WALTHER -M EISSNER -I NSTITUT Bayerische Akademie der Wissenschaften L EHRSTUHL F ÜR T ECHNISCHE P HYSIK E23 Technische Universität München PD D R . L AMBERT A LFF DATUM 23. April 2002 Übungsaufgaben zur Experimentalphysik IV II. Schrödinger-Gleichung, Drehimpulsoperator Aufgabe 6: Schrödinger-Gleichung für eine Potenzialschwelle/-barriere Ein Teilchen bewege sich in einem Potenzial V , das bei x = 0 eine Schwelle der Höhe V0 aufweist, also durch ( 0 V (x) = V0 für x < 0 für x ≥ 0 gegeben ist. 1. Mit welcher Wahrscheinlichkeit p wird ein von links (x < 0) kommendes Teilchen mit der kinetischen Energie E an der Potenzialschwelle reflektiert, wenn E > V0 ist? (Hinweis: Lösen sie die zeitunabhängige Schrödingergleichung links und rechts von der Potenzialschwelle durch Ansätze der Form αi · exp{qi · x} und bestimmen Sie die Amplituden αi aus der Bedingung, dass die Wellenfunktion und ihre erste Ableitung bei x = 0 stetig sein müssen.) 2. Wie sieht die Wellenfunktion im Fall E < V0 aus? 3. Nun soll statt einer Potenzialstufe eine Potenzialbarriere betrachtet werden, d. h. ein Potenzial der Form für x < 0 0 V (x) = V0 für 0 ≤ x ≤ a 0 für x > a Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein von links kommendes Teilchen mit Energie E < V0 die Barriere durchdringt (Tunneleffekt)? 4. Wie würde ein klassisches Teilchen sich in den Fällen 1, 2 und 3 verhalten? Lösung 6: Schrödinger-Gleichung für eine Potenzialschwelle/-barriere 1. Die zeitunabhängige Schrödingergleichung lautet für ein konstantes Potential V ~2 d2 d2 ψ 2m − + V ψ = Eψ bzw. = − 2 (E − V )ψ. 2 2 2m dx dx ~ Telefon: E–Mail: HTTP: +49-89-289-14226 [email protected] http://www.wmi.badw.de WALTHER -M EISSNER -S TRASSE 8 D-85748 G ARCHING G ERMANY S EITE 2 V 6 V0 Region I Region II -x Der Lösungsansatz ψ = A · eqx führt auf ⇒ ⇒ d2 ψ 2m = q 2 Aeqx = − 2 (E − V )Aeqx 2 dx ~ 2m(E − V ) 2 q =− 2 ( p~ ±i 2m(E − V )/~ für E > V p q= ± 2m(V − E)/~ für E < V . Die allgemeine Lösung lautet für konstantes Potenzial V also ( p A · eikx + B · e−ikx mit k = 2m(E − V )/~ p ψ(x) = A · eqx + B · e−qx mit q = 2m(V − E)/~ für E > V für E < V . Im vorliegenden Fall ist im Bereich I V = 0 < E und im Bereich II V = V0 < E, d.h. links und rechts von der Potenzialschwelle hat man ebene Wellen als Lösung der Schrödingergleichung. Die gesuchte Lösung soll sich zusammensetzen aus einer einfallenden, einer reflektierten und einer transmittierten Welle. Die Amplitude der einfallenden Welle wird willkürlich 1 gesetzt. Damit hat man ( eik1 x + A · e−ik1 x für x < 0 ψ(x) = B · eik2 x für x > 0 p √ mit k1 = 2mE/~ und k2 = 2m(E − V0 )/~. Die Wahrscheinlichkeit, dass das Teilchen reflektiert wird, ergibt sich aus dem Verhältnis der Betragsquadrate der einfallenden und der reflektierten Welle: p= A · e−ik1 x 2 2 |e−ik1 x | = |A|2 . Es bleibt also, die Amplituden A und B zu bestimmen. Bei x = 0 müssen ψ(x) und ψ 0 (x) stetig sein: ψI (0) = ψII (0) 0 ψI0 (0) = ψII (0) Dies führt auf 1+A=B k2 1−A= B k1 (wegen ik1 − Aik1 = Bik2 ) S EITE 3 Man addiert die beiden Ausdrücke um B zu erhalten: 1 k2 2 2 p 1= 1+ B ⇒ B = 2 k1 1 + k2 /k1 1 + 1 − V0 /E Man subtrahiert die beiden Ausdrücke und erhält für A: 1 A= 2 k2 1− k1 B= 1− p 1+ p 1 − V0 /E 1 − V0 /E . Die Wellenfunktion lautet also p 1 − 1 − V0 /E −ik1 x ik x 1 p + e e 1 + 1 − V0 /E ψ(x) = 2 p eik2 x 1 + 1 − V0 /E für x < 0 für x > 0 Und für die Reflexionswahrscheinlichkeit erhält man 2 p = |A| = !2 p 1 − V0 /E p . 1 + 1 − V0 /E 1− 2. Im Falle E < V0 ist die Lösung von der Form ( eikx + A · e−ikx für x < 0 ψ(x) = qx −qx B·e +C ·e für x > 0 p √ mit k = 2mE/~ und q = 2m(V0 − E)/~. Damit die Wellenfunktion normierbar ist, muss B = 0 sein. Die Stetigkeitsbedinungen für ψ(x) und ψ 0 (x) bei x = 0 liefern 1+A=C iq 1−A= C k (wegen ik(1 − A) = −qC) Man addiert die beiden Ausdrücke um C zu erhalten: 1 iq 2 2 p 1= 1+ C ⇒ C = 2 k 1 + iq/k 1 + i V0 /E − 1 Man subtrahiert die beiden Ausdrücke und erhält für A: 1 A= 2 iq 1− k p 1 − i V0 /E − 1 1 − iq/k p . C= = 1 + iq/k 1 + i V0 /E − 1 Die Wellenfunktion lautet also p 1 − i V0 /E − 1 −ikx ikx e + p e 1 + i V /E − 1 0 ψ(x) = 2 p e−qx 1 + i V0 /E − 1 Und die Reflexionswahrscheinlichkeit ist 1: für x < 0 für x > 0 S EITE 4 p p 1 − i V0 /E − 1 1 + i V0 /E − 1 p p p = |A| = AA = · =1 1 + i V0 /E − 1 1 − i V0 /E − 1 2 ∗ V 6 V0 Region I Region II Region III 0 a -x 3. Ist der Bereich II, in dem V > E gilt, von endlicher Breite, so schließt sich an die in diesem Bereich gemäß exp{−qx} exponenziell abfallende Wellenfunktion bei x = a wieder eine ebene Welle an: D. h. es existiert eine endliche Wahrscheinlichkeit, dass ein auf eine Potentialbarriere zulaufendes Teilchen diese durchdringt. Näherungsweise ergibt sich die Tunnelwahrscheinlichkeit T aus den Amplituden der exponentiell abfallenden Wellenfunktion bei x = 0 und x = a: ! r ψ(a) 2 2m(V − E) 0 ≈ e−2qa = exp −2a T = . ψ(0) ~2 Dies gilt nur näherungsweise, da - um die Stetigkeit der Ableitung ψ 0 (a) zu gewährleisten - im Bereich II auch eine exponenziell ansteigende Komponente auftritt. Diese Komponente führt insbesondere dazu, dass die Reflektionswahrscheinlichkeit um die Tunnelwahrscheinlichkeit vermindert wird. Das Ergebnis für die Tunnelwahrscheinlichkeit ändert sich bei korrekter (elementarer aber langwieriger!) Rechnung nicht wesentlich. 4. (a) Das Teilchen würde zu 100% mit verminderter Geschwindigkeit transmittiert. Die endliche Reflektionswarscheinlichkeit ist ein reiner Quanteneffekt. (b) Das Teilchen würde wie im quantenmechanischen Fall zu 100% reflektiert. (c) Auch hier würde das Teilchen zu 100% reflektiert. Der Tunneleffekt ist rein quantenmechanischer Natur. Aufgabe 7: Vertauschungsrelationen des Impulses und Drehimpulses In der Quantenmechanik sind der Impuls- und der Drehimpulsoperator definiert durch p~ = −i~∇ ~ = ~r × p~. L a) Zeigen Sie, in dem Sie die Komponenten von p~ auf ψ(~r), bzw. ~rψ(~r) anwenden, dass gilt: i i [pα , β] = (pα β − βpα ) = δαβ ~ ~ α, β = x, y, z S EITE 5 b) Zeigen Sie, dass für die Drehimpulskomponenten gilt: [Lx , Ly ] = i~Lz ; [Ly , Lz ] = i~Lx ; [Lz , Lx ] = i~Ly . Lösung 7: Vertauschungsrelationen des Impulses und Drehimpulses a) Zunächst wenden wir den Nabla-Operator ∇ auf ~rψ(~r) an und betrachten die x-Komponente: ∇x xψ(~r) = ψ(~r) + x∇x ψ(~r) ⇔ (∇x x − x∇x ) ψ(~r) = ψ(~r). Es folgt für x, y, z (hier nur für x gezeigt): i i [px , x] = [−i~∇x , x] = [∇x , x] = 1. ~ ~ Nun betrachten wir die y-Komponente: ∇y xψ(~r) = x∇y ψ(~r) ⇔ [∇y , x]ψ(~r) = 0. Es folgt für x, y, z (hier nur für x gezeigt): i i [py , x] = [−i~∇y , x] = [∇y , x] = 0. ~ ~ ~ = ~r × p~ wird in die Komponenten aufgedröselt: Lx = ypz − zpy , Ly = zpx − xpz und Lz = xpy − b) L ypx . Also ist [Lx , Ly ] = [ypz − zpy , zpx − xpz ] = [ypz , zpx ] − [zpy , zpx ] − [ypz , xpz ] + [zpy , xpz ]. Allgemein gilt [A1 A2 , A3 A4 ] = [A1 , A3 ]A2 A4 +A1 [A2 A3 ]A4 +A3 [A1 , A4 ]A2 +A3 A1 [A2 A4 ]. Dies ist etwas mühsam herzuleiten. Das deuten wir hier nur mal an: [A, BC] = ABC − BCA = ABC − BAC + BAC − BCA = [A, B]C + B[A, C]... Mittel der Beziehung aus dem Aufgabenteil a) erhalten wir schnell: [ypz , zpx ] = 0 + y[pz , z]px + 0 + 0 = −i~ypx , [zpx , zpy ] = 0, [ypz , xpz ] = 0 und [zpy , xpz ] = 0 + 0 + x[z, pz ]py + 0 = i~xpy . Gesamt ergibt sich damit [Lx , Ly ] = i~(xpy − ypx ) = i~Lz . Durch zyklisches Vertauschen erhalten wir die beiden anderen Beziehungen.