Formale Methoden 2 - LS1 - Logik in der Informatik

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Formale Methoden 2
Gaetano Geck
Lehrstuhl I – Logik in der Informatik
WS 2015/2016
Teil 1: Wiederholung
1
Mengen
2
Abbildungen
3
Exkurs Beweistechniken
4
Relationen
Definition
Operationen
Eigenschaften
Äquivalenzrelationen
Wiederholung / Relationen
Motivation
Beobachtung:
Beziehungen zwischen Daten gehen oftmals
über das Konzept der Abbildung/Funktion hinaus.
Wir verallgemeinern Zuordnungen
von einem Element x einer Menge X zu einem Element einer Menge Y ,
sodass x auch mehrere Elemente y1 , y2 , · · · 2 Y zugewiesen werden können.
Beispiel 4.1
Amelie
Johann
Mathematik
Informatik
Musik
Vanessa
Deutsch
Schüler
LKs
Die Beziehung „Schüler s besucht Leistungskurs k“ kann als Menge von Paaren
repräsentiert werden:
(
(Amelie, Mathematik),
(Johann, Musik),
FM2 (WS 2014/15, Geck)
(Amelie, Informatik),
(Vanessa, Musik),
(Johann, Informatik),
(Vanessa, Deutsch)
)
✓ Schüler⇥LKs
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Wiederholung / Relationen
Definition
Definition 4.2
Seien M1 , . . . , Mk Mengen für ein k 2 N0 .
Jede Teilmenge R ✓ M1 ⇥ · · · ⇥ Mk heißt k-stellige Relation (zwischen M1 , . . . , Mk ).
Bemerkungen:
Eine k-stellige Relation enthält ausschließlich k-Tupel.
Bezeichnungen:
• einstellige Relationen heißen unär,
• zweistellige Relationen heißen binär,
• dreistellige Relationen heißen ternär.
Einstellige Relationen R ✓ M1 entsprechen Mengen!
(Tupelklammern ignorierend)
Obige Definition erlaubt k = 0.
Es gibt genau zwei nullstellige Relationen mit 0-Tupeln:
• leere Relation:
• Relation mit leerem Tupel ()
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(kann als false interpretiert werden)
(kann als true interpretiert werden)
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Wiederholung / Relationen
Homogene Relationen
Bemerkungen:
Oftmals sind die Mengen, über denen eine Relation definiert ist, gleich.
• Solche Relationen heißen homogen,
• alle anderen heterogen.
Für eine homogene Relation R ✓ M k sagen wir auch:
R ist k-stellige Relation auf M.
Wir betrachten meist binäre Relationen.
Beispiel 4.3 (Vielfache)
Wir definieren eine binäre Relation V auf N0 ,
die jeder natürlichen Zahl ihre Vielfachen zuordnet:
def
V = (k · n, n) | n 2 N0 , k 2 N0 ✓ N0 ⇥ N0 .
Es gilt beispielsweise
(0, 4) 2 V , da 0 = 0 · 4,
(12, 4) 2 V , da 12 = 3 · 4,
(64, 4) 2 V , da 64 = 16 · 4,
(7, 4) < V .
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Wiederholung / Relationen
Zusammenhang mit Abbildungen
Wir holen eine formale Definition nach:
Definition 4.4 (Abbildung/Funktion)
Eine Abbildung f : X ! Y ist eine rechtseindeutige Relation zwischen X und Y .
Notation: Statt (x, y) 2 f schreiben wir dabei f (x) = y.
Definition 4.5 (Links- und Rechtseindeutigkeit)
Sei R ✓ X ⇥ Y eine binäre Relation zwischen X und Y , dann ist R
linkseindeutig,
wenn es zu jedem y 2 Y höchstens ein x 2 X mit (x, y) 2 R gibt;
rechtseindeutig,
wenn es zu jedem x 2 X höchstens ein y 2 Y mit (x, y) 2 R gibt.
Beispiel 4.6
8
>
>
<a,
:b,
Die Abbildung min : {0, 1} ⇥ {0, 1} ! {0, 1} mit (a, b) 7! >
>
falls a  b
sonst
entspricht der folgenden binären Relation zwischen N0 ⇥ N0 und N0 :
(0, 0), 0 , (0, 1), 0 , (1, 0), 0 , (1, 1), 1 , .
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Wiederholung / Relationen
Operationen: Umkehrrelation
Wir verallgemeinern das Konzept der Umkehrabbildung einer Abbildung auf Relationen.
Definition 4.7
Sei R ✓ X ⇥ Y eine binäre Relation zwischen X und Y .
Die Umkehrrelation R
1
von R ist die Relation (y, x) | (x, y) 2 R ✓ Y ⇥ X.
Beispiel 4.8
def
Sei T = V
1
✓ N0 ⇥ N0 die Umkehrrelation der Vielfache-Relation V aus Beispiel 4.3.
Dann ist T = (n, k · n) | n 2 N0 , k 2 N0 .
Die Relation T ordnet jeder natürlichen Zahl a, die Zahlen b zu, durch die sie teilbar sind.
Es gilt beispielsweise
(4, 0) 2 T , da 0 ohne Rest durch 4 teilbar ist,
(4, 12) 2 T , da 12 ohne Rest durch 4 teilbar ist,
(4, 64) 2 T , da 64 ohne Rest durch 4 teilbar ist,
(4, 7) 2 T , da 7 geteilt durch 4 Rest 3 ergibt.
Aufgabe
Sei R = (1, 3), (2, 7), (7, 2), (7, 4) . Bestimme R 1 .
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Wiederholung / Relationen
Operationen: Komposition
Wir verallgemeinern das Konzept der Komposition von Abbildungen auf Relationen.
Definition 4.9
Sei R ✓ X ⇥ Y eine binäre Relation zwischen X und Y und
sei S ✓ Y ⇥ Z eine binäre Relation zwischen Y und Z .
Die Komposition R S von R und S ist die Relation
(x, z) | es gibt ein y 2 Y mit (x, y) 2 R und (y, z) 2 S ✓ X ⇥ Z.
Notation:
Bei Abbildungen f : X ! Y und g : Y ! Z kehren wir die Reihenfolge um: g f .
Dies rührt von der Interpretation (g f )(x) = g f (x) her.
Beispiel 4.10
Es seien
und
dann ist
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R = (Düsseldorf, NRW), (Erfurt, TH), (Graz, ST), (Linz, OÖ)
S = (BW, D), (NRW, D), (TH, D), (ST, A) ,
R S = (Düsseldorf, D), (Erfurt, D), (Graz, A) .
49
Wiederholung / Relationen
Eigenschaften: Reflexivität
Definition 4.11
Sei R ✓ M ⇥ M eine binäre Relation auf einer Menge M .
Die Relation R ist
reflexiv, wenn (m, m) 2 R für alle m 2 M gilt, und
irreflexiv, wenn (m, m) < R für alle m 2 M gilt.
Hinweis:
Reflexivität ist nicht das Gegenteil von Irreflexivität,
aber beide Eigenschaften schließen sich aus.
Eine Relation kann also insbesondere:
• nicht sowohl reflexiv als auch irreflexiv sein,
• aber weder reflexiv noch irreflexiv sein.
Beispiel 4.12
Die Vielfache-Relation V aus Beispiel 4.3 ist reflexiv,
da jede Zahl ein Vielfaches von sich selbst ist.
Die Kleiner-Relation < auf den natürlichen Zahlen,
def
< = (x, y) 2 Z2 | es gibt ein d 2 N mit x + d = y
ist irreflexiv, da keine Zahl x 2 Z kleiner als sie selbst ist.
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Wiederholung / Relationen
Eigenschaften: Symmetrie
Definition 4.13
Sei R ✓ M ⇥ M eine binäre Relation auf einer Menge M .
Die Relation R ist
symmetrisch, wenn für jedes (m1 , m2 ) 2 R auch (m2 , m1 ) 2 R gilt,
asymmetrisch, wenn für jedes (m1 , m2 ) 2 R nicht (m2 , m1 ) 2 R gilt,
antisymmetrisch, wenn für alle m1 , m2 2 M mit m1 , m2 gilt:
(m1 , m2 ) < R oder (m2 , m1 ) < R.
Hinweis:
Die Begriffe schließen sich nicht aus: Die leere Relation ; besitzt alle Eigenschaften.
Antisymmetrie ist eine echt schwächere Forderung als Asymmetrie.
Insbesondere: jede asymmetrische Relation ist auch antisymmetrisch.
Beispiel 4.14
Die Vielfache-Relation V aus Beispiel 4.3 ist
nicht symmetrisch
nicht asymmetrisch
(16, 4) 2 V , aber (4, 16) < V
(93, 93) 2 V
Frage
Ist die Vielfache-Relation antisymmetrisch?
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Wiederholung / Relationen
Eigenschaften: Transitivität
Definition 4.15
Sei R ✓ M ⇥ M eine binäre Relation auf einer Menge M .
Die Relation R ist transitiv,
wenn für (m1 , m2 ) 2 R und (m2 , m3 ) 2 R auch stets (m1 , m3 ) 2 R gilt.
Beispiel 4.16
Die Kleiner-Relation < ist transitiv:
Gilt a < b und b < c, für Zahlen a, b, c 2 N0 , so gilt auch a < c.
Etwa: 1 < 12 und 12 < 94 und ferner 1 < 94.
Frage
Welche der folgende Relationen sind transitiv?
1
(1, 2)
2
(1, 2), (2, 3), (1, 3)
3
(1, 2), (2, 3), (3, 4), (1, 3), (2, 4)
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Wiederholung / Relationen
Äquivalenzrelationen
Definition 4.17 (Äquivalenzrelation)
Sei R ✓ M ⇥ M eine binäre Relation auf einer Menge M .
Wir nennen R eine Äquivalenzrelation, wenn sie
reflexiv,
symmetrisch und
transitiv ist.
Notation:
Äquivalenzrelationen werden oft mit ⌘ bezeichnet.
Meist wird dann die Infixnotation verwendet: m ⌘ m0 statt (m, m0 ) 2⌘.
Beispiel 4.18
Zeitangaben durch Paare von Stunden und Minuten: durch Paare:
T = (h, m) | h 2 {0, . . . , 23}, m 2 {0, . . . , 59} .
n⇣
o
⌘
Die Relation (h1 , m1 ), (h2 , m2 ) 2 T 2 | h1 = h2 ist eine Äquvialenzrelation auf T .
Wir bezeichnen Sie mit ⌘. Beispielhaft:
Reflexivität: (12, 15) ⌘ (12, 15).
Symmetrie: (12, 15) ⌘ (12, 38), also auch (12, 38) ⌘ (12, 15).
Transitivität: (12, 15) ⌘ (12, 38) und (12, 38) ⌘ (12, 59), also auch (12, 15) ⌘ (12, 59).
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Wiederholung / Relationen
Äquivalenzklassen
Definition 4.19
Sei M eine Menge mit einer Äquivalenzrelation ⌘.
Für jedes r 2 M ist die Äquivalenzklasse von r (bezüglich ⌘)
die Menge {x 2 M | x ⌘ r}. aller zu x äquivalenten Elemente von M .
Wir bezeichnen diese Äquivalenzklasse mit [r]⌘
und nennen r einen Repräsentanten der Klasse.
Beispiel 4.20
Wir betrachten die Menge N0 und definieren eine Äquivalenzrelation ⌘2 durch
x ⌘2 y
,
x und y haben bei Division durch 2 denselben Rest,
für alle x, y 2 N0 .
[0]⌘2 = {0, 2, 4, 6, 8, . . . }
[1]⌘2 = {1, 3, 5, 7, 9, . . . }
Bemerkung:
Wir nennen r einen Repräsentanten von [r]⌘ , nicht den Repräsentanten von [r]⌘ ,
da es im Allgemeinen mehrere Repräsentanten gibt.
Genauer: Jedes Element aus [r]⌘ repräsentiert die Äquivalenzklasse [r]⌘ .
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Wiederholung / Relationen
Äquivalenzklassen und Partitionen (1/2)
Gerade erläutert: Äquivalente Repräsentanten besitzen dieselbe Äquivalenzklasse.
Wenn x ⌘ y, dann [x]⌘ = [y]⌘ .
Aufgabe
Beweise: Wenn x . y ist, dann sind [x]⌘ und [y]⌘ disjunkt.
Fakt 4.21
Sei M eine Menge mit einer Äquivalenzrelation ⌘.
Der Quotient M/ ⌘, definiert als die Menge [x]⌘ | x 2 M , ist eine Partition von M .
Beispiel 4.22
Für die Äquivalenzrelation ⌘2 aus Beispiel 4.20, etwa ist
N 0 / ⌘2
=
=
=
FM2 (WS 2014/15, Geck)
n
o
[0] , [1]⌘2 , [2]⌘2 , [3]⌘2 , [4]⌘2 , . . .
n ⌘2
o
[0] , [1]⌘2
n ⌘2
o
{0, 2, 4, 6, 8, . . . }, {1, 3, 5, 7, 9, . . . }
55
Wiederholung / Relationen
Äquivalenzklassen und Partitionen (2/2)
Also: Jede Äquivalenzrelation auf M definiert eine Partition von M .
Auch: Jede Partition von M definiert eine Äquivalenzrelation auf M .
Fakt 4.23
Sei M = {Mi | i 2 I} eine Partition einer Menge M .a
Die Relation ⌘M auf M , definiert durch
x ⌘M y
,
es gibt ein i 2 I mit {x, y} ✓ Mi , für alle x, y 2 M,
ist eine Äquivalenzrelation.
a
Unendliche Partitionen sind analog zu endlichen Partitionen definiert:
S
Es gilt Mi \ Mj = ;, für alle i, j 2 I mit i , j und außerdem i2I Mi = M .
Beispiel 4.24
Wir betrachten die Menge aller Wochentage: W = {Mo,nDi, Mi, Do, Fr, Sa, So}
o
und ihre Partition in Werk- und Wochenendtage: W = {Mo, Di, Mi, Do, Fr}, {Sa, So} .
Dann gilt für die induzierte Äquivalenzrelation:
Mo ⌘W Di ⌘W Mi ⌘W Do ⌘W Fr
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und
Sa ⌘W So.
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Wiederholung / Relationen
Äquivalenzrelationen: Verfeinerungen
Definition 4.25
Sei ⌘✓ M ⇥ M eine Äquivalenzrelation auf einer Menge M und
sei ⇠✓ M ⇥ M eine Äquivalenzrelation auf derselben Menge M .
Die Relation ⌘ heißt Verfeinerung der Relation ⇠,
falls für alle x, y 2 M mit x ⌘ y auch x ⇠ y gilt.
Beispiel 4.26
Für die Menge W = {Mo, Di, Mi, Do, Fr, Sa, So} aller Wochentage betrachten wir die
Äquivalenzrelation
x ⌘1 y
,
x und y haben denselben Anfangsbuchstaben,
für alle x, y 2 W .
Die Äquivalenzrelation ⌘1 ist eine Verfeinerung von ⌘W :
für Mo ⌘1 Mi gilt auch Mo ⌘W Mi;
für Di ⌘1 Do gilt auch Di ⌘W Do;
für Sa ⌘1 So gilt auch Sa ⌘W So;
Alternative Charakterisierung
Eine Äquivalenzrelation ⌘ auf M ist eine Verfeinerung einer Äquivalenzrelation ⇠ auf M ,
falls für alle x 2 M gilt: [x]⌘ ✓ [y]⇠ .
FM2 (WS 2014/15, Geck)
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