1 2 KONVERGENZ VON FOLGEN UND REIHEN 2.1 KONVERGENZ VON FOLGEN REELLER ZAHLEN Es sei X eine beliebige Menge. Jede Abbildung α : ZZ ⊃ Dα 3 n → an ∈ X, deren (individueller) Definitionsbereich Dα von der Form Dα = k + IN mit k ∈ ZZ ist, wird als ”Folge in X” bezeichnet. Man notiert eine solche Folge im allgemeinen in der Form α =: (an )∞ n=k =: (an )n∈k+IN =: (an )n≥k oder auch nur kurz α =: (an ). Man bezeichnet an als das ”n-te Folgenglied” der Folge α = (an ). Weiter bezeichnet man Wα := { an | n ∈ k + IN } als ”Wertemenge” von α . Im Fall X = IR spricht man von einer ”reellen Zahlenfolge” bzw. ”Folge reeller Zahlen”. (1) BEISPIELE REELLER ZAHLENFOLGEN: (i) Für a ∈ IR und k ∈ ZZ definiert k + IN 3 n → a ∈ IR die ”konstante Folge” a. (ii) Die Folge IN 3 n → n ∈ IR notiert man kurz (n)n∈IN . (iii) Die Folge IN∗ 3 n → 1/n ∈ IR notiert man kurz ( 1/n )n≥1 . (iv) Für q ∈ IR definiert IN 3 n → q n ∈ IR bzw. (q n )n∈IN die ”Folge der Potenzen von q”. (v) Für a ∈ IR+ wird durch von a0 ∈ IR+ und µ ¶ 1 a an+1 := an + , 2 an (n ∈ IN) ”rekursiv” eine Folge (an )n∈IN definiert. Wir definieren für reelle Zahlenfolgen zunächst einige Begriffe, die nur von der Wertemenge abhängen. (2) DEFINITION: Für eine reelle Zahlenfolge α = (an )n≥k definiert man mittels ihrer Wertemenge Wα = {an | n ∈ k + IN } : (i) sup an := sup(Wα ) ∈ IR ∪ { +∞} heißt ”Supremum” der Folge (an ). n∈IN (an ) heißt ”nach oben beschränkt” :⇔ Wα nach oben beschränkt (ii) ⇔ sup an < +∞: n∈IN inf an := inf(Wα ) ∈ IR ∪ {−∞} heißt ”Infimum” der Folge (an ). n∈IN (an ) heißt ”nach unten beschränkt” :⇔ Wα nach unten beschränkt ⇔ inf an > −∞. n∈IN 2 (iii) Schließlich heißt (an ) ”beschränkt” :⇔ Wα beschränkt. Dies ist offenbar genau dann der Fall, wenn (an ) nach oben und nach unten beschränkt ist, bzw. genau dann wenn die Folge ( | an | )n≥k nach oben beschränkt ist. Wir wollen nun für Folgen reeller Zahlen die grundlegenden Begriffe ” Konvergenz” und ”Grenzwert” definieren. Dazu führen wir zunächst eine abkürzende Sprechweise ein: (3) DEFINITION: Es sei k ∈ ZZ und für n ∈ k + IN jeweils A(n) eine Aussage. Wir definieren A(n) (gilt) für fast alle n :⇔ A(n) ffa n :⇔ ∃ N ∈ k + IN ∀ n ≥ N : A(n) (wahr). Die Aussage A(n) kann hier also höchstens für endlich viele n ∈ k + IN falsch sein. (4) KONVERGENZ UND GRENZWERT: Es sei (an ) = (an )∞ n=k eine Folge in IR. (i) Für a ∈ IR definiert man: (an ) ”konvergiert gegen a” :⇐⇒ ( ∀ ² > 0 : | an − a | < ² ffa n bzw. ∀ ² > 0 ∃ N ∈ k + IN : | an − a | < ² (n ≥ N ). Man bezeichnet für ² ∈ IR+ das Intervall ]a − ², a + ²[ =: K² (a) als ”²-Umgebung von a”. Hiermit hat man offenbar (an ) konvergiert gegen a ⇐⇒ ( ∀ ² > 0 : an ∈ K² (a) ffa n bzw. ∀ ² > 0 ∃ N ∈ k + IN : an ∈ K² (a) (n ≥ N ). Man notiert die Aussage ”(an ) konvergiert gegen a” abkürzend in der Form an → a (n → ∞) und bezeichnet a =: lim an als ”Grenzwert” von (an ) . n→∞ Diese Bezeichnung ist gerechtfertigt, da der Grenzwert eindeutig bestimmt ist: Gilt für a, ã ∈ IR sowohl an → a (n → ∞) als auch an → ã (n → ∞), so folgt ã = a . (ii) Gilt speziell an → 0 (n → ∞), so bezeichnet man (an ) als ”Nullfolge” . (iii) Die Folge (an ) heißt ”konvergent”, kurz: ”(an ) kgt” 3 :⇐⇒ ∃ a ∈ IR mit an → a (n → ∞). (iv) Die Folge (an ) heißt ”divergent”, wenn sie nicht konvergent ist. (5) BEISPIELE: (i) Die konstante Folge k + IN 3 n → a ∈ IR konvergiert gegen a. (ii) Die Folge (n)n∈IN ist divergent. (iii) ( 1/n )n≥1 ist eine Nullfolge. √ (iv) Für 2 ≤ k ∈ IN ist ( 1/ k n )n≥1 eine Nullfolge. (v) Für q ∈ IR mit 0 ≤ q < 1 ist ( q n )n∈IN eine Nullfolge. (vi) Die Folge ( (−1)n )n∈IN ist divergent. √ (vii) Für c ∈ IR+ gilt n c → 1 (n → ∞). (6) BEMERKUNG: Jede konvergente Folge reeller Zahlen (an )∞ n=k ist beschränkt. Die Umkehrung der vorstehenden Aussage ist falsch, wie das Beispiel (5) (vi) zeigt. Aus (6) liest man noch einmal ab, daß die Folge ( n )n∈IN divergent ist, denn sie ist offensichtlich nicht beschränkt. Einen Zusammenhang zwischen Konvergenz und Nullfolgen beinhaltet die folgende (7) BEMERKUNG: Für jede reelle Zahlenfolge (an )n≥k gilt an → a (n → ∞) ⇔ (an − a)n≥k Nullfolge . Es ist daher zweckmäßig, zunächst Nullfolgen zu studieren. (8) RECHENREGELN FÜR NULLFOLGEN: Es seien (an ) und (bn ) Folgen in IR. Hierfür gilt: (i) (an ) Nullfolge ⇐⇒ (| an |) Nullfolge . (ii) (an ) und (bn ) Nullfolgen =⇒ (an ± bn ) Nullfolgen . (iii) (an ) Nullfolge und (bn ) beschränkt (iv) (an ) Nullfolge und | bn | ≤ | an | ffa n =⇒ =⇒ (an · bn ) Nullfolge (bn ) Nullfolge . . 4 ∞ In (8) (ii) sowie (8) (iii) sind für (an ) =: (an )∞ n=k und (bn ) =: (bn )n=` die Summen- bzw. Differenzfolge sowie die Produktfolge durch (an ± bn ) := (an ± bn )∞ n=m sowie (an · bn ) := (an · bn )∞ n=m mit m = max{k, `} definiert. (9) BEISPIELE: (i) Für k ∈ IN∗ ist ( 1/nk )n≥1 Nullfolge. ¡ ¢ (ii) Für k ∈ IN und q ∈ IR mit | q | < 1 ist nk · q n n∈IN Nullfolge . Wir kommen nun zu den wichtigsten RECHENREGELN für konvergente Folgen. ∞ (10) SATZ: Es seien (an ) = (an )∞ n=k und (bn ) = (bn )n=` Folgen in IR. (i) Sind (an ) und (bn ) konvergent und gilt an ≤ bn ffa n , so folgt lim an ≤ lim bn . n→∞ (ii) Sind (an )∞ n=k und (bn )∞ n=` n→∞ konvergent mit lim an =: a ∈ IR und lim bn =: b ∈ IR , n→∞ n→∞ so folgt an ± bn → a ± b (n → ∞) und an · bn → a · b (n → ∞). (iii) Ist (an ) = (an )∞ n=k eine konvergente Folge mit lim an =: a ∈ IR∗ , n→∞ so existiert ein (minimales) k̃ ∈ IN mit an 6= 0 für n ∈ k̃ + IN) . µ Hiermit ist die Folge 1 an ¶∞ definiert, und es gilt n=k̃ 1 1 → an a (n → ∞) . Ist (bn ) konvergent mit lim bn =: b, so folgt n→∞ bn b → an a (n → ∞) . 5 Nützlich für Konvergenzbeweise und Grenzwertberechnungen ist das folgende Einschachtelungsprinzip. ∞ ∞ (11) SATZ: Es seien (an )∞ n=k , (bn )n=` und (cn )n=m Folgen in IR mit an ≤ cn ≤ bn ffa n . ∞ Sind dann (an )∞ n=k und (bn )n=` konvergent mit lim an = lim bn =: c, n→∞ n→∞ so ist auch (cn )∞ n=m konvergent mit lim cn = c. n→∞ Die divergente Folge (n)n∈IN besizt offenbar ein vernünftiges, den konvergenten Folgen verwandtes Grenzverhalten. (12) DEFINITION: Es sei (an ) = (an )∞ n=k eine Folge in IR. Wir definieren (an )∞ n=k ”konvergiert gegen +∞” :⇔ an → +∞ (n → ∞) :⇔ ∀ γ ∈ IR : an > γ ffa n ⇔ ∀ γ > 0 : an > γ ffa n . (an )∞ n=k ”konvergiert gegen −∞” :⇔ an → −∞ (n → ∞) :⇔ ∀ γ ∈ IR : an < γ ffa n ⇔ ∀ γ > 0 : an < −γ ffa n . Wir bezeichnen in jeder der beiden Situationen die Folge (an )∞ n=k als uneigentlich konvergent bzw. als bestimmt divergent. Offenbar gilt für jede reelle Folge (an )∞ n=k an → +∞ (n → ∞) ⇔ −an → −∞ (n → ∞) , . (13) BEMERKUNG: Sind (an ) und (bn ) reelle Folgen mit an ≤ bn ffa n , so gilt: an → +∞ (n → ∞) ⇒ bn → +∞ (n → ∞) bn → −∞ (n → ∞) ⇒ an → −∞ (n → ∞) . 6 (14) BEISPIELE: (i) n → +∞ (n → ∞) und −n → −∞ (n → ∞) . √ (ii) Für IN 3 k ≥ 2 gilt k n → +∞ (n → ∞) und nk → +∞ (iii) Für IR 3 q > 1 gilt q n → +∞ (n → ∞) . (n → ∞). Es besteht ein einfacher Zusammenhang zwischen Nullfolgen und uneigentlich konvergenten Folgen. (15) BEMERKUNG: Es sei (an )∞ n=k eine Folge in IR mit an > 0 , (n ≥ k) bzw. mit an < 0 , (n ≥ k) . Dann gilt an → 0 (n → ∞) ⇔ 1 1 → +∞ (n → ∞) bzw. → −∞ (n → ∞) . an an Hieraus folgt dann auch unmittelbar | an | → +∞ (n → ∞) ⇒ 1 → 0 (n → ∞) . an Es folgen einige weitere RECHENREGELN für uneigentlich konvergente Folgen. (16) BEMERKUNG: Es seien (an )n≥k und (bn )n≥` Folgen in IR. (i) Gilt an → +∞ (bzw. → −∞) (n → ∞) und ist (bn )∞ n=` nach unten beschränkt (bzw. nach oben beschränkt), so folgt an + bn → +∞ (bzw. → −∞) (n → ∞) . (ii) Gilt an → +∞ (bzw. → −∞) (n → ∞) und ist inf { bn | n ∈ ` + IN } > 0 , so folgt an · bn → +∞ (bzw. → −∞) (n → ∞). 7 Wir betrachten nun noch MONOTONE FOLGEN. (17) DEFINITION: Eine Folge (an )∞ n=k in IR heißt ”monoton wachsend” (bzw. ”monoton fallend”), sofern ∀ n ∈ k + IN : an ≤ an+1 , (bzw. ∀ n ∈ k + IN : an ≥ an+1 ) gilt. Gelten hier jeweils die strikten Ungleichungen, so spricht man von einer ”streng monoton wachsenden” (bzw. ”streng monoton fallenden”) Folge. Gelten die Ungleichungen jeweils nur für fast alle n ≥ k, so sagt man, daß die Folge schließlich monoton wachsend (bzw. fallend) ist. (18) SATZ: Es sei (an )∞ n=k eine Folge in IR. (i) Ist (an )∞ n=k monoton fallend, so gilt an → inf { am | m ∈ k + IN } (n → ∞). (ii) Ist (an )∞ n=k monoton wachsend, so gilt an → sup { am | m ∈ k + IN } (n → ∞). Ein Beispiel zur monotonen Konvergenz ist die (19) REKURSIVE QUADRATWURZELBERECHNUNG Es sei a ∈ IR+ . Gibt man a0 ∈ IR+ beliebig vor und definiert man rekursiv: so folgt an → √ 2 1 a an+1 := (an + ) , 2 an (n ∈ IN) , a (n → ∞) . Ein weiteres schönes Beispiel zur monotonen Konvergenz von Folgen ist die Definition der EXPONENTIALFUNKTION. Zur Motivation betrachten wir das Problem der stetigen Verzinsung: Ein (Anfangs-)Kapital K0 werde mit P Prozent verzinst. K sei das (End-)Kapital nach einem Jahr. Mit x :=P /100 gilt bei jährlicher Verzinsung: K = K0 · (1 + x), bei monatlicher Verzinsung: ³ x ´12 , K = K0 · 1 + 12 8 bei täglicher Verzinsung: ³ x ´360 K = K0 · 1 + , 360 1 bei n-maliger Verzinsung nach jeweils -tel Jahr n ³ x ´n K = K0 · 1 + , n bei ” stetiger Verzinsung ” ³ x ´n K = K0 · lim 1 + . n→∞ n Die Existenz des Grenzwertes beinhaltet der folgende Satz. (20) SATZ: Für N ∈ IN∗ , x ∈ [−N, N ] und IN 3 n ≥ N + 1 gilt: µ ¶n+1 ³ 1 x ´n x ≤ 1+ ≤ (N + 1)N +1 . ≤ 1+ N +1 (N + 1) n n+1 Damit existiert für jedes x ∈ IR der Grenzwert ³ x ´n lim 1 + =: exp(x) ∈ ]0, +∞[. n→∞ n Man bezeichnet exp : IR 3 x → exp(x) ∈ IR als (reelle) Exponentialfunktion. Speziell bezeichnet man µ e := exp(1) = lim n→∞ 1 1+ n ¶n = 2.718 281 828 459 ... als Eulersche Zahl . Die Exponentialfunktion hat die folgenden EIGENSCHAFTEN: (i) exp(0) = 1 , (ii) exp(x) > 0 , exp(x) ≥ 1 + x , (x ∈ IR) , (iii) exp(x + y) = exp(x) exp(y) , insbesondere gilt: (x, y ∈ IR), 1 , (x ∈ IR). exp(−x) = exp(x) BEISPIEL: Für jede Nullfolge (an )n≥1 gilt ³ an ´n 1+ → 1 , (n → ∞) . n 9 2.2 LIMES INFERIOR UND LIMES SUPERIOR; BERÜHRPUNKTE; TEILFOLGEN; CAUCHY-FOLGEN (1) DEFINITION, BEMERKUNG: Es sei (xn )∞ n=k eine Folge in IR. Hiermit seien für n ∈ k + IN an := inf { xm | m ≥ n } ∈ IR ∪ {−∞} , bn := sup { xm | m ≥ n } ∈ IR ∪ {+∞} betrachtet. ∞ Ist (xn )∞ n=k nach unten beschränkt, so ist (an )n=k eine monoton wachsende Folge in IR. Es existiert dann der Grenzwert lim an = sup { an | n ≥ k } =: a ∈ IR ∪ {+∞} . n→∞ Ist (xn )∞ n=k nicht nach unten beschränkt, so gilt an = −∞ , (n ≥ k). Wir setzen dann a := −∞. Man bezeichnet jeweils a =: lim inf xn n→∞ als ”limes inferior” von (xn )∞ n=k . ∞ Ist (xn )∞ n=k nach oben beschränkt, so ist (bn )n=k eine monoton fallende Folge in IR. Es existiert dann der Grenzwert lim bn = inf { bn | n ≥ k } =: b ∈ IR ∪ {−∞} . n→∞ Ist (xn )∞ n=k nicht nach oben beschränkt, so gilt bn = +∞ , (n ≥ k). Wir setzen dann b := +∞. Man bezeichnet jeweils b =: lim sup xn n→∞ als ”limes superior” von (xn )∞ n=k . Es gilt offenbar lim inf xn ≤ lim sup xn . n→∞ n→∞ Mit −(+∞) = −∞ und −(−∞) = +∞ hat man (2) BEMERKUNG: Für jede Folge (xn )∞ n=k in IR gilt lim inf (−xn ) = − lim sup xn . n→∞ n→∞ 10 (3) BEISPIELE: (i) xn := (−1)n , (n ∈ IN) ⇒ lim inf xn = −1, lim sup xn = 1. n→∞ n→∞ √ √ (ii) xn := n + 1 + (−1)n n, (n ∈ IN) ⇒ lim inf xn = 0, lim sup xn = +∞. n→∞ n→∞ Um im folgenden bequemer formulieren zu können, führen wir eine weitere Sprechweise ein. Dazu sei wie gehabt k ∈ ZZ und für n ∈ k + IN sei jeweils A(n) eine Aussage. Wir definieren A(n) (gilt) für unendlich viele n ∈ k + IN :⇔ A(n) fuv n :⇔ ∀ N ≥ k ∃ n ≥ N : A(n). Es folgt eine Charakterisierung des Limes Inferior und des Limes Superior. (4) BEMERKUNG: Es seien (xn )∞ n=k eine Folge in IR und c ∈ IR. Dann gilt ( 1) ∀ γ < c : xn > γ ffa n, c = lim inf xn ⇔ n→∞ 2) ∀ γ > c : xn < γ fuv n, sowie entsprechend ( c = lim sup xn ⇔ n→∞ 1) 2) ∀ γ > c : xn < γ ffa n, ∀ γ < c : xn > γ fuv n. (5) DEFINITION: Es sei (xn )∞ n=k eine Folge in IR und a ∈ IR. a heißt Berührpunkt (Bp) von (xn )∞ n=k :⇔ ∀ ε > 0 : xn ∈ Kε (a) fuv n. Entsprechend heißt +∞ (bzw. −∞) (uneigentlicher) Berührpunkt (Bp) von (xn )∞ n=k :⇔ ∀ γ > 0 : xn > γ fuv n (bzw. xn < −γ fuv n) . (6) SATZ: Für jede Folge (xn )∞ n=k in IR gilt © ª lim inf xn = min x ∈ IR | x Bp von (xn )∞ n=k n→∞ und © ª lim sup xn = max x ∈ IR | x Bp von (xn )∞ . n=k n→∞ (6’) FOLGERUNG (BOLZANO-WEIERSTRASS): Jede Folge in IR besitzt (mindestens) einen Berührpunkt in IR. Ist die Folge beschränkt, so liegen alle ihre Berührpunkte in IR. 11 (7) SATZ: Es seien (xn )∞ n=k eine Folge in IR. Dann gilt für a ∈ IR xn → a (n → ∞) ⇔ a ist der einzige Bp von (xn )∞ n=k ⇔ lim inf xn = lim sup xn = a . n→∞ n→∞ (8) BEMERKUNG: Für IR 3 xn > 0, (n ∈ IN) gilt: √ √ xn+1 xn+1 lim inf ≤ lim inf n xn ≤ lim sup n xn ≤ lim sup . n→∞ n→∞ xn xn n→∞ n→∞ Wir definieren nun noch ∞ (9) DEFINITION: Es seien (xn )∞ n=k und (yn )n=` Folgen in IR. Man bezeichnet: ∞ (yn )∞ n=` heißt Teilfolge von (xn )n=k :⇔ ∃ τ : ` + IN → k + IN mit τ (n) < τ (n + 1) und yn = xτ (n) für n ≥ `. (10) BEMERKUNG: Es sei (xn )∞ n=k eine Folge in IR und a ∈ IR. Dann gilt: ∞ ∞ (i) a Bp von (xn )∞ n=k ⇒ ∃ (yn )n=1 Teilfolge von (xn )n=k : yn → a (n → ∞). ∞ (ii) Ist (yn )∞ n=` Teilfolge von (xn )n=k , so folgt: ∞ a Bp von (yn )∞ n=` ⇒ a Bp von (xn )n=k ; xn → a (n → ∞) ⇒ yn → a (n → ∞). (11) FOLGERUNG: Jede Folge in IR besitzt eine Teilfolge, die konvergent ist oder gegen +∞ oder gegen −∞ konvergiert. Jede beschränkte Folge besitzt eine konvergente Teilfolge. (12) DEFINITION: Es sei (xn )∞ n=k eine Folge in IR. Dann heißt (xn )∞ n=k Cauchy-Folge ( CF ) :⇔ ∀ ε > 0 ∃ N ≥ k ∀ n, m ≥ N : | xn − xm | < ε . (13) BEMERKUNG: Es sei (xn )∞ n=k eine Folge in IR. Dann gilt: ∞ (i) (xn )∞ n=k konvergent ⇒ (xn )n=k Cauchy-Folge. ∞ (ii) (xn )∞ n=k Cauchy-Folge ⇒ (xn )n=k beschränkt. ∞ (iii) (xn )∞ n=k Cauchy-Folge und a Berührpunkt von (xn )n=k ⇒ a ∈ IR und xn → a Hiermit folgt nun leicht (n → ∞). 12 (14) SATZ (CAUCHY’SCHES KONVERGENZKRITERIUM): Für jede Folge (xn )∞ n=k in IR gilt: ∞ (xn )∞ n=k Cauchy-Folge ⇔ (xn )n=k konvergent . Die Aussage ⇒ von Satz (14) wird als Folgenvollständigkeit von IR bezeichnet. Diese zusammen mit der Aussage des Satzes von Archimedes sind äquivalent zum Vollständigkeitsaxiom. 13 2.3 UNENDLICHE REIHEN; POTENZREIHEN (1) DEFINITION: Es sei (an )∞ n=k eine Folge in IR. Für n ∈ k + IN heißt sn := n X n-te Partialsumme der Folge (an )∞ n=k aj j=k und die Folge der Partialsummen (sn )∞ n=k ∞ X =: Reihe der Folge (an )∞ n=k . an n=k ∞ Ist die Reihe der (an )∞ n=k (d.h. die Folge der Partialsummen (sn )n=k ) konvergent, so notiert man dies auch in der Form ∞ X an konvergent (kgt) . n=k In diesem Fall bezeichnet man deren Grenzwert als die Reihensumme lim sn =: n→∞ ∞ X an ∈ IR . n=k Man notiert die Konvergenz der Reihe, bzw. die Konvergenz der Reihe gegen die Reihensumme a auch kurz in der Form ∞ X an ∈ IR bzw. ∞ X an = a ∈ IR . n=k n=k Man bezeichnet die Reihe als divergent , wenn sie nicht konvergent ist. Den Fall der (uneigentlichen) Konvergenz der Reihe gegen +∞, bzw. −∞ notiert man auch kurz in der Form ∞ X an = +∞ (bzw. = −∞) . n=k (2) BEISPIELE: (i) GEOMETRISCHE REIHE Für q ∈ IR mit | q | < 1 gilt ∞ X n=0 (ii) Es gilt ∞ X n=1 qn = 1 . 1−q 1 = 1. n(n + 1) 14 (3) BEMERKUNG (LINEARITÄT): ∞ Es seien (an )∞ n=k , (bn )n=k Folgen in IR und α, β ∈ IR. Gilt dann ∞ X ∞ X an = a ∈ IR , n=k so folgt bn = b ∈ IR, n=k ∞ X (α an + β bn ) = α a + β b. n=k (4) SATZ (CAUCHY-KRITERIUM): Es sei (an )∞ n=k eine Folge in IR. Dann gilt: ∞ X n=k an konvergent ¯ ¯ n ¯ ¯ X ¯ ¯ aj ¯ < ε. ⇔ ∀ ε > 0 ∃ N ∈ k + IN ∀ n, m ≥ N mit n ≥ m : ¯ ¯ ¯ j=m+1 (5) FOLGERUNG (NOTWENDIGE KONVERGENZBEDINGUNG): Es sei (an )∞ n=k eine Folge in IR. Dann gilt: ∞ X an konvergent ⇒ an → 0 (n → ∞). n=k Die notwendige Bedingung in (5) ist nicht hinreichend. (6) BEISPIEL (HARMONISCHE REIHE): ∞ X 1 = +∞ , n n=1 1 → 0 (n → ∞). n (7) REIHEN MIT POSITIVEN GLIEDERN: Es sei (an )∞ n=k eine Folge in IR mit an ≥ 0, (n ≥ k). Dann gilt: ( n ) ∞ X X an = sup aj | n ≥ k ∈ IR. n=k j=k Insbesondere hat man ∞ X n=k an konvergent ⇔ à n X j=k !∞ beschränkt. aj n=k 15 (8) p-ADISCHE DARSTELLUNG DER REELLEN ZAHLEN: Es sei IN 3 p > 1. Dann existiert zu jedem x ∈ IR eine Folge (an )∞ n=k mit an ∈ {0, . . . , p − 1} , (n ≥ k) und an 6= p − 1 fuv n, so daß ∞ X an x=± pn n=k mit + im Falle x ≥ 0 und − im Falle x < 0 gilt. Diese Darstellung ist eindeutig: Ist (ãn )∞ eine weitere Folge mit entsprechenden Eigenn=k̃ schaften, wobei o.E. k̃ ≤ k gelte, so folgt ( 0 , (k̃ ≤ n < k , ãn = an , (n ≥ k) . Speziell im Fall p = 10 liefert dies die Darstellung von x als (unendlichen) Dezimalbruch, den man dann in der Form x = ak ak+1 ...a0 , a1 a2 a3 a4 ... notiert. Speziell im Fall p = 2 erhält man die Dualdarstellung reeller Zahlen. (9) ALTERNIERENDE REIHEN; LEIBNIZ-KRITERIUM: Es sei (an )∞ n=k eine monotone (monoton fallende oder wachsende) Nullfolge reeller Zahlen. ∞ X (−1)n an konvergent. Ist deren Reihensumme Dann ist die (”alternierende”) Reihe n=k gleich a ∈ IR, so gilt für die Reihenreste jeweils ¯ ¯ ¯ ¯ n ∞ ¯ ¯ ¯ X ¯ X ¯ ¯ ¯ ¯ j j a − (−1) a = (−1) a ¯ ¯ j¯ j ¯ ≤ | an+1 | , ¯ ¯ ¯ ¯ (n ≥ k). j=n+1 j=k (10) ABSOLUTE KONVERGENZ: Es sei (an )∞ n=k eine Folge in IR. Man bezeichnet die Reihe der (an )∞ n=k als absolut konvergent und notiert dies ∞ X an absolut konvergent (abs.kgt), n=k genau dann, wenn die Reihe der (| an |)∞ n=k konvergent ist, d.h. wenn ∞ X | an | konvergent . n=k Dann ist auch die Reihe der (an )∞ n=k konvergent, und es gilt für die Reihensummen ¯ ¯ ∞ ∞ ¯ X ¯X ¯ ¯ ≤ | an | . a ¯ n¯ ¯ ¯ n=k n=k 16 ∞ (11) DEFINITION: Es seien (an )∞ n=k und (bn )n=` Folgen in IR. Man bezeichnet ∞ X bn Majorante von ∞ X n=` n=k n=` n=k an ⇔ | an | ≤ bn ffa n, und entsprechend ∞ ∞ X X bn Minorante von an ⇔ 0 ≤ bn ≤ | an | ffa n. (12) VERGLEICHSKRITERIEN FÜR ABSOLUTE KONVERGENZ: ∞ Es seien (an )∞ n=k und (bn )n=` Folgen in IR. Dann gilt: (i) (MAJORANTENKRITERIUM) ∞ ∞ X X bn konvergente Majorante von an n=` ⇒ n=k (ii) (MINORANTENKRITERIUM) ∞ ∞ X X bn divergente Minorante von an n=` an absolut konvergent. n=k ⇒ n=k (13) BEISPIEL: IN 3 k ≥ 2 ⇒ ∞ X ∞ X an nicht absolut konvergent. n=k ∞ X 1 konvergent. k n n=1 (14) WURZELKRITERIUM: Es sei (an )∞ n=k eine Folge in IR. Dann gilt (i) ∞ X p n an absolut konvergent. lim sup | an | < 1 ⇒ n→∞ (ii) lim sup n→∞ n=k p n | an | > 1 ⇒ ∞ X an divergent . n=k (15) QUOTIENTENKRITERIUM: Es sei (an )∞ n=k eine Folge in IR mit an 6= 0, (n ≥ k). Dann gilt: ¯ ¯ ∞ X ¯ an+1 ¯ ¯ ¯ <1 ⇒ an absolut konvergent. (i) lim sup ¯ an ¯ n→∞ n=k ¯ ¯ ∞ X ¯ an+1 ¯ ¯>1 ⇒ (ii) lim inf ¯¯ an divergent. n→∞ an ¯ n=k 17 ∞ (16) REIHENUMORDNUNG: Es seien (an )∞ k und (bn )` Folgen in IR. Gilt bn = aϕ(n) , (n ≥ `) mit einer bijektiven Abbildung ϕ : {`, ` + 1, ...} → {k, k + 1, ...}, ∞ ∞ X X so bezeichnet man die Reihe bn als ”Umordnung” der Reihe an . n=` n=k (17) KLEINER UMORDNUNGSSATZ: Es seien k, ` ∈ IN und ϕ : {`, ` + 1, ...} → {k, k + 1, ...} injektiv. Weiter sei (an )∞ k eine Folge in IR mit ∞ X an absolut kgt. n=k Dann ist ∞ X aϕ(n) absolut kgt n=` und im Fall ϕ bijektiv gilt zudem ∞ X aϕ(n) = ∞ X an . n=k n=` (18) DEFINITION: Es sei (an )∞ k eine Folge in IR. ∞ X an als ”unbedingt konvergent”, falls jede Umordnung dieser Man bezeichnet die Reihe n=k Reihe konvergent ist. Man bezeichnet sie als ”bedingt konvergent”, falls sie konvergent aber nicht unbedingt konvergent ist. (19) RIEMANNSCHER UMORDNUNGSSATZ: Es sei (an )∞ k eine Folge in IR mit ∞ X an konvergent aber nicht absolut konvergent. n=k Dann gibt es zu jedem c ∈ IR eine Umordnung ∞ X bn von n=` ∞ X ∞ X an mit n=k bn = c. n=` (20) FOLGERUNG: Für jede Folge (an )∞ k in IR gilt ∞ X n=k an absolut kgt ⇔ ∞ X n=k an unbedingt kgt. 18 Wir kommen nun zu den POTENZREIHEN. (21) DEFINITION, SATZ: Es sei (an )∞ n=0 eine Folge in IR und x0 ∈ IR. Dann heißt für x ∈ IR ∞ X an (x − x0 )n Potenzreihe um x0 mit den Koeffizienten an . n=0 Als Konvergenzradius dieser Potenzreihe bezeichnet man p ρ := 1/ lim sup n | an | ∈ [0, +∞], n→∞ wobei man hier 1/0 := +∞ und 1/ + ∞ := 0 vereinbart. Es gilt für x ∈ IR | x − x0 | < ρ ⇒ ∞ X an (x − x0 )n absolut konvergent, n=0 | x − x0 | > ρ ⇒ ∞ X an (x − x0 )n divergent . n=0 Für | x − x0 | = ρ kann Konvergenz oder Divergenz eintreten. Wir beweisen nun die Darstellung der Exponentialfunktion durch eine Potenzreihe und definieren die trigonometrischen Funktionen Sinus und Cosinus mittels Potenzreihen. (22) SATZ, DEFINITION: Die folgenden Potenzreihen um 0 haben jeweils den Konvergenzradius +∞: ∞ ∞ ∞ X X 1 n X (−1)n (−1)n 2n 2n+1 x , x , x . n! (2n + 1)! (2n)! n=0 n=0 n=0 (i) Für x ∈ IR gilt ∞ X 1 n x = exp(x). n! n=0 (ii) Für x ∈ IR definiert man ∞ X n=0 (−1)n x2n+1 =: sin(x) , (2n + 1)! ∞ X (−1)n 2n x =: cos(x). (2n)! n=0 Die hierdurch definierten Funktionen bezeichnet man sin : IR → IR Sinus , cos : IR → IR Cosinus .