Lernen und Entwicklung

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Lernen und Entwicklung
Behaviorismus versus Kognitivismus, Einstieg in das kognitive Modell des
Menschen
2. Lernen und Entwicklung
1
Gliederung der Hauptgebiete der Psychologie
Theoretische
Propädeutik
Statistik
Methodik
Psychophysik
Wissenschaftstheorie
Funktionen der
Psychologie
Theorieüberprüfung
Psychopathologie
Philosophisches
Propädeutik
Allgemeine
Psychologie
Neuropsychologie
Wahrnehmungspsychologie
Lernpsychologie
Aktivationspsychologie
Kognitionspsychologie
Emotionspsychologie
(Krech & Crutchfield, 2006, Bd.1, Seite 15)
2. Lernen und Entwicklung
Differentielle
Psychologie
Angewandte Psychologie
Entwicklungspsychologie
Persönlichkeitspsychologie
Psychodiagnostik
Motivations- psychologie
Sozialpsychologie
Vergleichende (Tier-)
Psychologie
Klinische Psychologie
Arbeits-, Betriebs- und
Organisationspsychologie
Berufspsychologie
Forensische Psychologie
Schulpsychologie
Umweltpsychologie
Kulturpsychologie
Wirtschaftspsychologie
Werbepsychologie
Militärpsychologie
Medienpsychologie
Freizeitpsychologie
Definition: Was ist Lernen?
§  Führt zu stabilen (relativ stabil, Vergessen)
Änderungen im Verhalten oder Verhaltenspotential
→ psych. Zustände wie Stimmungen, Müdigkeit ≠
Lernen
§  Aus Erfahrungen aufgebaut (Interaktion mit der
Umwelt):
→ Abgrenzung zu biologischer Entwicklung bzw.
Reifung
→ Körperwachstum ≠ Lernen
Laufen Lernen? → Kombination von biologischer
Reifung und Lernen
2. Lernen und Entwicklung
Wie lässt sich Lernen „messen“?
§  Auf Lernprozesse und „Gelerntes“ muss aus den
Veränderungen des beobachtbaren Verhaltens
geschlossen werden
↔ Unterschied zwischen Kompetenz und Performance als
Problem der Diagnostik des Lernens
→ Verändertes Verhaltenspotential wird nicht unbedingt
gezeigt (z.B. Prüfungsangst, konkurrierende Motivationen)
§  Neurophysiologische Prozesse und Veränderungen
begleiten und ermöglichen das Lernen
↔ Verständnis der Prozesse zur Diagnostik bzw. Messung
von komplexen Lernprozessen beim Menschen nicht
ausreichend
2. Lernen und Entwicklung
→  Bei Lernprozessen sind z.B. neurophysiologische Veränderungen an den
Synapsen der Neuronen nachweisbar
Aplysia californica (dt.: Seehase) besitzen ein „einfaches“ Nervensystem mit grossen Neuronen
→ ideal zur Erforschung des Lernens auf zellulärer Ebene
→ Eric Kandel, Nobelpreis für Physiologie/Medizin im Jahr 2000)
2. Lernen und Entwicklung
Lernen und Entwicklung
§  Aristoteles (384-322 v. Chr.) als historischer
Vordenker der Lernpsychologie
§  A. beschreibt in seiner Schrift „De memoria et
reminiscentia“ (Über Gedächtnis und Erinnerung)
→ Drei wichtige Assoziationsprinzipien
Ø  Kontiguität (zeitliche, räumliche)
Ø  Ähnlichkeit (Personen, Situationen, etc.)
Ø  Kontrast
§  Bildung von Assoziationen ist ein wichtiger
Grundmechanismus des Lernens
2. Lernen und Entwicklung
Behaviorismus versus Kognitivismus
→ historische, philosophische
Vordenker
§  Umwelt bestimmt Entwicklung
§  John Locke (1632): Mensch ist eine “Tabula Rasa”. Die
Entwicklung findet durch Assoziationen statt.
§  Problem dabei:
↔ bestimmte (Lern-)Strukturen müssen vorgegeben sein
§  Angeborene Anlagen, Selbstbestimmung
§  Kant (1742): Mensch hat angeborene Fähigkeiten oder
Strukturen. Die Entwicklung hängt von diesen inneren
Strukturen und nicht in erster Linie von der Erfahrung ab.
2. Lernen und Entwicklung
Behaviorismus versus Kognitivismus
„Give me a dozen healthy infants, well-formed,
and my own specified world to bring them up in
and I'll guarantee to take any one at random and
train him to become any type of specialist I might
select – doctor, lawyer, artist, merchant-chief
and, yes, even beggar-man and thief, regardless
of his talents, penchants, tendencies, abilities,
vocations, and race of his ancestors.“
[WATSON, JOHN B. 1930. Behaviorism. Chicago:
University of Chicago Press, p. 104]
John B. Watson (1878-1958)
→ gilt als der Begründer des Behaviorismus
2. Lernen und Entwicklung
Behaviorismus
§  Kenntnis über den Menschen durch Anwendung von Methoden
der Naturwissenschaften. Entdeckung von regelhaften Prinzipien
§  Untersucht wird das objektive Verhalten und die Rolle der Umwelt
bei der Verursachung des Verhaltens und keine nicht
beobachtbaren Dinge.
§ 
Man fragt nicht, warum jemand etwas getan hat, sondern
untersucht mögliche Ursachen in der Umwelt (Gesellschaft: das
Sein prägt das Bewusstsein)
§  Bsp.: Hunger wird nicht als interner nicht-beobachtbarer motivationaler
Zustand verstanden, sondern als beobachtbarer Nahrungsentzug
definiert.
§  Der beobachtbare Nahrungsentzug führt dann zum beobachtbar
gesteigerten Essverhalten. Hunger als motivationales Konstrukt wird
für irrelevant und unwissenschaftlich erachtet.
2. Lernen und Entwicklung
Kognitivismus
-  Kognitive Wende ab ca. 1960
-  Aufhebung der Beschränkung auf beobachtbare
Prozesse
-  Kognitive Prozesse bzw. Wahrnehmungs- und
Denkvorgänge sind zentraler Gegenstand der kognitiven
Psychologie
-  Menschen als Informationen verarbeitende Systeme;
Wissenspsychologie; Analogie zu bzw. Modellierung
durch EDV
“Cogito ergo sum”
R. Descartes (1596-1650)
2. Lernen und Entwicklung
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Kognitivismus
⇒ Reziproker Determinismus
Verhalten
Umwelt
Persönliche Faktoren
(Annahmen, Erwartungen,
Selbsteinschätzungen)
Albert Bandura (*1925)
→ Sozial-kognitive Lerntheorie (Bandura, 1976)
2. Lernen und Entwicklung
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1. klassische Theorien des Lernens
A) Klassisches Konditionieren
B) Operantes Konditionieren
C) Physiologische Grundlagen
2. Lernen und Entwicklung
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A) Klassisches Konditionieren
→ Begründer I. Pawlow (1849-1936)
§  Prinzipien der klassischen Konditionierung
(Nobelpreis 1904)
§  Klassische Konditionierung: Lernen einer neuen
Assoziation zwischen zwei Reizen (Stimuli)
§  Zufallsentdeckung bei der Untersuchung von
Verdauungsprozessen
§  Sekretion bei einem Reiz, welcher dem Futter
regelmässig vorausgeht
§  Automatische Reflexe, die biologisch wichtig sind
(biologische Adaptation)
2. Lernen und Entwicklung
(Iwan Pawlov & Mitarbeiter im Labor; Quelle: Crech & Crutchfield, 1992)
2. Lernen und Entwicklung
unbedingter (unkonditionierter) Reiz "
(Futter)"
bedingter (zu konditionierender) Reiz "
(Glocke, Wärter)"
2. Lernen und Entwicklung
(Poor) Little Albert; Watson; J.B. & Rayner, R. (1920)
2. Lernen und Entwicklung
Arten der Konditionierung
§  Vorwärtsgerichtete Konditionierung: konditionierter
Reiz vor unkonditioniertem Reiz
§  Gleichzeitiges Konditionieren
§  Rückwirkendes Konditionieren
§  Löschung durch Ausbleiben des konditionierten
Stimulus.
§  Aversive Konditionierung
§  Konditionierung zweiter Ordnung
§  Konditionierung des menschlichen Immunsystems
2. Lernen und Entwicklung
konditionierte Stimuli
unkonditionierte Stimuli
konditionierte Reaktion
?
gleichzeitig
verzögert
überlappend
Spur
rückwärts
nicht überlappend
Konditionieren funktioniert schlecht bei simultaner oder Rückwärtskonditionierung
Konditionierung klappt nicht mit beliebigen CS (KS) 2. Lernen und Entwicklung
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Alltägliche Beispiele für klassisches Konditionieren
Grundlegendes Muster
KS
UKS
Nach einem Autounfall erregt der Anblick eines
Autos Angst
Anblick des Autos
Autounfall und Verletzung
Kind weint beim Anblick des Babysitter, ehe
Eltern fortgehen
(KR)
UKR
Angst
Babysitter kommt
Eltern verlassen das Kind
Weinen
Anblick einer Katze
Anblick einer Katze ruft Keuchen hervor, noch
ehe ein Haar den Körper berühren kann
Katzenhaar
Ständige Sorgen um die Arbeit, auch in der
Freizeit, führen zu Magengeschwüren
2. Lernen und Entwicklung
allergische
Reaktion, z.B.
Keuchen
an die Arbeit denken,
sich Sorgen machen
Anspannung oder Angst
(bei der Arbeit)
Produktion von
Säure im Magen
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Lern- und Löschkurve beim menschlichen Augenlidschlussreflex; UCS
Luftstoss, UCR Lid-Blinkreflex, CS Lichtsignal)
2. Lernen und Entwicklung
Garcia, J., Rusiniak, K, Brettt, L. (1977). - Lithiumcloridkapseln, erzeugen Erbrechen in Wölfen
2. Lernen und Entwicklung
Therapeutische Anwendungen
§  Aversionstherapie, z.B. gegen Rauchen, exzessiven
Alkoholgenuss, Glücksspiel
§  Verzögert bzw. langfristig schädliches
Gewohnheitsverhalten wirkt kurzfristig belohnend.
§  Durch Kopplung des schädlichen Verhaltens mit
aversivem unkonditionierten Stimulus (z.B. Beimischung
Übelkeit erregender Inhaltsstoffe, oder Elektroschocks)
wird Verhalten unterdrückt.
Ø  Probleme:
•  aversives Erlebnis
•  Einsicht des Menschen reduziert Wirksamkeit im vgl. zum
o.g. Befund bei Tieren
2. Lernen und Entwicklung
B) Operantes Konditionieren:
Lernen von Verhalten und Konsequenzen
Ø  Verknüpfung zwischen einem Stimulus und einem operanten
Verhalten (z.B. Picken, Weinen)
Ø  Verhaltenskontingenz; konsistente Beziehung zwischen einer
Reaktion und den Reizbedingungen “wenn X, dann Y” (immer Korn
nach dem Picken auf Scheibe)
Ø  Komplexe Verhaltensweisen sind das Produkt von Kontingenzen
(Delphindressur)
Ø  Verstärker erhöhen die Wahrscheinlichkeit einer Wirkreaktion
Ø  Diskriminative Reize: Lernen, wann etwas zu tun ist (z.B. Tauben:
sich Drehen bei rotem und auf den Auslöser picken bei grünem
Licht)
2. Lernen und Entwicklung
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Bewegungsaufnahme einer
Taube in einer
„Skinner-Box“
(benannt nach B.
Frederic Skinner,
1904-1990; einem
Begründer des
operanten
Konditionierens)
2. Lernen und Entwicklung
Verstärkungsmuster, Quotenpläne
§  Quotenplan: Verstärkung nach bestimmter Anzahl
von Reaktionen (besser lange Abstände)
§  Intervallplan: Verstärkung nach einem bestimmten
Zeitplan (besser kurze Abstände)
Ø  Besonders hohe Reaktionsraten z.B. bei
Zufallsquotenplan
Ø  Grössere Löschungsresistenz nach
intermittierender Verstärkung (manchmal) in der
Lernphase als bei kontingenter Verstärkung (jedes
mal Belohnung)
2. Lernen und Entwicklung
Fixierte Intervalle
Reaktionshäufigkeit
Intervallpläne:
3 min
6 min
9 min
12 Min
2. Lernen und Entwicklung
Jeweils Verstärkung der
erster Reaktion nach
Intervall-Ende.
Je kürzer die Intervalle,
desto häufiger erfolgt die
Reaktion.
48:1
96:1
192:1
Quotenpläne:
Jeweils Verstärkung der „x-ten“ Reaktion unabhängig von Zeitintervallen.
Je seltener die Verstärkung, desto häufiger erfolgt die Reaktion.
2. Lernen und Entwicklung
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In der Sprache eines Experiments:
Welches sind jeweils UV’s und AV’s?
§  UV’s: Situationsmerkmale (Anzahl der Durchgänge,
zeitlicher Abstand, Intensität und Qualität, Dauer
Nahrungsdeprivation)
§  AV’s: Stärke der Reaktion, Schnelligkeit, Erwerbsrate,
Dauerhaftigkeit.
Reiz
Verhalten
2. Lernen und Entwicklung
Reaktion
Belohnung
Vermittlung komplexer
Verhaltensweisen (Dressur)
an Tiere durch „Shaping“,
„Chaining“ und
„Verstärker 2ter Ordnung“
auf Basis operanten
Konditionierens.
2. Lernen und Entwicklung
Wer konditioniert wen?
2. Lernen und Entwicklung
Verstärker 2ter Ordnung z.B. bei Hundedressur, Klickgeräusch,
dass durch klassische Konditionieren mit Futtergabe gekoppelt
wurde. → Nun kann der Hund auch ohne Futtergabe für bestimmtes
Verhalten belohnt werden
Shaping → Verhalten, das dem gewünschten Verhalten (zunächst)
einigermassen ähnlich ist wird belohnt – und später nur zunehmend
ähnlicheres Verhalten
→ z.B. Hund soll sich mit Kopf auf dem Boden liegend Hinter dem
rechten Ohr kratzen – zunächst wird ein Teilverhalten schon belohnt
(z.B. durch Klick) später nur was immer näher zum letztlich
gewünschten Verhalten führt.
Chaining → Komplexe Verhaltensketten werden anfangend vom
letzten Glied der Verhaltenskette aus verstärkt und so aufgebaut.
2. Lernen und Entwicklung
Belohnung versus Bestrafung
Ø  Belohnung erhöht die Wahrscheinlichkeit des operanten Verhaltens
Ø  Bestrafung verminder die Wahrscheinlichkeit des Verhaltens
Beispiele
Positive Belohn./Bestr.
Negative Belohn./Bestr.
Belohnung
Verhalten
→ Positiver Reiz
Verhalten
→ Negativer Reiz fällt
weg
Bestrafung
Verhalten
→ Negativer reiz
Verhalten
→ Positiver Reiz fällt
weg
2. Lernen und Entwicklung
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Belohnung versus Bestrafung
Ø  Belohnung erhöht die Wahrscheinlichkeit des operanten Verhaltens
Ø  Bestrafung vermindert die Wahrscheinlichkeit des Verhaltens
Beispiele
Positive Belohnung/
Bestrafung
Negative
Belohnung/Bestrafung
Belohnung
Münzeinwurf in
Getränkeautomat
→ Leckeres Getränk
Flucht aus brennendem Haus
→ Hitze entkommen
Bestrafung
Heisse Herdplatte
berühren
→ Hitze-Schmerzreiz
Kind bekommt Fernsehverbot für
schlechte Note
→ Fernsehen fällt weg
2. Lernen und Entwicklung
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Konsequenzen von Belohnung versus Bestrafung?
Ø  Im Tierexperiment: Schon einmalige starke Bestrafung kann
manche Verhaltensweisen effektiv unterdrücken.
Ø  … aber in der Erziehung? – recht problembehaftet
§  versteckter Verstärker-Wirkung von Strafen!
Bsp.: Kind ist langweilig und albert herum → Mutter schreit das
Kind zur Strafe an.
→  Laute Stimme ist zwar negativer Reiz; aber Kind erhält
Aufmerksamkeit und Stimulation, Abwechslung
§  Strafe kann den ganzen Erziehungskontext aversiv belegen
Bsp.: → Nach Bestrafung meidet Schüler nicht das
Fehlverhalten, sondern die Schule insgesamt. )-:
⇒ Belohnung für Verhalten, das mit dem unerwünschten
Verhalten inkompatibel ist, besser als Bestrafung
§  Auch einfache Löschung durch nicht-Verstärkung (Ignorieren)
kann manchmal wirksam sein.
2. Lernen und Entwicklung
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Operante Konditionierung abergläubischen
Verhaltens
§  Versuch: Taube in Skinner-Box wird in Zeitabständen (z.B. 20
Sekunden) durch herabfallendes Korn belohnt; - völlig
unabhängig vom Verhalten das sie zeigt.
Ergebnis: Entwicklung einer bestimmten stereotyp und häufig
gezeigten Verhaltensweise, die ganz Unterschiedlich ausfallen
kann.
Erklärung: Zufälliges Verhalten das vor einer Belohnung auftrat
wird nach dieser häufiger gezeigt → Wahrscheinlichkeit, dass
genau dieses Verhalten vor einer weiteren Belohnung gezeigt
wird steigt an → positive Rückkopplung führt zur Ausbildung des
„Abergläubischen Verhaltens“
2. Lernen und Entwicklung
Operante Konditionierung abergläubischen
Verhaltens
§  Ist ein Transfer dieses Prozesses zum Menschen möglich?
→  Viele Menschen tragen Talismane oder befolgen bestimmte
Rituale,
um Unglück zu vermeiden.
→  Kann dies durch operante Konditionierung erklärt werden?
Grundsätzlich geben Ergebnisse von Tierstudien immer nur Hinweise auf die
Zusammenhänge beim Menschen.
Gesonderte Untersuchungen am Menschen sind notwendig für die Erklärung
des menschlichen Verhaltens.
Prozess des operanten Konditionierens ist ein Erklärungsansatz für
abergläubisches Verhalten beim Menschen.
- Self-Fulfilling Prophecy Effekte können noch hinzukommen:
→ z.B. Talisman vergessen ⇒ erhöhte Nervösität /Angst vor Prüfung
⇒ schlechtere Prüfung
2. Lernen und Entwicklung
C) Zu physiologischen Grundlagen
§  Lokalisationen von Lernen
- Einfaches klassisches Konditionieren ist ohne Mitwirkung
des Gehirns (durchtrenntes Rückenmark) möglich.
- Verschiedene Gehirnareale sind (bei intaktem
Rückenmark) am Konditionierungsprozess beteiligt:
Ø  Limbische System: Verbunden mit Erleben von Emotionen von
Lust/ Belohnung vs. Schmerz/ Bestrafung
→ enthält sog. Belohnungszentren
→ deren elektrische Stimulierung bewirkt beim operanten
Konditionieren Reaktionsraten bis zu Erschöpfung und Tod
Ø  Hippocampus: Entscheidend für Transfer vom KZG ins LZG
→ Bei Verletzungen zeigten sich umfassende Amnesien für neue
Eindrücke bei funktionierendem Langzeitgedächtnis
2. Lernen und Entwicklung
-
→ Schutzreflex (UCR) ohne Mitwirkung
des Gehirns konditionierbar
2. Lernen und Entwicklung
Ø  Lernprozesse
bewirken
physiologische
Veränderungen im
Zentralen
Nervensystem /
Gehirn
2. Lernen und Entwicklung
2. Sozial-kognitive Lerntheorie von
Albert Bandura (1976)
Albert Bandura (*1925)
2. Lernen und Entwicklung
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Banduras „Bobo-Doll“ Studien (1963,
1965) zum Lernen am Modell
2. Lernen und Entwicklung
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Ergebnisse
- Nach Beobachtung Aggressiver Modelle wurden im
Vergleich zu Kontrollbedingungen von Kindern deutlich mehr
Aggressives Verhalten gezeigt
Ø  Spezifische Verhaltensweisen wurden exakt imitiert
Ø  Zudem wurden eigene Improvisationen gezeigt in Form
von Aggressionen, die nicht vom Modell vorgeführt wurden
⇒ Nicht nur spezifisches Modellverhalten, sondern auch Aggression
zu zeigen an sich wurde gelernt
-  Bestrafte Modelle werden weniger stark, belohnte Modelle stärker
nachgeahmt als Modelle ohne pos./neg. Konsequenzen
↔ Auf Aufforderung bzw. für Belohnung waren Kinder in allen drei
Bedingungen gleich gut in der Lage verschiedene spezifische
aggressive Verhaltensweisen zu zeigen
⇒ Unterscheidung zwischen Aneignungsprozessen und
Ausführungsprozessen beim Lernen am Modell
2. Lernen und Entwicklung
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Aneignungsprozesse beim Modellernen
•  Aufmerksamkeit / Motivation für Aufmerksamkeit
•  Salienz des Modells
•  Gedächtnis, Enkodierung
Ausführungsprozesse
•  Kompetenzerwartung → Motivation
•  Erfolgserwartung / Verstärkungserwartung → Motivation
•  Leistungsstandards → Motivation
•  Gedächtnis → Reproduktion
2. Lernen und Entwicklung
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Studie zur Leistungsmotivation
Untersuchung des Einflusses von Modellen auf Selbstbelohnung
(→ Selbstbekräftigung) und Leistungsstandards
2. Lernen und Entwicklung
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Bowling-Studie (Bandura & Kupers, 1964) zu
Leistungsmotivation
3 Untersuchungsbedingungen
1. Erwachsener nimmt sich beim Bowling ab 20 Punkten etwas Süßes
zur Belohnung
2. Erwachsener gönnt sich schon ab 10 Punkten eine Belohnung
3.  Kinder sehen kein Modell
Ø  Kinder bei 1), 2) verwenden deutlich höhere (1) bzw. niedrigere (2)
Belohnungskriterien – entsprechend dem Modellverhalten
Ø  Bei den Kindern in der Kontrollgruppe zeigte sich kein
Zusammenhang zwischen Konsum von Süssigkeiten und Leistung
beim Bowling.
⇒ Ausbildung (überhaupt) und Höhe des Leistungsstandards für
Selbstbekräftigung durch Modelle beeinflusst
2. Lernen und Entwicklung
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Stellvertretende Verstärkung & Selbstbekräftigung
als zusätzliche (im Vgl. zum Behaviorismus)
instrumentell bzw. motivationale Lerneinflüsse
Empfänger der
Bekräftigung
Kontrolle der Bekräftigung durch
Empfänger
Extern/Andere
Lernender
Direkte
Selbstbekräftigung
Direkte, externe
Bekräftigung
Modell
Stellvertretende
Selbstbekräftigung
Stellvertretende,
externe
Bekräftigung
(Möglich ist hierbei jeweils positive/negative Bestrafung/Belohnung)
→ Insgesamt 16 Felder bzw. Möglichkeiten
2. Lernen und Entwicklung
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Was kann alles von Modellen gelernt
werden?
2. Lernen und Entwicklung
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Was kann alles von Modellen gelernt werden?
Ø  Reaktionsweisen auf Situationen
Ø  Lebensorientierungen, Charakterzüge
Ø  Leistungsstandards, Leistungsorientierung
Ø  ästhetische Vorlieben
Ø  motorische Verhaltensweisen
Ø  soziale Verhaltensweisen
Ø  moralische Standards, moralisches Verhalten
Ø …
2. Lernen und Entwicklung
48
Einfluss aggressiver Modelle aus
Filmen und in Computerspielen ?
2. Lernen und Entwicklung
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3. Weitere Lernmechanismen
(neben klassischer/operanter Konditionierung, Reizdiskrimination,
Shaping/ Chaining, Lernen am Modell)
Ø  Lernen durch Instruktion
Ø  Lernen durch mentale Operationen (mentales
Probehandeln) und Einsicht
Ø  Deduktives, induktives Denken, Problemlösen
Ø  …
Ø …
Ø  Prägungslernen (Begriff aus der Verhaltensbiologie →
vergleichenden Verhaltensforschung →Tierpsychologie)
2. Lernen und Entwicklung
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Prägungslernen
Ø  Irreversibles Lernen während sensibler Phasen
Ø  Nicht durch Belohnung oder Bestrafung bedingt
Konrad Lorenz (1903 – 1989), Mitbegründer der Verhaltensbiologie, 1973
Nobelpreis für Physiologie/Medizin (Erforschung von Angeborenen Auslösenden
Mechanismen & Prägungslernen)
2. Lernen und Entwicklung
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Prägungslernen
Ø  Reizkonfigurationen der Umwelt werden dauerhaft
gelernt, so dass sie danach wie angeboren erscheinen.
→ Aneignung von Schlüsselreizen durch Lernen
Ø  Nachlaufprägung, z.B. bei Gänsen (Konrad Lorenz)
Ø  Prägung auf Nachwuchs (Bsp. Ziegenmütter)
Ø  Sexuelle Prägung (Bsp. Zebrafinken: Aufwachsen bei
Bengalifinken → bewirkt Bevorzugung von
Bengalifinken gegenüber Zebrafinken bei Balz im Wahlversuch)
Ø  Übertragbarkeit auf Menschen unsicher
→ ähnliche, aber ggf. weniger irreversible Mechanismen
der Prägung beim Menschen sind denkbar
2. Lernen und Entwicklung
52
4. Kognitive Entwicklung
J. Piagets (1896-1980)
Theorie der geistigen Entwicklung
§  Demonstrationen, Interviews mit eigenen Kindern.
Daraus folgten komplexe Schlüsse.
§  Wie überführt ein Kind spezifische, konkrete
Informationen in allgemeine, abstrakte Begriffe
§  Wie denken Kinder? Keine Reiz-Reaktions Modelle.
2. Lernen und Entwicklung
Konzepte bzw. drei grundlegende Prozesse
§  Äquilibration (Grundtendenz des Organismus,
implizites Motivationskonstrukt)
§  Assimilation (Anpassung/ Integration aufgenommener
Information in vorhandene Wissensstrukturen, Schemata)
§  Akkomodation (Anpassung bei der alte Strukturen bzw.
Schemata modifiziert oder neu gebildet werden, um
Umweltreize zu erklären und/oder zu absorbieren)
2. Lernen und Entwicklung
Begriffe der Entwicklungspsychologie
Phylogenese:
Die Phylogenese ist die Entwicklung der Arten (z.B. der
Menschheit)
Ontogenese:
Die Ontogenese ist die Individualentwicklung des Organismus
Genetische Epistemologie:
Die Genetische Epistemologie ist eine Theorie von Jean
Piaget, die einen Zusammenhang zwischen der
phylogenetischen und der ontogenetischen Entwicklung
herstellt. Es wird angenommen, dass die Stufen der kindlichen
Entwicklung gestützt durch soziale und schulische Prozesse
Erkenntnisstufen der Menschheitsentwicklung durchlaufen.
2. Lernen und Entwicklung
§  Entwicklung wird nach Piaget durch Reifung,
Erfahrung, soziale Vermittlung und Äquilibration
bestimmt
§  Genetische Epistemologie, Ontogenese, Phylogenese
§  Stufenmodell:
Ø  Bei normalem Verlauf keine Rückschritte
Ø  Qualitativ unterschiedliche Stufen (Niveaus), trotz Möglichkeit
von Übergangsphasen Teilerreichung einer Stufe
Ø  Altersangaben sind nur Orientierungshilfen, individuelle
Verläufe weichen ab.
2. Lernen und Entwicklung
Stufen der Entwicklung
Œ Sensomotorische Phase (Geburt - 2 Jahre)
 Präoperative Phase (2 - 6 Jahre)
Ž Konkret Operative Phase (7 - 11 Jahre)
 Formal Operative Phase
2. Lernen und Entwicklung
 Sensomotorische Phase (Geburt - 2 Jahre)
Ø  Zunächst (1. - 4. Mt.) Modifikation der Reflexe und primäre
Wechselwirkungen mit der Umwelt (Aktivität meist auf eigenen
Körper ausgerichtet oder zur suche nach Nahrung, z.B.
Akkomodation beim Saugen)
Ø  Dann vermehrt Wechselwirkungen und Experimentieren mit Objekten
der Umwelt, “Testen” von „Ursache-Wirkung Hypothesen“
Ø  Angepasste Reaktion: Wiedererkennen und Antizipieren von
vertrauten Objekten und der Umgang mit ihnen (jedoch bis ca. 8
Monate: „aus den Augen aus dem Sinn“)
Ø  Objektpermanenz (ab ca. 8-12 Monate): Die Existenz von Objekten
ist nicht mehr von deren aktueller Wahrnehmung abhängig
(nachsehen, was hinter der Hand ist; erstaunen wenn kein Objekt
mehr an der vermuteten Stelle ist)
Ø  Beginn des Denkens in Repräsentationen
2. Lernen und Entwicklung
 Präoperative Phase (2 - 6 Jahre)
(Anschauliches Denken, Kindergarten)
§  Naiver Realist, keine komplexen mentalen/kognitiven Operationen,
Zentrierung auf eine Dimension
§  Invarianz von Objekten: Ein Junge ist auch in Mädchenkleidern ein
Junge, eine Katze bleibt auch mit Hundemaske eine Katze
§  Egozentriert: Die Sicht eines anderen kann nicht nachvollzogen
werden (Was sieht der Teddybär gegenüber?). Nur ein Gesichtspunkt
kann gleichzeitig betrachtet werden.
§  Umschüttversuche: Ist im hohen Glas mehr als im niedrigen?
2. Lernen und Entwicklung
2. Lernen und Entwicklung
2. Lernen und Entwicklung
 Konkret Operative Phase (7 - 11 Jahre)
(Grundschule, Rechnen mit Zahlen, Lesen und Schreiben lernen)
§  Lernen des Erhaltungssatzes:
Umschüttversuche kein Problem mehr
§  Geistiges Transformieren, symbolisches Denken
§  Mentale Operationen mit konkreten Objekten oder Zahlen
Ø  z.B.: Was ist grösser 4/5 oder 5/6?
oder Was ist grösser, 2:2 oder 4:5?
Ø  aber eher nicht: Gegeben sei x < y und x > z
→Wie ist die Beziehung zwischen z und y?
2. Lernen und Entwicklung
 Formal Operative Phase
Ø  Selbständiges Strukturieren von Aufgaben,
Hypothesentestung
Ø  Fähigkeit zur vollständigen systematischen Analyse
von kausalen Zusammenhängen durch Experimente
Ø  Rein formales Denken auch mit Variablen ohne
konkrete Bezüge:
§  Wenn ein Glink grösser ist als ein Zuv und kleiner
als ein Blam ist, welcher ist dann der grösste von
allen?
§  Was ist grösser: n/(n+1) oder (n+1)/(n+2)
Danke für Ihre Aufmerksamkeit!
2. Lernen und Entwicklung
Grundlagenwissen
1)  17.09.
Einführung 1 (Siegrist)
2)  24.09.
Allgemeine und differentielle Psychologie: Lernen &
Entwicklung – Vom Behaviorismus zur kognitiven Psychologie
(Hansmann)
3)  01.10.
Allgemeine Psychologie: Wahrnehmungspsychologie
(Siegrist)
4)  08.10.
Differentielle Psychologie (Hansmann)
5)  15.10.
Allgemeine Psychologie: Emotionen und Motivation (Siegrist)
6)
Gastvortrag (Hansmann, N.N.)
22.10.
2. Lernen und Entwicklung
Aufbauwissen
7) 29.10.
8)  05.11.
Risikowahrnehmung (Siegrist)
Experiment 1: Vorbereitung (Siegrist)
9)  12.11.
10) 19.11.
Entscheidungen unter Unsicherheit: Heuristiken (Siegrist)
Kognitive Sozialpsychologie (Hansmann)
11)  27.11.
------
12)  03.12.
13)  10.12.
Experiment 2: Fragestunde (Hansmann)
Denken und Problemlösen, Entscheidungstheorien (Hansmann)
14)  17.12.
Vorbereitungen Prüfung (Hansmann)
2. Lernen und Entwicklung
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