Michael Winkler Johannes Lankeit 10.6.2014 Lösungsvorschlag zu den Hausaufgaben der 9. Übung Hausaufgabe 1: Berechne, mit ähnlichem Vorgehen wie in Blatt 8, Hausaufgabe 3, das Integral Z ∞ sin x dx. x 0 8 Punkte Verwende dabei Integration einer geeigneten Funktion entlang folgender Wege: ε Tipp: sin(z) = R − e−iz ); iReit = iR cos(t) − R sin(t). 1 iz 2i (e Lösung: Wir beobachten zunächst, dass Z Z Z Z ∞ ix Z ∞ 1 ∞ eix − e−ix 1 ∞ eix 1 ∞ e−ix e sin x dx = dx = dx + dx = dx. x 2i x 2i x 2i −x 0 0 0 −∞ x 0 Aus Cauchyschem Integralsatz, Holomorphie von z 7→ Z 0= γ eiz dz = z Z ε −R eix dx + x R Z eiz z auf C \ {0} und Sternförmigkeit von C \ i(−∞, 0] folgt eix dx + x ε Z π 0 −it e−iεe iεe−it dt + −εe−it π Z 0 it eiRe iReit dt. Reit Damit ist für jedes R > ε > 0 Z R Z Z Z π Z π it it sin x 1 R eix 1 ε sin x i i dx = dx = dx + eiεe dt − eiRe dt. x 2i −R x 2i 0 x 2i 0 2i 0 0 Da sinx x auf [0, 1] beschränkt und für ε → 0 zunächst t 7→ εeit gleichmäßig auf [0, π] gegen 0 konvergiert und damit it auch eiεe → e0 gleichmäßig auf [0, π], ist Z R Z Z π it 1 π i sin x dx = 1dt + eiRe dt. x 2 0 2i 0 0 Wenn wir also zeigen können, dass für R → ∞ π Z it eiRe dt → 0 0 gilt, können wir ∞ Z π sin x dx = x 2 0 folgern. Dazu beobachten wir zunächst, dass Z | π e iReit Z dt| ≤ 0 π |e iR cos(t)−R sin(t) Z |dt = 0 π −R sin t e Z dt = 2 0 Z ≤2 π 4 e 0 −R sin t π 2 Z dt + e π 4 −R √12 π 4 e −R sin t 0 ! dt Z ≤2 0 π 4 e−R sin t dt + ! π 2 Z dt + e π 4 π −R √1 2. e 2 −R sin t dt Für t ∈ (0, π4 ] ist nun nach dem Mittelwertsatz mit einem τ ∈ (0, π4 ) sin t 1 = cos(τ ) > √ , t 2 also π 4 Z e−R sin t dt < 0 Z √ π 4 e −R √t2 √ π 2 2 −R √ (−e 4 2 + 1) ≤ R R dt = 0 und damit Z | π e 0 iReit √ 2 2 π −R √1 2 → 0 dt| ≤ + e R 2 für R → ∞, sodass wir insgesamt ∞ Z 0 sin x π dx = x 2 erhalten. Hausaufgabe 2: Welche Werte kann 4 Punkte 1 dz γ 1+z 2 R ∗ für Wege γ von 0 nach 1 mit γ ∩ {−i, i} = ∅ annehmen? Lösung: Es ist, indem wir den Weg γ noch um die einmal vorwärts und einmal rückwärts durchlaufene Strecke von 1 nach 0 verlängern (was wegen Präsenzaufgabe 2, Blatt 7, den Wert nicht ändern kann) Z Z Z Z Z 1 1 1 1 π 1 dz = dz + dz = dz + arctan(1) − arctan(0) = dz + , 2 2 2 2 2 4 [1,0]·γ 1 + z [0,1] 1 + z [1,0]·γ 1 + z γ e 1+z γ 1+z wobei γ e ein geschlossener Weg ist mit γ e∗ ∩ {−i, i} = ∅. 1 1 1 1 1 1 1 1 1 Wegen 1+z2 = 2 · 1+iz + 2 · 1−iz = 2i · z−i − 2i · z−(−i) ist also Z Z Z π 1 1 1 1 1 dz = + − 2 1 + z 4 2i z − i 2i z − (−i) γ e γ e γ π 1 1 = + 2πin(e γ , i) − 2πin(e γ , −i) 4 2i 2i π = + πn(e γ , i) − πn(e γ , −i). 4 Da n(e γ , i) und n(e γ , −i) jeweils genau alle ganzen Zahlen annehmen können (ähnlich wie in Hausaufgabe 3, Blatt 7, lassen sich für beliebige paare ganzer Zahlen Wege passender Umlaufzahl konstruieren), ist also als Wert des Integrals gerade jedes Element von π + πZ 4 möglich. Hausaufgabe 3: 12 Punkte Berechne die folgenden Integrale: Z a) Z d) B5 (i) 2π Z 4π it 39!zez e dt b) dz c) ee −3it dt 42 (z + 5) 0 ∂B10 (1−2i) 0 n Z Z cos(ζ) sin(z) e z dz f) dz, dζ e) (ζ − π2 )2 z − 1 (a − z)2 ∂Br (0) ∂B1 (1) eit Z worin a ∈ C, r > 0 und |a| = 6 r. Hinweise: 1. Fasse a) als geeignetes Wegintegral auf. 2. Für einige der Integrale wirst du einen Satz aus der kommenden Vorlesung (Do, 12.6.) benötigen. Lösung: a) Mit γ(t) = eit , t ∈ [0, 2π] ist Z 2π e eit 0 1 dt = i 2π Z 0 it ee 1 ieit dt = eit i Z γ ez 2πi 0 dz = e = 2π. z i b) f (z) = 39!zez und damit f (n) (z) = 39!(z + n)ez . Nach der allgemeinen Cauchyschen Integralformel erhalten wir also Z 2πi (41) 2πi 9πi −5 39!zez dz = f (−5 + 41)e−5 = e . (−5) = 42 41! 40 · 41 205 ∂B10 (1−2i) (z + 5) c) Z 4π ee it −3it Z 0 d) π 2 it 4π ee ieit 2 dt = it 3 it (e ) ie i dt = 0 Z 2π 0 it ee 2 ieit dt = it 4 (e ) i Z ∂B1 (0) 2 2πi d3 z 2π ez dz = ( 3 e )|z=0 = . 4 z i 3! dz 3 ∈ B5 (i). Allgemeine CIF mit f (ζ) = ecos(ζ) , f 0 (z) = − sin(z)ecos(z) Z B5 (i) π ecos(ζ) 2πi 0 π π dζ = f ( ) = −2πi sin ecos 2 = −2πi. (ζ − π2 )2 1! 2 2 e) Allgemeine Cauchysche Integralformel, f (z) = z n , f (n−1) (z) = Z ∂B1 (1) z z−1 n dz = n! z 2πi 2πin! f (n−1) (1) = = 2nπi. (n − 1)! (n − 1)! f) Falls |a| > r, so ist der Integrand holomorph in Br (0), also das Integral gleich null. Ist hingegen |a| < r, wenden wir die CIF mit f (z) = sin(z) und f 0 (z) = cos(z) an (beachte, dass (a − z)2 = (z − a)2 , sodass wir Z sin(z) 2πi 0 dz = f (a) = 2πi cos(a). 2 (a − z) 1! ∂Br (0) erhalten. Hausaufgabe 4: 5 Punkte Es sei z0 ∈ C und f : C → C sei holomorph mit f (z0 ) = 0 und f 0 (z0 ) 6= 0. Ferner sei r > 0 so gewählt, dass z0 die einzige Nullstelle von f in Br (z0 ) ist. Zeige: Z 1 2πi dz = 0 . f (z0 ) ∂Br (z0 ) f (z) Lösung: Betrachte die Funktion g : z 7→ 1 1 − . f (z) (z − z0 )f 0 (z0 ) Sie ist holomorph auf Br+δ (z0 ) \ {z0 } für ein δ > 0, da z0 die einzige Nullstelle von f in einer Umgebung von Br (z0 ) ist. Außerdem ist g auf Br (z0 ) beschränkt: 1 1 (z − z0 )f 0 (z0 ) − f (z) f (z0 ) + (z − z0 )f 0 (z0 ) − f (z) g(z) = − = = = f (z) (z − z0 )f 0 (z0 ) f (z)(z − z0 )f 0 (z0 ) (f (z) − f (z0 ))(z − z0 )f 0 (z0 ) f (z0 )+(z−z0 )f 0 (z0 )−f (z) (z−z0 )2 f (z)−f (z0 ) 0 f (z0 ) z−z0 ; der Zähler dieses Ausdrucks ist aber beschränkt nach Präsenzaufgabe 4, der Betrag des Nenners wegen der Null(z0 ) 0 stellenfreiheit von f in Br (z0 ) \ {z0 } und limz→z0 f (z)−f f (z0 ) = (f 0 (z0 ))2 aus Stetigkeitsgründen nach unten z−z0 beschränkt. Gemäß Lemma 5.9 ist daher Z g(z)dz = 0, ∂Br (z0 ) also Z ∂Br (z0 ) 1 1 dz = 0 f (z) f (z0 ) Z ∂Br (z0 ) 1 2πi dz = 0 . z − z0 f (z0 )