Prof. Dr. D. Kuske, M.Sc. M. Huschenbett Fachgebiet Theoretische Informatik, TU Ilmenau 5. Übungsblatt zur Vorlesung Automatentheorie“ ” Besprechung am 4. und 5. Juni 2014 Vorbemerkung Die Idee der Darstellung von Strukturen durch Automaten lässt sich nicht nur mithilfe vom Baumautomaten umsetzen, sondern genauso gut mithilfe endlicher Automaten auf Wörtern. Auf diesem Übungsblatt wollen wir uns mit dem daraus resultierenden Konzept der (wort)automatischen Strukturen beschäftigen. Dazu sei Σ ein Alphabet, 6∈ Σ und Σ = Σ ∪ {}. Weiter seien w1 , . . . , wn ∈ Σ∗ Wörter mit wi = ai,1 . . . ai,`i für 1 ≤ i ≤ n, wobei ai,1 , . . . , ai,`i ∈ Σ. Die Verklebung von w1 , . . . , wn ist das Wort #(w1 , . . . , wn ) = a1 . . . a` ∈ (Σn )∗ , wobei • ` = max{`1 , . . . , `n }, • aj = (ã1,j , . . . , ãn,j ) für 1 ≤ j ≤ ` und • ãi,j = ai,j für 1 ≤ j ≤ `i und ãi,j = für `i < j ≤ `, beides für 1 ≤ i ≤ n. Beispielsweise ist #(ab, aab, ε) = (a, a, )(b, a, )(, b, ). Eine relationale Struktur S = (U, R1 , . . . , Rk ) (mit Signatur (m1 , . . . , mk )) heißt automatisch, wenn es ein Alphabet Σ gibt, so dass • U ⊆ Σ∗ regulär ist und • die Sprachen i ∗ Ri# = { #(w1 , . . . , wmi ) | (w1 , . . . , wmi ) ∈ Ri } ⊆ (Σm ) für 1 ≤ i ≤ k allesamt regulär sind. Ein Tupel d = (AU , AR1 , . . . , ARk ) endlicher Automaten mit L(AU ) = U und L(ARi ) = Ri# für 1 ≤ i ≤ k heißt automatische Darstellung von S. Eine Struktur heißt automatisch darstellbar, wenn es eine zu ihr isomorphe automatische Struktur gibt. Aufgabe 1 (a) Beweisen Sie den Fundamentalsatz für automatische Strukturen: Es seien S eine automatische Struktur, d eine automatische Darstellung von S und ϕ(x1 , . . . , xn ) eine prädikatenlogische Formel (in der Sprache von S). Dann kann man (aus d und ϕ) einen endlichen Automaten Aϕ mit # L(Aϕ ) = ϕS = { #(w1 , . . . , wn ) | S |= ϕ(w1 , . . . , wn ) } berechnen. 1/3 5. Übungsblatt zur Vorlesung Automatentheorie“ ” (b) Schlussfolgern Sie: Sei S eine automatische Struktur. Dann ist die Menge aller prädikatenlogischen Sätze Φ mit S |= Φ entscheidbar. (Diese Menge heißt prädikatenlogische Theorie von S.) Aufgabe 2 Es sei Σ ein Alphabet dessen Elemente durch ≤Σ linear geordnet seien. Die längenlexikographische Ordnung bzgl. ≤Σ ist die folgendermaßen definierte linear Ordnung ≤llex auf Σ∗ : Für u, v ∈ Σ∗ gilt x ≤llex y genau dann, wenn entweder u = v oder |u| < |v| gilt oder es gilt |u| = |v| und es gibt x, y, z ∈ Σ∗ und a, b ∈ Σ mit a <Σ b, u = xay und v = xbz. (a) Zeigen Sie, dass die lineare Ordnung (Σ∗ , ≤llex ) automatisch ist. (b) Beweisen Sie, dass die lineare Ordnung (Σ∗ , ≤llex ) isomorph zur gewöhnlichen Ordnung (N, ≤) der natürlichen Zahlen ist. Aufgabe 3 Es sei S = (U, R1 , . . . , Rk ) eine relationale Struktur mit Signatur (m1 , . . . , mk ). Eine Kongruenzrelation auf S ist eine Äquivalenzrelation ≡ auf U die für alle i = 1, . . . , k folgender Bedingung genügt: für alle a1 , b1 , . . . , ami , bmi ∈ U mit aj ≡ bj für 1 ≤ j ≤ mi gilt (a1 , . . . , ami ) ∈ Ri genau dann, wenn (b1 , . . . , bmi ) ∈ Ri . Der Quotient von S bzgl. ≡ ist die relationale Struktur S/≡ = (U/≡, R10 , . . . , Rk0 ) wobei • U/≡ = { [a]≡ | a ∈ U } die Menge aller Äquivalenzklassen bzgl. ≡ ist und • [a1 ]≡ , . . . , [ami ]≡ ∈ Ri0 genau dann gelte, wenn (a1 , . . . , ami ) ∈ Ri , für 1 ≤ i ≤ k.1 (a) Zeigen Sie: Wenn S eine automatische Struktur ist und ≡ eine Kongruenzrelation auf S, für die es einen endlichen Automaten A≡ mit L(A≡ ) = { #(u, v) | u, v ∈ U, u ≡ v } gibt, dann ist S/≡ automatisch darstellbar. (b) Beweisen Sie weiter: Die Aussage aus Teilaufgabe (a) ist effektiv, d.h. man kann aus einer automatischen Darstellung d von S und dem Automaten A≡ eine automatische Darstellung d0 einer zu S/≡ isomorphen automatischen Struktur S 0 berechnen. Hinweis: Benutzen Sie die Erkenntnisse aus Aufgabe 2. Aufgabe 4 In dieser Aufgabe erweitern wir die Prädikatenlogik um den Quantor ∃∞ . Intuitiv soll er den Umstand es gibt unendliche viele“ ausdrücken. Dazu erweitern wir die Syntax der Prädikatenlogik ” um Formeln der Gestalt ∃∞ x ϕ, wobei x eine Variable und ϕ eine Formel ist. Die Variable x ist in ∃∞ x ϕ gebunden, andere Variablen aus ϕ werden nicht gebunden. Die Semantik des Quantors ∃∞ ist folgendermaßen definiert: Es seien ϕ(x, y1 , . . . , yn ) eine Formel, S = (U, R1 , . . . , Rk ) eine Struktur und b1 , . . . , bn ∈ U . Dann gilt S |= (∃∞ x ϕ)(b1 , . . . , bn ) genau dann, wenn es unendlich viele a ∈ U mit S |= ϕ(a, b1 , . . . , bn ) gibt. 1 Die Wohldefiniertheit dieser Setzung ist durch die Eigenschaften der Kongruenzrelation ≡ sichergestellt. 2/3 5. Übungsblatt zur Vorlesung Automatentheorie“ ” (a) Es seien R ⊆ (Σ∗ )1+n eine Relation und A ein endlicher Automat mit L(A) = { #(u, v1 , . . . , vn ) | (u, v1 , . . . , vn ) ∈ R } . Beweisen Sie, dass es einen endlichen Automaten B gibt mit L(B) = { #(v1 , . . . , vn ) | es gibt unendlich viele u ∈ Σ∗ mit (u, v1 , . . . , vn ) ∈ R } . Zeigen Sie weiter, dass man B aus A berechnen kann. Hinweis: Benutzen Sie die Erkenntnisse aus Aufgabe 2. (b) Schlussfolgern Sie aus Teilaufgabe (a), dass die Aussagen aus Aufgabe 1 auch für die um den ∃∞ -Quantor erweiterte Prädikatenlogik gelten. Aufgabe 5 Zeigen Sie, dass die gewöhnliche lineare Ordnung (Q, ≤) der rationalen Zahlen automatisch darstellbar ist. Hinweis: Benutzen Sie den Satz von Cantor : Eine abzählbar-unendliche lineare Ordnung (L, ≤) ist genau dann isomorph zu (Q, ≤), wenn es (1) zu jedem a ∈ L Elemente b, c ∈ L mit b < a < c gibt (d.h. (L, ≤) besitzt weder ein kleinstes noch ein größtes Element) und (2) zu allen a, b ∈ L mit a < b ein Element c ∈ L mit a < c < b gibt (d.h. (L, ≤) ist dicht). 3/3