10 §3. Quadratische Reste Wir beginnen mit der für das folgende grundlegenden Def. 3.1: Für jede ungerade Primzahl p und jede nicht durch p teilbare ganze Zahl a ist das Legendresymbol (a/p) definiert durch ⎧ +1, wenn x 2 ≡ a mod p lösbar ist ( a / p) = ⎨ 2 ⎩−1, wenn x ≡ a mod p unlösbar ist Im ersten Fall sagt man auch, “a ist quadratischer Rest mod p”, im zweiten “a ist quadratischer Nichtrest mod p.” Ferner sei (a/p)=0, falls p | a. Im folgenden Satz sind einige wichtige Eigenschaften des Legendresymbols zusammengefaßt, welche fast unmittelbar aus dessen Definition, sowie der Existenz einer Primitivwurzel mod p folgen. Satz 3.2: Seien p ∈ P\{2} und a,b ∈ Z beliebig. Dann gilt: (1) a ≡ b mod p ⇒ (a/p) = (b/p). (2) Ist g eine Primitivwurzel mod p, so sind genau die Zahlen g 2 , g 4 ,..., g p −1 die mod p inkongruenten quadr. Reste und die Zahlen g, g 3 ,..., g p −2 die mod p inkongruenten quadr. Nichtreste. Insbesondere gibt es gleich viele quadr. Reste wie quadr. Nichtreste, nämlich je (p-1)/2. (3) (a/p) ≡ a ( p −1)/ 2 mod p (Eulersches Kriterium). (4) (ab/p) = (a/p)(b/p). (Insbesondere ist also ( a 2 b/p)=(b/p).) Die Richtigkeit des folgenden Satzes wurde bereits von Euler vermutet, aber der erste korrekte Beweis stammt von Gauß. Satz 3.3: (Quadratisches Reziprozitätsgesetz) Für verschiedene ungerade Primzahlen p und q gilt: ( p / q )(q / p) = ( −1) ( p −1)/ 2 ⋅ (q-1)/2 . Insbesondere gilt (p/q) = (q/p) genau dann, wenn p ≡ 1 mod 4 oder q ≡ 1 mod 4, und (p/q) = −(q/p) genau dann, wenn p ≡ q ≡ 3 mod 4. Für die praktische Anwendung benötigt man oft noch Satz 3.4: (1.Ergänzungssatz) Für jede ungerade Primzahl p gilt ( −1 / p) = ( −1) ( p −1)/ 2 . Es ist also -1 genau dann quadr. Rest mod p, wenn p ≡ 1 mod 4, und quadr. Nichtrest mod p, wenn p ≡ 3 mod 4 ist. Satz 3.5: (2.Ergänzungssatz) Für jede ungerade Primzahl p gilt 11 (2 / p) = ( −1) ( p 2 −1)/ 8 . Es ist also 2 genau dann quadr. Rest mod p, wenn p ≡ ±1 mod 8, und quadr. Nichtrest mod p, wenn p ≡ ±3 mod 8 ist. Bem. 3.6: Die vorstehenden Sätze können insbesondere dazu verwendet werden, um Legendresymbole (a/p) auf einfache Weise zu berechnen, wie wir an an nachfolgendem Beispiel zeigen wollen: (69/97) = (3⋅23/97) = (3/97)(23/97) (wegen 3.2(4)) = (97/3)(97/23) (wegen 3.3) = (1/3)(5/23) (wegen 3.2(1)) = (5/23) (da 1 trivialerweise quadr. Rest mod 3 ist9 = (23/5) (wegen 3.3) = (3/5) (wieder wegen 3.2(1)) = (5/3) (wieder wegen 3.3) = (2/3) (wieder wegen 3.2(1)) = -1 (wegen 3.5) Sehr wichtig für unsere Zwecke ist auch die nachstehende Verallgemeinerung von Legendresymbolen: Def. 3.7: Sei b ∈ N* ungerade mit einer Darstellung b = p 1 p 2 ... p r (r ≥ 0) als Produkt (nicht notwendig verschiedener) Primzahlen. Für jedes a ∈ Z ist dann das Jacobisymbol (a/b) erklärt durch (a / b) = (a / p 1 )(a / p 2 )...(a / p r ) , wobei die (a / p i ) , i= 1,2,...,r, Legendresymbole sind. Insbesondere ist also (a/1)=1, sowie (a/b) = 0 genau dann, wenn (a,b) ≠ 1. Bem. 3.8: Man beachte, daß (a/b) = 1 im Fall (a,b)=1 nun nur mehr notwendig, aber nicht mehr hinreichend für die Lösbarkeit von x 2 ≡ a mod b ist, wie man etwa für a=2 und b=15 sieht. Es stellt sich nun die Frage, welche der vorstehende Sätze auch noch allgemeiner für Jacobisymbole gelten. Diese wird beantwortet durch Satz 3.9: Seien a , a 1 , a 2 ∈Z und b, b 1 , b 2 ∈N * beliebig. Dann gilt: (1) a 1 ≡ a 2 mod b ⇒ (a 1 / b) = (a 2 / b) . 12 (2) (a 1a 2 / b) = (a 1 / b)(a 2 / b) . (3) (a / b 1 b 2 ) = (a / b 1 )(a / b 2 ) . (4) (a / b)( b / a ) = ( −1) ( a −1)/ 2⋅( b −1)/ 2 (Quadratisches Reziprozitätsgesetz) (5) ( −1 / b) = ( −1) ( b −1)/ 2 (1.Ergänzungssatz) (6) (2 / b) = ( −1) ( b 2 −1)/ 8 (2.Ergänzungssatz). Bem. 3.10: Indem man obige Rechenregeln für Jacobisymbole verwendet, lassen sich nun auch Legendresymbole sehr viel einfacher berechnen, z.B. (69/97) = (97/69) (wegen 3.9(4)) = (28/69) (wegen 3.9(1)) = (4⋅7/69) = (4/69)(7/69) (wegen 3.9(2)) = (7/69) (da 4 trivialerweise quadratischer Rest mod 69 ist) = (69/7) (wegen 3.9(4)) = (−1/7) (wegen 3.9(1)) = −1 (wegen 3.9(5)). Im Unterschied zu 3.6 mußten nun insbesondere keine Primfaktorzerlegungen mehr vorgenommen werden (abgesehen von harmlosen Abspaltungen von Potenzen von 2, um das Quadratische Reziprozitätsgesetz anwenden zu können!), wodurch die Berechnung von Jacobisymbolen (a/b) auch für große a,b ganz harmlos (genauer: ein Polynomialzeitalgorithmus) ist. Bem. 3.11: Ist (a/p)=1 für eine ungerade Primzahl p, so kann man sich die Frage stellen, wie man die Lösungen von x 2 ≡ a mod p dann tatsächlich berechnen kann. Für p ≡ 3 mod 4 ist sie ganz leicht zu beantworten. Nach dem Eulerschen Kriterium 3.2(3) gilt nämlich a ( p −1)/ 2 ≡ (a / p) = 1 mod p und damit weiter (a ) ( p +1)/ 4 2 = a ( p +1)/ 2 = a ( p −1)/ 2 a ≡ a mod p, was beweist, daß ± a ( p +1)/ 4 die beiden Wurzeln aus a mod p sind. Mit dem etwas komplizierteren Fall p≡ 1 mod 4 werden wir uns später auseinandersetzen.