Leseprobe Huyoff Grundlagen der Volkswirtschaftslehre für Ingenieure VOLKSWIRTSCHAFTSLEHRE Studienbrief 2-030-1007 1. Auflage 2010 HDL HOCHSCHULVERBUND DISTANCE LEARNING Grundlagen der Volkswirtschaftslehre für Ingenieure Impressum Verfasser: Susanne Huyoff Diplom-Ökonomin (Allgemeine Wirtschaftstheorie) /Diplom-Volkswirtin Freiberufliche Dozentin (Volkswirtschaftslehre) Lehraufträge (Direkt- und Fernstudium): HTW Berlin, FH Brandenburg, FS für Technik und Wirtschaft (Brandenburg) Der Studienbrief wurde auf der Grundlage des Curriculums für den Studienschwerpunkt „Volkswirtschaftslehre“ verfasst. Die Bestätigung des Curriculums erfolgte durch den Fachausschuss für das modulare Fernstudienangebot Betriebswirtschaftslehre, dem folgende Mitglieder angehören: Prof. Dr. Arnold (FH Gießen-Friedberg), Prof. Dr. Götze (FH Stralsund), Prof. Dr. Heger (HTW Berlin), Prof. Dr. Hofmeister (FH Erfurt), Prof. Dr. Nullmeier (HTW Berlin), Prof. Dr. Pumpe (Beuth HS für Technik Berlin), Rosemann M. A. (Ostfalia Hochschule), Prof. Dipl.-Ök. Schindler (HS Merseburg), Prof. Dr. Schleicher (HS Wismar), Prof. Dr. Schwill (FH Brandenburg), Prof. Dr. M. Strunz (HS Lausitz), Prof. Dr. H. Strunz (Westsächsische HS Zwickau), Prof. Dr. Tippe (TH Wildau(FH)). 1. Auflage 2010 ISBN 978-3-86946-027-7 Redaktionsschluss: Februar 2010 Studienbrief 2-030-1007 © 2010 by Service-Agentur des Hochschulverbundes Distance Learning. Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung und des Nachdrucks, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form ohne schriftliche Genehmigung der Service-Agentur des HDL reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden. Service-Agentur des HDL (Hochschulverbund Distance Learning) Leiter: Dr. Reinhard Wulfert c/o Agentur für wissenschaftliche Weiterbildung und Wissenstransfer e. V. Magdeburger Straße 50, 14770 Brandenburg Tel.: 0 33 81 - 35 57 40 E-Mail: [email protected] Fax: 0 33 81 - 35 57 49 Internet: http://www.aww-brandenburg.de Grundlagen der Volkswirtschaftslehre für Ingenieure Inhaltsverzeichnis Abkürzungen...................................................................................................................................................................................4 Einleitung..........................................................................................................................................................................................7 Literaturempfehlung.....................................................................................................................................................................8 1 Die Grundzüge der Volkswirtschaftslehre – eine kurze Einführung in das Fach.................................9 1.1 Die Gliederung der Volkswirtschaftslehre.......................................................................................................................................9 1.2 Die Methodik der Volkswirtschaftslehre........................................................................................................................................ 10 2 Die Haushaltstheorie...............................................................................................................................................11 2.1 Der homo oeconomicus........................................................................................................................................................................11 2.2 Der Begriff des privaten Haushalts................................................................................................................................................... 13 2.3 Die Bestimmung der Güternachfrage und das Haushaltsoptimum.................................................................................... 13 2.3.1 Die Bedürfnisse und der Nutzen von Gütern und Dienstleistungen.................................................................................. 13 2.3.2 Die Preise als Einflussfaktor bei der Bestimmung der Güternachfrage.............................................................................. 21 2.3.3 Das Einkommen als Bestimmungsfaktor für die Güternachfrage........................................................................................ 25 2.3.4 Die Güternachfrage als Kombination von Präferenzen, Preisen und Einkommen – das Haushaltsoptimum..... 28 2.3.5 Die Veränderungen der Einflussgrößen und deren Auswirkungen auf die Nachfragestruktur und das Haushaltsoptimum��������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 29 2.4 Die Einkommensverwendung: der Vorteil des Sparens........................................................................................................... 36 2.4.1 Der Zins als wichtige Einflussgröße für Ersparnisse und Kredite.......................................................................................... 38 2.4.2 Veränderungen im Rahmen des Konsumtausches zwischen Gegenwart und Zukunft..............................................40 2.5 Das Arbeitsangebot der privaten Haushalte................................................................................................................................ 41 3 Die Markttheorie...................................................................................................................................................... 44 3.1 Das Polypol – der Wettbewerbsmarkt............................................................................................................................................ 45 3.2 Das Monopol............................................................................................................................................................................................48 3.3 Die wohlfahrtstheoretische Betrachtung von Monopol und Wettbewerb...................................................................... 50 Antworten zu den Kontrollfragen und Lösungshinweise zu den Übungsaufgaben.......................................... 52 Literaturverzeichnis.................................................................................................................................................................... 64 Sachwortverzeichnis.................................................................................................................................................................. 67 HDL Grundlagen der Volkswirtschaftslehre für Ingenieure Abkürzungen ALG II Arbeitslosengeld II („Hartz IV“) BMFi Bundesministerium der Finanzen BWL Betriebswirtschaftslehre DTK durchschnittliche totale Kosten EVS Einkommens- und Verbrauchsstichprobe GE Geldeinheiten HDL Hochschulverbund Distance Learning OPEC Organisation of the Petroleum Exporting Countries PAF Preis-Absatz-Funktion StatBA Statistisches Bundesamt HDL VWL Volkswirtschaftslehre C Konsum c1 Konsumbündel der ersten Periode c2 Konsumbündel der zweiten Periode E Einkommen E1 Einkommen der ersten Periode E2 Einkommen der zweiten Periode E´ Grenzerlöse F Freizeit i Nominalzins is Sparzins ik Kreditzins K´ Grenzkosten p M Preis eines Monopolunternehmens p n Preis einer n-ten Situation p p Preis eines Unternehmens im Polypol p* Gleichgewichtspreis r Realzins U Nutzen U´ Grenznutzen x1 Gut 1 x2 Gut 2 y n Menge einer n-ten Situation Grundlagen der Volkswirtschaftslehre für Ingenieure yM Angebotsmenge eines Monopolunternehmens yP Angebotsmenge eines Unternehmens im Polypol y * Gleichgewichtsmenge α, β Koeffizienten der Nutzenfunktion Δ Veränderung einer Größe ε Elastizität εE Einkommenselastizität der Nachfrage εk Kreuzpreiselastizität der Nachfrage π Inflationsrate HDL HDL Grundlagen der Volkswirtschaftslehre für Ingenieure Grundlagen der Volkswirtschaftslehre für Ingenieure Einleitung Im Rahmen Ihres Studiums sind die Grundlagen der Volkswirtschaftslehre ein Bestandteil der wirtschaftlichen Ausbildung. In diesem Fach werden Sie mit grundlegenden Zusammenhängen gesamtwirtschaftlichen Denkens vertraut gemacht, um in Ihrem späteren Berufsleben Auswirkungen wirtschaftlicher Situationen – wie z. B. Steueränderungen oder andere Maßnahmen des Staates – auf Ihre Person und Ihre Aufgabenstellung im Unternehmen beurteilen und in ihren Effekten abschätzen zu können. • Auch wenn man es sich nicht bewusst macht, sind mit den alltäglichen Handlungen ökonomische Hintergründe verbunden, so dass der Anspruch dieses Studienbriefes darin liegt, anhand solcher Alltäglichkeiten die Herangehensweise an die Analyse volkswirtschaftlicher Situationen in Verbindung mit dem fachspezifischen Sprachgebrauch zu zeigen und so die Basis für die weitere Beschäftigung mit dem Fach zu schaffen. Studienziele • Der vorliegende Studienbrief soll dabei die wichtigsten Grundlagen auf der Mikroebene der Betrachtung erläutern, einige Begrifflichkeiten der Makro­ ebene abgrenzen und anhand von Beispielen aus dem täglichen Erleben die Zusammenhänge anschaulich darstellen. Weiterhin sollen Grundlagen der Märkte und des Wettbewerbs erläutert und dessen Vorzüge gezeigt werden. Das Material gliedert sich dabei in zwei wesentliche Teilbereiche: Nachdem zu Beginn des Studienbriefs (Kapitel 1) der Inhalt des Fachs im Überblick vorgestellt wird, sollen im zweiten Kapitel grundlegende Handlungen im Rahmen von Haushalten dargestellt und diskutiert werden. Hierbei wird anhand von vielen Beispielen auch immer wieder ein Praxisbezug zur Wirtschaftspolitik hergestellt, um Veränderungen durch staatliche Eingriffe für Haushalte und Individuen diskutieren zu können. Im dritten Kapitel werden dann Märkte im Vordergrund stehen. Da wir tagtäglich mit Aktivitäten der Marktwirtschaft konfrontiert sind, ist es sinnvoll, diese einordnen und deren Hintergründe erkennen zu können. Gleichzeitig soll die Rolle von Marktformen bei Innovationen und im Bereich der Bedürfnisbefriedigung verdeutlich werden. Abschließend finden Sie zu den eingefügten Kontrollfragen und Übungsaufgaben Lösungsansätze, die Sie für Ihr Selbststudium nutzen können. HDL Grundlagen der Volkswirtschaftslehre für Ingenieure Literaturempfehlung Es gibt eine fast unüberschaubare Vielzahl an Fachbüchern zur allgemeinen Volkswirtschaftslehre und zur Mikroökonomie im Speziellen. Sie unterscheiden sich meist nur in der individuellen Herangehensweise der jeweiligen Autoren, da die verwendeten Modelle allgemeiner Konsens sind. Daher sollen hier nur einige wenige ausgewählte Bücher aufgeführt werden, die als Basisliteratur anerkannt sind. Die Bücher zur allgemeinen Volkswirtschaftslehre umfassen einen Überblick aller Teilbereiche der Volkswirtschaftslehre, der für die einzelnen Teilbereiche naturgemäß nur ausschnittsweise erfolgen kann. Daher empfehlen sich diese Bücher für einen ersten Überblick und grundlegende Zusammenhänge. Hier sind insbesondere die folgenden zu empfehlen: – Mankiw, N. G. (2008): „Grundzüge der Volkswirtschaftslehre“ sowie das dazugehörige Arbeitsbuch von Hermann, M. (2008): „Mankiw/Taylor – Grundzüge der Volkswirtschaftslehre – Arbeitsbuch“. – Baßeler, U./Heinrich, J./Utecht, B. (2006a): „Grundlagen und Probleme der Volkswirtschaft“. Auch zu diesem Buch gibt es ein Übungsbuch von den gleichen Autoren. – Samuelson, P. A./Nordhaus, W. D. (2007): „Volkswirtschaftslehre – Das internationale Standardwerk zur Mikro- und Makroökonomie“. – Heine, M./Herr, H.-J. (2003): „Volkswirtschaftslehre“. Für die spezielle Betrachtung mikroökonomischer Zusammenhänge sind die folgenden Bücher als Ergänzung zu diesem Studienbrief zu empfehlen: – Becker, G. S./Becker, G. N. (1997): „Die Ökonomik des Alltags“. – Paschke, D. (2008): „Mikroökonomie – anschaulich dargestellt“. – Sloman, J. (2000): „Mikroökonomie“: Leider nur noch antiquarisch erhältlich, aber auf Grund der Vielzahl anschaulicher Fallbeispiele sehr informativ und mit einem hohen Praxisbezug versehen. – Weise, P./Brandes, W./Eger, Th./Kraft, M. (2005): „Neue Mikroökonomie“. – Varian, H. R. (2007): „Grundzüge der Mikroökonomik“. Das dazugehörige Trainingsbuch ist auf Grund fehlender Lösungsansätze nicht für das Selbststudium im Rahmen eines Fernstudiums zu empfehlen. Für eine schnelle Wiederholung im Rahmen der Prüfungsvorbereitung empfiehlt sich das folgende Buch: – Diedrichs, D./Ehmer, M./Rollwage, N. (2005): „Mikroökonomik: Mit Kontroll­ fragen und Lösungen“. HDL 44 Grundlagen der Volkswirtschaftslehre für Ingenieure Diese Überlegung ist auch mit weiteren Einkommensarten, wie einem Zinseinkommen etc., möglich. Hier wäre z. B. durch die Verwaltung des Vermögens ein zusätzlicher Zeitbedarf denkbar, der das Arbeitsangebot sinken lässt. Kontrollfragen Übungsaufgaben Studienziele K 2.13 Wenn im Rahmen der Nutzenbetrachtung bei der Zeitverteilung Zeit als Substitut für den Konsum erscheint, müsste Zeit ein Gut sein. Ist das tatsächlich so? Ü 2.11 Angenommen, Peter S. ist in seiner Arbeitsangebotsentscheidung eher auf Freizeit orientiert. Wie sehen die Nutzenfunktion und die Indifferenzkurven in diesem Zusammenhang aus? Ü 2.12 Zeigen Sie grafisch, wie sich das Arbeitsangebot verändern würde, wenn der Lohnsatz auf Grund einer zusätzlichen Qualifikation steigen würde! Erläutern Sie das grafische Ergebnis! 3 Die Markttheorie • In diesem Kapitel lernen Sie die Markttheorie, einen Bereich der Mikroökonomie, kennen, der sich beschäftigt mit unterschiedlichen Marktformen, die in einer Volkswirtschaft vorkommen, und sie bewertet hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf die Beteiligten. Im Vordergrund der Betrachtung der Markttheorie stehen hier die Marktformen, die sich an der Anzahl der Marktteilnehmer orientieren. Andere mögliche Unterteilungsformen beziehen sich auf Marktbarrieren, die konkrete Form der Preisbildung u. a. m. (vgl. Baßeler/Heinrich/Utecht, 2006a, S. 99 sowie S. 170; Paschke, 2008, S. 47). Definition Märkte sind der Ort des Zusammentreffens von Angebot und Nachfrage und damit auch der, an dem die Preise bestimmt werden. Sie dienen als Ort der Informationsbeschaffung über die Güter (vgl. Paschke, 2008, S. 47; Samuelson/Nordhaus, 2007, S. 51). Es gibt ein Schema der Marktformen in Bezug auf die Teilnehmeranzahl, das wie folgt aussieht (s. Tabelle 3.1): Nachfrager Anbieter viele Kleine wenige Mittlere ein Großer viele Kleine Polypol Oligopson Monopson wenige Mittlere Oligopol bilaterales Oligopol beschränktes Monopson ein Großer Monopol beschränktes Monopol bilaterales Monopol Tabelle 3.1 Morphologisches Marktformenschema (Quelle: Darstellung nach Stackelberg, 1934). Für die meisten Menschen sind die drei grau unterlegten Markformen entscheidungsrelevant, da es sich bei den vielen kleinen Nachfragern in der Regel HDL Grundlagen der Volkswirtschaftslehre für Ingenieure 45 um die vielen Haushalte und Individuen in einer Volkswirtschaft handelt, die Konsumgüter nachfragen. Oligopole (vgl. Baßeler/Heinrich/Utecht, 2006a, S. 180 ff.) sind in diesem Zusammenhang Märkte, auf denen es auf der Angebotsseite eine überschaubare Anzahl an Anbietern gibt, wie z. B. die Mineralölkonzerne mit ihren Tankstellen. Eine besondere Form des Oligopols ist das Kartell, bei dem sich die Anbieter zusammenschließen und den Markt beherrschen. B 3.1 Dazu zählt z. B. die OPEC (Organisation of the Petroleum Exporting Countries), die ein Mengenkartell darstellt. Beispiel Beherrscht ein großer Nachfrager den Markt als Monopson, handelt es sich meist um den Staat als Nachfrager. So gibt es im Bereich des Straßenbaus einige wenige Anbieter, die Autobahnen und Bundesstraßen im Auftrag des Staates errichten und instandsetzen, so dass dies ein beschränktes Monopson ist. Der Staat ist hier in der Lage, die Marktbedingungen zu bestimmen und die Preise für die Aufträge (Nachfragemenge) zu definieren. 3.1 Das Polypol – der Wettbewerbsmarkt Das Polypol wird auch als Markt des vollkommenen Wettbewerbs bezeichnet. Die Merkmale dieses Marktes sind (vgl. Paschke, 2008, S. 297 f.): Es gibt unendlich viele Marktteilnehmer auf beiden Seiten. Die Güter sind homogen, d. h., sie sind in ihrer Beschaffenheit (Qualität, Ausstattung etc.) vergleichbar. Es gibt keinerlei Präferenzen bezüglich des Ortes und des Zeitpunktes der Nachfrage sowie für persönliche Vorlieben bspw. für Marken, Verkäufer und dergleichen. Die Informationen sind vollständig und bei allen Marktteilnehmern vorhanden. Im Endeffekt bedeutet das, dass der Preis des Gutes über das Verhalten der Haushalte und der Unternehmen entscheidet. Merksatz Typische Märkte dieses Typs sind die Märkte für einzelne Lebensmittel, wie z. B. Brot und Brötchen oder auch Milch. Der Zusammenhang zwischen Preis und Haushaltsnachfrage wurde bereits in Abschnitt 2. 3. 2 ausführlich dargestellt, so dass hier nur der Preis-AngebotsZusammenhang der Unternehmen (vgl. Paschke, 2008, S. 71, sowie Mankiw, 2008, S. 77) erläutert werden soll: Unternehmen sind Gewinn maximierend in ihrer Zielsetzung. Gewinne entstehen aus der Differenz von Erlösen und Kosten. Die Kosten der Produktion sin Dieser Begriff wird gewählt, um eine eindeutige Unterscheidung zu einem Angebotsmonopol zu erhalten. HDL 46 Grundlagen der Volkswirtschaftslehre für Ingenieure ken je Stück mit einer steigenden Produktionsmenge, da es die Kostendegression bei den fixen Kosten gibt. Das heißt, dass dieser Kostenbestandteil je Stück immer kleiner wird, wenn die Produktionsmenge steigt – weil sich z. B. die Anschaffungskosten für Maschinen und Gebäude auf immer mehr Stücke verteilen. Die variablen Kosten haben einen S-förmigen Verlauf, d. h. sie steigen zu Beginn der Produktion überproportional an, laufen dann unterproportional, bis sie gegen die Auslastungsgrenze der Produktionskapazitäten wieder überproportional ansteigen. Damit sind sie bei der optimalen Menge unterproportional. Die Erlöse setzen sich wiederum aus der abgesetzten Menge und dem Preis je Stück zusammen. Steigen jetzt die Preise, steigen auch die Erlöse der Unternehmen, und es ist in ihrem Interesse, mehr Güter abzusetzen, was wiederum die Kosten senkt und damit die Gewinne erhöht. Somit existiert im Gegensatz zur Nachfrage ein positiver Zusammenhang zwischen Preisen und der Angebotsmenge der Unternehmen. Merksatz Im natürlichen Gleichgewicht (p*, y*) treffen Angebot und Nachfrage zusammen und bestimmen den Preis des Gutes (vgl. Bild 3.1). Wäre der Preis (p1) geringer als der Gleichgewichtspreis, würden die Haushalte mehr nachfragen als von den Unternehmen bereitgestellt würde. Es entsteht ein Nachfrageüberschuss, der durch den Wettbewerb der Konsumenten um das Gut zu steigenden Preisen und damit ins Gleichgewicht führt (s. Bild 3.1). Preis Angebotsfunktion p2 Nachfrage < Angebot Angebotsüberschuss P* p1 Nachfrage > Angebot Nachfrageüberschuss y* Bild 3.1 Nachfragefunktion Menge Der Wettbewerbsmarkt (Quelle: eigene Darstellung) Liegt der Preis (p2) oberhalb des Gleichgewichtes, möchten die Unternehmen viele Güter absetzen, die von den Haushalten in dieser Menge nicht nachgefragt werden, da das Gut zu teuer ist. Das ist ein Angebotsüberschuss, der durch den Preiswettbewerb und dadurch sinkende Preise ins Gleichgewicht geführt wird. HDL Grundlagen der Volkswirtschaftslehre für Ingenieure Ein einzelnes Unternehmen kann in diesem Zusammenhang ebensowenig den Preis bestimmen wie ein einzelner Haushalt. Würde ein Unternehmer auf Grund seiner Gewinnvorstellungen den Preis für bspw. sein Brot erhöhen, würde sein Brot nicht mehr oder nur in einer geringen Menge gekauft werden, da die Kunden zu anderen Bäckern gingen. Er könnte seine Kosten nicht decken und Verlust entstünde, so dass er automatisch den alten Preis verlangen müsste, um sein Unternehmen zu erhalten. Über den Wettbewerb versuchen sich Unternehmen gegenüber ihren Mitanbietern zu positionieren. Dabei stehen ihnen die in Tabelle 3.2 dargestellten Möglichkeiten zur Verfügung: Preiswettbewerb Preis – Veränderung der Preisbestandteile – Transaktionsbedingungen – Rabatte – Skonti Nichtpreiswettbewerb Produkt – Produktinnovationen – Prozesssinnovationen – Verpackung – Zusatzteile Werbung – Präferenzen – Kampagnen – Promotion Vertrieb – – – – Kundennähe Kundendaten Außendienst Organisation Tabelle 3.2 Die Wettbewerbsarten (Quelle: eigene Darstellung) Der Preiswettbewerb wurde bereits kurz erläutert. Über den Nichtpreiswettbewerb kann ein Unternehmen sich von anderen absetzen und die Präferenzen der Haushalte beeinflussen. So werden im Rahmen der Werbung neben den laufenden Kampagnen auch Kundenkarten genutzt, die das Gefühl vermitteln sollen, der Einzelne sei etwas Besonderes für das Unternehmen. Über die so entstehenden Präferenzen kann der Preis in den Hintergrund der Kaufentscheidung rücken. Besonders durch den Preiswettbewerb, aber auch durch Teile des Produktwettbewerbes profitieren die Haushalte von diesem Markt. Sinkende Preise bringen eine höhere Kaufkraft für den Einzelnen, und Verbesserungen der Produkte oder Zusatzfeatures sind im Interesse der Verbraucher. Die damit verbundenen Innovationen bedeuten Fortschritt, der dauerhaft Wachstum für eine Volkswirtschaft erzeugt. Somit bringt der Wettbewerb Vorteile für die Haushalte. Allerdings nutzen Unternehmen ihre Wettbewerbsmöglichkeiten aus, um das Kaufverhalten der Haushalte einseitig zu beeinflussen und sie dauerhaft zu binden. Die weitverbreiteten Kundenkarten wie „payback“ oder „Happy digits“ sind Beispiele dafür. Aber auch Versandkosten oder Zusatzkosten durch die Zahlungsarten, bspw. beim Internetkauf, können den Endpreis für den Käufer verändern. Auch für die Unternehmen bedeutet der Wettbewerb einen Vorteil: Einzelne Unternehmen sind nicht in der Lage, den Markt dauerhaft zu beherrschen. Der Zwang zu Innovationen sichert den Unternehmen auch langfristig die Existenz und damit sichere Gewinne. HDL 47 48 Grundlagen der Volkswirtschaftslehre für Ingenieure Kontrollfragen Merksatz K 3.1 Definieren Sie den Begriff des Marktes und nennen Sie real existierende Märkte! K 3.2 Was ist ein Kartell? Welche Kartelle kennen Sie außer der OPEC? K 3.3 Definieren Sie den Begriff Polypol und geben Sie weitere Märkte als Beispiel für diese Marktform an! K 3.4 Worin besteht der Vorteil des Polypols? 3.2 Das Monopol Monopol bedeutet, dass es nur ein Unternehmen für ein bestimmtes Gut gibt und dass dieser eine Anbieter den Markt vollständig dominiert. Weltweit gibt es nur ein monopolartiges Unternehmen: die Firma de Beers (Diamanten). Hervorgegangen aus dem Aufkauf von Minen und Konzessionsrechten im südlichen Afrika, hat sich die Firma als weltweiter Puffer zwischen der Förderung von Rohdiamanten und den Händlern etabliert. In der Realität begegnen uns hingegen meist regionale, räumliche Monopole, wie z. B. der Eisstand im Kino oder die einzige Apotheke am Ort. Hier ist der räumliche Bezug Grund für eine Monopolstellung eines Unternehmens. Merksatz Monopole können die Menge und den Preis des Gutes anhand der Gewinnmaximierung selbst bestimmen. Die Haushalte, die das Gut gerne haben möchten, sind Mengenanpasser, d. h. sie können nur über die nachzufragende Menge reagieren (vgl. Paschke, 2008, S. 328 ff.; s. a. Bild 3.2): Preis K‘ pM DTK pP E‘ Monopol Bild 3.2 HDL Polypol yM PAF yP Die Monopolsituation (Quelle: eigene Darstellung) Menge Grundlagen der Volkswirtschaftslehre für Ingenieure 49 In Bild 3.2 ist die Situation des Monopols dargestellt. Einerseits gibt es den Nachfragezusammenhang, hier über die Preis-Absatz-Funktion (PAF) dargestellt, die für genau dieses Gut Auskunft über die Nachfrage gibt. Dann sind die Grenzerlös-(E´)- und die Grenzkosten-(K´)-Funktion des Monopolisten enthalten. Beide Zusammenhänge beschreiben analog zur Grenznutzenfunktion (vgl. Abschnitt 2. 3. 1) die Veränderung der jeweiligen Größe, wenn eine Einheit mehr produziert wird. Da eine steigende Menge nur bei einem sinkenden Preis abgesetzt werden kann, ist die Grenzerlösfunktion negativ im Anstieg. Weil bei steigender Produktion auch die variablen Kosten überproportional steigen (vgl. den Angebotszusammenhang), verläuft die Grenzkostenfunktion steigend. Die Gewinne ergeben sich aus den Erlösen abzüglich der Kosten eines Unternehmens. Übertragen auf die Grenzbetrachtung bedeutet das, dass die Grenzgewinne sich aus den Grenzerlösen abzüglich der Grenzkosten herleiten. Der gewinnmaximale Punkt ist dann erreicht, wenn die Grenzgewinne = 0 sind. Das bedeutet, wird genau ein Stück weniger produziert, kann der Gewinn noch etwas steigen, bei einem Stück mehr sinkt er wiederum. G´ = 0 ist aber nur im Schnittpunkt von E´ und K´ (E´= K´) erreicht. Hier befindet sich die gewinnmaximale Menge yM des Monopolisten. Und entsprechend des Nachfragezusammenhanges der PAF bestimmt der Monopolist den dafür zu erzielenden maximalen Preis pM. Die durchschnittlichen totalen Kosten (DTK) verdeutlichen die Stückkosten, so dass () zwischen DTK und PAF den Stückgewinn des Monopols darstellt. Die dazugehörige Fläche verdeutlicht den Monopolgewinn. Zum Vergleich ist die Situation eines Einzelunternehmens im Polypol (grau) mit eingefügt. Der Stückgewinn () zwischen DTK und Schnittpunkt K´ und PAF fällt deutlich geringer aus als im Monopol. Auch die größere Ausbringungsmenge kann den Unternehmensgewinn im Polypol nicht maximieren. Somit ist die Gewinnsituation des Monopolisten besser als die eines Unternehmens im Wettbewerbsmarkt. Etwaige Zusatzgewinne im Polypol werden durch die Konkurrenzsituation nicht lange erhalten bleiben. Für die Haushalte ist diese Situation auf den ersten Blick ungünstig, da eine kleinere Menge zu einem deutlich höheren Preis angeboten wird und sich damit nicht alle Haushalte dieses Gut leisten können. Sind es Güter (z. B. Medikamente), die besonders wichtig für Haushaltsmitglieder sind, muss stattdessen auf andere Güter verzichtet werden, um den Monopolpreis zahlen zu können. Allerdings schaffen Monopole Anreize für Unternehmen, die der Volkswirtschaft zugute kommen. So sind Patente zeitlich befristete Monopole. Die Aussicht auf den damit verbundenen Monopolgewinn fördert die Erforschung und die Entwicklung neuer Produkte und bringt so den technischen Fortschritt voran. K 3.5 Warum kann ein Monopol seinen Gewinn tatsächlich maximieren? Ü 3.1 Prüfen Sie, ob die nachgenannten Märkte Monopolmärkte sind: – Der Postschalter in einem „Tante Emma“-Laden eines kleinen Dorfes, Kontrollfragen Übungsaufgaben HDL 50 Grundlagen der Volkswirtschaftslehre für Ingenieure – die Impfstoffe gegen Schweinegrippe, – Guinnesbier! Ü 3.2 Nennen Sie mögliche Beispiele für ein vom Staat vorgegebenes Monopol! 3.3 Die wohlfahrtstheoretische Betrachtung von Monopol und Wettbewerb Neben den oben genannten Aspekten der Menge und des Preises gibt es noch eine weitere Vergleichsmöglichkeit der beiden Marktformen Polypol und Monopol. Diese stammt aus dem Bereich der Wohlfahrtstheorie.10 Hier gibt es den Begriff der Rente, die den Nutzen der Konsumenten und den Gewinn der Unternehmen aus einer Marktsituation heraus beschreibt. Dabei werden Konsumenten- und Produzentenrente miteinander verglichen: Die Konsumentenrente meint eine Situation, bei der ein Haushalt weniger für ein Gut zahlen muss, als er auf Grund seiner Vorlieben und Bedürfnisse zu zahlen bereit wäre. Der Differenzbetrag ermöglicht den Konsum weiterer Güter und erzeugt somit Nutzen. Die Produzentenrente beschreibt hingegen den zusätzlichen Gewinn eines Unternehmens, das sein Gut kostengünstiger produzieren kann als die Konkurrenz, und es zum Marktpreis anbietet. Hier entsteht ein Zusatzgewinn, der über den kalkulatorischen Unternehmerlohn hinausgeht (s. Bild 3.3): Polypol Monopol Preis Preis K‘ ys pM pP E‘ y yP Bild 3.3 PAF d Menge yM Menge Der Wohlfahrtsvergleich (Quelle: eigene Darstellung) Bild 3.3 zeigt beide Renten, sowohl für das Polypol als auch für das Monopol. Im Polypol verhalten sich Konsumentenrente (hellgraue Fläche) und Produzentenrente (dunkelgraue Fläche) gleich zueinander. Beide Seiten haben einen Wohlfahrtsgewinn aus dieser Marktsituation und keine der beiden Seiten er10 HDL Die Wohlfahrtstheorie beschäftigt sich mit der Maximierung der Wohlfahrt der Bevölkerung. Grundlagen der Volkswirtschaftslehre für Ingenieure 51 zielt eine höhere Wohlfahrt. Würden sich die Unternehmen untereinander einigen und den Preis erhöhen, würde die Konsumentenrente sinken und einige Unternehmen könnten ihre Produkte nicht mehr absetzen, so dass sie ebenfalls verlören. Damit ist hier eine Situation geschaffen, in der keine Seite besser gestellt werden kann, ohne dass die andere Seite verliert (Pareto-Kriterium). Eine so charakterisierte Marktsituation ist optimal. Im Monopol ist die Konsumentenrente auf Grund des höheren Preises geringer. Gleichzeitig ist hier die Produzentenrente deutlich größer und gehört einem einzigen Unternehmen. Im Polypol müssen sich alle Unternehmen diese Rente teilen. Zusätzlich gibt es im Monopol einen Teil der gesamten vorhandenen Rente des Marktes, der nicht verteilt wird (das weiße Dreieck zwischen E´ = K´, K´ = PAF und dem PAF-Punkt zum Monopolpreis). Dadurch, dass der Preis verhältnismäßig hoch ist, sind ein paar Haushalte nicht in der Lage, das Gut zu kaufen und können somit ihre Bedürfnisse nicht befriedigen. Diese dafür notwendige Menge wird nicht produziert. Daher können durch den Monopolisten auch keine Einspareffekte durch die größere Menge realisiert werden. Dies bedeutet in der Summe einen absoluten Wohlfahrtsverlust. Würde sich der Monopolist auf einen geringfügig niedrigeren Preis für sein Gut einlassen, stiege die Konsumentenrente um diese Differenz an und alle Haushalte, die dieses Gut nachfragen, hätten einen zusätzlichen Nutzen. Da jetzt einige zusätzliche Haushalte das Gut erwerben könnten, hätten auch diese einen absoluten Nutzenzuwachs. Durch die damit verbundene höhere Produktionsmenge würde der Monopolist aber nichts von seiner Produzentenrente einbüßen, da sinkende Stückkosten seinen Gewinn nicht verringern. Das bedeutet im Sinne des Pareto-Kriteriums, dass eine Seite besser gestellt werden kann, ohne dass die andere Seite verliert. Das Optimum dieses Marktes wird also nicht erreicht. Ein Monopol ist somit aus wohlfahrtstheoretischer Sicht nicht optimal. K 3.6 Beschreiben Sie den Inhalt der Konsumentenrente und der Produzentenrente! K 3.7 Warum ist die Produzentenrente im Monopol ein Zeichen für die schlechtere Marktsituation gegenüber dem Polypol? K 3.8 Was bedeutet der absolute Wohlfahrtsverlust im Monopol? Ü 3.3 Berechnen Sie die individuelle Konsumentenrente im folgenden Beispiel! Kontrollfragen Übungsaufgaben Ein Pfund Kaffee kostet im Durchschnitt 3,50 €. Oma Bremer braucht mehrfach am Tag ihren Pott Kaffee. Durch diese besondere Vorliebe würde sie auch 5,00 € für den geliebten Kaffee zahlen. Sie verbraucht im Monat etwa 2,5 Packungen Kaffee. HDL