Das schwache Herz Diagnose und Therapie der Herzinsuffizienz heute Inhalt I Wie zeigt sich das schwache Herz? III Therapie durch Schrittmacher V Der Patient mit Herzschwäche im Alltag VII Vorbeugung der Herzschwäche II Herzschwäche erkannt: Was tun? IV Wenn Therapien nicht mehr helfen VI Betreuungsprogramme I Wie zeigt sich das schwache Herz? Chronische Herzschwäche ist häufig In Deutschland leben etwa 1,8 Millionen Menschen mit chronischer Herzschwäche. Jedes Jahr kommen etwa 300.000 Patienten neu hinzu. 50.000 sterben daran jährlich. Herzschwäche ist der häufigste Grund für Krankenhauseinweisungen. Was ist chronische Herzschwäche? Wenn die Pumpfunktion des Herzmuskels zu gering ist, um die Organe ausreichend mit Blut zu versorgen, besteht eine Herzschwäche. Aorta linker Vorhof Aortenklappe Pulmonalklappe rechter Vorhof Trikuspidalklappe rechte Herzkammer Mitralklappe linke Herzkammer Herzschwäche tritt in verschiedenen Formen auf Systolische Herzschwäche zu geringe Pumpkraft des Herzmuskels Diastolische Herzschwäche ungenügende Entspannungsfähigkeit des Herzmuskels nicht ausreichende Füllung häufig verdickter Herzmuskel normales und vergrößertes Herz fast alle Patienten leiden an Bluthochdruck Bei Herzschwäche kommt es oft zu einer Vergrößerung des Herzens. Wie zeigt sich die chronische Herzschwäche? beginnt schleichend und oft unbemerkt Atemnot bei Belastung Abnahme der Leistungsfähigkeit (Treppensteigen, Bergangehen, schnell laufen) müde, abgeschlagen Schwellungen an Knöcheln, Unterschenkeln (Wassereinlagerung) rascher Herzschlag Bei diesen Symptomen unbedingt den Arzt aufsuchen! Herzschwäche ist eine Erkrankung, die fortschreitet. Wie die Herzschwäche fortschreitet (NYHA-Klassifikation) NYHA I Herzschwäche ohne körperliche Einschränkungen. Alltägliche körperliche Belastung verursacht keine Erschöpfung, Rhythmusstörungen oder Luftnot. Wie die Herzschwäche fortschreitet (NYHA-Klassifikation) NYHA II Herzschwäche mit leichter Einschränkung der körperlichen Leistungsfähigkeit. Keine Beschwerden in Ruhe. Alltägliche körperliche Belastung verursacht Erschöpfung, Rhythmusstörungen oder Luftnot. Wie die Herzschwäche fortschreitet (NYHA-Klassifikation) NYHA III Herzschwäche mit höhergradiger Einschränkung der Leistungsfähigkeit bei gewohnter Tätigkeit. Keine Beschwerden in Ruhe. Geringe körperliche Belastung verursacht Erschöpfung, Rhythmusstörungen oder Luftnot. Wie die Herzschwäche fortschreitet (NYHA-Klassifikation) NYHA IV Herzschwäche mit Beschwerden bei allen körperlichen Aktivitäten und in Ruhe. Bettlägerigkeit. Die wichtigsten Ursachen Herzschwäche ist keine eigenständige Erkrankung. Sie ist vielmehr das gemeinsame Endstadium zahlreicher Herzkrankheiten z.B. koronare Herzkrankheit hoher Blutdruck Weitere Ursachen Herzklappenerkrankungen entzündliche Herzkrankheiten (z. B. nach verschleppter Grippe) angeborene Herzfehler Alkohol, Drogen, Medikamente Wie wird eine Herzschwäche festgestellt? Vorgeschichte Liegen typische Beschwerden (NYHA-Klasse!) vor? Liegt ein Lungenödem vor (Abklopfen und Abhören der Lunge)? Wie wird eine Herzschwäche festgestellt? Ergeben sich beim Hausarzt geringste Hinweise auf Herzschwäche: unbedingt Überweisung zum Kardiologen! Die Herzschwäche wird oft zu spät diagnostiziert. Untersuchungen Bei jedem Patienten mit Herzschwäche muss eine vollständige diagnostische Abklärung erfolgen. RV RA LV LA LV RV RA Gesundes Herz LA Patient mit diastolischer Herzschwäche, Wand der linken Herzkammer ist deutlich verdickt. Wichtigste Untersuchung Ultraschalluntersuchung (Echokardiographie): Größe der Herzhöhlen Bewegung der Herzwände Dicke des Herzmuskels Auswurffraktion gesundes Herz Hinweise auf Klappendefekte Das Unterlassen einer echokardiographischen Untersuchung ist ein unentschuldbarer Fehler. starke Erweiterung der linken Herzkammer bei Herzschwäche Weitere Untersuchungen Ruhe-EKG: kann auf eine Verdickung des Herzmuskels oder einen abgelaufenen Herzinfarkt hinweisen. Belastungs-EKG Röntgenaufnahme des Brustkorbs ggf. Herzkatheteruntersuchung Laborwerte (unter anderem NT-proBNP) Biomarker Das Hormon NT-proBNP ist ein Marker für Herzschwäche: Ist der Wert normal, beruht eine Atemnot nicht auf einer Herzschwäche. Unter erfolgreicher Behandlung geht der Wert zurück. Die wiederholte Bestimmung eignet sich zur Erfolgskontrolle der Therapie. Begleiterkrankungen Bei Herzschwäche leidet der gesamte Organismus unter Mangeldurchblutung. Daher treten oft Begleiterkrankungen auf, die erkannt und behandelt werden müssen: Atemwegserkrankungen Nierenfunktionsstörungen schlafbezogene Atmungsstörungen Rhythmusstörungen Blutarmut Depression Akute Herzschwäche Die chronische Herzschwäche entsteht schleichend über Monate und Jahre. Die akute Herzschwäche entsteht innerhalb von Minuten bis Stunden mit dramatischen Folgen. Brustwand-EKG eines 81-jährigen Patienten, der mit einer Herzfrequenz zwischen 30 und 45/min mit akuter Herzschwäche auf die Intensivstation kam. Akute Herzschwäche Akute Herzschwäche kann in zwei Formen auftreten: akutes Herzversagen (kardiogener Schock bei Infarkt) Lungenödem (z.B. Entgleisen einer chronischen Herzschwäche) Sofort den Rettungswagen rufen! Akutes Herzversagen (kardiogener Schock) Herzschmerzen Luftnot schaumiger Husten kaltschweißige Haut Herzrasen Blutdruckabfall Bewusstlosigkeit Lungenödem schwere Atemnot (am schlimmsten im Liegen) Husten mit Schaum aus Rachen und Mund Das Lungenödem ist ein Notfall. Sofort Notarzt rufen: Jede Minute zählt! Lungenödem bei bettlägerigem Patient. 10 Jahre nach Bypass-OP: akute Herzschwäche mit Lungenstauung. Faktoren, die eine akute Herzschwäche auslösen Herzinfarkt/instabile Angina pectoris Entgleisung einer chronischen Herzschwäche Hochdruckkrise akute Rhythmusstörungen (Herzrasen, Kammerflimmern, Vorhofflimmern oder -flattern, andere schnelle Herzrhythmusstörungen aus dem Vorhof) Herzklappeninsuffizienz (undichte Herzklappen), insbesondere schwere Mitralklappeninsuffizienz (Endokarditis, Abriss der Sehnenfäden, Verschlechterung einer vorbestehenden Klappeninsuffizienz) Faktoren, die eine akute Herzschwäche auslösen entgleiste Verengung der Aortenklappe (dekompensierte Aortenklappenstenose) akute Herzmuskelentzündung (Myokarditis) Herzbeutelerguss mit Flüssigkeitsansammlung Einriss der Aorta (Aortendissektion) Schwangerschaftskardiomyopathie Herzversagen mit gesteigerter Pumpleistung Sepsis Schilddrüsenkrise Blutarmut arteriovenöse Shuntverbindung Shunt-Herzfehler Faktoren, die eine chronische Herzschwäche verschlechtern Nicht vom Herzen ausgehend unvernünftige Einnahme von Kochsalz, Flüssigkeit, Medikamenten zusätzliche Medikamente: z.B. gegen Herzrhythmusstörungen (außer Amiodaron), Antirheumatika, Schmerzmittel, Verapamil, Diltiazem Infektionen Alkoholmissbrauch Nierenfunktionsstörung (auch übertriebener Gebrauch von Diuretika) Lungenembolie Bluthochdruck Über- und Unterfunktion der Schilddrüse Blutarmut Faktoren, die eine chronische Herzschwäche verschlechtern Vom Herzen ausgehend Vorhofflimmern mit Herzrasen andere schnelle Herzrhythmusstörungen aus den Vorhöfen oder Herzkammern extrem langsamer Herzschlag exzessive Vorlastreduktion (z.B. durch Diuretika + ACE-Hemmer) II Herzschwäche erkannt: Was tun? Beste Strategie: Behandlung der Ursachen Koronare Herzkrankheit: Durchblutung wiederherstellen: Dilatation/Stent, Bypass-Operation Risikofaktoren für koronare Herzkrankheit mindern: Rauchstopp, Ernährungsumstellung usw. Nach der Operation: Darstellung eines Bypasses mit Brustwandarterie Bluthochdruck konsequente Senkung durch gesunden Lebensstil, Abbau von Übergewicht und durch Medikamente Blutdruckwerte unter 140/90 mmHg senken bewährt: Blutdruckmedikamente, die auch auf Herzschwäche günstig wirken, wie ACE-Hemmer, Sartane (AT1-Antagonisten) und Betablocker; keine Calciumantagonisten vom Verapamiloder Diltiazem-Typ Herzklappenerkrankungen Korrektur durch Operation oder Intervention mit Kathetertechnik rechtzeitig operiert, wird die Herzschwäche nachhaltig gebessert Hochgradige Undichtigkeit der Mitralklappe Nach Mitralklappenrekonstruktion Beste Strategie: Behandlung der Ursachen Seltene Ursachen, die bei vollständiger Abklärung gefunden werden können: Herzscheidewanddefekte offener Ductus Botalli korrigierte Transposition der großen Gefäße Non-Compaction-Kardiomyopathie arrhythmogene rechtsventrikuläre Dysplasie kardiale Amyloidose Herzbeteiligung bei Morbus Fabry kardiale Sarkoidose so genannte stumme Mitralstenosen Aortenklappenstenosen im hohen Lebensalter Beste Strategie: Behandlung der Ursachen Wenn Alkohol, Drogen oder bestimmte Medikamente (Zytostatika) zur Herzschwäche geführt haben, müssen diese Auslöser strikt vermieden werden. Medikamente bei Herzschwäche Behandlungsziele: Verbesserung der Herzleistung Verbesserung der Lebensqualität Verbesserung der Lebenserwartung Medikamente bei Herzschwäche Folgende Medikamente kommen bei Herzschwäche zum Einsatz: Betablocker ACE-Hemmer/Sartane Diuretika Aldosteronantagonisten Herzglykoside Eigenmächtiges Absetzen von Medikamenten kann zu lebensbedrohlichen Krisen führen. Betablocker Wirkung: Schutz vor Stresshormonen (Noradrenalin) Verbesserung der Prognose - nur gesichert bei: Metoprolol, Bisoprolol, Carvedilol; bei älteren Patienten auch Nebivolol mit niedriger Dosis beginnen (1/10 der Zieldosis) anfangs: möglicherweise Abnahme der Leistungsfähigkeit Behandlungserfolg: Belastbarkeit steigt nach drei bis sechs Monaten Betablocker Gegenanzeigen: Asthma bronchiale niedriger Blutdruck langsame Herzfrequenz ACE-Hemmer/Sartane Wirkung: verhindern schädliche Umbauprozesse steigern Leistungsfähigkeit verbessern Prognose Nebenwirkungen: lösen in etwa 5% trockenen Husten aus (dann Wechsel zu Sartanen) ACE-Hemmer/Sartane Regelmäßige Kontrollen von Kaliumspiegel und Nierenfunktion: zu Therapiebeginn bei Dosierungsänderung in der Folge: halbjährlich Wichtig: Therapiebeginn mit niedriger Dosierung (Gefahr von Ohnmachtsanfällen) Diuretika Wirkung: schwemmen Wasser aus entlasten das Herz 2 Gruppen: klassische Diuretika kaliumsparende Diuretika Diuretika Nebenwirkungen: erhöhtes Risiko für lebensgefährliche Herzrhythmusstörungen bei Entgleisung des Kaliumspiegels Absinken des Kaliumspiegels bei klassischen Diuretika Anstieg des Kaliumspiegels bei kaliumsparenden Diuretika Regelmäßige Kontrollen von Kaliumspiegel: zu Therapiebeginn bei Dosierungsänderung in der Folge: halbjährlich Diuretika Tipp: Bei klassischen Diuretika auf kaliumreiche Ernährung achten: Obst, insbesondere Bananen und Trockenobst Gemüse Mineralwasser Aldosteronantagonisten Für Patienten (NYHA I und II) nach Herzinfarkt und mit schwerer Herzschwäche (NYHA III und IV), besonders nach Herzinfarkt. Wirkung: Blockade des Hormons Aldosteron Ausscheidung von Wasser unter Zurückhaltung von Kalium Nebenwirkungen: Schwellung der Brustdrüsen bei Frauen und Männern vor allem unter Spironolacton Aldosteronantagonisten Regelmäßige Kontrollen von Kaliumspiegel: zu Therapiebeginn bei Dosierungsänderung in der Folge: halbjährlich Vorsicht: Gefahr lebensbedrohlicher Erhöhung des Kaliumspiegels bei Kombination mit ACE-Hemmern, Sartanen und eingeschränkter Nierenfunktion Herzglykoside Nur für Patienten mit Herzrasen bei Vorhofflimmern oder schwerster Herzschwäche (NYHA IV) Wirkung: Stärkung der Kontraktionskraft des Herzens Verlangsamung der Herzschlagfolge Herzglykoside Nebenwirkungen: Herzrhythmusstörungen (langsamer Puls, aber auch Herzrasen, Extrasystolen) Übelkeit Schwindel, Kopfschmerzen Grün-Gelb-Sehstörungen (Überdosierung!) Herzglykoside Regelmäßige Kontrollen vor Therapiebeginn: Kaliumspiegel, Schilddrüse, Nierenfunktion Kaliumspiegel und Nierenwerte zu Therapiebeginn bei Dosierungsänderung in der Folge: halbjährlich Medikamente, die schaden Rheumamittel (Diclofenac, Ibuprofen, COX-2-Hemmer) Calcium-Antagonisten (Diltiazem, Verapamil) Medikamente gegen Herzrhythmusstörungen (außer Amiodaron) Antidepressiva (Nortriptylin, Amitriptylin) Blutdrucksenker, die zu Wassereinlagerungen und Freisetzung von Stresshormonen führen (z.B. Minoxidil) Blutzuckersenker wie Metformin und Insulinsensitizer (NYHA III-IV) Migränemittel wie Mutterkornalkaloide Kombinationstherapie Stufenschema Arzneimittel NYHA I NYHA II NYHA III NYHA IV ACE-Hemmer ja ja ja ja Betablocker nach Herzinfarkt bei Bluthochdruck ja ja ja Diuretika bei Bluthochdruck bei Flüssigkeitseinlagerungen ja ja ja ja Aldosteronantagonist AT1-Rezeptorantagonist Herzglykoside nach Herzinfarkt bei ACE-Hemmer-Unverträglichkeit bei Vorhofflimmern und Herzrasen ja ja Kalium Normbereich: 3,6 – 4,8 mmol/l Den Kaliumspiegel verändern können: Diuretika ACE-Hemmer Sartane Aldosteronantagonisten Herzglykoside Deshalb: regelmäßige Kontrolle! Kaliumspiegel Bewegung als Therapie Früher: körperliche Schonung auch bei leichter Herzschwäche (NYHA II). Heute: richtig dosiertes Ausdauertraining steigert erheblich die Leistungsfähigkeit verringert Zahl der Krankenhauseinweisungen senkt Sterblichkeit Für welche Patienten? Patienten mit Herzschwäche NYHA-Stadien I – III Niemals ein Training ohne ärztlichen Rat beginnen! Wie trainieren? Belastbarkeit beim Kardiologen testen lassen Training unter ärztlicher Aufsicht beginnen! geeignet: Ausdauerbelastungen, z.B. spazierengehen, Rad fahren, Ergometer, wandern, walken, u.U. Skilanglauf Steuerung der Trainingsintensität durch Pulskontrollen Herzsportgruppen Wie trainieren? Patienten mit schwerwiegenden Beschwerden (NYHA III): engmaschiges ärztlich überwachtes Trainingsprogramm verbessert die Belastbarkeit um eine NYHA-Klasse Patienten mit hochgradig eingeschränkter Leistungsfähigkeit: profitieren von Bewegungstraining unter besonders intensiver Überwachung, spezielles Training der Arm- und Beinmuskulatur, Hockergymnastik Wie Krankenhausaufenthalte vermeiden? Entgleisung einer Herzschwäche (Dekompensation) ist in Deutschland der häufigste Grund für die Einweisung in ein Krankenhaus. Für eine Entgleisung der Herzschwäche sind oft Therapiefehler verantwortlich. Weitere Faktoren: Herzrhythmusstörungen bakterielle Infektionen, vor allem Lungenentzündung Lungenembolie Bluthochdruckkrise Therapiefehler unzuverlässige Einnahme von Medikamenten falsche Dosierung (zum Beispiel starker Abfall des Kaliumspiegels bei Überdosierung eines Diuretikums) zusätzliche Einnahme von Medikamenten, die das Herz schwächen Medikamente, die schaden Rheumamittel wie Diclofenac, Ibuprofen, COX-2-Hemmer Calcium-Antagonisten (Diltiazem, Verapamil) Rhythmusmedikamente (außer Amiodaron) Antidepressiva wie Nortriptylin, Amitryptilin Blutdrucksenker, die zu Wassereinlagerungen und Freisetzung von Stresshormonen führen Blutzuckersenker wie Metformin und Insulinsensitizer bei NYHA III-IV Migränemittel wie Mutterkornalkaloide Nicht nur Medikamente können eine Herzschwäche verstärken. Auch Ernährungsfehler: übermäßige Zufuhr von Salz eine zu große Flüssigkeitsaufnahme (mehr als 1,5 – 2 Liter pro Tag) Wie Krankenhausaufenthalte vermeiden? Durch rasch einsetzende Behandlung, Vorbeugung (Impfung gegen Grippe und Pneumokokken) kann der Entgleisung entgegengesteuert werden. Aufmerksamkeit lohnt sich Wichtig: auf Warnzeichen für eine Entgleisung der Herzschwäche achten! Wassereinlagerungen im Körper, an Knöcheln, Unterschenkeln, Bauchraum Gewichtszunahme zunehmende Kurzatmigkeit, wiederholtes Aufwachen wegen Atemnot, Bedarf an mehreren Kissen beim Schlafen Gewicht kontrollieren Wiegen Sie sich täglich! Gewichtszunahme von mehr als 2 kg in 3 Tagen zeigt Verschlechterung der Herzschwäche: Kontakt zum Arzt aufnehmen Herztagebuch Wer ein Tagebuch mit Gewicht, Puls und Blutdruck führt, kann diese Warnzeichen frühzeitig erkennen. Erhältlich bei: Deutsche Herzstiftung III Therapie durch Schrittmacher Resynchronisationstherapie (CRT) Bei rund 25% der Patienten mit Herzschwäche tritt ein sog. Linksschenkelblock auf. Ist dieser ausgeprägt (Kammerkomplexbreite über 130 ms), arbeitet das Herz uneffektiv. Die Resynchronisationstherapie mit einem speziellen Schrittmachersystem sorgt dafür, dass das Herz wieder synchron arbeitet. Resynchronisationstherapie Leistungsfähigkeit steigt Pumpleistung nimmt zu Verbesserung um eine NYHA-Klasse Zahl der Krankenhausaufenthalte und Sterblichkeit sinkt Linksschenkelblock Biventrikuläre Stimulation 12-Kanal-EKG eines Patienten mit Herzschwäche und Linksschenkelblock (links) und nach Einpflanzen eines biventrikulären Schrittmacher-ICD-Systems (rechts). CRT – für welche Patienten? Besonders profitieren Patienten mit NYHA-Stufe III oder IV trotz optimaler Behandlung mit Medikamenten erweiterter linker Herzkammer mit erniedrigter Auswurffraktion < 35% und asynchroner Kammererregung Linksschenkelblock mit QRS-Breite über 130 ms regelmäßigem Herzrhythmus (Sinusrhythmus) Resynchronisationstherapie 70% der Patienten sprechen auf eine CRT-Therapie an meist wird ein sog. biventrikuläres ICD-System eingesetzt, das die Resynchronisation mit dem Defi verbindet Nachsorge alle 3 – 6 Monate Defibrillator Wenn die Pumpleistung des Herzens stark nachlässt, sind die Patienten durch lebensbedrohliche Herzrhythmusstörungen stark gefährdet. Der implantierbare Defi (ICD) beendet Kammerflimmern durch Elektroschock. Was kann der Defi? überwacht den Herzrhythmus wie ein Langzeit-EKG beendet Kammerflimmern durch Elektroschock beendet Herzrasen durch elektrische Stimulation (Overdrive) stimuliert bei zu langsamem Herzschlag Herzrasen wird durch Stimulation beendet Defi – für welche Patienten? Patienten, die eine lebensbedrohliche Herzrhythmusstörung überlebt haben. Patienten, bei denen eine anhaltend schnelle Herzrhythmusstörung (Kammertachykardie) zu Blutdruckabfall (Minderdurchblutung des Gehirns) oder Bewusstlosigkeit geführt hat. Kammerflimmern wird durch einen Schock beendet Defi – für welche Patienten? Patienten mit koronarer Herzkrankheit, deren Auswurffraktion unter 30% liegt (erst im chronischen Stadium) Patienten, deren Auswurffraktion durch andere Herzkrankheiten unter 30% liegt. Bei diesen Patienten sollte man vor der Entscheidung für einen Defi erst die Therapie abwarten. Komplikationen Infektionen Bei Verdacht auf Infektionen muss sofort die Defi-Ambulanz aufgesucht werden. Bei Infektionen muss das gesamte Defi-System entfernt werden. Zusätzlich: antibiotische Therapie hochdosiert intravenös. Zeichen der Infektion Schwellung, Rötung, Überwärmung in dem Bereich, in dem der Defi eingesetzt wurde erhöhte Temperatur, Schüttelfrost, allgemeine Abgeschlagenheit Infektion kann Tage, Monate oder Jahre nach Einsetzen auftreten: sofort in die Defi-Ambulanz Defekte des Elektrodensystems Warnzeichen: häufige Entladungen Ausbleiben des Elektroschocks Beides ist ein Notfall: sofortige Krankenhauseinweisung Unnötige Entladungen Herzrhythmusstörungen können unnötige Entladungen provozieren. Deshalb: auf den Herzrhythmus achten vom Hausarzt regelmäßig kontrollieren lassen Wann in die Defi-Ambulanz? Kontrolle alle drei Monate (wenn nicht anders vereinbart) Außerdem: nach erster Schockabgabe nach einer Schockabgabe, wenn sich der Patient nicht wohl fühlt wenn mehr als 2 Schocks in 24 Stunden abgegeben wurden bei Erwärmung, Rötung oder Schwellung in dem Bereich, in dem der Defi eingesetzt wurde wenn der Patient merkt, dass sich der Herzrhythmus geändert hat Defi und Medikamente Keine Wechselwirkungen mit Medikamenten außer mit Amiodaron (z.B. in Cordarex, Amiodaron-Ratiopharm, Amiohexal u.a.). Unter Therapie mit Amiodaron muss der Defibrillator neu programmiert werden, damit er Kammerflimmern zuverlässig erkennt. Defi im Alltag Autofahren nicht erlaubt nach Herzstillstand, Ohnmacht, Bewusstseinsstörungen wurde ein Defi vorbeugend eingesetzt, kann das Autofahren nach drei Monaten erlaubt werden fahren von Lastwagen nicht erlaubt telefonieren mit Handy ist erlaubt (Mindestabstand zum Defi: 15 cm) starke Magnetfelder meiden Defi im Alltag intakte Haushaltsgeräte sind keine Gefahr Diebstahlsicherungsanlagen in Kaufhäusern und Sicherheitsschleusen an Flughäfen zügig durchqueren. Sicherheitspersonal am Flughafen informieren, weil Defi Alarm auslösen kann. MRT darf nicht angewandt werden. Kontaktpersonen (zum Beispiel bei Intimkontakt) sind zu keinem Zeitpunkt durch den Defi gefährdet. Was fühlen Patienten bei der Schockabgabe? Die Empfindungen bei der Schockabgabe reichen von leichtem Kribbeln bis zu starkem Schmerz. Wichtig: Die erste Schockabgabe des Gerätes ist kein Grund zur Beunruhigung! Sie zeigt vielmehr, dass das Gerät funktioniert! Ärzte sollten die Patienten für das Leben mit Defi aufklären und dabei auch psychologische Faktoren (Ängste usw.) ansprechen. Patienten sollten alle Fragen stellen, die ihnen einfallen. Es gibt keine dummen Fragen! IV Wenn Therapien nicht mehr helfen Assist-Systeme Für welche Patienten? Überbrückung zur Herztransplantation, bis Spenderherz verfügbar ist wenn eine Herztransplantation nicht infrage kommt Drei Generationen 1. Generation Berlin Heart Excor 2. Generation HeartMate II 3. Generation Berlin Heart Incor Was leistet das Kunstherz? Tod auf der Warteliste wird verhindert. Bei manchen vor allem jüngeren Patienten erholt sich das eigene Herz nach Einsetzen eines Assist-Systems, so dass keine Herztransplantation nötig ist. Mit modernen Geräten ist ein fast normales Leben zu Hause möglich. Einige Patienten leben schon seit mehreren Jahren mit einem Kunstherz. Risiken der Assistsysteme Operationsrisiko hängt vom Gesundheitszustand des Patienten ab Medikamente zur Blutverdünnung müssen eingenommen werden Blutgerinnungswerte müssen daher unter Mithilfe des Patienten engmaschig überwacht werden Gefahr von Infektionen Herztransplantation Langzeitaussichten nach Transplantation: 70% leben nach 5 Jahren 60% leben nach 10 Jahren manche leben mehr als 20 Jahre Wolfgang Reißlandt: 1990 herztransplantiert. Seit 1991 arbeitet er ehrenamtlich für die Herzstiftung V Der Patient mit Herzschwäche im Alltag Ernährung 1. Gewicht normalisieren 2. traditionelle Mittelmeer-Küche: viel Obst, Gemüse, Salat, Vollkornprodukte, Hülsenfrüchte eher Fisch statt Fleisch, wenn Fleisch, eher Geflügel Oliven- und Rapsöl statt tierischer Fette (Butter, Schmalz) Kräuter und Gewürze statt viel Salz Salz und Trinkmenge Um Wassereinlagerungen (Ödeme) zu verhindern, muss Zufuhr von Salz und Flüssigkeit verringert werden: Salz: statt Ø 10 – 15 g pro Tag auf 4 – 5 g pro Tag begrenzen (in manchen Fällen noch weniger) Trinkmenge: max. 1,5 – 2 Liter (auch Suppen) Wichtig: täglich wiegen (gleiche Uhrzeit, gleiche leichte Kleidung) Zunahme um mehr als 2 Kilo in 3 Tagen spricht für Wassereinlagerung Warnsignal: Kontakt zum Arzt aufnehmen Salz Wie viel Salz steckt in Lebensmitteln? 100 g Natrium x 2,5 = Salz _______________________________________________________________________________________________________________________ Salami 2130 mg = 5,3 g 965 mg = 2,4 g 1260 mg = 3,2 g 512 mg = 1,3 g Frischkäse (20%) 40 mg = 0,1 g Spargel in Dosen 375 mg = 0,94 g 2 mg = 0,005 g Geräucherter Schinken Schmelzkäse Gouda Spargel, gekocht u. abgetropft Alkohol und Rauchen Bei einer durch Alkohol verursachten Herzmuskelentzündung (Kardiomyopathie): vollständiger Verzicht auf Alkohol! Sonst nur geringe Mengen Alkohol Frauen: max. 20 Gramm pro Tag Männer: max. 30 Gramm pro Tag (= 1/2 Liter Bier, =1/4 Liter Wein) Rauchen: Verzicht auf Rauchen in jeder Form! Reisen kaum Reiseeinschränkungen für Patienten (NYHA I+II) kein Aufenthalt in Höhen über 1500 m feucht-heißes Klima meiden vor Fernreisen immer ärztlichen Rat einholen sicherstellen, dass kardiologische Versorgung vor Ort möglich ist (Hilfe in 1-2 h, 24 h-Herzkatheterbereitschaft) Fliegen Faustregel zur Flugtauglichkeit: Wer 2 Stockwerke ohne Atemnot steigen kann, ist in der Regel flugtauglich. Reisen Anpassen der Flüssigkeitszufuhr: In wärmeren Regionen kann der Flüssigkeitsbedarf durch Schwitzen erhöht sein. Daher auch im Urlaub täglich wiegen, um Flüssigkeitszufuhr anpassen zu können. Bei Reisedurchfall: Gewichtskontrolle besonders wichtig, weil oft starker Flüssigkeitsverlust eintritt. Gängige Reisemedikamente gegen Durchfall sind erlaubt. Wichtig: Hält der Durchfall länger als 2 Tage an, Arzt konsultieren! Sexualität Faustregel: Wer 2 Stockwerke ohne Atemnot steigen kann, darf Geschlechtsverkehr haben. Anpassung an neuen Lebensstil regelmäßige Einnahme von Medikamenten, Einhalten von Salzund Flüssigkeitsbeschränkungen oder anderen Ernährungsumstellungen gelingt anfangs meist gut nach einigen Monaten fällt es zunehmend schwerer wichtig: offen mit dem Arzt sprechen und gemeinsam nach Lösungen suchen Freunde, Familie oder Selbsthilfegruppen können hier eine große Hilfe sein! bei Bedarf: psychotherapeutische Behandlung u.U. auch mit Medikamenten VI Betreuungsprogramme Herzschwäche-Ambulanzen für Patienten mit schwerster Herzschwäche an Herzzentren zur Ausschöpfung aller Therapiemöglichkeiten Würzburger Modell Telefonische Betreuung durch speziell geschulte Krankenschwestern in enger Zusammenarbeit mit Klinik, Hausarzt und Kardiologen Aufgaben der Telemedizin Telemedizin erfüllt bei Herzschwäche 2 Aufgaben: 1. Überwachung der Herzschwäche (nur in Pilotprojekten) Gewicht Aufgaben der Telemedizin Blutdruck Herzfrequenz Herzrhythmus Aufgaben der Telemedizin 2. Überwachung von CRT- und ICD-Geräten: Kontrolltermine entfallen zum Teil Sicherheit der Geräte wird kontinuierlich überwacht Überwachung von Herzrhythmusstörungen VII Vorbeugung der Herzschwäche Vorbeugung der Herzschwäche gesunder Lebensstil halbiert Risiko für Herzschwäche: Normalgewicht (BMI unter 25) körperliche Aktivität bis man schwitzt mindestens 5 x die Woche Ernährung mit traditioneller Mittelmeerküche (Obst, Salat, Gemüse, Vollkornprodukte, Fisch, Oliven-, Rapsöl) Nichtrauchen konsequente Behandlung von Bluthochdruck und anderen Risikofaktoren Vorbeugung der Herzschwäche Blutdruck senken unter 140/90 mmHg schnelle Reaktion auf Herzinfarkt, um große Narben zu vermeiden: Jede Minute zählt! 112 Herzklappenerkrankungen rechtzeitig operieren auf Viruserkrankung achten Werden Sie Mitglied der Deutschen Herzstiftung Sie hilft Ihnen, mit Ihrer Krankheit besser leben zu können.