Herzinsuffizienz - Status Quo und der Neprilysin

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8. Jahrgang, 4. Ausgabe 2014, 129-145
- - - Rubrik Fortbildungsartikel - - -
Herzinsuffizienz
Status Quo und der
Neprilysin-Inhibitor
Sacubitril
Epidemiologie/Pathophysiologie
Neprilysin/Sacubitril
Pharmakotherapie
PARADIGM-HF-Studie
Herzinsuffizienz - Status Quo und der Neprilysin-Inhibitor Sacubitril
130
Herzinsuffizienz
Status Quo und der Neprilysin-Inhibitor Sacubitril
Prof. Dr. Georg Kojda
Fachpharmakologe DGPT,
Fachapotheker für Arzneimittelinformation
Institut für Pharmakologie und klinische Pharmakologie
Universitätsklinikum, Heinrich-Heine-Universität
Moorenstr. 5, 40225 Düsseldorf
[email protected]
Den Fortbildungsfragebogen zur Erlangung eines Fortbildungspunktes zum
Fortbildungstelegramm Pharmazie finden Sie hier:
http://www.uni-duesseldorf.de/kojda-pharmalehrbuch/FortbildungstelegrammPharmazie/Kurzportraet.html
Titelbild : Universitätsbibliothek New York , Urheber: Photoprof, Lizenz: Fotolia
Fortbildungstelegramm Pharmazie 2014;8(4):130-145
Herzinsuffizienz - Status Quo und der Neprilysin-Inhibitor Sacubitril
Abstract
Heart failure is a severe and progressive
disease which is associated with premature death. The most important cause is
coronary artery disease. The severity of
heart failure is estimated by the New
York Heart Association Score (NHYA IIV) which is based on symptom severity.
During the course of the disease the
severity of symptoms such as impairment of exercise tolerance, dyspnoea or
peripheral oedema steadily increases.
Although the mortality rate could be
effectively reduced, largely by improvement of drug therapy, premature death
is still prevalent. The drugs with proven
efficacy to treat this condition fall in two
categories, those which slow the progression of the disease such as ACEinhibitors or alternatively Angiotensin II
Type 1 receptor blockers, ß-blockers and
aldosterone antagonists and those which
can ameliorate symptoms such as diuretics, sympathomimetic drugs, phosphodiesterase III inhibitors and in some
severe cases digoxin. Recently, a large
clinical trial evaluated the efficacy of the
neprilysin inhibitor sacubitril in combination with valsartan (LCZ696) against
enalapril. Sacubitril inhibits the breakdown of several peptides which are
important in heart failure including
natriuretic peptides and bradykinin. This
PARADIGM-HF trial recruited mostly
patients with NYHA II and III heart
failure (97.4 %). Treatment with LCZ696
significantly reduced
the combined
endpoint cardiovascular mortality and
the rate of hospitalization by 20 %. This
impressive benefit came at the expense
of increased symptomatic hypotension.
In addition, the rate of angioedema was
doubled as compared to enalapril, albeit
this difference was not statistically
significant. In view of the ability of
sacubitril to inhibit degradation of amyloid-ß42-protein, a potential risk to
develop Alzheimer dementia following
long-term therapy should be considered.
Abstrakt
Die Herzinsuffizienz ist eine schwerwiegende Erkrankung mit deutlich verringerter Lebenserwartung. Als wichtigste
Ursache gilt die koronare Herzkrankheit.
131
Der Schweregrad der Erkrankung wird
nach dem Schema der „New York Heart
Association“ (NYHA I-IV) eingestuft,
welches auf dem Schweregrad der
Symptome wie Verminderung der Belastungstoleranz, Dyspnoe und periphere
Ödemen beruht. Im Verlauf der Erkrankung nimmt die Schwere dieser Symptome zu. Obwohl die Mortalität der
Herzinsuffizienz, vor allem durch eine
effektivere Pharmakotherapie, deutlich
gesunken ist, bleibt die Lebenserwartung
verkürzt. Arzneistoffe mit nachgewiesenem Nutzen lassen sich in zwei Gruppen
aufteilen: ACE-Hemmer oder alternativ
AT1-Blocker, ß-Blocker und AldosteronAntagonisten verzögern die Progression,
während Diuretika, Sympathomimetika,
Phosphodiesterase III-Hemmer und in
schweren Fällen Digoxin die Symptome
lindern. Kürzlich hat eine große klinische
Studie die Effektivität des NeprilysinHemmers Sacubitril in Kombination mit
Valsartan (LCZ696) gegen Enalapril
geprüft. Sacubitril hemmt den Abbau
vieler Peptide, die bei der Herzinsuffizienz von Bedeutung sind. Hierzu zählen
beispielsweise die atrialen natriuretischen Peptide und Bradykinin. Die
PARADIGM-HF rekrutierte vorwiegend
Patienten mit Herzinsuffizienz im Stadium NYHA II und III (97,4 %). Die Behandlung mit LCZ696 bewirkte eine
signifikante Reduktion des kombinierten
primären Endpunktes aus kardiovaskulärem Tod und Hospitalisierung um 20 %.
Dieser
beeindruckenden
Effektivität
stand eine symptomatische Hypotonie
als häufigste Nebenwirkung gegenüber.
Darüber hinaus traten etwa doppelt so
häufig Angioödeme auf als bei Enalapril,
auch wenn dieser Unterschied nicht
signifikant war. Da Sacubitril auch den
Abbau des Amyloid-ß42-Proteins hemmt,
sollte das potentielle Risiko eine Alzheimer-Demenz zu entwickeln beachtet
werden.
Einleitung
Die Herzinsuffizienz ist eine schwerwiegende Erkrankung mit deutlich verringerter Lebenserwartung. Weltweit leiden
ca. 17.000.000 Menschen an einer CHF
(1). Betrachtet man die Inzidenz und
Mortalität der Herzinsuffizienz innerhalb
der „Framingham“-Kohorte während der
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Herzinsuffizienz - Status Quo und der Neprilysin-Inhibitor Sacubitril
letzten 50 Jahre, so zeigen sich einige
interessante Zusammenhänge (2):
•
Die Inzidenz bei Frauen ist
gefallen.
•
Die Inzidenz bei Männern ist
unverändert.
•
Die Mortalität ist gesunken
(ca. 12 %).
•
Die 5-Jahresmortalität ist bei
Männern höher als bei Frauen.
Allerdings betrug die 5-Jahres Überlebensrate nach Erstdiagnose bei Männern
nur etwa 40 % und bei Frauen etwa
55 % (2). Auch spätere Erhebungen aus
Schottland zeigen, dass es im Verlauf
der letzten ca. 20 Jahre zu einem Rückgang der Mortalität gekommen ist. Es ist
bislang nicht letztlich geklärt, wie es zu
diesen Veränderungen gekommen ist.
Vermutlich trägt jedoch die Verbesserung der Therapie mit Medikamenten
entscheidend zur Senkung der Mortalität
bei. So ergab die schottische Studie eine
deutliche Zunahme der Verordnungen
von ACE-Hemmern, ß-Blockern und
Spironolacton (3).
Herzinsuffizienz
Ursachen Die Herzinsuffizienz ist durch
das
Unvermögen
des
Herzmuskels
gekennzeichnet die Pumpfunktion, die
zur Versorgung der Peripherie mit Blut
notwendig ist, erbringen zu können. Die
Ursachen einer Herzinsuffizienz sind
vielfältig. Hierzu zählen u.a.:
•
koronare Herzkrankheit
(54-70 %)
•
begleitende Hypertonie (35-52 %)
•
isolierte Hypertonie (9-20 %)
•
Kardiomyopathien (10 %)
•
Herzklappeninsuffizienzen (10 %)
Weitere teilweise recht seltene Ursachen
sind Herzrhythmusstörungen, PerikardErkrankungen, Infektionen (Myokarditis
z.B. durch Coxsackie-Viren, Röteln,
Diphterie) oder toxische Wirkungen,
beispielsweise durch Anthrazykline wie
Doxorubicin oder den anti-Her-2 Antikörper Trastuzumab (Weblink 1, 2).
Man unterscheidet verschiedene Klassifikationen der Herzinsuffizienz, wobei die
einfache Einteilung in akute und chroni-
sche Herzinsuffizienz wegen der unterschiedlichen Verwendung des Begriffs
akute
Herzinsuffizienz
weitgehend
verlassen wurde. Stattdessen wurde von
der Leitlinienkommission der Europäischen Kardiologischen Gesellschaft (ESC)
folgende
Einteilung
vorgeschlagen
(Weblink 1):
•
Erstmanifestation („new onset“)
Erstvorstellung (akuter oder
schleichender Beginn)
•
transiente Form
(rezidivierend oder episodisch)
•
chronische Form
(persistierend stabil, progressiv
oder dekompensiert)
Dabei wird der akute Beginn der Herzinsuffizienz (z.B. nach Myokardinfarkt oder
Lungenembolie) von der sich langsam
entwickelnden chronischen Form mit
möglicher Dekompensation abgegrenzt.
Weiterhin wird zwischen systolischer und
diastolischer Herzinsuffizienz, einer Form
der
Herzinsuffizienz
mit
erhaltener
Ejektionsfraktion, unterschieden. Auf die
Therapie dieser Form wird hier nicht
weiter eingegangen.
Pathophysiologie In den meisten
Fällen kommt es bei schleichendem
Beginn aus unterschiedlichen Ursachen
(s.o.) zunächst zu einer Einschränkung
der Kontraktilität der Herzmuskelfasern.
In der Folge sinken der Anteil des ausgeworfenen Blutvolumens (Ejektionsfraktion) und dadurch auch das Herzminutenvolumen (siehe auch Weblink 3). In
der Frühphase der Entwicklung bleibt die
verminderte Kontraktilität oft asymptomatisch, da funktionelle gegenregulatorische Mechanismen eine Kompensation
bewirken (Abb. 1). Hierzu zählen hauptsächlich der Barorezeptorreflex, der
Frank-Starling-Mechanismus und das
Renin-Angiotensin-Aldosteron-System.
Barorezeptorreflex Der Barorezeptorreflex (Abb. 2) reguliert Herzaktivitäten
wie
Kontraktionskraft
(Inotropie),
Schlagfrequenz
(Chronotropie)
und
Überleitungsgeschwindigkeit (Dromotropie) sowie den Tonus der glatten Gefäßmuskulatur über eine blutdruckabhängige Steuerung des autonomen Nervensystems. Dieser Mechanismus bewirkt
bei einer Herzinsuffizienz zwar eine
Aufrechterhaltung des Blutdrucks, wirkt
sich jedoch letztlich
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Abb. 1: Entwicklung der Herzinsuffizienz sowie die wichtige Mechanismen der Kompensation in vereinfachter schematischer Darstellung. Ebenfalls dargestellt sind klinische
Schweregrade der Herzinsuffizienz nach einer funktionellen Klassifizierung der “New York
Heart Association” (NYHA I-IV, siehe auch Text) (modifiziert nach Abb. 7.6 aus (4)).
ungünstig aus, da die Steigerung von
Frequenz und Blutdruck das schon
geschädigte Herz belasten (Abb. 1).
Darüber hinaus wird die wichtige Fähigkeit der Adaptation an plötzliche Belastungssituationen vermindert, da es durch
die fortgesetzte adrenerge Stimulation
zu einer Abnahme der Anzahl von kardialen
ß-Adrenozeptoren
(“down”Regulation) kommt.
Frank-Starling-Mechanismus Der FrankStarling-Mechanismus stellt eine nicht
neurohumorale
Adaptation
an
eine
Veränderung der Ejektionsfraktion dar.
Eine Verminderung der Ejektionsfraktion
ist mit einer Zunahme des Restvolumens
in den Herzkammern verbunden. Dies
bewirkt einen Anstieg der Volumenbelastung der Ventrikel und einen Anstieg des
linksventrikulären
enddiastolischen
Füllungsdrucks. Die daraus resultierende
stärkere Dehnung der Ventrikelwand mit
Zunahme der Wandspannung führt zu
einer Verstärkung der Herzmuskelkontraktion und damit zu einer Erhöhung
des Schlagvolumens. Allerdings ist die
Effektivität dieses Mechanismus begrenzt
und nimmt mit zunehmender Einschränkung der Kontraktilität immer mehr ab.
Auch das gesunde Herz reagiert auf eine
sehr hohe Volumenbelastung entsprechend der Kraft-Dehnungs-Beziehung
wegen der Überdehnung wieder mit
einer Abnahme der Förderleistung.
Insgesamt führt die vermehrte Volumenbelastung letztlich zu einer VentrikelDilatation und wirkt sich somit schädlich
auf das insuffiziente Herz aus (Abb. 1).
Renin-Angiotensin-Aldosteron-Systems
Als dritter Kompensationsmechanismus
findet sich bei Herzinsuffizienz eine
Aktivierung
des
Renin-AngiotensinAldosteron-Systems (Abb. 3). Dabei hat
sich Angiotensin II, welches durch das
ACE aus Angiotensin I gebildet wird, als
Katalysator morphologischer Veränderungen des Herzgewebes erwiesen.
Darüber hinaus bewirkt Angiotensin II
eine Blutdrucksteigerung, die sowohl auf
vasokonstriktorischen Effekten als auch
auf einer durch Aldosteron bewirkten
Flüssigkeitsretention beruht. Symptomatik Die Einschränkung der Pumpfunktion des Herzens kann sowohl mit einer
Verminderung
der
Versorgung
von
Organen
und
peripheren
Geweben
(Vorwärtsversagen) als auch mit Stauungssymptomen
(Rückwärtsversagen)
im Lungenkreislauf und im großen
Kreislauf verbunden sein. Hinzu kommen
häufig eine Nykturie (durch nächtliche
Ödemausschwemmung), eine Herzvergrößerung (durch Dilatation der Ventrikel) sowie eine Überaktivität des Sympathikus (durch Barorezeptorreflex).
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Abb. 2: Schematische Darstellung des Barorezeptorreflex. Bei ansteigendem Blutdruck
sorgt eine Aktivierung der Barorezeptoren zu einer Abnahme der Aktivität sympathischer
und einer Zunahme der Aktivität parasympathischer Efferenzen mit der Folge einer
Senkung von Blutgefäßtonus und Herzleistung was zu einer reflektorischen Senkung des
Blutdrucks führt. Bei Abnahme des Blutdrucks, beispielsweise durch Aufstehen aus der
Ruhelage (akut) oder bei dauerhafter Einschränkung der Herzleistung (Herzinsuffizienz)
kehrt sich das Aktivitätsmuster der autonomen Efferenzen um (modifiziert nach Abb. 3.9
aus (4)).
Insgesamt sind die Symptome einer
Herzinsuffizienz vielfältig und unspezifisch, weshalb ausführliche Untersuchungen zur Diagnosestellung erforderlich
sind (1) (Weblink 1):
adäquate Erschöpfung, Rhythmusstörungen, keine Luftnot oder
Angina pectoris.
•
Senkung der Belastungstoleranz
Dyspnoe
Asthma cardiale
Lungenödem
periphere Ödeme
Schwellung der Hautvenen
Nykturie
Pollakisurie
Stauungsleber (u.a. weniger Gerinnungsfaktoren)
portale Hypertension
Stauungsniere
(Oligurie,
evtl.
Anurie)
NYHA Stufe II
Herzerkrankung mit leichter Einschränkung der körperlichen Leistungsfähigkeit. Keine Beschwerden in Ruhe. Alltägliche körperliche Belastung verursacht Erschöpfung, Rhythmusstörungen,
Luftnot oder Angina pectoris.
•
Eines der wichtigsten Symptome ist die
Einschränkung der Belastungstoleranz
der Patienten, d.h. eine fortschreitende
Verminderung der körperlichen Leistungsfähigkeit. Auf diesem Symptom
beruht auch die Einstufung des Schweregrades der Erkrankung nach der „New
York Heart Association“ (NYHA) (nach
Weblink 3):
NYHA Stufe III
Herzerkrankung mit höher gradiger Einschränkung der körperlichen Leistungsfähigkeit bei gewohnter Tätigkeit. Keine Beschwerden in Ruhe. Geringe körperliche Belastung, z.B. gehen,
verursacht Erschöpfung, Rhythmusstörungen, Luftnot oder Angina pectoris. (rezidivierend oder
episodisch)
•
NYHA Stufe IV
Herzerkrankung mit Beschwerden
bei allen körperlichen Aktivitäten
und in Ruhe. Bettlägerigkeit.
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
NYHA Stufe I
Herzerkrankung ohne körperliche
Limitation. Alltägliche körperliche
Belastung verursacht keine in-
Dieser Punktwert beruht nur auf der
Symptomatik und wird nach Angaben
der Patienten ermittelt. Er ist nicht nur
Grundlage der Strategie für die Pharmakotherapie, sondern korreliert auch mit
der Prognose der Patienten.
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Abb. 3: Schematische Darstellung des Renin-Angiotensin-Aldosteron-Systems. Nicht
dargestellt sind die Kaskade der konsekutiven Proteolyse von Angiotensinogen zu Angiotensin I durch Renin und der Abbau von Angiotensin II. Wichtig ist unter anderem, dass
Angiotensin II die Freisetzung von Renin hemmt (negative Rückkopplung). Daher verursachen ACE-Hemmer wie Captopril eine Steigerung der Plasmakonzentration von Renin
und Angiotensin I, während AT1-R-Blocker wie Losartan die Plasmakonzentration von
Renin, Angiotensin I und Angiotensin II. Beide Arzneistoffgruppen wirken sich auch auf
das Kinin-System aus und verursachen dadurch Nebenwirkungen wie Husten (5) und
Angioödeme (6). Allerdings fällt die Beeinflussung des Kinin-Systems bei ACE-Hemmern
deutlich stärker aus, weshalb ACE-Hemmer etwa 5-Mal häufiger Husten und ca. 2-Mal
häufiger Angioödeme auslösen als AT1-R-Blocker (Weblink 4) (ACE=AngiotensinConverting-Enzym, AngII=Angiotensin II, AT1-R=Angiotensin II Typ 1 Rezeptor, AT2R=Angiotensin II Typ 2 Rezeptor, BK1-5=unwirksame Abbauprodukte von Bradykinin).
Je höher die NYHA-Stufe, umso geringer
die
Lebenserwartung.
Der
NYHAPunktwert dient in klinischen Studien
auch zur Evaluation der Effektivität einer
Pharmakotherapie und gilt verglichen mit
der Mortalität als untergeordnet.
Dennoch ist die Verhinderung einer
Hospitalisierung von großer Bedeutung
für die Patienten (Lebensqualität) und
spiegelt daher ebenso wie die Verminderung der Mortalität die therapeutische
Effizienz der Pharmakotherapie wieder.
Eine
Erweiterung
dieser
NYHAKlassifikation schließt auch objektive
Kriterien ein. Hierzu zählt beispielsweise
der Stenosegrad in der Koronarzirkulation oder Ejektionsfraktion).
Pharmakotherapie
Die
wichtigsten
Ziele der Therapie der Herzinsuffizienz
sind die Linderung der Symptomatik zur
Verbesserung der Lebensqualität (s.o.),
die Verminderung Rate an Hospitalisierungen sowie die Verlängerung der
Lebenszeit.
Zu
den
therapeutische
Strategien
bei
der
Herzinsuffizienz
zählen u.a. auch die Reduktion von
körperlicher Belastung und die Verminderung der Aufnahme von Kochsalz
(bewirkt
Volumenreduktion).
Beide
Maßnahmen vermindern die Arbeitsanforderungen an das Herz. Auf die Pharmakotherapie
zur
Behandlung
von
Herzrhythmusstörungen, beispielsweise
Vorhofflimmern (Weblink 6), wird hier
nicht weiter eingegangen.
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Bei akutem Beginn oder Dekompensation
(siehe auch Abb. 1) werden meist
parenteral Arzneistoffe eingesetzt, die
eine rasche Entlastung des Herzens, eine
Verminderung der Dyspnoe, eine Ausschwemmung von Ödemen (insbesondere Lungenödem) sowie eine Steigerung
der Kontraktilität und eine Stabilisierung
des Kreislaufs (insbesondere bei Schock)
bewirken können. Hierzu zählen:
•
Schleifendiuretika wie Furosemid
zur Volumenreduktion und ÖdemAusschwemmung (bei Resistenz
evtl. kombiniert mit Thiaziden),
•
Vasodilatatoren wie Glyceroltrinitrat zur Vorlast- und weniger auch Nachlastsenkung, bewirkt Steigerung des Schlagvolumens
•
Sympathomimetika oder Vasokonstriktoren wie Noradrenalin,
Adrenalin, Dobutamin, Dopamin,
Inhibitoren der Phosphodiesterase
III wie Milrinon oder der Calciumsensitizer Levosimendan bei
schwerwiegender
Beeinträchtigung der kardialen Pumpfunktion
oder schwerwiegender Hypotonie
mit Beeinträchtigung der Organversorgung
Weitere therapeutische Optionen sind
Sauerstoff-Beatmung und Opioide. Eine
Prophylaxe venöser Thromboembolien
wie
tiefe
Beinvenenthrombose
und
Lungenembolie (Weblink 7) sollte
ebenfalls erfolgen.
Bei schleichendem Beginn oder manifester chronischer Herzinsuffizienz sind
ACE-Hemmer Mittel der ersten Wahl und
AT-1-R-Blocker
wie
Valsartan
oder
Candesartan sind Alternativen bei ACEHemmer Unverträglichkeit. Gleichzeitig
kann die Gabe von Saluretika (z.B.
Furosemid oder Thiazide) u.a. Symptome
wie Ödeme, Dyspnoe oder Asthma
cardiale lindern, jedoch haben diese
Arzneistoffe keinen Einfluss auf die
Hospitalisierungsrate oder die Mortalität.
Bei
Verschlimmerung
des
NYHAStadiums trotz ACE-Hemmer oder AT1R-Blocker werden konsekutiv ß-Blocker
und
Aldosteronrezeptor-Antagonisten
eingesetzt.
Bei niedriger Ejektionsfraktion (<35%)
und einer Herzfrequenz >75 Schlä-
136
gen/Minute oder bei ß-Blocker Unverträglichkeit kann eine spezifische Sinusknoten-Depression mit Ivabradin hilfreich sein, auch wenn der Arzneistoff
keinen Effekt auf die Mortalität aufweist
und häufig symptomatische Bradykardie
oder
Phosphene
(Lichtwahrnehmung
ohne Lichteinfall) auslöst (7). Digoxin
kann die Hospitalisierungsrate vermindern hat aber keinen Effekt auf die
Mortalität (8). Zu beachten ist die
proarrhythmische Wirkung von Digoxin,
insbesondere bei Hypokaliämie. Einer
Studie zufolge ist das Todesfallrisiko
durch Digoxin bei Frauen sogar erhöht
(9).
ACE-Hemmer/AT1-R-Blocker Schon vor
mehr als 20 Jahren haben große klinische Studien wie CONSENSUS oder
SOLVD die Effektivität der ACE-Hemmer
im Sinne einer Reduktion von Mortalität
und Hospitalisierungsrate bei Herzinsuffizienz belegt (10, 11). Darüber hinaus
reduzieren ACE-Hemmer sowohl Vor- als
auch Nachlast und können daher auch
die Symptomatik, die Belastungstoleranz
(NYHA-Stadium) und die Lebensqualität
verbessern.
Voraussetzung
für
die
Anwendung ist allerdings ein normaler
Kaliumspiegel (3,5-5,5 mM) sowie eine
nicht zu stark eingeschränkte Nierenfunktion (eGFR≥30 mL/min/1.73 m2).
Außerdem sollte eine einschleichende
Dosierung bis zur der Dosis erfolgen, die
sich als prognostisch wirksam erwiesen
hat. AT1-R-Blocker gelten als Alternative
bei ACE-Hemmer Unverträglichkeit (12).
Beide Arzneistoffgruppen wirken sich
auch auf das Kinin-System aus (Abb.
3)und verursachen dadurch Nebenwirkungen wie Husten und Angioödeme
(siehe auch Weblink 4). Allerdings fällt
die Beeinflussung des Kinin-Systems bei
ACE-Hemmern deutlich stärker aus,
weshalb ACE-Hemmer etwa 5-Mal häufiger Husten und etwa 2-Mal häufiger
Angioödeme auslösen als AT1-R-Blocker.
Schließlich limitiert auch die Nebenwirkung Hyperkaliämie mit der Gefahr von
Herzrhythmusstörungen (Abb. 4) den
therapeutischen Einsatz.
ß-Blocker Da die Etablierung des Stellenwertes der ß-Blocker mehr als 10
Jahre später als die der ACE-Hemmer
stattfand, erfolgte in den entsprechenden Studien die Therapie mit ß-Blockern
als „add-on“-Therapie.
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Herzinsuffizienz - Status Quo und der Neprilysin-Inhibitor Sacubitril
Abb. 4: Schematische Darstellung der Entwicklung einer Hyperkaliämie unter Therapie
mit ACE-Hemmern und/oder AT1-R-Blockern. Die gleichzeitige Gabe von Aldosteronrezeptor-Antagonisten kann eine Hyperkaliämie verschlimmern. Das wichtigste Risiko der
Hyperkaliämie besteht in der Förderung von tachykarden Herzrhythmusstörungen, die
gerade bei Patienten mit Herzinsuffizienz auftreten, oft behandlungsbedürtig sind und
eine wichtige Todesfall-Ursache bei dieser Patientengruppe darstellen (ACE=AngiotensinConverting-Enzym, modifiziert nach Abb. 8.2 aus (4)).
Dies gilt sowohl für das zuerst untersuchte Carvedilol (13, 14), als auch für
Bisoprolol (15) und Metoprolol (16).
Diese drei Arzneistoffe reduzieren die
Mortalität und die Hospitalisierungsrate
und steigern die Lebensqualität bei
bestehender Therapie mit ACE-Hemmern
und Diuretika. Darüber hinaus wirken ßBlocker antiischämisch (antianginös) und
schützen vor tachykarden Herzrhythmusstörungen (z.B. Torsades des Pointes, plötzlicher Herztod), eine häufige
Todesursache bei Patienten mit Herzinsuffizienz. Unter anderem auch deshalb
erscheint es sinnvoll die Therapie direkt
mit einer Kombination aus ß-Blockern
und ACE-Hemmern zu beginnen. Carvedilol wie auch Nebivolol gelten wegen
additiver Wirkungen als vasodilatatorische ß-Blocker. Nebivolol wurde an
älteren Patienten geprüft und reduzierte
den kombinierten primären Endpunkt
aus Mortalität und Hospitalisierungsrate
um knapp 12 % (17). Nach einer Subgruppenanalyse war dieser Effekt nur bei
Frauen nicht aber bei Männern signifikant und ein Effekt auf die Mortalität war
nicht nachweisbar.
Aldosteronrezeptor-Antagonisten
Die
Etablierung des Stellenwertes der Aldosteronrezeptor-Antagonisten erfolgte
etwa zeitgleich mit der der ß-Blocker. In
der ersten Studie wurde berichtet, dass
Spironolacton als „add-on“ Therapie bei
Patienten mit schwerer Herzinsuffizienz
und eingeschränkter Ejektionsfraktion
sowohl die Mortalität als auch die Hospitalisierungsrate deutlich senkte (18).
Allerdings waren zum Zeitpunkt dieser
Studie nur wenige Patienten mit ßBlockern behandelt worden. Insofern ist
es wichtig, dass eine spätere Untersuchung mit Eplerenon, die Patienten unter
ß-Blocker Therapie und mit milder
Symptomatik eingeschlossen hatte, eine
gute prognostische Wirkung aufwies
(19). Besonders zu beachten ist die
Gefahr der Hyperkaliämie, insbesondere
bei gleichzeitiger Therapie mit ACEHemmern
und/oder
AT1-R-Blockern
sowie bei älteren Menschen. Auch hier ist
ein normaler Kaliumspiegel (3,5-5,5 mM)
sowie eine nicht zu stark eingeschränkte
Nierenfunktion (eGFR≥30 mL/min/1.73
m2) Voraussetzung für die Therapie.
Komorbiditäten Die Pharmakotherapie
der Herzinsuffizienz wird durch viele
Komorbiditäten erschwert (Weblink 1).
Hierzu zählen u.a.:
•
•
•
Anämie
Angina pectoris
Asthma
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Herzinsuffizienz - Status Quo und der Neprilysin-Inhibitor Sacubitril
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
COPD
Kachexie
Tumorerkrankungen
Depression
Diabetes
erektile Dysfunktion
Gicht
Hyperlipidämie
Bluthochdruck
Eisenmangel
Einschränkung der Nierenfunktion
Prostatahyperplasie
Schlafstörungen
Wegen
des
häufigen
Vorkommens
solcher Komorbiditäten kann beispielsweise nicht jeder Arzneistoff bei jedem
Patienten verwendet werden. Gründe
hierfür sind vielfältig. So können ACEHemmer, AT1-R-Blocker oder Aldosteronrezeptor-Antagonisten bei Niereninsuffizienz
nicht
eingesetzt
werden.
Andererseits ist möglich, dass die Pharmakotherapie solcher Komorbiditäten
eine Herzinsuffizienz verschlechtert. Dies
gilt beispielsweise für NSAR (Nierenfunktion) oder Estradiol-haltige Arzneimittel
(Flüssigkeitsretention). Daher muss die
Pharmakotherapie der Herzinsuffizienz
unbedingt in ein Gesamtkonzept eingebunden werden.
Neprilysin
Neprilysin (NEP), u.a. auch Endopeptidase-24.11 genannt, ist eine 752
Aminosäuren (human) große membranständige Zn++-haltige Metallopeptidase
(Protease), die von etwa 50 Jahren
erstmals beschrieben wurde (20). Sie
wird vor allem in der Niere, aber auch in
vielen anderen Geweben stark exprimiert
(21).
Hierzu
zählen
beispielsweise
Prostata, Hoden, Darm, Lunge und
Lymphknoten (22). NEP lasst sich ebenfalls in nahezu allen Geweben des kardiovaskulären Systems nachweisen. Auch
in Neuronen, Gliazellen verschiedener
Gebieten des zentralen Nervensystems,
beispielsweise
Nucleus
accumbens,
Plexus choroideus, Substantia nigra,
Tuberculum olfactorium, Putamen oder
der Substantia gelatinosa des Rückenmarks, wird NEP stark exprimiert. Der
ubiquitären Verteilung der NEP in den
Körpergeweben entspricht die SubstratPromiskuität dieser eher unspezifischen
Protease.
138
Als wichtigste Substrate im Hinblick auf
die kardiovaskuläre Physiologie gelten
die natriuretischen Peptide ANP, BNP und
Urodilatin. Zu weiteren Substraten der
NEP gehören u.a. Angiotensin I, Angiotensin II, Endothelin-1 (ET-1), Gastrin,
Adrenomedullin, Neurotensin, Somatostatin,
Corticotropin,
Endorphine,
Enkephaline, Substanz P, Amyloid-βProtein
und
Kinine
einschließlich
Bradykinin (21). Dementsprechend ist
nicht überraschend, dass eine molekularbiologische oder pharmakologische
Manipulation der NEP zu verschiedenen
Wirkungen im Organismus führt. So
zeigen beispielsweise Untersuchungen an
NEP-defizienten
Mäusen
oder
nach
pharmakologischer Hemmung der NEP
einige Wirkungen, die sich bei der Anwendung am Menschen als risikoreich
erweisen könnten.
Alkoholkonsum Pharmakologen aus
Berlin berichteten, dass eine NEPDefizienz oder die Behandlung mit dem
NEP-Hemmer Candoxatril bei Mäusen in
Verbindung mit einem Stress-Stimulus
zu einer deutlichen Erhöhung des freiwilligen Alkoholkonsums führt (23). Interessanterweise kann Candoxatril die
Blut-Hirn-Schranke nicht überwinden,
d.h. es handelt sich offensichtlich um
einen peripheren Mechanismus. Andere
Untersuchungen
an
NEP-defizienten
Mäusen haben erbracht, dass NEP protektive Effekte gegenüber der Entwicklung eines Hypoxie-bedingten Lungenhochdrucks und dem Remodeling von
Lungenarterien aufweist.
Alzheimer-Demenz Wichtig erscheint
ebenfalls, dass NEP auch zur Proteolyse
des Amyloid-β-Proteins beiträgt (24). So
steigt der Gehalt der Amyloid-β-Proteine
Aß40 und Aß42 in Hirnhälften von NEPdefizienten Mäusen deutlich an, ein
Effekt der in ACE-defizienten Mäusen
nicht beobachtet wurde (25). Da Aß42 in
der Pathogenese der Alzheimer-Demenz
eine wichtige Rolle spielt (Weblink 8),
wäre denkbar, dass eine längerfristige
NEP-Hemmung im Rahmen einer therapeutischen Intervention beim Menschen
die Entwicklung einer Alzheimer-Demenz
fördern könnte. Dieses potentielle Risiko
lässt sich wegen der langsamen Progredienz der Erkrankung bis zur eigentlichen
Diagnose kaum im Rahmen klinischer
Studien untersuchen.
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Herzinsuffizienz - Status Quo und der Neprilysin-Inhibitor Sacubitril
Nicht-allergisches Angioödem NEP ist
ebenfalls am Abbau von Bradykinin
beteiligt (21), so dass die nach einer
NEP-Hemmung ansteigende Konzentration von Bradykinin zur Bildung von
teilweise
lebensbedrohlichen
nichtallergischen Angioödemen führen könnte. Für diese von AT-1-R-Blockern und
vor allem von ACE-Hemmern gut bekannte Nebenwirkung (Abb. 5, Weblink
4) gibt es bislang keine klinisch geprüfte
und
zugelassene
Behandlungsoption
(26).
Rezeptor nur in Endothelzellen fehlt,
weisen auf eine erhöhte endotheliale
Permeabilität hin (29).Insgesamt gesehen erscheint die Beeinflussung der NEPAktivität aus pharmakologischer Sicht
zwar einerseits vielversprechend, andererseits muss mit einer Reihe von unerwünschten Effekten gerechnet werden,
die auf der Veränderung endogener
peptidischer Mediatoren beruhen, die
sich aus einer Förderung oder Hemmung
der NEP-Aktivität ergeben. Der erste
NEP-Inhibitor, für den nun die Ergebnisse eine Phase III Studie vorgelegt wurden, ist Sacubitril. Dieser neue Wirkstoff
wurde in Kombination mit Valsartan bei
Patienten mit Herzinsuffizienz geprüft
(30).
Die PARADIGM-HF-Studie
Abb. 5: Ein 62 Jahre alter männlicher
Patient wurde mit Dyspnoe, geschwollener Zunge und starken Schmerzen in der
HNO-Klinik des Universitätsklinikums
Düsseldorf vorstellig. Die Symptome
hatten sich in wenigen Stunden entwickelt. Der Patient hatte keine Allergie in
der Anamnese und zeigte keine Zeichen
einer allergischen Reaktion. Er hatte
einen implantierten Herzschrittmacher
und wurde wegen Hypothyreose, Hypertonie und benigner Prostatahyperplasie
mit Enalapril (5 mg/Tag, seit 7 Jahren),
Phenprocoumon (INR 2,7), L-Thyroxin
(150 mg/Tag) und Tamsulosin (4
mg/Tag) behandelt. Die sich aus der
laryngealen
Obstruktion
ergebende
Ventilationsbehinderung wurde durch
eine fiberoptischen nasotracheale Intubation behandelt (Abb. aus (31)).
Einige Fallberichte (27) sowie eine
Fallserie haben jedoch erste Hinweise
dafür erbracht, dass der Bradykinin Typ
2 Rezeptor-Antagonist Icatibant eine
klinisch nützliche Behandlungsmöglichkeit darstellt (28). Dieser Arzneistoff
wurde bereits im September 2008 für die
Behandlung des hereditären Angioödems
zugelassen. Auch die Hemmung des
Abbaus von ANP könnte solche Angioödeme fördern, denn Untersuchungen
an transgenen Mäusen, denen der ANP-
Ratio Die Ratio einen NEP Inhibitor zur
Behandlung der Herzinsuffizienz einzusetzen, beruht im Wesentlichen auf den
kardiovaskulär protektiven Effekten der
atrialen natriuretischen Peptide (ANPs)
ANP, BNP und Urodilatin, die durch
Neprilysin abgebaut werden (32). Diese
aus 28-32 Aminosäuren bestehenden
Peptide werden in Herz, Blutgefäßwand
und Niere durch erhöhten Druck und
Überdehnung
der
Herzvorhofwand
vermehrt
ausgeschüttet.
Auch
der
Sympathikus durch ß-Adrenozeptoren,
Angiotensin II und Endothelin führen zur
Freisetzung der ANPs (33). Die biologischen Wirkungen der ANPs sind vielfältig
und umfassen:
•
•
•
•
•
•
•
•
Diurese
Natriurese
Hemmung der Freisetzung von
Aldosteron
antihypertrophische Effekte
antifibrotische Effekte
Hemmung der Proliferation von
glatten Muskelzellen, Mesangiumzellen und Fibroblasten
Erhöhung der Permeabilität des
Endothels gegenüber Makromolekülen
Förderung der Angiogenese
Sie lassen sich daher als funktionelle
Antagonisten der o.g. Stimuli auffassen,
die die neurohumorale Überaktivierung
bei Herzinsuffizienz, die u.a. zu Vasokonstriktion, Natriumretention und Remode-
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Herzinsuffizienz - Status Quo und der Neprilysin-Inhibitor Sacubitril
ling führt (s.o.), reduziert. Daher könnte
sich die Hemmung des Abbaus der ANPs
durch Neprilysin-Inhibitoren zur Therapie
der Herzinsuffizienz eignen (30).
Studienprotokoll Es handelt sich um
eine randomisierte doppelblinde Studie
an 8442 Patienten mit Herzinsuffizienz,
die entweder mit Enalapril (10 mg
zweimal täglich) oder mit LCZ696 (200
mg zweimal täglich), einer Kombination
von Valsartan (160 mg) mit dem NEPInhibitor Sacubitril (40 mg), behandelt
wurden. Eingeschlossen wurden Patienten mit Herzinsuffizienz (NYHA II-IV),
eingeschränkter
linksventrikulärer
Funktion (Ejektionsfraktion erst <40 %,
später nach Änderung des Studienprotokolls <35 %) und einer Plasmakonzentration von >150 pg/ml BNP (>100pg/ml
bei Hospitalisierung wegen Herzinsuffizienz in den letzten 12 Monaten).
Vor der eigentlichen Randomisierung
erfolgte eine schrittweise Selektion der
ursprünglich 10.513 Patienten. Dabei
erhielten die Patienten in der ersten
Phase im Mittel für 15 Tage (14-21 Tage)
Enalapril. Bereits in dieser Phase beendeten 1.102 Patienten die Studie, hauptsächlich wegen nicht akzeptabler Nebenwirkungen (591 Patienten), die
allerdings in der Publikation nicht näher
spezifiziert wurden. Gleiches galt für die
zweite Phase vor der Randomisierung,
während welcher die verbleibenden 9419
Patienten im Mittel für 29 Tage (26-35
Tage) LCZ696 erhielten. Auch während
dieser Phase beendeten 977 Patienten
überwiegend wegen nicht akzeptabler
Nebenwirkungen (547 Patienten) die
Studie.
Der primäre zusammengesetzte Endpunkt der Studie war kardiovaskulärer
Tod oder eine Hospitalisierung wegen
Herzinsuffizienz. Als sekundäre Endpunkte fungierten ein Fragebogen zur Symptomatik der Herzinsuffizienz, die Zeit bis
zum ersten Auftreten einer Verschlechterung der Nierenfunktion und das Neuauftreten von Vorhofflimmern. Die Auswertung erfolgte nach der „intention-totreat“ Methode.
Effektivität Die Studie wurde wegen der
deutlich besseren Wirkung von LCZ696
gegenüber Enalapril dem Studienprotokoll entsprechend vorzeitig abgebrochen.
Die
mediane
Behandlungsdauer
in
beiden Gruppen betrug 27 Wochen. Trotz
der ausführlichen Selektion der Patienten
betrug die Abbruchquote nahezu 20 %
(LCZ696: 17,8%, Enalapril: 19,8%,
P<0,02). Die Effektivität der neuen
Kombination zeigte sich an der signifikant niedrigeren Rate des primären
Endpunktes (Abb. 6). So reduzierte
LCZ696 nicht nur den kombinierten
Endpunkt um 20 %, sondern auch Rate
jedes einzelnen der beiden Ereignisse
dieses Endpunktes und die Rate von
Todesfällen irgendeiner Ursache um
ebenfalls etwa 20 %. Die absolute
Reduktion kardiovaskulärer Todesfälle
betrug 3,2 %. Auch die Auswertung des
Symptomfragebogens ergab eine geringere Verschlechterung der Symptome
unter Therapie mit LCZ696.
Die Ergebnisse der präspezifizierten
Subgruppenanalyse zeigten, dass die
positiven Effekte von LCZ696 unter
folgenden Bedingungen nicht auftraten
bzw. nicht signifikant waren:
•
•
•
•
•
•
Alter >75 Jahre
schwarze und asiatische Patienten
sowie geborene Amerikaner
Patienten aus Asien/Pazifikraum
und Westeuropa (nicht Zentraleuropa)
schwere Symptomatik (NYHA IIIIV)
Ejektionsfraktion >35 %
ACE-Hemmer naive Patienten
Auch wenn eine Subgruppenanalyse eine
deutlich geringere Evidenzkraft aufweist
als die Hauptanalyse, bleiben Zweifel
hinsichtlich
der
Überlegenheit
von
LCZ696 gegenüber Enalapril bei diesen
Patientengruppen. Interessant ist die
fehlende
Überlegenheit
gegenüber
Enalapril bei Patienten mit einer Ejektionsfraktion >35%, denn das Einschlusskriterium Ejektionsfraktion wurde während der Studie von <40% auf <35%
reduziert.
Nebenwirkungen Die Analyse der
Nebenwirkungen zeigte sowohl Vorteile
als auch Nachteile für LCZ696. Als
häufigste
Nebenwirkung
gegenüber
Enalapril trat eine symptomatische
Hypotonie auf (P<0.001). Dagegen
waren ein Anstieg des Serumspiegels für
Kreatinin (Maß für die Verschlechterung
der Nierenfunktion) auf >2,5 mg/ml, ein
Anstieg der Serumspiegel für Kalium auf
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Abb. 6: Effektivität von LCZ696 gegenüber Enalapril bei Patienten mit Herzinsuffizienz.
Dargestellt ist die kumulative Wahrscheinlichkeit den kombinierten Endpunkt aus kardiovaskulärem Tod und Hospitalisierung wegen Herzinsuffizienz über einen Zeitraum von
27 Monaten (Abb. modifiziert nach (30)).
einen Wert von >6 mmmol/l und das
Auftreten von Husten signifikant seltener
als bei der Behandlung mit Enalapril.
Dennoch trat Reizhusten, der bei ACEHemmer-Therapie auf die Hemmung des
Bradykinin-Abbaus zurückführt wird (5),
immerhin mit einer Häufigkeit von
11,3% auf. Dies ist angesichts der
Ergebnisse einer anderen große klinischen Studien mit Valsartan (12) zunächst überraschend, denn in dieser
Studie lag die Häufigkeit von Husten
etwa 3-fach niedriger als bei Captopril.
Daher liegt die Vermutung nahe, das
Sacubitril über die Hemmung von Neprilysin zu einer klinisch relevanten Akkumulation von Bradykinin führt.
Diese Vermutung wird auch durch die
Häufigkeit des Auftretens von Angioödemen gestützt. Zunächst erscheint
die geringe Häufigkeit von Angioödemen
in der Enalapril-Gruppe von insgesamt
0,24 % überraschend. Andere große
klinische Studien mit ACE-Hemmern
hatten über eine doppelt so hohe Häufigkeit berichtet (12, 34, 35). Die Gründe
dafür sind unklar. Darüber hinaus traten
in der LCZ696-Gruppe doppelt so häufig
Angioödeme auf wie in der EnalaprilGruppe, obwohl frühere große klinische
Studien
übereinstimmend
berichtet
hatten, dass AT-1-R-Blocker seltener
Angioödeme
verursachen
als
ACE-
Hemmer (12, 35). Es ist also davon
auszugehen, dass Sacubitril über die
Hemmung des Abbaus von Bradykinin
die Rate von Angioödemen bei gleichzeitiger Therapie mit Valsartan mehr erhöht
als die Therapie mit einem ACE-Hemmer
allein. Darüber hinaus ist bekannt, dass
sich insbesondere schwerwiegende Fälle
von Angioödemen rasch zu einer potentiell
lebensbedrohlichen
laryngealen
Obstruktion entwickeln können (28).
Daher erscheint es wichtig darauf hinzuweisen, dass der von den Autoren zur
Verminderung von kardiovaskulärem Tod
und Hospitalisierung favorisierte routinemäßige Austausch von ACE-Hemmern
gegen die Kombination LCZ696 mit
diesem Sicherheitsrisiko verbunden ist.
Fazit
Insgesamt gesehen stellt die Kombination LCZ696 trotz der o.g. Einschränkungen hinsichtlich Effektivität (Subgruppen) und Sicherheit (Hypotonie, Angioödeme) eine deutliche Verbesserung
der Therapie der Herzinsuffizienz und
damit einen Fortschritt dar, den es für
lange Zeit nicht mehr gegeben hat. Wie
bei allen neuen Arzneistoffen liegen
keine
Langzeiterfahrungen
vor.
Da
jedoch zu erwarten ist, dass die meisten
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Herzinsuffizienz - Status Quo und der Neprilysin-Inhibitor Sacubitril
NYHA II oder NYHA III Patienten (94,7
% der Studienpopulation) für mehr als
6-7 Jahre mit LCZ696 behandelt werden
müssten, sollte dem eventuell möglichen
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Anstieg des Risikos eine AlzheimerDemenz zu entwickeln (Abbau-Hemmung
des Amyloid-β42-Proteins) besondere
Beachtung geschenkt werden.
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Hinweis:
Diese Einführung ist Bestandteil des ganztägigen Seminars “Pharmakotherapie von HerzKreislauferkrankungen” des Autors, welches im Rahmen der Weiterbildung zum “Fachapotheker für Arzneimittelinformation” durch die Apothekerkammern Nordrhein und
Westfalen-Lippe angeboten wird.
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Impressum:
http://www.uni-duesseldorf.de/kojda-pharmalehrbuch/FortbildungstelegrammPharmazie/impressum.html
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