Vorlesung Lebensmittelchemie I WS 2011/12 Literatur Lehrbuch der Lebensmittelchemie (6. Auflage), Belitz, Grosch, Schieberle; Springer Verlag Lebensmittelchemie, Baltes; Springer Verlag Folien unter: http://lmc.univie.ac.at/lehre/downloadbereich/ Prüfung 1. Termin: letzte Semesterwoche 2. Termin: erste Vorlesungswoche des SS Zwei weitere Klausurtermine im SS 2012 Zusammensetzung der Lebensmittel Kohlenhydrate (Brennwert) Fette (Brennwert) Proteine (Brennwert, Aufbau) Essentielle Aminosäuren (Aufbau) Essentielle Fettsäuren (Aufbau) Mineralstoffe und Spurenelemente (Aufbau, Funktionen) Vitamine (Funktionen) Wasser Brennwert 1 kJ = 0,24 kcal oder 1 kcal = 4,184 kJ (aufgerundet 4,2 kJ). Die Brennwerte der wichtigsten Nährstoffe betragen: 1 g Glucose = 3,8 kcal oder 15,6 kJ 1 g Rohrzucker = 4,0 kcal oder 16,6 kJ 1 g Stärke = 4,2 kcal oder 17,6 kJ (vereinfacht 1 g Kohlenhydrate = 4 kcal oder 17 kJ) 1 g Protein = 4,1 kcal oder 17,2 kJ 1 g Ethanol = 7,0 kcal oder 29,4kJ 1 g Fett = 9,3 kcal oder 39,1 kJ Bedarf des Menschen Verteilung des Gesamtbrennwertes auf: Proteine (10–15%) Fette (25–30%) Kohlenhydrate (55–60%) Kalorienbedarf (Erwachsener in Ruhestellung): Etwa 1 kcal pro Stunde und Kilogramm Körpergewicht Babies um etwa 50% höher Jugendliche um 20% höher. Erhebliche Steigerung bei körperlicherArbeit Standardwerk: Souci, Fachmann, Kraut: Die Zusammensetzung der Lebensmittel, Nährwert-Tabellen. Stuttgart Nach „Grundlagen der LMC“ kennen Sie... die allgemeine Zusammensetzung von Lebensmitteln die Definitionen der vorkommenden Stoffklassen die allgemeinen chemischen Strukturen und funktionellen Gruppen die Namen und Strukturen der wichtigsten Vertreter die Bedeutung dieser Stoffe in Lebensmitteln und für den Menschen die Konzentration dieser Stoffe in Lebensmitteln Stoffwechsel Wasserbedarf des Menschen Täglicher Wasserverlust 2 - 2,5 l Wasserzufuhr • 0,7 l Wasser in täglicher Nahrung • 0,3 l Wasser durch Oxidation der Nahrungsbestandteile; der Rest muss in Form von Wasser zugeführt werden Wasser Lösungs- und Quellmittel Wichtiger Beitrag zur Textur Bestandteil chemischer Strukturen Reaktionspartner bei chemischen Reaktionen ist ein Lebensmittel technologischer Hilfsstoff Wassergehalte Lebensmittel Wassergehalt (Gew.-%) Fleisch 65-75 Milch 87 Gemüse, Obst 70 – 90 Brot 35 Honig 20 Butter, Margarine 16 – 18 Getreidemehle 12 – 14 Kaffeebohnen geröstet 5 Milchpulver 4 Speiseöle 0 Wasser: Eigenschaften hoher Grad der Polarisierung der Bindungen zwischen H und O 2 freie Elektronenpaaren am Sauerstoff Ausbildung polymerer molekularer Wasserstrukturen hoher Schmelz- und Siedepunkt hohe spezifische Wärme und hohe Dielektrizitätskonstante Einfluss auf die Lagerstabilität Trocknung und Lagerung bei tiefen Temperaturen älteste Verfahren zur Haltbarmachung Industrielle Optimierung Wasseraktivität 1952 W.J. Scott: Haltbarkeit von LM nicht vom Wassergehalt, sondern von der Wasseraktivität abhängig aw = p/po = RGF/100 p = Wasserdampfpartialdruck im Lebensmittel bei Temperatur T p0= Sättigungsdampfdruck des reinen Wassers bei T RGF = relative Gleichgewichtsfeuchtigkeit bei gegebener Temperatur Verhältnis zwischen dem Dampfdruck über dem Lebensmittel und dem Dampfdruck über reinem Wasser Wasserbindung in Lebensmitteln rein adsorptiv-stöchiometrisch gebundenes Kristallwasser, Strukturwasser in Kapillaren gebundenes Wasser Frei verfügbares Wasser Bei niedrigen Wassergehalten (<50%): kleine Änderungen führen zu starken Änderungen in der Wasseraktivität Wasseraktivität und Lagerstabilität aw-Werte verschiedener Lebensmittel Leberwurst 0,96 Marmelade 0,82–0,94 Salami 0,82–0,85 Honig 0,75 Getrocknete Früchte 0,72–0,80 Wasseraktivität als Indikator LM mit aw-Wert 0,6-0,9 = intermediate moisture foods (IMP) Weitgehend geschützt gegen mikrobiellen Verderb Herabsetzung der Wasseraktivität durch Substanzen mit hohem Wasserbindevermögen („humectants“) Z.B. Glycerol, Sorbit, Saccharose, Kochsalz Bei wasserarmen LM nur bedingt aussagekräftig für Stabilität Neues Konzept der Phasenumwandlungen Änderung der physikalischen Eigenschaften von LM beim Kontakt hydrophiler Inhaltsstoffe mit Wasser Phasenumwandlung wasserhaltiger Lebensmittel Physikalischer Zustand metastabiler LM abhängig von Zusammensetzung, Temperatur und Lagerzeit Beispiel: Übergänge glasig, gummiartig, hochviskosfließend Kinetik der Phasenumwandlung erfasst mit Differential Scanning Calorimetry (DSC) Thermogramm, mit charakteristischer Größe Tg Verkleisterung der Stärke Kristallisation von Wasser im Speiseeis etc. Phasenumwandlung wasserhaltiger Lebensmittel In einem LM ist die Geschwindigkeit sowohl der chemischen und enzymatischen Reaktionen als auch der physikalischen Vorgänge nahezu null wenn es bei der Phasenumwandlungstemperatur gelagert wird Verbesserung der Haltbarkeit durch Erhöhung der Tg durch Wasserentzug (Trocknung) oder Wasserimmobilisierung (Gefrieren) Aminosäuren, Peptide, Proteine Aminosäuren In Totalhydrolysaten von Proteinen liegen ca. 20 AS mit der allgemeinen Formel vor (proteinogene Aminosäuren) Die Gesamtzahl der in der Natur vorkommenden AS liegt bei 200 Die Seitenketten der AS sind für die intra- und intermolekularen Wechselwirkungen in Proteinen und somit für ihre Eigenschaften verantwortlich Aminosäuren Aminosäuren Aminosäuren -physikalische Eigenschaften AS liegen in wässriger Lösung in Abhängigkeit vom pH-Wert als Kation, Zwitterion oder Anion vor Für den pH-Wert, bei dem nur dipolare Ionen vorliegen, den isoelektrischen Punkt (pI), gilt: Aminosäuren -physikalische EigenschaftenBei den AS ist die Acidität der Carboxylgruppe größer und die Basizität der Aminogruppe geringer Effekt ist abhängig von der Entfernung der funktionellen Gruppen Ursachen beim Übergang Kation Zwitterion: der induktive Effekt der Ammoniumgruppe beim Übergang Zwitterion Anion: die gegenüber dem Anion geringere Stabilisierung des Zwitterions durch Hydration infolge der Dipolabstoßung Aminosäuren -physikalische Eigenschaften Alle AS -ausgenommen Glycin – sind: Chiral (haben mindestens ein asymmetrisches C-Atom) optisch aktiv Von den zwei möglichen Enantiomeren trifft man in den Proteinen nur solche mit L-Konfiguration [relative Konfiguration] an In der FISCHER-Projektion ist die Aminogruppe folgend angeordnet: L-Aminosäuren links D-Aminosäuren rechts Dabei entspricht die L-Konfiguration der (S)-Konfiguration nach CAHN-INGOLD-PRELOG [CIP-Regeln, absolute Konfiguration], ausgenommen L-Cystein, das aufgrund der Prioritätsregeln der (R)Konfiguration entspricht. Die spezifische Drehung wässriger Lösung der AS hängt stark vom pH-Wert ab im neutralen Bereich ein Minimum steigt auf Zusatz von Säure oder Lauge Stereochemie der Aminosäuren Projektion nach Fischer: 1. Längste C-Kette 2. Höchste Oxidationsstufe oben (COO−) 3. Horizontale Bindungen vor, vertikale hinter der Papierebene 4. L= α-Amino Gruppe levo=links, D= α -Amino Gruppe dextro=rechts CIP-Nomenklatur: Cahn-Ingold-Prelog 1. Identifizierung von 4 Substitutenten am chiralen C 2. Zuordnung der Priorität des Substituenten direkt am Chiralitätszentrum: höchste Ordnungszahl=höchste Priorität I>Br>Cl>F>S>O>N>C>D>H>freies Elektronenpaar OH>NH2>CH2CH3>CH3>H COOH>CHO>CH2OH>CH3 CH2SH>COOH 3. Rangniedrigster Substituent liegt hinter der Papierebene 4. Sinkt die Priorität im Uhrzeigersinn R-Konfiguration Sinkt die Priorität gegen den Uhrzeigersinn S-Konfiguration CIP-Nomenklatur: Cahn-Ingold-Prelog Keilstrich-Formel Aminosäuren -Stickstoffkreislauf Alle Aminosäuren und Proteine haben ihren Ursprung in Pflanzen und Bakterien tierische Organismus kann bestimmte essentielle Aminosäuren nicht aus anorganischen Stickstoffverbindungen aufzubauen Mikroorganismen im Boden z.B. Nitritbakterien und Nitratbakerien Wandeln Ammoniak in Nitrit bzw. Nitrit zu Nitrat um Diese werden von Pflanzen zu Aminosäuren und Proteine umgesetzt Andere Bodenbakterien wandeln organischen Stickstoff in NH3 um. Gewisse Bakterien im Verein mit Pflanzen können atmosphärischen Stickstoff in Aminosäuren überführen Symbiose Rhizobium/Leguminose (z.B. Sojabohne, Klee, Luzerne) Cyanobakterie allein oder in Symbiose mit dem Algenfarn Azolla biologischen Stickstoff-Fixierung in Reisfeldern Einige Bodenorganismen können auf nicht symbiontischem Wege Stickstoff in Ammoniumionen umwandeln, andere sind imstande, Nitrit und Nitrat zu Stickstoff und Ammoniak zu reduzieren Aminosäuren Aminosäuren -Biosynthese- Glutamat: Dreh- und Angelpunkt der Synthese vieler AS Bildung durch reduktive Aminierung (NH3-Speicherung) Glutaminsäure Pool für Aminostickstoff Amidstickstoff des Glutamins kann zur Glutaminsäurebildung genutzt werden Glutamatdehydrogenasereaktion: Ausgangsprodukte -Ketoglutarat und NH4+ Aminosäuren -Biosynthese- Glutamatsynthasereaktion: Ausgangsprodukte Glutamat und NH4+ Glutamatsynthasereaktion (Transaminierung) Aminogruppe einer Aminosäure wird auf eine -Ketosäure übertragen Aminosäuren -Biosynthese Übersicht Glutamatfamilie ausgehend vom alpha-Ketoglutarat Aspartatfamilie ausgehend vom Oxalacetat Alanin-Valin-Leucin-Gruppe ausgehend vom Pyruvat Serin-Glycin-Gruppe ausgehend vom 3-Phosphoglycerat Aromatische Aminosäuren ausgehend vom Phosphoenolpyruvat und Erythrose-4-Phosphat Aminosäuren -Abbau Übersicht Aminosäuren werden in den Citratzyklus eingeschleust Es gibt sieben hauptsächliche Abbauwege Bei Abbauwegen zu AcCoA / Acetoacetyl-CoA Keine Nutzung der Kohlenstoffgerüste zur Gluconeogenese Aminosäuren die in Glucose überführt werden können nennt man glucogen, die anderen sind ketogen