann in verschiedenen Aminosäure für die körpereigene Protein- Abschnitten des Verdauungskanals synthese verwendet werden kann, muß gemessen werden. Bestimmt man die sie aus dem Proteinverband freigesetzt Verdaulichkeit am Ende des Dünndarmes, (verdaut) und resorbiert werden (s. Kapi- spricht man von der präzäkalen oder tel 2.1.4 Verdauung und Resorption). ilealen Verdaulichkeit. Diese Methode Faktoren, die Verdauung und Resorption schließt den Einfluß mikrobieller Umset- im Tier beeinflussen, sind somit auch zungen im Dickdarm weitestgehend aus gravierende Einflußgrößen für die Verfüg- und führt zu einer genaueren Leistungs- barkeit der Aminosäuren. vorhersage bei der Rationsformulierung im Vergleich zur Bruttoaminosäure. Dies Weiterhin können Aminosäuren in techni- zeigt das Beispiel in Tabelle 6 auf der schen Bearbeitungsprozessen so veränfolgenden Seite. dert werden, daß sie zwar den potentiellen Syntheseort noch erreichen, also verdaut Wird in einer Ration aus Mais und Soja- und resorbiert werden, jedoch als Bau- extraktionsschrot (Gruppe 1) 50% des stein für die Proteinsynthese nicht mehr Rohproteins aus Sojaextraktionsschrot verwendbar sind. durch Fleischknochenmehl ersetzt (Gruppen 2 - 4), führt das in Gruppe 2 zu einer Die Verfügbarkeit einer Futteraminosäure signifikanten Reduzierung der täglichen ist deren relativer Bruttoanteil, der für alle Lebendmassezunahmen und Erhöhung Stoffwechselprozesse, in denen diese des Futteraufwandes je Zuwachseinheit. Aminosäure benötigt wird, uneinge- Die alleinige Ergänzung mit Tryptophan schränkt zur Verfügung steht. (Gruppe 3) auf das Niveau der Kontrollgruppe 1 bringt keine signifikante Verbes- Aus der Annahme, daß verdaute und serung. In Gruppe 4 wurde neben Trypto- resorbierte Aminosäuren biologisch ver- phan auch Lysin auf das gleiche Niveau fügbar sind, leitet sich die Kategorie der an ileal verdaulichem Lysin ergänzt. Es 23 Eiweiß und Aminosäuren Tabelle 6 Sojaprotein 50% Sojaprotein Einfluß eines Aus- Gruppe 1 2 3 4 tausches von Soja- AS-Ergänzung - - + Trp + Trp + Lys RP (%) 15,2 15,2 15,2 15,3 Mastleistung von Trp (%) 0,12 0,09 0,12 0,12 Schweinen (20-45 ileal verdaul. Trp (%) 0,09 0,06 0,09 0,09 Lys (%) 0,70 0,66 0,66 0,74 ileal verdaul. Lys (%) 0,60 0,53 0,53 0,60 Zuwachs (g/d) 6901 5902 6102 7101 kg Futter/kg Zuwachs 2,421 2,632 2,632 2,491 protein durch 50% Fleischknochenmehlprotein auf die kg LM) 1,2 Mittelwerte mit unterschiedlichen Ziffern innerhalb einer Zeile unterscheiden sich signifikant (p<0,05) gibt hier keine Unterschiede mehr in den gen, daß Höhe und Zusammensetzung Leistungsdaten im Vergleich zur Kontrol- der endogenen Ausscheidungen von der le. Dieses Beispiel läßt klar erkennen, daß Höhe der Trockensubstanzaufnahme, dem 24 die Ergänzung auf Basis des ileal verdau- Aminosäurenprofil des Futterproteins, lichen Aminosäurengehaltes vorgenom- dem Gehalt an Nicht-Stärke-Poly- men werden muß. Auf Basis des Brutto- sacchariden im Futter, der Darmkinetik, gehaltes wäre beim Lysin in Gruppe 4 der der mikrobiellen Besiedelung des Darmes tatsächliche Bedarf unterschätzt worden, und anderen Faktoren abhängen. Die da die Verdaulichkeit des Lysins in quantitative Erfassung und Zuordnung zu Fleischknochenmehl geringer ist als in den einzelnen Einflußgrößen ist deshalb Sojaextraktionsschrot. tierexperimentell kaum möglich. Den Einfluß von Aminosäuren endogener Häufig werden die Begriffe Verdaulichkeit Herkunft auf die Verdaulichkeitsmessung und Verfügbarkeit gleichgesetzt. Das versucht man durch Korrekturfaktoren zu kann, wie noch gezeigt wird, zu Fehlein- minimieren. Hierbei ist zu berücksichti- schätzungen führen, da auch verdaute Eiweiß und Aminosäuren und resorbierte Aminosäuren nicht immer wechselniveau, die mit der Verdaulichvoll für die Proteinsynthese verfügbar keitsbestimmung allein nicht erfasst wer- sind. den können. Allein auf dieser Ebene kann der Begriff Verfügbarkeit für eine Futtera- Die Gesamtbetrachtung aller Einflüsse Tabelle 7 minosäure zu Recht angewendet werden. Wahre Verdaulich- führt zur Kategorie der physiologisch wirksamen Aminosäuren. Diese können keit essentieller 2.3.2 Einflußfaktoren Aminosäuren in für limitierende Aminosäuren aus N- ausgewählten Fut- Bilanz- oder Ansatzversuchen ermittelt Wie gezeigt, ist die Verdaulichkeit der werden und erfassen auch Wirkungsin- wichtigste Einflußfaktor für die Verfügbar- Schwein1 und beim keit von Futteraminosäuren. Die Verdau- Geflügel2 (%) Tryptophan 83 89 89 89 87 84 82 90 Gerste 79 80 85 85 85 84 81 84 78 Roggen 73 75 80 77 81 75 73 78 66 56 Mais 77 82 89 93 88 88 83 85 87 90 Triticale 85 84 90 89 90 85 82 85 Ackerbohnen 89 90 79 84 80 82 83 87 75 79 Erbsen 83 87 78 82 73 78 76 83 75 82 Sojaschrot 44 88 87 90 89 87 84 84 83 82 84 Rapsschrot 00 78 80 86 91 85 82 69 82 74 89 Sonnenblumenschrot 81 86 89 94 86 88 83 86 79 91 Erdnußschrot 87 77 88 87 87 82 91 85 76 Baumwollschrot 64 60 75 78 72 68 67 65 66 Fischmehl 93 85 92 90 90 90 92 84 79 69 Fleischknochenmehl 83 78 85 84 78 71 83 76 78 71 Magermilchpulver 96 1 2 95 90 90 Gef lüg el Sch wei n 80 Gef lüg el Gef lüg el Weizen Sch wei n Sch wei n Threonin Gef lüg el M+C Sch wei n Methionin Gef lüg el Lysin Sch wei n suffizienzen von Aminosäuren auf Stoff- termitteln beim 93 85 am Ende des Dünndarmes bestimmt mit caecektomierten Hähnen 25 Eiweiß und Aminosäuren lichkeit ist unter Beachtung einer gewis- Für nicht hitzegeschädigte Proteine sen Variabilität futtermittelspezifisch und reflektiert die Messung der Verdaulichkeit mit annähernder Genauigkeit, ermittelt in am Ende des Dünndarmes die Verfügbar- einer Vielzahl von Tierversuchen, für die keit zuverlässiger als am Ende des Ver- einzelnen Proteinträger tabellarisch auf- dauungskanals. gelistet. Tabelle 7 zeigt exemplarisch eine Auswahl dieser Daten für die wichtigsten Ein weiterer wichtiger Einflußfaktor auf essentiellen Aminosäuren, auf Basis ihrer die Verfügbarkeit sind technische Bear- wahren ilealen Verdaulichkeit. beitungsprozesse, denen Futtermittel unterzogen werden müssen. Diese Informationen stellen aus Sicht der Hierbei können Aminosäuren geschädigt Futtermittelbewertung einen Fortschritt werden. gegenüber der Betrachtung der Bruttoaminosäuren dar und sollten bei der Liegt eine thermische Schädigung vor, Gestaltung von Futtermittelrezepturen wird mit der Bestimmung der ilealen Ver- genutzt werden. Da hiermit unterschiedli- daulichkeit die Verfügbarkeit der entspre- che Verluste im Prozeß Verdauung/ chenden Aminosäuren überschätzt, da ein Resorption, z.B. von Lysin in Getreide, Teil der resorbierten Aminosäuren auf berücksichtigt werden, ist eine bessere Grund struktureller Schädigung seiner Deckung des Aminosäurenbedarfes auf proteinogenen oder metabolischen Funk- der Basis verdaulicher Aminosäuren mög- tion nicht gerecht werden kann. lich. Erfolgt die Verdaulichkeitsbestimmung am Ende des Dünndarmes, wird der Dieser Verfügbarkeitsverlust kann mit der Einfluß mikrobiologischer Umsetzungen Bestimmung der physiologisch wirksa- im Dickdarm weitgehend eliminiert. Wird men Aminosäuren erfaßt werden. der endogene Anteil bei der Berechnung berücksichtigt, spricht man von der wah- Viele Einzelfuttermittel werden vor ihrer ren, ilealen Verdaulichkeit. Rationsformu- Verwendung einer Bearbeitung unterzo- lierung auf dieser Basis führt besonders gen bzw. gelagert. Das trifft vor allem auf bei schlecht verdaulichen Futtermitteln zu Eiweißträger, aber auch Getreide zu. einer genaueren Abschätzung der für das Tier verfügbaren Aminosäuren. 26 Eiweiß und Aminosäuren Tabelle 8 gibt Beispiele für Bearbeitungs- die Trocknung von Maiskleber und verfahren und daraus resultierende Reak- Feuchtgetreide. tionen, die die Verfügbarkeit der betroffenen Aminosäuren einschränken. Auch fertige Mischungen werden aus prozeßtechnischen, ernährungsphysiolo- Innerhalb der technischen Bearbeitungs- gischen und hygienischen Gründen einer verfahren ist das Erhitzen besonders rele- zum Teil erheblichen Wärmebehandlung vant. Einzelfuttermittel werden einer Viel- unterzogen (Pelletieren bis 80°C; Expan- zahl thermischer Behandlungen unterzo- dieren bis 110°C; Extrudieren bis gen wie z.B. das Toasten von Sojabohnen 130°C). und Sojaextraktionsschrot, Rapsprodukten, Erbsen und Ackerbohnen; das Auto- In Fertigmischungen liegen zudem oft klavieren von Tiermehlen und Federmehl; reaktionsfördernde Bedingungen (redu- das Pasteurisieren von Fischmehl oder zierende Zucker) für Maillardreaktionen Verfahren Reaktion betroffene Aminosäuren Tabelle 8 Bearbeitungsver- Erhitzen (Trocknen, Toasten) Maillard - Reaktion Razemisierung Abbau Vernetzung (cross links) Lysin Proteinextraktion ProteinPolyphenolreaktion Lysin, Methionin, Cystin Tryptophan Alkalibehandlung Razemisierung Abbau Vernetzung Lysin, Methionin, Cystin Phenylalanin, Histidin Threonin Lagerung (Peroxidbildung) Oxidationsprodukte + Aminosäuren Methionin, Cystin, Tryptophan,Lysin fahren und mögliche Schädigung von Aminosäuren 27 Eiweiß und Aminosäuren vor. Der Einfluß dieser Bearbeitungsver- toaminosäuren ist gegenwärtig das Arbei- fahren für Einzelproteine und Mischungen ten auf Basis verdaulicher Aminosäuren íst noch wenig untersucht, insbesondere von praktischer Bedeutung. Systeme für unter dem Aspekt verallgemeinerungsfä- die Bewertung der Verfügbarkeit als phy- higer und damit vorhersagbarer Auswir- siologisch wirksame Aminosäuren beste- kungen. hen in Ansätzen und dürften zukünftig im Mittelpunkt der Forschungsarbeiten ste- 2.3.3 Grenzen der Bewertungssysteme hen. Für Getreide und nicht hitzegeschädigte Die Aminosäurenverfügbarkeit kann wie Proteinträger ist die Verfügbarkeit mit der gezeigt in verschiedenen Kategorien abge- Verdaulichkeit weitgehend erklärt. Für schätzt werden. Abgesehen von der thermisch behandelte Proteine stehen in- Rationsformulierung auf Basis der Brut- vitro Verfügbarkeitstests für Korrekturen Abbildung 6 Tägliche Lebend(van Barneveld et al. 1991) massezunahme von Schweinen 600 — formuliert mit 0,36 g ileal verdaulichem Lysin / MJ verdauliche Energie und thermisch behandelten Erbsen Lebendmassezunahme (g/d) (g/d) – Rationen 500 — 400 — 300 — 200 — 489 482 477 450 314 unbehandelt 100ºC 135ºC 150ºC 165ºC 100 — 0 Behandlungstemperatur 28 Eiweiß und Aminosäuren zur Verfügung (Carpentertest), jedoch 2.4 Analytik ohne breite Anwendung in der Futtermittelindustrie. Die Kenntnis der quantitativen Aminosäurenzusammensetzung der Futtermittel Die Abbaurate auch essentieller Amino- ist eine der wichtigsten Voraussetzungen säuren im Stoffwechsel (Katabolisierung) für die Formulierung bedarfsgerechter entzieht sich heute noch weitgehend unse- Mischfutter. Die Bestimmung der Aminorer Kenntnis, ist jedoch für die genaue säurengehalte in Futtermitteln kann Abschätzung des Bedarfes an physiolo- sowohl von der Methodik als auch von gisch wirksamen Aminosäuren, beson- der Technik her als ausgereift angesehen ders für die limitierenden Aminosäuren werden. zukünftig unerläßlich. Bei der Bestimmung des AminosäurengeVersuche mit Mastschweinen (Abbildung haltes von Futtermitteln wird das Protein 6) zeigen die Grenzen der Bewertung auf durch Hydrolyse mit halbkonzentrierter der Basis verdauliche Aminosäuren. Salzsäure in die einzelnen Aminosäuren Obwohl alle Rationen mit gleichem Gehalt gespalten. Das Hydrolysat wird durch an verdaulichem Lysin formuliert wurden, Ionenaustauschchromatographie mit fällt mit zunehmender Intensität der Hitze- einem Aminosäuren-Analysator oder behandlung die Zuwachsleistung ab. HPLC (High pressure liquid chromatography) auf den Gehalt an Aminosäuren Ziel der weiteren Forschungen muß es untersucht (s. Abbildung 7). deshalb sein, ein adäquates System zur Bewertung der Aminosäurenverfügbarkeit Hierzu wird die aus dem Eiweißhydrolysat zu entwickeln, das auch unter den Bedin- gewonnene Meßlösung im Aminosäuren- gungen moderner Futtermittelbearbei- Analysator auf eine Trennsäule mit Katio- tungsverfahren zuverlässige Voraussagen nenaustauscherharz gegeben und diese liefert. Eine Beschränkung der Betrach- mit verschiedenen Puffern bei variabler tung auf die Ebene Verdauung/Resorption Temperatur gespült. Dadurch treten die wird diesem Anspruch künftig nicht genü- Aminosäuren aus der Analysensäule nachgen. einander getrennt aus. Sie werden dann 29 Eiweiß und Aminosäuren Abbildung 7 Aminosäuren-Analysator Schematischer Aufbau eines Puffer-Lösungen AminosäurenAnalysators A B C D E Ninhydrin Chromatogramm F PC-Integration Injektion Vorsäule Probengeber Kationenaustauscher Säule Photometer 440 nm 570 nm Pumpe Reaktionsschleife, 130ºC im Gerät mit dem Farbreagenz Ninhydrin Für die schwefelhaltigen Aminosäuren gemischt und in einer Reaktionsschleife Methionin und Cystin ist zunächst eine bei 130° C zu einer spezifisch blauviolet- Oxidation dieser Aminosäuren notwendig, ten oder gelben Farbe umgesetzt. Die um sie vor einem teilweisen Abbau wäh- Intensität der gebildeten Farbe (Peak) wird rend der Hydrolyse zu schützen. Die Oxiphotometrisch gemessen, mittels eines dation der schwefelhaltigen Amino- Rechners die Peakfläche ermittelt und das säuren erfolgt mit Perameisensäure, Chromatogramm ausgedruckt. Die Peak- wobei aus Methionin das Methioninsul- fläche entspricht dem Gehalt an der jewei- fon und aus Cystin zwei Moleküle Cystligen Aminosäure. Dieser selektive Nach- einsäure entstehen. weis ermöglicht eine genaue, interferenzfreie, quantitative Untersuchung von Fut- Tryptophan muß separat nach alkalischer tereiweiß auf seine Aminosäurenzusam- Hydrolyse bestimmt werden, da es bei der mensetzung. sauren Hydrolyse mit Salzsäure zerstört wird. Für den Nachweis stehen verschiedene Methoden zur Verfügung. 30 Eiweiß und Aminosäuren Abbildung 8 Chromatogramm einer Aminosäurenbestimmung Die Reproduzierbarkeit der Aminosäuren- Kapitel 4.5) werden mit einem wässrigen bestimmung innerhalb eines Laboratori- Extraktionsmittel aus dem Futter freige- ums sollte im Schwankungsbereich ± 3 - setzt und anschließend mit HPLC quanti- 4 % liegen. In den vergangenen Jahren tativ bestimmt. wurde die Aminosäurenanalytik für Fut- Seit einigen Jahren wird mit Erfolg daran termittel sowohl innerhalb der Europäi- gearbeitet, Aminosäurengehalte in Futter- schen Union (EU) als auch in den USA rohstoffen (Einzelfuttermitteln) mit der standardisiert. Nahinfrarot-Reflexionsspektroskopie Der Anteil an zugesetzten Aminosäuren wie (NIR) zu ermitteln. Diese Methode wird DL-Methionin, L-Lysin•HCl, Threonin und schon seit Jahren bei Futterherstellern zur Tryptophan kann in einfacher Weise Bestimmung des Feuchte-, Rohprotein-, bestimmt werden, indem eine Mischfutter- Fett- und Fasergehaltes sowie anderer probe mit verdünnter Salzsäure bei Raum- Futterbestandteile eingesetzt. Der Vorteil temperatur extrahiert und der Extrakt dieser Methode liegt darin, daß anschließend ebenfalls mittels Ionenaus- innerhalb von Minuten das Ergebnis tauschchromatographie am Aminosäuren- ermittelt wird und außer Vermahlen der analysator bzw. HPLC untersucht wird. Probe keine Vorbereitung oder Reagen- Methionin-Hydroxy-Analoge Säuren (s. zien benötigt werden. 31 Eiweiß und Aminosäuren Die NIR-Methode basiert auf einer futtern ist besonders darauf zu achten, umfangreichen Kalibrierung mit Proben, welche Bezugsgrößen den Aminosäuren- deren Nährstoffgehalte mittels Referenz- angaben zugrunde liegen; bzw. auf wel- Methoden ermittelt wurden. Für Rohstoffe cher Bewertungsebene die Angabe erfolgt pflanzlicher und tierischer Herkunft (z. B. (Brutto-, scheinbar, wahr verdauliche Soja, Weizen, Fleisch-knochenmehl) Aminosäuren): konnten bereits NIR-Kalibrierungen für die Aminosäurengehalte erstellt werden. Darüber hinaus lassen sich mittels NIR auch Gehalte an verdaulichen Aminosäuren abschätzen. Analysen von Mischfutter auf supplementierte Aminosäuren gelingen mit NIR nicht. Dennoch hilft die Methode den Rohstoffeinsatz zu optimieren. ! Gehalt im Rohstoff (in % oder in g/kg) ! Gehalt in der Trockensubstanz des Rohstoffes (in % oder in g/kg) ! Gehalt in % des Rohproteins Die in den Tabellen 9 - 11 angeführten Werte beziehen sich auf einen definierten Trockensubstanzgehalt. Abweichende 2.5 Aminosäurengehalte in Futtermitteln Jeder Rohstoff zeichnet sich durch ein Aminosäurenmuster aus, das je nach Herkunft deutlichen Schwankungen unterliegen kann. Deshalb ist bei der Verwendung von Tabellenwerten zu berücksichtigen, daß es sich bei den angegebenen Gehalten um Durchschnittswerte handelt und das die Gehalte einzelner Aminosäuren in den Rohstoffen deutlich von den Tabellenwerten abweichen können. Bei Verwendung der verschiedenen Tabellen für die Formulierung von Misch- 32 Trockensubstanzgehalte sind bei der Rezepturgestaltung zu berücksichtigen. Für die praktische Rationsberechnung ist die Rohproteinangabe von Bedeutung. Weicht der Tabellenwert vom analysierten Gehalt ab, so verschiebt sich auch der Aminosäurengehalt in die gleiche Richtung. Um die bedarfsgerechte Aminosäurenversorgung der Tiere zu gewährleisten, wird bei der Futteroptimierung immer häufiger mit den ileal verdaulichen Aminosäuren gerechnet. In den nachfolgenden Tabellen sind daher auch die wahren, ileal verdaulichen Aminosäuren für einige Rohstoffe angegeben. Eiweiß und Aminosäuren TS Ackerbohne 88 Bierhefe, getrocknet 88 CCM 55 Futtererbsen 88 Gerste 88 Hafer 88 Kokosschrot, extr. 88 Leinsamenschrot, extr. 89 Luzernegrünmehl 88 Mais 88 Maiskeimschrot 88 Maiskleber 88 Maiskleberfutter 88 Malzkeime 92 Rapsschrot, extr. 88 Roggen 88 Sojaschrot, extr. 44 % 88 Sojaschrot, extr. 48 % 88 Sonnenblumenschrot 90 Tapioka 88 Trockenschnitzel 88 Weizen 88 Weizenkleie 88 Weizenfuttermehl 88 Blutmehl 91 Federmehl 91 Fischmehl 55 % 91 Fischmehl 65 % 91 Tiermehl 88 Fleischknochenmehl 50 % 91 Fleischknochenmehl 55 % 91 Fleischmehl 50 % 91 Fleischmehl 55 % 91 Geflügelabfallmehl 91 Magermilchpulver 93 Molkenpulver 93 Molkenpulver, teilentz. 93 RP 25,0 50,5 5,7 20,0 10,5 12,6 18,5 34,0 17,0 8,5 11,2 60,5 19,0 26,0 34,8 9,6 44,0 47,6 36,2 3,3 9,4 12,7 15,7 15,9 88,8 83,5 56,3 64,8 54,7 49,1 53,0 48,8 53,6 57,7 35,8 11,8 23,9 Lys 1,57 3,43 0,15 1,46 0,38 0,53 0,47 1,19 0,74 0,25 0,47 1,02 0,58 1,20 1,95 0,39 2,75 2,98 1,29 0,12 0,39 0,34 0,65 0,57 7,69 2,12 4,10 4,81 2,98 2,51 2,82 2,44 2,70 3,32 2,76 0,87 1,80 Thr 0,90 2,42 0,20 0,78 0,36 0,44 0,57 1,23 0,70 0,31 0,44 2,08 0,68 0,87 1,53 0,34 1,76 1,89 1,35 0,11 0,31 0,37 0,53 0,51 3,85 3,98 2,31 2,64 2,01 1,59 1,79 1,63 1,88 2,18 1,58 0,70 1,33 Met 0,19 0,81 0,11 0,21 0,18 0,22 0,28 0,60 0,25 0,18 0,20 1,43 0,32 0,35 0,71 0,17 0,64 0,69 0,84 0,04 0,11 0,20 0,25 0,26 1,03 0,58 1,53 1,77 0,80 0,68 0,78 0,68 0,75 1,11 0,89 0,16 0,34 M+C 0,50 1,34 0,23 0,53 0,42 0,58 0,58 1,19 0,43 0,37 0,43 2,52 0,72 0,66 1,59 0,42 1,31 1,40 1,48 0,09 0,21 0,48 0,57 0,58 2,17 4,91 2,08 2,43 1,47 1,18 1,33 1,24 1,46 1,76 1,17 0,40 0,81 Try 0,22 0,57 0,04 0,19 0,12 0,14 0,14 0,50 0,24 0,06 0,10 0,31 0,11 0,20 0,45 0,09 0,57 0,61 0,43 0,04 0,07 0,15 0,25 0,20 1,42 0,56 0,53 0,66 0,43 0,28 0,35 0,30 0,35 0,48 0,49 0,17 0,37 Tabelle 9 Aminosäurengehalte in Futtermitteln in % 33 Eiweiß und Aminosäuren Tabelle 10 Wahr ileal verdauliche Aminosäurengehalte in Futtermitteln in % (Schwein) 34 TS Ackerbohne 88 Futtererbsen 88 Gerste 88 Hafer 88 Luzernegrünmehl 88 Mais 88 Maiskeimschrot 88 Maiskleber 88 Maiskleberfutter 88 Rapsschrot, extr. 88 Roggen 88 Sojaschrot, extr. 44 % 88 Sojaschrot, extr. 48 % 88 Sonnenblumenschrot 90 Tapioka 88 Weizen 88 Weizenkleie 88 Blutmehl 91 Federmehl 91 Fischmehl 60 % 91 Fischmehl 65 % 91 Fleischknochenmehl 50 % 91 Fleischknochenmehl 55 % 91 Fleischmehl 50 % 91 Fleischmehl 55 % 91 Geflügelabfallmehl 91 Magermilchpulver 93 RP 28,5 20,0 10,0 10,5 17,0 9,0 11,2 62,0 20,0 35,5 9,6 44,0 47,6 34,0 2,5 11,5 15,7 85,0 83,5 59,0 64,8 49,1 53,0 48,8 53,6 57,7 35,0 Lys 1,59 1,12 0,29 0,32 0,36 0,20 0,27 0,90 0,45 1,51 0,27 2,40 2,76 0,94 0,05 0,26 0,47 7,37 1,00 4,20 4,70 2,01 2,35 1,95 2,15 2,69 2,76 Thr 0,88 0,58 0,27 0,23 0,39 0,27 0,29 1,88 0,53 1,16 0,24 1,44 1,70 1,00 0,06 0,28 0,36 3,41 2,91 2,20 2,50 1,34 1,53 1,26 1,46 1,55 1,32 Met 0,18 0,16 0,14 0,14 0,15 0,17 0,16 1,39 0,31 0,66 0,12 0,54 0,62 0,64 0,03 0,16 0,18 0,85 0,33 1,40 1,70 0,49 0,54 0,57 0,63 0,87 0,78 M+C 0,38 0,39 0,32 0,37 0,17 0,34 0,31 2,32 0,55 1,38 0,31 1,06 1,24 1,08 0,05 0,42 0,43 1,50 2,82 1,90 2,20 0,90 1,06 0,81 0,95 1,30 1,02 Try 0,19 0,13 0,09 0,10 0,12 0,06 0,07 0,27 0,10 0,34 0,06 0,48 0,59 0,35 0,01 0,12 0,15 0,95 0,26 0,45 0,61 0,16 0,17 0,22 0,25 0,35 0,42 Eiweiß und Aminosäuren Ackerbohne Futtererbsen Gerste Hafer Luzernegrünmehl Mais Maiskleber Maiskleberfutter Rapsschrot, extr. Roggen Sojaschrot, extr. 44 % Sojaschrot, extr. 48 % Sonnenblumenschrot Tapioka Weizen Weizenkleie Weizenfuttermehl Blutmehl Federmehl Fischmehl 56 % Fischmehl 65 % Fleischknochenmehl 42 % Fleischknochenmehl 48 % Fleischmehl 47 % Fleischmehl 54 % Geflügelabfallmehl Geflügelabfallmehl, federr. TS 88 88 88 88 88 88 88 88 88 88 88 88 90 88 88 88 88 91 91 91 91 91 91 91 91 91 91 RP 25,0 20,0 10,5 12,6 17,0 8,5 60,5 19,0 34,8 9,6 44,0 47,6 36,2 3,3 12,7 15,7 15,9 88,8 83,5 56,3 64,8 42,9 48,1 47,1 53,7 57,7 56,7 Lys 1,43 1,38 0,30 0,47 0,44 0,23 0,92 0,42 1,56 0,31 2,48 2,68 1,04 0,09 0,31 0,47 0,47 6,85 1,29 3,65 4,46 1,59 1,84 1,86 2,13 2,66 1,46 Thr 0,79 0,66 0,27 0,37 0,48 0,27 1,93 0,52 1,22 0,27 1,57 1,68 1,09 0,08 0,32 0,38 0,38 3,39 2,71 2,08 2,46 0,95 1,16 1,23 1,50 1,68 1,91 Met 0,15 0,17 0,14 0,19 0,18 0,17 1,39 0,27 0,63 0,13 0,59 0,63 0,72 0,03 0,18 0,19 0,20 0,94 0,44 1,38 1,66 0,45 0,53 0,55 0,64 0,92 0,47 M+C 0,39 0,39 0,34 0,48 0,25 0,33 2,34 0,53 1,29 0,34 1,16 1,24 1,20 0,07 0,44 0,42 0,47 1,80 2,75 1,81 2,11 0,63 0,82 0,81 1,02 1,32 1,90 Tabelle 11 Wahr verdauliche Aminosäurengehalte in Futtermitteln in % (Geflügel) 35 3. Aminosäurenbedarf 3.1 Broilermast Vom Futterprotein steht nur der im Darm absorbierbare (verdauliche) Anteil der Aminosäuren dem Stoffwechsel zur Ver- Die Energiegehalte in Broilermastfuttern fügung, der Rest wird als Kotbestandteil variieren von Land zu Land erheblich. ausgeschieden. Unterschiedliche Futter- Auch die in den einzelnen Mastabschnit- mittel können, obwohl sie den gleichen ten verwendeten Mischfutter und deren Gehalt an Aminosäuren haben, verschie- Einsatzdauer werden von der unterschied- dene Aminosäurenverdaulichkeiten auflichen Rohstoffbasis der Länder beein- weisen und damit in ihrem »Wert« als flußt. Schließlich differieren die Mastend- Aminosäurenlieferant für den Organismus gewichte aufgrund der Verbraucherwün- deutlich differieren. Um diesem Faktor sche. In jedem Fall müssen bei hohen Rechnung zu tragen und den Wert des Energiekonzentrationen in Geflügelmast- Aminosäurengehaltes eines Futtermittels futtern (ausgedrückt in Megajoule N- für den Organismus zu präzisieren, wur- korrigierter umsetzbarer Energie [abge- den in den vergangenen Jahren verstärkt kürzt: MJ ME N-korr]) entsprechend hohe Versorgungsempfehlungen auf der Basis Aminosäurengehalte eingestellt werden, verdaulicher Aminosäuren erstellt und da die Tiere bei hohem Energiegehalt in auch Futtermischungen auf dieser Grund- der Ration die Futteraufnahme reduzieren. lage formuliert. Somit muß der Gehalt an Aminosäuren im Futter erhöht werden, damit die abso- 3.2 Legehennen (inkl. Aufzucht) lute Aminosäurenaufnahme nicht sinkt. In der nachfolgenden Tabelle 12 sind die Mit leistungsfähigen Legehybriden wer- Versorgungsempfehlungen für die übli- den heute auch unter Praxisbedingungen cherweise in drei Mastabschnitte unter- zur Zeit der Leistungsspitze durchschnitt- teilte Broilermast dargestellt. Aus den liche Legeleistungen von 95 % erreicht vorgenannten Gründen werden in der und überschritten. In diesen Beständen Tabelle neben den Gehalten im Futter (%) variieren die individuellen Leistungen der bei vorgegebenem Energiegehalt auch die Einzelhennen erheblich. Eine suboptimale benötigten Aminosäurenmengen (g) pro Versorgung mit Nähr- oder Wirkstoffen Energieeinheit (MJ ME) angegeben. beeinträchtigt deshalb primär die Leistung der besten Einzeltiere. Daher sollte 36 Tabelle 12 Aminosäurenbedarf Empfehlungen für den Gehalt an verdaulichen Aminosäuren im Alleinfutter für Broiler Empfehlungen für den Gehalt an Empfehlungen für den Gehalt Aminosäuren an verdaulichen Aminosäuren Futtertyp Abschnitt Energiegehalt Basis MEn (Lebenswoche) Starterfutter Mastfutter I Mastfutter II Starterfutter Mastfutter I Mastfutter II 1. - 3. 4. - 7. ab 7. 1. - 3. 4. - 7. ab 7. Roh- Lys protein (%) (MJ/kg) (kcal/kg) (%) 13,2 3150 21,0 1,24 13,4 3200 20,0 1,12 13,6 3250 18,0 0,98 0,94 Aminosäuren (g/MJ ME) 0,84 0,72 Met (%) 0,56 0,52 0,43 0,43 0,39 0,32 Met +Cys (%) 0,96 0,92 0,82 0,73 0,69 0,60 Thr Trp Lys Met (%) 0,77 0,70 0,65 0,58 0,52 0,48 (%) 0,22 0,20 0,18 0,16 0,14 0,13 (%) 1,09 0,99 0,86 0,83 0,74 0,63 (%) 0,52 0,48 0,40 0,40 0,36 0,29 Met +Cys (%) 0,84 0,81 0,72 0,64 0,61 0,53 Thr (%) 0,65 0,59 0,55 0,49 0,44 0,40 Grundlagen: Futter mit 88 % Trockenmasse; ad libitum Fütterung; N-korrigierte Umsetzbare Energie Tabelle 13 sich die Gestaltung der Futterrezeptur mit etwa von der 21. bis zur 42. Lebenswoche Empfehlungen zur allen essentiellen Bestandteilen - hierzu (s. Tabelle 13) an den Tieren mit der höch- Versorgung von gehören vor allem die Aminosäuren - sten Leistung ausrichten. Legehennen mit Aminosäuren besonders zur Zeit der Leistungsspitze Empfehlungen zur Versorgung mit Aminosäuren Futtertyp Abschnitt Energie- Futter/ Roh- Lys Met (Lebens- gehalt Tag protein woche) (MJ ME /kg) (g) (%) (%) (%) Kükenaufzuchtfutter 1. - 6. 13,2 Junghennenfutter I 7. - 12. 13,4 Junghennenfutter II 13. - 20. 13,6 Legefutter für leichte Hennen ab 21. 12,1 für mittelschwere Hennen ab 21. 11,9 Empfehlungen zur Versorgung mit verdaulichen Aminosäuren Met Thr Trp Lys +Cys (%) (%) (%) (%) Met Thr (%) Met +Cys (%) (%) 7-40 18,5 0,86 0,39 0,76 0,59 0,16 0,76 0,36 0,67 0,50 40-60 15,0 0,70 0,33 0,65 0,48 0,13 0,62 0,30 0,57 0,40 60-80 13,0 0,60 0,30 0,57 0,41 0,12 0,53 0,28 0,50 0,34 105 16,0 0,84 0,40 0,74 0,55 0,15 0,74 0,37 0,65 0,46 115 15,0 0,77 0,37 880 420 0,61 780 0,50 0,14 0,68 575 160 770 0,34 390 0,60 690 0,42 480 Aminosäurenbedarf in mg/Henne/Tag ab 21. Lebenswoche Grundlagen: Futter mit 88 % Trockenmasse; ad libitum Fütterung; N-korrigierte Umsetzbare Energie 37 38 0,27 1,16 3,36 6,10 8,38 0,30 1,31 4,02 7,92 11,92 15,82 11,7 11,9 12,2 12,8 13,1 13,5 11,7 33 128 188 360 490 590 Zucht 21 73 164 277 307 11,5 1-2 3-5 6-9 10 - 13 14 - 17 18 - 22 1 2 3 4 5 6 Gewicht der EnergiePuten am Ende gehalt der Periode (kg) des Futters weibl. männl. weibl. männl. (MJ ME/kg) Futteraufnahme (g/Tag) Aufzucht Mastwoche Mast periode für Puten an Aminosäuren im Alleinfutter Empfehlungen für den Gehalt Tabelle 14 16,5 15,0 29,0 27,0 24,0 21,0 18,0 15,0 0,75 0,65 1,85 1,75 1,50 1,30 1,10 0,96 Rohproteingehalt d. Lys Futters (%) (%) 0,37 0,32 0,65 0,60 0,58 0,52 0,46 0,40 0,68 0,60 1,11 1,07 1,00 0,89 0,78 0,68 0,58 0,50 1,10 1,02 0,92 0,85 0,68 0,61 0,15 0,14 0,32 0,28 0,26 0,22 0,18 0,16 Empfehlungen zur Versorgung mit Aminosäuren Met Met+ Thr Trp Cys (%) (%) (%) (%) 0,66 0,57 1,58 1,41 1,23 1,01 0,88 0,75 0,34 0,29 0,60 0,56 0,52 0,44 0,40 0,36 0,60 0,53 1,01 0,93 0,84 0,71 0,63 0,55 0,49 0,24 0,89 0,80 0,71 0,58 0,51 0,44 Empfehlungen zur Versorgung mit verdaulichen Aminosäuren Lys Met Met+ Thr Cys (%) (%) (%) (%) Aminosäurenbedarf Aminosäurenbedarf 3.3 Putenzucht und -mast 3.4 Wassergeflügel Puten haben einen höheren Proteinbedarf als Broiler. Die Energiegehalte der Puten- Zu Enten und Gänsen liegen nur wenige mastrationen sind – international gesehen Literaturangaben über den Aminosäuren– wenig einheitlich. Das gilt vor allem für bedarf dieser beiden Tierarten vor. Von die späteren Mastabschnitte. größerer Bedeutung sind sie vor allem im asiatischen Raum, aber auch in Osteuropa Die Mastdauer der Puten ist unterschied- findet man größere Tierbestände. Die lich. Sie hängt insbesondere davon ab, nachfolgende Tabelle 15 gibt Auskunft ob ein schwerer oder leichter Typ gemäs- über den Aminosäurenbedarf dieser tet wird. Auch das Geschlecht spielt eine Geflügelarten. Rolle. So werden weibliche Tiere kürzer gemästet als männliche. Dementsprechend unterschiedlich ist auch das Mastendgewicht (s. Tabelle 14). Die hohe Wachstumsgeschwindigkeit der Tiere setzt eine entsprechend hohe Aminosäurenversorgung voraus. Tierart und Kategorie Lebens- Umsetzbare Rohprotein- Lys woche Energie gehalt (%) (%) Met (%) Met+Cys (%) Thr (%) Tabelle 15 Empfehlungen für den Gehalt an wahr Mastenten Mastenten Aufzuchtenten Zuchtenten Mastgänse Mastgänse Zuchtgänse 1-3 3-8 ab 8. 1-5 ab 5. 2900 2950 2900 2400 2900 2950 2900 20 16 14 14 20 15 14 1,1 0,94 0,72 0,71 1,10 0,82 0,71 0,48 0,38 0,28 0,27 0,40 0,38 0,32 0,83 0,66 0,51 0,49 0,70 0,66 0,55 0,62 0,53 0,42 0,41 0,62 0,52 0,45 verdaulichen Aminosäuren im Alleinfutter für Enten und Gänse 39 Aminosäurenbedarf 3.5 Ferkelproduktion und Schweinemast In der Tabelle 16 sind »Mastkenndaten« für unterschiedliche Gewichtsabschnitte dargestellt. Den Empfehlungen zur Nährs- Im Verlauf der Mast ändert sich der Ener- toff- und Energieversorgung wird eine gie- und Nährstoffbedarf der Schweine mittlere tägliche Zunahme von 750 g sowie die tägliche Futteraufnahme erheb- unterstellt. lich. Der Protein- und Aminosäurenbedarf ist beim wachsenden Schwein vom Lei- Die in der Praxis verwendeten Mischfut- stungsniveau abhängig. Deshalb sind die tertypen werden über unterschiedlich Gehalte im Ferkel-/Schweinemastfutter lange Gewichtsabschnitte eingesetzt. Vor anzupassen an: allem bedingt durch den steigenden Fut- ! das angestrebte Niveau der Tageszunahmen Tabelle 16 Nährstoffansprüche von Mastschweinen in den einzelnen Gewichtsabschnit- ! den Energiegehalt der Ration ! die tägliche Futteraufnahme, bzw. den Grad der Futterrestriktion terverzehr und den relativ sinkenden Eiweißansatz mit zunehmendem Gewicht sinken im Mastverlauf Protein- und Aminosäurengehalt in der Futterration. In Abbildung 9 ist der Lysinbedarf kurvenmäßig dargestellt. Der Lysinbedarf, aus- ten Gewichtsbereich bis 5 5 - 15 15 - 25 25 - 35 35 - 45 45 - 55 55 - 65 65 - 75 75 - 85 85 - 95 95 - 105 Ø 5 - 105 Ø 20 - 105 40 Dauer in Tagen Futteraufnahme/ Zunahme/ Futterverwertung ME (MJ) Bedarf/Tag an Lys Tag i. d. Periode Tag in der Periode Rohprotein (kg) (g) (kg) (g) (g) 21,0 ca. 0,2 240 Sauenmilch plus Ergänzungsfutter 30,0 ca. 0,5 333 1,50 Sauenmilch plus Ergänzungsfutter 20,0 1,10 500 2,20 12 - 13 200 13,8 15,6 1,54 645 2,39 18 - 19 260 16,2 13,7 1,90 728 2,60 22 - 23 300 18,4 12,8 2,20 782 2,81 25 - 26 330 20,5 12,3 2,45 813 3,02 29 - 30 360 21,3 12,2 2,66 824 3,23 32 - 34 380 22,1 12,2 2,84 819 3,46 34 - 36 370 22,2 12,5 2,99 799 3,74 36 - 38 360 21,8 13,0 3,11 768 4,06 38 - 40 340 20,2 2,89 111 750 3,00 Aminosäurenbedarf Abbildung 9 % Lys in % Lys in der der Ration Ration 1,8 1.7 1,7 1.6 1.5 1,6 1.4 1,5 1.3 1,4 1.2 1,3 1.1 1,2 1.0 1,1 0.9 1,0 0.8 0,9 0.7 0,8 0.6 0,7 0.5 0,6 0 0,5 0 Lysinbedarf wach- Saugferkelfutter sender Schweine Saugferkelfutter in % der Ration im Vergleich zum Gehalt im Mischfutter Ferkelaufzuchtfutter I Ferkelaufzuchtfutter I Ferkelaufzuchtfutter II Schweinemastfutter I Ferkelaufzuchtfutter II Schweinemastfutter II Schweinemastfutter I Schweinemastfutter IISchweinemastfutter III Schweinemastfutter III 10 20 30 20 40 50 60 70 40 kg Lebendgewicht 60 80 kg Lebendgewicht 80 90 100 110 100 gedrückt als Prozent der Ration, nimmt die gesamte Mastperiode wird dem sich mit zunehmendem Gewicht der Tiere ab. ändernden Nährstoffbedarf der Tiere nicht Der schwächere Abfall zwischen 50 und gerecht und ist auch hinsichtlich der 70 kg Lebendgewicht korrespondiert mit damit einhergehenden hohen Sticks- der Periode des höchsten Fleischansat- toff(N)-Auscheidung nicht mehr zeitge- zes. Die Gehalte in einem Mischfutter mäß. Zudem ist diese Fütterungsstrategie müssen diesen Gegebenheiten angepaßt in Zeiten hoher Proteinpreise auch aus werden und so ausgerichtet sein, daß sie ökonomischer Sicht abzulehnen. Im Ver- zu Beginn den täglichen Bedarf weitge- gleich zur Universalmast kann mit Hilfe hend decken, ohne daß es zum Schluß zu der Phasenfütterung, bei der die Nährs- einer übermäßigen »Nährstoffverver- toffgehalte der Rationen dem unterschied- schwendung« kommt. lichen Bedarf sowie der unterschiedlichen Futteraufnahme in den einzelnen Mastab- Der in der Vergangenheit häufiger prakti- schnitten angepaßt werden, eine Reduzie- zierte Einsatz eines Universalfutters über rung der N-Ausscheidung von über 20 % 41 Aminosäurenbedarf erreicht werden. Sie lassen sich um wei- Wie aus den Tabellen ersichtlich ist, wer- tere 20 % absenken, wenn innerhalb der den in der Anfangsmast höhere Energie- Phasen der Rohproteingehalt reduziert gehalte im Futter empfohlen als in den wird. Dies ist unter Berücksichtigung des späteren Mastphasen. Grund hierfür ist Idealen Proteins, welches das relative das limitierte Futteraufnahmevermögen Verhältnis der Aminosäuren zu Lysin beim jungen Schwein, das eine für opti- angibt, möglich. malen Fleischansatz bedarfsdeckende Energieversorgung nur bei hohen Ener- Da bei proteinreduzierten Rationen weni- giegehalt des Futters ermöglicht. Dage- ger Energie zum Abbau von überschüssi- gen stellt das Futteraufnahmevermögen in gem Protein benötigt wird, muß die Ener- den späteren Mastabschnitten meist nicht gieaufnahme des Tieres angepaßt werden, mehr den begrenzenden Faktor für den um gleiche Schlachtkörperqualität zu erreichen. Da im System der umsetzbaren Energie proteinarme Rationen energetisch unterbewertet werden, sollte bei stark reduzierten Rationen auf der Basis der Nettoenergie formuliert werden. Empfehlungen für die Gehalte an Aminosäuren im Alleinfutter für Schweine sind in der Tabelle 18 aufgeführt. Die genannten Zahlen dienen als Anhaltspunkte für ein Zunahmeniveau, das der breiteren Praxis gerecht wird und müssen gegebenenfalls an das vorhandene Tiermaterial und Umweltbedingungen angepaßt werden. 42 Fleischansatz dar. Tragende Sauen Säugende Sauen Saugferkelfutter Ferkelaufzuchtfutter I Ferkelaufzuchtfutter II Schweinemastfutter I Schweinemastfutter II Schweinemastfutter III 1. - 12. – 2. - 5. 4. - 10. 8. - 12. 11. - 14. 15. - 20. 21. - 25. – 3,5 - 8 7 - 20 15 - 35 25- 40 40 - 70 70 - 105 750 800 600 550 400 200 – – 12,8 13,0 13,2 13,0 13,3 13,5 13,2 12,0 Alters-bzw. tägliche MJ ME/ Trächtigkeits- Zunahme kg abschnitt (g) (von-bis in Wochen) – Gewichtsabschnitt (von-bis) kg futtern für Schweine 12,5 14,5 16,0 16,5 17,5 20,0 16,5 12,5 Rohprotein (%) (%) (%) 0,80 0,26 0,90 0,31 1,05 0,35 1,15 0,38 1,40 0,42 1,75 0,53 1,00 0,35 0,70 0,23 Met Lys 0,52 0,62 0,65 0,71 0,84 1,05 0,62 0,42 Met+ Cys (%) 0,56 0,67 0,70 0,77 0,91 1,14 0,60 0,42 (%) Thr Empfehlungen für den Gehalt an Aminosäuren in Alleinfutter für Schweine 0,16 0,19 0,20 0,22 0,25 0,32 0,17 0,14 (%) Trp 0,68 0,81 0,89 0,98 1,19 1,49 0,74 0,57 (%) Lys 0,22 0,27 0,29 0,32 0,36 0,45 0,30 0,19 (%) Met 0,44 0,52 0,55 0,61 0,71 0,89 0,50 0,34 0,48 0,57 0,60 0,65 0,77 0,97 0,47 ,034 Met+ Thr Cys (%) (%) 0,14 0,16 0,17 0,19 0,21 0,27 0,13 0,11 (%) Trp Empfehlungen für den Gehalt an ileal verdaulichen Aminosäuren in Alleinfuttern für Schweine - Schweineherkünfte mit gutem Proteinansatzvermögen - bei unterschiedlichem Zunahmeniveau sind die Energiekonzentrationen in der Ration oder der Grad der Futterrestriktion variable Größen - Alleinfuttermittel mit 88 % TM, ca. 13 MJ ME/kg Futter - Mast von Börgen und Sauen erfolgt nicht getrennt Empfehlungen für den Gehalt an Aminosäuren in Allein- Grundlagen: Tabelle 17 Aminosäurenbedarf Aminosäurenbedarf 3.6 Kälberaufzucht und Kälbermast erfolgt (Frühentwöhnung), desto schneller gehen die Anforderungen an die Eiweißqualität zurück. In den ersten In der Kälberaufzucht wird folgendes Lebenswochen ist ein kaseinhaltiger Zunahmeniveau angestrebt: Milchaustauscher von Vorteil. 1. - 8. Lebenswoche 700 - 800 g/Tag Ab der 5. Lebenswoche genügt ein Milch- 1. - 12. Lebenswoche 750 - 900 g/Tag austauschfutter, dessen Aminosäuren In der 4. bis 7. Lebenswoche liegt der hauptsächlich aus Molken- und Sojapro- höchste Verbrauch an Milchaustauscher- tein stammen. Im allgemeinen benötigen tränke, die auf 6 - 8 Liter pro Tag mit Milchaustauschfutter mit niedrigen einer Konzentration von 100 - 125 g Magermilchpulveranteilen eine Zulage an Milchaustauschfutter pro Liter Tränke Methionin und Lysin. limitiert wird. In der Kälbermast liegt das durchschnittDie spätestens in der 3. Lebenswoche liche Zunahmenniveau in der 1. - 8. beginnende Zufütterung von Kälberstarter Lebenswoche bei 1200 g und in der 9. - bzw. Kälberaufzuchtfutter und von gutem 16. Lebenswoche bei 1400 g. Die hohen Heu zur frühzeitigen Anregung der Pan- Zunahmen sind durch kontinuierlich senfunktion senkt den Gehalt an Rohpro- gesteigerte Tränkemengen und Tränke- tein und essentiellen Aminosäuren in der konzentrationen zu erreichen. Im zweiten Gesamtration deutlich ab. Gleichzeitig Mastabschnitt werden häufig besonders übernimmt das im Pansen gebildete Bak- fettreiche Tränken mit niedrigerem terienprotein einen steigenden Anteil an Eiweiß- und Aminosäurengehalt angebo- der Bedarfsdeckung. ten. Der fließende und individuell gehaltene Übergang von der reinen Milch- bzw. Milchaustauscherernährung zu einer wiederkäuergemäßen Ration ermöglicht deshalb die Verwendung von Milchaustauschfuttern unterschiedlicher Qualitätsund Preisstufen. Je früher die Entwöhnung von der Milchaustauschertränke 44 Aminosäurenbedarf Verfahren Futtertyp (auf Basis) Aufzucht Mast Magermilchpulver Kasein+ Molkenenweiß Molkeneiweiß +Soja Startermilch Mastmilch Altersstufe Lebenswoche Rohprotein (%) Lys (%) Met (%) Met+ Cys (%) Thr Tabelle 18 Aminosäurenemp- (%) fehlungen für Kälber (Milchaustau- 1.-12. 21 1,70 0,55 0,77 0,95 scherfutter) 1.-12. 20 1,55 0,50 0,75 0,86 5.-12. 1.-8. 40-100 kg 9.-16. 100-180 kg 20 1,45 0,48 0,72 0,78 23 1,80 0,60 0,80 1,00 19 1,50 0,50 0,70 0,83 3.7 Milchkühe Im Gegensatz zur Schweine- und Geflü- nemäßig in Rationsberechnungen einbe- gelfütterung wird für Milchkühe überwie- zogen werden. gend noch mit Rohprotein oder am Duodenum nutzbaren Rohprotein gerechnet. Limitierende Aminosäuren Dies liegt hauptsächlich daran, daß die Verdauungsvorgänge beim Wiederkäuer In zahlreichen wissenschaftlichen Unter- durch die Symbiose zwischen Wirtstier suchungen wurden bei der Milchkuh und einer Vielzahl von Mikroorganismen Methionin und Lysin am häufigsten als in den Vormägen gekennzeichnet sind limitierende Aminosäuren genannt. Grün- und somit nur ungleich schwerer einge- de hierfür sind: schätzt werden können. Mittlerweile ist es jedoch gelungen, die Aminosäurenzusammmensetzung des Futters, des Mikrobenproteins und des Milchproteins genauer zu definieren. Dies hat zur Folge, daß in einigen Ländern, beispielsweise in Frankreich und USA, Aminosäuren routi- ! Das Mikrobenprotein ist in seiner Aminosäurenzusammensetzung am besten an den qualitativen Bedarf der Milchkuh angepaßt. Die meisten Futterproteine haben einen niedrigeren Gehalt an Methionin und Lysin im 45 Aminosäurenbedarf Verhältnis zum Gesamtgehalt an essentiellen Aminosäuren als das Mikro- Aminosäurenempfehlungen für Milchkühe benprotein. Lysin hat eine geringere intestinale Verdaulichkeit als andere Bedarfsangaben zur Versorgung von Aminosäuren des nicht im Pansen Milchkühen mit Aminosäuren sind, im abgebauten Futterproteins (UDP). Vergleich zu Schweinen und Geflügel, ! Der Anteil von Lysin am Gehalt der essentiellen Aminosäuren des UDP liegt sehr häufig niedriger als im gleichen Futter vor der Pansenfermentation. Methionin und Lysin sind die limitierenden Aminosäuren im Mikrobenprotein für den Ansatz von wachsenden Rindern. noch relativ unterschiedlich. Daher wurden in Tabelle 19 Bedarfsempfehlungen zusammengestellt, die bereits seit 1993 in Frankreich praktische Anwendung finden. So hat beispielsweise eine Kuh mit einer Lebendmasse von 650 kg und einer Milchleistung von 30 kg (4 % Fett, 3,4 % Eiweiß) am Dünndarm einen Lysinbedarf von ca. 130 g und einen Methioninbedarf am Dünndarm von ca. 41 g. Besonders Methionin hat für Milchkühe unabhängig von Leistungsparametern wie Pansenstabile Aminosäuren Milchmenge oder Eiweißgehalt der Milch zusätzlich große Bedeutung im Leberstoffwechsel. Einerseits wird Methionin im Veterinärbereich bei Problemen wie mangelnder Futteraufnahme oder Störungen im Fettstoffwechsel eingesetzt. Andererseits hat sich gezeigt daß durch Infusionen von Methionin die Leberfunktion verbessert werden kann. Das Mikrobeneiweiß weist aufgrund einer günstigen Aminosäurenzusammensetzung eine hohe biologische Wertigkeit auf. Allerdings liegen besonders bei Hochleistungskühen Erfahrungen vor, nach denen das über Mikrobenprotein gebildete Methionin und Lysin nicht ausreichend für eine optimale Leistung der Milchkühe ist. Mit Hilfe der heute zur Verfügung stehenden Methoden der Rationsberechnung lassen sich solche Mangelsituationen aufdecken. Im Anschluß kann dann beipielsweise über die Gabe von pan- 46 Aminosäurenbedarf Milch 1 FCM kg/Tag 600 kg LM 2 PDI 0 10 15 20 25 30 35 40 45 395 875 1115 1355 1595 1835 2075 2315 2555 Lysin g je Tag 28 61 78 95 112 129 145 162 179 1 FCM: auf 4 % Milchfett korrigierte Milchmenge 2 PDI: Dünndarm verdauliches Protein 650 kg LM Methionin 9 19 25 30 35 40 46 51 56 2 PDI Lysin Methionin g je Tag 420 29 9 900 63 20 mit25Eiweiß 1140Überversorgung 80 1380 97 30 1620 113 36 1860 130 41 2100 147 46 2340 164 52 2580 181 57 Tabelle 19 Aminosäurenempfehlungen für Milchkühe senstabilem Methionin und/oder Lysin die Diffe- gekennzeichnet. Deshalb wirkt sich pansenstabiles renz zum Bedarf gedeckt werden. Hierdurch lassen Methionin besonders positiv auf das Wollwachs- sichLeistungsparameter wie Eiweißgehalt der Milch tum aus. oder die produzierte Menge an Milcheiweiß erhöhen. Überversorgung mit Eiweiß Pansenstabile Aminosäuren werden aber nicht nur Futterprotein wird bei Wiederkäuern überwiegend im Zusammenhang mit den klassischen Leistungs- in den Vormägen gespalten und das dabei freiwer- parametern diskutiert. Vielmehr hat sich auch dende Ammoniak als Stickstoffquelle von den Bak- gezeigt, daß speziell zusätzliche Gaben von Met- terien zur Eiweißsynthese genutzt. Übersteigt die hionin die Konzentration an Ketonkörpern (ß- Hyd- Versorgung mit Stickstoff aus Futtereiweiß oder roxybutyrat und Azeton) verringern können. Pan- NPN-Verbindungen die Kapazität des Proteinbil- senstabiles Methionin kann somit besonders im dungsvermögens in den Vormägen, muß das über- ersten Laktationsdrittel und speziell bei Hochlei- schüssige Ammoniak in der Leber zu Harnstoff stungstieren einen wichtigen Beitrag zur Verringe- synthetisiert werden. Deshalb stellt eine zu hohe rung der Ketoseproblematik leisten. Eiweißversorgung für Hochleistungskühe eine Bela- Auch bei der Ernährung von Schafen wird über stung dar. Pansenstabile Aminosäuren können vor positive Effekte von Methionin berichtet. Das Ami- diesem Hintergrund gezielt Bedarfslücken schlie- nosäurenprofil im Eiweiß der Wolle ist durch einen ßen, ohne daß die Ammoniakkonzentration im Pan- extrem hohen Anteil schwefelhaltiger Aminosäuren sen erhöht wird. 49 4. Aminosäurenergänzung in Mischfuttern Aminosäurenbedarf 3.8 Fische Fische haben bei entsprechender Wasser- Fische haben einen sehr effizienten Ntemperatur und -qualität ein extrem hohes Stoffwechsel, so das die vergleichsweise Wachstumsvermögen und eine sehr gute hohen Proteingehalte im Gegensatz zu Futterverwertung. Zur Ausschöpfung des Landtieren keine besondere Stoffwechsel- Leistungsvermögens sind hohe Protein- belastung darstellen. Jungtiere haben bzw. Aminosäurengehalte im Futter erfor- noch höhere Anforderungen an die derlich, da für Fische Protein die wich- Nährstoffdichte; deshalb liegen die Roh- tigste Energiequelle für Stoffwechselpro- protein- und Aminosäurengehalte ent- zesse darstellt. Über den Aminosäurenbe- sprechend höher. Tabelle 20 Aminosäurenemp- darf der Fische in Abhängigkeit von Art, In der modernen Fischfutterproduktion fehlungen für Alter und Leistung liegen wenig Literatur- wird der traditionelle Aminosäurenliefe- Fische angaben vor. Art Forellen Karpfen Lachs Katzenwels Aal Buntbarsch 48 Rohprotein (%) 40 30 40 24 38 28 Lys (%) 2,40 1,75 2,40 2,20 2,00 1,43 rant Fischmehl aus ökonomischen GrünAminosäuren M+C Met (%) (%) 1,30 0,65 0,90 0,45 1,30 0,65 0,60 1,20 0,90 0,75 den zunehmend durch pflanzliche ProteiThr (%) 1,35 1,20 1,35 0,5 1,5 1,05 Trp (%) 0,20 0,20 0,20 0,12 0,40 0,28 ne in Verbindung mit Aminosäuren ersetzt. 4. Aminosäurenergänzung in Mischfuttern Die Deckung des Aminosäurenbedarfes der verschiedenen landwirtschaftlichen Nutztiere ist ohne den Zusatz von Aminosäuren zum Futter nur unter erheblicher Eiweißüberversorgung möglich, da die ! Höhere Verfügbarkeit im Vergleich zu den proteingebundenen Aminosäuren ! Ausgleich von Rohstoffschwankungen sich nach dem Bedarf an limitierenden ! Hohe Nährstoffdichte. Aminosäuren und deren Gehalt in den Der Einsatz von Aminosäuren in Misch- verwendeten Futtermitteln richtet. Des- futtern sichert einen hohen Gewichtszu- halb führen solche Rezepturen zu großen wachs mit guter Futterverwertung bei Eiweißüberschüssen. Der Zusatz von insgesamt niedrigen Kosten und erlaubt Aminosäuren ist in den meisten Fällen die volle Ausschöpfung des genetischen ökonomisch, ernährungsphysiologisch Leistungspotentials der Tiere. Gleichzeitig Menge an hierfür notwendigem Eiweiß notwendig und in vielen Fällen aus Grün- wird die immer mehr in den Blickpunkt den der Umweltschonung zwingend erfor- des öffentlichen Interesses rückende derlich. Aminosäurenergänzungen brinUmweltbelastung reduziert und die Tiergen folgende Vorteile: ! Kostengünstige Deckung des limitierenden Aminosäurenbedarfes ! Reduzierung des Rohproteingehaltes gesundheit verbessert. Die wichtigsten für den Einsatz in der Tierernährung verfügbaren Aminosäuren und ihre Analoge sind im folgenden näher erläutert. der Ration ! Verminderung der N-Ausscheidung und Verringerung der Umweltbelastung ! Vermeidung von Verdauungsstörungen ! Bessere Energieausnutzung ! Vermeidung von Aminosäurenimbalanzen 49 Aminosäurenergänzung in Mischfuttern 4.1 Lysin (Lys) Allgemeines Tierische Proteine sind durchweg reich an Lysin. Von den pflanzliVorkommen chen Proteinen sind Getreidearten lysinarm, während z. B. Sojaschrot reich an Lysin ist (s. Tab. 9, 10,11). Bedeutung im Eiweißbaustein, Bestandteil von Enzymen, in praktisch allen GeStoffwechsel weben im tierischen Organismus enthalten. Besondere Bedeutung bei der Bildung kollagener Gewebe und bei der Verknöcherung. Regt als Bestandteil von Nucleotiden im Zellkern die Zellteilung an. Herstellung Fermentative Herstellung durch Mikroorganismen; Rohstoffe: Melasse, Zucker, stärkehaltige Produkte und ihre Hydrolysate sowie N-Quellen. Verwert- Die L-Aminosäure ist vollständig, die D-Form biologisch nicht barkeit verwertbar. 4.1.1 Handelsformen 4.1.1.1 L-Lysin-Monohydrochlorid (L-Lysin HCl) Beschreibung L-Lysin-Monohydrochlorid, technisch rein, L-Lysin min. 78 % in der Originalsubstanz Chemische Bezeichnung L-a e , -Diamino-n-capronsäure-monohydrochlorid Chem. Formel NH2-(CH2)4-CH (NH2)-COOH*HCl Kennzahlen 50 Molekulargewicht: 182,7 Stickstoffgehalt: 15,3% Rohproteinäquivalent: 95,8% Reinheit: min. 98,0% (entspr. 78 % L-Lysin) UE (Schwein): 17,8 MJ/kg (4250 kcal/kg) UE (Geflügel): 16,7 MJ/kg (3990 kcal/kg) Löslichkeit: 64,2 g/100 ml Wasser bei 20°C Stabilität: In Vormischungen und Mischfuttern stabil. Aminosäurenergänzung in Mischfuttern 4.1.1.2 L-Lysin-Konzentrat, flüssig Beschreibung Basisches L-Lysin-Konzentrat, flüssig aus der Fermentation von Saccharose, Melasse, Stärkeerzeugnissen und ihren Hydrolysaten L-Lysin min. 50 v. H. in der Originalsubstanz Chemische Bezeichnung L-a e , -Diamino-n-capronsäure Chem. Formel NH2-(CH2)4-CH (NH2)-COOH Kennzahlen Molekulargewicht: 146,2 Stickstoffgehalt: 10,17% Rohproteinäquivalent: 63,6% Reinheit: min.50,0% (entspr. 50 % L-Lysin) UE (Schwein): 11,7 MJ/kg (2794 kcal/kg) UE (Geflügel): 11,0 MJ/kg (2623 kcal/kg) Löslichkeit: gut mischbar mit Wasser Stabilität: In Vormischungen und Mischfuttern stabil. 4.1.1.3 L-Lysin-Monohydrochlorid-Konzentrat, flüssig Beschreibung L-Lysin-Monohydrochlorid-Konzentrat, flüssig, aus der Fermentation von Saccharose, Melasse, Stärkeerzeugnissen und ihren Hydrosolaten L-Lysin min. 22,4 v.H. in der Originalsubstanz Chemische Bezeichnung L-a e , -Diamino-n-capronsäure-monohydrochlorid Chem. Formel NH2-(CH2)4-CH (NH2)-COOH*HCl Kennzahlen Molekulargewicht: 182,7 Stickstoffgehalt: 5,0% Rohproteinäquivalent: 31,25% Reinheit: min. 22,4% (entspr. 22,4 % L-Lysin) UE (Schwein): 5,1 MJ/kg (1220 kcal/kg) UE (Geflügel): 4,8 MJ/kg (1150 kcal/kg) Löslichkeit: gut mischbar mit Wasser Stabilität: In Vormischungen und Mischfuttern stabil. 51 Aminosäurenergänzung in Mischfuttern 4.1.1.4 L-Lysin-Sulfat Beschreibung L-Lysin-Sulfat und seine Nebenerzeugnisse aus der Fermentation von Zuckersirup, Melasse, Getreide, Stärkeerzeugnisse und ihren Hydrolysaten mit Corynebacterium glutaminum L-Lysin min. 40 v.H. in der Originalsubstanz Chemische Bezeichnung L-a e , -Diamino-n-capronsäure-sulfat Strukturformel ((NH2(CH2)4-CH(NH2) COOH)2*H2SO4 Kennzahlen Molekulargewicht: 200,9 Stickstoffgehalt: 10,7-11,7 % Rohproteinäquivalent: 67-73 % 52 Reinheit: min. 40 % L-Lysin UE (Schwein): 16,5 MJ/kg (3940 kcal) UE (Geflügel): 13,6 MJ/kg (3250 kcal) Löslichkeit: teilweise in Wasser löslich Stabilität: In Vormischungen und Mischfuttern stabil. Aminosäurenergänzung in Mischfuttern 4.2 Methionin (Met) Allgemeines Methionin ist in tierischen Proteinen in relativ hoher Konzentration Vorkommen enthalten, während z. B. Sojaprotein arm an Methionin ist (s. Tabellen 9,10,11) Bedeutung im Eiweißbaustein, Bestandteil von Enzymen und praktisch allen GeStoffwechsel weben des tierischen Organismus; zusätzliche Stoffwechselfunktionen, insbesondere als Vorstufe des Cysteins/Cystins und damit auch von Peptiden wie Glutathion, als Initiator der Proteinbiosynthese, Methylgruppendonator (S-Adenosylmethionin). Herstellung Durch chemische Synthese, ausgehend von Propylen, Methylmercaptan, Methan und Ammoniak. Verwert- Die Aminosäure ist in ihrer DL-Form vollständig verwertbar, da der barkeit D-Anteil durch Desaminierung und Reaminierung in die L-Form überführt wird. 4.2.1 Handelsformen 4.2.1.1 DL-Methionin Beschreibung DL-Methionin, technisch rein DL-Methionin min. 98 v.H. in der Originalsubstanz Chemische Bezeichnung DL-a -Aminog -methylmercaptobuttersäure Strukturformel CH3S (CH2)2-CH (NH2)-COOH Kennzahlen Molekulargewicht: 149,2 Stickstoffgehalt: 9,4 % Rohproteinäquivalent: 58,6 % UE (Schwein): 22 MJ/kg (5280 kcal/kg) UE (Geflügel): 21 MJ/kg (5020 kcal/kg) Reinheit: min 98,0 % DL-Methionin Löslichkeit: 3,3g/100 ml Wasser bei 20°C Stabilität: In Vormischungen und Mischfutter stabil. 53 Aminosäurenergänzung in Mischfuttern 4.2.1.2 DL-Methionin-Natrium-Konzentrat, flüssig Beschreibung DL-Methionin-Natrium-Konzentrat, flüssig, technisch rein, DL-Methionin min 40 v.H. in der Originalsubstanz Natrium min. 6,2 v.H. in der Originalsubstanz Strukturformel CH3S (CH2)2-CH (NH2)-COOH Kennzahlen Molekulargewicht: 149,2 Stickstoffgehalt: 3,76 % Rohproteinäquivalent: 23,5 % UE (Schwein): 8,8 MJ/kg (2110 kcal/kg) UE (Geflügel): 8,5 MJ/kg (2030 kcal/kg) Reinheit: min 40,0 % DL-Methionin Löslichkeit: mischbar mit Wasser Stabilität: In Vormischungen und Mischfutter stabil. 4.2.1.3 Andere Handelsformen Geschütztes Für Rinder , Schafe und Ziegen mit Pansenfunktion gibt es chemisch- Methionin oder physikalisch geschützte Formen von DL-Methionin. (s. Kapitel 3.7) 54 Aminosäurenergänzung in Mischfuttern 4.3 Threonin (Thr) Allgemeines Tierische Proteine sind relativ reich an Threonin, während pflanzliche Vorkommen eher ein Defizit an Threonin aufweisen (s. Tab. 9,10,11). Bedeutung im Wichtiger Eiweißbaustein für Proteinbildung; Bestandteil von Stoffwechsel Verdauungsenzymen und Immunsubstanzen, Bedeutung im Energiestoffwechsel, Vorstufe für Glycinsynthese. Herstellung Fermentative Herstellung durch Mikroorganismen. Verwert- L-Threonin ist vollständig, D-Threonin biologisch nicht verwert- barkeit bar. Bezeichnung L-Threonin, technisch rein L-Threonin min. 98 v.H. in der Originalsubstanz Chemische Bezeichnung L-a -Aminob -hydroxybuttersäure Strukturformel CH3-CH (OH)-CH(NH2)-COOH Kennzahlen Molekulargewicht: 119,1 Stickstoffgehalt: 11,8 % Rohproteinäquivalent: 73,7 % Reinheit: min. 98.0 % L-Threonin UE (Schwein): 15,5 MJ/kg (3700 kcal/kg) UE (Geflügel): 14,6 MJ/kg (3490 kcal/kg) Löslichkeit: 9 g/100 ml Wasser bei 20 C Stabilität: In Vormischungen und Mischfuttern stabil. 55 Aminosäurenergänzung in Mischfuttern 4.4 Tryptophan (Trp) Allgemeines Die meisten pflanzlichen Proteine – vor allem Sojaeiweiß – sind reich Vorkommen an Tryptophan. Ausgesprochen arm sind Maisprotein sowie Tiermehl und Fleischknochenmehl (s. Tab. 9; 10, 11). Bedeutung im Eiweißbaustein, beteiligt an der Bildung von Vorstufen des NAD Stoffwechsel (Nicotinsäureamid-Adenin-Dinucleotid), sowie an vielen Stoffwechselprozessen über die Gewebshormone Serotonin und Tryptamin. Tryptophan fördert die Futteraufnahme. Herstellung Fermentative Herstellung durch Mikroorganismen; Rohstoffe: Melasse, Zucker, stärkehaltige Produkte und ihre Hydrolysate sowie N-Quellen. Verwertbarkeit L-Tryptophan ist vollständig verwertbar. Beschreibung L-Tryptophan, technisch rein L-Tryptophan min. 98 v.H. in der Originalsubstanz Chemische Bezeichnung L-a -Aminob -Indolylpropionsäure Strukturformel (C8H5-NH)-CH2-(CH)-NH2-COOH Kennzahlen Molekulargewicht: 204,2 Stickstoffgehalt: 13,7 % Rohproteinäquivalent: 85,7 % Reinheit: min. 98,0 % L-Tryptophan UE (Schwein): 25,0 MJ/kg (5970 kcal) UE (Geflügel): 23,9 MJ/kg (5710 kcal) Löslichkeit: 1g/100 ml Wasser bei 20 C Stabilität: Tryptophan ist empfindlich gegen Lichteinwirkung und Oxidation sowie gegen Säureeinwirkung. Unter Licht- und Luftabschluß 56 stabil. Aminosäurenergänzung in Mischfuttern 4.5 Hydroxy-Analog von Methionin Allgemeines Als Stoffwechselprodukt von Mikroorganismen bei GärungsvorgänVorkommen gen, z.B. in Silagen sowie Nachprodukten des Gärungsgewerbes. Herstellung Durch chemische Synthese ausgehend von Acrolein, Methylmercaptan und Cyanowasserstoff. Chemische Bezeichnung DL-2-Hydroxy-4-methylmercaptobuttersäure (monomere Säure) Strukturformel CH3S (CH2)2-CH (OH)-COOH Handelsform DL-2-Hydroxy-4-methylmercaptobuttersäure, flüssig Kennzahlen Molekulargewicht: 150,2 Reinheit: Gesamtsäure min. 85 % monomere Säure min 65 % Bedeutung UE (Schwein): 16,9 MJ/kg (4039 kcal/kg) UE (Geflügel): 16,1 MJ/kg (3847 kcal/kg) Löslichkeit: in Wasser vollständig löslich Stabilität: in Vormischungen und Mischfuttern stabil Das Hydroxy-Analog des Methionins stellt eine Vorstufe des und Verwert- Methionins dar. Die DL-Anteile des Hydroxy-Analog des Methionins barkeit werden in die L-Form des Methionins überführt. Über die Verwertbarkeit geben spezielle Literatur und Hersteller Auskunft. 57 5. Ökologische Aspekte des Aminosäureneinsatzes In der Vergangenheit stand in der tieri- kungen. Aber auch ältere Tiere sind bei schen Veredlung die Produktivität der diesem Fütterungssystem vitaler und Erzeugung im Vordergrund. In letzter Zeit weniger anfällig gegen Infektionen dagegen werden zunehmend Aspekte der Umweltverträglichkeit diskutiert. Die Not- Schadgasreduzierung wendigkeit der Minderung von Emissio- Versuche haben gezeigt, daß Nährstoffan- nen ist unbestritten, insbesondere bei gepaßte Fütterung die Ammoniakkonzen- regionaler Konzentration der tierischen tration in der Stallabluft deutlich redu- Veredlung. Einen erheblichen Beitrag zu ziert, die Ammoniakfreisetzungen wäh- einer umweltschonenden Fütterung leistet rend der Güllelagerung vermindert und der Einsatz der Aminosäuren in den die Stickstoffverluste beim und nach dem Rationen für die Nutztiere. Der Einsatz der Ausbringen der Gülle deutlich herabge- Phasenfütterung unter Ausnutzung der setzt sind. Möglichkeiten der Aminosäurensupplementierung bietet die Möglichkeit der Bessere Arbeitsbedingungen bedarfsgerechten, umweltgerechten und Die Verminderung der Schadgaskonzen- kostengünstigen Ernährung unserer Nutz- tration aus der Tierproduktion verringert tiere und hat im Hinblick auf die Umwelt- gleichzeitig die Belastung des Tierbetreu- schonung eine Reihe von positiven ers. Aspekten: Schutz von Nahrungsmittelvorräten Stickstoffreduzierung Der Einsatz der Aminosäuren führt zur Fütterungsmaßnahmen ermöglichen eine Schonung zum Beispiel der FischbestänÙ Verminderung der Stickstoffausscheidung de in den Weltmeeren. 1 kg Methionin = um bis zu 40 % ohne negative Effekte auf 230 kg Fisch. Zur Bedarfdeckung mit die Ausschöpfung des Leistungspotenti- Methionin aus Fischmehl würden mehr als der Tiere als 50% des weltweiten Fischfangs benötigt. Außerdem würde zum Beispiel der 58 Bessere Tiergesundheit Verzicht auf den Einsatz des Lysins in der Nährstoffangepaßte Fütterung reduziert EU ein Mehrbedarf an Sojaschrot von die Stoffwechselbelastung der Tiere. etwa 3 Millionen Tonnen bedeuten. Zur Besonders Jungtier leiden dadurch weni- Produktion dieser Sojabohnenmenge ger unter Verdauungsstörungen und wären etwa 1,4 Millionen ha Ackerfläche haben weniger häufig Durchfallerkran- erforderlich. 6. Verarbeitung der Aminosäuren in Futtermitteln Die für die Zwecke der Tierernährung eine technisch problemlose Handhabung. mittels mikrobiologischer und chemi- Zusätze in Alleinfutter können in der scher Verfahren hergestellten Aminosäu- Regel direkt erfolgen. Geringe Zusätze ren sind in ihrer physiologischen Wir- sollten über Vormischungen oder Mine- kung dem verfügbaren Anteil der Amino- ralfutter eingearbeitet werden, damit der säuren aus Futterproteinen gleichwertig. Aminosäurenzusatz in der vorgesehenen Dosierung homogen im Mischfutter ver- Die Bereitstellung von Aminosäuren in teilt ist. Flüssige Produkte lassen sich im ausreichendem Umfang und in standardi- Allgemeinen direkt dosieren. sierter Konzentration ermöglicht es, das Aminosäurenspektrum jeder Ration dem Bei der Kennzeichnung sind nach deut- nutritiven Bedarf der Tiere zu vertretbaren schem Futtermittelrecht zwei Aspekte zu Kosten anzupassen. berücksichtigen. Industriell hergestellte Aminosäuren sind Einzelfuttermittel und Die in Futtermitteln verarbeiteten Amino- müssen daher bei den Angaben über die säuren verhalten sich gegenüber den Zusammensetzung ausgewiesen werden. üblichen Umwelteinflüssen (normaler Bei Angabe der Inhaltstoffen sind die Feuchtigkeitsgehalt, Wärme, Licht und nativ enthaltenen und die zugesetzten ph-Wert des Futtermittels) stabil. Ihre Anteile als Summe anzugeben. Bei den Haltbarkeit wird durch andere Bestandtei- Methionin-Hydroxyanalogen ist zu beach- le, insbesondere durch Mineralstoffe und ten, daß die Anteile an monomerer Säure Spurenelemente nicht beeinträchtigt. Das und Gesamtsäure neben der Angabe des gilt überwiegend auch für technische Methioningehaltes aus den Rohstoffen Verarbeitungsstufen wie Melassieren, angegeben werden müssen. Pressen, Pelletieren und Konservieren. Die Anforderungen an industriell produzierte Aminosäuren sind in der EU futtermittelrechtlich geregelt. Die Korngrößenverteilung und die Oberflächenstruktur der Aminosäuren erlauben 59